Jupiter - Besuch beim größten Planeten des Sonnensystems

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01|Überuns
scinexx.de-DasWissensmagazin
scinexx®-sprich['saineks],eineKombinationaus“science”und“next
generation”-bietetalsOnlinemagazinseit1998einenumfassenden
Einblick in die Welt des Wissens und der Wissenschaft. Mit einem
breiten Mix aus News, Trends, Ergebnissen und Entwicklungen
präsentiert scinexx.de anschaulich Informationen aus Forschung
undWissenschaft.
DieSchwerpunktthemenliegenindenBereichenGeowissenschaften,
Biologie und Biotechnologie, Medizin, Astronomie, Physik, Technik
sowie Energie- und Umweltforschung. Das Internetmagazin spricht
allewissbegierigenUseran-obinBeruf,StudiumoderFreizeit.
scinexx wurde 1998 als Gemeinschaftsprojekt der MMCD NEW
MEDIA GmbH in Düsseldorf und des Heidelberger Springer Verlags
gegründet und ist heute Teil der Konradin Mediengruppe mit dem
bekannten Magazin Bild der Wissenschaft sowie den
Wissensangeboten:wissen.de,wissenschaft.de,scienceblogs.de,
natur.deunddamals.de.
02|Inhalt
01
02
ÜBERUNS
INHALT
03
JUPITER
BesuchbeimgrößtenPlanetendes
Sonnensystems
04
IMPRESSUM
03|Jupiter
Besuchbeimgrößten
Planetendes
Sonnensystems
VONNADJAPODBREGAR
EristderunumstritteneKönigdesSonnensystems:derJupiter.Erst
seinePräsenzmachtedasSonnensystemzudem,wasesheuteist.
DennochsindlängstnichtalleGeheimnissedesGasriesenerforscht.
Dieam4.Juli2016amJupitereintreffendeNASA-Sonde“Juno”soll
dasändern.
„MORD“MITHOCHDRUCK
D
rsten Messungen aus der Jupiteratmosphäre Am 7.
Dezember 1995 wurde der Jupiter zum Tatort eines
vorsätzlichen Mordes. Das Opfer war allerdings kein
Mensch, sondern ein weitgereistes Stück Technik: die
TochtersondedesRaumschiffsGalileo.MotivdieservonlangerHand
geplanten Tat: Die Sonde sollte in die Atmosphäre des Jupiter
eindringen und so lange es ging Daten über Zusammensetzung,
TemperaturenundDruckliefern.
ObwohlzudiesemZeitpunktnichtvieledirekteMessungenüberdie
Bedingungen unterhalb der sichtbaren Wolkenbänder existierten,
warklar:DieSondekonntediesenAusflugnichtüberleben.Dennso
wie im Inneren der Erde Druck und Temperatur mit zunehmender
Tiefeansteigen,istdiesauchinderAtmosphäredesJupiterderFall–
nurumGrößenordnungenstärker.„EineerfolgreicheProbenmission
in die Jupiteratmosphäre zu bringen ist, mit Ausnahme eines Eintritt
in die Sonne selbst, die größte Herausforderung im Sonnensystem“,
erklärt Alvin Seiff, leitender Wissenschaftler der Probenmission
später in einem Interview. Auch ihm war klar, dass selbst der
Hitzeschild und die verstärkten Komponenten der Sonde ihr nicht
langehelfenwürden.
Eintrittindie„Hölle“
Schon beim Eintritt in die
Atmosphäre flog die Sonde
wie gegen eine Wand aus
Gas: Von 170.000 Kilometer
pro Stunde wurde sie
schlagartig auf nur noch
3.000 Kilometer pro Stunde
abgebremst.
In
diesen
Sekunden wirkten bis zum
NASA-SondeGalileoamJupiter©NASA
250-fachen
der
Erdbeschleunigung auf das
Projektil ein, in der Stoßwelle entstanden Temperaturen von rund
16.000° Celsius. Der Hitzeschild aus Karbonmaterial wurde dadurch
fastkomplettabgetragen.
AmNullniveau–derHöhe,inderderDruckinderJupiteratmosphäre
einem Bar und damit etwa dem der Erdatmosphäre bei Normalnull
entspricht – begann die Sonde ihre Messungen und sank dabei
immer weiter ab. 50 Kilometer unter Nullniveau registrierten ihre
Instrumente gewaltige Stürme: Fallwinde, Turbulenzen und
Jetstreams beschleunigten das Gas auf mehr als 500 Kilometer pro
Stunde.DassdieseWindgeschwindigkeitenerreichtwerden,istkeine
große Überraschung, denn die mit Teleskopen schon von der Erde
sichtbaren Wolkenbänder und Flecken des Gasriesen und das
WissenumseineextremschnelleRotationließendieserwarten.
RätselderfehlendenEdelgase
DieZusammensetzungderGashüllewar
allerdingsandersalsgedacht:Zwarfand
sich wie erwartet reichlich Wasserstoff –
es sind fast 90 Volumenprozent in den
oberenSchichten–,dazukamenSpuren
von Methan, Ammoniak und einfachen
organischen Verbindungen. Aber von
SinkflugderGalileoProbensondeinder
AtmosphäredesJupiter
(Illustration)©NASA
den Edelgasen Helium und Neon
registrierten die Sondeninstrumente viel
zu wenig. Gerade einmal rund zehn
Prozent Helium und nur wenige Promille von Neon maßen sie. Das
passte nicht zu den Modellen, die eine ähnliche Elementverteilung
wie im ursprünglichen Sonnensystem und auch in der Sonne selbst
vorhersagten. Doch statt einem Sechshundertstel der Gesamtmasse
schien Neon beim Jupiter nur ein Sechstausendstel auszumachen.
Die Ergebnisse ließen nur eine plausible Erklärung zu: Der Gasriese
istoffenbarsehrvielwenigerhomogenaufgebautalsangenommen.
