Allergien - biomed

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wissenschaft & praxis
thode der allergenen
Vakzination oder Desensibilisierung mit Allergenextrakten hat gefährliche Nebenwirkungen und führt oft
zu einer neuen Sensibilisierung gegen andere
Bestandteile des unreiIm Rahmen der Wiener Tagung am 17. Mai 2003 wurde dieses
nen Extraktes. Bei den
Thema sehr interessant und ausführlich abgehandelt. Für all jene,
neuen Therapieformen
die nicht teilnehmen konnten, möchten wir Ihnen eine ZusamCRIT = component resolved immunotherapy
menfassung von 2 Vorträgen bringen, die Betroffene mit neuen
soll der Patient nur die
Therapiekonzepten aufhorchen lassen.
Allergene verabreicht
bekommen, auf die er
allergisch reagiert. WeiJeder fünfte Österreicher leidet an den Sym- ters können Allergene so verändert werden, dass ihr allergeptomen allergischer Erkrankungen. In den letz- nes Potential reduziert wird, wodurch die Gefahr von Neten Jahrzehnten hat die Verbreitung von ato- benwirkungen deutlich reduziert werden kann.
wissenschaft
pischen Erkrankungen, wie Heuschnupfen, alEs ist ein komplexer Weg zur Herstellung der neuen aller& praxis
lergischen Hautreaktionen und Asthma in den gen-spezifischen Vakzine mit reduzierter allergener Wirkung:
Industrieländern deutlich zugenommen. Trotz intensiver For- ■ Auswahl der wichtigsten Allergenquelle
schung gibt es keine schlüssige Erklärung dafür.
■ Alle Allergene klonieren und überprüfen, ob sie natürliAllergien sind eine Überreaktion des Immunsystems auf
chen entsprechen
körperfremde, aber harmlose Stoffe. Die Sensibilisierung fin- ■ Reaktion des Immunsystems überprüfen
det sehr früh in der Kindheit, in den ersten Lebensmonaten ■ Herstellung verschiedener Derivate, Veränderung des
statt. Die Ursache für diese allergenen Erkrankungen liegt
Gens, damit es unschädlicher wird (z. B. Mutation in das
in einer Dysregulation der Balance zwischen Th1- und Th2Gen des Allergens einführen)
Lymphozyten. Bei entsprechend empfindlichen Menschen
Bestes Allergenderivat für die Impfung ist jenes, das die
tritt eine allergische Reaktion nach Kontakt mit Allergenen meisten IgG-Antikörper erzeugt.
auf. Das Immunsystem produziert IgE-Antikörper, diese binDie Gruppe um Rudolf Valenta arbeitet hauptsächlich
den an das Allergen, aber auch an Mastzellen und führen am Birkenpollen. Wichtigstes Birkenpollenallergen ist Bet v
zur Degranulation derselben, wobei Botenstoffe wie Histamin 1. Zur Herstellung eines Bet-v-1-Derivats mit reduziertem
in das umliegende Gewebe ausgeschüttet werden. Dies ruft die allergenen Potential wurde das Protein in 2 Fragmente:
bekannten Symptome der allergischen Reaktion wie Juckreiz, aa 1 – 74 und aa 75 –160 geteilt. Beide Hälften wurden geNiesen, Hautrötung etc. hervor.
trennt exprimiert. Durch Schneiden des Proteins ist die StrukDie häufigste Allergieform der ÖsterreicherInnen ist der so- tur nicht mehr als Allergen erkennbar und die allergene Wirgenannte „Heuschnupfen“, eine Pollenallergie. Hauptaller- kung ist ausgeschaltet (keine Hautreaktion mehr). Durch
genquelle ist der Birkenpollen, aber auch Pollen von Lieschgras, Zerschneiden sind die Epitope, die die B-Zellen erkennen,
Knäuelgras, Beifuß und Traubenkraut, auch Ragweed genannt, zerstört. Auch ein Trimer des Bet v 1 zeigt keine Reaktion im
gehören zu den Auslösern von Allergien. Ohne Behandlung ent- Hauttest. Das Trimer ist gefaltet wie das Monomer, hat aber
wickelt fast ein Drittel der Pollenallergiker Asthma. Zahlreiche gesteigerte immunogene Wirkung und führt zu einem AnAllergiker leiden aufgrund von Allergiegemeinschaften (gleiche stieg von gInterferon. Im Tierversuch führte das Trimer zur
Eiweißkomponenten) an Pollen- und Nahrungsmittelallergie. Bildung beschützender Antikörper, die die Bindung von IgE
Neben diesen Outdoorallergenen sind die wichtigsten Aller- an das Allergen inhibieren. In einer Patientenstudie mit dem
gieauslöser im Indoorbereich Tierhaare, die Exkremente der Trimer konnte die Ausbildung von IgG1-Antikörpern – somit
Hausstaubmilbe und Schimmelpilze.
