Einführung in die Geologie Teil 11: Deformationsstrukturen (Falten- und Bruchtektonik) Prof. Dr. Rolf Bracke Hochschule Bochum International Geothermal Centre Lennershofstraße 140 44801 Bochum Inhalt • • • • • • • • Tektonische Bewegungen Erscheinungsformen der Gesteinsdeformation Streichen und Fallen von Gesteinsschichten Ursachen und Arten der Deformation Faltung oder Bruch des Gesteins Faltung und Faltenformen Bruchtektonik Rekonstruktion der geologischen / tektonischen Entwicklung aus heutiger Erscheinungsform • Deformation der kontinentalen Kruste / Orogenese Einführung Tektonik beschäftigt sich mit dem Bau der Erdkruste • Spannungsfelder im Untergrund – Globale Plattenbewegungen (besonders stark ausgeprägt an Plattengrenzen aber auch innerhalb der Platten) – Lokale Ursachen (z.B. Salzbewegung) • Formen tektonischer Bewegung – Verschiebung (Translation) – Drehung (Rotation) – Verformung (Deformation) Erscheinungsformen der Gesteinsdeformation Faltung Bruch Quelle: Allgemeine Geologie Verlag: Spektrum Erscheinungsformen der Gesteinsdeformation • Sedimente und Vulkanite werden zumeist in horizontalen Lagen abgelagert • Falten und Brüche führen zu veränderten Raumlage und Deformation der Gesteinsschichten • Rekonstruierung der Geschichte der Gesteine aus der Art der Deformation • Zur Ermittlung der Deformationsstruktur wird in Geländeaufschlüssen die räumliche Orientierung der einzelnen Schichtenfolgen ermittelt. – Einfallrichtung – Streichrichtung Streichen und Fallen von Gesteinsschichten Streichen der Schicht • Richtung der Schnittlinie einer Gesteinsschicht, gemessen als Winkel gegen Nord Fallen einer Schicht • • gemessen im rechten Winkel zum Streichen ist der Betrag der Verkippung, d.h. der Winkel, um den die Schicht gegen die Horizontale geneigt ist Quelle: Allgemeine Geologie Verlag: Spektrum Streichen und Fallen von Gesteinsschichten Schicht streicht nach Westen und fällt mit 45° nach Süden ein Quelle: Allgemeine Geologie Verlag: Spektrum Konstruktion einer geologischen Karte • • • Erstellung geologischer Schnitte aus Geländekartierung Aufnahme von Daten wie Gesteinsart, Mächtigkeit, Geländehöhe, Streichund Fallwerte Projizierung des Schichtenverlaufs unter die Erdoberfläche Quelle: Allgemeine Geologie Verlag: Spektrum Ursachen und Arten der Deformation Quelle: Allgemeine Geologie Verlag: Spektrum Faktoren für Faltung oder Bruch des Gesteins • Sprödes oder duktiles Deformationsmusters der Gesteine – sprödes Material: kaum Veränderung bei zunehmender Kraft bis es plötzlich bricht Bruch – duktiles (verformbares) Material: kontinuierliche plastische Deformation infolge zunehmender Kraft Faltung – ein Gestein kann an der Erdoberfläche spröde sein, in der Tiefe aber duktil – Gesteine der oberen kontinentale Kruste: i.d.R. sprödes Verhalten (Ausnahme junge nicht so stark verfestigte Sedimente) – Gesteine der unteren kontinentalen Kruste: duktiles Verhalten – Nachweis durch Laborversuche an Gesteinsproben mit vergleichbaren Temperatur- und Druckbedingungen wie in der Erdkruste Laborversuch an Marmor • Sprödes Verhalten in der oberflächennahen Erdkruste • Duktiles Verhalten in der tiefen Erdkruste a) nicht deformiert b) deformiert (oberflächennah) c) deformiert (tiefe Erdkruste) Quelle: Allgemeine Geologie Verlag: Spektrum • Plastische Gesteinsdeformation Fotos: BGR Deformation durch Faltung • Verbiegung einer ursprünglich ebenen Struktur • durch horizontale oder vertikal