Struktur und Elementverhältnisse in der Tiefe des Jupiter jedoch
bliebenvorerstungeklärt.
Jupiterals„Doppelgrab“
Rund
eine
Stunde
nach
EintrittindieAtmosphäreund
aufeinerHöhevonrund160
Kilometern unter Nullniveau,
brach der Funkkontakt zur
Galileo-Probensonde
endgültig ab. Die letzten
Daten, die sie übermittelte,
zeigen einen Druck von 22
BarundeineTemperaturvon
AuchdieGalileo-Muttersondeverglüht
2003inderJupiteratmosphäre©NASA
152°C. Doch damit war die Reise der Sonde noch nicht zu Ende.
NASA-Forscher gehen davon aus, dass bei ihrem weiteren Absinken
zunächst der Fallschirm, dann die Aluminiumteile geschmolzen sind.
EinigeStundenspäterwardieHitzeinderUmgebungderSondeso
weit angestiegen, dass das Aluminium verdampfte, noch einmal vier
Stunden und viele Höhenkilometer später schmolzen auch die
widerstandsfähigerenTitanteile.RundzehnStundennachEintrittder
Sonde in die Jupiteratmosphäre war nichts mehr von ihr übrig. Bei
einem Druck von 5.000 Bar und einer Temperatur von 1.700°C
waren auch die letzten Komponenten verdampft. Acht Jahre später,
imSeptember2003,fandauchdieMuttersonde,derGalileo-Orbiter,
ihr Ende im Herzen des Gasriesen. Nach dreimaliger Verlängerung
der Missionsdauer und einer reichen Ausbeute an Daten aus dem
Jupitersystem war die Sonde kaum mehr funktionsfähig und drohte,
auf dem Jupitermond Europa abzustürzen. Da dort unter der
Eiskruste ein Wasserozean mit möglicherweise sogar einfachen
Lebenformen vermutet wird, wäre dies eine fatale Kontamination
gewesen. Deshalb lenkten NASA-Techniker auch sie in die
Jupiteratmosphäreundließensiedortverglühen.
DASRÄTSELDESVERLORENENSTREIFENS
E
r Einblick in die Dynamik der Jupiteratmosphäre Die
Atmosphäre des Gasriesen Jupiter ist in permanenter
Aufruhr. Jetstreams, Bänder rasender Winde, in
verschiedenen Breiten und teilweise entgegengesetzten
Richtungen um den Planeten ziehend, bilden ein wechselndes HellDunkelmuster von ziehenden Wolken. Dunkle Flecken markieren
regionale Stürme. Einige von ihnen, wie der Große Rote Fleck,
scheinensokonstantundanihrerStellefestgewachsen,dasssiefast
schon zu Markenzeichen und Erkennungsmerkmalen des Jupiter
gewordensind.
SturmexplosionenimDoppelpack
Andere allerdings scheinen unbekannten Gesetzmäßigkeiten und
Dynamiken zu folgen. Ende März 2007 beobachteten Astronomen
weltweit ein seltenes und faszinierendes Schauspiel in der
Atmosphäre des Gasriesen. Zwei extrem starke, helle Stürme
bildetensichplötzlichinmittenderwirbelndenWolken–genaudort,
wo der Jetstream, eine starke atmosphärische Strömung, seine
höchsten Geschwindigkeiten von fast 600 Kilometern pro Stunde
erreicht.Schonzweimalzuvor,1975und
1990,
waren
solche
plötzlichen
Sturmeruptionen beobachtet worden. In
allen Fällen bewegten sich die Stürme
annähernd
mit
der
gleichen
Geschwindigkeit und immer entstanden
zweivonihnenzurgleichenZeit.Warum
dassoist,istbisheutenichtgeklärt.
Infrarotbildderbeiden
SturmexplosionenvomMärz
2007©NASA/JPL/IRTF/Nature
EinStreifenverschwindet
2010dannfolgtedasnächste
rätselhafte Ereignis: Plötzlich
verfärbte sich ein seit Jahren
unverändertes bräunliches
Strömungsband nahe dem
Jupiter-Äquator
strahlend
AufnahmendesWeltraumteleskopsHubble
von2009und2010zeigendas
VerschwindendesSouthEquatorialBelt.©
NASA,ESA,M.H.Wong,H.B.Hammel,
JupiterImpactScienceTeam
weiß. Gleichzeitig schien sich
der Große Rote Fleck, der in der Nähe dieses Wolkenbands liegt,
dunkler zu färben. Zwar hatten Raumsonden wie die Pluto-Sonde
„New Horizons” oder die Jupitersonde Galileo bereits früher ein
zwischenzeitiges Verblassen dieses so genannten South Equatorial
Beltbeobachtet,einsoeklatanterWechselaberwarneu–soschien
es jedenfalls zunächst. Um herauszufinden, was es damit auf sich
hatte, richteten Astronomen gleich drei Teleskope - von der NASA
Infrared Telescope Facility, vom Keck und vom Gemini North
Observatorium auf Hawaii - auf das Sturmband. Die verschiedenen
Infrarotaufnahmen enthüllten, was im sichtbaren Licht verborgen
blieb: Das braune Band war nicht verschwunden, es wurde nur von
höherliegendenSchichtenaushellemAmmoniakeisverdeckt.
WolkenausAmoniak-EisalsCamouflage
„Die Ursache für das ‚Verlieren‘ dieses
Sturmbands zwischen den umgebenden
weißen Bändern ist, dass die
normalerweise
hier
wehenden
trockenen Abwinde, die die Region
wolkenfrei halten, einschlafen“, erklärt
GlennOrton,ForscheramJetPropulsion
DieInfrarotaufnahmezeigtdas
verdeckendeAmmoniakeisin
Laboratory der NASA in Pasadena.
höherenWolkenschichten©
Dieser
Prozess,
das
zeigten
NASA/IRTF
anschließende
Modellsimulationen,
wiederholt sich im Durchschnitt alle paar Jahrzehnte und hält dann
jeweils ein bis drei Jahre an. „Eines der Dinge, nach denen wir im
Infrarot suchten, waren daher Hinweise darauf, dass sich die
Wolkenschichtzulichtenbeginnt.Undgenaudassahenwirauch.“An
einer Stelle des noch weißen Sturmbandes schimmert inzwischen
bereitswiederdiedunklereFarbedertieferliegendenWolkendurch.