Wirkung wie eine Impfung – nachgewiesen werden.
Einen anderen Weg in der Prophylaxe und Therapie von
Die Ursachen von Allergien sind sowohl genetisch als
auch umweltbedingt. Eine maßgebliche Rolle dürfte eine ge- allergischen Erkrankungen beschreitet die Gruppe um Josef
wisse „Unterforderung“ des Immunsystems in unserer Zivi- Thalhamer. Sie verwenden genetische Vakzine, reine DNAImpfstoffe, die sogenannte 4. Generation von Impfstoffen.
lisation spielen.
Die Diagnose, das Austesten einer Allergie findet im Haut- Diese neue Methode der Immunisierung leitet sich von Techtest mit Extrakten der verschiedenen Allergenquellen statt. niken ab, die eigentlich für die Gentherapie entwickelt wurDiese Extrakte können unrein sein, z. B. Hausstaubmilben- den. Bei der genetischen Vakzinierung wird nicht wie bei
klassischen Impfstoffen das Antigen verabreicht, sondern
kot mit Tierhaaren, und zu unscharfen Ergebnissen führen.
In der CRD = component resolved diagnosis werden re- das genetische Material (DNA oder RNA), das für das Antikombinante Allergene verwendet. Beim Allergiechip sind gen codiert und in vivo transkribiert und translatiert wird. Daviele rekombinante Allergene auf einem kleinsten Chip (Gla- bei wird die genetische Information des Antigens in Vektoren
sobjektträger) aufgetragen. Es kann damit eine Aussage spe- kloniert, gegen die verwendeten Vektoren erfolgt keine Imzifisch auf das allergen-wirkende Molekül getroffen werden. munreaktion. Hat man einen geeigneten Expressionsvektor
Therapie: Neben der symptomatischen Behandlung wie gefunden, kann dieser immer wieder verwendet werden. Die
Schmerzmilderung und Entzündungshemmung wurde die Vektoren sind im Verhältnis zur Gewinnung von reinem Anspezifische Immuntherapie (SIT) entwickelt. Die alte Me- tigen leicht zu konstruieren und Gene, die eingefügt werden,
Allergien
Eine Herausforderung für die Medizin
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können leicht modifiziert werden, z. B. in Hinblick auf das
Prozessieren des Proteins. Die Plasmid-DNA-Vektoren werden zwar in die Zellen aufgenommen, sie werden aber nicht
ins Genom integriert, sondern wirken episomal.
Die Verabreichung der Vakzine erfolgt intradermal. Dazu
wird die genetische Information auf Goldkügelchen aufgebracht. Im Tierversuch werden diese mit der GENGUN in die
Haut eingeschossen. Es wurden auch Versuche mit In-vivoElektroporation gemacht. In welcher Form eine DNA-Vakzination beim Menschen erfolgen soll, ist noch nicht geklärt.
Entscheidend ist, dass möglichst viel der Plasmid-DNA intra-
Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme eines Birkenpollens
(Betula pendula). Die Pollenstruktur ist artspezifisch und wird zur
systematischen Bestimmung herangezogen.
zellulär aufgenommen wird. Wichtigster „Ansprechpartner“ in
der Haut sind die Dentritischen Zellen, die mit Plasmid-DNA
transfiziert, die genetische Information zu mRNA transkribieren und zu Protein (Antigen) translatieren. Dieses wird von
den Dentritischen Zellen prozessiert und an der Oberfläche
präsentiert, von dort wird die Information über Präsentation
auf MHC-I und MHC-II an sowohl CD8+ als auch CD4+TZellen weitergegeben. Die gIFN produzierenden CD4+ Zellen
(Th1-Zellen) stimulieren die B-Zellen zur Synthese von IgG2aAntikörpern und inhibieren die Produktion von IgE. Eine zusätzliche Verstärkung der antiallergischen Immunantwort kann
erreicht werden, indem CpG-Motife in die Plasmidvektoren
kloniert werden. Es handelt sich dabei um bakterielle DNA-Sequenzen (als Beispiel eine typische CpG-Sequenz – 5’-GCTAGACGTTGCAGCGTCT-3’), also unmethylierte DNA, die
ein „uraltes“ Gefahrensignal für Säuger darstellen und damit
ist die Induktion einer zelluären Immunantwort wie bei einer
natürlichen Infektion gegeben. Ein Trick zur Herstellung sicherer, also nicht anaphylaktisch wirkender DNA-Vakzine ist
der Einbau eines Ubiquitinierungssignals in das Plasmid. Dies
bewirkt eine intrazelluläre Zerstörung der Allergenstruktur
unter Beibehaltung der T-zell-stimulierenden Allergensequenzen. Nach Bildung von Proteinbruchstücken des Allergens in
einer Proteasomenreaktion gehen diese aus der Zelle hinaus und
stehen den APCs (antigenproduzierenden Zellen) zur Präsentation auf MHC II zur Verfügung.
