CHE 172.1: Organische Chemie fŁr die Biologie

Werbung
Inhalt
Index
14. Biomoleküle : Kohlenhydrate
Kohlenhydrate spielen in der Natur eine sehr wichtige Rolle. Sie bilden die Gerüststoffe aller
pflanzlichen Zellwände, wirken als chemisches Energiespeichersystem, und sie sind eine der
wichtigsten Nahrungsquellen. Cellulose, Stärke und Haushaltszucker sind Kohlenhydrate.
Genau wie die Glucose haben auch viele (aber nicht alle) der einfachen Baueinheiten
komplizierterer Kohlenhydrate die allgemeine Formel Cn(H2O)n.
In der Natur entstehen die Kohlenhydrate hauptsächlich über eine als Photosynthese
bezeichnete Folge von Reaktionen :
Der detaillierte Mechanismus dieser Umsetzung ist kompliziert und verläuft über viele Stufen.
14.1 Die Namen und Strukturen der Kohlenhydrate
Die einfachsten Kohlenhydrate sind Monosaccharide, z.B. Glucose und Fructose, die nicht in
kleinere Einheiten hydrolysiert werden können. Sie enthalten eine Aldehyd- oder Keton-Gruppe
mit mindestens zwei Hydroxygruppen :
Komplexe Kohlenhydrate entstehen, wenn zwei oder mehr Monosaccharid-Einheiten gekoppelt
werden. Ein Disaccharid entsteht zum Beispiel aus zwei Monosacchariden durch Knüpfung
einer (normalerweise) Acetal-Brücke (Siehe Kapitel 10.4.2 - 10.4.7.). Bei der Hydrolyse
bilden sich die beiden Monosaccharide-Einheiten zurück :
Ein Trisaccharid entsteht aus drei Monosaccharid-Einheiten, ein Polysaccharid aus mehreren.
Monosaccharide können weiter als Aldosen oder Ketosen klassifiziert werden. Zucker mit einer
Aldehydgruppe bezeichnet man als Aldosen, solche mit einer Ketogruppe als Ketosen.
Aufgrund ihrer Kettenlänge teilt man Zucker in Triosen (3 C-Atome), Tetrosen (4 C-Atome),
Pentosen, Hexosen usw.
z.B.
14.1.1 Die Konfiguration von Monosacchariden: Fischer Projektionen
Mit Ausnahme von 1,3-Dihydroxypropanon enthalten alle bisher betrachteten Zucker chirale
Kohlenstoffatome. Der einfachste chirale Zucker ist Glycerinaldehyd mit einem
asymmetrischen Kohlenstoff. Fischer-Projektionen werden ausserordentlich häufig zur
Darstellung von Zuckern benutzt :
z.B.
Die waagerechten Linien stellen Bindungen dar, die auf den Betrachter zugerichtet sind,
senkrechte Linien weisen von ihm weg. Von Konvention her soll die Carbonylgruppe immer
oben stehen :
Diastereomere (Moleküle mit derselben Konstitution, aber unterschiedlichen relativ
Konfigurationen, die sich nicht als Bild und Spiegelbild (vgl. Enantiomere) verhalten) können
leicht mit Hilfe dieses Systems verglichen werden.
14.1.2 D- und L-Zucker
Glycerinaldehyd hat einen asymmetrischen Kohlenstoff und kommt deshalb in zwei
enantiomeren Formen vor, die von der Cahn-Ingold-Prelog Nomenklatur (Regeln siehe Kapitel
7.3 ) her, als R und S bezeichnet werden müssen:
Aber nur ein Enantiomer kommt in der Natur vor, das R-Isomer, das auch das rechtsdrehende
Enantiomer ist. (R)-(+)-Glycerinaldehyd ist aus schon erwähnten Gründen ( Kapitel 7.4 ) auch
als D-Glycerinaldehyd bezeichnet.
