Gebäudegeschichte

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Baugeschichtliche und kunsthistorische Beschreibung
der Gebäude Raubergasse 10, Kalchberggasse 2 und Neutorgasse 45
mit einer kurz gefassten Baugeschichte
des innerstädtischen Bereichs Raubergasse / Kalchberggasse / Neutorgasse
Graz, im Juni 2006
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I. Baugeschichtliche und kunsthistorische
Raubergasse 10 und Kalchberggasse 2
Beschreibung
der
Gebäude
Die Gebäude Raubergasse 10 (Stammhaus des Landesmuseum Joanneum) und
Kalchberggasse 2 (Landesbibliothek) bilden einen dreigeschoßigen, großflächigen
Baukomplex mit zwei Innenhöfen. Die nördliche Vierflügelanlage mit frühbarocker
Fassadierung, Hofarkaden und Hauskapelle wurde von 1665 bis 1674 von Domenico
Sciassia als Stadthaus für das Stift St. Lambrecht erbaut. Ab 1811 erfolgten
Adaptierungen für das von Erzherzog Johann gestiftete Joanneum. 1825 bis 1826
wurde der straßenseitige Trakt nach Süden verlängert. In den Jahren von 1890 bis
1893 wurde der Zubau des Bibliotheksgebäudes nach Entwurf von August Gunolt mit
neobarocker Fassadierung an der Ecke zur Kalchberggasse durchgeführt.
Abbildung 01: Gebäudekomplex Raubergasse 10, Kalchberggasse 2, Grundrissschema mit
baugeschichtlicher Entwicklung, Foto aus: Österreichische Kunsttopographie Band LIII
Von 1665 bis 1674 ließ Abt Franz von Kaltenhausen anstelle des alten Rauberhofes
ein Stadthaus für das Benediktinerstift St. Lambrecht von Grund auf neu errichten.
Baumeister war der aus Roveredo, Graubünden, stammende und seit 1639 als
Stiftsbaumeister von St. Lambrecht tätige Domenico Sciassia (1599/1603-1679).
Wegen Verschuldung mussten die Benediktiner das Gebäude bereits im Jahr 1684
an Jakob Graf von Leslie verkaufen. Unter ihm erhielt das Gebäude seine Gestalt
als zwei Stockwerke hohes Haus mit zwei Höfen. Das Gebäude, nun Lesliehof
genannt, wurde im Jahr 1689 dem Fideikommiss der Familie Leslie einverleibt und
vererbte nach dem Erlöschen der Grafen von Leslie im Jahr 1802 an den Fürsten
Johann Karl von Dietrichstein. Im Jahr 1811 wurde es von den Steirischen Ständen
angekauft, um als Standort für das von Erzherzog Johann gestiftete
innerösterreichische „Nationalmusäum“ Joanneum zu dienen.
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Abbildung 02: Lesliehof mit Garten und ehemaligem Neutor, Ölgemälde um 1800, Foto
aus: Österreichische Kunsttopographie Band LIII
Der im Gründungstatut von 1811 festgelegte Umfang des Museums umfasste acht
Bereiche: 1. Geschichte (in sieben Untergruppen werden verschiedene Materialien
dazu aufgezählt), 2. Statistik, 3. Physik und Mathematik, 4. Naturgeschichte, 5.
Chemielaboratorium, 6. Praktische Landwirtschaft, 7. Technologie, 8. Bibliothek.
Erzherzog Johann wollte mit dem Joanneum in erster Linie eine Lehranstalt
schaffen, die ihren Unterricht durch die Verwendung authentischer Objekte
veranschaulicht. Zu diesem Zweck schenkte Erzherzog Johann dem Museum seine
umfangreichen naturhistorischen Sammlungen, damit sie im neu erworbenen
Gebäude ausgestellt werden, und übernahm einen beträchtlichen Teil der
Unterrichtskosten für die ab 1812 dem Museum angeschlossene Lehranstalt mit
Lehrkanzeln für Mineralogie, Botanik, Chemie, Experimentalphysik, Astronomie und
Technologie. Der Weg des Ausbaus dieser Lehranstalt führte vom regionalen
Polytechnikum über die ständisch-technische Hochschule zur staatlichen
technischen Hochschule und endgültigen und räumlichen Trennung von Museum und
technischer Hochschule durch ihre Auslagerung aus dem Gebäude Raubergasse 10.
