Gesünder leben Keine Angst vor dem Hörgerät GESUNDHEIT Interview Besser hören dank mod erner Technik Von wegen störend und hässlich: Die neuen Hörhilfen sind beinahe unsichtbar – und bezahlbar. Denn der Kassen-Zuschuss ist heute fast doppelt so hoch wie noch vor zwei Jahren. Worauf Sie achten sollten D er Fernseher wird lauter gestellt, bei Gesprächen oft nachgefragt. Schwerhörige versuchen lange, sich ihren Alltag so einzurichten, dass sie mit dem Leiden gut zurechtkommen. Doch die Einschränkungen sind oft gravierender, als es die Betroffenen wahrhaben wollen. Knapp 20 Prozent der Deutschen sind schwerhörig – und würden moderne Hörhilfen benötigen. Wichtig: Frühzeitig zum HNO gehen Ab dem 50. Lebensjahr nimmt die Fähigkeit zu hören stetig ab. Betroffen sind die Sinneszellen des Innenohrs, der Hörnerv sowie die Hirnbereiche, in denen die Signale empfangen und verarbeitet werden. Das Problem: Der Prozess verläuft schleichend – Betroffene merken die Hörminderung oft erst nach einigen Monaten. Entspre- o Mittels Ton- und Sprach-Audiometrie stellt der HNO-Arzt den Grad einer Schwerhörigkeit fest chend spät gehen viele zum Arzt. Dabei gilt: Je früher eine Schädigung des Hörvermögens durch eine technische Hilfe ausgeglichen wird, desto besser kann sich das Gehirn daran gewöhnen. Gerät anpassen an Lebenssituation Diagnostiziert der Arzt eine Altersschwerhörigkeit, sollten Sie einen Termin in einem Fachgeschäft vereinbaren. Der Hörgeräte-Akustiker wird mit Ihnen gemeinsam nach einem Modell suchen, das auf Ihre Bedürfnisse abgestimmt ist. „Die Anforderungen sind unterschiedlich. Es kommt darauf an, in welchen Situationen die Hörprobleme auftreten“, er- klärt Hörgeräteakustik-Meister Patrick Sukkar. Verstehen – auch bei Hohem Lärmpegel Moderne Hörgeräte sind kleine Technik-Wunder. Sie verstärken die Schallwellen und leiten sie ans Trommelfell weiter. Störende Hintergrundgeräusche können dabei immer besser herausgefiltert werden. „Die Technologie mit immer weiter entwickelten Chipsätzen und mehreren Mi­ krofonen Meist bemerken die Angehörigen eine Hörminderung schneller als der Betroffene selbst Fotos: Shutterstock (2), Alamy, dpa (3), Privat, Fotolia Diese Promis setzen auf Hilfe durch ein Hörgerät Christoph Waltz (58) Bei der Premiere des Films „Django Un­ chained“ vor zweieinhalb Jahren in Berlin sorgte der Schauspieler für eine Überraschung: Reporter entdeckten einen etwa einen Millimeter dicken Schlauch am rechten Ohr des zwei­ fachen Oscar-Preisträgers. Darauf angesprochen, reagierte der Öster­ reicher völlig gelassen: „Ich habe ein beschädigtes Gehör.“ Seinen Weg zum Weltstar hat das Handicap jedoch nicht behindert! 40 | www.NeuePost.de Königin Silvia von Schweden (71) In der Vergangenheit konnte immer wieder beobachtet werden, dass sich Königin Silvia regelmäßig ans Ohr fasste. Eine Geste, die ein Hörproblem vermuten lässt. Ihren Gesprächs-Partnern stand die Königin zudem oft sehr dicht gegenüber. Doch das hat sich mittlerweile geändert. Denn: Vertraute haben die Königin schon einige Male mit einem Hörgerät gesehen. Sie soll es gerne unter ihren langen Haaren verstecken. Mario Adorf (84) Neun Jahre lang verzichtete der schwerhörige Schauspieler auf ein Hörgerät – aus Scham! Und das, obwohl er in Gesprächsrunden immer weniger verstand und seine Frau ihm vorwarf, er würde ihr nicht richtig zuhören. „Ich habe lange damit gewartet. Aus Angst, dass es allen auffällt“, begründete er seine späte Entscheidung für ein Hörgerät. Inzwischen spricht der Film-Star anderen Betroffenen Mut zu und macht sogar Werbung für ein Hörsystem. Patrick Sukkar HörgeräteakustikMeister, Amplifon, Hamburg-Harburg o Viele Hörgeräte können auch mit dem Telefon verbunden werden ermöglicht es heute, auch in schwierigen Situationen richtig zu hören: zum Beispiel bei starkem Wind oder im Gespräch am lauten Stammtisch“, sagt Patrick Sukkar. Unterschieden wird zwischen zwei Systemen: Bei sogenannten Hinter-dem-Ohr-Hörgeräten befindet sich die Elektronik auf der Rückseite der Ohrmuschel. Die Töne werden über einen kleinen Schlauch ins Innenohr geleitet. Im-Ohr-Geräte sind winzig klein und sitzen direkt im Gehörgang. Sie sind deshalb unauffällig. Die Krankenkassen zahlen bis zu 729 Euro pro Gerät dazu. Für Hinter-dem-Ohr-Geräte muss der Patient meist nur zehn Euro selbst zahlen, bei Im-OhrGeräten ist mit mindestens 400 Euro zu rechnen. Wie erfolgt die Hörgeräte-Anpassung? Als Erstes führen wir einen Test durch, um den Zustand des Gehöres mittels Ton- und Sprachmessung zu erfassen. Aufgrund dieser Daten können wir ein Testhörgerät auswählen. Dann muss der Kunde das Sprachverstehen in Ruhe und im Lärm überprüfen. Kann man das Gerät zu Hause testen? Ja. Es macht Sinn, das Hörgerät einige Tage in gewohnter Umgebung zu tragen. Nur so kann man sich ein tatsächliches Bild von der Hörqualität machen. Nach dieser Probephase sollten die Erkenntnisse des Betroffenen zu einer Verfeinerung der Einstellungen genutzt werden. Es sollten auch mindestens zwei Alternativen getestet werden. Denn die gesetzlichen Krankenkassen bezuschussen nur maximal alle sechs Jahre ein neues Hörgerät.