Bolero Night 12 Pianisten – 24 Hände Werke u. a. von Maurice Ravel, Aram Chatschaturjan, Gioacchino Rossini und Camile Saint-Saëns Die 12 Pianisten Die 12 Pianisten sind ein in ihrer Art einzigartiges Klavierensemble. Allein die Choreographie, die notwendig ist, um 24 Arme mit 120 Fingern immer im richtigen Moment die entsprechende Taste finden zu lassen, kann den Zuhörern und Zuschauern ein besonderes Vergnügen bereiten. Es erklingen selten zu hörende Originalkompositionen für 12, 16 oder sogar 24 Hände sowie Bearbeitungen populärer und beliebter „Klassik-Hits“ wie Ravels Bolero, Chatschaturjans Säbeltanz, Rossinis Wilhelm Tell oder der Karneval der Tiere von Saint-Saëns. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war es üblich, Opern, Sinfonien oder Werke für großes Orchester zuhause beim Klavierspiel zu viert an zwei Instrumenten kennen zu lernen. Entsprechend viele Bearbeitungen für diese Besetzung wurden gedruckt und verlegt. Mit der Verbreitung der Schallplatte und später CD verschwand diese hausmusikalische Praxis und die mehrhändigen Klavierwerke gerieten in Vergessenheit. 1989 fanden sich in Deutschland mehrere junge Pianisten zusammen, um diese Musik wiederzuentdecken, im Konzert aufzuführen und zeitgenössische Komponisten zu neuen Werken anzuregen. Es gab fast keine erhältlichen Kompositionen, man musste mühsam in Bibliotheken und Verlagsarchiven suchen. Heutzutage führt fast jeder Verlag 6-, 8- oder noch mehrhändigere Literatur, die private Notensammlung umfasst inzwischen mehr als 700 Kompositionen. Aus diesem ersten Ensemble mit wechselnden Mitgliedern löste sich 1996 das Klavierensemble Piano4te (gesprochen: Pianoforte) heraus, um mit vier festen Mitgliedern eine kontinuierliche Fortentwicklung zu ermöglichen ähnlich Kammermusikensembles aus dem Streicher- oder Bläserbereich. Neben dieser festen Formation entstand zusätzlich ein Großensemble, Die 12 Pianisten, indem befreundete Musiker hinzukamen. Über diese Wiederbelebung des mehrhändigen Klavierspiels berichtete die deutsche Klavierzeitschrift Piano News 2003 in Form eines mehrseitigen Interviews mit Christoph Sischka. Ausgangspunkt der Großformation war der Galop-Marche von Albert Lavignac (1846-1916), den Sischka im Jahr 2000 für zwölf Pianisten an einem Klavier bearbeitete und der eine spektakuläre Uraufführung erlebte, was knapp zwei Jahre später zu einem Eintrag in die deutsche Ausgabe des Guinness Buch der Rekorde führte (2002). Neben den „meisten Pianisten an einem Klavier“ wurde im selben Konzert auch das längste Werk für vier Flügel zu acht Händen (rund 3 Stunden) aufgeführt und ebenfalls im Guinness Buch erwähnt. Weitere spektakuläre Konzerte folgten mit unterschiedlichsten Programmen bis zu außergewöhnlichen Auftritten z. B. in einem fahrenden Zug beim 5. I nternationalen Klavierduo-Festival in Bad Herrenalb/Deutschland oder auf der Musikmesse in Frankfurt. Professionelles Klavierspiel von 4 bis 24 Händen verbunden mit einem besonde- ren optischen wie dramaturgischen Erlebnis lassen Die 12 Pianisten einzigartig erscheinen. Die im Jahr 2005 erschienene CD-SACD Bolero Night des Ensembles wurde von der Presse begeistert aufgenommen (Fono Forum, Badische Neueste Nachrichten). Die 12 Pianisten sind ein international besetztes Klavierensemble, dessen Mitglieder aus Deutschland, Russland, Japan und Ägypten stammen. Entsprechend viele Einflüsse und „Schulen“ bereichern in den Proben die künstlerische Arbeit. Die Namen der Spieler in alphabetischer Reihenfolge: Sebastian Bausch, Heike Bleckmann, Dina El-Leisy, Noriko Ishikawa-Kratzer, Manfred Kratzer, Anna Kostenitch, Christine Schandelmeyer, Tatjana und Leonid Schick, Christoph Sischka, Eriko Takezawa und Thomas Turek. Unter den Pianisten sind ein Professur der Hochschule für Musik Freiburg, Dozenten der Hochschulen in Karlsruhe, San Sebastian (Spanien) und Kairo (Ägypten), Preistr äger und Gewinner internationaler Klavierwettbewerbe