L UCERNE F ESTIVAL A CADEMY 6 . S E P T E M B E R 2 0 16 L AEISZHALLE GROSSER SA AL Dienstag, 6. September 2016 | 20 Uhr | Laeiszhalle Großer Saal 19 Uhr | Einführung im Kleinen Saal mit Clemens Matuschek SAISONERÖFFNUNG ORCHESTER DER LUCERNE FESTIVAL ACADEMY D I R I G E N T MATTHIAS PINTSCHER György Ligeti (1923–2006) San Francisco Polyphony (1974) ca. 10 Min. Mark Andre (*1964) ... hij ... 1 (2010) ca. 25 Min. Pause Igor Strawinsky (1882–1971) L’oiseau de feu (Der Feuervogel) Ballett in zwei Bildern mit Introduktion (1910) ca. 60 Min. Gefördert durch die WILLKOMMEN Aus knapp 30 Nationen stammen die 120 Musiker, die Sie heute Abend auf der Bühne sehen und hören – wahrhaftig eine Weltauswahl der Klassik. Auf Einladung des Lucerne Festival haben sie sich mehrere Wochen überwiegend mit aktueller Musik beschäftigt und gestalten nun auf höchstem Niveau ein Zukunftslabor der Klänge. Damit sind sie die idealen Botschafter für das erste Konzert dieser Saison, in der für Hamburgs Musikszene in der Elbphilharmonie die Zukunft beginnt. Um dabei zu sein, braucht es nur eins: offene Ohren. Vielfältige Hörerlebnisse wünscht Ihnen Ihr Christoph Lieben-Seutter Generalintendant Elbphilharmonie und Laeiszhalle DIE MUSIK TONALES ERDBEBEN György Ligeti: San Francisco Polyphony György Ligeti Es passiert nicht gerade häufig, dass Komponisten der Neuen Musik über den überschaubaren Zirkel an Interessierten hinaus zu größerer Bekanntheit gelangen. György Ligeti ist genau dies gelungen. Nicht ganz unschuldig daran ist der amerikanische Meisterregisseur Stanley Kubrick, der seinen Kultfilm 2001: A Space Odyssey mit Ligetis bahnbrechender Komposition Atmosphères untermalte (wohlgemerkt ohne die vorherige Autorisierung des Komponisten). Doch auch ohne diesen Ausflug auf die Kinoleinwand wäre Ligeti der nachhaltige Ruhm vermutlich sicher gewesen. Als der Komponist 1960 im fortgeschrittenen Alter von 37 Jahren erstmals in den Fokus einer breiteren Öffentlichkeit rückte (mit der Uraufführung seines Orchesterstücks Apparitions in Köln), hatte sich die Musikgeschichte in eine Sackgasse manövriert. Die strenge mathematische Logik des von Pierre Boulez und Karlheinz Stockhausen erfundenen Serialismus, bei dem sämtliche musikalische Parameter vorher bis ins kleinste Detail vorbestimmt werden, hatte ihren Zenit längst überschritten und verwehrte sich einer weiteren Entwicklung. Ligeti befand sich zu diesem Zeitpunkt erst wenige Jahre in Deutschland, nachdem er 1956 vor dem Ungarischen Volksaufstand geflohen war. Die aktuellen musikalischen Entwicklungen des Westens hatte er zuvor nur verrauscht durch das Radio wahrnehmen können, was dazu beitrug, dass er in seinen bis dato 70 Kompositionen relativ unbeeinflusst von anderen Strömungen blieb. Nun, in Deutschland, waren die Vorzeichen günstig für einen Neustart. Statt zurückzukehren zu einer wie auch immer gearteten tonalen und harmonischen Musik, wählte er die entgegengesetzte Richtung. »Durch die Beseitigung der Intervallfunktion wurde der Weg frei zum Komponieren von musikalischen Verflechtungen und Geräuschstrukturen äußerster Differenzierung und Komplexität«, erklärte er. »Formbildend wurden feinste Veränderungen der Dichte und der Verwebungsart, das Einanderablösen, Einanderdurchstechen und Ineinanderfließen klingender ›Flächen‹ und ›Massen‹.