Auch die dunklere Farbe des Großen Roten Flecks wird sich, so
Orton, mit der Rückkehr zu normalen Bedingungen im Wolkenband
wiederaufhellen.
DER„ROTERIESE“
B
in den größten Sturm des Sonnensystems Er ist so riesig,
dass unsere Erde drei Mal nebeneinander in ihn
hineinpassen würde: der Große Rote Fleck des Jupiter.
Dieser 22° südlich des Jupiteräquator tobende
Wirbelsturm ist so auffällig, dass er schon vor mehr als 300 Jahren
mit ersten einfachen Teleskopen beobachtet wurde. Eingeklemmt
zwischen zwei Sturmbändern bewegt sich der Fleck in NordSüdrichtung kaum, in Ost-West-Richtung jedoch wandert er
unregelmäßigundmitwechselnderGeschwindigkeit.Wieallegroßen
Antizyklone ist auch der Große Rote Fleck kälter als die umgebende
Jupiteratmosphäre, er ragt mehrere Kilometer weit über die
wärmeren Wolkendecken hinaus und kühlt dabei bis auf minus
160°Cab.
BlickinsInneremitWärmebildern
Einzigartigmachtihnjedochvorallemeines:seineLanglebigkeit.Kein
anderer
Sturm
im
Sonnensystem ist so groß
und so konstant wie er. Trotz
seiner Prominenz sind aber
auch bei ihm noch längst
nichtalleRätselgelöst.Erstim
Jahr 2010 beispielsweise hat
ein
internationales
Forscherteam
mit
Hilfe
mehrerer Infrarotteleskope
FalschfarbenaufnahmevonWolkenwirbeln
erstmals einen Blick in die
nahedesGroßenRotenFlecksaufdem
innere
Struktur
des
Jupiter©NASA/JPL
Riesensturms geworfen. Die
infraroten Wärmebilder erlauben es, sowohl Rückschlüsse auf die
TemperaturverteilungimSturmzuziehen,alsauchaufdiechemische
Zusammensetzung der Sturmwolken. „Dies ist der erste Blick ins
InneredesgrößtenSturmsimSonnensystem”,sagtGlennOrton,der
LeiterdesForscherteams.„Früherdachtenwir,derGroßeRoteFleck
wäreeinOvalohnegroßartigeinnereStruktur.DieneuenErgebnisse
zeigen, dass es sich im Gegenteil um ein höchst komplexes Gebilde
handelt.” Die neue „Wetterkarte“ des Sturms zeigt, dass diejenigen
Gebiete des Großen Roten Flecks, die eine besonders intensive
rötliche Färbung aufweisen, einer warmen Kernregion in einem
ansonsten kalten Wirbelsturm entsprechen. Außerdem sind auf den
BilderndunkleStreifenindenRandgebietendesSturmssichtbar,bei
denen es sich um Gase handelt, die in tieferliegende Regionen der
Planetenatmosphäreabsinken.
RätselderrotenFarbenochimmerungelöst
„Eines der spannendsten Ergebnisse ist, dass die Zentralregion des
Flecks, die eine besonders intensive rot-orange Färbung aufweist,
drei bis vier Grad wärmer ist als ihre Umgebung”, erklärt Leigh
FletchervonderUniversitätvonOxford.Dasklingtnichtnacheinem
großen Temperaturunterschied, reicht aber aus, um die gegen den
Uhrzeiger gerichtete Drehung des
Sturms in einem kleinen Gebiet im
Zentrum umzukehren. In anderen
Regionen der Jupiteratmosphäre reicht
ein solcher Temperaturunterschied aus,
um die Windgeschwindigkeiten und
Wolkenmuster in den verschiedenen
Streifen und Regionen der Atmosphäre
messbar abzuändern. „Wir konnten mit
diesen Beobachtungen zum ersten Mal
einendirektenZusammenhangzwischen
den Umweltbedingungen - Temperatur,
Wind,
Druck
und
chemischer
AufnahmedesGroßenRoten
FlecksimInfrarot-und
Zusammenhang - einerseits und der
sichtbarenLicht©ESO,
Färbung des Großen Roten Flecks
NASA/JPL,ESA/L.Fletcher
andererseits nachweisen”, so Fletcher.
„Wir wissen jetzt, dass sie mit Änderungen der Umweltbedingungen
im Herzen des Sturms zusammenhängt.” Was genau dabei passiert,
soll nun die Raumsonde Juno klären. Denn sie wird unter anderem
dieZusammensetzungderJupiter-Atmosphäreanalysieren.
WASSERSTOFFMETALLUNDHELIUMREGEN
A
eg in die Hölle des Jupiterinneren Im Kern der Erde
herrschen Drücke von 3,5 Millionen Atmosphären und
hoheTemperaturen.Dochverglichenmitdem,wassichim
Inneren des Gasriesen Jupiter abspielt, ist das noch
harmlos. Der Druck in seinem Kern erreicht das mehr als 70
Millionenfache des irdischen, die Temperaturen steigen auf 10.000
bis20.000Grad–zweibisdreiMalheißeralsdieSonnenoberfläche.
WasabergeschiehtunterdiesenextremenBedingungenmitdenim
JupiterinnerenvorhandenenElementen?DasssichdiesnichtmitHilfe
von direkten Messungen oder Sonden feststellen lässt, hat
spätestens 1995 die Galileo-Probensonde gezeigt. Eine Annäherung
an die Extreme im Inneren des Gasriesen ist nur mit
Modellrechnungen und Simulationen möglich. Sie zeigen, dass es
zwischen der äußeren Wolkenhülle und dem Beginn des
höchstwahrscheinlich festen Kerns keine säuberlich abgrenzbaren
Schichten wie bei der Erde und anderen Gesteinsplaneten gibt.
