DAS ERNÄHRUNGSMAGAZIN DER NESTLÉ SCHWEIZ NR. 41 2 /00 Nahrungsfasern: Vielfältig wirkungsvoll für Gesundheit und Wohlbefinden INHALT EDITORIAL THEMA Nahrungsfasern: Vielfältig wirkungsvoll für Gesundheit und Wohlbefinden 3 BLICKPUNKT Nahrungsfasern: Vielerorts wirkungsvoll 8 NESTLÉ FORSCHUNG – Netzwerk als Erfolgsfaktor in der Forschung & Entwicklung – So essen Jugendliche – Sättigung hilft bei Gewichtskontrolle – Sport als Modell für Stress 12 Besser essen – besser leben Nahrungsfasern: Vielfältig wirkungsvoll für Gesundheit und Wohlbefinden INFOTHEK 14 – Die neuen D-A-CH-Referenzwerte – Alimentarium bald noch interessanter – «Folsäure Offensive» mit Erfolg gestartet NESTLÉ SCHWEIZ 16 – Fruchtjoghurt mit prebiotischem Zusatznutzen – Neu erschienen – Gratulation an die neuen PreisträgerInnen – Ernährungspreise der Nestlé Schweiz 2001 Nutritio – Das Ernährungsmagazin der Nestlé Schweiz Zeitschrift für Fachpersonen im Gesundheitswesen Herausgeber Nestlé Suisse S.A., Service Nutrition, CH-1800 Vevey, Fax 021/924 51 13, Tel. 021/924 53 63, Internet: www.nestle.ch, e-mail: [email protected] Chef-Redaktion Dr. Bianca-Maria Exl, Ernährungswissenschafterin Redaktion Pascale Mühlemann, NDS Humanernährung ETH Text Infood, Brugg Gestaltung heusser kommunikation design, Zürich Druck Birkhäuser + GBC AG, Reinach Auflage 75 000 Exemplare, deutsch und französisch, Nutritio erscheint dreimal jährlich Zur Publikation frei mit folgender Quellenangabe: «nutritio – Das Ernährungsmagazin der Nestlé Schweiz» 2 41 – 2/00 Liebe Leserin, lieber Leser Ballaststoffe. Der Name sagt bereits, dass man sie lange Zeit als überflüssige Nahrungsbestandteile betrachtete. Vor wenigen Jahrzehnten noch vermeintlich verzichtbar, werden Nahrungsfasern – wie die Ballaststoffe mittlerweile in der Schweiz heissen – heute als wahre Gesundbrunnen für den gesamten Organismus geschätzt. Die «neue Generation Nahrungsfasern» zeigt neben vielfältig gesundheitsfördernden Wirkungen auch positive sensorische Qualitäten. Inzwischen sind Nahrungsmittel auf dem Markt, welche gezielt mit bestimmten Nahrungsfasern (z.B. Inulin) angereichert werden, um sie als «Functional Foods» für den menschlichen Organismus noch nützlicher, aber auch genussvoller zu machen. Je nach Herkunft unterscheiden sich Nahrungsfasern in ihrer Zusammensetzung, was auch zu einem vielfältigen Wirkungsspektrum führt. Erst seit jüngster Zeit weiss man, dass Nahrungsfasern nicht nur für die Verdauung unerlässlich sind, sondern auch anderweitig positiv auf den Organismus wirken. Auf diesem Gebiet wird heute intensiv geforscht; die bisherigen Erkenntnisse möchten wir in der vorliegenden Ausgabe zusammenfassen. Ihr Service Nutrition, Nestlé Suisse S.A. Dr. Bianca-Maria Exl Chef-Redaktion Pascale Mühlemann Redaktion THEMA Nahrungsfasern: Vielfältig wirkungsvoll für Gesundheit und Wohlbefinden Je nach Herkunft (Getreide, Früchte, Gemüse) Nahrungsfasern» finden Eingang in zeitgemässen beeinflussen Nahrungsfasern unsere Gesundheit Lebensmitteln. Diese entsprechen dem Bedürfnis auf vielerlei Arten positiv. Die neuen Erkenntnisse nach einer modernen, gesunden und gleichzeitig über die gesundheitsfördernden und sensorischen höchst schmackhaften Ernährung. Eigenschaften insbesondere der «neuen Generation Nahrungsfasern – Die Geschichte einer Wiederentdeckung Im Zeichen der Zivilisation wurden Nahrungsfasern wegraffiniert; heute anerkennt man zunehmend ihre Bedeutung und Wirkung im menschlichen Organismus. Der Begriff «Ballaststoffe» geht auf den Beginn des 20. Jahrhunderts zurück. Neuartige Produktionsverfahren ermöglichten zu jener Zeit, Nahrungsmittel geschmacklich zu verfeinern. Grobe, faserige pflanzliche Lebensmittelkomponenten wurden entfernt, da man sie als störend empfand. Sie galten als unnützer und für den menschlichen Körper entbehrlicher Ballast. Wer es sich leisten konnte, kaufte Weissmehl, helles Brot und geschälten Reis. Mit zunehmendem Wohlstand stieg der Konsum an raffinierten Lebensmitteln; die Zufuhr an Nahrungsfasern sank von 27 g (1956) auf 20 g (1985/86) pro Tag und Person. Nahrungsfasern, wie sie Gross und Klein schmecken: Leckere Cerealien haben den Haferbrei von anno dazumal abgelöst. Den wahren Stellenwert der Nahrungsfasern für die menschliche Ernährung erkannten die Ärzte Burkitt, Walker und Trowell. Basierend auf ihren Beobachtungen in Afrika, formulierten sie um 1970 ihre NahrungsfasernHypothese. Diese besagt, dass Nahrungsfasern für eine normal funktionierende Verdauung unerlässlich sind. So wurden aus den vermeintlich überflüssigen «Ballaststoffen» gesundheitlich bedeutende Bestandteile pflanzlicher Lebensmittel – mit ersten Zufuhrempfehlungen, die noch immer aktuell sind: 10 g /1000 kcal oder 30 g Nahrungsfasern pro Tag und Person. Dies ist sicherlich mit ein Grund, weshalb der Konsum an Nahrungsfasern 1994 /95 wieder 25 g pro Tag und Person erreichte. Einst rauh und sandig, heute angenehm und vollmundig Die erste Generation Vollkornteigwaren und Kleiebrote erfüllte die Erwartungen der Konsumenten nach einer wohlschmeckenden Ernährung noch kaum. Das Angebot an Vollkornprodukten war geschmacklich und farblich unbefriedigend und bestätigte das genussfremde Image der kleiedominierten Kost. Inzwischen hat sich einiges verändert: Nahrungsfasern sind eine sehr gut erforschte Gruppe aus der vielfältigen Palette pflanzlicher Nahrungsbestandteile: Haferkleie, Apfelpektin oder Inulin aus Zichorien – jede Nahrungsfaser entfaltet im menschlichen Körper andere, spezifische Wirkungen. Die «neue Generation Nahrungsfasern» (z.B. Inulin) ermöglicht zudem die Entwicklung geschmacklich hervorragender, vollmundiger Nahrungsmittel. Vom Birchermüesli zu modernen Frühstückscerealien Das ursprüngliche «Birchermüesli» nach Dr. Bircher-Benner ist eine Mischung aus Haferflocken, Früchten, Nüssen und Joghurt. In den letzten Jahren wurde es zunehmend von modernen Frühstückscerealien abgelöst, die dem heutigen Lebensstil in vielerlei Hinsicht besser entsprechen. Für viele Menschen steht heute nicht nur gesunde und schmackhafte Ernährung im Vordergrund; immer wichtiger werden auch Faktoren wie einfache und schnelle Zubereitung von Mahlzeiten. Dass der Verzehr an Nahrungsfasern in den letzten Jahren zugenommen hat, beruht nicht zuletzt auf der wachsenden Beliebtheit von Frühstückscerealien v.a. auch bei Kindern. Nestlé bietet verschiedene Cerealien mit hohem Nahrungsfasergehalt an (z.B. Clusters mit 9 g / 100 g oder Fitness mit 6 g /100 g). Cerealien enthalten neben Nahrungsfasern auch verschiedene andere wertvolle Nährstoffe (Mineralstoffe, Vitamine). Ergänzt mit Früchten und Milch oder Joghurt, werden Cerealien zu einer leckeren und ausgewogenen Mahlzeit. 