« Und für genau jene Klangflächenkompositionen mit ihrer ungeheuren Kraft und Sogwirkung sollte Ligeti berühmt werden. Auf die Spitze trieb er dieses Prinzip in Atmosphères, das durch eine extrem verdichtete, nun ja, Atmosphäre besticht. Das Orchester wird dazu in Dutzende unabhängige Einzelstimmen aufgespalten, die versetzt ablaufen und so einen dichten Klangteppich weben – »Mikropolyphonie« nannte Ligeti diesen Stil. Ende der 60er begann er sich von dieser Kompositionstechnik wieder ein Stück weit zu lösen, hin zu »einer Polyphonie, die transparenter und klarer gezeichnet war«. Aus dieser Zeit stammt San Francisco Polyphony. Anlass war das 60-jährige Jubiläum des San Francisco Symphony Orchestra, das 1975 unter der Leitung von Seiji Ozawa die Uraufführung gestaltete. Das Werk bildet den Endpunkt der von Ligeti selbst beschriebenen stilistischen Entwicklung und kommt deutlich lichter und kammermusikalischer daher als frühere Werke. Die titelgebende Polyphonie prägt die Musik zwar noch immer in vielerlei Hinsicht. Doch im Gegensatz zu den verschwimmenden akustischen Wimmelbildern der Atmosphères lassen sich hier einzelne Stimmen und Melodien gut hörbar aus dem Geflecht herauslösen. Eindruck hinterlässt das auch heute noch. Ein Berliner Kritiker beschrieb San Francisco Polyphony erst vor wenigen Jahren als »tonales Erdbeben«, mit dem György Ligeti dem Hörer »den altvertrauten musikalischen Boden unter den Füßen wegkomponierte«. Also gut festhalten! Simon Chlosta Besetzung 3 Flöten, Piccolo, Altflöte 3 Oboen, Oboe d‘amore Englischhorn, 3 Klarinetten Bassklarinette, 2 Fagotte Kontrafagott, 2 Hörner 2 Trompeten, 2 Posaunen, Tuba Glockenspiel, Xylofon, Vibrafon Tamtam, Große Trommel, Peitsche Harfe, Klavier, Celesta Violine I, Violine II, Viola, Violoncelli, Kontrabass DIE MUSIK GOTT STECKT IM DETAIL Mark Andre: … hij … 1 Besetzung 3 Flöten, Bassflöte 3 Oboen, Englischhorn 3 Klarinetten, Bassklarinette 3 Fagotte, Kontrafagott 6 Hörner, 4 Trompeten 3 Posaunen, Tuba Pauke, Große Trommel Gong, Becken, Vibrafon Plattenglocken, Klangschalen Funkgerät, Weinflasche (leer) SuperBall, Gummistück vom Fahrradschlauch 2 Harfen, Klavier Violine I, Violine II, Viola Violoncello, Kontrabass Jahrzehntelang waren wir Deutschen Weltmeister in der tristen Kunst der Nestbeschmutzung. Kein schlimmer Land gab’s als das unsere, im Ausland genierten wir uns für unsere Staatsangehörigkeit. Gebremst wurde der kontinuierliche Selbstbewurf mit Asche aufs deutsche Haupt nur langsam: durch die Wie­dervereinigung etwa oder das »Sommermärchen« 2006. Inzwischen finden wir uns ganz in Ordnung. Wer sich an die deutsche Selbstgeißelung, die bekanntlich ehrenwerte Gründe hatte, noch erinnern kann, der wird sich erst mal wundern über einen Franzosen, der nichts lieber sein will als deutsch. Wie kann einer aus dem Land von Liberté, Égalité und Baguette dem gallischen Hahn derart vollständig entsagen, dass er aus dem C seines Vornamens ein K macht und sogar den Akzent aus seinem Nachnamen André tilgt? Mark Andres Loblied auf Deutschland hat viele Strophen, und weil es die ganze Zeit von Musik und den fabelhaften Möglichkeiten für Musiker handelt, wird einem beim Zuhören ganz warm ums deutsche Herz. »In den 70-er- und 80er-Jahren hatte man die Wahl, ob man bei Klaus Huber, Karlheinz Stockhausen, György Ligeti, Helmut Lachenmann oder Mauricio Kagel studieren wollte, um nur ein paar zu nennen, bei denen sich das gelohnt hätte«, sagt Andre mit leuchtenden Augen. In Frankreich gab und gibt es für junge Komponisten exakt ein Ausbildungsinstitut von Rang, das Conservatoire National Supérieur de Musique in Paris. Dessen Potenzial glaubte Andre nach