Querschnittsfach Geschichte, Theorie, Ethik der Medizin Institut für Ethik und Geschichte der Medizin Informationen für Studierende zum Fach „Geschichte, Theorie, Ethik der Medizin“ an der Universität Göttingen, Fachbereich Humanmedizin 1. Was verbirgt sich hinter dem Fach „Geschichte, Theorie, Ethik der Medizin“? „Geschichte, Theorie, Ethik der Medizin (GTE)“ ist ein Querschnittsfach nach der ÄAppO. Es soll begleitend zur klinischen Ausbildung gelehrt werden (in der Regel vom 1. bis 6. klinischen Studiensemester). Das Fach GTE wird seitdem an allen medizinischen Fakultäten in Deutschland unterrichtet. Die entsprechenden Lehrveranstaltungen werden in Göttingen vom Institut für Ethik und Geschichte der Medizin angeboten und betreut. Das Lehrangebot orientiert sich an der Modulstruktur des klinischen Studienabschnittes. In Kleingruppen und Seminaren sollen sich die Studierenden ethische und historische Fragestellungen zur Medizin erarbeiten. Dabei erhalten sie unter Anleitung der Dozentinnen und Dozenten auch Einblicke in den aktuellen Forschungsstand der Medizingeschichte und Medizinethik. In begleitenden Vorlesungen wird der Lehrstoff aufbereitet. Der Unterricht bezweckt, die Studierenden für die historische, philosophische und ethische Dimension ärztlichen Handelns zu sensibilisieren, am Einzelbeispiel Einblick in den historischen Ursprung von Fragestellungen und Problemen der modernen Medizin zu ermöglichen, die praktischen Fertigkeiten im Umgang mit ethischen Konflikten in der Medizin zu schulen, Interesse für eine weitergehende Beschäftigung mit Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin zu wecken. 2. Was sind die Lernziele? Das Fach GTE begegnet gelegentlich dem Vorurteil, es sei „klinisch fern“. Tatsächlich wird aber in GTE über die Kriterien und Strukturen ärztlichen Handelns und medizinischer Forschung reflektiert. Reflexion setzt Eigenständigkeit im Denken voraus. Das dazu benötigte Wissen ist interdisziplinär, es beruht einerseits auf medizinischem Fachwissen und andererseits auf den Methoden und Inhalten der Geisteswissenschaften, d.h. der Geschichte, der Philosophie und der Ethik. Diese Fähigkeit zu interdisziplinärem Denken ist auch für andere Bereiche der ärztlichen Praxis wie auch der medizinischen Forschung sinnvoll. Zu den weiteren Lernzielen von GTE gehören praktische Fähigkeiten: kritisches Nachfragen, faires Diskutieren über heikle Fragen und Weltanschauungen sowie ein reflektiertes Vertreten eines Standpunktes. All das sind wesentliche ‚social skills’ des ärztlichen Berufs. Die Inhalte der Lehrveranstaltungen in GTE orientieren sich an den klinischen Fächern und beziehen sich auf die Breite ärztlicher Entscheidungen und Handlungen: a) An Einzelbeispielen sollen Studierende mit der historischen Dimension ärztlichen Denkens und Handelns sowie der Strukturen des Gesundheitswesens vertraut gemacht werden. Zu den behandelten Themen gehören z. B. der historische Wandel in der Arzt-PatientBeziehung, die Geschichte des Krankenversicherungssystems oder der medizinischen Forschung am Menschen. b) Die „Theorie der Medizin“ befasst sich mit grundlegenden Begriffen, Konzepten und Prinzipien der modernen Medizin und den damit verbundenen Fragestellungen. Hierzu gehören z.B. Antworten auf die Fragen: „Was ist Krankheit und was ist Gesundheit? “, „Wann beginnt und endet menschliches Leben?“ oder „Auf welche Körpervorstellungen bauen Krankheits- und Gesundheitskonzepte auf?“. Querschnittsfach Geschichte, Theorie, Ethik der Medizin Institut für Ethik und Geschichte der Medizin c) Schließlich geht es darum, eine Sensibilität für die ethischen Dimensionen des Handelns in der Medizin zu entwickeln. Dabei ist die leitende Frage nicht, was ein Arzt oder eine Ärztin tut, sondern was er/sie tun soll und darf. In Kleingruppen sollen die Studierenden ethische Konzepte und Prinzipien kennen lernen und diskutieren. Sie sollen auch Methoden einüben, um in der Praxis zu einer guten Entscheidung zu kommen. Behandelt werden die Rechte und Pflichten von Ärzten und Patienten, ethische Konflikte in der Reproduktionsmedizin und Transplantationsmedizin, bei der Behandlung von nicht einwilligungsfähigen Patienten (vgl. z.B. die Diskussion über die so genannte aktive und passive Sterbehilfe), aber auch in der medizinischen Forschung (z.B. beim Klonen, Stammzellforschung oder bei der sog. Xenotransplantation, d.h. der Übertragung von tierischen Organen auf den Menschen). 