41 – 2/00 3 THEMA Die Eigenschaften von Nahrungsfasern Nahrungsfasern sind unterschiedlich zusammengesetzt, was sich auf ihre physikochemischen und physiologischen Eigenschaften auswirkt. Dabei sind insbesondere die Wechselwirkungen mit Wasser von herausragender Bedeutung. Nahrungsfaser... «Nahrungsfasern» sind mehrheitlich pflanzliche Nahrungsbestandteile, die durch die Enzyme des menschlichen Verdauungssystems nicht abgebaut werden können. Sie passieren den Dünndarm unverändert – als «Ballast» – und werden erst im Dickdarm durch unsere Darmflora zum Teil abgebaut. ... ist nicht gleich Nahrungsfaser Ausser dem Lignin bestehen alle Nahrungsfasern aus unterschiedlich langen, unverzweigten oder verzweigten Ketten verschiedenster Kohlenhydrat-Einheiten. Die Art der Bausteine und deren Verknüpfung, die Ket- tenlänge und deren Verzweigungsgrad bestimmen die spezifischen physikochemischen Eigenschaften der einzelnen Nahrungsfasern. Eine entscheidende Rolle spielt ihre Interaktion mit Wasser: Das Wasserbindevermögen (ohne Druck), das Wasserhaltevermögen (unter Druck), das Quellvermögen, die Fähigkeit, Gele zu bilden, die Veränderung der Viskosität des Speisebreis sowie dessen Fermentierbarkeit durch die Darmbakterien erklären die meisten gesundheitlichen Vorzüge von Nahrungsfasern. Nahrungsfasern: Eine Übersicht Cellulose besteht aus linearen Ketten von bis zu 10 000 Glucose-Einheiten. Indem diese Charakteristika von Nahrungsfasern verschiedener Quellen Viele gesundheitsfördernden Eigenschaften von Nahrungsfasern basieren auf deren Interaktionen mit Wasser. Die Menge und die Art der verzehrten Nahrungsfasern bestimmen Menge und Konsistenz von Speisebrei und Stuhl und damit die Transitzeit durch den Darm. Einen wesentlichen Einfluss haben wasserbindende und gut quellbare Nahrungsfasern. Die Viskosität des Speisebreis beeinflusst zudem die Geschwindigkeit der Nährstoffaufnahme ins Blut. Jede Nahrungsfaser zeigt entsprechend ihrem Anteil im Nahrungsmittel ein spezifisches Verhaltensmuster. Apfel Erbse Weizen Zuckerrübe Karotte Nahrungsfasergehalt (Gewichtsprozent der Trockenmasse) 70 90 60 75 50 Wasserbindungskapazität (g Wasser /g Faser) 4.5 2.7 2.5 5 3.8 9 5 4 10 7.5 30 5 0.2 25 6 Quellvermögen bei Gleichgewicht (cm 3) Viskosität einer wässrigen Dispersion mit 15% Nahrungsfasern (Newton) Quelle: modifiziert nach Thebaudin JY et al. 4 41 – 2/00 sich dicht nebeneinander legen, bilden sie die harten Fasern der pflanzlichen Zellwände. Cellulose quillt in Wasser kaum auf, löst sich nicht und ist für die Darmbakterien nur wenig zugänglich. Hemicellulosen sind eine heterogene Gruppe von Polysacchariden, die nebst Glucose auch andere Kohlenhydrat-Einheiten wie Xylose oder Arabinose enthalten können. In Getreide überwiegen die Arabinoxylane (Pentosane), in Früchten und Gemüse die Xyloglucane. Die Bausteine und deren Verknüpfung, die Kettenlänge und deren Verzweigungsgrad bestimmen die physikochemischen Eigenschaften der Hemicellulosen (löslich, gelbildend, quellend oder unlöslich). Die löslichen ß-Glucane von Hafer und Gerste können zum Beispiel so viel Wasser aufnehmen, dass hochviskose Schleime entstehen. Pektine, die klassischen Geliermittel in Konfitüren und Sülzen, bestehen hauptsächlich aus den Kohlenhydraten Galacturonsäure und Rhamnose. Sie lösen sich in Wasser vollständig auf und bilden formfeste Gele oder viskose Lösungen, in denen sie bis zu sechsmal mehr Wasser binden als Cellulose. Pektine in Früchten und Gemüse tragen zur Erhöhung der Viskosität des Speisebreis bei, womit die Nährstoffaufnahme ins Blut und der Cholesterinspiegel beeinflusst werden (s. Seite 10). Im Dickdarm werden Pektine vollständig fermentiert, und zwar hauptsächlich zu Acetat. Dieses geht in den enterohepatischen Kreislauf ein, so dass Pektine eine nicht unbedeutende Menge Energie liefern. Durchschnittlich gewinnt der menschliche Körper aus jedem Gramm Nahrungsfasern ca. 2 kcal. Als resistente Stärke wird eine Stärkefraktion bezeichnet, die durch unsere Verdauungsenzyme nicht abbaubar ist (s. Box). Sie gelangt unverändert in den Dickdarm, wo sie von der Darmflora vollständig fermentiert wird. Lignin (Holzfaser) gehört als einzige Nahrungsfaser nicht zur Gruppe der Kohlenhydrate, sondern ist eine komplex aufgebaute, polymere phenolische Verbindung. Da Lignin vor allem in verholztem Gewebe vorkommt, ist unser Lignin-Verzehr eher gering. Zu den löslichen Nahrungsfasern gehört auch eine grössere Anzahl Polysaccharide, die als Verdickungs- und Geliermittel verwendet werden; u.a. die Pflanzenexsudate Gummi arabicum und Traganth, die Meeresalgenextrakte Agar-Agar, Alginat und Carrageenan, die Samenschleime (Kernmehle) Carubin, Guar und Tara sowie bakterielle Polysaccharide, z.B. Xanthan (s. Box Seite 7). Ebenfalls löslich sind das Fructose-Polymer Inulin und die Fructo-Oligosaccharide, die erst seit kurzem zu den Nahrungsfasern gezählt werden. Sie werden bevorzugt von den positiven Bifidobakterien als Substrat verwendet und fördern damit deren Wachstum. Man bezeichnet sie aus diesem Grunde auch als Prebiotika (s. Seite 10). Nahrungsfasern analysieren Der Nahrungsfasergehalt eines Lebensmittels wird durch eine simulierte Verdauung gemessen. Dabei hängt der Messwert vom Verlauf des Eiweiss-, Fett- und Kohlenhydrat-Abbaus ab. Die weit verbreitete AOAC-Methode der «Association of Official Analytical Chemists» erfasst zwar die löslichen und unlöslichen Nahrungsfasern, die Fructo-Oligosaccharide jedoch überhaupt nicht und die resistente Stärke nur zu einem kleinen Teil. Zur Erfassung von Inulin, Fructo-Oligosacchariden und resistenter Stärke gibt es inzwischen spezifische Analysemethoden. Auch Stärke wird nicht vollständig abgebaut Je nach Lebensmittel und dessen Verarbeitung ist ein Teil der Stärke weder von der Speichelamylase noch von den Verdauungsenzymen des Dünndarms spaltbar. Dieser Teil ist also «resistent» und zählt zu den Nahrungsfasern. Resistente Stärke gelangt unverändert in den Dickdarm. Dort wird sie vollständig fermentiert und liefert dem Körper kurzkettige Fettsäuren, darunter v.a. Butyrat. Zur resistenten Stärke gehören: Native Stärke – Getreidestärke ausgenommen – aus roher oder unvollständig gekochter Kost (z.B. Bananen, rohe Kartoffeln). Physikalisch unzugängliche Stärke, deren Umhüllung, beispielsweise eine Zellwand, im Dünndarm nicht aufgeschlossen werden kann (z.B. ganze Erbsen). Einteilung der Polysaccharide und der Nahrungsfasern Nicht-StärkePolysaccharide Nicht-CellulosePolysaccharide Weitere Polysaccharide Pektine Lösliche Fasern Lebensmittel-Polysaccharide Nahrungsfasern Retrogradierte Stärke, die beim Abkühlen von stärkehaltigen Nahrungsmitteln entsteht (z.B. gekochte Kartoffeln). Lebensmittel Resistente Stärke * Unlösliche Fasern Hemicellulosen Cellulose Abbaubare Stärke Bemerkung: Lignin zählt zu den unlöslichen Nahrungsfasern, ist aber kein Polysaccharid. * resistente Stärke ist mit wenigen Ausnahmen wasserunlöslich Chemisch modifizierte Stärke, die in der Lebensmittelindustrie z.B. als Verdickungsmittel eingesetzt wird. Quelle: modifiziert nach Gurr MI & Asp N-G Gesamte Stärke Resistente Stärke (g / 100 g Trockensubstanz) Weissbrot 77 1 (1.3 %) Vollkornbrot 60 1 (1.7 %) gekochte Kartoffeln, heiss 74 5 (6.8 %) gekochte Kartoffeln, kalt 75 10 (13.3 %) Spaghetti (al dente) 79 5 (6.3 %) Quelle: nach Englyst HN et al. 41 – 2/00 5 THEMA Früchte, Gemüse und Getreide: Die besten Lieferanten von Nahrungsfasern Ernährungsfachleute empfehlen zum Wohl von Stoffwechsel und Verdauung eine nahrungsfaserreiche Kost. Gemeint