Auf Grund ihrer Biosynthesewege in der Natur, besitzen Glucose, Fructose, Ribose und die
meisten anderen natürlich vorkommenden Monosaccharide, dem Chiralitätszentrum, das am
weitesten von der Aldehyd- oder Keton-Gruppe entfernt ist, dieselbe absolute Konfiguration
wie D-Glycerinaldehyd :
In der Fischer-Projektion eines D-Monosaccharides, befindet sich das am weitesten von der
Carbonylgruppe entferntes Chiralitäteszentrum immer auf der rechten Seite. Diejenigen mit
der umgekehrten Konfiguration an dieser Stelle sind als L-Monosacchariden bezeichnet :
In D- und L-Glucose (Enantiomere !) sind alle Chiralitätszentren natürlich umgekehrt, nicht nur
das unterste.
14.1.3 Die Konfiguration der Aldosen
Mit Zunahme der Anzahl der Chiralitätszentren steigt auch die Zahl der Stereoisomeren an. So
hat die Aldotetrose zwei Chiralitätszentren und kann daher in 22 = 4 Stereoisomeren
auftreten.
Stereoisomerie
Moleküle mit der gleichen Konstitution aber
unterschiedlichen Geometrien oder Topologien
Enantiomere
Stereoisomere, die sich zueinander
spiegelbildlich verhalten und identische
Strukturen haben
Diastereomere
Stereoisomere, die sich nicht wie Bild
und Spiegelbild verhalten, die
unterschiedliche Strukturen haben,
und unterschiedliche physikalische
und chemische Eigenschaften haben müssen
Unter diesen vier findet man zwei Diasteroisomere, Erythrose und Threose. Sowohl Erythrose
wie Threose treten als Enantiomerenpaar auf, von denen das eine Enantiomer zur D-, das
andere zur L-Reihe gehört :
Eine Aldopentose hat drei Chiralitätszentren und kommt in 8 Stereoisomeren vor. In der
Gruppe der Aldohexosen sind bereits 16 solcher Isomeren möglich:
Fast alle natürlich vorkommenden Zucker gehören zur D-Reihe. Offensichtlich hat sich die
Natur beim Aufbau der Struktur des Zuckermoleküls für das eine Ende der Kette nur eine
Konfiguration "ausgesucht".
14.2 Monosaccharide bilden intramolekulare Halbacetale
Im Kapitel 10.4.2 haben wir gesehen, dass Aldehyde und Ketone mit Alkoholen reagieren und
zuerst Halbacetale/Halbketale, dann Acetale/Ketale bilden können :
Monosaccharide sind Hydroxycarbonylverbindungen, die im Prinzip intramolekulare
Halbacetale ausbilden sollten. Tatsächlich liegen Glucose und die anderen Hexosen und
Pentosen in einem Gleichgewicht zwischen der offenkettigen und der cyclischen
Halbacetalform vor, wobei die zweite stark überwiegt :
Obwohl sich prinzipiell jede der fünf Hydroxygruppen an die Carbonylgruppe des Aldehyds
addieren könnte, ist die Bildung eines 6-Rings in diesem Fall bevorzugt, obwohl teilweise auch
5-Ringe gebildet werden :
Monosaccharide, die als 6-Ring vorliegen, nennt man Pyranosen nach dem sauerstoffhaltigen
6-Ring Pyran. Monosaccharide, die als 5-Ring vorliegen, nennt man Furanosen nach dem
sauerstoffhaltigen 5-Ring Furan
Haworth entwickelte eine Projektion, aus der sich die tatsächliche 3D-Struktur des
Zuckermoleküls besser erkennen lässt, die Haworth-Projektion.
Im Gegensatz zur Glucose, die fast ausschliesslich in der Pyranoseform vorliegt, findet man
bei der Fructose ein Gleichgewichtsgemisch zwischen Fructopyranose und Fructofuranose im
Verhältnis 70:30 :
Betrachtet man die Strukturen der Furanosen und Pyranosen genauer, sieht man, dass das
Carbonyl-C bei der Cyclisierung in ein neues Chiralitätszentrum übergeführt wird. Bei der
Halbacetalbildung entstehen also zwei neue Verbindungen, 2 Diastereomere, die sich in der
Konfiguration der Halbacetalgruppe unterscheiden :
Steht die anomere Hydroxylgruppe unten in dieser Haworth-Projektion, bezeichnet man den
Zucker als α Anomer. Wenn die Hydroxylgruppe oben steht, spricht man von einem β Anomer.
