Parasitosen beim Schweine Spulwurm und Räude in Schach halten 1. Endoparasiten 2. Ektoparasiten Biolandwoche 9.2.2017 Dr. Ulrike Mittermeier Fachtierärztin für Schweine 3. Allgemeines Gefördert aus Mitteln des Freistaates Bayern durch das Bayer. Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie der Bayer. Tierseuchenkasse. © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Autor: Dr. Ulrike Mittermeier 16.01.2017 1 Roter Magenwurm (Hyostrongylus rubidus) Zwergfadenwurm (Strongyloidus ransomi) Spulwurm (Ascaris suum) Knötchenwurm (Oesophagostomum spp.) Peitschenwurm (Trichuris suis) Lungenwurm Kokzidien (Einzeller): Autor: Dr. Ulrike Mittermeier 16.01.2017 2 5-10 mm 10-15 mm 15-30 cm 3 5 mm 4 -5 cm 20 µm Isospora suis - Saugferkelkokzidiose © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Autor: Dr. Ulrike Mittermeier Würmer - Entwicklungszyklus 1. Endoparasiten bei Schweinen Nematoden (Würmer) : © tiergesundheitsdienst bayern e. V. 16.01.2017 3 © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Autor: Dr. Ulrike Mittermeier 16.01.2017 5 Der Spulwurm Der Spulwurm Entwicklungszyklus Sitz: Dünndarm von Mastschweinen, Jungsauen, AS, Ebern Weibchen produziert täglich ca. 100.000 Eier Spulwurmeier sind in der Umwelt jahrelang haltbar !!! Eier werden in 3 bis 6 Wochen infektiös (15 -30° C) Nach Eiaufnahme Wanderung der Larven durch die Darmwand in die Leber innerhalb eines Tages © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Autor: Dr. Ulrike Mittermeier Entwicklungszyklus Wanderung im Lebergewebe 4 6 Tage Eindringen in Blutkreislauf, durch die Lunge in Lungenalveolen Über Bronchien, Trachea u. Kehlkof zurück in den Dünndarm Entwicklung zum reifen Wurm 7 9 Woche 16.01.2017 21 Entwicklungszyklus 16.01.2017 22 16.01.2017 26 Krankheitserscheinungen: Nach der Paarung Beginn der Eiablage durch die Weibchen (mehrere Hunderttausend pro Tag; Eier: dickschalig und daher extrem widerstandsfähig) Ca. 8 bis 9 Wochen nach der Infektion sind die ersten Eier im Kot befallener Schweine nachweisbar Autor: Dr. Ulrike Mittermeier Autor: Dr. Ulrike Mittermeier Milkspots Spulwurmlarven Der Spulwurm © tiergesundheitsdienst bayern e. V. © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Zeitraum der Leber-LungenWanderung der Larven Leberschwellung, Leberblutung, (teilw. erhebliche) Störung der Stoffwechselleistung Milkspots Milchflecken (Bindegewebsreaktionen (immunologische Narben) haben sich nach 6-8 Wochen vollständig regeneriert) 16.01.2017 23 © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Autor: Dr. Ulrike Mittermeier Weitere Krankheitserscheinungen durch wandernde Spulwurmlarven Zeitraum der Leber-Lungen-Wanderung der Larven Im Lungengewebe: punktförmige Blutungen (nach Durchbohren der Larven von der Blut zur Luftseite) Zu diesem Zeitpunkt folgende klinische Erscheinungen möglich: Schweratmigkeit mit ausgeprägter Bauchatmung, Husten, Fieber, Abgeschlagenheit, Fressunlust In dem geschädigten Lungengewebe können wesentlich leichter bakteriell bedingte Infektionen angehen Enger Zusammenhang zwischen den parasitär bedingten Lungenveränderungen und dem Entstehen der Enzootischen Pneumonie (Mykoplasma hyopneumoniae) © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Autor: Dr. Ulrike Mittermeier 16.01.2017 27 Der Spulwurm Autor: Dr. Ulrike Mittermeier 16.01.2017 Symptome Milchflecken, sog. Milkspots in der Leber Husten, Atemnot, Fieber und Appetitlosigkeit Wechselnde Futteraufnahme Bei starkem Befall: Kolikerscheinungen, Blutarmut, trockener Kot, Verenden durch Darmverschluss © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Autor: Dr. Ulrike Mittermeier 16.01.2017 29 Kokzidiose der Saugferkel Ökonomische Folgen Höherer Futteraufwand Verringerte