ist eine abwechslungsreiche, geschmacklich vielfältige Küche, die auf Früchten, Gemüse und Getreide basiert. Traditionell sind Früchte, Gemüse und Vollkorngetreide sowie Hülsenfrüchte und Nüsse die tragenden Pfeiler einer Kost, welche reich an Nahrungsfasern ist. Die als minimal erwünschte Zufuhrmenge von 30 g Nahrungsfasern pro Tag lässt sich aber nur erreichen, wenn die genannten Lebensmittel vermehrt in unsere Ernährung integriert werden. Täglich fünf Portionen Früchte oder Gemüse sowie vier Portionen Getreideprodukte, welche nicht ausschliesslich Vollkornvarietäten sein müssen, würden ausreichen. Letztere bieten sich in Form von Brot, Cerealien (z.B. Nestlé Fitness oder Nestlé Fitness & Fruits), Reis oder auch Teigwaren an. 1997 verzehrte aber ein Fünftel der SchweizerInnen nicht einmal eine Portion Gemüse bzw. Salat pro Tag; bei Früchten war es sogar ein Drittel. Eine nahrungsfaserreiche Kost mit viel Früchten und Gemüse sowie regelmässig mit Produkten aus Vollkorngetreide bringt neben dem positiven Einfluss auf Verdauung und Stoffwechsel noch weitere gesundheitliche Vorteile: So werden mehr Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe, dafür weniger Fett und Energie aufgenommen. Nach dem Verzehr von nahrungsfaserreicher Kost ist man zudem länger satt, was der Gewichtskontrolle entgegenkommt. Wichtig: Ein erhöhter Konsum an Nahrungsfasern bedarf einer ausreichenden Wasserzufuhr, damit die Nahrungsfasern ihre volle Wirkung entfalten können. Wie faserreiche Kost die Verdauung reguliert Die positive Wirkung einer nahrungsfaserreichen Kost beginnt bereits im Mund. Durch das längere Kauen wird die Nahrung vollständiger zerkleinert und gründlicher mit dem dabei rege fliessenden Speichel und seinen Verdauungsenzymen durchmischt. Die Verdauungsphase im Mund ist die erste Stufe für eine erfolgreiche Verdauung. Nahrungsfaserreiche Mahlzeiten verweilen länger im Magen und wirken daher länger sättigend. Vor allem die viskositätserhöhen- Schicksal der Nahrung im Darm Im Unterschied zu den Nährstoffen erreichen Nahrungsfasern den Dickdarm. Dort werden sie teilweise von den Darmbakterien fermentiert. Nahrung Dünndarm: verdaute und absorbierte Lebensmittelinhaltsstoffe z.B. Nährstoffe unverdaute, nicht absorbierte Lebensmittelinhaltsstoffe z.B. Nahrungsfasern Dickdarm: von Bakterien als Substrat verwertet mikrobielle Metabolite absorbiert mikrobiell unverändert Erhöhung der Biomasse nicht absorbiert Exkretion mit Faeces Quelle: modifiziert nach Biesalski H–K 6 41 – 2/00 den, gelbildenden Nahrungsfasern (z.B. Pektine, lösliche ß-Glucane) verlangsamen die Magenentleerung. Im ersten Abschnitt des Dünndarms verzögern die gelbildenden Nahrungsfasern die Resorption der Nährstoffe. Durch ihr Aufquellen bilden sie ein voluminöses Netzwerk, welches die Diffusion der Nährstoffe zur Darmwand und damit die Nährstoffresorption erschwert. Möglicherweise beeinflussen die Nahrungsfasern auch die Aktivität der Verdauungsenzyme, indem sie diese kurzzeitig binden oder hemmen. Die Resorptionshemmung gewisser Spurenelemente (z.B. Eisen, Zink) durch Phytinsäure, einen Begleitstoff der Nahrungsfasern, scheint nur bei erhöhter Zufuhr isolierter Nahrungsfasern Bedeutung zu haben (z.B. bei erhöhter Verabreichung von Kleie aus therapeutischen Gründen). Im letzten Abschnitt des Dünndarms kommt zunehmend die Wirkung der unlöslichen Nahrungsfasern zum Ausdruck. Durch die Vergrösserung des Speisebreivolumens stimulieren sie die Darmbewegung und beschleunigen so den Transit. Im Dickdarm beeinflussen Nahrungsfasern das Volumen und die Beschaffenheit des Stuhls, aber auch die Darmflora (s. Seite 10). Faserreicher Speisebrei wird dank des Wasserhaltevermögens der Nahrungsfasern weniger eingedickt als faserarmer. Er bleibt deshalb weicher und voluminöser und beschleunigt damit den Transit durch den Dickdarm. Die kurze Kontaktzeit des Stuhls mit der Darmwand bringt mehrfachen Nutzen: Einerseits treten weniger Verstopfung und Darm-Ausstülpungen (Divertikulosen) auf; andererseits können toxische, z.B. krebserregende Stoffe, welche mit dem Stuhl aus dem Körper geschafft werden, im Dickdarm weniger lang wirken. Dies erklärt teilweise das seltenere Auftreten von Dickdarmkrebs bei nahrungs- faserreicher Kost. Die Erhöhung des Stuhlvolumens hängt stark von der Fermentation der Nahrungsfasern ab. Wenig fermentierbare Nahrungsfasern wie Cellulose führen zu einer stärkeren Stuhlvergrösserung. Stärker fermentierbare Fasern werden dagegen von den Mikroorganismen unserer Darmflora zu kurzkettigen Fettsäuren wie Acetat, Propionat und Butyrat sowie zu Gasen abgebaut. Letztere sorgen für eine Lockerung des Stuhls. Die kurzkettigen Fettsäuren senken den Säurewert (pH) im Darm. Sie fördern damit das Wachstum der gesunden Darmbakterien und erhöhen die Biomasse im Stuhl. Zusätzlich dient Butyrat den Zellen der Darmschleimhaut als Energiequelle und sorgt für eine intakte Darmschleimhaut, die so zur wirkungsvollen Barriere gegen Krankheitskeime wird. Genusswert: Nahrungsfasern verfeinern Lebensmittel Anteile verschiedener Nahrungsfasern und ihr Einfluss aufs Stuhlgewicht Der Verzehr von Weizenvollkornbrot führt – wie im Vergleich unten ersichtlich – zum grössten Stuhlvolumen. Erklärbar ist dies dadurch, dass Weizenvollkornmehl erhebliche Mengen an wasserunlöslichen Hemicellulosen und Cellulose enthält, aber vergleichsweise nur wenig lösliche Nahrungsfasern. Weizenvollkornbrot 3.1 23.4 39.4 24.5 9.6 Stuhlgewichtszunahme* + 98 g Roggenvollkornbrot 3.1 39.4 27.7 20.2 9.6 + 78 g Getrocknete Hülsenfrüchte 28.7 13.8 19.2 33.0 5.3 + 36 g Verschiedene Kohlarten 35.1 2.1 14.9 39.4 8.5 + 45 g Äpfel, Birnen und Bananen 25.5 7.4 18.1 35.1 13.9 + 29 g Johannisbeeren, Äpfel und Birnen 21.3 Pektine (in %) Hemicellulosen löslich (in %) 4.3 24.5 Hemicellulosen unlöslich (in %) * bei Zulage von 14 Gramm Nahrungsfasern in Form des Nahrungsmittels zu einer nahrungsfaserarmen Kost 39.4 10.6 Cellulose (in %) + 60 g Weitere Nahrungsfasern und Begleitstoffe (in %) Quelle: modifiziert nach Feldheim W In der Lebensmittelindustrie sind verschiedene Nahrungsfasern aus sensorischen Gründen beliebt. So werden lösliche Nahrungsfasern (z.B. Pektine, Agar-Agar) seit Jahrzehnten als Gelier- und Verdickungsmittel genutzt. Sie bringen in Joghurts, Cremen, Konfitüren, Backfüllungen sowie Couverturen die richtige Konsistenz und wirken stabilisierend auf Dispersionen (Systeme zweier nicht ineinander lösbaren Phasen). Ihre Cremigkeit ist mit dem Schmelz von Fett vergleichbar. Einzelne dieser löslichen Nahrungsfasern (z.B. Xanthan, Alginate) werden deshalb als Fettersatzstoffe eingesetzt. Der Konsumentennutzen daraus ist mehrfach: weniger Fett, mehr Nahrungsfasern und vollmundigerer Geschmack. Nahrungsfasern, die einem Lebensmittel aus technologischen Gründen beigefügt werden, gelten als Zusatzstoffe und werden mit sogenannten E-Nummern deklariert; beispielsweise Pektine mit E440 oder Cellulose mit E460. Die Einteilung der Zusatzstoffe in E-Nummern sollte der besseren Information der VerbraucherInnen dienen. Heute zeigt sich aber, dass unter E-Nummern oftmals gesundheitsschädigende Stoffe verstanden werden. Das Wissen, dass sich hinter einer E-Nummer auch so harmlose Substanzen wie z.B. Vitamin C, Vitamin E oder eben Nahrungsfasern verbergen können, muss sich erst noch durchsetzen. 