L. Eißmann, R. Habel, F. Junge, E. Klöthe, K.Löhr, J. Müller: Beucha – Dorf der Steine Sax-Verlag, Beucha, 2012 Aus allen Porphyr-Steinbrüchen der Umgebung heben sich die in Beucha durch ein besonderes Vorkommen heraus. Hier und bei Wurzen-Trebsen bildeten sich während des Vulkanismus im Perm zwei große Körper von Pyroxengranitporphyr aus Gesteinsschmelzen, die in die Erdkruste eindrangen und oberflächennah erstarrten. Die Verwendung des Beuchaer Granitporphyrs für wichtige Leipziger Bauten – herausragend das Völkerschlachtdenkmal – und der Abbau im Kirchbruch um einen Felssockel herum, auf dem malerisch bis heute das Gotteshaus thront, machen den Stein für jedermann interessant und bekannt. 2012, rechtzeitig vor dem 100. Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig, macht Beucha auf sich und seine Steinabbau-Tradition mit einem Buch im Sax-Verlag auf sich aufmerksam: „Beucha – Dorf der Steine“ ist sehr viel mehr als örtliche Erinnerungsliteratur. Das Buch ist interessant für Geologen, Industriehistoriker und Unternehmer und jeden an sächsischer Geschichte Interessierten. Frank W. Junge und Lothar Eißmann, Tiefenforscher der sächsischen Geologie, steuern reiches Wissen aus sächsischer Geologiegeschichte und zur Entstehung der Porphyre im rund 2100 Quadratkilometer großen Nordwestsächsischen Vulkanitbecken bei. Sie öffnen den reichen Schatz der dichten geologischen Erkundung in diesem Raum und arbeiten heraus, dass von den 26 in Nordwestsachsen vorkommenden Porphyrarten nur der Beuchaer Granitporphyr sich zur Gewinnung großer Werksteinblöcke eignet. Seine hohe Festigkeit, seine Politurfähigkeit und seine Ästhetik – er kommt als graugrüner und roter Stein mit schwarmartigem Auftreten heller Einschlüsse vor – machen ihn begehrt in der Architektur als Fassaden-, Werk- und Baugestein. Käte Löhr und Rainer Habel legen in vier spannenden, reich bebilderten Kapiteln den langen Weg von den Anfängen des Beuchaer Steinabbaus im 15. bis 19 Jahrhundert bis heute zurück. Vom Steinebrechen als bäuerlichem Nebenerwerb bis zum industriellen Abbau werden die Arbeits- und Lebenswelt der Männer und Frauen im Stein, die Erleichterungen durch technische Fortschritte, der Mut der Unternehmer akribisch nachgezeichnet. Der Bau der Leipzig-Dresdener Eisenbahn brachte mit dem nun möglichen Güterverkehr auf der Schiene den Anschluss des Steinabbaus an die Industrialisierung. Bessere Transportmöglichkeiten und rasch wachsender Steinbedarf führten auch Beucha zu einem gewaltigen Entwicklungsschub, insbesondere nachdem die Eignung den Gesteins für die Weiterverarbeitung in Steinmetzwerkstätten erkannt worden war. An vielen Gebäuden der nahen Großstand Leipzig, ob am Alten Rathaus, am einstigen Reichsgericht, am Hauptbahnhof, an der Deutschen Bücherei wurden Steine aus Beucha eingesetzt, bevor mit der Errichtung des Völkerschlachtdenkmals ein gewaltiger Entwicklungsschub für die Brüche und den Ort einsetzte. Die gewaltigen Figuren des Denkmals wurden in Beucha in Einzelteilen vorbereitet und später vor Ort zusammengesetzt. Steinmetze von überallher fanden Arbeit. Sie bekamen mit der St. Ludwigskapelle ein eigenes katholisches Gotteshaus. In Beucha lässt sich die lange Geschichte des Lohnkampfes nachzeichnen, der Steinarbeiterverband siedelte sich mit einer Zahlstelle im Ort an. Nirgends sonst im sächsischen Porphyrabbaugebiet ist die Sozialgeschichte des Steinabbaus während der 200 Jahre der Industrialisierung so aufbereitet und im Ort bis heute präsent. Im 20. Jahrhundert kommen neue industrielle Möglichkeiten der Steinbearbeitung hinzu. Massenware wie Platten und Riemchen ergänzten die exklusive Nutzung des Steins wie etwa an holländischen Grachtenbrücken. Die polierten Platten finden sich im Querbahnsteig des renovierten Leipziger Hauptbahnhofs ebenso wie am Gewandhaus der Messestadt. Eckart Klöthe, in Beucha ansässiger bildender Künstler, hat sich den ästhetischen und künstlerischen Aspekten des Granitporphyrs zugewandt. Er spürt dabei unter anderem der bis heute erlebbaren und sichtbaren Spannung zwischen Steinabbau im Kirchbruch und der Kirche auf dem Felssporn nach, die in der berühmtesten und beliebtesten Ansicht von Beucha über die Jahrhunderte wiederkehrt. Er würdigt die Arbeit der Beuchaer Steinmetzmeister und Bildhauer und zeichnet an steinernen Grabmalen der regionalen Friedhöfe die vielfältige künstlerische Verwendung des Gesteins nach. Heute wird nur noch in einem Steinbruch der Granitporphyr gebrochen. Nachhaltig aber hat der Abbau die Umgebung und den Ort verändert, der sich mit Stolz „Dorf der Steine“ nennt. Die aufgelassenen Steinbrüche beschreibt Jens Müller heute als stille Orte der Natur, genutzt zur Erholung, zum Baden oder für den Klettersport. Im Ost- und Westbruch Brandis begannen die Leipziger Alpinisten für die Berge zu trainieren. Diese Leipziger Kletterschule im Porphyr mit Wegen unterschiedlicher Schwierigkeit wird bis heute vom Deutschen Alpenverein genutzt. Vorerst wird an zwei Stellen im Ort an den Steinabbau erinnert. Eine Schauanlage in der AugustBebel-Straße am Rande des Kirchbruchs informiert über die Hartgesteine aus der Produktion der DDR. Am Ortsausgang Richtung Brandis steht neben einer erläuternden Tafel mit der Lage der Steinbrüche eine Lore, wie sie zum Gesteinstransport genutzt wurde und einige Quader aus Granitporphyr. (Dr.Viola Hess, Geopark Porphyrland-Steinreich in Sachsen)