Tageszunahmen Geringere Schlachtgewichte Leberverwürfe 90% der Leberverwürfe sind parasitär bedingt Extremer wirtschaftlicher Schaden © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Der Spulwurm Verbreitung Untersuchungen ergaben, dass je nach Region bis 100 % der Zuchtbestände mit Kokzidien infiziert sind ! Auftreten der Kokzidiose 30 © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Typischer 10 TageDurchfall Autor: Dr. Ulrike Mittermeier 16.01.2017 42 An Kokzidiose leidender Wurf Darmquerschnitt © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Autor: Dr. Ulrike Mittermeier 16.01.2017 43 Dauerstadien im Stall 16.01.2017 44 Abteil Rein Raus - Belegung Gründliche Beseitigung der Kotreste Parasiten-Ei wirksame Desinfektion Einstallung Behandlung der Ferkel Bei verstärktem Auftreten im Bestand Frühzeitige Behandlung der Ferkel mit Toltrazuril am 3. bis 5. Lebenstag einmalig 20 mg / kg oral verabreichen ! 16.01.2017 Autor: Dr. Ulrike Mittermeier 1. Beseitigung der Dauerstadien im Stall Gründliche Hygiene im Abferkelstall Reinigung und Desinfektion der Abferkelbuchten Mittel gegen Parasiteneier verwenden Autor: Dr. Ulrike Mittermeier © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Die Endoparasitenbekämpfung beim Schwein basiert auf zwei Säulen : Bekämpfung der Saugferkelkokzidiose © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Eier sporulieren in der Umwelt innerhalb von 12 Std Haltbarkeit im Stall: bis 10 Monate ! 2. Gruppenweise Behandlung der Schweine mit geeigneten Präparaten 45 © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Autor: Dr. Ulrike Mittermeier 16.01.2017 46 Desinfektion- Was ist zu beachten? Desinfektion- Was ist zu beachten? Gemäß EU-Ökoverordnung im Biolandbau zugelassene Mittel für die Reinigung und Desinfektion von Stallungen und Anlagen für die Tierproduktion (ANH. VII der EG Nr. 889/2008, Art. 23 Abs. 4) Wasser und Dampf Kali- und Natronseifen Kalkmilch Kalk Branntkalk Ozon Benzoesäure Natriumhydroxid (Natronlauge, Ätznatron) Kaliumhydroxid (Kalilauge, Ätzkali) Wasserstoffperoxid Natürliche Pflanzenessenzen Zitronensäure, Peressigsäure, Ameisensäure, Milchsäure, Oxalsäure und Essigsäure Alkohol Leicht und vollständig abbaubare Tenside (z. B. Alkylpolyclycoside, kurz: APGs oder Zuckertenside) Präparate auf Basis von Mikroorganismen © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Autor: Dr. Ulrike Mittermeier 16.01.2017 Keines der zugelassenen Desinfektionsmittel ist für Wurmeier oder Kokzidien wirksam! Reinigung und Einweichen mit seifigen Lösungen! Leerstehenlassen der Ställe Reinigung der Tiere Untersuchung der Tiere auf Endoparasiten Endoparasitenbehandlung Wurmeier kleben an der Aufstallung Mechanische Reinigung durch Schrubben und Abflammen macht Sinn 47 Bekämpfungsstrategien gegen Wurmbefall Wurmfreie Ferkel, sauberer Stall Wurmfreie Ferkel, Leberverwürfe > 10% Im Biobereich ist die Bekämpfung durch Auslauf, Freilandhaltung und oft kontinuierliche Belegung besonders schwer. Deshalb sind eine besondere Vorbeuge und kurze Untersuchungsintervalle sehr wichtig. © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Autor: Dr. Ulrike Mittermeier 16.01.2017 Autor: Dr. Ulrike Mittermeier 16.01.2017 48 Entwurmungskonzepte Mastbestand Ziel der Nematodenbekämpfung: Reduktion der wirtschaftlichen Einbußen durch im Bestand vorhandene Infektionen und Einschleppung über latent infizierte Tiere zu verhindern Spulwurmeier halten sich Jahre in der Umgebung! Spulwurmlarven Monate und überwintern! Weiden: parasitenfreie Aufstallung, regelmäßige Entwurmung, Rotation der Weiden © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Ferkel fraglich, Ställe sauber 52 Keine Behandlung notwendig Behandlung 5 Wochen