Nachdem die Technische Hochschule 1888 den Neubau in der Rechbauerstraße
bezogen hatte, wurden die im Besitz des Landes Steiermark verbliebenen
Sammlungen durch das neue organische Statut vom 21. Jänner 1887 zum
steiermärkischen Landesmuseum Joanneum ausgeweitet. Die neue Aufstellung der
im Museumsgebäude Raubergasse 10 untergebrachten Sammlungen wurde um die
Jahrhundertwende zum Abschluss gebracht. Die naturwissenschaftlichen
Abteilungen sind bis heute – teilweise in ihrer historischen Aufstellung – im
Museumsgebäude Raubergasse 10 verblieben, die archäologischen Sammlungen und
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das Münzkabinett wurden Anfang der 1970er Jahre nach Schloss Eggenberg
transferiert.
Das Stammhaus des Landesmuseum Joanneum beherbergt zur Zeit neben den
naturwissenschaftlichen Abteilungen auch die Direktion des Landesmuseum
Joanneum mit ihren verschiedenen administrativen Einheiten. Es ist vorgesehen,
die gesamte zentrale Administration aus dem Museumsgebäude Raubergasse 10
auszusiedeln und dieses im Rahmen des Projekts „Museumsquadrant“ als Haus der
Natur neu zu gestalten.
Gesamtanlage
Die Gesamtanlage weist einen trapezförmigen Grundriss auf, der sich durch die
ursprüngliche Lage an der mittelalterlichen Stadtmauer (entlang der heutigen
gartenseitigen Hausfront) ergab. Die nördliche Vierflügelanlage mit einem
westseitigen Gartenflügel wurde zwischen 1665 und 1674 erbaut. In den Jahren
1825 und 1826 wurde unter Erzherzog Johann der südliche Zubau errichtet,
wodurch unter Einbeziehung des bestehenden Gartenflügels ein zweiter, kleinerer
Innenhof entstand.
Museumsgebäude Raubergasse 10
Baubeschreibung. Außen. Das Gebäude bietet straßenseitig eine achtzehnachsige
Fassade, wobei die elf nördlichen Achsen (die ursprüngliche Länge des St.
Lambrechterhofes) aus der Erbauungszeit stammen. Die südlichen sieben Achsen
nach dem Fassadenknick wurden in den Jahren 1825 und 1826 verlängert; dieser
Zubau war ursprünglich neunachsig und mit schlichter Kordongesims- und
Parapetfeldergliederung ausgestattet, die neobarocke Gestaltung erfolgte zwischen
1890 und 1893.
Die Wand ist rasterartig durch Sohlbankgesimse und eine kleine Pilasterordnung
gegliedert. Im Erd- und ersten Obergeschoß sind es toskanische Pilaster, im zweiten
Obergeschoß Hermenpilaster mit geschuppten Schäften. Während die barocken
Pilaster-Halbfiguren am Barockbau unterschiedlich ausgeführt sind, alternieren am
Zubau jeweils eine männliche und eine weibliche Halbfigur. Die Gebälkszone ist
durch Maskaronkonsolen, Kartuschen und groteske Reliefs akzentuiert. Die
geohrten Fensterrahmungen haben gerade Verdachungen und je drei
Sohlbankkonsolen mit Schuppenfries.
Das rundbogige Steinportal in rustizierter Rechteckrahmung mit Pilastern und
Gebälk stammt aus der Zeit um 1670. Auf dem Gebälksfries sind sieben bemalte
Wappen angebracht, im Jahr 1811 von Leopold Zeilinger gefertigt; von links nach
rechts: Kaspar Andreas Edler von Jakomini-Holzapfel-Waasen (Ständischer
Verordneter), Ignaz Maria Graf von Attems-Heiligenkreuz (Ständischer
Verordneter), Gotthard Kuglmayr (Abt des Benediktinerstiftes Admont), Ferdinand
Maria Graf Attems-Heiligenkreuz (Landeshauptmann von Steiermark, 1801-1820),
Kajetan Graf von und zu Wildenstein (Ständischer Verordneter), Johann Nepomuk
Edler von Kalchberg (Ständischer Verordneter), Herzogtum und Kronland
Steiermark. Auch der eisenbeschlagene Torflügel mit geritzter Schlagleiste und
schmiedeeisernem Oberlichtgitter gehört in die Erbauungszeit.
