Globale Ursachen, regionale Auswirkungen: Klimawandel an der

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Globale Ursachen, regionale Auswirkungen: Klimawandel an der Nordseeküste
Julia Hackenbruch, Süddeutsches Klimabüro am Karlsruher Institut für Technologie
(KIT)
Kurzbeschreibung
Der Klimawandel hat Auswirkungen auf weitaus mehr Bereiche als nur die
Atmosphäre. Er ist auch nicht mehr nur ein globales Thema, sondern
Klimaänderungen und ihre Folgen werden immer stärker auch regional sichtbar.
Regionale Klimamodelle erlauben aufgrund ihrer hohen zeitlichen und räumlichen
Auflösung Projektionen des zukünftigen Klimas auf regionaler Ebene. Damit besteht
die Möglichkeit, regionsspezifische Aussagen zum Thema Klimawandel zu treffen.
Der Vortrag geht auf die aktuellen und die erwarteten zukünftigen Klimaänderungen
in Mitteleuropa ein und thematisiert sowohl die internationale Klimapolitik als auch die
regionale Klimawandelanpassung. Besonderer Fokus liegt auf dem Küstenraum der
Nordsee und den BeNeLux-Ländern.
Zur Person:
Julia Hackenbruch ist Diplom-Geographin und Mitarbeiterin im Süddeutschen
Klimabüro am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Das Süddeutsche Klimabüro
bildet eine Brücke zwischen Forschung und Gesellschaft, um Informationen zu
Klimafragen bereitzustellen (www.sueddeutsches-klimabuero.de).
Langfassung:
Globale Ursachen, regionale Auswirkungen: Klimawandel an der Nordseeküste
Julia Hackenbruch, Süddeutsches Klimabüro am Karlsruher Institut für Technologie
(KIT)
Das Klima in der Erdgeschichte
Das Klima hat sich im Laufe der Erdgeschichte häufig geändert. Es gab große
Ereignisse wie Eis- und Warmzeiten über zehntausende Jahre und kürzere
Schwankungen über mehrere Jahrhunderte. Informationen aus Eisbohrkernen
zeigen die Ursachen für diese Klimaänderungen; Wenn Eis aus mehreren Kilometern
Tiefe aus den Eisschilden von Grönland und der Antarktis untersucht wird, enthalten
das Eis selbst sowie die darin enthaltenen Luftbläschen wertvolle Informationen über
den Zustand der Atmosphäre zum Zeitpunkt, als das Eis an dem Ort gebildet wurde.
Ursachen von Klimaänderungen
Es ist schon seit über einem Jahrhundert bekannt, dass neben Wasserdampf (H2O)
die wichtigsten Treibhausgase Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Lachgas (N2O)
sind. Ohne Treibhausgase läge die Durchschnittstemperatur auf Erde mit ca. -18 °C
deutlich niedriger als heute mit ca. +15 °C (natürlicher Treibhauseffekt). Nun sind die
Treibhausgase in sehr geringen Mengen in der Atmosphäre vorhanden. Ein Anstieg
dieser Gase, die durch menschliche Aktivitäten in die Atmosphäre eingebracht
werden, führt deswegen schon schnell zu einem zusätzlichen Temperaturanstieg
(anthropogener, bzw. vom Menschen verursachter Treibhauseffekt). Seit der
industriellen Revolution Mitte des 19. Jahrhundert wurden sehr große Mengen an
Treibhausgasen (vor allem CO2) in die Atmosphäre ausgestoßen, vor allem durch
Industrie, Kraftwerke und Autoverkehr. Dadurch stieg die Konzentration von CO2 in
der Atmosphäre von 280 auf mittlerweile 400 ppm (Teilchen pro Million Luftteilchen).
Eine solche hohe Konzentration gab es in den letzten 600.000 Jahren nicht.
Aktuelle Klimaänderungen
Durch den von Menschen verursachten Treibhauseffekt ist die
Jahresmitteltemperatur weltweit in den letzten über 100 Jahren um knapp 1 Grad
angestiegen. Dieser Temperaturanstieg fällt allerdings regional unterschiedlich aus.
Abhängig von der Höhe des Temperaturanstiegs ergeben sich unterschiedliche
Auswirkungen. Ein prominentes Beispiel ist das Abschmelzen der Eisschilde und
Meereisflächen in Arktis und Antarktis. Vor allem in der Arktis wird in den letzten 30
Jahren eine Abnahme des Meereises beobachtet, besonders im Sommer wird ein
signifikanter Rückgang der Ozeanfläche, die von Meereis bedeckt ist, gemessen. Ein
größerer Anteil an eisfreien Flächen in der Arktis verstärkt dann noch zusätzlich das
Abschmelzen des Meereises, da dunkle Ozeanflächen mehr Wärme aufnehmen als
stark reflektierende Eisflächen. Eine höhere Wassertemperatur bewirkt zusammen
mit höheren Lufttemperaturen ein beschleunigten Schmelzen und eine verringerte
Eisneubildung.
