lucerne festival academy

Werbung
L UCERNE
F ESTIVAL
A CADEMY
6 . S E P T E M B E R 2 0 16
L AEISZHALLE GROSSER SA AL
Dienstag, 6. September 2016 | 20 Uhr | Laeiszhalle Großer Saal
19 Uhr | Einführung im Kleinen Saal mit Clemens Matuschek
SAISONERÖFFNUNG
ORCHESTER DER
LUCERNE FESTIVAL ACADEMY
D I R I G E N T MATTHIAS PINTSCHER
György Ligeti (1923–2006)
San Francisco Polyphony (1974)
ca. 10 Min.
Mark Andre (*1964)
... hij ... 1 (2010)
ca. 25 Min.
Pause
Igor Strawinsky (1882–1971)
L’oiseau de feu (Der Feuervogel)
Ballett in zwei Bildern mit Introduktion (1910)
ca. 60 Min.
Gefördert durch die
WILLKOMMEN
Aus knapp 30 Nationen stammen die 120 Musiker,
die Sie heute Abend auf der Bühne sehen und hören
– wahrhaftig eine Weltauswahl der Klassik. Auf Einladung des Lucerne Festival haben sie sich mehrere
Wochen überwiegend mit aktueller Musik beschäftigt
und gestalten nun auf höchstem Niveau ein Zukunftslabor der Klänge. Damit sind sie die idealen Botschafter für das erste Konzert dieser Saison, in der für
Hamburgs Musikszene in der Elbphilharmonie die
Zukunft beginnt. Um dabei zu sein, braucht es nur eins:
offene Ohren. Vielfältige Hörerlebnisse wünscht Ihnen
Ihr
Christoph Lieben-Seutter
Generalintendant Elbphilharmonie und Laeiszhalle
DIE MUSIK
TONALES ERDBEBEN
György Ligeti: San Francisco Polyphony
György Ligeti
Es passiert nicht gerade häufig, dass Komponisten der Neuen
Musik über den überschaubaren Zirkel an Interessierten hinaus
zu größerer Bekanntheit gelangen. György Ligeti ist genau dies
gelungen. Nicht ganz unschuldig daran ist der amerikanische
Meisterregisseur Stanley Kubrick, der seinen Kultfilm 2001: A
Space Odyssey mit Ligetis bahnbrechender Komposition Atmosphères untermalte (wohlgemerkt ohne die vorherige Autorisierung des Komponisten). Doch auch ohne diesen Ausflug auf die
Kinoleinwand wäre Ligeti der nachhaltige Ruhm vermutlich
sicher gewesen.
Als der Komponist 1960 im fortgeschrittenen Alter von
37 Jahren erstmals in den Fokus einer breiteren Öffentlichkeit
rückte (mit der Uraufführung seines Orchesterstücks Apparitions
in Köln), hatte sich die Musikgeschichte in eine Sackgasse manövriert. Die strenge mathematische Logik des von Pierre Boulez
und Karlheinz Stockhausen erfundenen Serialismus, bei dem
sämtliche musikalische Parameter vorher bis ins kleinste Detail
vorbestimmt werden, hatte ihren Zenit längst überschritten und
verwehrte sich einer weiteren Entwicklung. Ligeti befand sich zu
diesem Zeitpunkt erst wenige Jahre in Deutschland, nachdem
er 1956 vor dem Ungarischen Volksaufstand geflohen war. Die
aktuellen musikalischen Entwicklungen des Westens hatte er
zuvor nur verrauscht durch das Radio wahrnehmen können,
was dazu beitrug, dass er in seinen bis dato 70 Kompositionen
relativ unbeeinflusst von anderen Strömungen blieb. Nun, in
Deutschland, waren die Vorzeichen günstig für einen Neustart.
Statt zurückzukehren zu einer wie auch immer gearteten
tonalen und harmonischen Musik, wählte er die entgegengesetzte Richtung. »Durch die Beseitigung der Intervallfunktion
wurde der Weg frei zum Komponieren von musikalischen Verflechtungen und Geräuschstrukturen äußerster Differenzierung
und Komplexität«, erklärte er. »Formbildend wurden feinste
Veränderungen der Dichte und der Verwebungsart, das Einanderablösen, Einanderdurchstechen und Ineinanderfließen
klingender ›Flächen‹ und ›Massen‹.« Und für genau jene Klangflächenkompositionen mit ihrer ungeheuren Kraft und Sogwirkung sollte Ligeti berühmt werden. Auf die Spitze trieb er dieses
Prinzip in Atmosphères, das durch eine extrem verdichtete, nun
ja, Atmosphäre besticht. Das Orchester wird dazu in Dutzende
unabhängige Einzelstimmen aufgespalten, die versetzt ablaufen
und so einen dichten Klangteppich weben – »Mikropolyphonie«
nannte Ligeti diesen Stil.
