Fachinformation "Umwelt und Gesundheit": Klimaänderungen Seite 1 von 8 Fachinformation "Umwelt und Gesundheit" Klimaänderungen (Stand September 2001) Es kann keinen Zweifel mehr daran geben, dass sich das Klima im letzten Jahrhundert verändert hat. Auch lässt die Wissenschaft keinen Zweifel mehr daran, dass der Mensch durch die Emission von Treibhausgasen und durch die Landnutzung (vgl. Informationspapier "Treibhausgase") stark in das Klimageschehen eingreift. So stellt der Zwischenstaatliche Ausschuss über globale Klimaänderungen (IPCC, Intergovernmental Panel on Climate Change –> Link), in dem über 600 Klimatologen aus aller Welt mitarbeiten, in seinem jüngsten Bericht fest: Der größte Teil der globalen Erwärmung in den letzten 50 Jahren wurde durch den Menschen verursacht. Die Auswirkungen des Klimawandels sind bereits heute zu spüren und werden auch noch Jahrhunderte andauern. In diesem Informationspapier soll der derzeitige Kenntnisstand über bereits messbare und prognostizierte Klimaänderungen dargestellt werden. 1. Begriffsklärungen Mit dem Begriff Klima beschreibt man die über einen längeren Zeitraum durchschnittlich herrschenden Wettererscheinungen an einem Ort. Sie entstehen durch eine Vielzahl von Wechselwirkungen im klimatischen System (siehe Abb. 1), dessen wichtigste Teile die Luft (Atmosphäre), das Wasser und hier besonders die Ozeane (Hydrosphäre), das Eis (Kryosphäre), der Boden (Pedosphäre) und das Gestein (Lithosphäre) sowie die Lebewelt (Biosphäre) sind. Die Energiequelle oder der Motor des Klimas, der alle Prozesse in Gang setzt, ist die Sonne. Abb. 1: Klimasystem mit seinen verschiedenen Subsystemen (Quelle: DKRZ/MPI Hamburg, zitiert nach Lozàn et al. 1998). Klimaänderungen sind langfristige Änderungen im Zustand des klimatischen Systems. Sie entstehen durch Wechselwirkungen in bzw. zwischen den einzelnen Teilsystemen oder durch externe Einflüsse. Man unterscheidet auch die natürlichen und die anthropogenen, also vom Menschen bedingten Klimaänderungen. Der Schwerpunkt der folgenden Abhandlung soll auf den anthropogenen Veränderungen liegen. Ein wichtiger Begriff, der immer wieder im Zusammenhang mit Klimaänderungen durch den Menschen auftaucht, ist der Treibhauseffekt. Durch dieses Phänomen wird die Erdatmosphäre ähnlich wie die Luft in einem Treibhaus erwärmt: Die kurzwellige Sonnenstrahlung dringt fast vollständig auf die Erdoberfläche durch, während die von der Erde zurückgestrahlte Wärmestrahlung großteils absorbiert wird. Durch diesen natürlichen Treibhauseffekt wird die Erde um etwa 33 °C erwärmt, so dass die mittlere Globaltemperatur rund 15 °C beträgt. Zu diesem Treibhauseffekt trägt der Wasserdampf (H2O) 20,6 °C bei, Kohlendioxid (CO2) 7,2, Lachgas (N2O) und Ozon (O3) je ca. 2,4, Methan (CH4) 0,8, und andere Treibhausgase ca. 0,6 °C (Enquete Kommission 1991). Durch menschliche (anthropogene) Aktivitäten werden vermehrt Treibhausgase freigesetzt (vgl. Informationspapier "Treibhausgase"), die sich in der Atmosphäre anreichern und einen zusätzlichen Treibhauseffekt verursachen. Neben den oben genannten sind folgende Gase daran beteiligt: Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), Halone, perfluorierte http://www.bayern.de/lfu/umwberat/ubbkli.htm 11.01.2004 Fachinformation "Umwelt und Gesundheit": Klimaänderungen Seite 2 von 8 Fluorkohlenwasserstoffe (FKW), Schwefelhexafluorid (SF6), teilhalogenierte FCKW (H-FCKW), wasserstoffhaltige Fluorkohlenwasserstoffe (HFKW). (Vgl. Informationspapier "Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) und FCKWErsatzstoffe".) Darüber hinaus gelangen auch Aerosole in die Atmosphäre, die jedoch den zusätzlichen Treibhauseffekt eher verringern. 