Teil I „Frische“-Werbung

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Teil I „Frische“-Werbung
Teil I „Frische“-Werbung
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Gibt es eine allgemein verbindliche gesetzliche Definition
für „Frische“?
Nein, es gibt keine allgemein verbindliche gesetzliche Definition für den Begriff
„frisch“ bzw. „Frische“. Die Rechtsprechung hat jedoch in zahlreichen Entscheidungen Kriterien aufgestellt, anhand derer im konkreten Fall beurteilt werden
muss, ob ein Lebensmittel als frisch anzusehen ist und dementsprechend auch so
bezeichnet werden darf. Die wichtigsten Entscheidungen werden in den nachfolgenden Antworten dargestellt.
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Gibt es gesetzliche Vorgaben für die „Frische“-Werbung?
Nein, es gibt keine spezifischen gesetzlichen Vorgaben für „Frische“-Werbung.
Für einige wenige Lebensmittelkategorien finden sich jedoch in den Leitsätzen des
Deutschen Lebensmittelbuches Definitionen zum „Frische“-Begriff.
So sind z. B. frische Teigwaren bzw. Frischteigwaren nach I. A. 2. der Leitsätze für
Teigwaren vom 2. Dezember 1998 Teigwaren, die bei der Herstellung nicht getrocknet oder lediglich angetrocknet werden. Sie werden zuweilen mit heißem Wasser
oder mit Wasserdampf behandelt, auch pasteurisiert und gekühlt oder tiefgefroren.
Wird im Zusammenhang mit Teigwaren auf „Frischei“ hingewiesen, werden nach
I. C. der Leitsätze für Teigwaren ausschließlich Hühnereier mit Merkmalen der Güteklasse A verwendet, die im Herstellerbetrieb aufgeschlagen und im frischen Zustand
verarbeitet worden sind. Die Bezeichnung „Frischei“ kann auch für Vollei aus
Hühnereiern mit Merkmalen der Güteklasse A aus nach der Eiprodukte-Verordnung
zugelassenen Betrieben verwendet werden, wenn die Eiprodukte dort durch
Pasteurisierung vorbehandelt, bei Temperaturen von höchstens 4 °C entsprechend der
Eiprodukte-Verordnung gelagert und befördert, innerhalb von 24 Sunden an die
Teigwarenhersteller geliefert und dort kurzfristig verarbeitet werden.
Der Begriff der „Frische“ wird ferner auch in einigen gesetzlichen Regelungen verwendet. In § 2 Abs. 1 Verordnung über tiefgefrorene Lebensmittel heißt es z. B., dass
zum Tiefgefrieren nur Lebensmittel verwendet werden dürfen, die den „nötigen
Frischegrad“ besitzen. Eine Definition, was unter „Frische“ bzw. dem „nötigen
Frischegrad“ zu verstehen ist, findet sich jedoch nicht im Gesetz.
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In Anhang I Nr. 1.10 VO (EG) Nr. 853/2004 wird frisches Fleisch wie folgt definiert:
„Fleisch, das zur Haltbarmachung ausschließlich gekühlt, gefroren oder schnellgefroren wurde, einschließlich vakuumverpacktes oder in kontrollierter Atmosphäre
umhülltes Fleisch“.
In Anhang I Nr. 3.5 VO (EG) Nr. 853/2004 werden frische Fischereierzeugnisse wie
folgt definiert: „unverarbeitete Fischereierzeugnisse, ganz oder zubereitet, einschließlich vakuumverpackter oder unter modifizierten atmosphärischen Bedingungen verpackter Erzeugnisse, die zur Haltbarmachung lediglich gekühlt und
keiner weiteren Behandlung unterzogen worden sind“.
Soweit es keine spezifischen Vorgaben für die Frische einzelner Lebensmittel bzw.
Lebensmittelgruppen gibt, ist der Maßstab für die Zulässigkeit von „Frische“Werbung das allgemeine Irreführungsverbot des § 11 Abs. 1 LFGB. Nach § 11 Abs. 1
S. 1 LFGB ist es verboten, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe
oder Aufmachung gewerbsmäßig in den Verkehr zu bringen oder für Lebensmittel
allgemein oder im Einzelfall mit irreführenden Darstellungen oder sonstigen Aussagen zu werben. Nach § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 LFGB liegt eine Irreführung insbesondere dann vor, wenn bei einem Lebensmittel zur Täuschung geeignete Bezeichnungen, Angaben, Aufmachungen, Darstellungen oder sonstige Aussagen über
Eigenschaften, insbesondere über Art, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge,
Haltbarkeit, Ursprung, Herkunft oder Art der Herstellung oder Gewinnung verwendet
werden.