Ende der 60er begann er sich von dieser Kompositionstechnik wieder ein Stück weit zu lösen, hin zu »einer Polyphonie,
die transparenter und klarer gezeichnet war«. Aus dieser Zeit
stammt San Francisco Polyphony. Anlass war das 60-jährige
Jubiläum des San Francisco Symphony Orchestra, das 1975
unter der Leitung von Seiji Ozawa die Uraufführung gestaltete.
Das Werk bildet den Endpunkt der von Ligeti selbst beschriebenen stilistischen Entwicklung und kommt deutlich lichter und
kammermusikalischer daher als frühere Werke. Die titelgebende
Polyphonie prägt die Musik zwar noch immer in vielerlei Hinsicht.
Doch im Gegensatz zu den verschwimmenden akustischen Wimmelbildern der Atmosphères lassen sich hier einzelne Stimmen
und Melodien gut hörbar aus dem Geflecht herauslösen.
Eindruck hinterlässt das auch heute noch. Ein Berliner
Kritiker beschrieb San Francisco Polyphony erst vor wenigen
Jahren als »tonales Erdbeben«, mit dem György Ligeti dem
Hörer »den altvertrauten musikalischen Boden unter den Füßen
wegkomponierte«. Also gut festhalten!
Simon Chlosta
Besetzung
3 Flöten, Piccolo, Altflöte
3 Oboen, Oboe d‘amore
Englischhorn, 3 Klarinetten
Bassklarinette, 2 Fagotte
Kontrafagott, 2 Hörner
2 Trompeten, 2 Posaunen, Tuba
Glockenspiel, Xylofon, Vibrafon
Tamtam, Große Trommel, Peitsche
Harfe, Klavier, Celesta
Violine I, Violine II, Viola,
Violoncelli, Kontrabass
DIE MUSIK
GOTT STECKT IM DETAIL
Mark Andre: … hij … 1
Besetzung
3 Flöten, Bassflöte
3 Oboen, Englischhorn
3 Klarinetten, Bassklarinette
3 Fagotte, Kontrafagott
6 Hörner, 4 Trompeten
3 Posaunen, Tuba
Pauke, Große Trommel
Gong, Becken, Vibrafon
Plattenglocken, Klangschalen
Funkgerät, Weinflasche (leer)
SuperBall, Gummistück
vom Fahrradschlauch
2 Harfen, Klavier
Violine I, Violine II, Viola
Violoncello, Kontrabass
Jahrzehntelang waren wir Deutschen Weltmeister in der tristen
Kunst der Nestbeschmutzung. Kein schlimmer Land gab’s als
das unsere, im Ausland genierten wir uns für unsere Staatsangehörigkeit. Gebremst wurde der kontinuierliche Selbstbewurf mit Asche aufs deutsche Haupt nur langsam: durch die
Wie­dervereinigung etwa oder das »Sommermärchen« 2006.
Inzwischen finden wir uns ganz in Ordnung.
Wer sich an die deutsche Selbstgeißelung, die bekanntlich
ehrenwerte Gründe hatte, noch erinnern kann, der wird sich erst
mal wundern über einen Franzosen, der nichts lieber sein will
als deutsch. Wie kann einer aus dem Land von Liberté, Égalité
und Baguette dem gallischen Hahn derart vollständig entsagen,
dass er aus dem C seines Vornamens ein K macht und sogar
den Akzent aus seinem Nachnamen André tilgt?
Mark Andres Loblied auf Deutschland hat viele Strophen,
und weil es die ganze Zeit von Musik und den fabelhaften Möglichkeiten für Musiker handelt, wird einem beim Zuhören ganz
warm ums deutsche Herz. »In den 70-er- und 80er-Jahren hatte
man die Wahl, ob man bei Klaus Huber, Karlheinz Stockhausen,
György Ligeti, Helmut Lachenmann oder Mauricio Kagel studieren wollte, um nur ein paar zu nennen, bei denen sich das
gelohnt hätte«, sagt Andre mit leuchtenden Augen. In Frankreich gab und gibt es für junge Komponisten exakt ein Ausbildungsinstitut von Rang, das Conservatoire National Supérieur
de Musique in Paris. Dessen Potenzial glaubte Andre nach ein
paar Studienjahren bei Gérard Grisey für sich ausgeschöpft zu
haben. Als er eines Tages in der Pariser Bibliothek die Partitur
von Helmut Lachenmanns Ausklang entdeckte, wusste er, wo er
weiterlernen wollte: in Stuttgart, bei dem großen Klangerfinder
und Komponisten des Mädchens mit den Schwefelhölzern.