Die Fassade zur Raubergasse wurde im Jahr 1997 in ihrem Originalzustand wieder
hergestellt.
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Abbildung 03: Fassade des Museumsgebäudes Raubergasse 10 zur Raubergasse, Foto:
Archiv Landesmuseum Joanneum
Abbildung 04: Eingangsportal des Museumsgebäudes Raubergasse 10, Foto: Archiv
Landesmuseum Joanneum
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Die aus der Erbauungszeit stammende Gartenfassade ist siebzehnachsig und weist
eine kleine, toskanische Pilasterordnung auf. Den horizontalen Ausgleich bilden
Sohlbank- und Kordongesimse. Die Traufe wird durch Putzfaschen unterteilt. Die
Fenster verfügen über eine kräftig profilierte Rahmung mit Ohren. In den
Obergeschoßen sind flach gerahmte Parapetfelder vorhanden. Im Erdgeschoß sind
die Steinfensterrahmen niedriger und mit Mittelpfosten ausgeführt. Das RundbogenSteinportal stammt aus der Erbauungszeit.
Baubeschreibung. Großer Innenhof. Die je sechsachsige Nord- und Westfassade
haben die gleiche Fassadengliederung wie an der Gartenseite. Die Fassaden des
Innenhofes sind mit einem rundum führenden, abschließenden Fries mit Maskarons
in den Fensterachsen ausgestattet. Die Ost- und Südseite verfügt in allen drei
Geschoßen über korbbogige Pfeiler-Arkadengänge, die Obergeschoßarkaden wurden
im 19. Jahrhundert verglast. Die Gliederung der Pfeilerarkaden erfolgt durch
vorgelegte toskanische Pilaster sowie Sohlbank- und Kordongesimse. Im ersten
Obergeschoß schmücken Maskaronschlusssteine die Arkadenscheitel. In der
Hauptachse befinden sich die zweiachsigen, kreuzgratgewölbten Hausdurchfahrten,
aus der Erbauungszeit stammend. Die Portierloge wurde 1972 eingebaut. Die
platzlgewölbte Hausdurchfahrt zwischen großem und kleinem Innenhof stammt aus
den Jahren 1825 bis 1826. Der gesamte Bereich des großen Innenhofs wurde in den
Jahren 1997 und 1998 zur Gänze restauriert.
Abbildung 05: Innenhof des Museumsgebäudes Raubergasse 10, Ost- und Südfassade, Foto:
Archiv Landesmuseum Joanneum
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Abbildung 06: Innenhof des Museumsgebäudes Raubergasse 10, Nord- und Westfassade,
Foto: Archiv Landesmuseum Joanneum
Baubeschreibung Kleiner Innenhof. Die Nord- und Westfassade stammen aus der
Erbauungszeit mit gleicher Fassadengliederung wie an der Gartenseite. Der
Westflügel von 1825/26 wurde gleichzeitig mit der Errichtung des südlichen
Bibliothekszubaues zwischen 1890 und 1893 mit geohrten Fensterrahmungen wie
am Altbestand, jedoch ohne Pilasterordnung überarbeitet.
In den ebenerdigen Arkadengängen des großen Innenhofes sowie in den
Hausdurchfahrten sind aus der Erbauungszeit stammende Türen und Fenster mit
profilierten, geohrten Rahmungen angebracht. Dort befinden sich auch
eingemauerte kleine Wappen sowie Grab- und Gedenksteine, z.T. reliefiert, die
von den ab 1782 aufgelassenen innerstädtischen Kirchenfriedhöfen stammen und
nach 1811 im Sinne eines Lapidarium hier angebracht wurden. In die Wand
eingemauert ist auch ein Steinwappen mit dem steirischem Panther, vermutlich
von der Grillbüchelbastei von Wilhelm Prantner, 1549. In der Eingangsdurchfahrt
befindet sich über einer Tür ein Sandsteinrelief „Tod des hl. Franz Xaver“, aus dem
2. Viertel des 18. Jahrhunderts.
Baubeschreibung. Innen. Keller z. T. von Vorgängerbauten. Die Stichkappen- bzw.
Kreuzgratgewölbe des Erdgeschoßes sowie der Arkadengänge im Erd- und ersten
Obergeschoß stammen aus der Erbauungszeit. Ebenso die barocke zweiarmige
Haupttreppe mit Steinbalustraden.
