Aus dem Takt geraten

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Aus dem Takt geraten
Herzrhythmusstörungen: Vorsicht ist geboten!
Emotionaler Stress, aber auch unbändige Freude lassen das
Herz schneller schlagen. Das ist ganz normal. Fühlt es sich
hingegen an, als würde das Herz grundlos bis zum Hals
schlagen, kann es sich um Herzrasen handeln – ein typisches
Symptom für Herzrhythmusstörungen. Ebenso ist bei
Herzstolpern Vorsicht geboten.
Dr. Anton Glöcklhofer ist Facharzt für Innere Medizin und
Kardiologie. In seiner Praxis in Bregenz behandelt er
hauptsächlich Patienten mit Herzkrankheiten. Neben seiner
Ordinationstätigkeit ist Dr. Glöcklhofer Belegarzt am Sanatorium
Mehrerau in Bregenz.
Ein Interview über verschiedene Herzrhythmusstörungen – von
harmlosen „Stolperern“ bis hin zum lebensgefährlichen
Kammernflimmern –, über Behandlungsmethoden und
Vorsorgemöglichkeiten.
Herr Dr. Glöcklhofer, das Herz schlägt ja nicht immer im gleichen Takt. Ab wann spricht man
aber von Herzrhythmusstörungen? Anders gefragt: Wo ist der Übergang von „normalen“ zu
„kranken“ bzw. gefährlichen Herzrhythmusstörungen?
Normal ist es, wenn das Herz bei bestimmten Emotionen oder Stress schneller schlägt. Starke Ängste
oder Panikattacken können sogar von Herzrasen begleitet sein. Es handelt sich dabei aber nicht um
krankhafte Herzrhythmusstörung, sondern um schnellen Puls als Folge der psychischen Erregung.
Diese Menschen sind zwar nach einer kardiologischen Untersuchung oft beruhigt, um an die Wurzel
des Problems zu gehen ist aber häufig eine Psychotherapie nötig.
Herzstolpern oder unmotivierte Anfälle mit Herzrasen hingegen sind typische Symptome von echten
Herzrhythmusstörungen.
Wann muss man anfangen, sich Sorgen zu machen? Was sind also die ersten Anzeichen für
gefährliche Herzrhythmusstörungen?
Es ist nicht so entscheidend, ob das Herz etwas mehr oder weniger stolpert oder rast. Wichtiger sind
andere Fragen, die man sich stellen muss: Ist es schon zum Auftreten von Schwindelanfällen oder gar
einer Bewusstlosigkeit gekommen? Bestehen andere Beschwerden, wie Brustschmerzen oder
Luftmangel bei körperlicher Belastung? Ist jemand der engeren Verwandten an einem plötzlichen
Herztod verstorben? Ein JA auf eine dieser Fragen ist auf jeden Fall als Alarmzeichen zu werten!
Kann ich das als Laie überhaupt wissen, welche Herzrhythmusstörungen gefährlich sind und
welche nicht?
Nein, weil unbedingt untersucht werden muss, ob hinter den Rhythmusstörungen eine Erkrankung des
Herzens steht. Das kann ein angeborenes Problem sein, eine Herzmuskelschwäche, eine
Muskelverdickung, ein Klappenfehler, eine Durchblutungsstörung der Herzkranzgefäße, ein früherer
Herzinfarkt, eine Entzündung etc. Diese Frage muss ein Fachmann beantworten. Oft findet man
erfreulicherweise vor allem bei Jüngeren keine sogenannte „Grunderkrankung“, kann dann beruhigt
sein und braucht auch nicht dauernde ärztliche Kontrollen.
Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung. Was genau ist Vorhofflimmern?
Normalerweise wird der Takt des Herzens vom „Sinusknoten“ vorgegeben. Dieser liegt im rechten
Vorhof des Herzens und von ihm geht ein feiner elektrischer Impuls aus, der über eine Art elektrischer
Leitungsbahnen zu den Vorkammern und dann zu den Hauptkammern des Herzens läuft. Dieser
Impuls führt dann dazu, dass sich der Herzmuskel zusammenzieht und das Blut vorwärts pumpt.