Da man diese Art der Diastereomerenbildung nur bei den Zuckern findet, hat man diesen
Isomeren einen besonderen Namen gegeben : Anomere. Das neue Chiralitätszentrum nennt
man das anomere Kohlenstoffatom.
14.3 Monosaccharide Anomere : Mutarotation
Glucose fällt aus konzentrierten Lösungen bei RT aus und bildet Kristalle, die bei 146oC
schmelzen. Wie durch Röntgenstrukturanalysen nachgewiesen wurde, liegt in den Kristallen
nur die α-D-(+)-Glucopyranose vor.
Löst man kristalline α-D-(+)-Glucopyranose im Wasser und misst sofort den optischen
Drehwert, erhält man einen Wert :
[α]D25
=
+ 112o
Seltsamerweise nimmt dieser Wert mit der Zeit bis auf + 52.7o ab und bleibt dann konstant.
Diese Änderung lässt sich durch Zugabe von Säure oder Base beschleunigen. Offenbar hat
irgendeine chemische Veränderung stattgefunden, aufgrund derer sich die ursprüngliche
spezifische Drehung der Probe geändert hat :
Die spezifische Drehung der ß-Form ist weitaus kleiner ( = 18.7o) als die des α-Anomers: der
beobachtete Drehwert der Lösung nimmt also ab. Entsprechend steigt die spezifische
Drehung einer Lösung des reinen ß-Anomers [Schmp. 150oC, erhältlich durch Kristallisation
von Glucose aus Essigsäure] stetig von +18.7o bis zu dem Endwert +52.7o. Die Änderung der
optischen Drehung bei der Einstellung des Gleichgewichts zwischen einem Monosaccharid und
seinem Anomer bezeichnet man als Mutarotation (mutare, latein: verändern, verwandeln).
14.4 Konformationen von Monosacchariden
Haworth-Projektionen werden bis heute in der Zuckerchemie ausserordentlich häufig benutzt,
aber sie stellen kein genaues Bild der 3D-Strukturen dar. Wir wissen schon, dass fünfgliedrige
Ringe eher eine Briefumschlag-Konformation annehmen, während bei sechsgliedrigen Ringen
eine Sesselkonformation bevorzugt ist. :
z.B.
Wie in der Haworth-Projektion steht der Ether-Sauerstoff normalerweise oben rechts, der
anomere Kohlenstoff an der rechten Ecke des Briefumschlags oder des Sessels.
Substituenten, die in der Haworth-Projection nach oben gerichtet sind, bleiben "oben" in dem
Briefumschlags oder in dem Sessel:
Die meisten Aldohexosen nehmen diejenige Sesselkonformation ein, bei der die relativ
sperrige Hydroxymethylgruppe am C5 äquatorial steht. Bei der Glucose bedeutet das, dass in
der α-Form vier der fünf Substituenten äquatorial stehen, in der ß-Form stehen alle
Substituenten äquatorial. Dieses stabile Konformer ist nur bei der Glucose möglich, bei den
anderen sieben D-Aldohexosen muss zwangsläufig mindestens ein Substituent axial stehen:
14.5 Die Chemie der Zucker
Einfache Zucker können in Form von verschiedensten Isomeren auftreten : als offenkettige
Carbonylverbindungen und als α- und β-Anomere von Ringverbindungen unterschiedlicher
Grösse. Da alle Isomere schnell miteinander äquilibrieren, bestimmt die relative
Geschwindigkeit der Reaktionen der einzelnen Isomeren mit einem Reagenz die bei einer
Umsetzung resultierende Produktverteilung. Wir können die Reaktionen von Zuckern in zwei
Gruppen unterteilen: in solche, bei denen der Zucker aus der offenkettigen Form reagiert und
solche, die an einer der Ringformen ablaufen.