ein paar Studienjahren bei Gérard Grisey für sich ausgeschöpft zu haben. Als er eines Tages in der Pariser Bibliothek die Partitur von Helmut Lachenmanns Ausklang entdeckte, wusste er, wo er weiterlernen wollte: in Stuttgart, bei dem großen Klangerfinder und Komponisten des Mädchens mit den Schwefelhölzern. Von Lachenmann übernahm Mark Andre die detailversessene Verwendung ungewöhnlicher Spieltechniken an der Grenze Mark Andre zwischen Geräusch und Musik. Es ist kein Zufall, dass dieser Stil auch das heute erklingende … hij … auszeichnet: Es ist Lachenmann zum 75. Geburtstag gewidmet. Andre verschmilzt den Einfluss seines Mentors jedoch auf geniale Weise mit der Klangsinnlich­keit Griseys und – in manchen anderen Werken – mit den Möglichkeiten elektronischer Instrumente, wie er sie am Experimentalstudio des SWR in Freiburg kennengelernt hat. So zählt Mark Andre inzwischen selbst zu den wenigen arrivierten Schöpfern neuer Musik. Sein Wissen gibt er seinerseits an Studenten einer Kompositionsklasse weiter, die er als Profes­ sor in Dresden leitet. Eine besondere Beziehung verbindet ihn zudem mit Hamburg, wo sein Schaffen im Rahmen des Festivals »Ostertöne« 2010 ausführlich gewürdigt wurde. Mark Andre ist Protestant – auch das prädestiniert ihn im katholisch geprägten Frankreich zum Außenseiter. Viele seiner Werke beziehen sich auf religiöse Themen, auch … hij …, dessen Titel als Abkürzung für »Hilf, Jesus« steht. Doch die komplexe Besetzung mit zahlreichen Sonderinstrumenten und das nuancenreiche Klangbild führen unmissverständlich vor Augen, dass es sich hierbei nicht um frömmlerische Erbauungsmusik handelt. Tatsächlich entzündet sich Andres künstlerische Fantasie gerade an der Spannung zwischen der »existenziellen Erfahrung des Menschen und der kryptischen Botschaft der Bibel«. Trost ist Religion deshalb für ihn nur bedingt: »Als Protestant bleibt man allein und wartet.« Tom R. Schulz / Clemens Matuschek Am Rande: Die Pünktchen im Titel sind typisch für Mark Andre, der zudem ein faszinierendes Faible für deutsche Präpositionen pflegt. Weitere Werknamen lauten … auf …, … als …, … zu … oder … durch …. DIE MUSIK IN DER EINGANGSHALLE DES RUHMES Igor Strawinsky: L’oiseau de feu Besetzung 2 Piccolo, 2 Flöten, 3 Oboen Englischhorn, 3 Klarinetten Bassklarinette, 3 Fagotte Kontrafagott, 4 Hörner 3 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba Pauke, Triangel, Tamburin Becken, Große Trommel Tamtam (Gong), Glocken, Xylofon Celesta, 3 Harfen, Klavier Violine I, Violine II, Viola, Violoncello, Kontrabass Allmählich wurde es Igor Strawinsky zu dumm. Natürlich war es eine Ehre für den gerade 26-jährigen Jungkomponisten, vom berühmten Impresario Sergej Diaghilew eingeladen zu werden. Aber nun saß er bereits seit 20 Minuten in der Eingangshalle von dessen St. Petersburger Domizil und wartete vergeblich darauf, vorgelassen zu werden. »Ich stand also auf und ging zum Ausgang«, berichtete er später. »Als ich die Hand auf die Klinke legte, hörte ich hinter mir eine Stimme: ›Strawinsky, kommen Sie herein!‹ Wissen Sie, ich habe mich oft gefragt, wenn ich mich nicht umgedreht hätte, ob ich jemals Le sacre du printemps geschrieben hätte.