wirkende Kompressionskräfte (z.B. Blatt Papier wölbt sich auf zu Falte, wenn es zusammengeschoben oder von unten hoch gedrückt wird) • häufig in geschichteten Gesteinen insbesondere in Gebirgszonen • Ausmaß der Faltung abhängig von Zeitdauer der Krafteinwirkung und Widerstand der Gesteinsschichten Faltenformen (Sattel/Mulde) Sattel /Antiklinale = Aufwölbung im Zentrum des Sattels sind stets die ältesten Gesteine aufgeschlossen Mulde / Synklinale = Einwölbung im Zentrum der Mulde lagern die jüngsten Schichten Quelle: Allgemeine Geologie Verlag: Spektrum Faltenformen (Rückschlüsse aus oberflächigen Geländebeobachtungen) • oft nur unvollständiges Bild Abb. Erodierte Reste einer Mulde – Gestein ist durch Boden / Gesteinsschutt verdeckt – Erosion hat bereits Teile der Faltenstruktur beseitigt • • Sattel erkennbar an Streifen älterer Gesteine im Kern mit beidseitig jüngeren, vom Kern weg eingefallene Gesteine Mulde erkennbar an Kern jüngerer Gesteine mit beidseitig älteren, auf den Muldenkern eingefallene Gesteine Quelle: Allgemeine Geologie Verlag: Spektrum Faltenformen (Flanken und Achsen) • Faltenflanken: Seiten einer Falte • Faltenachsen: Schnittlinie durch das Zentrum des Sattels bzw. Mulde a) horizontale Achse b) abtauchende (geneigte) Achse Quelle: Allgemeine Geologie Verlag: Spektrum Faltenformen (Verkippung von Falten) Unterschiedliche Lage der Achsenfläche Quelle: Allgemeine Geologie Verlag: Spektrum Faltenformen (Überkippung) Überkippte Falten • eine Flanke wird über die Senkrechte hinaus verkippt • beide Flanken fallen in dieselbe Richtung ein • Abfolge der Schichten ist auf einer Flanke genau umgekehrt wie ursprünglich • ältere liegen auf jüngeren Schichten Quelle: Allgemeine Geologie Verlag: Spektrum Faltenformen Ringförmige Faltenstrukturen • Dom: runde oder ovale Aufwölbung • Becken: schüsselförmige Einsenkung Quelle: Allgemeine Geologie Verlag: Spektrum Bruchtektonik (Klüfte) • Kleinere Brüche, an deren Trennfläche keine oder nur unwesentliche Bewegung erkennbar ist (wenige mm bis m Länge) • an fehlerhaften Stellen oder Schwachstellen des Gesteins durch lokale tektonische Kräfte • Klüfte schaffen Wege, auf denen Wasser und Luft tief in das Gebirge eindringen können Quelle: Allgemeine Geologie Verlag: Spektrum Bruchtektonik (Störungen / Verwerfungen) Großräumige Brüche • wirkende Kräfte – Kompression – Extension – Scherung • Störungsfläche, an der ein Gesteinskörper zerbrochen ist und gegeneinander bewegt wurde – relative Verschiebung auf beiden Seiten Quelle: Allgemeine Geologie Verlag: Spektrum Bruchtektonik (Störungsformen) a)+ b) vertikale Relativbewegung im Fallen der Störungsfläche c) horizontale Relativbewegung durch Scherung parallel zum Streichen der Störungsfläche d) Kombination aus vertikaler und horizontaler Bewegung Quelle: Allgemeine Geologie Verlag: Spektrum Bruchtektonik (Überschiebung) • Überschiebung: – erst vertikale Aufschiebung – dann horizontale Überschiebung – Bei Einfallswinkel der Störung kleiner als 45° Quelle: Allgemeine Geologie Verlag: Spektrum Bruchtektonik (Grabenstrukturen) • Auseinanderreißen der Platten durch Extension bzw. Kompression führt bei entsprechender Länge zur Entwicklung von: – Gräben: relativ zu den Nachbarblöcken abgesunken und beidseitig durch parallel zur Grabenachse verlaufende Aufschiebungen begrenzt – Horste: aufgestiegene Bereiche, durch Abschiebungen begrenzt Quelle: Allgemeine Geologie Verlag: Spektrum Rekonstruktion