14.5.1 Ester-Bildung
Da sie Polyhydroxyverbindungen sind, lassen sich Zucker in verschiedende Alkoholderivate
überführen. Ester können über Standardmethoden dargestellt werden (vgl. Kapitel 11.8):
Alle Hydroxylgruppen einschliesslich der anomeren Hydroxylgruppe werden umgesetzt.
14.5.2 Glycosid-Bildung
Im Kapitel 10 haben wir gesehen, wie die Bildung von einem Acetal, von einem Aldehyd und
von Alkoholen ausgehend über ein Halbacetal abläuft :
Durch Behandlung eines Monosaccharid-Halbacetals mit einem Alkohol- und Säure-Katalysator
entsteht auf ähnliche Weise ein neues Acetal, in dem die anomere-OH-Gruppe durch eine neue
Alkoxy-Gruppe ersetzt wird :
Zuckeracetale bezeichnet man als Glycoside, Glucose bildet also Glucoside. Glycoside sind wie
andere Acetale stabil im Wasser. Es entsteht kein Gleichgewicht mit offenkettigen Formen,
und Mutarotation kommt bei Glycosiden auch nicht vor.
Erst wenn eine wässrige Säure anwesend ist, gehen auch Acetale eine Hydrolyse ein, und
geben das [Halbacetal = offenkettiges Aldehyd] Gleichgewicht + den Alkohol wieder zurück :
vgl. auch Kapitel 10.4.2
Glycoside findet man sehr oft in der Natur. Der Alkohol-Teil kann unterschiedliche Strukturen
haben, z.B.:
14.5.3 Reduktion der Monosaccharide
Aldosen und Ketosen lassen sich durch dieselben Reduktionsmittel reduzieren, die auch
Aldehyde und Ketone in Alkohole überführen. Die entstandenen Polyhydroxyverbindungen
bezeichnet man als Alditole. Das Hydridreagenz (NaBH4 in Alkohole) fängt die im
Gleichgewicht vorliegende Menge der offenkettigen Form des Zuckers ab, wodurch das
Gleichgewicht von der cyclischen Halbacetalform zum Produkt hin verschoben wird.
z.B.:
vgl. Kapitel 9.5
Viele Alditole kommen in der Natur vor. D-Glucitol findet man im roten Seetang in
Konzentration bis zu 14%, ausserdem in vielen Beeren, in Kirschen, Pflaumen, Birnen und
Äpfeln.
14.5.4 Oxidation der Monosaccharide
Die offenkettigen Monosaccharide sind polyfunktionelle Verbindungen. Wenn besonders milde
Reagenzien eingesetzt werden, können immerhin selektive Oxidations-Reaktionen
durchgeführt werden. So enthalten Aldosen die leicht oxidierbare Aldehydgruppe und geben
daher mit den klassischen Oxidationstests wie Fehlingsche Lösung oder Tollens-Reagenz eine
positive Reaktion :
Bei diesen Reaktionen werden die Aldosen in Aldonsäuren übergeführt. Zucker, bei denen
diese Tests positiv verlaufen, bezeichnet man als reduzierende Zucker. Alle Aldosen können
als reduzierende Zuckern bezeichnet werden, weil sie eine freie Aldehydgruppe enthalten.
Glycoside sind nicht-reduzierende Zucker, weil sie keine freie Aldehydgruppe enthalten.
Unter energischeren Bedingungen wird neben der Aldehydgruppe auch die primäre
Alkoholfunktion oxidiert. Die entstandene Dicarbonsäure nennt man Aldarsäure oder
Zuckersäure.
Z.B.:
14.6 Disaccharide
Wenn die anomere Hydroxylgruppe eines Monosaccharid-Halbacetals durch einen neuen
Alkoxysubstituenten ersetzt wird, erhält man ein Glycosid.
