Serie 10

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Quantenmechanik I.
Musterlösung 10.
Übung 1.
Herbst 2011
Prof. Renato Renner
Drehimpulsaddition
Betrachte den Spin eines Systems aus einem Teilchen mit Spin s1 = 1 und einem Teilchen mit
~ (1) ⊗ 1 + 1 ⊗ S
~ (2) . Wir schreiben kurz S
~ (1)
Spin s2 = 12 . Der Spinoperator des Systems sei J~ = S
~ (1) ⊗ 1. Für Darstellungen der Drehimpulsalgebra [Si , Sj ] = ijk Sk benutze (in Einheiten
statt S
~ = 1)
p
~ 2 |s, mi = s(s + 1) |s, mi , S3 |s, mi = m |s, mi , S± |s, mi = s(s + 1) − m(m ± 1) |s, m ± 1i
S
(1)
für S± = S1 ± S2 .
a) Zeige, dass [Ji , Jj ] = iijk Jk . Das Tensorprodukt der Darstellungen s1 und s2 ist also wieder
eine Darstellung der Drehimpuls-Algebra.
~ (i) )2 ,
b) Im zusammengesetzten System haben wir eine Eigenbasis {|s1 , m1 i ⊗ |s2 , m2 i} zu (S
(i)
S3 , und eine Eigenbasis |j, mi zu J~2 , J3 . Schreibe die |j, mi als Linearkombination der
|s1 , m1 i ⊗ |s2 , m2 i.
Vorgehen: Bestimme den Zustand |j, m+ i mit der höchsten magnetischen Quantenzahl m =
m+ . Wende J− = J1 − iJ2 wiederholt auf diesen Zustand an, um die anderen Eigenzustände
mit demselben Spin j zu finden. Wenn eine Potenz von J− schliesslich den Zustand vernichtet,
suche erneut den Zustand mit der höchsten magnetischen Quantenzahl im Komplement der
bis dahin erzeugten Zustände, und verwende J− erneut.
c) Überprüfe, dass die erhaltenen Clebsch-Gordan-Koeffizienten mit dem Resultat aus der Vorlesung übereinstimmen (Gleichung 9.5.10):
s
l ± m + 21
1
1 1 1
1
Dl+1/2 : l, , m ∓ , ± l, , l + , m =
(2)
2
2 2 2
2
2l + 1
und
Dl−1/2 :
s
l∓m+
1
1 1 1
1
l, , m ∓ , ± l, , l − , m = ∓
2
2 2 2
2
2l + 1
1
2
(3)
Lösung:
(a)
(1)
[Ji , Jj ] = [Si
(2)
(1)
+ Si , S j
(1)
(1)
(2)
+ Sj ]
(1)
(2)
(2)
(1)
(2)
(2)
= [Si , Sj ] + [Si , Sj ] + [Si , Sj ] + [Si , Sj ]
(1)
(2)
= iijk Sk + iijk Sk
= iijk Jk
.
(b) Da J3 |1, m1 i ⊗ 12 , m2 = (m1 + m2 ) |1, m1 i ⊗ 12 , m2 ist, sind die Zustände |1, m1 i ⊗ 21 , m2 bereits Eigenzustände von J3 . Der Basis-Zustand mit maximalem Eigenwert ist (bis auf Phase) eindeutig; in unserem
+
+
3
3
1
Beispiel ist er gegeben durch m+ = m+
1 + m2 = 1 + 2 = 2 . Er gehört zu der Darstellung mit j = m = 2 ,
d.h.
j = 3 , m = 3 = |1, 1i ⊗ 1 , 1 .
(4)
2 2
2
2
1
(1)
(2)
Wenden wir nun den Absteigeoperator J− = S− + S− an, so finden wir auf der rechten Seite
1 1
1 1
1 1
(1)
(2)
J− |1, 1i ⊗ ,
= S− |1, 1i ⊗ ,
+ S− |1, 1i ⊗ ,
2 2
2 2
2 2
und auf der linken
√ 3 1
3 3
J− ,
= 3 ,
.
