■ Mittwoch, 19. Juli 2006 Kultur ■ 19 REMS-ZEITUNG Junger Kammerchor Ostwürttemberg Erster Auftritt mit Bravour M it Spannung erwartet wurde das Debut des „Jungen Kammerchors Ostwürttemberg“ (JKO) in der Heidenheimer Pauluskirche. Schreibt sich doch das junge Ensemble - gegründet als Auswahlformation und Aushängeschild der Region – ähnlich wie die „Junge Philharmonie Ostwürttemberg“ – durchaus Anspruchsvolles auf die Fahne. Als Verein Ende 2005 unter Vorsitz von Landrat Hermann Mader, Heidenheim, ins Leben gerufen, wurde der JKO seit den Pfingstferien aufgebaut, als er vier Tage lang auf der Kapfenburg zur ersten Arbeitsphase zusammenkam. Nur junge Sänger (Höchstalter 27) mit Chorpraxis und Stimmbildung werden zur Teilnahme eingeladen. Die beiden künstlerischen Leiter, Thomas Baur aus Iggigen und Wilfried Lang, assistiert von Stimmbildnern, erarbeiten dabei A-Cappella-Chormusik aller Stilepochen. Ein großer Erfolg Die Stadtjugendkapelle beim Serenadenabend auf dem Johannisplatz Ein traumhafter Sommertag ging mit einem ,traumhaften’ Melodienreigen am Sonntagabend zu Ende – auf dem Johannisplatz in Schwäbisch Gmünd. Dirigent Norbert Bausback hatte am Prediger vor der Kulisse von Johanniskirche und Café Margrit die Mädels und Jungs der von ihm geleiteten Stadtjugendkapelle versammelt. Und eine ganze Reihe von Zuhörerinnen und Zuhörern war zu diesem als „Serenadenabend“ angekündigten kostenlosen einstündigen konzertanten Musikvortrag erschienen. „Unterhaltsames aus der Bläserliteratur“ war angekündigt worden. Und all die zeitlosen Lieder fanden den Beifall des Publikums auf dem Johannisplatz. Foto: b Ulrich Tukur kommt mit Band Kindertheater in der Zachersmühle ie „Dreigroschenoper“ von Bertolt Brecht“ wird im Waiblinger Kulturhaus Schwanen aufgeführt: Freitag, 21. Juli, (Premiere), Samstag, 22. Juli, Sonntag, 23. Juli, Donnerstag, 27. Juli, Samstag, 29. Juli, Freitag, 28. Juli, und Sonntag, 30. Juli (jeweils 20.30 Uhr). Karten beim Kulturhaus. Es ist eine Open-AirProduktion des Schauspielensemble des Kulturhauses Schwanen unter der Regie von Maarten Güppertz, musikalische Leitung: Michael Davis. Die Dreigroschenoper von Bertolt Brecht (Musik: Kurt Weill) wurde 1928 in Berlin uraufgeführt. In diesem Jahr, 2006, gedenken wir des fünfzigsten Todestages des Dichters: geboren 1898, gestorben 1956. Viele Musiker an einem Abend zu sehen, ist man gewohnt. Aber 30 junge Pianisten zu erleben, die sich am Flügel abwechseln, dazu hat man am Samstag, 22. Juli, ab 18:30 Uhr im Konzertsaal von Klavier Wagner in Eschach die Gelegenheit. Unter dem Motto „Bühne frei für junge Pianisten“ lud Klavier Wagner ein und Musikschulen und Privatlehrer aus Schwäbisch Gmünd, Alfdorf, Heubach und Gaildorf wählten unter ihren besten Schülern für dieses Konzert aus. Ein abwechslungsreiches Programm erwartet die Zuhörer mit Werken zum Beispiel von L.van Beethoven, W.A.Mozart, E.Grieg, F.Chopin, aber auch mit Geheimtipps wie Kompositionen von Nobov Vermat, Isaak Berkowitsch oder Warren Casey. Mit zwei oder vier Händen, an einem oder an zwei Flügeln kann man die Pianisten erleben. Der Eintritt ist frei. Tief hinten im Wald, nämlich beim Sommerpalast in Murrhardt, gibt der Theater-, Film- und Fernsehschauspieler Ulrich Tukur mit seiner Band am Donnerstag, 27. Juli, um 20 Uhr ein Konzert. Dies ist der einzige Auftritt von Ulrich Tukur und