2. Klimaänderungen 2.1 Natürliche Klimaschwankungen Das Klima der Erde unterliegt generell starken natürlichen Schwankungen. In der Erdgeschichte wechselten immer wieder Kalt- und Warmzeiten, feuchte und trockenere Phasen in unterschiedlichen Zeitskalen (Abb. 2). Abb. 2: Rekonstruktion des mittleren Temperaturverlaufs der Erde während der letzten Jahrmillion (Quelle: Schönwiese 1992). So herrschte vor etwa drei Milliarden Jahren ein warmes, eisfreies Klima, die mittlere Lufttemperatur dürfte bei über 50 °C gelegen haben. Dem folgte eine nachhaltige Abkühlung vor etwa 2,3 Milliarden Jahren, und auch während des Tertiärs (vor 65 bis 2 Millionen Jahren) kühlte sich die Erde weiter ab, bis vor rund 40 Millionen Jahren die Vereisung der Antarktis begann. Seit dem Quartär ist das Klima durch einen wiederholten Wechsel von Warm- und Kaltzeiten charakterisiert, deren Zykluslänge 40 – 100.000 Jahre beträgt. Die Unterschiede in der mittleren Temperatur dieser Warm- und Kaltzeiten liegen bei durchschnittlich 4 - 5 °C und machen maximal 7 °C aus. Derzeit leben wir – erdgeschichtlich betrachtet – in einer relativ kalten Epoche, in der die Pole vereist sind, innerhalb dieser Epoche aber in einer Warmzeit. Natürliche Klimaschwankungen werden zum einen extern angeregt, zum anderen entstehen sie durch instabile Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Komponenten Atmosphäre, Ozean, Meereis und Landoberfläche sowie durch Prozesse in einzelnen Subsystemen wie z.B. turbulente Strömungen in der Atmosphäre oder im Ozean. Bekanntestes Beispiel ist hier das sogenannte El Niño Phänomen. Mit El Niño wird eine außergewöhnliche Erwärmung des tropischen Pazifik bezeichnet. Diese entsteht durch instabile Wechselwirkungen zwischen Ozean und Atmosphäre und kehrt in unregelmäßigen Abständen von einigen Jahren wieder. El Niño hat vielfältige Auswirkungen, es werden z.B. Korallenriffe geschädigt und die Erträge aus der Fischerei sinken. Aber die Auswirkungen reichen auch weiter (siehe Abb. 3): Z.B. sind Missernten in Südostasien (Kokosöl), aber auch die Häufigkeit von Malaria in Kolumbien mit dem Auftreten von El Niño verknüpft. Abb. 3: Globale klimatische Auswirkungen des El Niños (Quelle: National Oceanographic and Atmospheric Administration, zitiert nach Latif et al. 1998). http://www.bayern.de/lfu/umwberat/ubbkli.htm 11.01.2004 Fachinformation "Umwelt und Gesundheit": Klimaänderungen Seite 3 von 8 Auch externe Einflussfaktoren, wie Vulkanausbrüche oder Schwankungen in der Sonneneinstrahlung, nehmen natürlicherweise Einfluss auf das Klimageschehen. Extrem langfristig sind auch Veränderungen der Erdbahn-Parameter und Veränderungen der globalen Meeresströmungen als Folge der Kontinentalverschiebung von Bedeutung. 2.2 Klimaänderungen in den letzten 100 Jahren Seit Beginn der Industrialisierung um etwa 1750 greift der Mensch zunehmend in das Klimasystem ein, vor allem durch die steigenden Emissionen an Treibhausgasen (vgl. Informationspapier "Treibhausgase"). Besonders dramatisch war die Geschwindigkeit der Klimaänderungen in den letzten 100 Jahren: Seit 1860 stieg die global gemittelte Temperatur um 0,6 °C (siehe Abb. 4). Dies war der stärkste Temperaturanstieg auf der Nordhalbkugel während der letzten 1000 Jahre. Weltweit war die Dekade von 1990 bis 1999 die wärmste des 20. Jahrhunderts: 7 der 10 weltweit wärmsten Jahre waren nach 1989. Zudem war 1998 sogar das wärmste Jahr seit Beginn der systematischen meteorologischen Aufzeichnungen. Abb. 4: Abweichungen der global gemittelten bodennahen Lufttemperatur vom Referenzintervall 1961 – 1990. Dargestellt ist der Zeitraum 