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Was beinhaltet das Irreführungsverbot?
Jegliche „Frische“-Werbung steht unter dem Vorbehalt, dass sie den Verbraucher
nicht irreführen darf. Eine unzulässige Irreführung des Verbrauchers liegt immer
dann vor, wenn die Bezeichnung des Lebensmittels als „frisch“ bei ihm eine Vorstellung über das Lebensmittel hervorruft, die mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt. Eine Irreführung ist also gegeben, wenn die Bezeichnung des Lebensmittels
als „frisch“ den Verbraucher täuscht.
Bei der Beurteilung dieser Frage ist von dem sog. europäischen Verbraucherleitbild
auszugehen, wonach es auf das Verständnis eines durchschnittlich informierten,
aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers ankommt.
Ferner ist zu berücksichtigen, dass es nach § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 LFGB verboten ist,
zu verstehen zu geben, dass ein Lebensmittel besondere Eigenschaften hat, obwohl
alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Eigenschaften haben. Es handelt sich
hierbei um das sog. Verbot der Werbung mit Selbstverständlichkeiten. Wenn also ein
Produkt bereits aufgrund gesetzlicher Vorgaben keinerlei Haltbarmachungsverfahren
unterzogen werden darf, kann eine „Frische“-Werbung unzulässig sein, weil die
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Behr’s Verlag, Hamburg
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Frische dieses Lebensmittels eine Selbstverständlichkeit darstellt, die gesetzlich
vorgeschrieben ist. Ob eine unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten vorliegt, bedarf stets der Prüfung im Einzelfall. Die nachfolgende Darstellung bezieht
sich auf Lebensmittel, bei denen die Anwendung von Haltbarmachungsverfahren
nicht gesetzlich verboten ist.
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Wie hat die Rechtsprechung die Vorgaben für „Frische“Werbung konkretisiert?
Im Detail gibt es voneinander abweichende Äußerungen der Gerichte, was die
Frische eines Lebensmittels ausmacht und welche Anforderungen an eine Werbung
mit diesem Begriff zu stellen sind. Es fehlt insoweit an einer höchstrichterlichen
Rechtsprechung. Fest steht jedoch, dass sowohl qualitative als auch zeitliche
Kriterien entscheidend sind. Das Lebensmittel muss also sowohl in qualitativer als
auch in zeitlicher Hinsicht „frisch“ sein, wenn es so bezeichnet wird. In qualitativer
Hinsicht können insbesondere ein hoher Verarbeitungsgrad des Lebensmittels bzw.
die Anwendung von besonderen Haltbarmachungsverfahren (Verwendung von
Konservierungsstoffen, Pasteurisierung, Ultrahocherhitzung, Vakuumierung, Tiefkühlung etc.) der Bezeichnung des Lebensmittels als „frisch“ entgegenstehen. In
zeitlicher Hinsicht ist eine „Frische“-Werbung insbesondere dann problematisch,
wenn das als „frisch“ beworbene Lebensmittel etliche Wochen oder gar Monate
haltbar ist.
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Wie lange dürfen Lebensmittel haltbar sein, die als
„frisch“ bezeichnet werden?
Die Gerichte beurteilen unterschiedlich, wie lange ein als „frisch“ bezeichnetes
Lebensmittel höchstens haltbar sein darf. Festhalten lässt sich jedoch, dass Lebensmittel, die bis zu zwei Wochen haltbar sind, in zeitlicher Hinsicht die Vorgaben für
eine „Frische“-Werbung grundsätzlich erfüllen. Ist das Lebensmittel mehr als vier
Wochen haltbar, besteht in der Regel ein ganz erhebliches, stark ansteigendes Risiko,
dass die Bewerbung als „frisch“ unzulässig ist. Bei einer Haltbarkeit zwischen zwei
und vier Wochen muss im Einzelfall abgeschätzt werden, ob die Bezeichnung als
„frisch“ zulässig ist.
Folgende Entscheidungen zu dieser Frage sind interessant:
Das LG München (Urteil vom 04.09.1991, ZLR 1992, S. 67 ff.) hat den Hinweis
„frisch gerieben“‘ für geriebenen Parmesankäse für irreführend erachtet, da das
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