Von Lachenmann übernahm Mark Andre die detailversessene Verwendung ungewöhnlicher Spieltechniken an der Grenze
Mark Andre
zwischen Geräusch und Musik. Es ist kein Zufall, dass dieser Stil auch das heute erklingende … hij … auszeichnet: Es ist
Lachenmann zum 75. Geburtstag gewidmet. Andre verschmilzt
den Einfluss seines Mentors jedoch auf geniale Weise mit der
Klangsinnlich­keit Griseys und – in manchen anderen Werken –
mit den Möglichkeiten elektronischer Instrumente, wie er sie am
Experimentalstudio des SWR in Freiburg kennengelernt hat. So
zählt Mark Andre inzwischen selbst zu den wenigen arrivierten
Schöpfern neuer Musik. Sein Wissen gibt er seinerseits an
Studenten einer Kompositionsklasse weiter, die er als Profes­
sor in Dresden leitet. Eine besondere Beziehung verbindet ihn
zudem mit Hamburg, wo sein Schaffen im Rahmen des Festivals
»Ostertöne« 2010 ausführlich gewürdigt wurde.
Mark Andre ist Protestant – auch das prädestiniert ihn im
katholisch geprägten Frankreich zum Außenseiter. Viele seiner
Werke beziehen sich auf religiöse Themen, auch … hij …, dessen
Titel als Abkürzung für »Hilf, Jesus« steht. Doch die komplexe
Besetzung mit zahlreichen Sonderinstrumenten und das nuancenreiche Klangbild führen unmissverständlich vor Augen, dass
es sich hierbei nicht um frömmlerische Erbauungsmusik handelt. Tatsächlich entzündet sich Andres künstlerische Fantasie
gerade an der Spannung zwischen der »existenziellen Erfahrung
des Menschen und der kryptischen Botschaft der Bibel«. Trost
ist Religion deshalb für ihn nur bedingt: »Als Protestant bleibt
man allein und wartet.«
Tom R. Schulz / Clemens Matuschek
Am Rande: Die Pünktchen im Titel
sind typisch für Mark Andre, der
zudem ein faszinierendes Faible
für deutsche Präpositionen pflegt.
Weitere Werknamen lauten … auf …,
… als …, … zu … oder … durch ….
DIE MUSIK
IN DER EINGANGSHALLE
DES RUHMES
Igor Strawinsky: L’oiseau de feu
Besetzung
2 Piccolo, 2 Flöten, 3 Oboen
Englischhorn, 3 Klarinetten
Bassklarinette, 3 Fagotte
Kontrafagott, 4 Hörner
3 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba
Pauke, Triangel, Tamburin
Becken, Große Trommel
Tamtam (Gong), Glocken, Xylofon
Celesta, 3 Harfen, Klavier
Violine I, Violine II, Viola,
Violoncello, Kontrabass
Allmählich wurde es Igor Strawinsky zu dumm. Natürlich war
es eine Ehre für den gerade 26-jährigen Jungkomponisten, vom
berühmten Impresario Sergej Diaghilew eingeladen zu werden.
Aber nun saß er bereits seit 20 Minuten in der Eingangshalle
von dessen St. Petersburger Domizil und wartete vergeblich
darauf, vorgelassen zu werden. »Ich stand also auf und ging
zum Ausgang«, berichtete er später. »Als ich die Hand auf die
Klinke legte, hörte ich hinter mir eine Stimme: ›Strawinsky,
kommen Sie herein!‹ Wissen Sie, ich habe mich oft gefragt,
wenn ich mich nicht umgedreht hätte, ob ich jemals Le sacre
du printemps geschrieben hätte.«
Nun, bis zum Sacre war es noch ein weiter Weg, aber tatsächlich sollte sich diese allererste Begegnung zwischen Strawinsky und Diaghilew als wegweisend herausstellen. Schon seit
einigen Jahren hatte der rührige Impresario in Paris russische
Kulturevents veranstaltet. Sein letzter Clou war es gewesen, den
großen Fjodor Schaljapin an die Pariser Oper zu locken. Nun
musste ein neues Zugpferd her – Ballett! Der gewiefte Diaghilew
verpflichtete also die Stars des Petersburger Mariinski-Theaters
für ein Paris-Gastspiel unter dem Titel »Ballets Russes« und
sah sich während seines Aufenthaltes in St. Petersburg auch
gleich nach dem passenden Komponisten für sein Projekt um. Anfang 1909 hörte
er im Sinfoniekonzert zufällig Igor Strawinskys Scherzo fantastique. Diaghilew
war begeistert. Spritzig, effektvoll, jung – so stellte er sich seinen Ballettkomponisten vor.