« Nun, bis zum Sacre war es noch ein weiter Weg, aber tatsächlich sollte sich diese allererste Begegnung zwischen Strawinsky und Diaghilew als wegweisend herausstellen. Schon seit einigen Jahren hatte der rührige Impresario in Paris russische Kulturevents veranstaltet. Sein letzter Clou war es gewesen, den großen Fjodor Schaljapin an die Pariser Oper zu locken. Nun musste ein neues Zugpferd her – Ballett! Der gewiefte Diaghilew verpflichtete also die Stars des Petersburger Mariinski-Theaters für ein Paris-Gastspiel unter dem Titel »Ballets Russes« und sah sich während seines Aufenthaltes in St. Petersburg auch gleich nach dem passenden Komponisten für sein Projekt um. Anfang 1909 hörte er im Sinfoniekonzert zufällig Igor Strawinskys Scherzo fantastique. Diaghilew war begeistert. Spritzig, effektvoll, jung – so stellte er sich seinen Ballettkomponisten vor. Diaghilew bat Strawinsky zunächst testweise um Orchester-Arrangements einiger Chopin-Klavierstücke und gab für die nächste Spielzeit ein ausgewachsenes Ballett bei ihm in Auftrag: den Feuervogel. Begeistert ließ Strawinsky die Skizzen der Oper Die Nachtigall fallen, an der er gerade feilte (sie wurde erst sechs Jahre später aufgeführt), und stürzte sich in die Arbeit. Ohnehin hatte er ein Faible für den Tanz – an seinen Lehrer Rimski-Korsakow schrieb er einmal: »Du nennst das Ballett die geringste der szenischen Künste. Ich sehe das ganz anders. Ich liebe das Ballett mehr als alles andere. Und es ist meine Überzeugung, dass, wenn heute eine Art Michelangelo lebte – dieser Gedanke kam mir, als ich seine Fresken der Sixtinischen Kapelle sah – dann wäre die einzige Sache, die er sich zu eigen machen würde, die Choreografie.« Im Falle des Feuervogels hieß dieser »Michelangelo« Michel Fokine. Bei den »Ballets Russes« fungierte er als Tänzer, Choreograf und Dramaturg in einer Person. Auch das Libretto des Feuervogels stammte von ihm. Fokine kombinierte hier zwei bekannte russische Märchen: die Geschichte vom bösen Zauberer Kaschtschej und die vom wunderbaren Feuervogel, den der edle Prinz Iwan fängt und dann doch wieder freilässt. (Die Rolle des Iwan übernahm Fokine gleich selbst.) Schon einige Monate später stand Strawinsky auch vor Fokines Tür, unter dem Arm einen Stapel Notenpapier. Fokine erinnert sich: »Strawinsky spielte mir seine Skizzen am Flügel vor, und ich demonstrierte die Szenen. Ich kletterte auf den Flügel, sprang herunter, kroch unter ihm hindurch und blickte mit Iwans schreckgeweiteten Augen in meinem Wohnzimmer umher.« Dass Fokine seine Fantasie so spielen lassen konnte, liegt nicht zuletzt an der ungeheuer bildhaften Musik Strawinskys. Noch weit von den wüsten Welten des Sacre entfernt, klingen im Feuervogel die Einflüsse von Strawinskys Lehrern und Vorbildern unüberhörbar durch: die »russische« Melodik in der Tradition Tschaikowskys, die Harmonik Claude Debussys und die farbige Tonsprache von Rimski-Korsakow. In der Verbindung dieser Elemente aber, in der pfeilschnellen Musik des Feuervogels selbst, zeigt sich das Genie Strawinskys, der in Paris eine wahre »Russomanie« auslösen und von hier seinen Siegeszug durch die Welt antreten sollte. »Seht ihn Euch an! Er ist ein Mann am Vorabend seines Ruhmes«, rief Diaghilew vor der Premiere am 25. Juni 1910 seiner Compagnie zu. Er sollte Recht behalten. »Juckend sagt mein Daumen mir: Etwas Böses naht sich hier« – mit diesem Shakespeare-Zitat ließe sich die Einleitung zum Feuervogel beschreiben. Dunkle DIE MUSIK Tamara Karsawina (Feuervogel) und Michel Fokine (Prinz Iwan) Klangfarben und gruselige Tremolo-Effekte künden von unheilvollem Schicksal und der schwarzen Magie des unsterblichen Zauberers Kaschtschej. Dreizehn Prinzessinnen hält er in seinem Garten gefangen, in dem ein Baum mit goldenen Äpfeln wächst. Und schon viele