Zweites Obergeschoß: Der ehemalige Festsaal (heute so genannter Stucksaal) zeigt
einen symmetrischen Dekorationsaufbau um zwei profilierte Deckenspiegel, in der
Saalmitte ist das Allianzwappen Leslie-Eggenberg angebracht. Die äußerst
qualitätvolle Stuckornamentik wird durch spielende, bewegte Putti mit
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Blütengirlanden, Musikinstrumenten und Notenblättern bereichert. Der Stucksaal
verfügt über zwei venezianische Glasluster (2. Viertel des 18. Jhs.) und
Bronzebüsten Kaiser Franz´ I. und Erzherzog Johanns auf Marmorsockeln, von
Leopold Kissling (1812/1813) angefertigt.
Abbildung 07: Stucksaal
Landesmuseum Joanneum
des
Museumsgebäudes
Raubergasse
10,
Foto:
Archiv
Die ehemalige Sala terrena im westlichen Gartenflügel des ursprünglichen
Stiftshofes mit beidseitigen Fensterreihen und vierjochigen Stichkappengewölben,
die unter den Grafen Leslie um 1700 als Festsaal bemalt und von der 1972/73 ein
Joch freigelegt und restauriert worden war, gehört heute zur Landesbibliothek. Die
Gewölbestege sind durch Lorbeerstäbe betont, am Gewölbeansatz findet sich eine
von Ignudi gehaltene Scheinarchitektur, in den Gewölbewangen Büsten sowie Putti
mit Degen und Fanfaren. Den Scheitel schmücken zwei Rundmedaillons mit je zwei
Putti, die das Wappen der Familie Leslie bzw. Rüstungstücke halten.
Hauskapelle. Die Hauskapelle – ein über zwei Geschoße reichender Raum mit
dreijochigem Stichkappengewölbe und geradem Chorabschluss – stammt aus der
Erbauungszeit des St. Lambrechterhofes. Der Eingang verfügt über ein reich
geschnitztes Holzportal mit Schmiedeeisenbeschlägen, darüber ist eine Kartusche
mit der Inschrift „Gelobt Sey Jesus Christus“ angebracht. Die Wandgliederung in
der Kapelle erfolgt durch Pilaster mit korinthischen Kapitellen. Die Gewölbe
werden von schwerem, für das 3. Viertel des 17. Jahrhunderts typischen
Ohrmuschel- und Knorpelwerk mit Fruchtgehängen und plastischen Putti
überzogen, wobei sich Kartuschen für Freskenfelder bilden; der Gewölbeschmuck
wurde von Giovanni Rocco Bertoletti um 1668 angefertigt. Im Gewölbescheitel sind
zwei oblonge Deckenbilder angebracht, die den Tod des hl. Benedikt sowie seine
Aufnahme in den Himmel zeigen. In den kleineren, herz- und birnenförmigen
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Kartuschen sind Putti mit Blumen, Abtinsignien und Regelbuch dargestellt. Laut
Signatur auf dem Regelbuch stammen die Fresken von Giovanni Battista Columba.
Der Altaraufbau mit Stuccolustro-Säulen und Gebälk an der Chorwand, stammt aus
der Erbauungszeit. Das ursprüngliche Altarblatt mit einer Darstellung des hl.
Benedikt wurde zu Ehren Erzherzog Johanns durch ein Gemälde mit Taufe Christi
ersetzt (Johannes der Täufer, Namenspatron Erzherzog Johanns), sign. STARK 1818.
Über der Innenseite der Eingangstür ist eine Stuckkartusche mit Wappen der Grafen
Leslie angebracht, nach 1684.
Abbildung 08: Hauskapelle des Museumsgebäudes Raubergasse 10, Foto: Archiv
Landesmuseum Joanneum
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Gebäude Kalchberggasse 2 (Landesbibliothek)
Das Gebäude der Landesbibliothek wurde anstelle des schmalen Südflügels, der den
Gartenflügel von 1665/74 und den straßenseitigen Zubau von 1825/26 verband,
zwischen 1890 und 1893 nach einem Entwurf von August Gunolt mit historischer
neobarocker Fassadierung und Dachbalustrade errichtet. Die fünfachsige Fassade in
der Kalchberggasse ist als Pendant zum gleichzeitig errichteten Museumsneubau in
der Neutorgasse gestaltet und mit diesem durch neobarocke Parkeinfriedung und
Schmiedeeisentor verbunden. Über dem rustizierten Erdgeschoß mit
Rundbogenfenstern sind kolossale, die beiden Obergeschoße verklammernde
Pilaster angebracht. Im ersten Obergeschoß sind die Fenster höher, an den
Seitenrisaliten verfügen sie über Augenbrauengiebel. Das Eingangsportal befindet
sich an der dreiachsigen Parkseite. Die zweiarmige Treppenanlage mit
Schmiedeeisengländer sowie Türen stammt weitgehend aus der Erbauungszeit. Im
ersten Obergeschoß ist der Lesesaal untergebracht.