Diaghilew bat Strawinsky zunächst testweise um Orchester-Arrangements
einiger Chopin-Klavierstücke und gab für die nächste Spielzeit ein ausgewachsenes Ballett bei ihm in Auftrag: den Feuervogel. Begeistert ließ Strawinsky die
Skizzen der Oper Die Nachtigall fallen, an der er gerade feilte (sie wurde erst
sechs Jahre später aufgeführt), und stürzte sich in die Arbeit. Ohnehin hatte er
ein Faible für den Tanz – an seinen Lehrer Rimski-Korsakow schrieb er einmal:
»Du nennst das Ballett die geringste der szenischen Künste. Ich sehe das ganz
anders. Ich liebe das Ballett mehr als alles andere. Und es ist meine Überzeugung, dass, wenn heute eine Art Michelangelo lebte – dieser Gedanke kam mir,
als ich seine Fresken der Sixtinischen Kapelle sah – dann wäre die einzige Sache,
die er sich zu eigen machen würde, die Choreografie.«
Im Falle des Feuervogels hieß dieser »Michelangelo« Michel Fokine. Bei
den »Ballets Russes« fungierte er als Tänzer, Choreograf und Dramaturg in
einer Person. Auch das Libretto des Feuervogels stammte von ihm. Fokine
kombinierte hier zwei bekannte russische Märchen: die Geschichte vom bösen
Zauberer Kaschtschej und die vom wunderbaren Feuervogel, den der edle Prinz
Iwan fängt und dann doch wieder freilässt. (Die Rolle des Iwan übernahm Fokine
gleich selbst.) Schon einige Monate später stand Strawinsky auch vor Fokines
Tür, unter dem Arm einen Stapel Notenpapier. Fokine erinnert sich: »Strawinsky
spielte mir seine Skizzen am Flügel vor, und ich demonstrierte die Szenen. Ich
kletterte auf den Flügel, sprang herunter, kroch unter ihm hindurch und blickte
mit Iwans schreckgeweiteten Augen in meinem Wohnzimmer umher.«
Dass Fokine seine Fantasie so spielen lassen konnte, liegt nicht zuletzt an
der ungeheuer bildhaften Musik Strawinskys. Noch weit von den wüsten Welten
des Sacre entfernt, klingen im Feuervogel die Einflüsse von Strawinskys Lehrern
und Vorbildern unüberhörbar durch: die »russische« Melodik in der Tradition
Tschaikowskys, die Harmonik Claude Debussys und die farbige Tonsprache von
Rimski-Korsakow. In der Verbindung dieser Elemente aber, in der pfeilschnellen
Musik des Feuervogels selbst, zeigt sich das Genie Strawinskys, der in Paris
eine wahre »Russomanie« auslösen und von hier seinen Siegeszug durch die
Welt antreten sollte. »Seht ihn Euch an! Er ist ein Mann am Vorabend seines
Ruhmes«, rief Diaghilew vor der Premiere am 25. Juni 1910 seiner Compagnie
zu. Er sollte Recht behalten.
»Juckend sagt mein Daumen mir: Etwas Böses naht sich hier« – mit diesem
Shakespeare-Zitat ließe sich die Einleitung zum Feuervogel beschreiben. Dunkle
DIE MUSIK
Tamara Karsawina (Feuervogel) und Michel Fokine (Prinz Iwan)
Klangfarben und gruselige Tremolo-Effekte künden von unheilvollem Schicksal und der schwarzen Magie des unsterblichen
Zauberers Kaschtschej. Dreizehn Prinzessinnen hält er in seinem
Garten gefangen, in dem ein Baum mit goldenen Äpfeln wächst.
Und schon viele Helden sind bei dem Versuch, die Schönen zu
retten, von ihm zu Stein verwandelt worden.
