Supermassereiche Schwarze L¨ocher in Galaxienzentren

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Ralf Bender
Schwarze Löcher
Supermassereiche Schwarze Löcher in Galaxienzentren
Ralf Bender
Sternwarte der Universität München
Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik Garching
Januar 2002
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Ralf Bender
Schwarze Löcher
Was sind schwarze Löcher?
Eine Vorhersage der allgemeinen Relativitätstheorie.
Wenn man Masse über eine bestimmte Grenze (den Schwarzschildradius) hinaus komprimiert, kann selbst Licht nicht mehr von der Oberfläche entweichen.
Würde man die Sonne zu einem schwarzen Loch komprimieren, hätte sie einen Radius
von nur 3km! Ein schwarzes Loch von 1 Million Sonnenmassen hat einen Radius von 3
Millionen km.
Körper, die auf ein schwarzes Loch einfallen, erreichen an seiner Oberfläche Lichtgeschwindigkeit.
Läßt man Materie durch gegenseitige Reibung in ein schwarzes Loch spiralen, wird
potentielle Energie (Schwerkraftenergie) in Strahlung umgewandelt. Bei schwarzen
Löchern können bis zu 10% dieser akkretierten Masse nach E = mc2 in Energie umgewandelt werden (1g liefert 9 Milliarden kWh).
Schwarze Löcher spielen eine wichtige Rolle in der theoretischen Physik an der Grenzlinie zwischen Allgemeiner Relativitätstheorie und Quantenfeldtheorie.
Gibt es schwarze Löcher wirklich? Und wie findet man sie?
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Eines der entferntesten bekannten Objekte im Universum: ein Quasar mit einer Rotverschiebung von z = 5.8 bzw. Entfernung von ca 13 Milliarden Lichtjahren bei einem Weltalter
von 14 Milliarden Jahren (Sloan Digital Sky Survey).
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Quasare und Aktive Kerne:
Quasar PG 0052+051 (z=0.155, ca. 2 Milliarden Lj. Entf., HST), rechts M101 (Wendelst.)
Quasare finden sich in Galaxienkernen und zeigen optische Leuchtkräfte bis zu: Lnuc '
1012 − 1015L, d.h. sie sind bis zu 10000 Mal heller als die Galaxien selbst.
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NGC 383 (= 3C31), eine Radio-Galaxie, blau: optisch, rot: Radio (A. Bridle)
Radio-Leistungen bis zu Lradio ∼ 1011L von Radiojets mit Ausdehnungen von bis zu
Millionen Lj. (erfordert Langzeit-Stabilität der zentralen Maschine).
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Der optische Jet der nahen Radio-Galaxie M 87
(zentrale Galaxie des Virgohaufens in 50 Mio. Lj.
Entfernung):
Der Jet ist hoch kollimiert
und Schocks sind im Jet
sichtbar.
Die Elektronen im Jet rotieren um
die Magnetfeldlinien und
senden Radiowellen und
sogar optisches Licht aus.
Das erfordert wiederholte
Beschleunigung der Elektronen mit Spannungen
von ca einer Billion Volt.
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RadioBeobachtungen
und die schnelle
Variabilität der
Aktiven Kerne
zeigen,
daß
die
extremen
Leuchtkräfte
in einem sehr
kleinen
Volumen von unter
einem
Lichtjahr, eventuell
sogar nur von
der Größe des
Sonnensystems
erzeugt werden.
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weitere Eigenschaften:
Schnelle Variation der Leuchtkräfte innerhalb von Tagen bis Monaten.
Röntgen und Gamma-Strahlung schraubt die Energieanforderungen in vielen Fällen
weiter nach oben.
Die maximale Raumdichte von Quasaren wird ca 3 Milliarden Jahre nach dem Urknall
(z ∼ 2.5) erreicht. 1% aller Galaxien enthält damals einen Quasar, heute sind es nur
noch 0.001%.
Wenn Quasare lang leben (ca. Milliarden Jahre), dann sollte nur 1% aller Galaxien
heute einen toten Quasar enthalten. Andererseits, wenn die Quasarphase nur einige
10 Millionen Jahre dauert, dann könnte heute jede leuchtkräftige Galaxie einen toten
Quasar enthalten.
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Nur supermassereiche schwarze Löcher können alle Beobachtungstatsachen erklären
(Zel’dovich 1963):
Mit Kernenergie können nach E = mc2 nur 0.6% der Masse in Energie verwandelt werden, während die Akkretion auf ein schwarzes Loch ∼ 10% der Ruhemasse als Energie
freisetzen kann.
Die große träge Masse und der Drehimpuls eines schwarzen Loches können die Langzeitstabilität der Jets erklären. Da die Materie in der Nähe des schwarzen Loches sehr schnell
rotiert und dabei die Magnetfelder mitreißt, kommt es zur Ausbildung einer mit Lichtgeschwindigkeit rotierenden Magnetosphäre, die Teilchen besser beschleunigen kann, als
jeder irdische Beschleuniger. Dies ist die einzig plausible Erklärung für die Entstehung von
Jets und die dabei beobachteten hochenergetischen Phänomene.