nach Einstallung Einstallbehandlung Ferkel fraglich, Ställe infiziert Einstallbehandlung, Wiederholung nach 5 Wochen Kontinuierliche Belegung + Leberverwürfe Bestandsbehandlungen im Abstand von 5(3) Wochen, ev. 1 Jahr lang © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Autor: Dr. Ulrike Mittermeier Nach Kraneburg 16.01.2017 53 Entwurmungskonzepte Zuchtbetrieb Wurmfreie Sauen und Eber, sauberer Stall Keine Behandlung notwendig Wurmfreier Bestand mit Auslauf Kauf wurmfreier Tiere. Behandlung evtl. 2 Mal im Jahr Kein wurmfreier Bestand, wenig Probleme Bestand mit vermehrt Leberverwürfen und evtl. klinischen Symptomen immer mit entspr. Hygiene! © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Autor: Dr. Ulrike Mittermeier Bekämpfungsstrategien gegen Wurmbefall Sanierungsmaßnahmen können im Einzelfall länger als ein Jahr dauern, bis Rate der Lebern mit Milk spots auf unter 5% fällt Behandlung 3 Mal im Jahr Erstbehandlung 3 Mal hintereinander im Abst. von 4 Wochen, dann Behandlung 3 mal im Jahr., evtl. Einstallbehandlung vor dem Abferkeln. Nach Kraneburg 16.01.2017 54 2. Ektoparasiten beim Schwein Läuse (Demodikose) Autor: Dr. Ulrike Mittermeier 16.01.2017 © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Autor: Dr. Ulrike Mittermeier 16.01.2017 55 16.01.2017 57 Die Sarcoptesräude Sarkoptesräude © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Erfolg bei der Bekämpfung von Endoparasiten steht in enger Beziehung zu: Gezieltem Arzneimitteleinsatz über mehrere Tage Korrekturen im Produktionsablauf Umsetzung spezifischer Hygienemaßnahmen 56 Sarcoptes scabiei var. suis 0,25-0,5 mm, vier Beinpaare, grau-weiß, nur unter dem Lichtmikroskop zu sehen Weibchen: Leben in Nischen und Gängen der tieferen Hautschichten Männchen: vorwiegend an der Hautoberfläche Eiablage: in den tiefsten Hautschichten in Bohrgängen der Weibchen Übertragung: von Tier zu Tier, evtl. aus der Umgebung Überleben bis zu 2 Wochen in feuchten Stallungen. Aktionsradius ca. 1 m. © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Autor: Dr. Ulrike Mittermeier Die Sarcoptesräude Die Sarcoptesräude Heute klinisch sichtbare Räude nicht mehr so häufig => in Biobetrieben schon! Eine große Rolle spielt die subklinische Räude Übertragung von der Sau auf die Ferkel oder während des Deckaktes Große wirtschaftl. Einbußen durch Andauernde Unruhe Negative Auswirkung auf die Fruchtbarkeit Eber werden teilw. bösartig, aggressiv, verweigern Deckakt Störung der Futteraufnahme Damit verringerte Gewichtszunahme Schlechtere Futterverwertung Entwicklungszyklus: Nach Paarung auf Hautoberfläche bohren sich die Weibchen in die tieferen Hautschichten ein Nach 2-4 Tagen schlüpfen die Larven Aus den Larven entwickeln sich Nymphen (zwei Stadien); ernähren sich bereits von den Körpersäften des Wirtstieres Aus den Nymphen entstehen die erwachsenen Milben Gesamtentwicklungszeit: Männchen 14 Tage und Weibchen 21 Tage © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Autor: Dr. Ulrike Mittermeier 16.01.2017 60 © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Die Sarcoptesräude 64 Diagnostik Schlechtere Futterverwertung Geringere Gewichtszunahmen Verringerte Aufzuchtleistung Gestörte Fruchtbarkeit ELISA (serologische AK) Rubbing-Index (Kratzindex) Mikroskopischer Erregernachweis aus Ohrgeschabsel Hautveränderungen am Schlachthof (Dermatitis score) Sobald Räude sichtbar ist, ist dies als schwerwiegende Räude zu beurteilen und muss behandelt werden In dem Moment, in dem Räude sichtbar wird, ist das Immunsystem unfähig, die Räude in den Griff zu bekommen Räude ist ab dem Zeitpunkt extrem störend, schwächt die Tiere und ist Eintrittspforte für Sekundärerreger Autor: Dr. Ulrike Mittermeier 16.01.2017 Die