Einöde Spannungsreiche

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Leuchtendes Band am Himmel: Da
unsere Sonne inmitten unserer scheiben­
förmigen Galaxis liegt, sehen wir diese als
hell schimmernden Streifen, der fast das
gesamte Firmament durchzieht. Dichte
Staubwolken verbergen den Blick auf das
Zentrum des Milchstraßensystems (Bild:
Ralf Raab).
Zum Titelbild: Unser eigenes Milch­
straßen­system werden wir zwar nie aus
dieser Perspektive sehen können, doch
durch Untersuchungen in den verschie­
densten Wellenlängenbereichen hat sich
ihr Aufbau gut erschließen lassen. Ihre
Spiralstruktur ähnelt vermutlich der hier
abgebildeten Galaxie M 100 (Bild: Eso).
Editorial
Spannungsreiche
Einöde
W
eit draußen in den unerforschten Einöden eines total aus der Mode gekommenen Ausläufers des westlichen Spiralarms der Galaxis leuchtet unbeachtet eine kleine gelbe Sonne.« Mit diesen Worten beschreibt Douglas Adams
in seinem Erfolgsroman »Per Anhalter durch die Galaxis« die Lage unseres Heimat­
sterns in der Milchstraße und konterkariert zugleich die jahrtausendealte Vorstellung,
der Mensch lebe im Zentrum des Universums.
Randständige Existenz oder Nabel der Welt – die freche Phantasie des Science-Fiction-Autors und die anthropozentrische Weltanschauung liefern grundverschiedene
Antworten auf einige der ältesten Fragen des Menschen: Woher kommen wir? Wo stehen wir in dieser Welt? Wie ordnen wir uns ein in das kosmische Ganze?
Genau diese Fragen haben wir, die Redakteure von Sterne und Weltraum, einigen
unserer forschenden Kollegen vorgelegt mit der Bitte, unseren Standort in der Galaxis
auf ihre Weise zu beschreiben. Wir wollten wissen: Wie hat sich das Bild vom Milchstraßensystem in den letzten Jahrhunderten und Jahrzehnten gewandelt? Wie ist unsere Galaxis aufgebaut? Was wissen wir über unsere unmittelbare kosmische Nachbarschaft, über die uns nächstgelegenen Sterne? Wie sind überhaupt all die Sterne in
unserer Galaxis – und die Planeten, die sie umkreisen – entstanden? Und wie hat sich
das gesamte Milchstraßensystem entwickelt, ist es in irgendeiner Weise ausgezeichnet,
oder ist es eine ganz normale, typische Galaxie?
Mit dem vorliegenden Special halten Sie das Resultat dieser Standortbeschreibung
in Händen: »Unsere kosmische Heimat« zeichnet das moderne Bild der Milchstraße,
wie es in den letzten Jahren entstanden ist. Manche der Befunde mögen langweilig erscheinen: Unsere Sonne und unsere Galaxis sind nur kosmisches Mittelmaß. Und in
dem Spiralarm, in dem wir wohnen, geht es heute tatsächlich recht beschaulich zu.
Aber gerade das ist unser Glück. Noch vor wenigen Millionen Jahren explodierten
vor unserer kosmischen Haustür zahlreiche Supernovae (S. 86). Und das Schwarze
Loch, das im Herzen der Galaxis lauert, erhält gegenwärtig zu wenig Nahrung, um
uns mit gefährlicher Strahlung bedrohen zu können (S. 94). Gerade die Langweiligkeit
macht unsere Nische im All so wohnlich – und die Zusammenhänge so spannend.
Hätten Sie gewusst, dass unser irdisches Klima nur deshalb genügend moderaten
Schwankungen unterworfen ist, weil der Mond die Erde umrundet (S. 76)? Dass Proxima Centauri, der uns mit vier Lichtjahren Abstand nächste Stern, diese Position an
einen Zwergstern abgeben muss, der uns in 30 000 Jahren bis auf drei Lichtjahre nahe
kommt (S. 38)? Dass unsere Galaxis sich immer wieder verjüngt, weil die Materie darin
in einem steten Kreislauf zwischen Gas, Staub und Sternen umgewandelt wird (S. 48)?
