3.11.5 Entladung eines Kondensators Im Gegensatz zu einer Batterie kann mit einem Kondensator innerhalb von kurzer Zeit eine hohe Stromstärke erzeugt werden. Dies wird zum Beispiel beim Blitz eines Fotoapparates ausgenutzt. Die Stromstärke der Batterie reicht nicht aus um damit das helle Blitzlicht des Fotoapparates zu betreiben. Aus diesem Grund wird in einem Fotoapparat zunächst mit Hilfe der Batterie (in der Regel ein Akku) ein Kondensator aufgeladen. Wird der Auslöser betätigt so entlädt sich der Kondensator innerhalb von kürzester Zeit, sodass die Stromstärke ausreicht um den Blitz zu betreiben. Im Folgenden wird nun der Aufladevorgang und der Entladevorgang eines Kondensators näher untersucht. Hierzu wird ein Kondensator an einer Spannungsquelle mit der Spannung aufgeladen (Masche 1). Durch einen Kippschalter wird er von der Spannungsquelle getrennt und über ein Amperemeter mit dem Innenwiderstand entladen (Masche 2). Dabei fließt der Entladestrom , © M. Brennscheidt dessen zeitlicher Verlauf mit dem Amperemeter gemessen werden kann. Es ist zu beobachten, dass die Ladung (Elektronen) vom Kondensator abfließt und ein Ladungsausgleich stattfindet. Hierbei ist zunächst anzumerken, dass die Ladung nicht „auf einen Schlag“ vom Kondensator abfließt, sondern dieser Vorgang eine gewisse Zeit benötigt. Es wird nun zunächst der zeitliche Verlauf einer solchen Kondensatorentladung betrachtet, da der Aufladevorgang ohne Vorüberlegungen mathematisch anspruchsvoller und weniger zugänglich ist. Durch Umlegen des Kippschalters wird Masche 2 geschlossen. Die am Kondensator anliegende Spannung ist dann gleich der am Widerstand anliegenden Spannung: Dabei ist die am Kondensator anliegende Spannung und die am Widerstand abfallende Spannung. Beide Spannungen sind abhängig von der Zeit , da die Spannung sich während der Entladung ändert. Für die Spannung am Kondensator gilt: („Kuh gleich CU“ ) Für die Spannung am Widerstand gilt: (ohmsches Gesetz „URI“) Anmerkung: Die Spannung am Widerstand ist hier mit einem Minuszeichen versehen, da anschaulich der Widerstand der Entladung des Kondensators entgegenwirkt. Es ist eine analoge Herleitung mit Hilfe der Kirchhoffschen Gesetze möglich in der auf das Einfügen des Minuszeichens verzichtet werden kann. Diese ist jedoch weniger anschaulich und hier wird deshalb darauf verzichtet. Setzt man nun beide Formeln die obige Gleichung ein, so ergibt sich der Zusammenhang In dieser Gleichung kann die Stromstärke des Entladestroms durch die Formel ersetzt werden, da der elektrischer Strom per Definition gleich der zeitlichen Änderung der Ladung ist. Es ergibt sich somit eine Gleichung die neben den beiden Gerätekonstanten und nur noch von der Ladung und der Zeit abhängig ist. Ziel der nachfolgenden Rechnung ist es die Gleichung nach aufzulösen. Dies wird dadurch erschwert, dass es sich bei der Gleichung um eine sog. Differentialgleichung handelt. Eine Differentialgleichung ist dadurch gekennzeichnet, dass die gesuchte Größe (hier ) auch in „abgeleiteter Form“ in der Gleichung vorkommt. Die Lösung einer solchen Gleichung erfolgt mit Hilfe der Integralrechnung. Die Gleichung wird zunächst rein algebraisch umgeformt (Trennung der Variablen): © M. Brennscheidt Dabei wurden die beiden Variablen und so voneinander getrennt, dass eine der Variablen nur noch auf einer Seite der Gleichung und die andere nur noch auf der anderen Seite vorkommt (links , rechts ). Durch Integrieren auf beiden Seiten der Gleichung ergibt sich: Diese Gleichung kann nun mit Hilfe des zweiten Logarithmusgesetzes umgeformt werden: Durch Umdrehen der Gleichung und der Multiplikation mit Q0 ergibt sich schließlich: Der zeitliche Verlauf der Entladung kann also