41 – 2/00 7 BLICKPUNKT Nahrungsfasern: Vielerorts wirkungsvoll Einfach gesünder Mit einer nahrungsfaserreichen Kost werden mehr Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe, dafür weniger Fett und Energie aufgenommen. Eine nahrungsfaserreiche Kost mit viel Früchten und Gemüse sowie regelmässig Vollkorngetreide zahlt sich gesundheitlich mehrfach aus. Die verschiedenen Nahrungsfasern regulieren nebst der Verdauung eine Vielzahl Zahnpflege Intensives Kauen von faseriger Kost pflegt das Zahnfleisch und beugt Karies vor. Der rege fliessende Speichel puffert Säureattacken auf den Zahnschmelz ab. von Stoffwechselprozessen. Gewichtskontrolle Nach dem Verzehr von nahrungsfaserreicher Kost ist man schneller und länger satt, was der Gewichtskontrolle entgegenkommt. Nahrungsfasern-Vielfalt «Nahrungsfasern» sind Nahrungsbestandteile, die durch die Enzyme des menschlichen Verdauungssystems nicht abgebaut werden können. Sie passieren den Dünndarm unverändert – als «Ballast» – und werden erst im Dickdarm durch unsere Darmflora zum Teil abgebaut. Alle Nahrungsfasern (ausser Lignin) bestehen aus unterschiedlich langen, unverzweigten oder verzweigten Ketten verschiedener Kohlenhydrat-Einheiten. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Zusammensetzung unterscheiden sie sich bezüglich ihrer physikochemischen Eigenschaften und der daraus resultierenden physiologischen Wirkung deutlich voneinander. Die meisten gesundheitlichen Vorzüge von Nahrungsfasern beruhen auf ihrem Wasserbindevermögen, ihrem Wasserhaltevermögen, ihrem Quellvermögen, der Gelbildung, der Viskositätsveränderung des Speisebreis sowie dessen Fermentierbarkeit durch die Darmbakterien. Verlängerte Sättigung Nahrungsfaserreiche Mahlzeiten verweilen länger im Magen und wirken daher länger sättigend. Vor allem die viskositätserhöhenden, gelbildenden Nahrungsfasern (z.B. Pektine, lösliche ß-Glucane) verlangsamen die Magenentleerung. Stabiler Blutzuckerspiegel In hochviskosen, faserreichen Speisebreien (lösliches ß-Glucan, Pektin, Guar) diffundieren Nährstoffe wie Glucose nur langsam zur Darmwand und werden somit verzögert ins Blut aufgenommen. Lösliche, hochviskose Nahrungsfasern senken deshalb den glykämischen Index eines Lebensmittels und führen zu einem verlangsamten Anstieg des Blutzuckerspiegels. Darmflora Fermentierbare Nahrungsfasern werden von der Darmflora zu kurzkettigen Fettsäuren wie Acetat, Propionat und Butyrat abgebaut. Diese senken den Säurewert (pH) im Darm und fördern so das Wachstum gesunder Darmbakterien. Einzelne fermentierbare Nahrungsfasern, die Prebiotika, dienen bevorzugt den gesundheitlich positiven Bifidobakterien und Lactobacillen als Nahrung und fördern so deren Wachstum. 8 41 – 2/00 Gut gekaut Faserreiche Nahrung wird länger gekaut, wodurch sie vollständiger zerkleinert und gründlicher mit dem dabei rege fliessenden Speichel und seinen Verdauungsenzymen durchmischt wird. Gleichmässigere Insulinausschüttung Eine verlangsamte Glucoseaufnahme geht einher mit einer verzögerten Insulinantwort. Dies ist ein unabhängiger Indikator für das Herz-Kreislauf-Risiko, z.B. für eine zukünftige Gewichtszunahme oder Bluthochdruck. Speiseröhre Lunge Lunge Einfluss auf das Blutcholesterin Guar, Pektine, lösliche ß-Glucane und andere hochviskose Nahrungsfasern senken den Blutcholesterinspiegel, indem sie Gallensäuren in hochviskose Speisebreie einschliessen und deren Reabsorption verhindern. Damit wird der Körper gezwungen, vermehrt zirkulierendes Blutcholesterin zur Gallensäuresynthese zu verwenden, wodurch der Blutcholesterinspiegel sinkt. Transit durch den Darm Vor allem die wasserunlöslichen Nahrungsfasern (z.B. Cellulose und einzelne Hemicellulosen) vergrössern das Speisebreivolumen. Dadurch stimulieren sie die Darmbewegungen und beschleunigen so den Transit. Herz Leber Bauchspeicheldrüse Gallenblase Dickdarm Dünndarm Krebsprävention Es werden mehrere Hypothesen diskutiert, inwiefern faserreiche Kost hilft, einer Krebserkrankung im Dickdarm vorzubeugen: – Ein mehrheitlich aus pflanzlichen Bestandteilen bestehender Speisebrei enthält weniger gesundheitlich problematische Stoffe. – Nahrungsfasern binden verschiedene schädliche Stoffe wie biogene Amine und machen sie somit unwirksam. – Dank des beschleunigten Transits durch den Dickdarm stehen krebserregende Stoffe weniger lange in Kontakt mit der Darmschleimhaut. – Die Darmschleimhaut bzw. deren Abwehrbereitschaft ist dank den fermentierbaren Nahrungsfasern und dessen Abbauprodukt Butyrat intakt. Darmschleimhaut Aus den fermentierbaren Nahrungsfasern wird durch unsere Darmflora die kurzkettige Fettsäure Butyrat gebildet. Sie dient den Zellen der Darmschleimhaut als Energiequelle und sorgt für eine intakte Darmschleimhaut, die als wirkungsvolle Barriere gegen Krankheitskeime wirkt. 41 – 2/00 9 THEMA Nahrungsfasern aus ernährungsmedizinischer Sicht Gewisse Nahrungsfasern lassen sich auch gezielt präventiv oder gar therapeutisch einsetzen. Angestrebt wird eine verstärkt positive Wirkung auf Verdauung, Immunsystem, Blutcholesterinspiegel, Körpergewicht oder Diabetes. Hauptaugenmerk gesunder Darm Fermentierbare Nahrungsfasern werden auch «Colonic Foods» (Colon engl. = Dickdarm) genannt, da ihre Abbauprodukte (Acetat, Propionat und Butyrat) sowohl die Darmflora als auch die Abwehrbereitschaft der Darmschleimhaut stimulieren (s. Seite 7). Dies könnte die tiefe Dickdarmkrebsrate bei nahrungsfaserreicher Kost erklären. Eine weitere Erklärung ist der erhöhte Nahrungsfaserkonsum auf Kosten von tierischen Produkten. Ein hoher Verzehr von tierischen Fetten, Eiweissen und Cholesterin begünstigt nämlich den Übertritt von Gallensäuren, Fettsäuren und Eiweissbruchstücken in den Dickdarm. Dort werden sie von Bakterien zu unerwünschten sekundären Gallensäuren und biogenen Aminen um- bzw. abgebaut. Bei einer nahrungsfaserreichen Kost bilden sich solche unerwünschten Metabolite einerseits in geringerem Ausmass; andererseits werden die gebildeten Metabolite von den Nahrungsfasern gebunden und somit unwirksam gemacht. Gezielten Nutzen verspricht das Konzept der «Prebiotika» (s. Box). Diese fermentierbaren Nahrungsfasern dienen selektiv den gesundheitlich positiven Bifidobakterien und Lactobacillen als Nahrung. Studien haben gezeigt, dass Fructo-Polysaccharide wie das Inulin ebenso wie die Fructo-Oligosaccharide zu einem starken Wachstum der erwünschten Bifidobakterien und zu einer Verdrängung pathogener Keime (z.B. Clostridium perfringens) führen. Auch für Diabetes und Herz-Kreislauf von Bedeutung Für bestimmte Nahrungsfasern konnte auch deren Wirkung auf andere Körpersysteme – weit über den Verdauungstrakt hinaus – nachgewiesen werden. In hochviskosen, faserrei- Prebiotika: Optimale Nahrung für Bifidobakterien Prebiotika gehören zu den neueren physiologisch aktiven Zutaten funktioneller Lebensmittel. Prebiotika sind fermentierbare Nahrungsfasern, welche bevorzugt die