den Rhythmus-Boys in Süddeutschland in diesem Jahr. Karten sind erhältlich unter www.sommerpalast.de oder beim Kulturamt der Stadt Murrhardt. Gut aussehende Interpreten in vornehmer Kleidung, erstklassiger Refraingesang und ernsthafter Lebenswandel, so präsentieren sich Ulrich Tukur und die Rhtyhmus-Boys am Donnerstag, um 20 Uhr im Sommerpalast-Zirkuszelt. Die älteste Boygroup der Welt, die einzige Combo, die noch besser aussieht als sie spielen kann, präsentiert ein „Best of Programm“ mit dem Titel „der Schwung der frühen Jahre“. Vladislava und Christof Altmann laden zu ihrem Kindertheater „Eine Reise um die Welt“ am Sonntag, 23. Juli, um 15 Uhr in die Zachersmühle bei Adelberg. In ihrem neuen Lieder-Theater-Programm zum Mitsingen und Mitmachen entführen Vladislava und Christof auf eine musikalische Reise um die Welt. Mit einem geheimnisvollen Reiseschirm fliegen die Zuschauer von Ort zu Ort: über Afrika, Indien, Russland und China bis zum Südpol, nach Mexico und zu den Indianern Nordamerikas... Unterwegs treffen sie zum Beispiel einen verliebten Löwen, tanzende Elefanten, den starken Iwan Niemals-Angst oder eine reiselustige Pinguindame. Die fantasievollen Lieder werden abwechselnd mit vielen verschiedenen Instrumenten begleitet: Klavier, Akkordeon, Gitarre, Ukulele, Xylophon, Trommeln. Dauer: etwa eine Stunde. Die Dreigroschenoper ist eines seiner bekanntesten Stücke. Das musikalisch und literarisch gepfefferte Meisterwerk wurde von einem Waiblinger Ensemble bislang noch nicht gespielt. Auf der romantischen Schwaneninsel findet im Juli 2006 die Waiblinger „Uraufführung“ der Dreigroschenoper statt. Das Schauspielensemble Schwanen hat sich dazu neu gefunden und geformt. Es besteht aus schauspielbegeisterten Menschen aus Waiblingen und Umgebung. Regie führt Maarten Güppertz, der wiederholt für das Kulturhaus arbeitete. Das englische Musiktheaterstück „The Beggar’s Opera“ von John Gay, das Brecht als Vorlage diente, wurde 1728 in London uraufgeführt. Der Titel bedeutet nicht etwa, wie manche deutsche Übersetzer geglaubt haben: „Die Bettleroper“, das heißt eine Oper, in der eben Bettler vorkommen, sondern „Des Bettlers Oper“, das heißt eine Oper für Bettler. 110 000 bei der Arena of Pop Ein echter Hexenkessel I n ihrem Magazin „Kultursommer 2006“ hatte die Rems-Zeitung am 27. Mai auf die größte Rockpop-Party Deutschlands hingewiesen – die Arena of Pop in Mannheim. Das Magazin mit Terminen und Tipps in Sachen Kunst und Kultur bis Ende Oktober kann man im Internet kostenlos downloaden unter „kultur.rems-zeitung.de“ Letzte Woche ging die Arena of Pop mit dem Topact Tokio Hotel (am Samstag) über die Bühne. Bei strahlendem Sonnenschein und heißen Temperaturen feierten rund 110 000 Besucher das größte Popfestival in Baden-Württemberg bei freiem Eintritt, zu dem Radio Regenbogen und das Land Baden-Württemberg rund ums Mannheimer Schloss eingeladen hatten. Ministerpräsident Günther H. Oettinger war begeistert: „Das MusikFestival in Mannheim war ein großer Erfolg. Zehntausende Musikfans haben ein unvergessliches Konzert im Ehrenhof des Mannheimer Schlosses gefeiert und den Musikstars zugejubelt. Ich bin beeindruckt von der tollen Stimmung und der großartigen Atmosphäre. Mannheim ist seinem Namen als heimliche Pop-Hauptstadt Deutschlands gerecht geworden.