mit Hilfe einer Exponentialfunktion beschrieben werden. Dabei ist die zum Zeitpunkt auf dem Kondensator befindliche Ladung. Diese nimmt mit der Zeit exponentiell ab. Eine exponentielle Abnahme ist dadurch gekennzeichnet, dass sich die Ladung in gleichen Zeitabständen halbiert. Die Zeit in der sich die Ladung halbiert wird Halbwertszeit genannt. Nach der Zeit hat sich die Ladung also halbiert. Nach zwei Halbwertszeiten halbiert sich die bereits halbierte Ladung erneut und es bleibt ein Viertel der Ausgangsladung übrig. Nach drei Halbwertszeiten beträgt die Ladung nur noch ein Achtel der Ausgangsladung, usw. © M. Brennscheidt Die Halbwertszeit ist wiederum abhängig von den Gerätekonstanten und . So entlädt sich ein Kondensator mit der Kapazität über einen großen Widerstand langsamer als über einen kleinen Widerstand. Trägt man im Diagramm die Zeit t gegen die Ladung Q(t) auf, so ergibt sich der typische Verlauf einer Exponentialfunktion mit negativem Exponenten. Aus dem zeitlichen Verlauf der Ladung Q beim Entladevorgang kann nun relativ einfach der zeitliche Verlauf der Spannung und der Stromstärke während der Entladung des Kondensators berechnet werden: 1. Zeitlicher Verlauf der Spannung: Durch Einsetzen von und in obige Exponentialfunktion ergibt sich: Die Kapazität kann gekürzt werden, so dass man für die Spannung eine analoge Exponentialfunktion erhält: Dies bedeutet, dass auch die Spannung mit der Zeit exponentiell abfällt. Auch hier gilt, dass sich die Spannung jeweils in gleichen Zeiten halbiert. © M. Brennscheidt 2. Zeitlicher Verlauf der Stromstärke: Durch Einsetzen von sich: und in die Exponentialfunktion der Spannung ergibt Der Widerstand kann gekürzt werden, so dass man auch für die Stromstärke eine analoge Exponentialfunktion erhält. Dies ist nicht überraschend, da der Strom direkt von der Ladung abhängig ist. Da sich die Ladung in gleichen Zeiten halbiert muss sich logischer Weise auch die Stromstärke in derselben Zeit halbieren. Berechnung der Halbwertszeit Die Ladung des Kondensators nimmt gemäß der Formel exponentiell mit der Zeit ab. Nach der Zeit ist nur noch die Hälfte der Ladung auf dem Kondensator übrig: Setzt man nun für Die Anfangsladung © M. Brennscheidt die Exponentialfunktion zur Zeit ein, so ergibt sich die Gleichung kann gekürzt werden und die Gleichung nach aufgelöst werden: Die Halbwertszeit ist also, wie bereits vermutet abhängig vom Entladewiderstand und von der Kapazität des Kondensators. Dies kann man ausnutzen um die Kapazität von unbekannten Kondensatoren zu bestimmen. Hierzu entlädt man den Kondensator einfach über einen bekannten Widerstand und misst die Halbwertszeit des Entladevorgangs. Durch Umstellen erhält man dann die Kapazität . Abschließende Bemerkung: Den Faktor aus den Exponentialfunktionen bezeichnet man häufig mit Abklingkonstante. Wohingegen der Nenner dann die Formel: Zeitkonstante genannt wird. Für die Halbwertszeit ergibt sich 3.11.6 Aufladung eines Kondensators Die Aufladung eines Kondensators verläuft genau umgekehrt wie der Entladevorgang. Aus diesem Grund wird hier auf größere mathematische Herleitungen wie im vorangegangenen Kapitel verzichtet. Im folgenden Diagramm ist der graphische Verlauf eines Aufladevorgangs mit direkt angeschlossenem Entladevorgang aufgetragen: Es ist zu erkennen, dass sich die Kurve des Aufladevorgangs aus der Kurve des Enladevorgangs durch Spiegelung an der x-Achse und Verschiebung nach oben um Q0 ergibt. Die Formel für den Aufladevorgang erhält man also durch Spiegelung und Verschiebung. Entladevorgang: Spiegelung an der x-Achse: © M. Brennscheidt Verschiebung um Q0 nach oben: Die Formeln für Spannung und Stromstärke ergeben sich analog. © M. Brennscheidt