Sarcoptesräude Ökonomische Folgen © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Autor: Dr. Ulrike Mittermeier 16.01.2017 70 © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Autor: Dr. Ulrike Mittermeier 16.01.2017 71 Planmäßige Bestandsbehandlung Räudesanierung - Äußerlich mit Phosphorsäureestern (Sebacil), 2-3x im Abstand von 10 14 Tagen + Umgebungsbehandlung funktioniert nur mit konsequentem Vorgehen wer das nicht sicherstellen kann: besser strategisch vertretbare Behandlungsmaßnahmen mit einer Minimierung der Symptome - Innerlich mit Phosphorsäureestern (Sebacil pour on) oder mit Endektozid (Avermectine) als Injektion oder über das Futter - Zuchtsauen: Bestandsbehandlung oder Abferkelgruppen - Ferkel /Mast: Gruppenbehandlung oder gesamter Stall - Umgebungsbehandlung -Sanierung von Zuchtbeständen ist möglich © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Autor: Dr. Ulrike Mittermeier 16.01.2017 74 Räudesanierung Behandlungsempfehlung zur Räudetilgung => sollte das Ziel sein! Grundsätzlich: zweimalige Bestandsbehandlung mit Avermectinen richtige Dosierung: 0,3 mg/kg LM 1. Tag 0: 1. parenterale Behandlung aller Schweine des Bestandes, inklusive der Ferkel ab dem 4. LT 2. Tag 4: Behandlung der Ferkel, die am Tag 0 jünger als 4 Tage alt waren 3. Tag 14: Zweite Behandlung aller Schweine des Bestandes, inklusive der Ferkel ab dem 4. Lebenstag. Jüngere Ferkel werden 4 Tage später nachbehandelt Bei der Behandlung ist sicherzustellen, Dosierung stimmt (oft Unterdosierung) wirklich alle Tiere der Herde werden behandelt Wiedereinschleppung von Räudemilben durch infizierte Tiere verhindern => Remontierung räudefreier Tiere bzw. Einschleusung von Zukaufstieren über einen räumlich getrennten Isolierstall nach zweimaliger Behandlung im Abstand von 14 Tagen © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Autor: Dr. Ulrike Mittermeier 16.01.2017 © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Autor: Dr. Ulrike Mittermeier 16.01.2017 76 Allgemeines Parasiten: ebenso wie die bakteriellen und viralen Infektionserreger eine Gefahr für den Gesundheitsstatus und damit für das Leistungsniveau von Schweinezucht- und Mastbeständen! Schadwirkung durch Parasiten geringe Tageszunahmen, schlechtere Futterverwertung, längere Mastdauer Organschäden (Leber, Lunge, Darm, Haut) verminderte Fruchtbarkeitsleistung Begünstigung bzw. Übertragung bakterieller und viraler Infektionen/ Infektionserreger negative Auswirkungen auf einen stabilen Immunitätsaufbau bei Impfmaßnahmen Verhaltensstörungen (z.B. Kannibalismus, Scheuern) erhöhte Behandlungskosten und Verlustraten 77 © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Autor: Dr. Ulrike Mittermeier 16.01.2017 78 Allgemeines Fazit Erfolg der Parasitenbekämpfung abhängig von vielen Maßnahmen Betriebsstruktur Betriebsmanagement Präparateinsatz Reinigung und Desinfektion Sauendusche vor dem Abferkeln Konsequenz bei der Umsetzung aller durchzuführenden Maßnahmen Häufige Fehler Behandlungslücken Unterdosierung keine/unwirksame Reinigung/Desinfektion zu lange Behandlungsintervalle © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Autor: Dr. Ulrike Mittermeier Die Parasitenbekämpfung hat eine große Bedeutung und ist sehr wichtig sowohl in Mastbeständen als auch in Zuchtsauenbeständen aufgrund der vielfältigen Schadwirkungen, die diese verursachen! Der Erfolg der Parasitenbekämpfung hängt von einem ganzen Bündel von Maßnahmen ab (unter anderem Betriebsmanagement und Hygienemaßnahmen!) Durch eine ungenügende Parasitenbekämpfung (sowohl Endo- als auch Ektoparasiten) werden andere bakterielle und virale Infektionen begünstigt! 16.01.2017 79 © tiergesundheitsdienst bayern e. V. Autor: Dr. Ulrike Mittermeier 16.01.2017 80