Stattdessen wandeln sich die Zustände der in ihm vorhandenen
Elementeganzallmählich.
Vom Wasserstoffnebel zum
Heliumregen
Wasserstoff, das auf dem
Jupiter
am
häufigsten
vertretene Gas, ist in der
äußeren Atmosphäre noch
gasförmig. Teilweise bildet es
mit
Stickstoff
Ammoniakverbindungen, aus
denendiedichten,alsfarbige
ImInnerendesJupitergehtWasserstoff
erstindenflüssigen(grau),danninden
Bänder erkennbaren Wolken
metallisch-flüssigenZustandüber(blau).©
LunarandPlanetaryInstitute
bestehen.
Rund
1.000
Kilometer unter der obersten
Wolkenschicht beginnt es sich jedoch zu verändern: mit steigendem
Druck und Temperatur bilden sich immer mehr Tröpfen flüssigen
Wasserstoffs. Die Atmosphäre wird immer dichter und „nebeliger“,
bis sie schließlich nach und nach vollkommen flüssig ist. In rund
10.000 Kilometern Tiefe kondensiert nun auch das mit rund zehn
Prozent zweithäufigste Gas, Helium, und bildet Tropfen. „Hier sind
DruckundTemperatursohoch,dassmannichtmehrunterscheiden
kann,obWasserstoffundHeliumeinGasodereineFlüssigkeitsind“,
erklärt Burkhard Militzer von der Universität von Kalifornien in
Berkeley. Er ist im März 2010 zusammen mit Kollegen der Frage
nachgegangen, wo die 1995 von der Galileo-Sonde berichteten
„fehlenden“ Neon- und Heliumanteile im Jupiterinneren abgeblieben
seinkönnten.
HeliumtropfenreißenNeonmitindieTiefe
Ihre Modelle zeigen, dass das Schicksal beider enger verbunden ist
als vermutet: Wenn das Helium flüssig wird und Tropfen bildet, löst
sichdasNeondarin.DergemischteTropfensinktdabeiweiterab.In
einer Tiefe von mehr als 13.000 Kilometern unter der Wolkendecke
geschieht nun jedoch ein weiterer Wandel: Bei Temperaturen von
rund 5.000°C und dem Druck von ein bis zwei Millionen
Atmosphären wird der umgebende flüssige Wasserstoff plötzlich zu
einemflüssigenMetall.
Wie genau dieser exotische Zustand
aussieht und welche Eigenschaften er
hat,kannnurvermutetwerden–dennin
keinem Labor der Erde lassen sich die
gewaltigen Kräfte erzeugen, die für die
Entstehung des metallisch-flüssigen
Wasserstoffsnötigsind.Klaristnur,dass
das eigentlich nichtleitende Gas
Wasserstoff nun plötzlich zu einer
ErklärungderHelium-und
Neon-Verarmungim
leitfähigen Flüssigkeit wird. Wie bei
AußenbereichdurchHeliumRegen©BurkhardMilitzer/UC
einem Metall können Elektronen in
Berkeley
diesemGebräurelativfreifließenundso
Ströme erzeugen. Diese Umwandlung hat auch Auswirkungen auf
das von oben herabregnende Helium-Neon-Gemisch: In dem
metallischen Wasserstoff kann es sich nicht lösen. Wie Öltropfen in
einer Wasserlache bleiben die absinkenden Heliumtropfen dadurch
stabil – und nehmen auch das in ihnen gelöste Neon weiter mit in
RichtungKern.„NeonlöstsichimHeliumundfälltdamitindieTiefe“,
erklärtMilitzersKollegeHughWilson.„UnsereStudieverbindetdamit
dieBeobachtungdesfehlendenNeonsinderAtmosphäremiteinem
anderentheoretischpostuliertenProzess–demHeliumregen.“
FlüssigeMetall-LegierungausWasserstoffundHelium
AberauchdieHeliumtropfenkönnendenhöllischenBedingungenim
Jupiterinneren nicht lange standhalten. Bei mehr als 10.000°C und
Drücken von mehreren Millionen Atmosphären wird auch das
flüssige Helium nun zu einem Metall. „Man kann es sich vorstellen
ähnlichwieQuecksilber,nurwenigerreflektierend“,erklärtRaymond
Jeanloz, Professor für Astronomie an der Universität von Kalifornien
inBerkeley.SeinForscherteamentdecktebereitsimJahr2008,dass
sich dieses metallisch-flüssige Helium im Kern des Jupiter anders
verhält als gedacht: Einmal zum Metall geworden überwindet es
seine bisherige „Abneigung“ gegenüber dem ebenfalls metallischflüssigen Wasserstoff und bildet mit ihm ein Gemisch, vergleichbar
einer Metalllegierung. „Das ist ein wichtiger Durchbruch in unserem
Verständnis der Materie, denn um die Langzeitentwicklung der
Planeten zu verstehen, müssen wir mehr über die Eigenschaften in
ihremInnerenerfahren“,erklärtJeanloz.DasmetallischeGebräuaus
WasserstoffundHeliumtiefimInnerendesJupiteristzwarreichlich
exotisch, gleichzeitig aber liefert es endlich eine Erklärung für eine
lange bekannte weitere Besonderheit des Gasriesen: sein
Magnetfeld.
„BEEP-BEEP“AUSDEMALL
D
agnetfelddesJupiteraufderSpurWirschreibendasJahr
1899. In Colorado Springs, am Rand der Rocky
Mountains, hat sich der Erfinder und Ingenieur Nikola
Tesla eine kleine Versuchsstation aufgebaut. Am Abend
des 22. Juli sitzt er am Empfänger seiner selbst entwickelten
hochsensiblen Radioantenne, die unter anderem Signale
atmosphärischerEreignissewieBlitzentladungeneinfangensoll.