2 2
2 2
Daher ist
1 1
3 1
1
1 √
,
,
,−1
√
2
|1,
0i
⊗
=
+
|1,
1i
⊗
.
2 2
2 2
2
2
3
Erneute Anwendung von J− auf der rechten Seite liefert
1 1
1
1
1 √
√
2J− |1, 0i ⊗ ,
+ J− |1, 1i ⊗ , −
2 2
2
2
3
√
√
1
1 1
1
1
1
1
2 |1, −1i ⊗ ,
= √
+ |1, 0i ⊗ , −
+ 2 |1, 0i ⊗ , −
2 2
2
2
2
2
3
r √
2
1 1
1
1
2 |1, −1i ⊗ ,
+ 2 |1, 0i ⊗ , −
,
=
3
2 2
2
2
und auf der linken
(5)
3 1
3
1
J− ,
= 2 , −
.
2 2
2
2
Daraus erhalten wir
√
3
, − 1 = √1 |1, −1i ⊗ 1 , 1 + 2 |1, 0i ⊗ 1 , − 1
.
2 2
2
2
2
2
3
Durch erneutes Anwenden von J− finden wir den Zustand
3
, − 3 = |1, −1i ⊗ 1 , − 1 .
2
2
2
2
(6)
(7)
Dieser Zustand ist derjenige mit niedrigstem m-Wert zu j = 23 , der analog zu demjenigen mit höchstem
m-Wert (4) mit einem der ursprünglichen Tensorprodukt-Zustände zusammenfällt. Damit haben wir alle
Basiszustände der j = 32 -Darstellung gefunden.
Von der ursprünglichen Tensorprodukt-Basis bleiben wegen (4) und (7) jetzt nur noch Linearkombinationen
aus
1
1 1
1
|1, 1i ⊗ , −
, |1, 0i ⊗ ,
(8)
2
2
2 2
1
1 1
1
|1, 0i ⊗ , −
, |1, −1i ⊗ ,
(9)
2
2
2 2
übrig. Dabei haben alle Zustände der ersten Zeile (8) bezüglich J3 den Eigenwert m = + 12 , und die Zustände
in der letzten Zeile den Eigenwert m = − 12 . Zusammen bilden sie also eine Darstellung der Drehimpulsalgebra
mit Spin j = 21 . Die Kombination mit j = 12 , m = + 21 muss zudem orthogonal auf den Zustand in (5) stehen,
da sie bezüglich J~2 ja einen anderen Eigenwert besitzt:
3 1 1 1
= 0.
, ,
2 2 2 2
Setzen wir
1 1
1 1
1
1
,
2 2 = α |1, 0i ⊗ 2 , 2 + β |1, 1i ⊗ 2 , − 2
an, so erhalten wir daraus
r
2
1
α + √ β = 0.
3
3
Zusammen mit der Normierung |α|2 + |β|2 = 1 folgt
1
2
α = √ ,β = −
3
3
bzw.
√
1 1
1 1
1
1
,
,
,−1
√
2
|1,
1i
⊗
=
|1,
0i
⊗
−
.
2 2
2 2
2
2
3
2
(10)
Wendet man nun erneut J− auf (10) an, so findet man
√
1
1 1
1
1
, − 1 = √1
2 |1, −1i ⊗ ,
− |1, 0i ⊗ , −
.
2
2
2 2
2
2
3
(11)
Man stellt leicht fest, dass dieser Zustand wie erforderlich orthogonal zu (6) ist. Die Zustände (10) und (11)
bilden die Basis einer j = 12 -Darstellung. Bezeichnet Dj die irreduzible Darstellung der Drehimpulsalgebra
zum J~2 -Eigenwert j(j + 1), so finden wir zusammenfassend also, dass die Darstellung D1 ⊗ D1/2 reduzibel
ist und in die irreduziblen Anteile D3/2 und D1/2 zerfällt:
D1 ⊗ D1/2 = D3/2 ⊕ D1/2 .
Die Basis von D3/2 ist bezüglich der kanonischen Basis des Tensorprodukts gegeben in (4) - (7), und die Basis
von D1/2 ist (10), (11).
