Arbeitspunkteinstellung

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Kapitel 3
Arbeitspunkteinstellung
Bei den bislang erfolgten Analysen wurde der Transistor um einen Arbeitspunkt AP
herum ausgesteuert. Durch flankierende Schaltungsmaßnahmen wird erst das Einstellen
dieses Arbeitspunktes möglich.
Welchen Arbeitspunkt man wählt, hängt im Wesentlichen von den Ansprüchen an die
Schaltung ab. Dies können sein:
• maximal erzielbare Ausgangsgrößen, also Strom, Spannung und Leistung
• Erzielung gewünschter Vierpolkenngrößen y21 , h21 usw.
• niedriges Rauschen
• höchste Linearität
Aber auch äußere Randbedingungen beeinflussen die Auswahl:
• die zur Verfügung stehenden Versorgungsspannungen
• die zulässige Erwärmung des Gerätes
• die Grenzwerte des Transistors hinsichtlich Strom, Spannung oder Leistung
• der maximal zur Verfügung stehende Speisestrom.
Mit welcher Schaltung der gewählte Arbeitspunkt dann eingestellt wird, richtet sich nach
Betriebsbedingungen wie
• hohe Schwankungen in den Versorgungseinrichtungen
• hohe Betriebstemperaturschwankungen
• Kosten der Bauelemente
• Integrierbarkeit der Bauelemente
2
3.1
KAPITEL 3. ARBEITSPUNKTEINSTELLUNG
Arbeitspunkteinstellung bip. Transistor
Die im Folgenden behandelten Ströme und Spannungen im Arbeitspunkt sollen als solche
durch ein angehängtes a gekennzeichnet werden.
Beispiel: Kollektorstrom im Arbeitspunkt ICa
3.1.1
Einfache Schaltungen zur Einstellung des Arbeitspunktes
Abbildung 3.1: Emitterschaltung und Ausgangskennlinienfeld
Ausgangsseitig lässt sich in Bild 3.1 a für Transistor, Arbeitswiderstand und Spannungsquelle die Maschengleichung angeben:
UCE = Ub − IC RE
(3.1)
Dies ist eine Gerade im Ausgangskennlinienfeld des Transistors. Je nach Wahl eines bestimmten Basisstroms IBa oder einer bestimmten Basis-Emitterspannung UBEa wird sich
nun der Kollektorruhestrom ICa und die dazugehörige Kollektor-Emitter-Spannung einstellen.
Abbildung 3.2: Einprägen des Basisstomes a) Prinzip b) Realisierung
3.1. ARBEITSPUNKTEINSTELLUNG BIP. TRANSISTOR
3
Einprägen eines Gleichstromes bedeutet zunächst die Parallelschaltung einer Stromquelle
zur Basis-Emitterstrecke (und zur Signalstromquelle). Da die sehr kleinen Basis-Ruheströme aus der ohnehin vorhandenen Spannungsversorgung durch einen einzigen hochohmigen Widerstand einfach gewonnen werden können, ist die Umsetzung in die Praxis sehr
einfach. Die zusätzliche Belastung für die Signalquelle bleibt gering. Durch den Kondensator C1 wird die Stufe galvanisch von der Signalquelle getrennt. Der den Arbeitspunkt
festlegende Widerstand R1 wird bestimmt durch:
R1 = (Ub − UEAa )/IBa ≈ Ub /IBa
(3.2)
Für Siliziumtransistoren wird meist UBEa ≈ 0,7 V gesetzt.
Die zweite Möglichkeit besteht in der Festlegung der Basis-Emitter-Spannung UBEa . Formal betrachtet erfordert dies die Serienschaltung einer Spannungsquelle UBEa zur Signalquelle (Bild 3.3 a. Dies wird in dieser Form nur praktiziert, wenn die Signalspannungsquelle
massefrei und für die Gleichspannung tatsächlich ein Kurzschluss ist, also die Sekundärseite eines Übertragers. In den meisten Fällen schaltet man beide Spannungsquellen nach
Bild 3.3 b parallel. Das Kurzschließen der Gleichspannungsquelle durch die Wechselspannungsquelle verhindert C1 , einen Kurzschluss der Signalspannungsquelle verhindert der
endliche Innenwiderstand (R1||R2) der Gleichspannungsquelle.