in Japan, USA, Italien, Tschechien und Deutschland sowie international konzertierende Künstler, Komponisten und Pädagogen. Mehr als ein Dutzend CD-Einspielungen als Ensemble, Klavierduo oder solistisch wurden in den entspr echenden Fachmagazinen lobend erwähnt. Anmerkungen zu den Werken: Von Albert Lavignac (1846-1916) stammt das wahrscheinlich berühmteste Originalwerk für ein Klavier zu acht Händen, der Galop-Marche. Nachdem Christoph Sischka das Stück mit Korrekturen neu herausgegeben hatte, um es als humorvolles Zugabenstück der Öffentlichkeit wieder zugänglich zu machen, kam in der Vorbereitungsphase des ersten Internationalen Klavierduo-Festivals die Idee auf, das Werk für ein rundes Dutzend Pianisten umzuschreiben – allein 120 Finger auf 88 Tasten bzw. 7¼ Oktaven unterzubringen erforderte „neue pianistische Wege“: die vier SpielerInnen der Hauptstimmen sitzen auf dem Boden, die Beine unter den Flügel gestreckt, die anderen acht PianistInnen gruppieren sich „zwanglos eng“ stehend vor der Tastatur – so, dass jeder in der richtigen Oktavlage „an die Tasten kommt“. Im Idealfall kann das Publikum sogar von der Seite die Untensitzenden erspähen. Die Bearbeitung hat den formalen Aufbau A-B-A-Coda. Zu Beginn sprinten die PianistInnen in einer genau festgelegten Reihenfolge zum Flügel, wo sie sich unter bzw. vor der Tastatur mit einstimmenden Oktav - bzw. Quintschichtungen, der Stimmphase vor Beginn eines Orchesterkonzertes entsprechend, versammeln. Anschließend erklingt der Anfang v on Lavignacs Galop-Marche, gespielt von allen 12 PianistInnen. Teil B bleibt in der Originalfassung für die vier Hauptstimmen, während die acht Pausierenden sich anderweitig vergnügen können. Spannend ist der nun folgende „Rundlauf“ (bei Tischtennis sieht man das öfter…): im Dezimenabstand spielen die rechten Hände über die ganze Klaviatur chromatische Tonleitern. Derjenige Spieler, der unten angekommen ist, läuft um den Flügel herum, stellt sich „hinten“, d. h. oben, an, bis er erneut an der Reihe ist. Wenn der letzte der zwölf Spieler zum zweiten Mal unten angekommen ist, erfolgt nahtlos der Übergang in die Wiederholung von Teil A, an dessen Ende ein „Super-Glissando“ (80 Finger liegen wie Tausendfüßler-Beinchen nebeneinander auf den schwarzen und weißen Tasten) in die Schlusskadenz mündet. Die Uraufführung mit Rekordversuch fand am 3.6.2000 in Bad Herrenalb statt und wurde anerkannt, sodass der Weltrekord „ die meisten Pianisten an einem Klavier“ im Guinness Buch der Rekorde 2002 auf Seite 277 abgedruckt war. Maurice Ravel instrumentiert den Bolero in der Orchesterfassung so raffiniert, dass der stete Wechsel der Klangfarben, verbunden mit einem großangelegten crescendo die Spannung bis zum Kulminationspunkt unablässig steigert. Werner Genuit unterstreicht dies in seiner Fassung für acht Pianisten an vier Flügeln dadurch, dass die Spieler einzeln nacheinander auftreten: während der erste Spieler anfangs nur den Grundrhythmus markiert, tritt der zweite Spieler auf die Bühne und gesellt sich mit dem Thema hinzu, dann erscheint der dritte usw. bis mit dem letzten Pianistenpaar ein opulenter Klangrausch mit Glissandi und Bass-Clustern als furioses Finale einsetzt. Die vier Flügel scheinen zu beben. Geschickt hat Genuit die Zahl der Themenwiederholungen so reduziert, dass die interessanten Verzierungen, Mixturklänge und Akkordbrechungen den Klavierklang jeweils neu erscheinen lassen. Werner Genuit (1937-1997) konzertierte als Pianist und Kammermusiker in Deutschland, Kanada, Südamerika, Afrika und Asien, u. a. als Duo-Partner des Geigers Tibor Varga, der Geigerin Wanda Wilkomirska, des Cellisten André Navarra, des Klarinettisten Dieter Klöcker und als ständiges Mitglied des Consortium Classicums. Zahlreiche Aufnahmen bei fast allen Rundfunkanstalten Europas und diverse Fernsehaufnahmen sowie eine große Anzahl von Schallplattenproduktionen bei Firmen wie EMI, Teldec, Bayer, Orfeo, cpo