Abbildung 09: Das Gebäude der Landesbibliothek von der Kalchberggasse aus gesehen,
Foto aus: Kuratorium (Hrsg.), Das steiermärkische Landesmuseum Joanneum und seine
Sammlungen, Graz 1911, 432.
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Abbildung 10: Blick auf die Parkseite des Gebäudes der Landesbibliothek, Foto: Archiv
Landesmuseum Joanneum
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Abbildung 11: Das Gebäude der Landesbibliothek, das Eingangstor zum Joanneumsgarten
und das Museumsgebäude Neutorgasse 45, Foto eines unbekannten Fotografen, nach 1903,
Archiv Landesmuseum Joanneum
Joanneumsgarten
Der Joanneumsgarten ist die Parkanlage zwischen dem Gebäudekomplex
Raubergasse 10, Landhausgasse 7 (Landesbaudirektion) und Kalchberggasse 2
(Landesbibliothek). Die Anlage, die im Zuge der Errichtung des Museumsgebäudes
Neutorgasse 45 mit einem neobarocken Parkabschluss entlang der Kalchberggasse
die heutige Größe erhalten hat, stellt den Restbestand des im Jahr 1889
aufgelösten Botanischen Gartens am Joanneum dar. Diese ursprüngliche
Gartenanlage – ab 1811 auf dem Gartengrund (eine barocke Gartenanlage mit
Statuen) des Lesliehofes angelegt – war bis 1836 durch Einbeziehung der
Befestigungsanlage zwischen Neutor und Eisernem Tor ständig vergrößert, dann
aber ab 1886 zur Verbauung freigegeben worden. Im Garten steht seit 1953 das
Denkmal des Mineralogen Friedrich Mohs. Diese Bronzebüste – sie trägt die Signatur
„Modelliert von A. DIETRICH, gegossen von J. GLANZ in Wien 1841“ – war 1841 im
Joanneumsgarten aufgestellt und 1890 in den großen Innenhof des
Museumsgebäudes Raubergasse 10 versetzt worden, um dann im Jahr 1953 auf
einem neuen Postament an der Rückseite des Museumsgebäudes Neutorgasse 45
seinen jetzigen Standort zu erhalten.
Zum Bestand an Gehölzen in der Parkanlage gibt es eine botanische Untersuchung,
die zum Ergebnis kommt, dass das Vorhandensein von Resten eines
Gehölzbestandes aus dem ehemaligen Botanischen Garten am Joanneum in der
heutigen Parkanlage ausgeschlossen werden kann und bei künftigen
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Bepflanzungsmaßnahmen grundsätzlich nur auf die Bestimmungen der Grazer
Baumschutzverordnung Bedacht zu nehmen ist.
Verwendete Literatur
Die Kunstdenkmäler der Stadt Graz. Die Profanbauten des I. Bezirkes (=
Österreichische Kunsttopographie Band LIII), Wien 1997, 445-452; A. LuschinEbengreuth, Das Joanneum, dessen Gründung, Entwicklung und Ausbau zum
steiermärkischen Landesmuseum 1811-1911, in: Kuratorium (Hrsg.), Das
steiermärkische Landesmuseum Joanneum und seine Sammlungen, Graz 1911, 67148, 75 ff.; D. Ernet, Erhebung des Bestandes an Gehölzen in der Parkanlage
zwischen den Museumsgebäuden Raubergasse 10 und Neutorgasse 45 mit einem
Ausblick auf künftige Gestaltungsmöglichkeiten, Jahresbericht 2001 des
Landesmuseum Joanneum, N. F. 31, Graz 2002, 178-193.
