Grundlagenforschung Urologie und Nephrologie: Die fehlende

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Grundlagenforschung Urologie und Nephrologie: Die fehlende Expression von Noggin
durch Krebszellen definiert die osteosklerotische Reaktion von Knochenmetastasen
Dr. Cyrill A. Rentsch, Bern
Zusammenfassung
Prostata- wie Brustkrebs metastasieren häufig ins Knochenmark und interagieren dort mit dem normalen
Knochenumbau. Die Folgen sind Schwächung des Knochens, Schmerzen und Frakturen. Die Wechselwirkung der Tumorzellen mit dem Knochenumbau führt beim Prostatakrebs meist zu einer lokalen Reaktion mit überschiessender Knochenbildung (Osteosklerose) und beim Brustkrebs zu einem lokalisierten
Knochenschwund (Osteolyse). Die Erforschung der Wechselwirkung zwischen Krebs und Knochen, insbesondere die unterschiedlichen Reaktionen des Knochens auf die Krebszellen, ist daher im Hinblick auf
neue Therapieoptionen von grosser Wichtigkeit.
Bisher war man der Meinung, dass Krebszellen beim Prostatakrebs Faktoren produzieren, die direkt zur
überschiessenden Knochenbildung führen. Untersuchungen an Menschen mit überschiessender Knochenbildung zeigen jedoch, dass für die überschiessende Knochenbildung ein Mangel an Gegenspielern
(Bone morphogenetic Protein (BMP)-Antagonisten, wingless (WNT) Signalweg-Antagonisten) wichtiger
direkt auf den Knochenaufbau wirkender Faktoren eine Rolle spielen. Wir haben deshalb die Expression
dieser Gegenspieler zusammen mit weiteren, bereits bekannten knochenregulierenden Faktoren im
Tiermodell zu osteosklerotischen und osteolytischen Knochenmetastasen führenden Prostata- und Brustkrebs-Zelllinien untersucht.
Wir konnten zeigen, dass die überschiessende Knochenbildung mit der fehlenden Produktion dieser Gegenspieler (BMP-Antagonist Noggin, WNT-Antagonist dickkopf-1 (DKK1)) korreliert. Weiter fehlen zur
Ausbildung der überschiessenden Knochenbildung wichtige Faktoren, die einen Knochenabbau begünstigen würden (Parathormone related Peptide, Colony Stimulating Factor-1 und Interleukin 8). Im Gegensatz dazu produzieren die Krebszelllinien, die zu einem lokalen Knochenschwund führen, die genannten
Gegenspieler (Noggin und DKK-1) und zumindest einen der Faktoren, die den Knochenabbau begünstigen. Diese Beobachtung zeigt, dass einerseits die Bremsung des Knochenaufbaus und andererseits die
Aktivierung des Knochenabbaus zur vollen Ausbildung des krebsbedingten, lokalen Knochenschwundes
beitragen.
Aufgrund der fehlenden Produktion des BMP-Gegenspielers Noggin in osteosklerotischen und der hohen
Produktion von Noggin in osteolytischen Krebszelllinien, haben wir eine humane Prostatakrebszelllinie,
die im Tiermodell zu einer überschiessenden Knochenbildung führt, gezwungen, diesen Gegenspieler
wieder zu produzieren. Die Noggin-produzierenden Krebszellen wurden anschliessend in Unterschenkelknochen von nackten Mäusen implantiert. Das Wachstum der ein lichtbildendes Eiweiss tragenden
Krebszellen wurde mittels hochsensitiver Kameras monitorisiert, und die Knochenreaktion wurde nach
Abschluss des Experimentes mittels quantitativer Computertomographie ausgewertet. Das Wachstum der
Krebszellen wurde in dieser Untersuchung nur marginal beeinflusst. Die Messung der Knochenreaktion
zeigte, dass die überschiessende, osteosklerotische Knochenbildung durch Noggin auf ein normales
Niveau reduziert werden kann. Zusätzlich ergab sich im Vergleich zu Kontrolltieren ein Rückgang der
knochenauflösenden Zellen.
Mit dieser Studie zeigen wir, dass die oben beschriebene, fehlende Produktion des Gegenspielers Noggin durch die Krebszellen, eine wichtige Rolle in der Entwicklung von Knochenmetastasen mit überschiessender Knochenbildung hat, und dass die zusätzlich fehlende Produktion des Gegenspielers DKK1 und von Faktoren, die den Knochenabbau begünstigen, weiter dazu beitragen.
Bedeutung der Arbeit
Prostata- wie Brustkrebs machen je etwa ein Drittel aller Krebserkrankungen in der Schweiz aus und
gehören zu den häufigsten Krebstodesursachen von Mann und Frau. Kann bei diesen Krebsarten der
initiale Tumor nicht radikal entfernt werden, kommt es in aller Regel zur Metastasierung mit Befall des
Knochenmarks. Davon sind jedes Jahr in der Schweiz wahrscheinlich je mehr als 1000 Männer und
Frauen neu betroffen.
Die Tumorzellen im Knochenmark interagieren mit dem Knochenumbau, schwächen den Knochen und
sind Ursache für Schmerzen und Frakturen und letztendlich einer stark verminderten Lebensqualität.
Die Erforschung der Wechselwirkung zwischen Krebs und Knochen ist daher für die betroffenen Patienten im Hinblick auf neue Therapieoptionen von grosser Wichtigkeit. Dies wird unterstützt durch den Erfolg
in der symptomatischen Behandlung von Knochenmetastasen durch Bisphosponate, welche den Knochenumbau hemmen und so eine Wechselwirkung der Krebszellen mit dem Knochen stark bremsen. Mit
Bisphosphonaten therapierte Patienten und Patientinnen weisen deutlich weniger Schmerzen und Knochenbrüche auf.
Unsere Arbeit zeigt mit dem Nachweis der fehlenden Produktion des BMP-Gegenspielers Noggin in
Krebszellen, die zu einer überschiessenden Knochenbildung führen, einen neuen Mechanismus zur Entstehung von osteosklerotischen Knochenmetastasen auf. Zwingt man diese Krebszellen zur Produktion
des fehlenden Noggins, ergibt sich einerseits eine Reduktion der überschiessenden Knochenbildung auf
normales Niveau, andererseits reduziert sich die Anzahl knochenauflösender Zellen am Ort der Metastasierung. Dieser duale Effekt von Noggin könnte wie bei den Bisphosphonaten zu einem verminderten
Auftreten von Knochenfrakturen bei betroffenen Patienten führen. Weiter gibt es Hinweise aus anderen
Studien, dass Noggin das Krebszellwachstum direkt hemmt. Noggin könnte deshalb ein brauchbares
Medikament in der Behandlung osteosklerotischer Knochenmetasen sein.
Lack of noggin expression by cancer cells is a determinant of the osteoblast response in bone metastases. R. Schwaninger*, C.A. Rentsch*, A. Wetterwald, G. van der Horst, R. L. van Bezooijen, G. van der
Pluijm, C.W.G.M. Löwik, K. Ackermann, W. Pyerin, F.C. Hamdy, G.N. Thalmann & M.G. Cecchini;
Am. J. Pathol. 170:160-175 (2007) *equally contributed
E-Mail: [email protected]
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