Wichtig ist, dass dieser elektrische Impuls des Sinusknotens regelmäßig abgegeben wird, dadurch
entsteht ein rhythmischer Puls.
Beim Vorhofflimmern hingegen werden elektrische Impulse ungeordnet in den Vorkammern gebildet
und dann zu den Hauptkammern geleitet. Das führt zu Herzrasen mit einem unrhythmischen Puls.
Das Herz rast, es wechseln kräftige und weniger kräftige Herzschläge. Das ist sehr unangenehm!
Gefährlich ist dabei aber weniger das Herzrasen selbst, als die Gefahr von Gerinnselbildungen im
linken Vorhof. Wenn sich ein Gerinnsel löst und über die Schlagadern ins Gehirn gelangt, führt das
zum Schlaganfall. Das kann man etwa durch „Blutverdünnung“ vermeiden. Es gibt genaue Regeln,
welcher Patient diese braucht und welcher nicht.
Und welche anderen Formen von Herzrhythmusstörungen gibt es?
Häufig sind sogenannte Extrasystolen, das sind „Zwischenschläge“, die manchmal auch mit dem
Gefühl eines kurzen Aussetzers einhergehen. Auch zu langsamer Puls oder Aussetzer zählen zu den
Rhythmusstörungen. Weiters gibt es verschiedene Formen von Herzrasen. Bedrohlich ist es, wenn
das Rasen von den Herzkammern ausgeht. Lebensgefährlich ist das sogenannte Kammerflimmern.
Hier muss sofort mit Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen werden!
Wie werden Herzrhythmusstörungen seitens der Medizin behandelt?
Obwohl es sich beim eingangs erwähnten Herzstolpern um ein typisches Symptom für
Herzrhythmusstörungen handelt, braucht es hier oft keine Therapie. Hingegen erfordern langsamer
Puls oder Pausen meist einen Herzschrittmacher. Herzrasen kann häufig mit einer „Verödung“ einer
kleinen Stelle im Herzen geheilt werden. Dazu muss ein Katheter von der Leiste aus an diese Stelle
geführt werden.
Gibt es auch medikamentöse Behandlungen?
Gewisse Rhythmusstörungen werden mit Medikamenten behandelt. Allerdings haben sich diese
gerade bei den lebensbedrohlichen Formen nicht bewährt. Daher raten Kardiologen immer öfter zur
Implantation eines „Defibrillators“. Dieses kleine Gerät wird unter der Haut im Brustbereich eingesetzt
und kann mit kleinen elektrischen Impulsen oder notfalls auch mit einem Elektroschock die
Lebensgefahr bannen.
Sind Herzrhythmusstörungen genetisch bedingt?
Es gibt erbliche Herzrhythmusstörungen, die lebensbedrohlich sein können. Gerade hier liefert die
Forschung laufend neue Erkenntnisse, die zu einem besseren Verständnis und besserer Behandlung
beitragen.
Zeigen sich Herzrhythmusstörungen bei Frauen anders als bei Männern?
Nennenswerte Unterschiede bestehen nicht.
Und ab welchem Alter treten Herzrhythmusstörungen vermehrt auf?
Normalerweise treten sie mit zunehmendem Alter häufiger auf. Gerade die genannten angeborenen
Störungen äußern sich aber oft schon bei Jugendlichen oder jungen Erwachsenen. Man muss also
auch in diesem Alter die Symptome ernst nehmen.
Kann man als „gesunder“ Mensch, der (noch) nicht an Herzrhythmusstörungen leidet,
Herzrhythmusstörungen vorbeugen?
Sehr wichtig ist eine optimale Behandlung eines Bluthochdrucks, weil dieser sonst oft das Herz
schädigt und zu Rhythmusstörungen führt. Rauchen ist überhaupt das ärgste Gift für das Herz!
Natürlich gehören auch regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen mit Bestimmung der Blutfette und des
Blutzuckers dazu, um Herzinfarkte und in der Folge Rhythmusstörungen zu vermeiden.
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