3. Welche Veranstaltungen sind Pflicht? GTE ist ein Querschnittbereich. Es begegnet den Studierenden deshalb an verschiedenen Stellen des Medizinstudiums. Die im Folgenden beschriebenen drei Lehrveranstaltungen sind jedoch als eine Einheit zu sehen. Sie werden in einer einheitlichen Leistungsbewertung zusammengefasst. Die Teilnahme ist Pflicht, allerdings gibt es die Möglichkeit, unter verschiedenen Veranstaltungen auszuwählen. GTE I im Modul 1.1 „Ärztliche Basisfertigkeiten und Grundkenntnisse“ Dieses einführende Modul beinhaltet 8 SWS, d.h. 4 x 2stündige Seminareinheiten. Die erforderliche Anwesenheit beträgt mindestens 80%. Die Studierenden können zwischen mehreren thematisch unterschiedlichen Wahlpflichtseminaren auswählen. Die Gruppengröße beträgt ca. 20 Studierende. Das Themenangebot variiert von Semester zu Semester und umfasst unterschiedliche Seminarthemen wie: Geschichte der Psychiatrie Wie gerecht ist unsere medizinische Versorgung? Der gute Arzt: Zwischen Anspruch und Wirklichkeit Medizin und Sexualität – Zur Entstehung und Bedeutung des menschlichen Blicks auf das menschliche Begehren „Euthanasie“ und ärztliches Handeln Historische und kulturelle Aspekte im ärztlichen Umgang mit dem Sterben GTE II „Medizinethik“ im Modul 6.1 Dieses Seminar baut auf die erste Unterrichtseinheit im Modul 1.1. auf. Es beinhaltet 14 SWS, und setzt sich aus 4 Plenumsveranstaltungen und 3 Kleingruppensitzungen (je zweistündig) zusammen. Anhand von Fallgeschichten sollen sich die Studierenden mit ethischen Aspekten der ärztlichen Praxis vertraut machen. Die Unterrichtsthemen orientieren sich weitgehend am klinisch-chirurgischen Kontext: Patientenautonomie, Aufklärung und Einwilligung von Patienten Therapieabbruch; Entscheidungen am Lebensanfang und Lebensende Transplantationsmedizin, Organspende, Organverteilung Gesundheitswesen und gerechte Verteilung gute wissenschaftliche Praxis; Forschung am Menschen. Querschnittsfach Geschichte, Theorie, Ethik der Medizin Institut für Ethik und Geschichte der Medizin GTE in den Modulen 2.4, 3.3, 5.1, 5.3: vertiefende Lehrangebote In begleitenden Vorlesungen oder Gruppendiskussionen werden die ethische Dimension ärztlicher Entscheidungen in der Onkologie, Gynäkologie und Geburtshilfe, Psychiatrie sowie der Forschung am Menschen erörtert. Lehrziel ist die Anwendung der Grundkenntnisse in problemlösendem Verhalten in den klinischen Spezialfächern. 4. GTE als Wahlpflichtfach und weiterführendes Lehrangebot Nach der ÄAppO kann GTE auch als vorklinisches und klinisches Wahlfach gewählt werden. Hierzu bietet das Institut für Ethik und Geschichte der Medizin regelmäßig Seminare zu unterschiedlichen Themen an. Sie werden im Internet (www.med.unigoettingen.de/content/3745.html ) und per Aushang rechtzeitig angekündigt. Diese Lehrveranstaltungen sind in der Regel interdisziplinär, d.h. es nehmen neben Studierenden aus der Humanmedizin auch solche aus den Geschichtswissenschaften, der Philosophie oder der Soziologie teil. Themen vergangener Wahlfachseminare waren z.B.: Gesundheit und Verantwortung Zeit – Räume des Todes „Leben“ – Verständnis und Gestaltung im Horizont der modernen Medizin 5. Welche Leistungen müssen für das Fach GTE im Humanmedizin-Studium erbracht werden? Im GTE I (Modul 1.1): Selbständige Erstellung eines ca. 2-3seitigen Exposés zu einer vorgegebenen Frage/Aufgabe aus dem Seminar Bearbeitungszeit: ca. 2 Wochen Benotung: max. 40 Punkte (von insgesamt 100 Punkten für das Querschnittsfach) Im GTE II (Modul 6.1) Fallorientierte Klausur mit offenen Fragen zum Inhalt von Vorlesung und Kleingruppen Bearbeitungszeit: 45 Minuten Benotung: max. 60 Punkte (von insgesamt 100 Punkten für das Querschnittsfach) Die Leistungen in GTE I und GTE II werden gemäß den Vorgaben durch die Studienordnung nach erfolgreichem Abschluss beider Teil-Module zu einer Leistungsbenotung zusammengefasst (insgesamt 100 Punkte). Die genauen Vorgaben werden von den jeweiligen Dozenten in den aktuellen Lehrveranstaltungen mitgeteilt. Nachfragen bezüglich Scheine (insb. bei Studienplatzwechslern) beantwortet das Sekretariat des Instituts. 