Ritter Iwan Zarewitsch jagt derweil den Feuervogel. Flirrende
Streicher- und Flötenklänge und das Rauschen seiner (Harfen-)
Flügel stellen das märchenhafte Geschöpf musikalisch dar. Zu
überschäumenden Bläserfiguren braust er durch die Baumwipfel. Schließlich gelingt es Iwan, den Vogel zu fangen. Mit einem
klagenden Geigensolo und Kantilenen, die er Tschaikowsky
abgelauscht zu haben scheint, bittet der Feuervogel ihn um
Erbarmen. Schließlich lässt sich Iwan erweichen und öffnet die
Käfigtür; der Feuervogel schwirrt hinaus. Als Dank verspricht
er Iwan seine Dienste – und die kann der Nachwuchsheld gut
gebrauchen. Alsbald nämlich kommt Iwan zu Kaschtschejs
Garten, wo die gefangenen Prinzessinnen mit den goldenen
Äpfeln spielen. Mit einem eleganten Hornsolo stellt er sich den
Damen vor, die ihn gerne in ihren zierlichen Reigen einbeziehen
(zu Harfen- und Streicherbegleitung treten nacheinander Oboe,
Cello, Klarinette und Fagott solistisch in Erscheinung).
Trompetenstöße kündigen den Morgen an, und Iwan macht
sich auf, in Kaschtschejs Palast einzudringen. Doch der böse
Zauberer ist nicht so einfach zu überrumpeln. Er schickt Iwan
seine Blechblas-Monster entgegen und tritt dann selbst auf –
erinnern Sie sich an die unheimliche Stimmung der Einleitung!
Unter Tuttigedröhn und Paukenrollen wird der unglückliche
Held gefangengesetzt. Alles scheint verloren, da kommt der
Feuervogel herangerauscht. Von seinem Zauberspruch gebannt,
beginnen Kaschtschejs Ungeheuer einen grotesken Tanz, gut
zu erkennen am Einsatz des hölzernen Xylofons. Ein letztes
Mal bäumen sie sich noch auf und sinken dann erschöpft in
einen tiefen Schlaf. Ritter Iwan findet derweil ein Ei, in dem die
Seele Kaschtschejs versteckt ist, zerstört es und besiegt so den
Magier. Mit einem Hornruf tritt er danach zurück ans Licht: Der
Zauber ist gebrochen, Iwan und die dreizehn Prinzessinnen sind
frei. Allgemeiner Jubel.
Clemens Matuschek
Kostümentwürfe von Léon Bakst
DIE KÜNSTLER
DIRIGENT
MATTHIAS PINTSCHER
1971 im westfälischen Marl geboren, betrachtet Matthias Pintscher
das Komponieren und das Dirigieren als komplementäre Sphären seiner künstlerischen Arbeit. Er studierte Komposition
bei Giselher Klebe und Manfred Trojahn; Hans Werner Henze
gehörte ebenso zu seinen Förderern wie Peter Eötvös, der ihn
auch im Dirigieren unterrichtete. Schnell avancierte Pintscher
zu einem der erfolgreichsten Komponisten seiner Generation:
Seine Musiktheaterwerke Thomas Chatterton und L’Espace dernier
wurden an der Dresdner Semperoper bzw. der Opéra National
de Paris uraufgeführt, seine Orchesterstücke von den Berliner und den New Yorker Philharmonikern, dem Philharmonia
Orchestra, dem London Philharmonic oder dem Cleveland
Orchestra gespielt. Inzwischen lehrt Matthias Pintscher selbst
Komposition an der New Yorker Juilliard School.
Als Dirigent hat sich Pintscher ein breites Repertoire vor
allem mit Werken des 19. und 20. Jahrhunderts erarbeitet.
Er dirigierte u. a. die Berliner Philharmoniker, das Cleveland
Orchestra, das New York und das Los Angeles Philharmonic,
das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und die
Staatskapelle Berlin, das Mahler Chamber Orchestra und das
Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia. Als Residenzkünstler ist er dem BBC Scottish Symphony Orchestra
verbunden. Darüber hinaus arbeitet er für drei Jahre mit dem
Danish National Symphony und Chamber Orchestra zusammen.
Der Lucerne Festival Academy ist er seit Beginn dieses Jahres
als Principal Conductor fest verbunden.
2013 trat Pintscher das Amt des Musikdirektors beim von
Pierre Boulez in Paris gegründeten Ensemble intercontemporain
an, mit dem er in dieser Saison eine Asientournee bestreitet
und zudem am 17. November das Festival »Greatest Hits« auf
Kampnagel eröffnet. Im Rahmen seines »Multiversums« bei
der Elbphilharmonie leitet er am 3. März auch die Deutsche
Kammerphilharmonie Bremen, mit der er sein Werk Ex Nihilo
aufführt; einen Tag später gestaltet er einen ganzen Tag in der
Elbphilharmonie. Gekrönt wird Matthias Pintschers Residenz
im April mit der Uraufführung seines neuen Werkes in drei
Konzerten des NDR Elbphilharmonie Orchesters.