Wenn der Alkohol-Teil ein anderer Zucker ist, ist das Produkt ein Disaccharid:
Disaccharide enthalten zwei Monosaccharide, die über eine Acetalbrücke zwischen einem
anomeren Kohlenstoffatom und einer Hydroxylgruppe des anderen Zuckers verbunden sind.
Eine Glycosidbindung an das anomere C-Atom kann α oder β sein. Eine Glycosidbindung
zwischen C1 des ersten Zuckers und (zum Beispiel) C4 des zweiten wird als eine 1,4'Verknüpfung bezeichnet. In Cellobiose sind zwei D-Glucopyranosen durch eine 1,4'-ßGlycosidbindung verknüpft.
Maltose enthält zwei D-Glucopyranosen, verknüpft durch eine 1,4'-α-Glycosidbindung.
Gehören Maltose und Cellobiose zu den reduzierenden Zuckern ? ______ . Warum ?
Ist eine Mutarotation bei Cellobiose und Maltose zu erwarten ?
Trotz ihrer ähnlichen Strukturen (Diastereomere!) haben Cellobiose und Maltose dramatisch
unterschiedliche biologische Eigenschaften. Cellobiose kann bei Menschen und Hefe nicht
verdaut abgebaut werden, obwohl Maltose in beiden Organismen leicht abgebaut wird. Mit
Mineralsäure wird Maltose sowie Cellobiose schnell zu Glukoseeinheiten hydrolysiert.
Saccharose (Sucrose), der gewöhnliche Haushaltszucker, ist auch ein Disaccharid mit den
folgenden Eigenschaften ;
-- nach Säure-Hydrolyse erhält man Glukose und Fructose.
-- sie ist ein nichtreduzierender Zucker
-- man beobachtet keine Mutarotation
Die letzten zwei Befunde deuten auf die Abwesenheit von Halbacetale hin, d.h. beide
Monosaccharide müssen Glycoside sein. Das kann nur der Fall sein, wenn Glucose und
Fructose gleichzeitig über ihre Anomerenzentren verknüpft sind :
Die
spezifische Drehung der Saccharose beträgt
Bei Behandlung mit verdünnter Säure
nimmt der Drehwert kontinuierlich bis zu einem Endwert von -20o ab. Man bezeichnet dieses
Phänomen als Rohzucker-Inversion und das Hydrolysatprodukt als Invertzucker. Der
Gesamtprozess besteht aus drei einzelnen Reaktionen:
+66.5o.
-- der Hydrolyse des Disaccharides in die beiden Monosaccharide α-D-Glucopyranose und β-DFructofuransoe
-- der Mutarotation der α-D-Glucopyranose bis zum Gleichgewicht mit der β-Form
-- der Mutarotation der β-D-Fructofuranose zu der etwas stabileren β-D-Fructopyranose.
Denselben Effekt beobachtet man, wenn man eine Saccharoselösung mit der Enzym Invertase
versetzt. Jetzt spielt das Enzym die Rolle des Katalysators (Statt H3O+) für die Spaltung zu
Glucose und Fructose. Die Mutarotationen finden anschliessend spontan statt. Da der
spezifische Drehwert der Fructose (-92o) negativer ist als der Drehwert der Glucose (+52.7o)
positiv, ist die Drehung des entstandenen Gemisches insgesamt negativ.
14.7 Polysaccharide
Polysaccharide sind die Polymere der Monosaccharide. Die drei häufigsten natürlichen
Polysaccharide, Cellulose, Stärke und Glycogen leiten sich alle von demselben Monomer, der
Glucose, ab.
Cellulose - ein 1,4'-O-(β-D-glucopyranosid)-Polymer
Cellulose besteht aus etwa 3000 Monomereinheiten und hat eine molare Masse von etwa 500
000. Alle pflanzliche Materie besteht zu einem grossen Anteil aus Cellulose. Baumwollfasern,
wie z.B. Filterpapier, sind fast reine Cellulose, in Holz und Stroh ist sie zu etwa 50% enthalten.