der geologischen / tektonischen Entwicklung aus heutiger Erscheinungsform a) b) c) d) e) horizontale Sedimente am Meeresboden Faltung/Bruchtektonik durch horizontale Einengung Heraushebung und Erosion zur horizontalen Fläche Ausfließen der Lavadecke durch Vulkanausbrüche Dehnungen rufen vertikale Abschiebungen hervor Quelle: Allgemeine Geologie Verlag: Spektrum Faltenstruktur mit bruchtektonischen Störungen Beispiel: Ruhrkarbon Faltenstruktur mit bruchtektonischen Störungen Beispiel: Ruhrkarbon a) Sedimentation am Meeresboden im Oberkarbon b) variszische Gebirgsbildung bis zum Ende des Oberkarbons: – – – – Heraushebung und Faltung der Schichtenfolge Zerlegung in einzelne Schollen (Streichen SE-NW mit 60°) Enstehung von Sattel- und Muldenstrukturen. gleichzeitig Verwitterung, Abtragung und Einebnung des Faltengebirges c) Neue Sedimentation durch Ausdehnung des Meeres in der Kreidezeit Quelle: ………………………….. Deformation der kontinentalen Kruste Geologischer Bau der Kontinente: • • Im Zentrum tektonisch stabile Kerne der Kontinente aus sehr alten Gesteinen („Alte Schilde“), die mit Ausnahme von Erosion seit ihrer Deformation im Präkambrium weitgehend unbeeinflusst blieben. Umgeben von jüngeren Deformationsstrukturen in den Gebirgssystemen (Orogengürtel) Orogenese (Gebirgsbildung) • • • hauptsächlich im Bereich von Plattenkollisionen horizontal wirkende Kräfte führen zu ausgedehnter und komplizierter Faltung und Bruchtektonik Kordilleren und Appalachen (Nordamerika), Alpen und weitere junge Gebirge Europas, Himalaja etc. Orogene Gürtel • Kollision der Kontinente führte zur Bildung der inneren Orogene wie Appalachen, Varisziden und Ural. • Subduktion kennzeichnet die peripheren Orogene (Kordilleren, Anden, Tasmanien etc.) Abb. Großkontinent Pangea (vor 290 MA) Quelle: Allgemeine Geologie Verlag: Spektrum Zeitraum der Deformation • Kontinentale Krustengesteine werden in unterschiedlichen geologischen Epochen deformiert. Quelle: Allgemeine Geologie Verlag: Spektrum Ereignisse einer Orogenese • • • • • • • • • Trennung der kontinentalen Platten und Enstehung eines Ozeans Absinken der Kontinentalränder (Subsidenzbewegungen) mit Aufnahme von mächtigen Sedimenten auf den Kontinentalschelfen Konvergenz der Platten leitet Deformation ein, die sich über Hunderte von Kilometern Entfernung von der Kollisionsfront weg erstreckt. Faltung und Bruchtektonik der randlichen Sedimente Übereinanderstapelung von tektonischen Decken (10 – 20 km mächtig) mit Schubweiten von 10 – mehreren hundert Kilometern Bruchstücke (Mikroplatten) von fremden Kontinenten werden mit Kontinent verschweißt. Aufsteigen von geschmolzenen Material aus den Subduktionszonen in den deformierten Gebirgszug Erosion der Gebirge nach Abschluss der Orogenese Hebungs- und Senkungsbewegungen Ereignisse einer Orogenese • Mächtigkeitsverteilung der Sedimente im Golf von Mexiko • Zerscherung in tektonischen Decken und Übereinanderstapelung bei Plattenkollisionen Quelle: Allgemeine Geologie Verlag: Spektrum Gebirgsbildung des Himalajas Quelle: Allgemeine Geologie Verlag: Spektrum Ursachen der Gebirgsentstehung Quelle: Allgemeine Geologie Verlag: Spektrum Quelle: BGR Epirogenese Regionale Vertikalbewegungen • Hebung oder Senkung • über lange Zeit andauernd • ohne nennenswerte Deformation • mögliche Ursachen der Vertikalbewegung Quelle: Allgemeine Geologie Verlag: Spektrum Gebirgsbildungen in Europa Quelle: Allgemeine Geologie Verlag: Spektrum