II. Baugeschichtliche und kunsthistorische Beschreibung des Museumsgebäudes
Neutorgasse 45
Das Museumsgebäude Neutorgasse 45 tritt uns als historischer Monumentalbau mit
exedraförmigem Vorhof und neobarocker Fassadierung entgegen, der einen
zweigeschoßigen, konkaven Haupttrakt mit konvex vorgewölbtem Eingangsrisalit
und dominanter Kuppelbekrönung, flankiert von dreigeschoßigen Seitenflügeln,
aufweist. Das Gebäude wurde zwischen 1890 und 1894 als Kulturhistorisches
Landesmuseum und Kunstgewerbemuseum nach Entwurf von August Gunolt von
Josef Bullmann erbaut.
Abbildung 12: Museumsgebäude Neutorgasse 45 (Gesamtansicht), Foto aus: Kuratorium
(Hrsg.), Das steiermärkische Landesmuseum Joanneum und seine Sammlungen, Graz 1911
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Abbildung 13: Museumsgebäude
Landesmuseum Joanneum
Neutorgasse
45
(Detailansicht),
Foto:
Archiv
Abbildung 14: Museumsgebäude Neutorgasse 45, rechts vorne der südliche Seitentrakt,
Foto: Archiv Landesmuseum Joanneum
15
Seit dem Jahr 1863 wollte man auf dem Areal des Joanneumsgartens zwischen dem
Museumsgebäude Raubergasse 10 und der Neutorgasse einen neuen Museumsbau
errichten. Schließlich wurde August Gunolt – Schüler Heinrich Ferstels, ab 1876
Professor an der k.k. Staatsgewerbeschule in Graz – mit der Erstellung konkreter
Entwürfe beauftragt. Als Grundlage für die bauliche Ausführung des
Museumsgebäudes diente schließlich ein Entwurf Gunolts vom März 1889, den der
Architekt kurze Zeit später noch um einige Details verfeinerte. Im September 1889
nahm er an der südlichen Stirnseite des Gebäudes Abänderungen vor, da ein Raum
für Wechselausstellungen gewünscht wurde, der direkt von der Straße aus begehbar
sein sollte. Der Architekt dimensionierte dafür die Parterrefenster größer und
wandelte das mittlere zu einem Eingang um. Dadurch ergab sich ein Eingriff in die
auf Symmetrie ausgelegte Gesamtkonzeption.
Gunolt wurde zu seinem Plan von Barockbauten im Stile J. B. Fischer von Erlachs
inspiriert. Erkennbar ist dies vor allem an der geschwungenen Fassade in
Exedraform, die im ersten Projekt Fischer von Erlachs für das kaiserliche
Lustschloss Schönbrunn zu finden ist. Die Form taucht aber auch im Entwurf eines
„königlichen Lustgebäudes“ für Friedrich I. von Preußen auf. Direkt beeinflusst
wurde Gunolt durch die im Jahr 1889 endgültig in Angriff genommene
Fertigstellung des Michaelertraktes der Wiener Hofburg, der zwar nach Entwürfen
Fischer von Erlachs begonnen, dann aber unvollendet geblieben war. Auch die
Kuppel des Museumsgebäudes Neutorgasse 45 lässt sich auf Fischer von Erlach
zurückführen: Sie leitet sich direkt von Fischers Winterreitschulkuppel ab, die nach
den Plänen Fischer von Erlachs von seinem Sohn Josef Emanuel ausgeführt wurde.
Das Museumsgebäude Neutorgasse 45 repräsentiert die architektonische
Auseinandersetzung mit dem Barock im Geiste des Historismus in Graz.
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Abbildung 15: August Gunolt, Project für das Kulturhistorische Landesmuseum in Graz,
Hauptansicht, September 1889, Foto: Archiv Landesmuseum Joanneum
Nachdem am 15. Juli 1890 der Grazer Stadtrat die Baubewilligung erteilt hatte,
wurde am 4. August desselben Jahres die Grundsteinlegung für das
Museumsgebäude durchgeführt. Drei Jahre später wurde am 20. Juli 1893 der
Rohbau kommissioniert. Die Finalrevision fand am 8. November 1894 statt. Am 5.