1856 – 2000 (Quelle: IPCC 2001, zitiert nach Schönwiese 2001). http://www.bayern.de/lfu/umwberat/ubbkli.htm 11.01.2004 Fachinformation "Umwelt und Gesundheit": Klimaänderungen Seite 4 von 8 Auf der Nordhalbkugel sank die Schneebedeckung um 10 %. Die Gletschermassen nahmen seit 1880 sogar um 50 % ab. Bei anhaltendem Trend werden die Ostalpen im nächsten Jahrhundert eisfrei sein. Seen und Flüsse frieren später zu und brechen früher auf (im Mittel ca. 14 Tage kürzere Eisbedeckung). Außerdem tauen Permafrostböden zunehmend auf. Der Meeresspiegel stieg um 10 bis 20 cm an. Dies wird vor allem auf die Wärmeausdehnung des Meeres und auf das Abschmelzen der Gletscher und der Polkappen zurückgeführt. Die Niederschläge nahmen in den mittleren und höheren Breiten der Nordhalbkugel um durchschnittlich 5 bis 10 % zu. Dabei waren jedoch deutliche Differenzierungen zu beobachten: So erhöhten sich die Niederschläge in Nordeuropa um 10 - 40 %, während einige Gebiete Südeuropas um bis zu 20 % trockener waren. Über den subtropischen Gebieten nahmen die Niederschläge im allgemeinen ab. Dies führte zu häufigeren und intensiveren Dürren in einigen Teilen Afrikas und Asiens. Im Pazifik werden die "El-Nino-Ereignisse" häufiger, dauern länger an und sind intensiver. 3. Klimamodelle Die Ursachen von Klimaänderungen sind schwer zu entdecken, da das Klimasystem aus einer Vielzahl von Teilprozessen besteht, die zudem durch vielfältige Rückkopplungsmechanismen aufeinander wirken. Um dieses komplexe System besser zu verstehen, entwickeln Wissenschaftler Computer-Modelle, mit deren Hilfe sie die verschiedensten Simulationen durchführen können. Mit diesen Modellen kann man z.B. berechnen, welche Auswirkungen die Verdoppelung des CO2Gehaltes in der Atmosphäre auf die Temperatur, den Niederschlag, die Höhe des Meeresspiegels auf die Eisflächen haben wird. Mit der Modellierung des Klimas begannen die Wissenschaftler erst vor etwa 40 Jahren. Parallel zur Entwicklung der Computer-Technik wurden auch die Modelle umfassender und genauer. Am Anfang standen die Energie-BilanzModelle, die nur die Energieflüsse berücksichtigen. Dies wurde zunächst für die Erde als Ganzes berechnet, anschließend wurde auch räumlich differenziert. Einen wesentlichen Schritt weiter gingen die Zirkulationsmodelle, die auch den dynamischen Charakter der Atmosphäre Rechnung tragen, indem zahlreiche Bewegungs- und Gasgleichungen integriert wurden. Diese Gleichungen wurden für die Kreuzungspunkte eines gedachten Gitternetzes mit ca. 500 km Abstand und in 19 Höhenstufen in bestimmten Zeitschritten berechnet. Damit hatte man bereits ein einfaches Klimamodell, dessen Berechnungen allerdings noch äußerst ungenau waren. In den letzten 20 Jahren wurden diese Klimamodelle kontinuierlich weiterentwickelt. Verbessert wurden die Modelle vor allem durch die genauere Darstellung des Wasserdampfes (Wolken) und der Aerosole. Außerdem wurden weitere Modelle angekoppelt, die das Verhalten der Ozeane, der Eis- oder Vegetationsbedeckung simulieren. Am weitesten entwickelt sind derzeit die sogenannten globalen Ozean-Atmosphären-Zirkulationsmodelle. Mit steigender Rechnerleistung wurden auch die Maschen des jeweils verwendeten Gitters kontinuierlich verkleinert, so dass die Auflösung heute bei ca. 250 km liegt. Die Aussagekraft der Klimamodelle ist noch mit vielen Fragezeichen behaftet. Insbesondere bestehen große Unsicherheiten hinsichtlich der Wolken, ihrer Entstehung, ihrer räumlichen Verteilung und ihrer Interaktion mit Strahlung und Aerosolen. Ein weiteres Problem ist die hinreichend genaue Nachbildung von lokalen und regionalen http://www.bayern.de/lfu/umwberat/ubbkli.htm 11.01.2004 Fachinformation "Umwelt und Gesundheit": Klimaänderungen Seite 5 von 8 Klimabedingungen. Gerade die sind aber für Mensch und Umwelt von direkter Bedeutung und wurden auch im letzten Jahrhundert häufig beobachtet, wie z.B. der Rückzug der Alpengletscher. Daher wird derzeit verstärkt an Regionalisierungsmethoden geforscht. 