DIE KÜNSTLER
LUCERNE FESTIVAL ACADEMY
Eine Meisterschule für Neue Musik – das ist die Lucerne Festival Academy. Sommer für Sommer erhalten rund 130 junge
Musiktalente aus der ganzen Welt die Möglichkeit, sich einem
Repertoire zu widmen, das im Klassikbetrieb noch immer zu kurz
kommt: der Musik des 20. und 21. Jahrhunderts. Drei Wochen
lang vertiefen sie sich in täglichen Proben, Workshops und Lektionen in ausgewählte Schlüsselwerke der Moderne, erarbeiten
brandneue, oft eigens für die Academy entstandene Partituren
und erproben neue Aufführungsformen. Das Festspielpublikum
wiederum profitiert von unkonventionellen Programmen voller
Entdeckungen und überraschender Hörerfahrungen.
Ins Leben gerufen wurde dieser weltweit einzigartige Campus für Gegenwartsmusik im Jahr 2003 vom französischen
Komponisten und Dirigenten Pierre Boulez und vom Festivalintendanten Michael Haefliger. Seit 2016 hat der deutsche Komponist Wolfgang Rihm die künstlerische Leitung der Akademie
inne; flankiert wird er von Matthias Pintscher als Principal
Conductor. Als Instrumentaldozenten unterrichten die Mitglieder
des Pariser Ensemble intercontemporain, das ganz auf die
Interpretation zeitgenössischer Musik spezialisiert ist und künstlerisch ebenfalls von Matthias Pintscher geleitet wird. Darüber
hinaus lädt die Lucerne Festival Academy weitere renommierte
Dirigenten, Komponisten und Solisten ein, etwa Peter Eötvös,
Alan Gilbert, Heinz Holliger und Sir Simon Rattle, Anne-Sophie
Mutter, Isabelle Faust und Martin Grubinger. Die Werke, die auf
dem Lehrplan stehen, werden abschliessend in Konzerten mit
dem Orchester der Lucerne Festival Academy, in dem sich alle
Studierenden vereinigen, und in diversen Ensembleprogrammen
öffentlich präsentiert.
Selbstverständlich fördert die Lucerne Festival Academy
auch die künstlerische Eigeninitiative der Studierenden und
stellt Akademisten mit Projekten vor, die sie selbst entwickelt
haben und in denen sie den Brückenschlag zu anderen Musikformen und -stilen wagen. Und nicht nur Instrumentalisten
profitieren von der praxisorientierten Ausbildung der Lucerne
Festival Academy – auch für Dirigenten und Komponisten ist
das Institut eine erste Adresse. Denn zu einem jeden Jahrgang
gehört auch ein Conducting Fellowship mit Meisterkurs und
ein Composer Seminar, während die Roche Young Commissions
junge Komponisten mit Werkaufträgen betrauen.
Nach Gastspielen u. a. in Essen, Paris, New York und im
japanischen Mito unternahmen die Akademisten 2011 gemeinsam mit Mitgliedern des Ensemble intercontemporain eine
Europatournee, die sie nach Turin, Mailand, Amsterdam, Paris,
München und London führte, und brachten unter der Leitung
des Komponisten Pierre Boulez’ Pli selon pli zur Aufführung.
2012 wurde die Lucerne Festival Academy in die Pariser Salle
Pleyel eingeladen; 2014 gastierte sie mit Matthias Pintscher in
Köln und Gelsenkirchen. Die Arbeit der Lucerne Festival Academy wurde u. a. in dem 2010 veröffentlichten Film Inheriting
the Future dokumentiert; 2011 erschien eine Doppel-CD mit
Werken von Mahler, Strawinsky und Webern unter der Leitung
von Pierre Boulez.