Und dass die Milchstraße sich die Sterne von kleinen Begleitgalaxien einverleibt und
letztlich selbst mit einem Sternsystem kollidieren wird (S. 102)?
All diese Erkenntnisse haben Astronomen in mühevoller Kleinarbeit zusammengetragen. Wie die Teile eines Puzzles fügen sich die einzelnen Fakten und Indizien zu
einem naturwissenschaftlich fundierten Bild unserer Milchstraße zusammen. Nehmen Sie daran teil!
Viel Spaß beim Puzzlen wünscht Ihnen Ihr
SuW-Special 1/2006 Unsere kosmische Heimat
I nhalt
24
Die Milchstraße – Eine Kartographie
unserer Heimatgalaxie
Scheibe, Bulge und Halo – das sind die wichtigsten
Komponenten der Galaxis. Doch bis die Architektur des
Milchstraßensystems erschlossen werden konnte, war
geduldige Kleinarbeit angesagt: Sterne mussten gezählt,
ihre Helligkeiten gemessen und ihre Eigenbewegungen
bestimmt werden. Heute übernehmen leistungsfähige
Satelliten diese Fleißarbeit und liefern Daten mit einer
Präzision, die noch vor Kurzem undenkbar war.
76
Unsere Heimat im Weltall
Sind wir allein im Universum? Könnte es nicht auch
anderswo Leben geben? Oder haben wir unsere
Existenz einem Zusammenspiel seltener Zufälle zu
verdanken, die uns zu einem Sonderfall macht?
6
Vom Kometenring zur Welteninsel
Es bedurfte jahrhundertelanger harter Geistesarbeit
und astronomischer Forschung, bis der ungefähre
Aufbau unserer Milchstraße enträtselt war. Und erst
mit der Einführung großer Teleskope und neuartiger
Analysemethoden ließ sich feststellen, dass unsere
Heimatgalaxie nur eine unter zahllosen Welteninseln ist.
6
Vom Kometenring
zur Welteninsel
Dietrich Lemke
24
Die Milchstraße – Eine
Kartographie unserer Heimatgalaxie
Andreas Just und Ulrich Bastian
38
Die Sonnenumgebung –
Wanderung durch unseren
galaktischen Vorgarten
Hartmut Jahreiß
102
40
Die Farben und Spektralklassen der Sterne
Uwe Reichert
Geboren in dunkler Materie
44
Der Metallizitätsindex
Computersimulationen und Beobachtungen liefern
ein immer schärfer werdendes Bild, wie unsere Galaxis
entstanden ist, wie sie sich gegenwärtig entwickelt und
welches Schicksal sie in ferner Zukunft ereilen wird.
48
Das interstellare Medium
der Milchstraße
Philipp Richter
56
Bestimmung der Struktur und Kinematik
der galaktischen Scheibe
62
Die Geburt von Sternen
und Planeten
Sebastian Wolf, Thomas Henning
und Ralf Launhardt
76
Unsere Heimat im Weltall
Andreas Quirrenbach
79
Temperatur eines Planeten
86
Die lokale Blase im interstellaren
Medium: Wie ist sie entstanden?
Burkhard Fuchs und Dieter Breitschwerdt
94
62
Die Geburt von Sternen und Planeten
Am Anfang steht der Kollaps:
Wenn riesige Gaswolken in
sich zusammenstürzen, werden sie zu Geburtsstätten für
Sterne und Planeten. Doch bis
das Sternenfeuer zündet, gilt
es einige Hindernisse zu überwinden – Magnetfelder und
Turbulenzen erweisen sich
als Hindernisse. Alles hängt
davon ab, ob die Gravitation
die Oberhand gewinnt.
Das Schwarze Loch im galaktischen Zentrum
Wolfgang J. Duschl
96
Was ist ein Schwarzes Loch?
102 Geboren in dunkler Materie – Zur Entstehung und Entwicklung unserer Galaxis
Hans-Walter Rix
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SuW-Special 1/2006 Unsere kosmische Heimat
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