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Die Schlüsselfragen:
Wie können wir schwarze Löcher finden? Und wie können wir sicher sein, daß es nicht
andere ‘dunkle Objekte’ sind, wie z.B. ein Neutronensternhaufen oder ein Cluster aus
weißen Zwergen?
Wo finden wir die massereichen schwarzen Löcher, die als Überbleibsel des
Quasarzeitalters vorhanden sein müßten, im lokalen Universum?
Falls wir schwarze Löcher in Galaxienzentren finden, wie hängt ihre Masse von den
Eigenschaften der Muttergalaxie ab?
Wann und wie wurden die ersten schwarzen Löcher gebildet?
Wie wirkt sich ein schwarzes Loch auf die Entwicklung und heutige Struktur der Muttergalaxie aus?
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Wie finden wir massereiche schwarze Löcher?
→ Nach Keplers 3. Gesetz nehmen die Geschwindigkeiten um einen Himmelskörper mit
dem Abstand wie folgt ab (G = Gravitationskonstante):
Masse
Geschwindigkeit = G
Radius
2
1
oder: Geschwindigkeit ∼ √
Radius
Dieses Gesetz folgt aus dem Gleichgewicht zwischen der Anziehung der Sonne und
der Fliehkraft einer Kreisbahn. Man bestimmt die Umlaufgeschwindigkeiten von Merkur,
Venus, Erde, Mars um die Sonne zu 48, 34, 30 und 24 km/s, entsprechend den Umlaufzeiten von 88, 225, 365 und 686 Tagen.
Hätte die Sonne die vierfache Masse, würden die Planeten doppelt so schnell umlaufen.
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Analog verhalten sich Sterne, die auf zufälligen Bahnen ein schwarzes Loch umkreisen:
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Das nahegelegenste Studienobjekt: das Zentrum der Milchstraße:
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Eigenbewegungen der Sterne im Zentrum der Milchstraße (Infrarot-Beobachtungen von
Genzel und Mitarbeitern). Hieraus läßt sich die Masse im Zentrum der Milchstraße bestimmen. Würde das Zentrum nur aus Sternen bestehen, müssten die inneren Sterne sich
sehr langsam bewegen, da nur die Schwerkraftanziehung der noch weiter innen befindlichen Sterne auf sie wirkt. Tatsächlich nehmen die Geschwindigkeiten zum Zentrum hin
aber zu, was eine zusätzliche, aber nicht sichtbare und sehr kompakte Masse erfordert.
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Schwarze Löcher in externen Galaxien:
Wie findet man sie? Wie bestimmt man ihre Masse?
Da schwarze Löcher extrem kompakt sind, braucht man sehr gute räumliche Auflösung,
um sie nachzuweisen.
Objekt
Entfernung in
Masse des SLs
Geschwindigkeit
Einfluß-Sphäre
Millionen Lj. in Sonnenmassen der Sterne in km/s in Bogensekunden
Milchstraße
0.025
3 Millionen
100
40
Andromeda M 31
2
30 Millionen
160
1.5
Milchstraße in Virgohaufen
50
3 Millionen
100
0.02
Andromeda in Virgohaufen
50
30 Millionen
160
0.07
große Virgo-Ellipse
50
1 Milliarde
300
0.6
in Formeln:
RE
GMBH
'
,
2
σG
or : αE ' 100
MBH
2 · 108 M
σG
200km/s
−2 D
5Mpc
−1
Problem: 1 Bogensekunde ist typischerweise die Auflösung, die bodengebundene
Teleskope liefern können. Aus diesem Grund, war es bis vor wenigen Jahren nur für wenige
nahe Galaxien gelungen, schwarze Löcher nachzuweisen.
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Der Durchbruch: das Hubble-Space-Telescope
Es liefert bis zu 10x bessere Auflösung als Teleskope am Boden (ca 0.1 Bogensekunde).
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Der nächste Nachbar: die Andromedagalaxie (M31, NOAO-Aufnahme)
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Das Zentrum der Andromedagalaxie (Wendelstein, Auflösung: 1.1”)
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Sterngeschwindigkeiten im Zentrum der Andromedagalaxie
Canada France Hawaii Telescope, Auflösung 0.6”, Kormendy & Bender 1999
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Sternbahnen um das schwarze Loch
(nach Tremaine 1997). Die Sterne bewegen sich schnell im Perizentrum und
sind langsam im Apozentrum. Daher
wird im Apozentrum länger Licht ausgestrahlt und es ‘entsteht’ der hellere
rechte Nukleus. Unsere HST Messungen zeigen, daß die Sterne im Perizentrum Geschwindigkeiten bis über
400km/s erreichen.
Im dem kompakten blauen Sternhaufen, der das
schwarze Loch beherbergt, erreichen die
Sterne Geschwindigkeiten sogar mehr
als 1500km/s.
Echtfarbenaufnahme der inneren 30 Lichtjahre der Andromedagalaxie (M31) mit dem so
genannten Doppel-Nukleus (Aufnahme: Hubble Space Telescope, Auflösung 0.05”). Ein
schwarzes Loch von 30 Millionen Sonnenmassen befindet sich in dem blau-weißen ultrakompakten Nukleus.