DIE KÜNSTLER
Flöte
Jonathan Henderson (AUS)
Joséphine Poncelin de Raucourt (FRA)
Gustav Villegas (ESP)
Yi Wei Angus Lee (HKG)
Ander Erburu (ESP)
Oboe
Jesús Ventura Aguado (ESP)
Frauke Elsen (BEL)
Gabriel Ormaza Vera (ECU)
Verónica Cruz Rodríguez (ESP)
Klarinette
Peter Szűcs (HUN)
Diego Vasquez (USA)
Panagiota Giannaka (GRE)
Joséphine Besançon (FRA)
Zach Manzi (USA)
Fagott
Dana Jackson (USA)
Thomas Fleming (USA)
Miguel Ángel Pérez Domingo (ESP)
Daniel Beilman (USA)
Horn
José Raúl Tenza Ramírez (ESP)
Jess Goff (UK)
Gabriel Trottier (CAN)
Abel Perez Armas (ESP)
Ryan Little (USA)
Trevor Nuckols (USA)
Katherine Jordan (USA)
Young Kim (USA)
Trompete
Lucas Lipari-Mayer (FRA/ITA)
Tetsuya Lawson (AUS/JPN)
Simon Höfele (DEU)
Noé Nillni (FRA)
Michael Harper (USA)
Estibaliz Collado (ESP)
Posaune
Alexandre Mastrangelo (SUI)
Cesar Roig Espi (ESP)
James Harold (UK)
Henry Van Engen (USA)
Bassposaune
Felix Del Tredici (CAN)
Tuba
Nicolás Portas Ricoy (ESP)
Kota Sakamoto (JPN)
Schlagwerk
Antoine Brocherioux (FRA)
Xizi Wang (CHN)
Eric Goldberg (USA)
Manuel Alcaraz Clemente (ESP)
Jean-Baptiste Bonnard (FRA)
Emmanuel Joste (FRA)
Bertrand Gourdy (FRA)
Harfe
Anne Salomon (FRA)
Lauriane Chenais (FRA)
Rahel Schweizer (SUI)
Klavier/Celesta
Vitaliy Kyianytsia (UKR)
Kathrin Isabelle Klein (DEU)
Violine
Pauline Klaus (FRA)
Silei Li (CHN)
Maeve Feinberg (USA)
Nelson Moneo (CAN)
Laura Balboa Garcia (ESP)
Sara Salomon (FRA)
David Sypniewski (FRA)
Michiko Theurer (USA/CAN)
Jung Un Suh (KOR)
Inhee Park (KOR)
Giancarlo Latta (USA)
Ernst Spyckerelle (BEL)
Katarzyna Hałoń (POL)
Jacob Niederhoffer (USA)
William Overcash (USA)
Kseniya Khvashchynskaya (BLR/USA)
Olivier Robin (FRA)
Hiroto Ishi (JPN)
David Rubin (USA)
Elly Toyoda (JPN)
Zubaida Azezi (CAN)
Sofie Thorsbro Dan (DK)
Joosten Ellée (DEU)
Jakub Strzelecki (POL)
Benjamin Carson (USA)
Hannah Walter (DEU)
Elizabeth Skinner (CAN)
Elena Abbati (ITA)
Aya Kono (JPN)
Aniela Eddy (SUI/USA)
Agata Nowak (POL)
Alexander Giger (USA)
Chu Kyung Park (KOR)
Yutaka Shimoda (JPN)
Viola
Hayaka Komatsu (USA/JPN)
Victoria Witmer (USA)
Jill Valentine (USA)
Ashleigh Gordon (USA)
Sara Marzadori (ITA)
Tigran Sudzhiyants (RUS/ARM)
Violaine Willem (FRA)
Alex MacDonald (NZL/CAN)
Antonin Le Faure (FRA)
Daniel Kim (USA)
Eve Tang (CAN/TWN)
Aglaya González (ESP)
Dana Kelley (USA)
Carrie Frey (USA)
Violoncello
Gustav Wocher (AUT)
Emmanuel Acurero (VEN)
Florian Nauche (FRA)
Kye-young Kwon (KOR)
Caleb van der Swaagh (USA)
Alexa Ciciretti (USA)
Kevin Kunkel (USA)
Tyler Borden (USA)
Branson Yeast (USA)
Justin Lepard (USA)
Raphaël Ginzburg (FRA)
Michael Katz (ISR/DEU)
Kontrabass
Klaudia Wielgórecka (POL)
Edward Kass (USA)
Margaret Hasspacher (USA)
Lenard Liebert (DEU)
Emilio Guarino (USA)
Anne-Sophie De Villepin (FRA)
Cody Takacs (NL)
Louis Siracusa (FRA)
VORSCHAU
MULTIVERSUM MATTHIAS PINTSCHER
BRIAN ENO T H E S H I P
»Man muss moderne Musik nicht unbedingt verstehen, wichtig
ist die offene Wahrnehmung«, lautet Matthias Pintschers Credo.
Diese zu schärfen und zu beflügeln, dafür setzt er sich als einer
der profiliertesten Komponisten und Dirigenten der Gegenwart
mit Intelligenz, Charme und Charisma ein. Als erster Residenzkünstler der Elbphilharmonie ist sein künstlerischer Kosmos
in dieser Saison gleich mehrfach zu bestaunen; als nächstes
im November beim Eröffnungskonzert des Festivals »Greatest
Hits« auf Kampnagel mit »seinem« Ensemble intercontemporain.
