rheinau - Hafenmagazin 1/2010 - Detlef Stephan Architekten Köln

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Architektur und Design
Menschen im Hafen
Ralf
Die horizontalen Ebenen sind in zwei Brückenriegel aufgeteilt, wobei das
erste Richtung Rhein auskragende Obergeschoss das wichtigste ist. Dieses
OG, von außen erkennbar an den Aluminiumpaneelen, bildet die Abfangebene, um die „Brückenlast“ aufzunehmen. Dort befinden sich 6 Stahlbetonträger, die 3 Meter hoch, über 1 Meter breit und 48 Meter lang sind.
In jedem der Träger verlaufen mehrere Spannglieder, die eine Vorspannung
ermöglichen. Zusammen mit der Decke und dem Boden bilden diese vorgespannten Träger einen Hohlkasten, der in der Lage ist, die darüberliegende
Last der weiteren Geschosse aufzunehmen und abzuleiten.
Soweit, so gut. Nun steht rheinseitig in 32 Meter Entfernung vom „großen
Stempel“ der kleine Bruder: ein verglaster Turm mit einem weiteren Treppenhaus und Panorama-Aufzügen. Dieser „kleine Stempel“ bildet zum einen den
erforderlichen zweiten Rettungsweg, denn laut Landesbauordnung muss von
jeder Stelle eines Aufenthaltsraums „ein notwendiger Treppenraum oder ein
Ausgang ins Freie in höchstens 35 Meter Entfernung erreichbar sein“.
In erster Linie aber hat der 37 Meter hohe „kleine Stempel“ eine tragende
Funktion. Im Inneren dienen zwei Stützen im Achsabstand von fünf Meter
als Auflager für eine darüber stehende Querwandscheibe. In diese ebenfalls
vorgespannte Wand münden nun die sechs Stahlbetonträger. Die Last wird
dort gebündelt und über die beiden Stützen in die Gründung abgeleitet. Die
restlichen 16 Meter ragen die Stahlbetonträger dann freitragend in Rheinrichtung.
Dreigestirn von internationalem Interesse
Ein Blick auf die benachbarte Severinsbrücke offenbart die Verspannungen
einer Brückenkonstruktion. Die Kranhäuser besitzen ebenfalls solche Verspannungen, nur dass sie sich, von außen unsichtbar, in der Abfangebene und
in der Querwandscheibe befinden.
Da keine Abstellräume im Keller zur Verfügung stehen, nutzt man in der
Abfangebene die Hohlräume zwischen den Stahlbetonträgern in den Bürogebäuden als Archivräume. Im „Pandion Vista“ dienen diese Zwischenräume
als Keller-Ersatzraum. So kommt es, dass der modernste Keller Kölns hochwassergeschützt in über 30 Meter Höhe liegt!
Wie beim „richtigen“ Dreigestirn sind auch die Kranhäuser optisch unterschiedlich. Während die Glasfassade von „Kranhaus 1“ einschalig ausgeführt
wurde, besitzt das „Kranhaus Süd“ eine Doppelfassade. Einen deutlicheren
Unterschied gibt es bei „Pandion Vista“: Hier wird die Fassade durch versetzt
angeordnete Balkone und Loggien strukturiert.
Auch die Anzahl der Geschosse ist im Wohnkranhaus unterschiedlich:
Mit 17 Obergeschossen sind bei gleicher Höhe drei Ebenen mehr entstanden
als bei den Bürogeschwistern.
Ein weiterer Unterschied: Während in den Bürostandorten zwischen den
beiden Brückenriegeln eine Öffnung vorhanden ist, befindet sich an dieser
Stelle im „Pandion Vista“ ein Atrium mit Wasserbecken und Garten!
Ob „gewaltig“ „elegant“ „spektakulär“: man mag sie oder auch nicht.
Aber eins ist sicher: Der Bekanntheitsgrad vom „Dreigestirn“ reicht schon
weit über die Kölner Stadtgrenzen hinaus! ❚
Ralf
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Sanierung im Bestand
Von Mauerkronen und Wölfen
Text und Fotos: Detlef Stephan
Gebäude erzählen Geschichten und ein jedes hat beachtenswerte und häufig erst noch
wiederzuentdeckende Details, die ihm Wert geben und es als Zeugnis erkennbar halten.
Das Einfügen neuer Nutzungen oder Veränderungen hat Gebäude jeder Epoche geprägt
und steht dem nicht im Wege.
W
enn wir heute durch unsere Städte gehen, begegnen
wir ständig baulichen Spuren und Zeugen vergangener Zeiten. Europa ist Kulturland. Und so stellt sich
manches Mal die Frage, wie alt ein Gebäude sein mag
und wie dieses Bauwerk zu so frühen Zeiten mit so
wenigen Hilfsmitteln gelingen konnte. Die meisten historischen Gebäude
hier zu Lande stammen aus dem Mittelalter und der Neuzeit. Antike Gebäude
wie die Porta Nigra in Trier, das Ubiermonument oder der Römerturm in
Köln, sind selten. Diese uns täglich begegnenden Gebäude und Ruinen verraten
viel über ihre Entstehung, über die verwendeten Werkzeuge sowie über die
Menschen und ihren Alltag.
