Wettlauf von Venus und Jupiter

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Münchner Merkur Nr. 50 | Mittwoch, 29. Februar 2012
MEDIZINKOLUMNE
Leben
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Der Winter will sich langsam
verabschieden, der Frühling
ist aber noch nicht so richtig
angekommen. Tags ist es
schon relativ mild, nachts
bleibt es aber noch unangenehm kalt. Die Folge sind Infektionskrankheiten
der
Atemwege – und das bedeutet:
Hochsaison für Antibiotika.
Antibiotika sind eine der
großen Errungenschaften der
modernen Medizin. Krankheiten, die noch vor etwa 70
Jahren fast immer tödlich waren, können wir heute beinahe problemlos behandeln.
Aber eben nur fast. Denn jedes Medikament, das eine
Wirkung zeigt, hat leider auch
Nebenwirkungen.
Eine wesentliche Nebenwirkung der Antibiotika sind
Durchfallerkrankungen. Von
den mehr als 40 Millionen
solcher Erkrankungen pro
Jahr in Deutschland gehen
über 25 Prozent – also mindestens 10 Millionen – auf das
Konto einer Antibiotikaein-
nahme. Man nennt diese
Form der Durchfallerkrankung deshalb treffend auch
Antibiotika-assoziierte Diarrhö, kurz AAD. Leider ein oft
vernachlässigtes Problem.
Warum der eine Patient eine AAD entwickelt, der andere nicht, hängt stark von dem
Antibiotikum, dem Gesundheitszustand des Patienten
und der Art der krankmachenden Keime ab. Nicht alle
Bakterien sind Krankheitserreger. Viele nützliche Bakterien leben in unserem Darm,
wo sie unentbehrlich für die
Verdauungsarbeit und die Regeneration der Darmschleimhaut sind. Sie bilden unsere
sogenannte Darmflora, durch
die etwa Kohlenhydrate abgebaut werden.
Antibiotika können leider
nicht zwischen krankmachenden und nützlichen Bakterien unterscheiden. Deshalb können nach einer Therapie die nützlichen Darmbakterien angegriffen sein.
STERNENHIMMEL IM MÄRZ
Hauptsache gesund
Dr. Barbara Richartz
Krank durch Antibiotika
Priv.-Doz. Dr. med. habil. Barbara Richartz,
Chefärztin in der Privatklinik Jägerwinkel in
Bad Wiessee, erklärt, zu welchen Nebenwirkungen
die Medikamente führen können.
aus dem umliegenden Gewebe in den Darm – Durchfälle
sind die Folge. Des Weiteren
kann der Dickdarm seiner
Funktion, dem Eindicken
Die Darmflora kann aus dem
Gleichgewicht geraten. Zuerst können die Kohlenhydrate nicht mehr abgebaut
werden. Diese ziehen Wasser
(daher der Name) der Nahrung nicht mehr nachkommen. Der Körper verliert so
viel Flüssigkeit.
Die problematischste Verlaufsform der AAD ist aber
die Fehlbesiedlung mit einem
aggressiven Krankheitskeim,
dem Bakterium Clostridium
difficile. Dieses sondert Giftstoffe (Toxine) ab und führt
zu schwersten Entzündungen
der Darmschleimhaut. Diese
Situation ist fatal, denn eine
Antibiotika-assoziierte Diarrhö dauert meist deutlich länger als ein „normaler“ Durchfall, ist wesentlich heftiger
und muss nicht selten stationär behandelt werden.
Die Krankheit beginnt zwei
bis acht Tage nach der Antibiotikaeinnahme, manchmal
aber auch erst nach zwei bis
drei Wochen. Hat Ihr Arzt
nun ein Antibiotikum verschrieben, ist es trotz der Gefahr einer Durchfallerkrankung wichtig, dieses gemäß
der Anweisung konsequent
einzunehmen, auch wenn es
Ihnen schon nach wenigen
Tagen besser geht. Denn die
unsachgemäße
Einnahme
kann dazu beitragen, dass
Bakterien gegenüber Antibiotika resistent werden.
Die Medikamente benötigen eine gewisse Zeit, um die
Krankheitserreger komplett
abzutöten. Bekommt man bei
der Einnahme Durchfall, sollte mein keine Medikamente
einnehmen, die die Darmbewegung hemmen. Zu empfehlen ist medizinische Hefe
(Saccharomyces boulardii).
Dies führt nicht zu Wechselwirkungen mit dem Antibiotikum und bringt gleichzeitig
die gestörte Darmflora wieder
ins Gleichgewicht.