Helden sind bei dem Versuch, die Schönen zu retten, von ihm zu Stein verwandelt worden. Ritter Iwan Zarewitsch jagt derweil den Feuervogel. Flirrende Streicher- und Flötenklänge und das Rauschen seiner (Harfen-) Flügel stellen das märchenhafte Geschöpf musikalisch dar. Zu überschäumenden Bläserfiguren braust er durch die Baumwipfel. Schließlich gelingt es Iwan, den Vogel zu fangen. Mit einem klagenden Geigensolo und Kantilenen, die er Tschaikowsky abgelauscht zu haben scheint, bittet der Feuervogel ihn um Erbarmen. Schließlich lässt sich Iwan erweichen und öffnet die Käfigtür; der Feuervogel schwirrt hinaus. Als Dank verspricht er Iwan seine Dienste – und die kann der Nachwuchsheld gut gebrauchen. Alsbald nämlich kommt Iwan zu Kaschtschejs Garten, wo die gefangenen Prinzessinnen mit den goldenen Äpfeln spielen. Mit einem eleganten Hornsolo stellt er sich den Damen vor, die ihn gerne in ihren zierlichen Reigen einbeziehen (zu Harfen- und Streicherbegleitung treten nacheinander Oboe, Cello, Klarinette und Fagott solistisch in Erscheinung). Trompetenstöße kündigen den Morgen an, und Iwan macht sich auf, in Kaschtschejs Palast einzudringen. Doch der böse Zauberer ist nicht so einfach zu überrumpeln. Er schickt Iwan seine Blechblas-Monster entgegen und tritt dann selbst auf – erinnern Sie sich an die unheimliche Stimmung der Einleitung! Unter Tuttigedröhn und Paukenrollen wird der unglückliche Held gefangengesetzt. Alles scheint verloren, da kommt der Feuervogel herangerauscht. Von seinem Zauberspruch gebannt, beginnen Kaschtschejs Ungeheuer einen grotesken Tanz, gut zu erkennen am Einsatz des hölzernen Xylofons. Ein letztes Mal bäumen sie sich noch auf und sinken dann erschöpft in einen tiefen Schlaf. Ritter Iwan findet derweil ein Ei, in dem die Seele Kaschtschejs versteckt ist, zerstört es und besiegt so den Magier. Mit einem Hornruf tritt er danach zurück ans Licht: Der Zauber ist gebrochen, Iwan und die dreizehn Prinzessinnen sind frei. Allgemeiner Jubel. Clemens Matuschek Kostümentwürfe von Léon Bakst DIE KÜNSTLER DIRIGENT MATTHIAS PINTSCHER 1971 im westfälischen Marl geboren, betrachtet Matthias Pintscher das Komponieren und das Dirigieren als komplementäre Sphären seiner künstlerischen Arbeit. Er studierte Komposition bei Giselher Klebe und Manfred Trojahn; Hans Werner Henze gehörte ebenso zu seinen Förderern wie Peter Eötvös, der ihn auch im Dirigieren unterrichtete. Schnell avancierte Pintscher zu einem der erfolgreichsten Komponisten seiner Generation: Seine Musiktheaterwerke Thomas Chatterton und L’Espace dernier wurden an der Dresdner Semperoper bzw. der Opéra National de Paris uraufgeführt, seine Orchesterstücke von den Berliner und den New Yorker Philharmonikern, dem Philharmonia Orchestra, dem London Philharmonic oder dem Cleveland Orchestra gespielt. Inzwischen lehrt Matthias Pintscher selbst Komposition an der New Yorker Juilliard School. Als Dirigent hat sich Pintscher ein breites Repertoire vor allem mit Werken des 19. und 20. Jahrhunderts erarbeitet. Er dirigierte u. a. die Berliner Philharmoniker, das Cleveland Orchestra, das New York und das Los Angeles Philharmonic, das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und die Staatskapelle Berlin, das Mahler Chamber Orchestra und das Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia. Als Residenzkünstler ist er dem BBC Scottish Symphony Orchestra verbunden. Darüber hinaus arbeitet er für drei Jahre mit dem Danish National Symphony und Chamber Orchestra zusammen. Der Lucerne Festival Academy ist er seit Beginn dieses Jahres als Principal Conductor fest verbunden. 