Die erste Wahrnehmung gilt meist der Fassade, also den Außenwänden,
auf denen in der Regel der Dachstuhl – das Gebälk – aufgelagert ist. Das obere
Ende der Wandscheiben ist die Mauerkrone. Bei nicht überdeckten Außenwänden soll die Mauerkrone die darunter liegende Mauer vor eindringender
Feuchtigkeit schützen. Dazu werden bei Natursteinmauern nach Möglichkeit
größere, flachere Steinformen benutzt und die Anzahl der Fugen möglichst
gering gehalten.
Bei Backsteinmauerwerk wird häufig eine Rollschicht – quer und möglichst leicht geneigt gelegte Steine mit der gebrannten, glatten Seite nach
oben – zum Schutz benutzt. Bei aufliegenden Dachstühlen muss die Mauerkrone die Lasten aus dem Dach über die Wand nach unten abführen und hierfür so sorgsam ausgeführt werden, dass das untere Querholz des Dachstuhls
– die so genannte Fußpfette – die Lasten übertragen kann.
Auch historische Gebäude erreichen beeindruckende Höhen und die
Quadersteine des Mauerwerks sind groß und schwer. Wie sind diese schweren
Steine dahin gekommen? Wie haben die Menschen in der Vergangenheit dieses
technische Problem gelöst?
Dass man schon früh verstand, Kräne zu bauen, ist jedem Kölner bekannt.
Stand doch auf dem Südturm des Doms jahrhundertelang bis zur Domvollendung ein Kran, der die Silhouette des Gebäudes geprägt hat. In der Regel
haben die Baumeister dieser Zeit Tretradkräne eingesetzt. Sie wurden von
Menschen betrieben, die im Laufrad von Sprosse zu Sprosse liefen und mit
ihrem Eigengewicht das Laufrad zum Drehen brachten. Platziert wurden sie
auf den Deckenbalken oder – soweit vorhanden – sehr stabilen Turmwänden.
Einfache Außenwände reichten für diese Last in der Regel nicht aus.
Am Quadermauerwerk, das es zu heben galt, finden sich oft kleine Löcher
oder verschmierte Stellen ehemaliger Löcher. Viele historische Bauten, deren
Steinfassade heute das optische Bild prägen, waren ursprünglich verputzt.
Daher bildeten die Transportlöcher zur Zeit der Errichtung kein optisches
Problem. Heute sind viele historische Steinbauten jedoch steinsichtig geworden
und die Transportlöcher sichtbar. Diese Löcher weisen darauf
hin, dass hier mit einer Steinschere gehoben wurde.
Die Steinschere, auch Steinzange oder Teufelskralle genannt, diente im Mittelalter zum Steintransport mit Seilen an
Kranen. Die Schere greift in zwei vor dem Transport geschlagene
Löcher. Der hebende Kranhaken zieht die Enden zusammen
und die Last nach oben.
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Der Autor
Dipl.-Ing. Detlef Stephan führt das Architekturbüro Detlef Stephan Ingenieurgesellschaft mbH im Rheinauhafen, das auf die Sanierung
im Bestand spezialisiert ist. Schwerpunkte sind hierbei auch die Kosten- und Terminsteuerung in der Sanierung sowie Umbauten im
laufenden Betrieb. Wettbewerbe und Neubauaufgaben runden das Portfolio ab. Detlef Stephan ist Auditor der Deutschen Gesellschaft
für nachhaltiges Bauen und Mitglied u. a. im Zentral-Dombau-Verein zu Köln und im Förderverein Romanische Kirchen Köln e. V.
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Eine andere Transportmöglichkeit war eine Befestigung
an drei Punkten. Auf der einen Seite wurde eine Vertiefung
in den Werkstein eingearbeitet, auf zwei anderen Seiten
verblieb eine Bosse. Die
Bosse ist eine Art Nase,
die es ermöglicht, ein Seil
um sie zu schlingen. Sie
verhinderte, dass der Stein
unerwünschte Seitenbewegungen ausführen konnte.
Die Befestigung erfolgte
mittels Seil und Haken. Die
Bosse wurde meist nach
dem Versetzen abgeschlagen, damit beim Versetzen weitere
Steine dicht anschließen konnten. In einigen Kirchen jedoch
finden sich beispielsweise Säulen, an denen die Bosse sichtbar
geblieben ist, auch um beim Abschlagen die Oberfläche nicht
zu beschädigen.