u.a. und damit verbunden mehrfache Schallplattenpreise haben seinen Namen international bekannt gemacht. Seit 1982 war er Professor an der Staatlichen Hochschule für Musik Karlsruhe, mehrere Mitglieder der 12 Pianisten haben von ihm Anregungen erhalten bzw. bei ihm studiert. Ein besonderer Dank gilt seiner Witwe und seinem Sohn, die die Noten zur Verfügung gestellt haben. Etliche Werke nehmen Bezug auf das Thema „Oper“: Zu Wilhelm Tell von Gioacchino Rossini (1792-1868) braucht man nichts weiter zu sagen, nur sollte Ferdinand Wrede für seine geschickte Bearbeitung gelobt werden. Jean Baptiste Duvernoy (1820-1906) hingegen ist als Komponist weitestgehend vergessen, ebenso wie die Oper, deren Themen der Paraphrase zugrunde liegt. Trotzdem versteht er es, die Atmosphäre und musikalischen Eigentümlichkeiten, wie z. B. Koloraturen, wunderbar einzufangen. Auch Smoke gets in your eyes von Jerome Kern wurde 1933 für die Operette Roberta geschrieben. Der beliebte Säbeltanz aus dem Ballett „Gayaneh“ von Aram Khatchaturian (19031978) liegt bereits in zahlreichen Bearbeitungen vor. Raffi Kharajanyan setzte ihn für 2 Klaviere zu 8 Händen, wobei das Wechselspiel zwischen linkem und rechtem Flügel gut zu hören ist. Thomas Turek wurde 1973 in Oppeln geboren und lebt heute in Karlsruhe. Seine pianistische Ausbildung erhielt er bei Olga Janke am Badischen Konservatorium sowie bei Prof. Sontraud Speidel und Prof. Dr. Saule Tatubaeva an der Musikhochschule Karlsruhe, seine kompositorische bei Ursula Euteneuer-Rohrer im Rahmen eines Stipendiums der Stadt Karlsruhe. Neben Film- und Theatermusik komponiert Thomas Turek regelmäßig für den SWR, WDR und R.TV. Seine Musik wurde bei verschiedenen Festivals und Wettbewerben aufgeführt und ausgezeichnet. Mit besonderer Aufmerksamkeit widmet er sich dem „Finden und Erfinden“ neuer Wege in der modernen Klavierpädagogik. Hierzu zählen kleine Sinfoniewerke (Tangologo 1-3) für Jugendorchester und Kammermusik sowie seine „Pianologos 1-4“ für Klavier. Der Komponist zu seinem Werk: „Der Thermal-Tango ist für vier Pianisten konzipiert, die jeweils einen spezifischen Klang formen und verwalten. Der Gesamtklang ist eine Schichtung dieses zum Teil ätherischen Klangmaterials. Die für mich als Komponist wichtigste Aufgabe war, dieses Material zu vermischen, es über- und gegeneinander zu stellen, zu verfremden, um es zu einem späteren Zeitpunkt in einen neuen und spannenden Kontext zu stellen. Da der Klang des verfremdeten oder präparierten Klaviers der zeitgenössischen Musik entspricht, wollte ich dem eine tonale, ja fast „tangohafte“ Klangwelt entgegen stellen. Zwei Pianisten, die im Innenraum des Flügels spielen (zupfen, klopfen, an den Saiten entlang fahren, reißen, abdämpfen) und zwei Pianisten, die vorwiegend traditionell auf der Tastatur spielen, bilden die beiden Gegenpole des Tangos. Der Thermal-Tango ist dem Ensemble Piano4te gewidmet.“ Die Uraufführung fand am 11.5.2002 im Rahmen des 3. Internationalen Kl avierduoFestivals in der Siebentäler Therme in Bad Herrenalb statt. Das Stück wurde live gespielt und konnte sowohl konzertant-akustisch als auch, in die Schwimmhalle und das –becken übertragen, über und unter Wasser angehört werden. Davon kommt auch der Titel des Stücks: Thermal-Tango Thomas Turek (*1973, s. o.) zu seinem Bolero-Tango: „Die Komposition war ursprünglich ein kleines Klavierstück (Pianologo Nr. 30), das aus kleinen Melodien, Klangmotiven und „Rhythmusfetzen“ besteht und sich aufgrund der Einfachheit und seiner Wirkung zur Lieblingszugabe zahlreicher Pianisten entw ickelt hat. Da eine Version dieser Komposition auch für Duo und Klaviertrio großen Anklang fand, beschloss ich, das Stück auch als Auftragskomposition für die im Zusammenhang mit dem Internationalen Kl avierduo-Festival hängende Bolero Night in Bad Herrenalb umzuarbeiten. Es entstand in mehreren Schritten der Bolero-Tango. Le blanc Tango für sechs Pianisten an zwei Flügeln. Dabei war mir wichtig, die Klarheit und Leichtigkeit der Ursprungsversion nicht zu gefährden. Das Werk ist Frau Prof. Dr. Saule Tatubaeva gewidmet.