Welche Konsequenz hat
das im Alltag? Sicher nicht,
keine Antibiotika mehr zu
verschreiben. Kinder, ältere
oder geschwächte Menschen
sollten aber immer gleichzeitig ein medizinisches Hefepräparat einnehmen.
17
DIE AKTUELLE
MEDIZIN
Wie wird man
Narben wieder los?
Ob nach einer Operation
oder einem Unfall – nicht
immer verheilen Narben
so, dass man sie später
kaum noch sieht. Rote, juckende Wucherungen entlang der Wundränder sehen nicht nur unschön aus
und können Schmerzen
bereiten. Doch gibt es Verfahren, um Narben weniger auffällig zu machen
und die Beschwerden zu
lindern. Vor allzu großen
Erwartungen warnen Mediziner indes. „Dort, wo
eine Narbe ist, wird immer
eine bleiben“, sagt Dr.
Gerd Gauglitz von der Klinik für Dermatologie und
Allergologie der Universität München. „Man kann
sie leider nicht wegzaubern.“
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Wettlauf von Venus und Jupiter
Im März zaubern die Planeten besonders strahlende Bilder an den Himmel: Zunächst zieht die
Erde am Mars vorbei.
Dann überholt die kleine
Venus den Gasplaneten
Jupiter. Auch der flinke
Merkur ist kurz zu sehen.
Der Sternenhimmel im März
Himmelsanblick am
15. März um 22 Uhr MEZ
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Deneb
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VON HANS-ULRICH KELLER, DPA
Der Wettlauf der beiden hellsten Planeten erreicht Mitte
März seinen Höhepunkt: Am
15. überholt Venus den Riesenplaneten Jupiter im Sternbild Widder. Beide Planeten
leuchten bei Einbruch der
Dunkelheit unübersehbar am
Westhimmel. Der Blick zum
Abendhimmel lohnt sich vor
allem am 25. und am 26.,
wenn die Sichel des zunehmenden Mondes zuerst an Jupiter und am nächsten Abend
an Venus vorbeizieht.
Während Venus und Jupiter noch weit vor Mitternacht
vom Himmel verschwinden,
beherrscht ein anderer heller
Planet die gesamte Nacht:
Mars. Der rötliche Wüstenplanet steht am 3. im Sternbild
Löwe in Opposition zur Sonne. Da Mars der Sonne gegenübersteht, erscheint er mit
Sonnenuntergang am Osthimmel, ist um Mitternacht
hoch im Süden zu sehen und
geht in der Morgendämmerung im Westen unter.
Kurz danach überholt die
Erde Mars auf seiner inneren
Nachbarbahn. Am 5. errei-
2012
SCHWAN
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KOMPASS
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00000
chen die beiden Planeten mit
101 Millionen Kilometer die
geringste Entfernung voneinander. Das Licht vom Mars
ist damit knapp sechs Minu-
ten zur Erde unterwegs. Die
diesjährige Marsopposition
ist vergleichsweise ungünstig,
da die Erde den Mars nahe der
Stelle überholt, an der er sich
auf seiner elliptischen Bahn in
Sonnenferne befindet. Bei seiner Opposition Ende August
2003 war Mars nur etwa halb
so weit von uns entfernt wie in
diesem Jahr. Die nächste sehr
günstige Marsopposition findet am 27. Juli 2018 statt. Die
Erde nähert sich dann bis auf
knapp 58 Millionen Kilometer dem kalten, trockenen Planeten. Am 30. beginnt auf der
Nordhalbkugel des Mars der
Sommer, die nördliche Polarkappe verschwindet dann fast
völlig.
Auch Merkur zeigt sich im
März. Der flinke Himmelskörper ist immer nur wenige
Tage im Jahr entweder in der
Abenddämmerung weit im
Westen oder in der Morgendämmerung knapp über dem
Osthorizont sichtbar. In den
ersten Märztagen kann man
ihn am Abend erspähen. Etwa
eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang ist der sonnennächste Planet knapp über
dem Westhorizont als fahler,
gelblicher Lichtpunkt auszumachen. Nach dem 7. ist Merkur allerdings ohne Fernglas
nicht mehr zu erkennen.
Auch der Ringplanet Saturn zeigt sich am Nachthimmel und erscheint immer früher im Südosten. Obwohl
mehr als eine Größenklasse
lichtschwächer als Mars, zählt
er zu den Glanzpunkten am
Sternenhimmel. Anfang März
taucht er kurz nach 22 Uhr
auf, Ende März schon zwei
Stunden früher.