3.1 Nachweis anthropogener Klimaänderungen Mit neueren Modellen wird auch versucht, eine Unterscheidung zwischen anthropogenen und natürlichen "Signalen" in den Beobachtungsdaten vorzunehmen. Dazu muss zunächst die Stärke, räumliche Ausprägung und der Zeitverlauf der natürlichen Klimaschwankungen bekannt sein. Das Treibhaussignal, das von den natürlichen Klimaschwankungen überlagert wird, muss dann herausgefiltert werden. Anhand neuester Modelle stellt das IPCC fest: Man kann heute mit größerer Wahrscheinlichkeit denn je feststellen, dass der Mensch an den Klimaänderungen beteiligt ist. Der beobachtete globale Temperaturanstieg kann nicht mehr allein durch natürliche Fluktuationen, sondern nur unter Berücksichtigung des anthropogenen Einflusses erklärt werden. Diese Schlussfolgerung muss man sowohl aus dem Vergleich der beobachteten globalen Temperaturänderungen mit Modellsimulationen, als auch aus detaillierten statistischen Untersuchungen langer globaler Temperaturreihen ziehen. 4. Prognosen des Klimawandels Im folgenden sind Änderungen unseres Klimas dargestellt, wie sie auf der Basis der Modelle heute als wahrscheinlich angesehen werden. Die Zuverlässigkeit dieser Modelle hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. 4.1 Globale Prognosen Die Modellrechnungen ergeben, dass sich bei einem gleichbleibenden Anstieg der Emissionen schon in der ersten Hälfte des nächsten Jahrhunderts der CO2-Gehalt gegenüber der vorindustriellen Zeit verdoppelt haben wird. Bis 2100 werden die CO2-Konzentrationen bei 540 – 970 ppm liegen, das sind 90 – 250 % mehr als im Jahr 1750. Damit werden deutliche Temperaturerhöhungen, Veränderungen des globalen Wasserhaushaltes und verstärkte Wetterextreme einhergehen. Derzeit wird befürchtet, dass die Temperatur bis 2100 um 1,4 bis 5,8 °C ansteigen wird. Diese Erhöhung wäre deutlich größer als die bisher beobachteten natürlichen Schwankungen. Besorgniserregend ist dabei vor allem die Geschwindigkeit der Veränderung: So schnell änderte sich die Temperatur während der letzten 10.000 Jahren nicht mehr. Es wird sehr wahrscheinlich einen abgeschwächten Tagesgang der Temperatur geben, Maximum- und Minimumtemperaturen werden ansteigen. Auch sind mehr heiße Tage und Hitzewellen und zugleich weniger Frosttage und Kältewellen über nahezu allen Landgebieten zu erwarten. Die Modelle sagen auch eine Erwärmung der Weltmeere voraus. Diese Erwärmung wird jedoch nur langsam spürbar, da das Wasser aufgrund seiner enormen Wärmekapazität nur träge auf die Temperaturerhöhung reagiert. Allerdings werden einmal eingetretene Veränderungen dann über viele Jahrhunderte andauern. Durch die Erwärmung dehnt sich das Wasser aus und der Meeresspiegel steigt an. Wenn, wie prognostiziert, der Meeresspiegel bis zum Ende des 21. Jahrhunderts um 10 bis 90 cm ansteigt, werden in den Niederlanden 6 %, in Bangladesch sogar 18 % des Landes überflutet und viele der kleinen Inselstaaten versinken vollständig im Meer. Durch das vorhergesagte Abschmelzen des Meereises und der Gletscher wird Süßwasser in die Meere eingetragen. In der Folge könnte die Zirkulation des Nordatlantiks, die durch Unterschiede in der Dichte und im Salzgehalt des Wassers angetrieben wird, langsam abnehmen. Sehr langfristig, nämlich für die Zeit nach 2100, besteht im Extremfall sogar das