Bei der Überführung der freien Hydroxygruppen mit HNO3 in Salpetersäureester entsteht
Nitrocellulose. Bei hohem Nitratgehalt ist das Material explosiv. Ein geringerer Nitratgehalt
ergibt ein Polymer, das einer der ersten Kunststoffe war - Celluloid.
Stärke, das Reservekohlenhydrat der Pflanzen, besteht aus zwei Hauptkomponenten, Amylose
( ~ 20%) und Amylopectin (~ 80%).
Ein anderes Polysaccharid mit einer sehr ähnlichen Struktur wie das Amylopektin, aber einem
höheren Verzweigungsgrad und viel grösserer molarer Masse ist das Glycogen. Diese
Verbindung ist von grosser biologischer Bedeutung, da sie eines der wichtigsten
Polysaccharide zur Energiespeicherung bei Menschen und Tieren ist.
14.8 Modifizierte Zucker in der Natur
Viele der natürlich vorkommenden Zucker haben eine modifizierte Struktur oder sind an ein
anderes organisches Molekül gebunden, z.B.:
Desoxy-Zucker.
In der DNA besteht der Zuckeranteil aus 2-Desoxyribose, und an dem anomeren
Kohlenstoffatom befindet sich statt einer Hydroxygruppe eine heterocyclische Base. 2Desoxyribose nimmt fast ausschliesslich eine furanose Form an.
Amino-Zucker
Es gibt eine grosse Klasse von Zuckern, in denen mindestens eine der Hydroxygruppen durch
eine Aminfunktion ersetzt ist. Sie heissen Glycosylamine, wenn der Stickstoff an das anomere
Kohlenstoffatom gebunden ist, und Aminodesoxyzucker , wenn er einen Sauerstoff an einer
anderen Stelle im Molekül ersetzt :
Glycosylamine, oder genauer gesagt Derivate davon, findet man auch in den Nucleinsäuren.
Das Chitinmolekül ist ein Polymer aus β-D-Glucosamin-Einheiten. Chitin ist zusammen mit
CaCO3 die Gerüstsubstanz der Panzer von Krebsen und Hummern.
Andere
Ist ein Zucker über seinen anomeren Kohlenstoff an die Hydroxygruppe eines anderen
organischen Rests gebunden, bezeichnet man ihn als Glycon, den Rest des Moleküls (oder das
Produkt, das nach der hydrolytischen Abspaltung des Zuckers entsteht) als Aglycon.
z.B.
Zucker spielen auch eine wichtige Rolle bei Signal-Transduktions-Prozessen zwischen Zellen.
Oligosacchariden kommen oftmals an der Zelloberfläche vor, wo sie als Liganden dienen für
Proteine von anderen Zellen.
Z.B. bei einer Bluttransfusion ist es wichtig das man die richtige Blutgruppe bekommt (A, B,
AB oder O). Die verschiedenen Blutzellen haben unterschiedliche Zucker auf ihren
Zelloberflächen, die dann die Blutgruppen bestimmen :
Glykoproteine sind Makromoleküle, die aus einem Protein und einer oder mehreren kovalent
gebundenen Kohlenhydratgruppen bestehen. Die Kohlenhydratgruppen werden gewöhnlich als
posttranslationale Modifikation an Asparagin (Asn)-, Serin (Ser)-, Threonin (Thr)- oder
Hydroxylysin-Resten kovalent gebunden. Dieser Vorgang heißt Glykosylierung.
Strukturformeln der in Glykoproteinen vorkommenden Zucker (dargestellt sind nur die βAnomere):
Auf der Zelloberfläche von Bakterien findet man eine Glykopeptid-Schicht (Peptidoglycan),
die wichtig ist, um die Zellmembran zu stärken. Die Biosynthese von Peptidoglycan wird durch
viele Antibiotika (z.B. Penicillin und Vancomycin) blockiert, was für Bakterien tödlich ist.
Inhalt
Index
Herunterladen