gesundheitlich positiven Darmbakterien fördern, indem sie ihnen als Nahrung dienen. Damit wirken sie positiv auf Darmflora und Gesundheit. Die prebiotischen Hauptvertreter Inulin und Fructo-Oligosaccharide (FOS) sind seit langem natürliche Bestandteile der menschlichen Ernährung. Schätzungen ergaben, dass Europäer mit der normalen Ernährung täglich etwa 4 g Inulin und FOS zu sich nehmen. Inulin ist eine Mischung unterschiedlich langer Fructoseketten mit endständigen Glucosemolekülen, die so miteinander verknüpft sind, dass sie von den Verdauungsenzymen nicht gespalten werden können. Inulin wird schon lange als Fettersatzstoff geschätzt, weil es fettarme Nahrungsmittel 10 41 – 2/00 vollmundiger macht und geschmacklich abrundet. FOS werden grösstenteils enzymatisch aus Saccharose und Fructose gewonnen. Sie unterstreichen den fruchtig süssen Geschmack von Nahrungsmitteln. Erst in den letzten Jahren wurde die Bedeutung von Prebiotika als bifidogene Nahrungszutat erkannt und seither vielfach nachgewiesen. Schon mit 6 g FOS am Tag konnte eine eindrückliche Steigerung der Bifidobakterien im Stuhl erreicht werden. «Prebio1» von Nestlé ist eine optimierte Mischung von Inulin und FOS, welche bereits einigen Joghurts zugefügt wird (s. Seite 16). Die Joghurts zeichnen sich durch eine cremige Konsistenz und ein angenehmes Mundgefühl aus. Sie schmecken fruchtig süss und sind auch für Diabetiker geeignet. chen Speisebreien diffundieren Nährstoffe wie Glucose nur langsam zur Darmwand und werden somit verzögert ins Blut aufgenommen. Lösliche, hochviskose Nahrungsfasern senken deshalb den glykämischen Index (GI) eines Lebensmittels. Der GI ist ein Indikator für die Geschwindigkeit des Blutzuckeranstiegs nach dem Verzehr von Nahrungsmitteln (s. Nutritio Nr. 40). So sind Pektin und insbesondere auch Guargummi als hervorragende GI-Senker bekannt und zum Teil auch als Medikamente im Einsatz (z.B. Guarpräparate). Ein erhöhter Anteil resistenter Stärke in der Nahrung führt ebenfalls zu einem niedrigeren GI. In diesem Fall liegt der Grund für den verlangsamten Blutzuckeranstieg darin, dass weniger resorbierbare Glucose gebildet wird. Vor allem für Diabetiker ist die verlangsamte Glucoseaufnahme ins Blut und der daraus resultierende stabile Blutzuckerwert von gesundheitlicher Bedeutung, da ihr Organismus aufgrund hormoneller Störungen nicht in der Lage ist, den Blutzuckerwert zu kontrollieren. Ein tiefer GI sorgt zudem für eine länger anhaltende Sättigung. Dies ist besonders für Reduktionsdiäten von Interesse. Fazit: Mit nahrungsfaserreicher Kost lässt sich leichter abnehmen. Eine verlangsamte Glucoseaufnahme geht ausserdem auch mit einer reduzierten Insulinausschüttung einher. Dies ist ein unabhängiger Indikator für das Herz-Kreislauf-Risiko, z.B. für eine zukünftige Gewichtszunahme oder Bluthochdruck. Gewisse Nahrungsfasern senken erwiesenermassen den Blutcholesterinspiegel. Guar, Pektine und lösliche ß-Glucane schliessen Gallensäuren in hochviskose Speisebreie ein und verhindern deren Reabsorption. Damit wird der Körper gezwungen, vermehrt zirku- Literatur lierendes Blutcholesterin zur Gallensäuresynthese zu verwenden, wodurch der Blutcholesterinspiegel sinkt. Nahrungsfasern deklarieren: Derzeitiger Stand Da sich mit den verschiedenen Nahrungsfasern vielfältige physiologische Wirkungen erreichen lassen, werden sie vermehrt in funktionellen Lebensmitteln eingesetzt. Der jeweilige Produktnutzen wird dem Konsumenten im Begleittext auf der Verpackung erklärt. Allerdings sind genaue, funktionelle Deklarationen oder «Claims» (Auslobungen bestimmter Inhaltsstoffe oder Funktionen) einzelner Nahrungsfasern und ihrer spezifischen Funktion im schweizerischen Lebensmittelrecht noch nicht definiert. Ein Lebensmittel darf in der Schweiz zurzeit einzig als «nahrungsfaserreich» bezeichnet werden, wenn im genussfertigen Produkt mindestens 10 Massenprozent Nahrungsfasern und in einer Tagesration mindestens 10 g Nahrungsfasern enthalten sind (LMV Art. 180). Dagegen schlägt der Codex Alimentarius vor (provisorische Version), dass ein Produkt für die Aussage «… enthält Nahrungsfasern» mindestens 1.5 g /100 kcal oder 3 g /100 g enthalten muss. Noch wird nicht zwischen den verschiedenen Nahrungsfasern unterschieden, obwohl dies angesichts ihrer vielfältigen Wirkung sinnvoll wäre. Auch gibt es noch keine offiziell empfohlenen Richtlinien für die tägliche Einnahme von Prebiotika, so dass die derzeit vorliegenden Studien als Basis für Empfehlungen dienen müssen. Auslobungen beziehen sich somit nur auf den jeweils verwendeten spezifischen Inhaltsstoff und die beobachtete Wirkung. Wirkung von Inulin auf die Darmflora Täglich 15 g Inulin anstelle von Saccharose («Inulin-Diät») während 15 Tagen beeinflusst die Mikroflora des Darmes in ihrer Zusammensetzung wesentlich. Die gesundheitlich positiven Bifidobakterien verdrängen die teilweise pathogenen Clostridien, Fusobakterien und Bacteroide. Inulin-Diät Standard-Diät 12 % 26 % 3% 71 % 20 % 3% 0.3 % 65 % Bifidobakterien Clostridien Fusobakterien Bacteroide – Amadò R «Gesundheitsfördernde Wirkung von Nahrungsfasern», Lebensmittel-Technologie 31 (1998), 58 – 63 – Biesalski H-K «Ballaststoffe», zu beziehen beim Forum für Ernährungsmedizin, Postfach 700842, D-60558 Frankfurt a.M. – Bollinger H «Functional food – use of dietary fiber as a multi-function component», International Food Marketing and Technology 13/4 (1999), 10 –14 – Davidson MH et al. «Fiber: Forms and Functions», Nutrition Research 18/4 (1998), 617– 624 – De Vrese M «Präbiotika», ErnährungsUmschau 44/11 (1997), 398 – 402 – Eichholzer M et al. «Aktuelle Ernährungsprobleme in der Schweiz – Resultate der Schweizerischen Gesundheitsbefragung 1997», Mitteilungen aus dem Gebiete der Lebensmitteluntersuchung und Hygiene 91 (2000), 251–273 (im Druck) – Englyst HN et al. «Classification and measurement of nutritionally important starch fractions», European Journal of Clinical Nutrition 46/Suppl 2 (1992), S33 – S50 – Feldheim W «Die Bedeutung der Ballaststoffe für die Aufrechterhaltung einer normalen Darmfunktion». 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Die neue Broschüre «Nestlé: Forschung und Entwicklung an der Schwelle des 21. Jahrhunderts» gibt Einblick in diesen vielfältigen Bereich. Vernetzt auch mit Forschungs-Einrichtungen und Universitäten Eine breit angelegte Befragung des © Nestlé-Forschungszentrum 800 Millionen Franken investiert Nestlé jährlich in Forschung und Entwicklung (F&E) und beschäftigt weltweit 3500 MitarbeiterInnen in diesem Bereich. Ihre Arbeit liefert die Basis für den langjährigen Erfolg des Unternehmens. Nestlé bringt einerseits regelmässig innovative Produkte auf den Markt, andererseits werden bestehende laufend optimiert und den wechselnden Bedürfnissen der KonsumentInnen angepasst. Das Nestlé-Forschungszentrum bei Lausanne (Nestlé Research Center, NRC) betreibt hauptsächlich Grundlagenforschung auf den Gebieten «Lebensmittel» und «Life Sciences». Die acht Produkt-Technologie-Zentren (PTC), welche weltweit verteilt sind, setzen wissenschaftliche Erkenntnisse in industrielle Anwendungen um. Auf Versuchsanlagen im Kleinformat werden Produktionsverfahren geprüft und optimiert. Die Optimierungen lassen sich anschliessend in die effektive Produktion integrieren. Im asiatischen und afrikanischen Raum werden in zwei Adaptationszentren (Singapur bzw. Abidjan) die lokalen Rohstoffe untersucht und die Nestlé-Produkte den örtlichen Geschmäckern angepasst. In den vielen Anwendungsgruppen der weltweit 500 Nestlé-Produktionsstätten wird schliesslich konkrete Produktentwicklung betrieben. Alle F&E-Einheiten des Unternehmens arbeiten in engem Kontakt und regem Austausch miteinander. 