2013 trat Pintscher das Amt des Musikdirektors beim von Pierre Boulez in Paris gegründeten Ensemble intercontemporain an, mit dem er in dieser Saison eine Asientournee bestreitet und zudem am 17. November das Festival »Greatest Hits« auf Kampnagel eröffnet. Im Rahmen seines »Multiversums« bei der Elbphilharmonie leitet er am 3. März auch die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, mit der er sein Werk Ex Nihilo aufführt; einen Tag später gestaltet er einen ganzen Tag in der Elbphilharmonie. Gekrönt wird Matthias Pintschers Residenz im April mit der Uraufführung seines neuen Werkes in drei Konzerten des NDR Elbphilharmonie Orchesters. DIE KÜNSTLER LUCERNE FESTIVAL ACADEMY Eine Meisterschule für Neue Musik – das ist die Lucerne Festival Academy. Sommer für Sommer erhalten rund 130 junge Musiktalente aus der ganzen Welt die Möglichkeit, sich einem Repertoire zu widmen, das im Klassikbetrieb noch immer zu kurz kommt: der Musik des 20. und 21. Jahrhunderts. Drei Wochen lang vertiefen sie sich in täglichen Proben, Workshops und Lektionen in ausgewählte Schlüsselwerke der Moderne, erarbeiten brandneue, oft eigens für die Academy entstandene Partituren und erproben neue Aufführungsformen. Das Festspielpublikum wiederum profitiert von unkonventionellen Programmen voller Entdeckungen und überraschender Hörerfahrungen. Ins Leben gerufen wurde dieser weltweit einzigartige Campus für Gegenwartsmusik im Jahr 2003 vom französischen Komponisten und Dirigenten Pierre Boulez und vom Festivalintendanten Michael Haefliger. Seit 2016 hat der deutsche Komponist Wolfgang Rihm die künstlerische Leitung der Akademie inne; flankiert wird er von Matthias Pintscher als Principal Conductor. Als Instrumentaldozenten unterrichten die Mitglieder des Pariser Ensemble intercontemporain, das ganz auf die Interpretation zeitgenössischer Musik spezialisiert ist und künstlerisch ebenfalls von Matthias Pintscher geleitet wird. Darüber hinaus lädt die Lucerne Festival Academy weitere renommierte Dirigenten, Komponisten und Solisten ein, etwa Peter Eötvös, Alan Gilbert, Heinz Holliger und Sir Simon Rattle, Anne-Sophie Mutter, Isabelle Faust und Martin Grubinger. Die Werke, die auf dem Lehrplan stehen, werden abschliessend in Konzerten mit dem Orchester der Lucerne Festival Academy, in dem sich alle Studierenden vereinigen, und in diversen Ensembleprogrammen öffentlich präsentiert. Selbstverständlich fördert die Lucerne Festival Academy auch die künstlerische Eigeninitiative der Studierenden und stellt Akademisten mit Projekten vor, die sie selbst entwickelt haben und in denen sie den Brückenschlag zu anderen Musikformen und -stilen wagen. Und nicht nur Instrumentalisten profitieren von der praxisorientierten Ausbildung der Lucerne Festival Academy – auch für Dirigenten und Komponisten ist das Institut eine erste Adresse. Denn zu einem jeden Jahrgang gehört auch ein Conducting Fellowship mit Meisterkurs und ein Composer Seminar, während die Roche Young Commissions junge Komponisten mit Werkaufträgen betrauen. Nach Gastspielen u. a. in Essen, Paris, New York und im japanischen Mito unternahmen die Akademisten 2011 gemeinsam mit Mitgliedern des Ensemble intercontemporain eine Europatournee, die sie nach Turin, Mailand, Amsterdam, Paris, München und London führte, und brachten unter der Leitung des Komponisten Pierre Boulez’ Pli selon pli zur Aufführung. 