Ein weiteres Lastaufnahmemittel für Werksteine ist der
Wolf. In den zu transportierenden Stein haben die Arbeiter
ein zweiseitig, schwalbenschwanzförmiges Loch geschlagen. Anschließend wurden Passstücke und der so genannte
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Menschen im Hafen
Kloben eingelegt. Das
Wolfsloch musste exakt
geschlagen werden und
nach dem Einlegen des
Wolfs mussten verbleibende Hohlräume mit
fein gesiebtem Sand verschlossen werden. Beim
Anheben des Steins verspreizte sich der Wolf in den Stein. Es war mit
diesen Gerätschaften möglich, Lasten bis ungefähr zwei Tonnen anzuheben.
Diese historischen Transport- und Hebetechniken leben bis heute fort. Moderne Techniken und Maschinen verwenden gleiche oder
sehr ähnliche Prinzipien, um am Bau Lasten zu
heben oder zu transportieren.
An den behauenen und verbauten Steinen
erkennt man überdies oft Kennzeichnungen –
die Steinmetzzeichen. Die wahrscheinlichste
Erklärung für die Steinmetzzeichen ist, dass
durch die Zeichen ein
behauener Stein als das
Werk eines bestimmten
Steinmetzen (oder einer
Werkstatt) erkennbar
war und dies für die Abrechnung der gelieferten Werksteine benötigt
wurde. Der Steinmetz stapelte die gefertigten
Quader auf und bei der Steinaufnahme am
Zahltag erhielt z. B. die ganze oberste Schicht
das Zeichen.
Häufig finden sich auch so genannte Versatzzeichen und Höhenschichtenzeichen. Sie
erfüllten rein baulich bedingte Aufgabe. Meist
wurden sie aus Zahlen, Buchstaben und einfachsten geometrischen Formen gebildet, um
die Reihenfolge beim Versetzen der Steine zu bestimmen. Die künstlerische
Ausgestaltung der Steinmetzzeichen fehlt oft.
Referenzprojekte
Historische Techniken in der Sanierung
Auch in der Sanierung jüngerer Gebäude und im Neubau spielen die bereits
in frühen Zeiten entwickelten Techniken eine bedeutende Rolle, wenn auch
die Arbeitstechniken vielfältig variiert und weiterentwickelt wurden. Wurden
früher beispielsweise die ersten mechanischen Metallverbindungen zwischen
Natursteingebinden (Dorne) noch mit Blei vergossen, um diese dauerhaft zu
machen, bevorzugen wir heute Edelstahl.
Die Kenntnis der althergebrachten Techniken ist für die Handwerker,
aber auch für die Architekten grundsätzliches Rüstzeug. Diese gilt es mit
neuen Verfahren, die beispielsweise den geänderten Wärmeschutz- und Ausführungsbestimmungen Rechnung tragen, zu kombinieren und in einen sinnvollen Einklang zu bringen.
In der Praxis haben wir häufig festgestellt, dass ohne ein gründliches, spezifisches Fachwissen der Beteiligten keine hinreichende Beherrschung der anstehenden Fragestellungen sichergestellt ist. Hier sind ausgewiesene Fachleute
mit langjähriger Erfahrung erforderlich. Durch allzu häufig unzulängliche
Fachkenntnisse steigt das Risiko der leidigen „unvorhergesehenen“ Kosten.
Um dieses zu minimieren, sind – am besten im Vorfeld – Inaugenscheinnahmen durch qualifizierte Experten und angemessene Voruntersuchungen notwendig. Sie machen Bauzustände erkennbar, analysieren die Konstruktion,
betrachten die Bauphysik und führen zu sinnvolleren Lösungen, als es eine
Betrachtung auf dem Papier vermag.
Das betreuende Architekturbüro muss für diese Untersuchungen fachgerecht gerüstet sein. Die Detlef Stephan Ingenieurgesellschaft mbH verfügt z. B.
über Infrarotkameras, Messgeräte für Raumfeuchte, Materialfeuchte, Raumluft oder relative Feuchte. So kann das Gefüge bestimmt werden, aber auch
die Wärmebilderfassung von Oberflächen, Endoskopie und einiges mehr sind
möglich.
Die Kosten für diese wichtigen Untersuchungen sind häufig erstaunlich
gering. Die Kosten für „Unvorhergesehenes“ sind dagegen meist erschreckend
hoch. Die Erkenntnisse hieraus geben Ihnen für Ihre Bestandsimmobilie
Kosten- und Planungssicherheit und sind wichtige Grundlage unserer Planung.
Überdies ermöglicht die technische Ausstattung die qualifizierte Kontrolle der
Bauausführung. ❚
Sprechen Sie uns auf Ihre Probleme und Wünsche an.
Detlef Stephan Architekten
Ingenieurgesellschaft mbH
Agrippinawerft 16-18, 50678 Köln,
Telefon: 0221 33677-30,
Fax: 0221 33677-55,
E-Mail: [email protected],
Internet: www.stephan-architects.com
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