12 41 – 2/00 Ein weiterer Qualitätsaspekt des Nestlé F&ENetzwerks ist die weltweite Zusammenarbeit mit Forschungsinstituten und Universitäten. So sind beispielsweise für die Entwicklung moderner Lebensmittel mit gesundheitlichem Zusatznutzen (sogenannte funktionelle Lebensmittel) aufwändige klinische Tests erforderlich. Diese werden in Spezialkliniken durchgeführt, welche über die notwendige Erfahrung verfügen. Das F&E-Netzwerk von Nestlé hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten zunehmend geöffnet und ist heute ein beachteter und geschätzter Studienpartner, der Wesentliches zur Wissensvermehrung im Bereich Ernährung beigetragen hat und weiterhin beiträgt. Die neue Broschüre «Nestlé: Forschung und Entwicklung an der Schwelle des 21. Jahrhunderts» liefert einen Überblick über die Zielsetzungen der F&E-Tätigkeit sowie Erfolgsgeschichten von Produkten und beispielhaften Forschungsarbeiten. Gratis zu bestellen bei: Nestlé Suisse S.A., Service Nutrition Postfach 352, 1800 Vevey, Fax 021/924 51 13, e-mail: [email protected] Prof. Dr. Andrea Pfeifer Direktorin des Nestlé-Forschungszentrums in Lausanne Instituts für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Lausanne in Zusammenarbeit mit dem Nestlé-Forschungszentrum ergab, dass Jugendliche im Kanton Waadt ähnliche Essgewohnheiten haben wie Erwachsene. Im Rahmen einer Studie über Essgewohnheiten haben 3600 WaadtländerInnen im Alter von 9 bis 19 Jahren einen Fragebogen ausgefüllt. Davon führten 248 der 11- bis 16-jährigen Befragten ein dreitägiges Essprotokoll, hatten ein Gespräch mit einer Ernährungsberaterin und spendeten Blut. Im Blut wurden die Lipoprotein-Werte und der Nährstoff-Status von Eisen, Kupfer, Zink, Folsäure und Vitamin B12 bestimmt. Ergebnisse der Studie Erfreulicherweise frühstücken in der französisch sprachigen Schweiz 90% der Befragten regelmässig. Für Schüler und Jugendliche im Alter von 9 bis 16 Jahren ist das Mittagessen die wichtigste warme Mahlzeit (90%). Mit dem Wechsel in die Berufslehre oder Mittelschule wird das warme Mittagessen seltener (70%); das warme Abendessen gewinnt dagegen an Bedeutung. Zu den beliebtesten Lebensmitteln der Jugendlichen gehören Brot, Teigwaren, Kartoffeln und Cerealien. Wasser ist das bevorzugte Getränk von 70 bis 80% der Befragten. Milch, Fruchtsäfte und Limonaden werden häufiger getrunken als Light-Limonaden, Tee und Kaffee. Gemüse und Früchte kommen seltener auf den Speisezettel, als es für eine ausgewogene Ernährung wünschenswert wäre. Die Auswertung der Essprotokolle ergab, dass die durchschnittliche Energiezufuhr etwa 10% unter den alters- und geschlechtsspezi- fischen Empfehlungen liegt. Die Nährstoffverteilung weicht ebenfalls von den Empfehlungen (max. 30% der Gesamtenergiezufuhr aus Fett und mind. 55% aus Kohlenhydraten) ab. Der Fettanteil der Nahrung ist mit 37 kcal-% zu hoch und besteht laut Studienergebnis zu 45% aus gesättigten Fettsäuren. Entsprechend weist das Lipoproteinprofil bei 2% der Befragten auf ein mögliches Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten hin. Mit 49 kcal-% liegt der Kohlenhydratanteil der Nahrung zu tief, ebenso die täglichen 13 g Nahrungsfasern. Bei einzelnen Nährstoffen sind die Empfehlungen nicht erreicht worden (Magnesium, Calcium, Eisen, Vitamine A, E, B1). 2% der befragten Jugendlichen haben einen zu tiefen Eisen-Status. Das Essverhalten der Waadtländer Jugendlichen lässt sich als durchaus traditionell bezeichnen. Es widerspiegelt die gängigen Essgewohnheiten der erwachsenen SchweizerInnen. Sport als Modell für Stress In der Stressforschung wurde bis anhin insbesondere der psychische Stress untersucht, obwohl dieser schwierig zu messen ist und subjektiv empfunden wird. Eindeutige Stresssymptome wie vermehrter Sauerstoffumsatz, erhöhte Herzfrequenz und Körpertemperatur, Veränderungen der zirkulierenden Blutzellen und Hormone lassen sich aber auch mittels körperlicher Aktivität auslösen und sind zudem objektiv Literatur – Cavadini C, Decarli B, Dirren H, Cauderay M, Narring F, Michaud P-A «Assessment of adolescent food habits in Switzerland», Appetite 32 /1 (1999), 97– 106 – Decarli B, Cavadini C, Grin J, Blondel-Lubrano A, Narring F, Michaud P-A «Food and nutrient intakes in a group of 11 to 16 year old Swiss teenagers», Int J Vit Nutr Res 70/3 (2000), 139 – 147 Sättigung hilft bei Gewichtskontrolle Der Sättigungsgrad ist schwierig zu messen, da neben biochemischen auch subjektive Komponenten mitspielen. Gerade für kalorienreduzierte Diäten ist aber ein lang anhaltendes «Kein-HungerGefühl» erfolgbestimmend. SpezialistInnen des Nestlé-Forschungszentrums ermittelten deshalb, in welchem Verhältnis die Hauptnährstoffe Kohlenhydrate, Eiweisse und Fette zueinander stehen müssen, damit sie möglichst lange sätti- gen. Befragungen ergaben, dass bei isokalorischen Mahlzeiten die fettreduzierte Variante länger sättigt als die fettreiche (s. Grafik). Diese Erkenntnis wurde bei der Entwicklung von tiefkalorischen Mahlzeiten zur Gewichtsreduktion umgesetzt. Dementsprechend zeichnet sich «pro figur» von Nestlé, der fixfertige Mahlzeitersatz aus dem Kühlregal (vgl. Nutritio Nr. 40), durch eine besonders lange Sättigungsdauer aus. messbar. Sport ist in seinen Auswirkungen für den Körper je nach Intensität vergleichbar mit Überhitzung, einer traumatischen Verletzung, der Belastung während einer Operation, einem Schock infolge starker Blutung oder eben psychischem Stress wie Angst oder Erschrecken. Sollte sich körperliche Aktivität als Modell für Stress etablieren, könnte die Stressforschung einen grossen Schritt weiterkommen. Dies zur Unterstützung von Sportlern, aber auch zur verbesserten Therapie (inkl. Ernährungstherapie) von Verunfallten und Schwerkranken bei der Genesung. Denn Stress ist in jeder Form eine enorme Herausforderung für das Immunsystem. Literatur – Hoffman-Goetz L & Pedersen BK «Exercise and the immune system: a model of the stress response?», Immunology Today 15/8 (1994), 382–387 – Nieman DC et al. (Hrsg.) «Exercise and Immunology: Integration and Regulation», International Journal of Sports Medicine 19/Suppl. 