Rätselhaftes„Beep-Beep“ausRichtungMars
Doch plötzlich empfängt Tesla etwas, dass völlig aus dem Rahmen
fällt: „Mein Ohr fing gerade noch hörbare Signale auf, die in
regelmäßigen Abständen hereinkamen. Sie konnten nicht auf der
Erdeerzeugtwordensein,nochdurcheinenbekanntensolarenoder
lunaren Prozess oder durch den Einfluss der Venus“, beschreibt er
dasEreignisfast20Jahrespäter.„DieMöglichkeit,dasssievomMars
kommen könnten, schoss mir durch den Kopf.“ Denn mit dem
Versinken des Planeten Mars hinter dem Horizont hören auch die
mit fast unheimlicher Regelmäßigkeit bei rund 400 Hertz
auftretenden „Beep-beep-beep“-Geräusche auf. Tesla glaubt darin
sogar die Botschaft intelligenter Wesen - möglicherweise der
Bewohner des Mars - zu erkennen. Was Tesla zu diesem Zeitpunkt
nicht bemerkt: Gleichzeitig mit dem Mars geht auch der mit diesem
fast auf einer Linie stehende
Jupiter unter. Und der rund
800 Millionen Kilometer
entfernte Planet ist auch die
Quelle der geheimnisvollen
Signale. Gesendet werden
diese allerdings nicht von
„Aliens“,
sondern
vom
Magnetfeld des Planeten.
Erscheint der Jupiter schon
EingewaltigesMagnetfeldundStröme
als Riese unter den Planeten,
erngiereicherTeilchenumgebenden
ist seine Magnetosphäre ein
Jupiter.©NASA/JPL-Caltech
wahrer Gigant und das
größte bekannte Objekt im gesamten Sonnensystem. Ihre
Ausdehnung ist so gewaltig, dass sogar die Sonne samt Korona
komplett hineinpassen würde. Wäre die Magnetosphäre sichtbar,
erschiene sie uns am Nachthimmel drei Mal so groß wie der
Vollmond.DieStärkedesMagnetfeldsist20.000Malsogroßwiedas
derErde.
RadiosendungvomJupiterpol
Wie heute bekannt ist, gehen die von Tesla aufgefangenen
Radiowellen vom Magnetfeld an den Polen des Jupiter aus. Hier
zeugen ständig leuchtende Polarlichter von intensiven und
energiereichen Wechselwirkungen der Magnetfeldkräfte mit
geladenen Teilchen des Sonnenwinds. Die leuchtenden Ringe der
Jupiter-Auroren senden Strahlung im nahezu gesamten Bereich
elektromagnetischer Strahlung hinaus ins All, darunter auch
Radiowellen verschiedener Frequenzbereiche. Die schnelle Rotation
des Planeten und die um zehn Grad gegen die Rotationsachse
gekipptenMagnetpoleführendazu,dass
einige der auf der Erde ankommenden
Radiosignaleperiodischerscheinen–wie
ein Morsecode von Außerirdischen. Das
gigantische Magnetfeld sendet jedoch
nicht nur Radiowellen Millionen
Kilometer weit ins All hinaus, sondern
auch Ströme extrem energiereicher
PolarlichtamNordpoldes
Elektronen und Ionen. Die mit der
Jupiter:ImGegensatzzuden
AurorenderErdeistdieses
Energie von bis zu zehn oder sogar
ständigpräsent©NASA/STScI
hundert
Megaelektronenvolt
aufgeladenen synchrotronen Teilchenströme sind stärker als alles,
was in irdischen Teilchenbeschleunigern produziert werden kann.
Auch diese teilweise bis zur Erdumlaufbahn reichenden Emissionen
werden, wie die Radiowellen, durch die Rotation des Jupiter
beeinflusst und zeigen dadurch ein periodisches Muster ähnlich wie
beieinemPulsar.
Ringe,Monde,Teilchenströme
Wie vielfältig und komplex die Wechselwirkungen und Prozesse im
Jupiter-Magnetfeld tatsächlich sind, haben in den letzten Jahren und
JahrzehntenMessungenvonSondenwiePioneer10,Voyager1und
2 und natürlich Galileo gezeigt. Während das irdische Magnetfeld
vor allem durch Wechselwirkungen mit den geladenen Teilchen des
Sonnenwinds verformt und beeinflusst wird, spielen beim Jupiter
auch Interaktionen mit seinen Monden, Ringen und nicht zuletzt mit
seiner eigenen Rotation eine entscheidende Rolle. So liegen gleich
mehrere Monde, allen voran der vulkanisch aktive Mond Io,
innerhalb des Magnetfeldes. Die von ihnen ausgeschleuderten
Teilchen werden vom mit bis zu 100.000 Kilometern pro Stunde
rotierendenMagnetfeldeingefangenundbildenmehreredickeRinge
ausPlasmaumdenJupiter.
Wie dieses komplexe und
extrem starke Magnetfeld
aberentsteht,dashabenerst
in
jüngster
Zeit
die
ErkenntnisseüberdasInnere
des Gasriesen enthüllt. Denn
imGegensatzzurErdebesitzt
der Jupiter keinen Kern aus
festem und flüssigem Eisen,
der als Dynamo wirken
Magnetfeldlinien(weiß)undTeilchenwolken
inderMagnetosphäredesJupiter©
könnte. Stattdessen nimmt
NASA/JPL,JohnsHopkinsUniversityAPL
die Mischung aus metallischflüssigem Wasserstoff und Helium im Planeteninneren
wahrscheinlich diese Rolle ein. Die in verschiedenen Regionen
unterschiedlich schnelle Rotation und die auf- und absteigenden
KonvektionsströmungendieserleitfähigenFlüssigkeitenerzeugendie
gewaltigen Magnetfeldkräfte des Gasplaneten. Ob und wie dieser
„Dynamo“ tatsächlich funktioniert, soll nun die NASA-Sonde Juno
erkunden.SiewirdauchdieProzesseinderpolarenMagnetosphäre
desGasriesennäherunterdieLupenehmen–dieQuellevonTeslas
geheimnisvollem„Beep-beep“…
ENTSTEHUNGUNGEKLÄRT
W
Gasriesen wie der Jupiter eigentlich nicht existieren
dürften So faszinierend und rekordverdächtig
Gasriesen wie der Jupiter auch sein mögen - für die
PlanetenforschersindsieechteStörenfriede.Dennsie
werfenallesdurcheinander,wasmansichinpunktoPlanetenbildung
soschönzusammengereimthatte.