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Sternbahnen um das schwarze Loch.
Projezierte Sterndichte µ,
Rotationsgeschwindigkeit
V
und
ungeordnete
Sterngeschwindigkeit σ (Dispersion) entlang der Verbindungslinie der beiden Kerne
von M31.
1 Bogensekunde (arcsec) = 10 Lichtjahren.
SIS: Geschwindigkeiten gemessen mit dem
Canada-France-Hawaii Teleskop, Kormendy
and Bender 1999.
STIS: Geschwindigkeiten gemessen mit dem
Hubble Space Telescope, Bender, Kormendy
et al. 2002.
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Massenbestimmung schwarzer Löcher aus rotierenden Gasscheiben
Die zentrale Gasscheibe in der elliptischen Galaxie M 84. Die Rotationsgeschwindigkeit
fällt ab wie es aus dem Keplerschen Gesetz für eine sehr kompakte Masse erwartet wird
(∼ r−1/2). Die Masse kann direkt aus M = V 2R/G bestimmt werden.
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Die wichtigsten Ergebnisse der letzten Jahre:
Die Mehrzahl aller nahen normalen Galaxien enthält supermassereiche schwarze
Löcher von einer Million bis zu mehreren Milliarden Sonnenmassen.
Die Masse der schwarzen Löcher korreliert mit der Sphäroid-Leuchtkraft (Masse), nicht
der Gesamtleuchtkraft der Galaxien.
Neben der Masse des Sphäroids spielt auch seine Dichte ein Rolle. Höhere Dichte bei
gleicher Masse bewirkt eine höhere Masse des schwarzen Loches.
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Masse der schwarzen Löcher M• gegen die Galaxienleuchtkraft MB,total und die SphäroidLeuchtkraft (MB,Bulge, Bulge = Sphäroid). Elliptische Galaxien: blau, Sphäroide: rot, Galaxien ohne Sphäroid (reine Spiralen): grün. (aus Daten des Nuker Teams: Richstone, Bender, Bower, Dressler, Faber, Filippenko, Gebhardt, Green, Grillmair, Ho, Kormendy, Lauer,
Magorrian, Pinkney, und Tremaine; sowie Merritt et al.)
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Die Massen der schwarzen Löcher korrelieren am engsten mit der mittleren
Sterngeschwindigkeit σ der Sphäroide und damit einer Kombination aus ihrer Masse und
Dichte: MBH ∼ σ ∼4. (Nuker Team 2000; Merritt and Ferrarese 2000).
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Haben wir wirklich schwarze Löcher gefunden?
Alternative Erklärungen für die dunkle
Masse in Galaxienzentren sind kompakte Haufen aus Braunen Zwergen,
Neutronensternen, Weißen Zwergen oder
kleinen Schwarzen Löchern. Im Falle der
Milchstraße und der Galaxie NGC 4258
sind die Randbedingungen an die Größe
der Haufen aber so stark, daß sogar unter
den günstigsten Annahmen diese Haufen
nur eine relativ kurze Zeitüberleben
könnten. Braune Zwerge würden kollidieren und verschmelzen und leuchtende Sterne bilden, Haufen aus Sternleichen würden sich aufgrund dynamischer Effekte auflösen.
In allen anderen Galaxien können die AlternativErklärungen noch nicht ausgeschlossen
werden, jedoch sind sie unplausibel, da
man nicht weiß wie sich solch kompakte
Haufen aus Sternleichen bilden könnten.
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Röntgen Beobachtungen in der Eisen K-Linie (6.4 keV) in aktiven Kernen (Nandra et al.
2000). Die Linien werden von sehr heißem Gas emittiert, das Rotationsbewegungen von
fast einem Drittel der Lichtgeschwindigkeit zeigt. Das Zentrum der K-Linie ist außerdem gravitationsrotverschoben, was ein direkter Hinweis auf die Existenz eines schwarzen
Loches ist. Gegenwärtig sind allerdings genaue Massenbestimmungen noch nicht möglich.
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Zusammenfassung:
Wahrscheinlich enthalten alle Galaxien mit Sphäroiden auch massereiche schwarze
Löcher.
Demnach haben alle massereichen Galaxien früher einen Quasar beherbergt.
Ungefähr 0.2% der Sphäroidmasse findet sich im schwarzen Loch.
Dieser Prozentsatz ist ausreichend um die Gesamtleuchtkraft aller Quasare zu erklären.
Offensichtlich verlaufen Bildung der schwarzen Löcher und Entstehung der Galaxien in
engem Wechselspiel.
In Zukunft werden vor allem neue Verfahren am Boden (Adaptive Optik) und noch
grössere Teleskope die Messgenauigkeit weiter erhöhen und neue Erkenntnisse liefern.
die Zukunft →
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Overwhelmingly Large Telescope (100m Spiegeldurchmesser), ESO Studie.
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OWL, Illustration zur räumlichen Auflösung
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