Abbildung 3.3: Einprägen der Basis-Emitter-Spannung a) Prinzip b) Realisierung
Hier erkennt man bereits einen Nachteil dieser Schaltung: die Signalquelle wird stärker
als notwendig belastet. Meist macht man den Querstrom durch den Spannungsteiler ein
Vielfaches höher als IBa . Für die Dimensionierung gilt dann:
R2 = UBEa /IR2
R1 = (Ub − UBEa )/(IR2 + IBa )
(3.3)
4
3.1.2
KAPITEL 3. ARBEITSPUNKTEINSTELLUNG
Abweichung der Kennlinien
Bipolartransistoren nutzen den Effekt der Diffusion, d.h. des Ladungsträgertransports
durch Temperaturbewegung aus. Dies lässt eine Temperaturabhängigkeit der Kennlinien
erwarten. Man spricht von Drift.
Abbildung 3.4: Temperaturdrift a) Stromverstärkung b) Kollektorstrom über BasisEmitter-Spannung
Das Verhältnis B = ICa /IBa , annähernd durch eine Gerade gegeben, ändert seinen Wert
mit der Temperatur um ca. 1 % pro Kelvin nach oben. Dies ist im Bild 3.4 a) für T2 > T1
skizziert. Die einfache Schaltung nach Bild 3.2 b unterliegt diesem Effekt. Eine Erhöhung
der Temperatur erhöht den Kollektorstrom im Arbeitspunkt um ∆ICa . Dies zieht nicht
nur Änderungen der Elemente im Wechselstrom-Ersatzschaltbild nach sich, der Transistor
erwärmt sich auch stärker dadurch und kann je nach Lage des Arbeitspunktes im Ausgangskennlinienfeld (siehe abschnitt AP 3) durch den nun folgenden weiteren Anstieg von
ICa sogar thermisch zerstört werden.
Noch ungünstigere Verhältnisse liegen bei Festlegung der Basisspannung vor. Eine Temperaturzunahme verschiebt die Kennlinie ICa (UBEa ) in Bild 3.4 b um ein ganzes Stück
∆UBE nach links, wirkt also wie eine zusätzliche Spannungsquelle (bezeichnet als Temperaturdrift der Basis-Emitter-Spannung, ca. 2 bis 3 mV/K). Aufgrund der KennlinienKrümmung treten hier noch größere Änderungen des Kollektorstromes auf als im vorigen
Fall. Als eine Größe minderer Bedeutung ist heute die Drift des Kollektor-Sperrstromes
anzusehen. Lediglich bei Germanium-Transistoren oder bei Silizium-Transistoren in der
Nähe der zulässigen Höchsttemperatur betrieben spielt sie eine Rolle.
Die Veränderungen in den Kennlinien und Daten können anstelle von Temperaturveränderungen aber auch vom Übergang von einem Transistor T1 auf einen anderen T2 herstammen, (z.B. Austausch bei Reparatur oder Serienfertigung) also auf Exemplarstreuung
beruhen. Durch Verwendung von Schaltungen, die eine zusätzliche Stabilisierung des Arbeitspunktes im Sinne der Regelungstechnik ermöglichen, kann beiden unerwünschten
Effekten entgegengewirkt werden.
3.1. ARBEITSPUNKTEINSTELLUNG BIP. TRANSISTOR
3.1.3
5
Schaltungen mit Arbeitspunkt-Stabilisierung
Beide bisher betrachteten Schaltungen würden ihre Nachteile verlieren, wenn man eine
gesonderte Spannungsquelle zur Versorgung des Widerstandes R1 zur Verfügung hätte,
die bei Temperaturerhöhung des Transistors oder Anstieg des Kollektorstromes ihre Ausgangsspannung vermindert. Schließt man R1 direkt an den Kollektor an, dann hat man
eine solche Quelle.