“ Riege Lokaler Helden Angefangen hatte das Megaevent am Samstag um 14 Uhr mit einer Riege von Local Heros aus dem Regenbogenland: die 15 Vollblutmusiker von „Me & The Heat“ aus dem Rhein-Neckar-Delta sorg- Die Altstimmen - rein zahlenmäßig sind sie im Gesamtchor noch etwas unterrepräsentiert - glänzten insbesondere als homogene Schola in Heinrich Schütz’ „Aller Augen“. Die Männerstimmen fanden nach anfänglicher, möglicherweise nervositätsbedingter Intonationsunsicherheit schnell zu großer Leichtigkeit und Geschmeidigkeit in der Stimmführung. Schlicht begeisternd der Sopran mit einer eindrucksvoll leuchtenden Homogenität. Für alle Stimmlagen gilt: Da wird bereits mit großer Eigenständigkeit musiziert. Wilfried Lang und Thomas Bauer die beiden Ensembleleiter teilten sich das Programm zu gleichen Teilen. Sie können sich während des Konzertes auf jeden einzelnen ihrer höchst aufmerksamen und gestaltungsfreudigen Sängerinnen und Sänger verlassen. Bald wird man den Chor auch in Gmünd hören. Jo/He 30 junge Pianisten bei Wagner in Eschach Gilt als Meisterwerk Bei der Veranstaltung „Das Schloss tanzt“ auf der Kapfenburg bei Lauchheim wird auch DJ Najibo (unser Bild) dabei sein. Die Riesenfete kann man am Samstag, 29. Juli, ab 20 Uhr besuchen. Foto: PR Homogene Schule Des Bettlers Oper Freilicht-Aufführung D Najibo auf dem Schloss Der im Rahmen des Landesmusikfestivals Baden-Württemberg absolvierte erste Auftritt der 30 Sängerinnen und Sänger unter der Leitung von Wilfried Lang und Thomas Bauer darf als großer Erfolg, ja als durchaus fulminanter Auftakt gewertet werden. Rund eine Stunde mit Musik von Palestrina bis Nystedt gaben Einblick in eine Chorarbeit, die mit musikalischen Fastfood nichts im Sinn hat, die im Gegenteil eine langfristige Ensembleentwicklung und damit die großen und geschätzten Qualitäten des Chorsingens wie Artikulation, Klangdifferenzierung, Stil- sicherheit, Farbenreichtum und reiche dynamische Differenzierung zum Ziel hat. Das Programm pendelte zwischen Renaissance, Barock, Romantik und Musik aus dem 20. Jahrhundert und erfüllte den Anspruch größtmöglicher stilistischer und interpretatorischer Breite. Alte Musik wie etwa „Jubilate Deo“ von Orlando di Lasso, „If ye love me“ des berühmten Engländers Thomas Tallis oder das „Agnus Dei“ II aus der Missa Brevis von Palestrina boten die jungen Sänger mit einer beachtlichen rhythmischen Sicherheit, lebendiger Tempoauffassung und differenzierter Phrasierung. ten für ausgelassene Partystimmung. Danach überzeugten die Radio Regenbogen Talent Award Gewinner Peilomat mit ihrem musikalischen Können. Mit ihrem Welthit „Lemon Tree“ brachte die Pforzheimer Band Fools Garden die Menge zum Singen. Liturgische Vesperandacht in der Lorcher Klosterkirche Der Geist von Laien, der Geist Benedikts E in Hauch der Geschichte umwehte am Sonntagabend die Vesper mit gregorianischen Gesängen aus den Lorcher Chorbüchern von 1512 in der altehrwürdigen Klosterkirche. Der Zuspruch war groß, für Initiatoren und Ausführende ein schönes Zeichen der Dankbarkeit. Bereits zu den Jubiläumsfeierlichkeiten 900 Jahre Kloster Lorch wurde das Augenmerk auf die legendären Chorbücher gelenkt. Benediktinischer Geist Nun also benediktinischer Geist in den Kirchenmauern: Bernhard Theinert, spiritus rector der Cantores, ist in den Gemeinden von St. Konrad in Lorch und HerzJesu Plüderhausen gleichermaßen kirchenmusikalisch engagiert. Immer