6. Kann man in GTE auch promovieren? Im Fachbereich Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin können auch medizinische Doktorarbeiten angefertigt werden. Interessierte Studierende kontaktieren je nach Themeninteresse einen der Hochschuldozenten (siehe Homepages des Instituts unter www.egmed.uni-goettingen.de/index.php?id=128 . Querschnittsfach Geschichte, Theorie, Ethik der Medizin Institut für Ethik und Geschichte der Medizin Das Institut bietet eine intensive Betreuung der Promovend(inn)en. Darüber hinaus wird vom Institut für z.Zt. jedes Semester ein Doktorandenkolloquium organisiert. Hier können sich Promovend(inn)en auch untereinander sowie über den aktuellen Forschungsstand austauschen. Aktuelle Promotionsarbeiten, die in der letzten Zeit im Institut angefertigt wurden, waren z.B. folgenden Themen gewidmet: Geschichte der Medizin an der Universität Göttingen Forschung mit Kindern und Jugendlichen Ethische Probleme der kulturübergreifenden Bioethik 7. Welche Lehrangebote gibt es für Studierende anderer Studiengänge? Das Institut für Ethik und Geschichte der Medizin bietet interdisziplinäre Seminare an, die je nach Themenauswahl und Teilnehmergröße auch Studierenden anderer Studiengänge offen stehen. Für Studierende des Studiengangs Geschlechterforschung werden regelmäßig Seminare zum Themenbereich „Körper und Identität“ angeboten. Für Studierende des Bachelorstudiengangs Molekulare Medizin bietet das Institut zudem eine eigene Lehrveranstaltung an. 8. Wo bekomme ich weitere Informationen über Inhalte zum Fach GTE? Das Institut für Ethik und Geschichte der Medizin verfügt über eine öffentliche Bibliothek, in der aktuelle Forschungsliteratur und Einführungen vorhanden sind (www.egmed.unigoettingen.de/index.php?id=109)Die Bibliothekarin, Frau Kornelia Drost-Siemon ([email protected]), ist gern bei der Literatursuche behilflich. In der Bibliothek gibt es Arbeitsplätze zum ruhigen Studium von Zeitschriften und Büchern. Die Informations- und Dokumentationsstelle Ethik in der Medizin (IDEM) an der Universität Göttingen bietet auf ihrer Webseite die Möglichkeit einer online-Recherche (www.idem.unigoettingen.de/). Die Leiterin der Informationsstelle, Frau Susanne Raphael ([email protected]), ist bei der Internetrecherche behilflich. Außerdem bieten wir eine Übersicht internationaler relevanter Datenbanken zur Literaturrecherche für Geschichte, Ethik und Anthropologie der Medizin an (hier als Datei im pdf-Format zum Herunterladen). 9. Welche Lehrbücher zur Geschichte, Theorie, Ethik der Medizin werden empfohlen? Für einen ersten Einstieg sind u.a. folgende deutschsprachige Lehr- und Übersichtsfachbücher geeignet: Steger, F., 2011: GTE Medizin, Vandenhoeck & Ruprecht/Göttingen Eckart W.E. 2009: Geschichte der Medizin, Springer/Heidelberg, 6. völlig neu bearb. Auflage Bruchhausen H.S., Schott, H., 2008: Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, Vandenhoeck & Ruprecht/Göttingen. Eckart, W., Jütte, R., 2007: Medizingeschichte. Eine Einführung, Böhlau/Köln. Schulz S., Steigleder K., Fangerau H., Paul N.W. 2006: Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin. Eine Einführung. Suhrkamp/Frankfurt a.M. Wiesemann C., Biller-Andorno N. (unter Mitarbeit von A. Frewer) 2005: Medizinethik. Georg Thieme Verlag/Stuttgart, New York Wiesing U. (unter Mitarbeit von J.S. Ach, M. Bormuth, G. Marckmann) 2004: Ethik in der Medizin. Ein Studienbuch, Reclam/Stuttgart, 2. überarb. und erweiterte Auflage Darüber hinaus empfehlen wir aber für die Bearbeitung spezieller Themen eine Literatursuche.