Zukünftige Klimaänderungen
Um das Klima der Zukunft abschätzen zu können, werden Computermodelle
verwendet, die das Klima für Vergangenheit und Zukunft berechnen. Dies geschieht
auf der Grundlage von physikalischen Gesetzen, die durch mathematische
Gleichungen beschrieben werden. Für ein Rechengitter, das über die Erde gelegt
wird, werden an jedem Punkt die Werte für Temperatur, Niederschlag, Luftdruck und
viele weitere Variablen berechnet. Zuerst werden die Berechnungen eines
Klimamodells für die Vergangenheit durchgeführt. Denn wenn das Klima der
Vergangenheit richtig wiedergegeben wird, führt dies zu einem Vertrauen in das
Modell, dass es auch für die Zukunft das Klima realistisch einschätzen kann. Da
niemand genau weiß, wie sich die Bevölkerungszahl auf der Erde, die Wirtschaft und
die Technik in Zukunft entwickeln werden, werden anschließend verschiedene
mögliche Entwicklungen konstruiert. In diesen sogenannten Szenarien wird von
einem unterschiedlich hohen Ausstoß von Treibhausgasen ausgegangen. Auf Basis
dieser Szenarien berechnen die Klimamodelle das zukünftige Klima. Das heißt, die
Ergebnisse beschreiben das Klima in einer Welt, die so aussieht, wie im Szenario
angenommen. Folglich sind die Ergebnisse der Klimamodelle auch keine
Vorhersagen, sondern so genannte Projektionen. Sie beschreiben
Entwicklungskorridore. Da Klimamodelle nur eine vereinfachte Darstellung der
Wirklichkeit sein können, werden nicht nur unterschiedliche Szenarien, sondern auch
unterschiedliche Klimamodelle verwendet, um die Bandbreite möglicher
Klimaänderungen abschätzen zu können. Zum Teil beziehen sich die
Klimaprojektionen auf den Zeitraum bis zum Jahr 2100.
Ergebnisse dieser Projektionen sind beispielweise ein genereller Temperaturanstieg
in allen Teilen der Welt, das Schmelzen der Eisschilde und des Meereises in Arktis
und Antarktis und der Meeresspiegelanstieg. Auf Basis dieser globalen
Entwicklungen erlauben regionale Klimamodelle aufgrund ihrer hohen Auflösung eine
kleinräumig detaillierte Darstellung für spezifische Fragestellungen. So können auch
die erwarteten Klimaänderungen beispielsweise für Baden-Württemberg oder für den
Küstenraum der Nordsee abgeschätzt werden.
Zukünftige Klimaänderungen im Küstenraum der Nordsee
Die Nordsee ist der Lebensraum für etwa 230 Fischarten, Meeressäuger wie
Seehunde oder Kegelrobben und Rastplatz für etwa 10 Millionen Seevögel. Das
Wattenmeer an der deutschen und niederländischen Küste ist seit 2009
Weltnaturerbe der UNESCO.
Die Wassertemperatur der Nordsee ist seit den 1960er Jahren im Jahresmittel um
1,7 Grad wärmer geworden. Durch diese Erwärmung konnten sich neue Arten in der
Nordsee ansiedeln, denen vorher die Wassertemperaturen zu niedrig waren. Ein
Beispiel ist die pazifische Auster, die sich auf den heimischen Miesmuschelbänken
oder auch in Hafenanlagen ansiedelt. Durch die Zuwanderung neuer Arten
verändern sich auch die Beziehungen zwischen den Arten in den Ökosystemen der
Nordsee, was Fressfeinde, Fortpflanzungsmöglichkeiten oder Symbiosen zwischen
Arten betrifft.
Wie hoch Sturmfluten an der Nordseeküste ausfallen bestimmen die Höhe des
Meeresspiegels und die Windverhältnisse. In den letzten hundert Jahren ist der
Meeressspiegel weltweit um etwa 20 cm gestiegen, in der Nordsee ist der
gemessene Anstieg ähnlich. Bisher gibt es aber noch keine Anzeichen für eine
Änderung in der Zahl oder Stärke von Stürmen. Bis 2030 wird an der deutschen
Nordseeküste der aktuelle Küstenschutz als ausreichend eingeschätzt, um dem bis
dahin erwarteten Anstieg des Meeresspiegels zu begegnen. Aus Klimasimulationen
bis Ende des Jahrhunderts wird durch die Kombination von Stürmen und
fortschreitendem Meeresspiegelanstieg erwartet, dass Sturmfluten deutlich höher
auflaufen als heute, sodass Küstenschutzmaßnahmen angepasst werden müssten.
Ein besonderer „Indikator“ für Klimaänderungen in den Niederlanden ist, wie häufig
der Eisschnelllauf Elfstedentocht (Elfstädtetour) in Friesland stattfinden kann. Denn
dieser führt über eine Strecke von knapp 200 km über zugeforene Kanäle, Flüsse
und Seen und kann nur bei ausreichend niedrigen Temperaturen gestartet werden.
Weitere Informationen:
Süddeutsches Klimabüro am KIT: www.sueddeutsches-klimabuero.de
Norddeutsches Klimabüro: www.norddeutsches-klimabuero.de
Klimabüro für Polargebiete und Meeresspiegelanstieg: http://www.klimabeuropolarmeer.de/
Meereisportal des Alfred-Wegener-Instituts Helmholtz-Zentrum für Polar- und
Meeresforschung (AWI).: www.meereisportal.de
Foto: Hans Schipper
Foto: Hans Schipper
Foto: Julia Hackenbruch
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