wieder zog ihn die Klosterkirche in ihren Bann, in der er singend betete und den Glaubensreichtum dieser Gesänge verinnerlichte. Mit fünf Freunden (Thomas Cerveny, Armin Schneider-Lenhof, Matthias Wenzel, Johannes Fischer und Hans-Joachim Radler) wurde intensiv geprobt (Theinert versicherte sich liturgischen Sachverstands). Von Anfang an wurde Wert darauf gelegt, dass es sich nicht um ein Konzert, sondern um eine liturgische Vesperandacht handele: Liturgie als gottesdienstliches Spiel vor dem Herrn. Deshalb auch war die Würde des Ganzen mehr als angemessen: Das von Theinert liebevoll aufwändig gestaltete Vesperheft enthielt die FaksimileWiedergabe der Weihnachtssequenz aus dem Lorcher Graduale sowie die Textübersetzungen sowie die gemeinsamen Gesänge. Es wurde ganz still Zum Glockengeläut wurde es ganz still. Der feierliche Einzug von Schola und Ministranten in Chorgewändern schlug den Bogen zur Gegenwart: Das „Veni Sancte Spiritus“ des Jacques Berthier aus Taizé verlockte zum andächtigen Mitbeten, war zugleich Leitwort der Vesper: Komm, Heiliger Geist. In der Homilie gelang Theinert die Erdung der himmlischen Gesänge mit der gelebten Alltagswirklichkeit: „Herr, schmeiß Hirn ra!“ als zeitgemäße Bitte um die Herrschaft des Heiligen Geistes. „Er wirkt, wenn wir Ihn nur wirken lassen, bei uns selbst. Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“ Es gelte, den „inneren Schweinehund“ zu überwinden durch einen Funken des Heiligen Geistes - Pfingsten als Gegenkraft gegen den Irrsinn in dieser Welt. Die wunderbare Gregorianik am Sonntag nach dem Gedenktag des heiligen Benedikt zeigt, dass der Geist weht: „Mr sott ebbes doe! Nicht schimpfen, packen wir lieber selbst an. Mei Vattr dät sage: Halt Dei Gosch ond helf mr lieber!’ Ja - ich glaube an diesen Heiligen Geist, an den dreifaltigen Gott“. Man könne sich nur Paulus anschließen: „Gepriesen sei Gott“ (2 Kor 1). Tiefe des Ausdrucks Es grenzt fast an ein Wunder: Nicht Mönche aus der Schule der Klöster, sondern Laien, autodidaktisch und mit Hingabe erwecken auf ihre Weise mit Laienspiritualität benediktinischen Geist zu neuem Leben. Deshalb die Tiefe des Ausdrucks, welche stärkste Regungen bewirkt. Da werden Saiten angerissen, die sonst eher im distanzierten Gegenüber wie bei einem unpersönlichen Museumsbesuch verkümmern. Peter Skobowsky Auch Juanes kam The Voice Max Mutzke sorgte einmal mehr mit seiner Soulstimme aus dem Schwarzwald für Gänsehautfeeling und für die vielen großen und kleinen Tokio Hotel Fans aus nah und fern war sein Grand-Prix-Song „Cant́ Wait Until Tonight“ sprichwörtlich. Schließlich und endlich hatte das lange Warten um kurz nach 19 Uhr ein Ende: Tokio Hotel betrat die Bühne und verwandelte den Ehrenhof in einen Hexenkessel. Die ausgelassene Stimmung hielt auch bei der attraktivsten Stimme Großbritanniens an. Melanie C. überzeugte nicht nur mit Welthits wie „Next Best Superstar“ sondern auch mit ihrer Bühnenpräsenz. Den Temperaturen entsprechend ging es mit Südamerikas heißestem Exportschlager weiter. Der mit 12 Grammys ausgezeichnete Latinosuperstar Juanes zauberte einen Sommerhit nach dem anderen auf die Bühne und setzte den glänzenden Höhepunkt auf einen Tag voller Musik. Um kurz nach 23 Uhr endete die Arena of Pop mit einem Feuerwerk. Die Lorcher Cantores bei ihrem Auftritt am Sonntagabend in der Lorcher Klosterkirche. Foto: ur