3 (1998), 169–226 Fettarme Variante sättigt länger Zwei isokalorische Mahlzeiten wurden bezüglich ihrer Sättigungsdauer miteinander verglichen: eine fettreichere Variante, die dem üblichen Essverhalten entspricht, und eine fettarme. Fettarm, weil bei der Gewichtskontrolle die Reduktion der Fettzufuhr entscheidend ist. 288 Männer +15% 331 261 Frauen + 37 % 358 0 50 100 150 200 250 300 350 Zeit vom Verzehr bis zum ersten Hungergefühl in Minuten Zusammensetzung der Mahlzeiten: Fettreiche Variante: 600 kcal, davon 12% Eiweiss, 48% Kohlenhydrate, 40% Fett Fettarme Variante: 600 kcal, davon 20% Eiweiss, 60% Kohlenhydrate, 20% Fett 41 – 2/00 13 INFOTHEK Neue Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr Die neuen D-A-CH Referenzwerte Die «Empfehlungen zur Nährstoffzufuhr» der Deutschen Gesellschaft für Ernährung Die empfohlene tägliche Nährstoffzufuhr im internationalen Vergleich heissen neu «Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr». Sie sind von einer Arbeitsgruppe der Ernährungsfachgesellschaften von Deutschland, Österreich und der Schweiz aktualisiert worden. Energie (kcal) Protein (g / kg Körpergewicht) Vitamin A (mg Retinol-Äquivalent) Vitamin D (µg) Seit März 2000 gelten für Deutschland (D), Österreich (A) und die Schweiz (CH) erstmals gemeinsame Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr (D-A-CH-Referenzwerte). Neben den nutritiven Referenzwerten werden neu auch präventive Aspekte der Ernährung besprochen. Die nutritiven Referenzwerte sollen bei gesunden Personen die lebenswichtigen Körperfunktionen sicherstellen und sowohl nährstoffspezifische Mangelkrankheiten als auch eine Überversorgung mit Energie und bestimmten Nährstoffen wie Fett und Alkohol verhüten. Aufgrund des unterschiedlichen Standes der wissenschaftlichen Forschung gibt es Empfehlungen, Schätzwerte und Richtwerte (Definitionen s. Box). Basis für die Änderung einiger Referenzwerte sind international anerkannte, neuere Studien. Erreicht bzw. eingehalten werden sollen die neuen Werte aber nicht täglich, sondern im Wochendurchschnitt. Die wichtigsten Neuerungen betreffen die Zufuhr von Energie, Fett, Calcium, Folsäure (neu: Folat-Äquivalent), Vitamin E, ß-Carotin und Alkohol (s. Box). Die präventiven Aspekte berücksichtigen langfristige protektive und gesundheitsfördernde Eigenschaften von Nährstoffen und Nahrungsmittelinhaltsstoffen. Im Zentrum stehen die Vorbeugung von Osteoporose durch Vitamin K, von Neuralrohrdefekten durch Folsäure sowie von Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch Antioxidantien, sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe und Homocystein. D-A-CH Referenzwerte 2000 1) USA / KANADA DRI bzw. RDA 2) ab 1997 EU Population Reference Intake (PRI) 1993 2900 / 2300 2900 / 2200 2) 2750 / 2130 0.8 0.8 2) 0.75 1.0 / 0.8 1.0 / 0.8 2) 0.7 / 0.6 5 5 10 Vitamin E (mg Tocopherol-Äquivalent) 14 / 12 15 3) Vitamin K (µg) 70 / 60 80 / 65 2) 1 µg pro kg Körpergewicht Thiamin (Vitamin B1) (mg) 1.2 / 1.0 1.2 / 1.1 1.1 / 0.9 Riboflavin (Vitamin B2) (mg) 1.4 / 1.2 1.3 / 1.1 1.6 / 1.3 Niacin (mg Niacin-Äquivalent) 16 / 13 16 / 14 18 / 14 Vitamin B6 (mg) 1.5 / 1.2 1.3 1.5 / 1.1 Folsäure (µg Folat-Äquivalent) 400 400 200 Pantothensäure (mg) 6 5 4 –7 30 – 60 30 15 – 100 Biotin (µg) Vitamin B12 (µg) 3.0 2.4 1.4 Vitamin C (mg) 100 90 / 75 45 Calcium (mg) 1000 1000 700 Phosphor (mg) 700 700 550 350 / 300 420 / 320 150 – 500 10 / 15 10 / 15 2) 9 / 19 150 4) 150 2) 130 Fluor (mg) 3.8 / 3.1 3.1 5) Zink (mg) 10 / 7 15 / 12 2) 19.5 / 75 Selen (µg) 30 – 70 55 55 Kupfer (mg) 1.0 – 1.5 1.5 – 3.0 2) 1.1 Mangan (mg) 2.0 – 5.0 2.0 – 5.0 2) 6) Chrom (µg) 30 – 100 50 – 200 2) 6) 50 – 100 75 – 250 2) 6) Magnesium (mg) Eisen (mg) Iod (µg) Molybdän (µg) Literatur – Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Österreichische Gesellschaft für Ernährung, Schweizerische Gesellschaft für Ernährungsforschung, Schweizerische Vereinigung für Ernährung (Hrsg.) «Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr», Umschau/Braus (2000), ISBN 3-8295-7114-3 – Arbeitsgruppe Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr «Auflistung und Kommentar der Neuerungen bei den Referenzwerten für die Nährstoffzufuhr der DGE, ÖGE, SGE und SVE», Ernährungsumschau 47 (2000), 80-85 – Commission of the European Communities «Reports of the Scientific Committee for Food (31st series): Nutrient and energy intakes for the European Community» (1993), ISBN 92-826-6409-0 – Food and Nutrition Board «Dietary Reference Intakes», Internet: www.nationalacademies.org – National Research Council «Recommended Dietary Allowances», National Academy Press (1989), ISBN 0-309-04041-8 14 41 – 2/00 Alle Angaben gelten für 25- bis 50-jährige, normalgewichtige Männer /Frauen mit einer für diese Altersgruppe üblichen körperlichen Aktivität. Die aufgeführten Werte enthalten einen Zuschlag für individuelle physiologische Schwankungen und decken den Bedarf von 98% dieser Bevölkerungsgruppe ab. 1) Die D-A-CH Referenzwerte entsprechen nicht den in der schweizerischen Nährwertverordnung empfohlenen Tagesdosen. 2) Bis 1997 wurde für die USA das RDA-Konzept (Recommended Dietary Allowances) angewendet, ab 1997 das DRI-Konzept (Dietary Reference Intakes). In dessen Rahmen wurden noch nicht alle Nährstoffe neu beurteilt, weshalb die DRI-Werte hier mit den älteren RDA-Werten ergänzt sind. 3) Muss individuell berechnet werden, entsprechend dem Verzehr an mehrfach ungesättigten Fettsäuren. 4) Für Deutschland und Österreich aufgrund der knapperen Versorgung 200 µg. 5) Fluor wird, abgesehen von der Kariesprophylaxe, als nicht essentiell angesehen. 6) Derzeitige Versorgung gilt als ausreichend. Für Empfehlungen fehlt die wissenschaftliche Basis. Angereicherte Lebensmittel Definitionen der Referenzwerte Empfehlungen: Wünschenswerte Zufuhrmenge basierend auf ausreichenden Kenntnissen über den durchschnittlichen Bedarf. Mit dem bereits eingerechneten Zuschlag werden individuelle physiologische Schwankungen berücksichtigt und somit der Bedarf von 98% der Bevölkerung abgedeckt. Beispiele: essentielle Fettsäuren, Eiweiss, die meisten Vitamine, einzelne Mineralstoffe. Schätzwerte: Bedarfswerte, die noch nicht mit der wünschenswerten wissenschaftlichen Genauigkeit bestimmt werden können. Beispiele: Vitamin E, Vitamin K, Biotin, Pantothensäure, ß-Carotin, die meisten Mineralstoffe, Alkohol. Richtwerte: Orientierungshilfen für eine aus gesundheitlichen Gründen vorteilhafte Regelung der Zufuhr innerhalb bestimmter Grenzen. Beispiele: Energie, Fett, Kohlenhydrate, Nahrungsfasern, Wasser. Die wichtigsten Neuerungen Richtwert für Energie Der Richtwert für die Energiezufuhr beruht auf einer neuen Messmethode, die den Energieumsatz vollständiger erfasst. Er wird daher etwas höher als bisher angesetzt. Richtwerte für Fett und Fettsäuren – Gesamtfett 30 % der Nahrungsenergie – gesättigte Fettsäuren max. 10 % der Nahrungsenergie – mehrfach ungesättigte Fettsäuren ca. 7 % der Nahrungsenergie – Verhältnis Ω6:Ω3-Fettsäuren weniger als 5:1 Empfehlung für Calcium 1200 mg /d für Jugendliche Empfehlung für Folsäure 400 µg Folat-Äquivalente/d für Erwachsene (Folat = Folsäure-wirksame Verbindung) Schätzwert für Vitamin E 12 – 15 mg Tocopherol-Äquivalente/d für Erwachsene Schätzwert für ß-Carotin 2 – 4 mg /d für Erwachsene (gilt auch für Raucher) Schätzwert für Alkohol max. 20 g /d für Männer max. 10 g /d für Frauen «Folsäure Offensive» mit Erfolg gestartet Die Folsäureversorgung der schweizerischen Bevölkerung liegt mit 171 µg/d Folat-Äquivalenten deutlich unter dem D-A-CH-Referenzwert