Risiko eines Abreißens des Nordatlantikstroms, der ein Ausläufer des Golfstroms ist. Dies könnte in dieser Region, einschließlich Nordwesteuropas, den Erwärmungstrend abrupt beenden. Die Wahrscheinlichkeit für einen solchen Vorgang lässt sich derzeit allerdings noch nicht definitiv abschätzen. Es wird damit gerechnet, dass mehr und stärkere Niederschläge fallen werden. Außerdem wird sich die Verteilung der Niederschläge ändern: Neben vermehrten und stärkeren Niederschlägen in den ohnehin feuchten Klimaregionen wird es insbesondere in bereits jetzt trockenen Gebieten noch trockener werden. Möglicherweise wird es auch mehr Extremereignisse wie Dürren, Wirbelstürme und Überflutungen geben. Die Versicherungswirtschaft hat in den letzten Jahren eine zunehmende Anzahl an Extremereignissen festgestellt. Allerdings kann noch nicht gesagt werden, welcher Anteil an dieser Steigerung auf die zunehmende Besiedelung zurückzuführen ist. Interpretationen sind daher derzeit sehr problematisch. 4.2 Regionale Prognosen Aussagen zu regionalen Auswirkungen sind schwierig und mit großen Unsicherheiten behaftet. Allerdings geben die Modelle doch einige Hinweise darauf, dass die Folgen des Klimawandels nicht gleichmäßig über den Globus verteilt sein werden (Umweltbundesamt, 2001): { Über der Nordhalbkugel wird die Erwärmung wegen der größeren Landmasse stärker sein als über der Südhalbkugel, auf der die großen Wasserflächen puffern. http://www.bayern.de/lfu/umwberat/ubbkli.htm 11.01.2004 Fachinformation "Umwelt und Gesundheit": Klimaänderungen Seite 6 von 8 { Für Europa wird mit einer mittleren Temperaturzunahme von 0,1 – 0,4 °C pro Jahrzehnt gerechnet. Dabei wird die Erwärmung in Südeuropa (Spanien, Italien, Griechenland) und Nordosteuropa (Finnland, Westen Russlands) am stärksten ausfallen. Außerdem wird es häufiger heiße Sommer geben, z.B. in Südspanien bis 2020 fünf mal häufiger als heute. { Die Niederschläge werden in den höheren Breiten, in den Monsungebieten Asiens und im Winter auch in mittleren Breiten der Nordhalbkugel (also bei uns) vermutlich zunehmen. In Nordosteuropa wird mit einer Zunahme der Niederschläge von 1-2 % pro Jahrzehnt gerechnet, in Südeuropa mit einer Abnahme von 1% pro Jahrzehnt. Diese Unterschiede werden im Sommerhalbjahr besonders ausgeprägt sein (N bis + 2% pro Jahrzehnt; S - 5% pro Jahrzehnt). { In den Küstenregionen Europas steigt das Risiko von Überflutungen. { Im Sommer werden die Niederschläge über den Landgebieten eher zurückgehen. 5. Folgen des Klimawandels Die Klimaänderungen werden einen weitreichenden Einfluss auf die Ökosysteme haben, sie werden sowohl die Qualität der abiotischen Ressourcen, als auch die Eigenschaften des Ökosystems als Lebensraum und für die landwirtschaftliche Nutzung verändern. 5.1 Auswirkungen auf die Ressourcen Boden und Wasser Durch zunehmende Starkregen werden die Böden zunehmend aufgeweicht und instabil, so dass die Bodenerosion, die heute schon große Mengen fruchtbaren Ackerbodens abschwemmt, zunehmen wird. In höheren Lagen wird es mehr Erdund Schlammrutsche geben und im Winter wird die Lawinengefahr steigen. Die längeren und häufigeren Trockenperioden im Sommer führen zu einer zunehmenden Versalzung der Böden und Menge und Qualität des Grund- und Oberflächenwassers werden sinken. Darüber hinaus wird sich in den mediterranen Regionen Mitteleuropas die Wüstenbildung verstärken. Die Auswirkungen von Klimaänderungen auf den Wasserhaushalt in Süddeutschland werden in KLIWA, einem gemeinsamen Vorhaben der Wasserwirtschaftsverwaltungen der Länder Baden-Württemberg und Bayern und dem Deutschen Wetterdienst untersucht. Erste Ergebnisse sind im Internet unter www.kliwa.de veröffentlicht. 