Wenn jemand als lebende Musiklegende gelten darf, dann Brian
Eno. Das Gründungsmitglied von Roxy Music produzierte epochale Alben von David Bowie, Talking Heads, U2, Coldplay und
vielen anderen, gilt als Erfinder der »Ambient music« und war
an zahlreichen spektakulären Multimedia-Projekten beteiligt.
Schon vor der eigentlichen Eröffnung der Elbphilharmonie im
Januar gestaltet Brian Eno im Kaistudio 1 die begehbare SoundInstallation »The Ship«, die Musik als Produkt von Raum, Zeit
und Bewegung erfahrbar werden lässt.
17.11.2016 | Ensemble intercontemporain
03.03.2017| Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen
04.03.2017| Pintschers Universum
06./07./09.04.2017 | NDR Elbphilharmonie Orchester
05.11.–04.12.2016 | 14–20 Uhr | Kaistudio 1
GREATEST HITS FESTIVAL FÜR ZEITGENÖSSISCHE MUSIK
Wie aufregend die Musik der Gegenwart sein kann, beweist
nicht nur Matthias Pintscher jedes Mal aufs Neue mit seinen
originellen Kompositionen; auch das Festival »Greatest Hits«
auf Kampnagel zeigt mit seiner vierten Ausgabe einmal mehr,
dass sie richtig Spaß machen kann. Dafür sorgen neben dem
NDR Chor, dem Ensemble Resonanz und weiteren Musikern
auch ungewöhnliche Formate wie ein Composer Slam oder
interaktive Installationen. Programmatisch dreht sich in diesem
Jahr alles um die USA und die Komponistenikonen John Cage
und Morton Feldmann.
17.-20.11.2016 | Kampnagel
www.greatest-hits-hamburg.de
Die Aufzeichnung des Konzerts in Ton, Bild oder Film ist nicht gestattet.
IMPRESSUM
Herausgeber: HamburgMusik gGmbH – Elbphilharmonie und Laeiszhalle Betriebsgesellschaft
Generalintendanz: Christoph Lieben-Seutter
Geschäftsführung: Jack F. Kurfess
Redaktion: Clemens Matuschek, Simon Chlosta
Gestaltung und Satz: Mehmet Alatur / breeder design
Druck: Flyer-Druck.de
Anzeigenvertretung: Antje Sievert, +49 (0)40 450 698 03,
[email protected]
BILDNACHWEIS
Christoph Lieben-Seutter (Michael Zapf); Golden Gate Bridge (Ramey Logan); György Ligeti
(Maria Austria); Mark Andre (Manu Theobald); Igor Strawinsky: unbezeichnete Fotografie (1900);
Tamara Karsawina und Michel Fokine: unbezeichnete Fotografie (1910); Kostümentwürfe: Léon
Bakst (1910); Matthias Pintscher (beide Felix Broede); Lucerne Festival Academy (Priska Ketterer);
Brian Eno (Shamil Tanna)
WIR DANKEN UNSEREN PARTNERN
PRINCIPAL SPONSORS
PRODUCT SPONSORS
FÖRDERSTIFTUNGEN
BMW
Montblanc
Coca-Cola
Meßmer
Ruinart
Störtebeker
Stiftung Elbphilharmonie
Klaus-Michael Kühne Stiftung
Körber-Stiftung
Hans-Otto und Engelke Schümann
Stiftung
K. S. Fischer-Stiftung
Haspa Musik Stiftung
Hubertus Wald Stiftung
Ernst von Siemens Musikstiftung
Cyril & Jutta A. Palmer Stiftung
Mara & Holger Cassens Stiftung
Rudolf Augstein Stiftung
CLASSIC SPONSORS
Aurubis
Bankhaus Berenberg
Blohm+Voss
Commerzbank AG
DG HYP
Reederei F. Laeisz
Gossler, Gobert & Wolters Gruppe
Hamburger Feuerkasse
Hamburger Sparkasse
Hamburger Volksbank
HanseMerkur Versicherungsgruppe
HSH Nordbank
Jyske Bank A/S
KPMG AG
KRAVAG-Versicherungen
M.M.Warburg & CO
Nordakademie
sowie die Mitglieder des
Elbphilharmonie Circle
Freundeskreis Elbphilharmonie
+ Laeiszhalle e.V.
MEDIENPARTNER
NDR
Der Spiegel
Byte FM
NDR Kultur
W W W. E L B P H I L H A R M O N I E . D E
Herunterladen