Juni 1895 wurde das neue Museum von Kaiser Franz Joseph persönlich feierlich
eröffnet. Das Gebäude blieb in Graz der einzige monumentale Museumsneubau des
19. Jahrhunderts.
Sowohl im Erdgeschoß als auch im ersten Obergeschoß fehlte es jedoch bald an
Platz. Deswegen bewilligte der Steiermärkische Landtag eine schon im
ursprünglichen Bauplan vorgesehene Erweiterung des Museumsgebäudes. Die
gartenseitig unausgebaute Flucht wurde auf die Höhe des zweiten Stockwerkes
gehoben, sodass man dort die Landesbildergalerie und das Kupferstichkabinett
unterbringen konnte. In den frei gewordenen Räumen des ersten Obergeschoßes
wurde die kunstgewerbliche Mustersammlung eingerichtet. Bei dieser Aufstockung,
die man in den Jahren 1901 und 1902 durchführte, wurde das zweite Obergeschoß
nicht vom Hauptstiegenhaus her erschlossen, der Zugang zum zweiten Obergeschoß
ist vielmehr nur durch zwei separate und isolierte Stiegenhäuser im Inneren des
Gebäudes möglich.
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Abbildung 16: Grundriss des Gebäudes nach der Aufstockung mit der historischen
Raumverteilung, aus: Kuratorium (Hrsg.), Das steiermärkische Landesmuseum Joanneum
und seine Sammlungen, Graz 1911, 141
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Am landhausgassenseitigen Nordtrakt des Gebäudes erfolgte im Jahr 1949 ein
Zubau. An der Nordostecke befindet sich ein Erker mit eingebautem RenaissanceFenster von 1563 (aus Schloss Radmannsdorf, Weiz).
Baubeschreibung. Außen. Die zweigeschoßige, konkav rückschwingende Schaufront
orientiert sich in der Gesamtanlage am Michaelertrakt der Hofburg in Wien. Das
Erdgeschoß ist als rustizierte Sockelzone für die Doppel-Halbsäulengliederung des
Obergeschoßes konzipiert. In beiden Geschoßen befinden sich Rundbogenfenster.
Die Fassade wird durch ein Gebälksfries und eine Dachbalustrade abgeschlossen.
Am konvex vorgewölbten dreiachsigen Eingangsrisalit ist ein rundbogiges
Hauptportal angebracht, flankiert von gekuppelten Halbsäulen mit Volutengiebel.
Im Obergeschoß sind die Halbsäulen durch Pilaster ersetzt. Über den seitlichen
Obergeschoßfenstern befinden sich Medaillons mit Porträtreliefs der Kaiser Franz I.
und Franz Joseph, von Karl Lacher (dem Vorstand des „Vereins zur Förderung der
Kunstindustrie“, Direktor des Kunstgewerbemuseums am Joanneum und einem der
Hauptverantwortlichen für die Reorganisation des Landesmuseum Joanneum)
angefertigt, darüber befindet sich das Schriftband „Steierm. Landesmuseum
Joanneum“. Der Kuppeltambour ist geschwungen und weist Voluten,
Rundbogenöffnungen und einen Balustradenabschluss auf. Die Mittelachse schmückt
ein von Putti gehaltene Wappenkartusche mit dem steirischen Panther (von Rudolf
Vital).
An den dreigeschoßigen Seitentrakten, sind die beiden Obergeschoße jeweils durch
eine kolossale Pilasterordnung zusammengefasst, die höheren Fenster des ersten
Obergeschoßes an den seitlichen Risaliten durch Augenbrauengiebel und Stuck
betont. Der Südtrakt wird in der Kalchberggasse durch eine neobarocke
Gartenportalanlage und schmiedeeisernem Zaun mit dem gleichzeitig errichteten
Bibliothekszubau verbunden.
An der Gartenseite ist die Fassadengliederung sparsamer. Sie verfügt über einen
mittleren, dreiachsigen Portalrisalit, der – ursprünglich zweigeschoßig – 1901 mit
Ovalfenstern ausgesteckt wurde.
Baubeschreibung. Innen. In der Mittelachse befindet sich die repräsentative
Raumfolge von Vestibül, Treppenanlage und Kuppelsaal, wobei die seitlich
angeordneten Ausstellungsräume von den übereinanderliegenden, runden Sälen –
Vestibül und Kuppelsaal – aufgeschlossen werden.