(c) Mit l = 1 stimmen die Koeffizienten mit dem Ergebnis aus der Vorlesung überein.
Übung 2.
Additionen von drei Drehimpulsen
Im folgenden wollen wir noch die Addition von drei Drehimpulsen behandeln. Man hat also
Drehimpulsoperatoren J~1 , J~2 , J~3 mit den jeweiligen Eigenzuständen |ji , mi i, i = 1, 2, 3. Analog
zum Fall der Kopplung von zwei Drehimpulsen suchen wir jetzt Eigenzustände von J~2 = (J~1 +
J~2 + J~3 )2 und Jz = J1z + J2z + J3z .
a) Kopple zunaechst J1 und J2 zu J12 wie gewohnt, und gib einen Ausdruck an für die ClebschGordan Koeffizienten. Die Drehimpulse J3 lassen wir vorerst unbeteiligt.
b) Dann kopple die beiden neuen ‘Drehimpulse’ J12 und J3 , und gib wieder die resultierenden
Clebsch-Gordan Koeffizienten an.
c) Ist die quantenmechanische Drehimpulsaddition assoziativ? Hinweis: Betrachte dazu die ‘guten Quantenzahlen’, die für die Spezifikation der Zustände verwendet werden.
d) Um die Typen von Zuständen, die bei jeweils anderer Reihenfolge der Kopplung entstehen,
ineinander umzuformen, benötigt man Koeffizienten der Form hjm(j1 j2 )j3 j12 |jmj1 (j2 j3 )j23 i.
Wodurch sind diese bestimmt?
e) Stelle einen Zusammenhang her zwischen diesen Überlegungen und den unterschiedlichen
Relevanzbereichen von L-S Kopplung und j-j-Kopplung in der Atomphysik. Wie wird dort
jeweils approximiert?
Lösung:
(a) Koppelt man zunächst J~1 und J~2 zu J~12 und lässt J~3 unverändert, so erhält man
|j12 m12 j1 j2 ; j3 m3 i
X
=
|j1 m1 j2 m2 j3 m3 i hj1 m1 j2 m2 j3 m3 |j12 m12 j1 j2 ; j3 m3 i
m1 ,m2 ,m1 +m2 =m12
X
=
|j1 m1 j2 m2 j3 m3 i hj1 m1 j2 m2 |j12 m12 j1 j2 i .
m1 ,m2 ,m1 +m2 =m12
(b) Wenn man nun noch J12 und J3 koppelt, erhält man
X
|jm(j1 j2 )j3 j12 i =
|j12 m12 j1 j2 ; j3 m3 i hj12 m12 j3 m3 |jmj3 j12 i
(12)
m12 ,m3 ,m12 +m3 =m
=
X
m1 ,m2 ,m3
|j1 m1 j2 m2 j3 m3 i ∗
X
m12
.
3
hj1 m1 j2 m2 |j12 m12 j1 j2 i hj12 m12 j3 m3 |jmj3 j12 i
(13)
(c) Im Resultat aus (b) tritt j12 als ‘gute Quantenzahl’ auf - die Reihenfolge der Kopplung spiegelt sich also in
den erhaltenen Zuständen wider! Hätte man zuerst j2 und j3 zu j23 gekoppelt, hätte man unterschiedliche
Zustände erhalten. Die Addition ist dennoch natürlich assoziativ in dem Sinne, dass die resultierenden Räume
isomorph sind - die Basen können ineinander umgerechnet werden. Das ist zu erwarten, denn physikalisch
gesehen sollte die Reihenfolge der Addition keine Rolle spielen.
(d) Um die durch verschiedene Vorgehensweisen erhaltenen Zustände ineinander umzurechnen, benötigt man
Ausdrücke der Form hjm(j1 j2 )j3 j12 |jmj1 (j2 j3 )j23 i - diese sind durch Summen über Produkte von vier
Clebsch-Gordan Koeffizienten bestimmt. Diese ‘Umkopplungskoeffizienten’ sind (mit kleinen Änderungen)
als ‘Racah-Koeffizienten’ bzw. als ‘Wignersche 6j-Symbole’ tabelliert worden.