Abbildung 3.5: Arbeitspunktstabilisierung a) Bei Basisstromprägung b) bei Prägung der
Basis-Emitter-Spannung
Die Dimensionierung erfolgt hierbei für Bild 3.5 a :
R1 = (UCEa − UBEa )/IBa
(3.4)
R2 /(R1 + R2 ) = UBEa /UCEa
(3.5)
Und für Bild 3.5 b :
Man spricht in diesem Fall von Gleichspannungs-Gegenkopplung. Ist die gleichzeitige
Wechselspannungs-Gegenkopplung nicht erwünscht, muss die Schaltung nach Bild 3.6 a
erweitert werden.
Sehr häufig anzutreffen ist die Schaltung nach Bild 3.6 b mit Gleichstrom- Gegenkopplung
im Emitter. Für die Dimensionierung müssen die Gleichungen 3.2 abgewandelt werden.
Anstelle von UBEa muss dort nun
UBEa − (ICa + IBa )RE
(3.6)
gesetzt werden. Die Wahl von RE richtet sich danach, wie stark die Stabilisierung ausfallen
soll bzw. welchen Anteil der Versorgungsspannung man dafür opfern will.
6
KAPITEL 3. ARBEITSPUNKTEINSTELLUNG
Abbildung 3.6: a) Unterbrechung der Signal-Gegenkopplung b) Stabilisierung mit Emitterwiderstand
3.2
Arbeitspunkteinstellung beim FET
Da unipolare Transistoren nur extrem kleine Gateströme aufweisen, kommt eine Einstellung des Arbeitspunktes durch Festlegung des Gatestromes nicht in Betracht. Von den
beiden Konzepten beim bipolaren Transistor bleibt hier nur die Einstellung über die GateSource- Spannung UGS . Ein Unterschied zum bipolaren Transistor ist, dass nun sowohl
selbstsperrende (ID = 0 bei UGS = 0) als auch selbstleitende Typen existieren.
3.2.1
Einfache Schaltungen
Da der bipolare Transistor bei UBE = 0 ebenfalls keinen Kollektorstrom führt, kann die
für ihn taugliche Schaltung direkt für selbstsperrende FETs übernommen werden. (Bild
3.7a)
Beim selbstleitenden FET wird eigentlich eine negative Vorspannungsquelle benötigt.
Führt man analog zu Schaltung 3.6 b einen kapazitiv überbrückten Source-Widerstand RS
ein, dann kann diese eingespart werden. Außerdem hat die Schaltung bereits die Fähigkeit
zur Arbeitspunkt-Stabilisierung: Ein Anstieg des Drainstromes verschiebt sofort UGSa ins
Negative und kompensiert dadurch den Anstieg. Außerdem erlaubt sie im Gegensatz zu
3.7 a die Verwendung von nahezu beliebig hohen Widerständen R2 und macht dadurch
den selbstleitenden FET zum geeigneten Bauelement für Eingangsstufen mit sehr hochohmigem Eingang. Für die beiden Schaltungen nach Bild 3.7 gilt
UGSa = Ub R2 /(R1 + R2 )
zur Dimensionierung der Widerstände.