5.2 Auswirkungen auf natürliche Ökosysteme Infolge der Temperaturerhöhung werden sich die Wachstumszonen von Tieren und Pflanzen nach Norden verlagern. Dabei werden höchstwahrscheinlich wichtige Lebensräume für kälteliebende Arten verloren gehen. Besonders gefährdet sind die "kalten" Ökosysteme im arktischen Bereich, wie Tundren oder boreale Wälder, aber auch alpine Ökosysteme, z.B. die Gletscher. Auch einige isolierte Lebensräume werden unwiderruflich zerstört. Hierzu zählen einige der seltensten und wertvollsten Ökosysteme, die ein lokal kaltes Klima aufweisen und kälteliebende Arten beherbergen, die sich hier seit der letzten Eiszeit halten konnten (sog. Eiszeitrelikte). Durch die zunehmende Überflutung von Küstenregionen werden auch Feuchtgebiete verloren gehen. Heute schon bedrohte Ökosysteme wie Korallenriffe, Mangrovenwälder und tropische Wälder werden weiter zerstört werden. Durch die zunehmende Sommertrockenheit wird es besonders in den mediterranen Regionen vermehrt zu Waldbränden kommen. Bereits heute konnten zahlreiche Hinweise auf eine Verschiebung der Wachstumszonen nachgewiesen werden, z.B. die Verschiebung von Lebensräumen bestimmter Tiere und Pflanzen in größere Höhen und polwärts, die Dezimierung einiger Tierpopulationen, das frühere Auftreten von Baumblüten, das Auftauchen nicht heimischer Insektenarten und ein verändertes Brut- und Wanderverhalten bei Vögeln. 5.3 Auswirkungen auf die Landwirtschaft Auch in der Landwirtschaft werden die Auswirkungen je nach Klimazone unterschiedlich sein. So wird für Nordeuropa mit steigenden landwirtschaftlichen Erträgen gerechnet, weil sich die Vegetationsperiode aufgrund der Erwärmung verlängert. Dagegen wird für Südeuropa eine geringere Wasserverfügbarkeit und eine geringere Bodenfeuchte erwartet, so dass die landwirtschaftliche Produktivität abnehmen wird. Außerdem werden sich aufgrund der steigenden Minimaltemperaturen Schädlinge und Krankheiten weiter ausbreiten. Insbesondere in den ohnehin schlecht versorgten Entwicklungsländern werden Extremereignisse wie Dürren und Überschwemmungen die Ernährungssituation weiter verschlechtern. Immer wieder ist von einem möglichen positiven "Dünge-Effekt" durch einen erhöhten CO2-Gehalt der Atmosphäre die Rede. Dieser funktioniert aber nur dann, wenn gleichzeitig das Wasser- und Nährstoffangebot des Bodens ausreichend gewährleistet ist. Davon kann aber bei zunehmender Erwärmung nicht ausgegangen werden. Dieser Düngeeffekt darf demnach keinesfalls überbewertet werden und wird auch nicht – wie schon bisher nicht – den weiteren CO2-Anstieg in der Atmosphäre stoppen. Für die Aufnahme von CO2 durch die Biomasse spielt vielmehr die Erhaltung der Waldflächen die größte Rolle. http://www.bayern.de/lfu/umwberat/ubbkli.htm 11.01.2004 Fachinformation "Umwelt und Gesundheit": Klimaänderungen Seite 7 von 8 6. Fazit Grundsätzlich werden alle Länder vom Klimawandel betroffen sein, jedoch werden sich die negativen Auswirkungen vor allem in den ärmsten Ländern bemerkbar machen. Diesen Ländern gehören die geringsten Ressourcen; sie haben daher auch die geringsten Möglichkeiten, sich an den Klimawandel anzupassen. Dies macht die internationale Klimaschutzpolitik so prekär, sind doch vor allem die reichen Länder für die klimawirksamen Emissionen verantwortlich. Hierzu sei auf das Informationspapier "Klimapolitik" verwiesen, das in Kürze erscheinen wird. 7. Literatur Burdick, B. (1994): Klimaänderung und Landbau. Die Agrarwirtschaft als Täter und Opfer. Verlag C. F. Müller, Heidelberg Cubasch, U. und Kasang, D. (2000): Anthropogener Klimawandel. Klett-Perthes, Gotha/Stuttgart Der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (1992): Umweltpolitik. Bericht der Bundesregierung über die Konferenz der Vereinten Nationen. Bonn Der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (1993): Umweltpolitik. Klimaschutz in Deutschland. Nationalbericht der Bundesregierung für die Bundesrepublik Deutschland im Vorgriff auf Artikel 12 des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen. Bonn Der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (1993): Umweltpolitik. Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung im Juni 1992 in Rio de Janeiro Dokumente. Bonn Deutscher Bundestag (1988): Schutz der Erdatmosphäre: Eine internationale Herausforderung. Zwischenbericht der Enquetekommission des 11. Bundestages "Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre". Bonn Deutscher Bundestag (1990): Schutz der Atmosphäre; Schutz der Tropenwälder; Schutz der Erde. Abschlussbericht der Enquetekommission. Vier Bände. Economica Verlag, Bonn Deutscher Bundestag (1994): Mobilität und Klima. Wege zu einer klimaverträglichen Verkehrspolitik. Zweiter Bericht der Enquetekommission des 12. Bundestages "Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre". Bonn Deutsche Meteorologische Gesellschaft (2001): Stellungnahme zu Klimaänderungen Haury, H.-J., Koller, U., Aßmann, G. (1991): Glashaus Atmosphäre – Klimafaktor Mensch? Journalistenseminar der Information Umwelt, Band 5 Intergovernemental Panel on Climate Change (2001): Climate Change 2001. Summary for Policymakers – A Report of Working Group I of the Intergovernemental Panel on Climate Change. Download von http://www.ipcc.ch Latif M. (1998): Das El Niño-Southern Oscillation-Phänomen. In: Lozán J. L., Graßl H., Hupfer P. (Hrsg.): Warnsignal Klima – Wissenschaftliche Fakten. Wissenschaftliche Auswertungen, Hamburg Lozán J. L., Graßl H., Hupfer P. (Hrsg., 1998): Warnsignal Klima – Wissenschaftliche Fakten. Wissenschaftliche Auswertungen, Hamburg Umweltbundesamt (2001): Daten zur Umwelt – Der Zustand der Umwelt in Deutschland 2000. Berlin Schönwiese, C.-D., Diekmann, B. (1991): Der Treibhauseffekt – Der Mensch ändert das Klima. Rowohlt, Stuttgart Schönwiese, C.-D. (1994): Klima im Wandel: Tatsachen, Irrtümer, Risiken. DVA Schönwiese, C.-D. (1995): Klimaänderungen. Daten, Analysen, Prognosen. Springer, Berlin Schönwiese, C.-D. (1994): Institutsbericht Nr. 96, Univ. Frankfurt. Frankfurt a.M. Schönwiese, C.-D. (2001): Weltklima im Wandel – Welche Rolle spielt der Mensch? Vortrag auf dem Forum "Facility Management 2001" des Energiereferates der Stadt Frankfurt am Main am 12. Juni 2001 Stichel, P. (1991): Jetzt müssen wir handeln. Weltenergieversorgung, Bevölkerungsexplosion, Klimakatastrophe. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh http://www.bayern.de/lfu/umwberat/ubbkli.htm 11.01.2004 Fachinformation "Umwelt und Gesundheit": Klimaänderungen Seite 8 von 8 Umweltbundesamt (1992): Klimaveränderung und Ozonloch. Zeit zum Handeln. Berlin Umweltbundesamt (1994): Alles Panikmache? oder Was ist dran an der Klimakatastrophe? Berlin Umweltbundesamt (2001): Klimaschutz 2001. Tatsachen – Risiken – Handlungsmöglichkeiten. Berlin Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung "Globale Umweltveränderungen" WBG (1993): Welt im Wandel: Grundstruktur globaler Mensch-Umweltbeziehungen. Jahresgutachten. Economica Verlag Verfasserin: Ulrike Koller, März 1995 Neufassung: Dr. Katharina Stroh, September 2001 © Bayerisches Landesamt für Umweltschutz, PS 1 - Umweltberatung Bayern, Bürgermeister-Ulrich-Straße 160, 86179 Augsburg, E-Mail: [email protected] http://www.bayern.de/lfu/umwberat/ubbkli.htm 11.01.2004