LangsamesWachstumBrockenfürBrocken…
Ohne die Gasriesen wäre das Szenario schön einfach: Irgendwo im
AllschwebteinegewaltigeWolkekaltenGases,dieeinesTagesunter
ihrer eigenen Schwerkraft kollabiert und in sich zusammenfällt. Es
entsteht eine sich immer schneller drehende Scheibe aus Gas und
Staub. In ihrer Mitte verdichtet sich das Gas besonders schnell, es
bildet sich ein Protostern. In den Außenbereichen der Scheibe
beginnt der Staub zu Brocken fester Materie zusammenzuklumpen,
die miteinander kollidieren und so
immer weiter wachsen. Innerhalb von
zehn- bis hunderttausend Jahren
entstehen durch diese Akkretion aus
kleinen
Planetesimalen
langsam
Planetenembryos, die im Laufe der
folgenden Millionen Jahre weiter
miteinander und mit kleineren Brocken
DieErdeundanderekleinere
Planetenwachsendurch
kollidieren. Von den anfangs bis zu 100
Akkretion-Planetenbausteine
kollidierenundverschmelzen.
Planetenembryos bleiben so nur noch
©NASA/JPL
knapp eine Handvoll Gesteinsplaneten
übrig–imFalledesSonnensystemswarendiesMerkur,Venus,Erde
und Mars. Dann plötzlich der Umschwung: Im Inneren des
Protosterns ist die kritische Schwelle für die Kernfusion erreicht, er
zündetundbeginntzustrahlen–dieSonneistgeboren.Durchihre
StrahlungwirddaskalteGasderprotoplanetarenScheibeaufgeheizt
und ionisiert, ein Großteil davon fliegt allein schon durch den
Strahlungsdruck aus dem jungen Planetensystem heraus. Für die
jungen Gesteinsplaneten ist das kein Problem: Sie verlieren zwar
einenTeilihrerGashüllen,bleibenaberansonstenunversehrt.
ZuwenigZeitfürJupiter?
Weiter außen in der Gasscheibe sieht die Lage dagegen schon
anders aus. Der so genannten Kernakkretions-Theorie nach
entstehen hier ebenfalls Planetenembryos, allerdings bestehen ihre
KernenichtausreinemGestein,sondernzudreiViertelnausEis,das
in diesen Außenregionen reichlich zur Verfügung steht. Haben sie
etwafünfbiszehnErdmassenerreicht,beginntihreSchwerkraft,das
umliegendeGasanzuziehenundesbildetsicheineimmermächtiger
werdende Gashülle – ein Gasplanet entsteht. Soweit die Theorie.
Doch sie hat einen entscheidenden Haken: Die Bildung eines
jupitergroßen Gasriesen dauert im weniger dichten Außenbereich
der Gasscheibe mindestens
zehn Millionen Jahre, das
zeigen Berechnungen. Diese
Zeit aber kann der Jupiter
eigentlichnichtgehabthaben.
Denn Untersuchungen von
protoplanetarenScheibenum
andere,
sonnenähnliche
Sternen haben gezeigt, dass
das
„Futter“
für
die
Gasplanetenbildung,
das
JungerGasrieseumeinenrundzehn
MillionenJahrealtenStern©NASA/SSC/
kalte,
neutrale
TimPyle
Wasserstoffgas,
nach
Zündung der Kernfusion viel zu schnell verschwindet. Trotzdem
haben es Jupiter und Co. offensichtlich geschafft, ihre enorme
Gashülleauszubilden.Aberwie?
GaswolkenkollapsstattallmählicheAkkretion?
Einen möglichen Ausweg präsentierte ein Astronomenteam bereits
im Jahr 2002 in „Science“: Demnach könnten Gasplaneten wie der
Jupiter auch ähnlich wie Sterne entstanden sein, durch den
schwerkraftbedingtenKollapsvonTeilenderGas-undStaubscheibe.
Turbulenzen in ihrem Außenbereich können unter bestimmten
Bedingungen,daszeigtendieModellederForscher,sogarinnerhalb
weniger tausend Jahre zu Instabilitäten und zu einer Bildung von
Klumpen führen, aus der Gasplaneten entstehen. Allerdings
funktioniert dies nur bei sehr niedrigen Temperaturen von rund 50
KelvinundrunddoppeltsoweitvonderSonneentferntwiedieBahn
des heutigen Jupiter. Außerdem dürften die so entstandenen
Gasplaneten keinen oder nur einen kleinen Gesteinskern besitzen,
dajakeineAkkretionvonGesteinsbrockenmitimSpielwar.
JupiterkernzugroßfürKollaps-Theorie?
Das allerdings macht den Jupiter erneut
zu einem Problemfall: Denn er besitzt
nicht nur einen Eis-Gesteinskern, dieser
ist sogar deutlich größer als noch vor
einigen Jahren angenommen, wie eine
Simulation
von
amerikanischen
Planetenforschern im Jahr 2008 ergab.