UGSa = RS IDa
3.2. ARBEITSPUNKTEINSTELLUNG BEIM FET
7
Abbildung 3.7: Arbeitspunkt-Stabilisierung beim FET
3.2.2
Veränderungen in den Kennlinien
Beim Feldeffekttransistor spielen bei Temperaturerhöhung zwei z.T. gegeneinander arbeitende Effekte eine Rolle:
a) der Kanalwiderstand steigt b) die Abschnürspannung fällt
Abbildung 3.8: Kennlinien-Veränderungen a) Temperaturänderung b) Exemplarstreuung
In der Übertragungskennlinie Bild 3.8 a macht sich der erste Effekt vor allem bei hohen Drainströmen bemerkbar, sie gehen zurück. Der zweite Effekt überwiegt bei kleinen
Drainströmen jenseits des Punktes P, und zwar stromsteigernd. Im Überschneidungspunkt P selbst heben sich beide Effekte hinsichtlich der Drainstromerhöhung weg. Der
Vergleich von Bild 3.8 a mit dem entsprechenden Bild 3.4 b beim bipolaren Transistor
zeigt, dass beim FET das Temperaturverhalten günstiger ist. Typische Unterschiede in
den Übertragungskennlinien durch Exemplarstreuung sind in Bild 3.8 b skizziert.
8
3.2.3
KAPITEL 3. ARBEITSPUNKTEINSTELLUNG
Schaltungen mit Stabilisierung des Arbeitspunktes beim
selbstsperrenden FET
Die Analogie zum bipolaren Transistor erlaubt hier wieder, dass dessen Schaltungskonzepte aus Bild 3.5 und 3.6 übernommen werden.
Abbildung 3.9: Arbeitspunktstabilisierung beim selbstsperrenden FET
Zur Dimensionierung gilt
UGSa = UDSa R2 /(R1 + R2 + R3 )
3.3
UGSa = Ub R2 /(R1 + R2 ) − RS IDa
Arbeitspunkt-Einstellung bei den übrigen Grundschaltungen
Bisher wurden nur Emitter- bzw. die Source-Schaltung betrachtet. Die Kollektor- bzw.
Drain-Schaltung bringt hinsichtlich der Arbeitspunktbetrachtungen keine wesentlich neuen Aspekte, ist doch der stabilisierende Emitter- bzw. Source-Widerstand von vornherein
Schaltungsbestandteil. Aber auch die Basis- bzw. Gate-Schaltung kann bei reiner Wechselspannungskopplung mit den geschilderten Regeln für den gewünschten Arbeitspunkt
ausgelegt werden (Bild 3.10 a). Sehr oft findet man die beiden Grundschaltungen jedoch gleichspannungsgekoppelt mit weiteren Stufen im Verbund und ihre ArbeitspunktEinstellung erfolgt dann mit jenen zusammen. Dies wird im Weiteren am Beispiel des
Operationsverstärkers besonders deutlich werden.
3.4. THERMISCHE STABILITÄT
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Abbildung 3.10: a) Arbeitspunkteinstellung bei der Basisschaltung b) Leistungshyperbeln
im Ausgangskennlinienfeld
3.4
Thermische Stabilität
Die bereits in 1.2 angesprochene Selbstzerstörung eines Transistors kann anhand des Ausgangskennlinienfeldes Bild 3.10 b beurteilt werden, wenn außer der Arbeitsgeraden (Gl.3.1
noch die Linien konstanter Verlustleistung IC · UCE = const. als Hyperbeln eingetragen
werden. Für die drei Arbeitspunkte 1, 2 und 3 ergeben sich beim Anstieg des Kollektorstromes verschiedene Möglichkeiten
• 1: ein Anstieg von ICa erhöht die Verlustleistung
• 3: ein Anstieg von ICa verringert die Verlustleistung
• 2: offenbar stellt der Arbeitspunkt 2 die Grenze zwischen den oben geschilderten
Verhaltensweisen dar.
Im Punkt 2 ist die Steigung der Arbeitsgeraden gleich der Steigung der Hyperbel IC =
const./UCE :
dIC
−1
=
dUCE
RC
dIC
−const.
−IC
=
=
dUCE
UCE
UCE
IC
1
=
UCE
RC
Einsetzen in Gl. (3.1) liefert
UCE · RC
−→ UCE = Ub /2
(3.7)
RC
die sogenannte Regel der halben Speisespannung: Wählt man die Spannung im Arbeitspunkt niedriger als die halbe Speisespannung, dann ist die Schaltung thermisch immer
stabil.
UCE = Ub −
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