“ Die Uraufführung fand am 22. Mai 2004 im Rahmen der Bolero Night statt. Ein weiterer Bolero dieser Einspielung stammt von Edouard A. Thuillier (1841-1913). Der Boléro-brillant ist das zweite Stück der Trois Morceaux un jour à Seville für 1 Klavier zu 6 Händen und den Salonstücken des 19. Jahrhunderts zuzurechnen. Giovanni Battista Pagnoncelli, lebte von 1835 bis 1906 in Mailand. Seine Klavier- und Orgelstudien vervollkommnete er dort am Königlichen Konservatorium. Kompositionslehrer war der berühmte Maestro Ronchetti-Monteviti. Von 1886 bis zu seinem Tod hatte er die Stelle des Organisten und Komponisten in der Propsteikirche St. Alexander in Mailand inne. Außerdem war er mehrere Jahre lang Organist im Mailänder Dom und Klavierlehrer und Chorleiter am Institut Marcellinen. Er veröffentlichte Kompositionen u. a. für Klavier sowie Vokalmusik. Seine Ballata e bizzaria ist original für zwei Klaviere zu zwölf Händen geschrieben. Paolo Canonica lebte von 1846 bis 1902 immer in seiner Geburtsstadt Mailand. Er war ebendort Komponist und Klavierprofessor am Königlichen Collegio Longoni. Er veröffentlichte viele Originalstücke und Transkriptionen über beliebte Opernmelodien bedeutender Bühnenwerke. Er schrieb auch unter dem Pseudonym J. Runtzmann. Seine schmissige Polka concertata op. 190 bietet acht Pianisten an 2 Klavieren Spielmaterial für ein „vergnügliches gemeinsames Musizieren“. Auch wenn Camille Saint-Saëns (1835-1921) zu seinen Lebzeiten Aufführungen des Karnevals der Tiere verbot, nach seinem Tod war der Siegeszug dieses Zyklus’ nicht mehr aufzuhalten und ist heutzutage besonders aus pädagogischen Konzerten nicht mehr wegzudenken. Auch in Bad Herrenalb wurde er schon zweimal in der Fassung Maximilian Hofbauers mit bis zu 42 sich in fliegendem Wechsel ablösenden jungen PianistInnen und Orchester aufgeführt. Noriko Ishikawa-Kratzer bearbeitete in der vorliegenden Fassung die Introduktion und Königsmarsch des Löwen und das Finale für zwei Klaviere zu zwölf Händen. Alexander Yossifov wurde 1940 in Sofia geboren. Er studierte an der dortigen Hochschule Komposition bei Prof. Pancho Vladigerov, Dirigieren bei Prof. Konstantin Iliev and Klavier bei Prof. Zheni Kovacheva. Er schrieb mehr als 1200 Opera, einschließlich sechs Sinfonien, fünf Oratorien, sieben Kantaten, Konzerte für Soloinstrumente und Orchester (u. a. für Klavier zu vier Händen, Streichorchester und Schlagzeug, Symphonia concertante für zwei Klavierduos und Orchester und auch für andere Instrumente). Seine Opern und Ballette hatten über 50 Premieren mit mehr als 2000 Aufführungen u. a. am Bolshoi-Theater, an der Wiener Staatsoper und am Champs Elysee in Paris. In den letzten Jahren komponierte er besonders für Kammermusik-Besetzungen und insbesondere für Klavierduos, u. a. drei Präludien und Fugen, drei Concertinos und acht virtuose Konzertstücke für je zwei Klavierduos. Er erhielt 17 Preise und Auszeichnungen bei internationalen Kompositionswettbewerben in Italien, Griechenland, Polen und Japan und ist Professor an der Staatlichen Musikhochschule “Pancho Vladigerov” und Professor an der Neuen Bulgarischen Universität. Ihm wurden die Verdienstkreuze der Republik Österreich verliehen sowie zu Ehren der polnischen Nationalkultur verliehen. Er schrieb Danza archaiqua für zwei Klaviere zu 24 Händen, wobei je vier PianistInnen auf den Tasten spielen, je zwei MusikerInnen im Innenraum der beiden Flügel klopfen, schlagen und zupfen. Händeklatschen und Stampfen sind weitere Klangv ariationen so wie auch ein Abschnitt im bulgarischen Rhythmus nicht fehlen darf. Es entstehen das ganze Frequenzspektrum umfassende Klangballungen, die in ihrer Wirkung an Conlon Nancarrow und seine Player Pianos erinnern und den Klavierklang scheinbar transformieren.