Das Team um Burkhard Militzer von der
Universität von Kalifornien in Berkeley
Simulationvonlokalen
und William B. Hubbard vom Lunar and
InstabilitätenimAußenbereich
derprotoplanetarenScheibe©
Planetary Laboratory in Arizona
Mayeretal./Science
analysierte erneut alle bekannten Daten
überdasInneredesGasriesenunderstelltedarauseinneuesModell
seines Aufbaus. Das Ergebnis: Mit einer Größe von rund 14 bis 18
Erdmassen ist der feste Kern des Gasriesen rund doppelt so groß
wie nach vorhergehenden Berechnungen angenommen. Der aus
Schichten von Metallen, Gestein und Eis aufgebaute Brocken
entspricht damit in etwa einem 20stel der gesamten Jupitermasse.
„Unsere Simulationen zeigen, dass es ein großes steiniges Objekt in
Zentrum gibt, umgeben von einer Eisschicht. Anderswo gibt es
dagegen kaum Eis“, erklärt Militzer. „Das ist ein Ergebnis für die
innere Struktur des Jupiter, das sich sehr von anderen aktuellen
Modellen unterscheidet, die einen relativ kleinen oder kaum einen
Kern prognostizieren und eine Mischung von Eis in der gesamten
Atmosphäre.“
EndgültigeAntwortfehltnoch
In punkto Entstehung des Gasriesen wirft dieses Ergebnis erneut
Fragen auf: Bildete sich zumindest der Kern des Jupiter
möglicherweise doch durch allmähliche Akkretion von Staub- und
Planetesimalen? „Nach dem Kernakkretionsmodell entstanden alle
Kerne durch allmähliche Ansammlung von Planetesimalen“, so
Militzer. „Wenn das stimmt, dann sollten die Planeten relativ große
Kernebesitzen,wasinunsererSimulationauchbestätigtwird.Esist
schwerer, einen Planeten mit einem sehr kleinen Kern entstehen zu
lassen.“ Ob die Forscher mit ihrer Simulation richtig liegen, soll die
Jupitersonde Juno ab 2016 überprüfen. Vor allem die Funde vieler
weiterer Gasriesen um andere Sterne haben die Diskussion um die
Bildung von Planeten des Jupitertyps wieder angeheizt. Indizien und
ArgumentegibtesfürbeideMechanismen.Wasjedochvorrund4,5
Milliarden Jahren im Sonnensystem tatsächlich geschah, bleibt noch
immerVermutung…
JANUSKOPFJUPITER
W
der Gasriese die Erde zugleich schützt und
bedroht Was wäre, wenn es den Jupiter nicht gäbe?
Dann sähe das Sonnensystem heute mit Sicherheit
anders aus als jetzt. Denn die Präsenz eines so
gewaltigenPlanetenundseinerSchwerkraftwirkungbleibtnichtohne
Auswirkungen auf seine Nachbarn. Schon in der Anfangszeit des
Sonnensystems beeinflusste der Gasriese daher wahrscheinlich vor
allemdieBahnenderheuteäußerstenbeidenPlanetenUranusund
Neptun.
SchubsenundDrängelnimfrühenSonnensystem
DennauchsiekönntensichursprünglichinderRegionzwischenfünf
undzehnAstronomischenEinheitenvonderSonneentferntgebildet
haben,gemeinsammitJupiterundSaturn.Jupiteralsdergrößteund
amdichtestenanderSonnestehendesammeltedabeialserstereine
dicke Gashülle um sich, der etwas kleinere Proto-Saturn tat es ihm
nach. Beide nahmen dadurch an Masse und damit auch an
Schwerkraft zu. Dadurch zogen sie viele der umherfliegenden Eisund Gesteinsbrocken auf sich und nahmen damit den beiden
kleinerenPlanetenkernendas„Futter“weg.IhreGashüllebliebdaher
klein. Darüber hinaus aber
könnte der Jupiter seine drei
Kollegen so stark beeinflusst
haben, dass sie ganz aus
ihrer damaligen Bahn flogen
und weiter nach außen
wanderten.SeineSchwerkraft
schubste sie quasi erst auf
ihre heutigen Orbits – das
DieäußerenPlanetenentstandenvielleicht
zumindest deuten einige
ananderenalsihrenheutigenPositionen©
Modelle
der
NASA
Planetenentwicklung
an.
Gleichzeitig sorgte die Schwerkraft des Gasriesen dafür, dass auch
zwischenihmunddemMarskeinweitererPlanetentstehenkonnte.
Die dort kreisenden Gesteinsbrocken blieben unverbunden und
bildenheutedenAsteroidengürtel.
SonnensystemohneJupiter
DerweitreichendeEinflussdesJupiterbleibtaberkeineswegsaufdie
Vergangenheitbeschränkt:SeinegewaltigeSchwerkraftwirkt-sodie
bisher gängige Theorie - heute als „Schutzschild“ für die inneren
Planeten und damit auch die Erde. Immerhin alle zehn bis 15 Jahre,
so die Schätzungen der Astronomen, schlägt ein Objekt der Größe
zwischen 500 Metern und einem Kilometer auf dem Gasriesen ein
undfliegtdamitnichtweiterindasinnereSonnensystem.Dieletzten
Treffer dieser Art umfassen neben dem spektakulären Schauspiel
beim Impakt des Kometen Shoemaker-Levy 9 im Jahr 1994 auch
einenEinschlagam19.Juli2009.
Was aber, wenn Jupiter nicht existieren
würde? Würde dann auch die Erde
häufiger
katastrophale
Meteoriteneinschläge erleben? Genau
dies untersuchten 2008 Wissenschaftler
um Jonathan Horner von der Open
University (OU) in Großbritannien in
einem Computermodell der Flugbahnen
von 100.000 zwischen Jupiter und
Neptun kreisenden Objekten. Sie
verglichen in mehreren Szenarien, wie
sich diese Flugbahnen innerhalb von zehn Millionen Jahren
entwickeln, wenn es einen Jupiter gibt, wenn er fehlt und wenn an
seinerStelleeinkleinererPlanetkreist.