(e) In der Atomphysik ist dieser Punkt folgendermassen bedeutsam: Wenn in einem Mehrelektronen-Atom die
Coulomb-Wechselwirkung der Elektronen gegenüber ihrer eigenen Spin-Bahn-Wechselwirkung gross ist, wird
die L-S Kopplung zum P
relevanten Effekt, und demnach koppeln zuerst die Bahndrehimpulse
P ~ der Elektronen
~ =
~
~
untereinander zu L
i Li sowie die Spins der Elektronen untereinander zu S =
i Si , sodass die Gesamtdrehimpulsquantenzahl l und der Gesamtspin s gute Quantenzahlen sind. Die Spin-Bahn Kopplung der
einzelnen Elektronen kann dann in einer ersten Approximation vernachlässigt werden. Dies ist besonders in
leichten Atomen der Fall.
Wenn dagegen die Spin-Bahn-Kopplung jedes einzelnen Elektrons dominiert, so müssen diese zuerst gekoppelt
werden zu J~i = J~i Ṡi und man erhält als gute Quantenzahlen die einzelnen ji der Elektronen; die Wechselwirkungen zwischen den Elektronen ist dann in einer ersten Approximation nicht relevant. In diesem Fall spricht
man von j-j-Kopplung, die in schwereren Atomen überwiegt.
Übung 3.
Der klassische Grenzfall
In dieser Übungsaufgabe wollen wir nun die Ergebnisse der Drehimpulsaddition in klassischer
Physik und die der QuantenmechanikD vergleichen.
In der klassischen Physik identifizieren wir den
E
~
~
Drehimpuls mit dem Vektor J = ~ J , und der Drehimpuls des zusammengesetzten Systems
ergibt sich aus der Vektoraddition der einzelnen Drehimpulse.
a) Gib eine Formel an für den Gesamtdrehimpuls J 2 in der klassischen Physik, und fertige eine
Zeichnung zur Drehimpulsaddition an.
b) Nehme im Folgenden an, dass für J~1 + J~2 alle Punkte auf der Kugel mit Radius J2 um
J~1 gleich wahrscheinlich sind. Wie ist dann die Wahrscheinlichkeit dP , dass der Winkel Θ
zwischen J~1 und J~2 im Intervall (Θ,Θ + dΘ) liegt?
c) Indem du die Änderung von J betrachtest, wenn sich Θ um dΘ ändert, drücke die Wahrscheinlichkeit dP mit Hilfe von J, J1 , J2 aus.
d) Wie lautet die analoge Formel für den Anteil der Zustände mit Drehimpulszahl j in der
Quantenmechanik? In welchem Falle entspricht dieser Ausdruck dem klassischen?
Lösung:
(a) Im klassischen Fall werden die Drehimpulse einfach per Vektoraddition zusammengefasst, also J~ = J~1 + J~2 .
Es folgt daher
J 2 = J12 + J22 + 2J1 J2 cosΘ,
(14)
wobei Θ den Winkel zwischen J1 und J2 bezeichnet.
4
(b) Wenn nun über die Richtung von J~2 relativ zu J~1 nichts bekannt ist, sind alle Punkte auf der Kugel um J~1
mit Radius J2 gleich wahrscheinlich. Die Wahrscheinlichkeit dP , dass Θ zwischen Θ und Θ + dΘ liegt, ist
demnach gegeben durch den Raumwinkel:
dP =
1
sinΘdΘ,
2
(15)
(c) Aus (14) folgt:
JdJ = −J1 J2 sinΘdΘ,
und somit
dP =
JdJ
.
2J1 J2
(16)
(17)
(d) In der Quantenmechanik ist der Anteil der Zustände mit Drehimpulszahl j gegeben durch
f=
2j + 1
.
(2j1 + 1)(2j2 + 1)
(18)
Im klassischen Limit grosser Zahlen, zusammen mit der Annahme, dass alle Zustände gleich wahrscheinlich
sind, entspricht diese Zahl der klassischen Wahrscheinlichkeit, dass J ' jh zwischen jh und jh + h liegt.
5
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