2012 wurde die Lucerne Festival Academy in die Pariser Salle Pleyel eingeladen; 2014 gastierte sie mit Matthias Pintscher in Köln und Gelsenkirchen. Die Arbeit der Lucerne Festival Academy wurde u. a. in dem 2010 veröffentlichten Film Inheriting the Future dokumentiert; 2011 erschien eine Doppel-CD mit Werken von Mahler, Strawinsky und Webern unter der Leitung von Pierre Boulez. DIE KÜNSTLER Flöte Jonathan Henderson (AUS) Joséphine Poncelin de Raucourt (FRA) Gustav Villegas (ESP) Yi Wei Angus Lee (HKG) Ander Erburu (ESP) Oboe Jesús Ventura Aguado (ESP) Frauke Elsen (BEL) Gabriel Ormaza Vera (ECU) Verónica Cruz Rodríguez (ESP) Klarinette Peter Szűcs (HUN) Diego Vasquez (USA) Panagiota Giannaka (GRE) Joséphine Besançon (FRA) Zach Manzi (USA) Fagott Dana Jackson (USA) Thomas Fleming (USA) Miguel Ángel Pérez Domingo (ESP) Daniel Beilman (USA) Horn José Raúl Tenza Ramírez (ESP) Jess Goff (UK) Gabriel Trottier (CAN) Abel Perez Armas (ESP) Ryan Little (USA) Trevor Nuckols (USA) Katherine Jordan (USA) Young Kim (USA) Trompete Lucas Lipari-Mayer (FRA/ITA) Tetsuya Lawson (AUS/JPN) Simon Höfele (DEU) Noé Nillni (FRA) Michael Harper (USA) Estibaliz Collado (ESP) Posaune Alexandre Mastrangelo (SUI) Cesar Roig Espi (ESP) James Harold (UK) Henry Van Engen (USA) Bassposaune Felix Del Tredici (CAN) Tuba Nicolás Portas Ricoy (ESP) Kota Sakamoto (JPN) Schlagwerk Antoine Brocherioux (FRA) Xizi Wang (CHN) Eric Goldberg (USA) Manuel Alcaraz Clemente (ESP) Jean-Baptiste Bonnard (FRA) Emmanuel Joste (FRA) Bertrand Gourdy (FRA) Harfe Anne Salomon (FRA) Lauriane Chenais (FRA) Rahel Schweizer (SUI) Klavier/Celesta Vitaliy Kyianytsia (UKR) Kathrin Isabelle Klein (DEU) Violine Pauline Klaus (FRA) Silei Li (CHN) Maeve Feinberg (USA) Nelson Moneo (CAN) Laura Balboa Garcia (ESP) Sara Salomon (FRA) David Sypniewski (FRA) Michiko Theurer (USA/CAN) Jung Un Suh (KOR) Inhee Park (KOR) Giancarlo Latta (USA) Ernst Spyckerelle (BEL) Katarzyna Hałoń (POL) Jacob Niederhoffer (USA) William Overcash (USA) Kseniya Khvashchynskaya (BLR/USA) Olivier Robin (FRA) Hiroto Ishi (JPN) David Rubin (USA) Elly Toyoda (JPN) Zubaida Azezi (CAN) Sofie Thorsbro Dan (DK) Joosten Ellée (DEU) Jakub Strzelecki (POL) Benjamin Carson (USA) Hannah Walter (DEU) Elizabeth Skinner (CAN) Elena Abbati (ITA) Aya Kono (JPN) Aniela Eddy (SUI/USA) Agata Nowak (POL) Alexander Giger (USA) Chu Kyung Park (KOR) Yutaka Shimoda (JPN) Viola Hayaka Komatsu (USA/JPN) Victoria Witmer (USA) Jill Valentine (USA) Ashleigh Gordon (USA) Sara Marzadori (ITA) Tigran Sudzhiyants (RUS/ARM) Violaine Willem (FRA) Alex MacDonald (NZL/CAN) Antonin Le Faure (FRA) Daniel Kim (USA) Eve Tang (CAN/TWN) Aglaya González (ESP) Dana Kelley (USA) Carrie Frey (USA) Violoncello Gustav Wocher (AUT) Emmanuel Acurero (VEN) Florian Nauche (FRA) Kye-young Kwon (KOR) Caleb van der Swaagh (USA) Alexa Ciciretti (USA) Kevin Kunkel (USA) Tyler Borden (USA) Branson Yeast (USA) Justin Lepard (USA) Raphaël Ginzburg (FRA) Michael Katz (ISR/DEU) Kontrabass Klaudia Wielgórecka (POL) Edward Kass (USA) Margaret Hasspacher (USA) Lenard Liebert (DEU) Emilio Guarino (USA) Anne-Sophie De Villepin (FRA) Cody Takacs (NL) Louis Siracusa (FRA) VORSCHAU MULTIVERSUM MATTHIAS PINTSCHER BRIAN ENO T H E S H I P »Man muss moderne Musik nicht unbedingt verstehen, wichtig ist die offene Wahrnehmung«, lautet Matthias Pintschers Credo. Diese zu schärfen und zu beflügeln, dafür setzt er sich als einer der profiliertesten Komponisten und Dirigenten der Gegenwart