Die monumentale, dreiarmige Treppenanlage weist eine Steinbalustrade und
neobarocke Deckenstuckierung auf. Die Wände verfügen über eine
Pilastergliederung sowie vier in Stuckrahmungen integrierte Ölgemälde von
Francesco de Mura (1699-1782): „Auffindung des Moses“, „Moses beschützt die
Töchter des Raguel“, „Besuch der Königin von Saba“ und „Urteil Salomos“. Zudem
ist eine Marmortafel mit dem Portraitrelief des Begründers des
Kunstgewerbemuseums Karl Lacher, (von August Rantz, 1908) angebracht. Am
Zwischenpodest befindet sich eine Gedenktafel, die an die Grundsteinlegung am
4.8.1890 durch Kaiser Franz Joseph erinnert.
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Abbildung 17: Museumsgebäude Neutorgasse 45, Treppenanlage
Verwendete Literatur
A. Luschin-Ebengreuth, Das Joanneum, dessen Gründung, Entwicklung und Ausbau zum
steiermärkischen Landesmuseum 1811-1911, in: Kuratorium (Hrsg.), Das steiermärkische
Landesmuseum Joanneum und seine Sammlungen, Graz 1911, 67-148, 140 ff.; Die
Kunstdenkmäler der Stadt Graz . Die Profanbauten des I. Bezirkes Altstadt (= Österreichische
Kunsttopographie Band LIII), Wien 1997, 393-396; H. Stocker, Das Museumsgebäude in der
Neutorgasse. Ein Werk von August Gunolt, einem Architekten des Grazer Historismus,
Jahresbericht 1996 des Landesmuseum Joanneum, N. F. 26, Graz 1997, 35-46.
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III. Kurzgefasste Baugeschichte des innerstädtischen Bereichs Raubergasse /
Kalchberggasse / Neutorgasse
Raubergasse
Die Raubergasse ist ein parallel zur Herren- und Schmiedgasse verlaufender, von
der Landhausgasse bis zur Radetzkystraße reichender Straßenzug. Die östliche,
leicht gekrümmte Straßenseite bis zur Wurmbrandgasse zählt zum ältesten
Stadtkern. Die drei- bis viergeschoßigen, trauf- und giebelständigen Häuser mit
unterschiedlichem Fassadenbild stammen überwiegend aus dem 16. und 17.
Jahrhundert. An der Westseite ist nach der Neugestaltung der Landhausgasse (1905
bis 1908: Abbruch des Vorauer und Seckauer Hofes für den Durchbruch der
Landhausgasse zu Neutorgasse) nur das Museumsgebäude Raubergasse 10 als
bedeutender Altbau erhalten, der mit seiner qualitätvolle barocke Schauseite die
Zeile akzentuiert. Das Gebäude Raubergasse 8 wurde auf den Fundamenten des
1905 abgebrochenen Seckauer Hofes (1604 bis 1783 im Besitz des Stiftes Seckau) im
Jahr 1908 als „Landes-Amtshaus“ errichtet und wurde 1968/1969 aufgestockt.
Kalchberggasse
Die Kalchberggasse stellt einen einheitlichen Straßenzug mit Bauten des
Späthistorismus dar. Die Gebäude Kalchberggasse 1 bis 5 wurden auf dem Grund
der ehemaligen Bürgerbastei errichtet. Raubergassenseitig bildet die altdeutsche
Fassade des Städtischen Amtshauses mit integriertem Durchgang zur Schmiedgasse
den östlichen Straßenabschluss.
Neutorgasse
Der auf den Gründen der ehemaligen Neutorbastei angelegte Straßenzug der
südlichen Neutorgasse wurde nach der Schleifung dieser Befestigungswerke – das
zwischen den Gebäuden Neutorgasse 44 und Neutorgasse 45 gelegene Neutor wurde
1866 abgebrochen – ab 1886 errichtet.
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Abbildung 18: Lageplan der Gebäude des Landesmuseum Joanneum, aus: Kuratorium
(Hrsg.), Das Steiermärkische Landesmuseum Joanneum und seine Sammlungen, Graz 1911
Verwendete Literatur
Die Kunstdenkmäler der Stadt Graz. Die Profanbauten des I. Bezirkes (=
Österreichische Kunsttopographie Band LIII), Wien 1997; Die Kunstdenkmäler
Österreichs. Graz (Dehio-Handbuch), Wien 1979; W. Brunner (Hrsg.), Geschichte
der Stadt Graz, Band 4, Stadtlexikon, Graz 2003
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