Am 8. sieht man den Vollmond um 10.39 Uhr im Sternbild Löwe. Neumond ist am
22. um 15.37 Uhr. Am 10. passiert der Mond seinen erdnächsten Bahnpunkt, wobei
ihn 362 400 Kilometer von
uns trennen. In Erdferne am
26. hält er sich in 405 780 Kilometer Distanz von uns auf.
Noch ziehen die hellen
Wintersternbilder die Blicke
auf sich. Sie sind aber schon
allesamt weit in die westliche
Himmelshälfte gerückt. Der
Himmelsjäger Orion neigt
sich dem Westhorizont zu. Sirius im Großen Hund funkelt
bläulich im Südwesten. Im
Westen strebt der Stier seinem
Untergang entgegen. Sein rötlicher Augenstern steht schon
recht tief. Hoch im Nordosten
ist der Große Wagen zu sehen.
Das mächtige Sternentrapez des Löwen hat fast seine
Gipfelposition im Süden erreicht. Der Löwe ist das typische Frühlingssternbild. Die
Basislinie des Löwentrapezes
wird von den beiden Sternen
Regulus und Denebola aufgespannt. Regulus bedeutet so
viel wie kleiner König während der arabische Name Denebola schlicht Schwänzchen
heißt.
Die Sonne verlässt am 12.
frühmorgens das Sternbild
Wassermann und tritt in das
Sternbild Fische. Am 20.
überschreitet sie exakt um
6.14 Uhr den Himmelsäquator und wechselt damit von
der Süd- auf die Nordhalbkugel des Firmaments. Dieser
Zeitpunkt markiert den astronomischen Frühlingsbeginn,
die Tagundnachtgleiche.
Am 25. März beginnt die
Mitteleuropäische Sommerzeit (MESZ). Um 2 Uhr morgens werden die Uhren um eine Stunde vorgestellt.
Merkur-Sprechstunde: Experten beantworten Fragen zum Knie
Wie gut helfen Spritzen?
Wann ist eine Knieprothese
nötig? Die Besucher der Merkur-Sprechstunde hatten viele Fragen zum Thema Knie.
Nicht alle konnten bei der
Veranstaltung geklärt werden.
Eine Auswahl der Antworten:
-
Ich (über 60) habe einen Knorpelschaden von
Grad IV. Ist in meinem Alter
noch eine Mikrofrakturierung ratsam?
PD Dr. Bernd Baumann:
Studien haben gezeigt, dass
die Ergebnisse nach Mikrofrakturierung mit zunehmendem Alter schlechter werden.
Vor allem weil sich der Körper
im Alter schlechter regeneriert. Dennoch ist die Altersgrenze von 50 bis 60 Jahren
nicht starr. Aufgrund der Gesamtkonstellation kann es
durchaus Ausnahmen geben.
-
Ich habe von einem individuellen Knieimplantat
(digitales 3-D-Verfahren)
gehört. Was ist das?
Prof. Volkmar Jansson: Im
Moment gibt es die Idee, beim
Operieren individuell angefertigte Schneidblöcke oder
sogar individuell an die Geometrie des Patienten angepasste Implantate zu verwenden, um die Achsausrichtung
des Kunstgelenks zu verbessern. Leider ist letztere nur eines von vielen Problemen, die
der Operateur berücksichtigen muss, sodass die „individuelle“ Anpassung der Implantate zwar sehr gut klingt,
in der jetzigen Form aber keinen wirklichen Vorteil bietet.
In Zukunft sind aber in dieser
Richtung weitere interessante
Entwicklungen zu erwarten.
-
Wie wirkt das Mittel
Suplasyn? Mir wurde eine
Spritzenkur empfohlen, als
IGEL-Leistung für 338 Euro!
PD Dr. Stefan Hinterwimmer: Der Wirkstoff der Spritze
ist Hyaluronsäure. Diese verbessert die „Fließeigenschaft“
der Gelenkflüssigkeit und so
das Milieu im Knie. Die Be-
tridschicht überzogen ist. Bei
den Polyethylenen werden
heute bevorzugt quervernetzte Materialien verwendet,
welche eine höhere Abriebfestigkeit aufweisen.
-
Knie-Experten: PD Dr. Bernd Baumann, Prof. Christian Stief,
Prof. Volkmar Jansson, PD Dr. Stefan Hinterwimmer (v. li.). KH
schwerden, verursacht durch
Knorpelschäden oder -verschleiß, können dadurch erfolgreich behandelt werden.