Dass DNA-Vakzination eine „gefahrlose“ Impfung dar-
stellt, konnte tierexperimentell gezeigt werden. 60 Tage nach
DNA-Immunisierung wurde eine Sensibilisierung mit rBet
(rekombinantem Birkenpollenallergen) durchgeführt. Prompt
kam es zu einem Anstieg der beschützenden Antikörper ohne Ausbildung von IgE-Antikörpern. In einem zweiten Experiment konnte gezeigt werden, dass genetische Vakzinierung
Schutz gegen Allergie bringen kann. Dazu wurden Tiere zuerst mit unterschiedlichen DNA-Vakzinen immunisiert und
dann wurde mit rekombinantem Bet v 1 eine Sensibilierung
durchgeführt. Nicht nur die DNA-Vakzine, die für das vollständige Allergenmolekül kodieren, sondern eine künstliche
hypoallergene Mutante und hypoallergene Bruchstücke
schützten die Tiere vor der Entwicklung von allergischen Immunreakionen wie der Bildung von IgE, Interleukin 5 und
IgE-vermitteltem Zell-Release (letzteres löst ja erst die eigentlichen Allergiesymptome aus). Die allergischen Reaktionen waren auf die Tiere beschränkt, die sensibiliert wurden, aber vorher keine „DNA-Allergieschutzimpfung“ bekommen hatten.
Ein weiteres Experiment, in dem der Einfluss von DNABehandlung auf Zell-Release und IgE-Titer gezeigt wurde,
konnte beweisen, dass DNA-Vakzine nicht nur protektive
wirksam sind (also vor der Entwicklung von Allergien schützen können), sondern dass auch eine bereits bestehende Allergie mittels DNA-Vakzination therapiert werden kann. Mäuse wurden dazu mit Bet v 1 sensibilisiert und eine typische allergische Th2-Immunreaktion mit hohen IgE- und IgG1-Titern induziert. Eine Gruppe erhielt dann eine DNA-Vakzine,
deren Plasmid das Bet-v-1-Gen enthielt, eine zweite ein „leeres“ Plasmid (ein „Scheinvektor“ zur Überprüfung, ob ein
Plasmid allein bereits einen Schutzeffekt hat) und eine dritte
Gruppe wurde ohne Behandlung weitergeführt. Die Behandlung der allergisierten Tiere mit DNA-Vakzinen zeigte
eine signifikante Suppression der allergischen Parameter (IgE
und IgE-vermittelter Zell-Release), wohingegen in den unbehandelten Tieren und in der Gruppe mit dem Scheinvektor
die allergischen Parameter stark erhöht blieben.
Die Faszination der DNA-Vakzine besteht vor allem darin, dass maßgeschneiderte Immunreaktionen induziert werden können. Außerdem haben DNA-Vakzine breite Anwendungsgebiete als Impfung gegen virale und bakterielle Infekte sowie gegen parasitäre Erkrankungen (z. B. Malaria).
Nicht nur für die Therapie von Allergien, deren Ursache ein
überreagierendes Immunsystem ist, auch bei Tumoren mit
einer unzureichenden Immunreaktion stellt die DNA-Vakzination eine vielversprechende Behandlungsmethode der Zukunft dar.
Marianne Fliesser
Zu den Vortragenden: Prof. Dr. Rudolf Valenta ist Leiter der Abteilung für Immunpathologie am Institut für Pathophysiologie
am AKH. Seine Forschungsschwerpunkte sind: Molekulare und
zelluläre Allergieforschung, Entwicklung von Diagnostika und
Therapeutika für allergische Erkrankungen, Autoimmunität.
Prof. Dr. Josef Thalhamer ist Vorstand des Institutes für Chemie
und Biochemie an der Universität Salzburg. Es sei noch vermerkt, dass sie ihre Forschungsgruppen unter anderem aus den
Mitteln des Forschungsschwerpunktes „Immunobiology of Allergens and Allergen-Specific Immune Responses“ des Fonds zur
Förderung der Wissenschaftlichen Forschung und aus EU-Forschungsgeldern finanzieren und sicher im internationalen Spitzenfeld der Allergieforschung zu finden sind. Alleine in Salzburg arbeiten zurzeit 8 Arbeitsgruppen mit ca. 50 Mitarbeitern
an dieser Thematik, die auch Teil des Schwerpunktes „Biowissenschaften und Gesundheit“ der Universität Salzburg ist.
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