mit Intelligenz, Charme und Charisma ein. Als erster Residenzkünstler der Elbphilharmonie ist sein künstlerischer Kosmos in dieser Saison gleich mehrfach zu bestaunen; als nächstes im November beim Eröffnungskonzert des Festivals »Greatest Hits« auf Kampnagel mit »seinem« Ensemble intercontemporain. Wenn jemand als lebende Musiklegende gelten darf, dann Brian Eno. Das Gründungsmitglied von Roxy Music produzierte epochale Alben von David Bowie, Talking Heads, U2, Coldplay und vielen anderen, gilt als Erfinder der »Ambient music« und war an zahlreichen spektakulären Multimedia-Projekten beteiligt. Schon vor der eigentlichen Eröffnung der Elbphilharmonie im Januar gestaltet Brian Eno im Kaistudio 1 die begehbare SoundInstallation »The Ship«, die Musik als Produkt von Raum, Zeit und Bewegung erfahrbar werden lässt. 17.11.2016 | Ensemble intercontemporain 03.03.2017| Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen 04.03.2017| Pintschers Universum 06./07./09.04.2017 | NDR Elbphilharmonie Orchester 05.11.–04.12.2016 | 14–20 Uhr | Kaistudio 1 GREATEST HITS FESTIVAL FÜR ZEITGENÖSSISCHE MUSIK Wie aufregend die Musik der Gegenwart sein kann, beweist nicht nur Matthias Pintscher jedes Mal aufs Neue mit seinen originellen Kompositionen; auch das Festival »Greatest Hits« auf Kampnagel zeigt mit seiner vierten Ausgabe einmal mehr, dass sie richtig Spaß machen kann. Dafür sorgen neben dem NDR Chor, dem Ensemble Resonanz und weiteren Musikern auch ungewöhnliche Formate wie ein Composer Slam oder interaktive Installationen. Programmatisch dreht sich in diesem Jahr alles um die USA und die Komponistenikonen John Cage und Morton Feldmann. 17.-20.11.2016 | Kampnagel www.greatest-hits-hamburg.de Die Aufzeichnung des Konzerts in Ton, Bild oder Film ist nicht gestattet. IMPRESSUM Herausgeber: HamburgMusik gGmbH – Elbphilharmonie und Laeiszhalle Betriebsgesellschaft Generalintendanz: Christoph Lieben-Seutter Geschäftsführung: Jack F. Kurfess Redaktion: Clemens Matuschek, Simon Chlosta Gestaltung und Satz: Mehmet Alatur / breeder design Druck: Flyer-Druck.de Anzeigenvertretung: Antje Sievert, +49 (0)40 450 698 03, [email protected] BILDNACHWEIS Christoph Lieben-Seutter (Michael Zapf); Golden Gate Bridge (Ramey Logan); György Ligeti (Maria Austria); Mark Andre (Manu Theobald); Igor Strawinsky: unbezeichnete Fotografie (1900); Tamara Karsawina und Michel Fokine: unbezeichnete Fotografie (1910); Kostümentwürfe: Léon Bakst (1910); Matthias Pintscher (beide Felix Broede); Lucerne Festival Academy (Priska Ketterer); Brian Eno (Shamil Tanna) WIR DANKEN UNSEREN PARTNERN PRINCIPAL SPONSORS PRODUCT SPONSORS FÖRDERSTIFTUNGEN BMW Montblanc Coca-Cola Meßmer Ruinart Störtebeker Stiftung Elbphilharmonie Klaus-Michael Kühne Stiftung Körber-Stiftung Hans-Otto und Engelke Schümann Stiftung K. S. Fischer-Stiftung Haspa Musik Stiftung Hubertus Wald Stiftung Ernst von Siemens Musikstiftung Cyril & Jutta A. Palmer Stiftung Mara & Holger Cassens Stiftung Rudolf Augstein Stiftung CLASSIC SPONSORS Aurubis Bankhaus Berenberg Blohm+Voss Commerzbank AG DG HYP Reederei F. Laeisz Gossler, Gobert & Wolters Gruppe Hamburger Feuerkasse Hamburger Sparkasse Hamburger Volksbank HanseMerkur Versicherungsgruppe HSH Nordbank Jyske Bank A/S KPMG AG KRAVAG-Versicherungen M.M.Warburg & CO Nordakademie sowie die Mitglieder des Elbphilharmonie Circle Freundeskreis Elbphilharmonie + Laeiszhalle e.V. MEDIENPARTNER NDR Der Spiegel Byte FM NDR Kultur W W W. E L B P H I L H A R M O N I E . D E