EinschlageinesObjektsauf
demJupiterimJahr2009,
aufgenommenmiteinem
Infrarotteleskop©UCBerkeley
Daistgut,wegistgut,kleineristschlecht
Das überraschende Ergebnis: Es ist völlig egal, ob der Jupiter da ist
oder nicht. In beiden Szenarien geraten gleich viele Objekte auf
Kollisionskurs mit der Erde. „Wenn sich an dieser Stelle gar nichts
befindet,gibteskeinenUnterschiedzurjetzigenImpaktrate“,erklärt
Horner. Anders dagegen, wenn statt des Gasriesen ein kleinerer
Planet an seiner Stelle säße: Dann würde die Anzahl der Einschläge
aufderErdedeutlichsteigen.DenngibteskeinenPlanetenandieser
Stelle, bleiben die meisten Objekte des äußeren Sonnensystems auf
ihrenBahnenundsinddamitfürdieErdekeineGefahr.Gibtesden
Jupiter, zieht seine Schwerkraft einige der Objekte an und lenkt sie
damit auf neue Bahnen in Richtung Erde. Dann aber schleudert er
sie wieder weg und katapultiert sie dabei ganz aus dem
Sonnensystemhinaus.SitztabereinkleinererPlanetanseinerStelle,
reicht dessen Schwerkraft nicht aus, um diese „Abweichler“ vollends
aus dem Sonnensystem zu stoßen. Sie bleiben daher auf ihrer
erdbahnkreuzenden Flugbahn und erhöhen so das Einschlagsrisiko.
DerJupiterwirktdemnachtatsächlichals„Bodyguard“fürdieinneren
Planeten im Sonnensystem – auch wenn ein Teil der von ihm
abgewehrten Gefahr eigentlich erst durch seine Existenz entsteht.
KlarscheintaberinjedemFalle,dassdergeheimnisvolleGasrieseein
prägender Teil des Sonnensystems, ein Planet, ohne den unsere
kosmische Nachbarschaft heute vermutlich völlig anders aussehen
würde.
RAUMSONDEJUNO:BESUCHBEIMJUPITER
E
ten und Ziele der Mission Fast zwei Jahrzehnte nach der
Galileo-Sonde bekommt Jupiter nun wieder Besuch: Die
2011 gestartete NASA-Raumsonde Juno wird am 4. Juli
2016amGasrieseneintreffen.SiewirddenJupiterineinem
polaren Orbit umkreisen und dabei Daten sammeln, die einige der
bisheroffenenFragenklärenkönnten.DerNamederSondegehtauf
die römische Mythologie zurück: Juno war die Gemahlin des Jupiter
undderSagenachdieeinzige,diedenNebeldurchschauenkonnte,
mitdemsichJupitergernebeiseinenSeitensprüngenundStreichen
verhüllte.
DieZielederJuno-Mission:
Ursprung: Juno wird die Verteilung und Häufigkeit von Wasser,
Ammoniak, Sauerstoff und Stickstoff in der Atmosphäre des
Gasriesen unter anderem durch Mikrowellenmessungen ermitteln.
Zusammen mit Messungen des Schwerefelds sollen diese Daten
Rückschlüsse auf die Entstehungsweise des Gasplaneten erlauben
und beispielweise zeigen, ob er durch Akkretion oder aber durch
KollapsderprotoplanetarenScheibegebildetwurde.InnererAufbau:
Die Größe und Zusammensetzung des Jupiterkerns und der ihn
umgebenden metallischen Schichten spielen eine entscheidende
Rolle für das Jupitermagnetfeld, aber auch für zahlreiche andere
Eigenschaften des Gasriesen. Juno soll vor allem durch Vermessung
desMagnet-undSchwerefeldsmehrAufschlussüberdieMassedes
Kerns, die Konvektionsströmungen im Inneren und das Vorkommen
von Wasser im Planeten gewinnen.Atmosphäre: Jupiter hat die
dichteste Atmosphäre aller Planeten des Sonnensystems. Durch
Erfassung von Variationen in Zusammensetzung, Temperatur,
WolkendichteundStrömungeninderAtmosphärebisindieTiefeder
100 Bar-Zone soll Juno erstmals umfassende Informationen über
globale Struktur und Dynamik der Gashülle unterhalb der
Wolkendeckeliefern.
Magnetosphäre: Die JunoSonde wird die Verteilung
geladener Teilchen, der mit
ihnen verbundenen Felder
und die elektromagnetischen
Emissionen
der
Magnetosphäre
und
besonders der Polregionen
erfassen. Ihre Daten könnten
so das Wissen über die
größte
und
stärkste
Magnetosphäre
unseres
DieRaumsondeJunowirdimLaufeihrer
OrbitsderstrahlungsreichenAtmosphäre
desGasriesengefährlichnahekommen.©
NASA/JPL-Caltech
Sonnensystemsdeutlicherweitern.UmdiesensibleElektronikgegen
die extreme Strahlung und die energiereichen Teilchen zu schützen,
ist das gesamte „Herz“ der Sonde innerhalb einer gepanzerten
Umhüllung aus Zentimeter dicken Titanplatten untergebracht.
Zudem wird sie den Planeten vom Nordpol aus anfliegen und
möglichstschnellunterdietödlichenStrahlengürtelabtauchen.
Missions-DatenimÜberblick:
Start:5.August2011,CapeCanaveralStartgewicht:3.625Kilogramm
SchwungholendurchVorbeifluganderErde:Oktober2013Ankunft
am Jupiter: 4. Juli 2016 Dauer der Mission: mindestens 32
Umkreisungen des Planeten in rund 4.800 Kilometern Höhe über
denWolken,EndevoraussichtlichOktober2017Alswissenschaftliche
Nutzlast trägt die Sonde ein Mikrowellen-Radiometer und ein
Magnetometer,einenUV-undInfrarot-Spektrographen,Instrumente
zur Erfassung energiereicher und geladener Teilchen und Wellen
sowiederSchwerkraft.Die„Junco“,eineKamerafürFarbaufnahmen
im sichtbaren Licht, soll zudem Bilder der Polregionen und der
innerenMondeliefern.
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