von 400 µg /d. In der Schweiz werden offensichtlich zu wenig pflanzliche Lebensmittel wie Gemüse und Früchte, Vollkorngetreide und Kartoffeln gegessen. Die «Folsäure Offensive» soll diese «Lücke» schliessen helfen. Folsäure ist vor allem in den ersten Schwangerschaftswochen von grosser Bedeutung, wenn sich nämlich das Neuralrohr des Embryos schliesst. In diesem Stadium kann ein Folsäuremangel zu Missbildungen des Kindes führen, zum Beispiel zu Spina bifida (Offener Rücken). Ausserdem gilt heute eine Unterversorgung mit Folsäure als Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Krankheiten und Krebs. Vor diesem Hintergrund empfehlen die amerikanische Ernährungskommission und die Herausgeber der D-A-CH-Referenzwerte vor allem Frauen im gebärfähigen Alter, auf eine ausreichend hohe Folsäurezufuhr zu achten. Die Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde und Jugendmedizin hat die Hersteller aufgerufen, mit Folsäure angereicherte Lebensmittel auf den Markt zu bringen. In der Schweiz gibt es solche bereits seit längerem, z.B. in Form von Frühstückscerealien. 1999 wurde zur zusätzlichen Unterstützung die «Folsäure Offensive» gegründet. Diese FondsOrganisation unter dem Patronat von Maria Walliser wird getragen von verschiedenen Lebensmittelproduzenten, welche mit Folsäure angereicherte Produkte anbieten. Nestlé Schweiz unterstützt die «Folsäure Offensive» mit einem Förderbeitrag. Literatur – Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde und Jugendmedizin «Folatanreicherung von Getreideprodukten zur Prävention angeborener Fehlbildungen und vaskulärer Erkrankungen», Monatsschrift Kinderheilkunde 3 (2000), 286–287 – Medieninformation «Folsäure Offensive», Januar 2000, Internet: www.folsaeure.ch Alimentarium bald noch interessanter Vor fünfzehn Jahren feierte das Alimentarium in Vevey seine Eröffnung. Seither haben nahezu 750 000 Interessierte das Museum der Ernährung besucht – mehr als die Hälfte davon Kinder und Jugendliche. Vor einiger Zeit begann sich das Museumsteam unter Leitung von Dr. Martin R. Schärer Gedanken zur permanenten Ausstellung zu machen und das Konzept zu überdenken und zu optimieren. So sollen naturwissenschaftliche, technologische, kulturelle und historische Aspekte stärker miteinander verknüpft und mehr Raum für Aktualitäten geschaffen werden. Für diese Umgestaltung wird das Alimentarium von November 2000 bis Juni 2001 geschlossen. Ab 21. Juni 2001 sind Teile der Hauptausstellung wieder zu sehen. Nach Abschluss aller Arbeiten erfolgt im Juni 2002 die Wiedereröffnung. Während der Umbauphase bietet sich die einmalige Gelegenheit, die Entstehung einer Ausstellung mitzuverfolgen. 41 – 2/00 15 NESTLÉ SCHWEIZ Fruits & Fibres Nutri-Learn Frühstück und Nutri-Focus Functional Food Fruchtjoghurt mit prebiotiNeu erschienen schem Zusatznutzen «Fruits & Fibres» heisst das neue Joghurt von Nestlé Hirz, welches mehrere gesunde Eigenschaften verbindet: prebiotisch wirkende, lösliche Nahrungsfasern, kaum Fett und voller Genuss. Das neue Nestlé Hirz Joghurt «Fruits & Fibres» enthält mit Prebio1 eine optimale Kombination zweier löslicher Nahrungsfasern aus der Zichorienpflanze: Inulin und Oligofructose. Sie wirken prebiotisch, dienen also den «guten» Darmbakterien (Bifidobakterien) als Nahrung und regulieren die Darmflora und Darmfunktion. Die löslichen Nahrungsfasern von Prebio1 unterstreichen ausserdem den fruchtigen Geschmack des nahezu fettfreien Joghurts (0.3 g Fett/100 g) und sorgen für lang anhaltende Sättigung, da sie die Nährstoffaufnahme ins Blut verlangsamen. Erste Studien zeigen, dass sich Inulin bzw. Oligofructose positiv auswirken kann auf die Resorption des milcheigenen Calciums. «Fruits & Fibres» enthält mit Weizen, Gerste, Hafer und Sesam auch unlösliche Nahrungsfasern. Durch seine Zusammensetzung ist «Fruits & Fibres» von Nestlé Hirz im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung auch für Diabetiker geeignet. «Fruits & Fibres» ist in den beiden Varianten Aprikose und Ananas erhältlich. Zwei Neuerscheinungen des Service Nutrition von Nestlé Schweiz bieten Wissenswertes: Das Unterrichtsmaterial «Nutri-Learn Frühstück» vermittelt SchülerInnen anhand von Folien und im Rahmen eines Workshops die Bedeutung der ersten Mahlzeit des Tages. Das neue Faltblatt «Nutri-Focus Functional Food» liefert leicht verständliche Antworten auf die zehn häufigsten Fragen rund um funktionelle Lebensmittel. Es eignet sich gut zum Abgeben bei Vorträgen und Beratungen. Beide Neuerscheinungen sind in deutscher oder französischer Sprache erhältlich. «NutriLearn Frühstück» kann für CHF 30.– und «Nutri-Focus Functional Food» kostenlos bestellt werden bei: Nestlé Suisse S.A., Service Nutrition Postfach 352, 1800 Vevey, Fax 021/924 51 13, e-mail: [email protected] Ernährungspreise der Nestlé Schweiz 2000 Fruits & Fibres: Aprikose Ernährungsinformationen für 100 g Energiewert 47 kcal (201 kJ) Eiweisse 4g Kohlenhydrate 7g davon Milchzucker (Lactose) 4g Fruchtzucker (Fructose) 0.2 g Kristall- und Traubenzucker 0.5 g (Saccharose und Glucose) Fette 0.3 g davon gesättigte Fettsäuren < 0.1 g Nahrungsfasern 4g Natrium 43 mg 16 41 – 2/00 Gratulation an die neuen PreisträgerInnen Am 15. Juni 2000 war es wieder so weit: Anlässlich der Jahrestagung der Schweizerischen Vereinigung für Ernährung wurden die diesjährigen GewinnerInnen der Ernährungspreise der Nestlé Schweiz geehrt (Gesamtwert CHF 30 000.–). Der Preis für akademische Ernährungsforschung ging an Dr. Daniel Andreas Matzinger (Basel) für seine Arbeit «Regulation der Nahrungsaufnahme durch intraduodenalen Fettabbau: Bedeutung von Cholecystokinin in der Fett-induzierten Regulation der Sättigung und Nahrungsaufnahme beim Menschen». Preisträgerin im Bereich nicht-akademischer Ernährungsforschung ist Véronique Girod (Genf ) mit ihrer Arbeit «In Frigo Veritas oder: Kann die Leere des Kühlschrankes das Risiko einer Hospitalisierung vorhersagen?». In der Ernährungskommunikation tätig sind Monika Brülhart, Franziska Balmer, Nicole Huwyler, Alexandra Müller, Sibylle Schürch und Jenny Strahm (Bern). Sie wurden für ihre Arbeit «Internet-unterstützte Gesundheitsprävention bei Jugendlichen: Wir essen – und Du?» ausgezeichnet, in der sie das Thema Essgewohnheiten ansprechen. Der Service Nutrition der Nestlé Schweiz gratuliert allen PreisträgerInnen ganz herzlich für die hervorragenden Beiträge. Ausschreibung Ernährungspreise der Nestlé Schweiz 2001 Schon zum vierten Mal schreibt der Service Nutrition der Nestlé Schweiz seine Ernährungspreise aus, die von einer unabhängigen Jury vergeben werden. Für das Jahr 2001 sind wie immer drei Preise vorgesehen: Für eine wissenschaftlich-akademische Arbeit in der angewandten Ernährungsforschung stehen CHF 15 000.– zur Verfügung. Zweimal je CHF 7500.– werden für eine nicht-akademische Arbeit in der angewandten Ernährungsforschung und für eine Arbeit in der Ernährungskommunikation vergeben. Eingabetermin ist der 31. März 2001. Bewerbungsformular und Reglement sind erhältlich bei: Nestlé Suisse S.A., Service Nutrition Postfach 352, 1800 Vevey Fax 021/924 51 13 e-mail: [email protected]