-
Welche
Materialien
setzt man heute für Ersatzprothesen ein?
Jansson: Bei Kunstgelenken
spielt die Härte des Metalls
und die Verschleißfestigkeit
des Polyethylens eine entscheidende Rolle. Deswegen
bevorzugt man als Metall Kobalt/Chrom-Legierungen, in
denen auch etwas Nickel
steckt, wenn der Patient keine Allergien dagegen hat. Bei
allergischen Patienten kann
man auf beschichtete Implantate zurückgreifen, bei denen
das Metall mit einer Titanni-
Ich habe nach einer Mikrofrakturierung das Gelenk gleich wieder voll belastet. War das sinnvoll?
Baumann: Im Allgemeinen
wird nach einer Mikrofrakturierung eine Teilbelastung mit
Unterarm-Gehstützen
für
sechs Wochen empfohlen. Sicherlich haben aber auch
Größe und Lokalisation des
Knorpelschadens einen Einfluss auf die Nachbehandlung,
was in Ihrem Fall eine Rolle
spielen könnte. Nach der OP
ist die Verwendung einer Motorschiene zur Erhaltung des
Beweglichkeitsumfangs und
der Ernährung des Knorpels
wichtig.
Trotzdem
sind
manchmal Einschränkungen
in der Beweglichkeit nicht
ganz zu vermeiden, die man
dann mit Physiotherapie und
gegebenenfalls weiteren Maßnahmen angehen muss.
-
Ich habe einen Schaden am Innenmeniskus.
Kann eine Änderung an
der Schuhsohle am Außenrand helfen?
Hinterwimmer: Die Schuhaußenranderhöhung ändert
nichts am Meniskusschaden
selbst. Sie führt aber zu einer
geringfügig anderen Belastung im Kniegelenk, in Ihrem
Fall zu weniger Belastung auf
der Innenseite und zu mehr
auf der Außenseite. Damit
können die Beschwerden
durch den Meniskusschaden
durchaus besser werden.
Die Experten:
Prof. Volkmar Jansson ist Direktor
der Orthopädischen Klinik in
Großhadern, LMU München.
PD Dr. Stefan Hinterwimmer ist Orthopäde am TU-Klinikum rechts
der Isar in München.
PD Dr. Bernd Baumann ist Chefarzt
an der Schön-Klinik München Harlaching.
Die Operation entscheidet
mit, wie deutlich die Narbe sichtbar ist.
DPA
Kälte und Kortison
Ob eine deutlich sichtbare
Narbe bleibt oder diese
kaum auffällt, darüber entscheidet bereits die Operation. Zu viel Zug und
Spannung auf den Wundrändern führt oft zu größeren Narben. Doch kann
man auch hinterher noch
etwas tun. Eine Behandlung bietet sich an, solange
die Narbe noch rot ist und
juckt, selbst wenn sie
schon zwei Jahre alt ist.
Ein oft eingesetztes Verfahren besteht darin, die
Narbe erst zu vereisen und
in das dadurch weichere
Gewebe Kortison zu spritzen. „Das sollte man aber
nur von jemandem machen lassen, der sich gut
damit auskennt“, empfiehlt Gauglitz.
Eine Narbe lässt sich nicht
völlig zum Verschwinden
bringen.
DPA
Farbstofflaser
Auch Laser und die Radiofrequenztherapie kommen
laut Berufsverband der
Deutschen Dermatologen
oft zum Einsatz. Damit
lässt sich die Narbe glätten,
geschmeidiger
machen
oder abtragen. Ein Farbstofflaser könne einem roten Keloid die Farbe nehmen und ihn abflachen,
sagt Gauglitz. Von einem
Keloid sprechen Mediziner, wenn die Narbe weit
über die Wundränder hinausreicht. Ist sie auf diese
beschränkt, nennt man das
hypertrophe Narbe. Wurde nicht gut operiert und
liegt zu viel Zug auf der
Wunde, könne es bei hypertrophen Narben helfen,
dies in einem Eingriff zu
korrigieren, sagt Gauglitz.
Im Idealfall bleibe nur eine
feine Linie zurück. Bei Keloiden sei eine weitere
Operation nur selten die
richtige Wahl. Denn die
Narbe kommt meist wieder. Allgemein gilt: Wer
über eine Behandlung
nachdenkt, sollte sich gut
beraten lassen. Auch sollte
man sich genau über die
Kosten informieren und ob
diese von der Krankenkasse erstattet werden.
dpa
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