Kostengünstige Beseitigung von Leerständen im obersten Geschoss von Plattenbauten Endbericht Der Forschungsbericht wurde mit Mitteln des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung gefördert (Aktenzeichen: Z 6 – 5.4-02.07 / II 13 – 80 01 02 – 7). Die Verantwortung für den Inhalt des Berichtes liegt beim Autor. -2- Kostengünstige Beseitigung von Leerständen im obersten Geschoss von Plattenbauten Endbericht Der Forschungsbericht wurde mit Mitteln des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung gefördert (Aktenzeichen: Z 6 – 5.4-02.07 / II 13 – 80 01 02 – 7). Die Verantwortung für den Inhalt des Berichtes liegt beim Autor. Projektbearbeitung: ANALYSE & KONZEPTE Beratungsgesellschaft für Wohnen, Immobilien und Tourismus mbh Friedensallee 9 22765 Hamburg Hamburg, September 2004 ANALYSE & KONZEPTE ANALYSE & KONZEPTE Verzeichnis der Abbildungen Abb. 1 Schematische Darstellung des Forschungsprojektes. ................................................ 3 Abb. 2 Leerstandsgefährdung........................................................................................... 7 Abb. 3 Grundriss einer umgenutzten Wohnung in Freiberg................................................ 32 Abb. 4 Umnutzung und Bestandstypen............................................................................ 44 Verzeichnis der Tabellen Tab. 1 Typisierung der Umnutzungen ............................................................................. 40 Tab. 2 Leerstandsbeseitigungsstrategien im Vergleich ...................................................... 49 ANALYSE & KONZEPTE Inhaltsverzeichnis Kurzfassung........................................................................................................... 1 1 Ziel des Forschungsvorhabens .............................................................................. 5 1.1 Zentrale Fragestellungen..............................................................................................6 1.2 Untersuchungsmethodik...............................................................................................8 2 Wohnungsleerstand .............................................................................................. 9 2.1 Leerstandsentwicklung.................................................................................................9 2.2 Leerstandsgefährdung ...............................................................................................10 2.3 Leerstandsverteilung .................................................................................................11 2.4 Leerstandskosten ......................................................................................................12 2.5 Leerstandsreduzierung...............................................................................................13 2.6 Wohnungen im obersten Geschoss von Plattenbauten ..................................................13 3 Fallbeispiele ........................................................................................................ 15 3.1 Freiberg ...................................................................................................................15 3.2 Weißenfels................................................................................................................19 3.3 Zeitz ........................................................................................................................22 3.4 Guben ......................................................................................................................25 4 Analyse der Umnutzungen .................................................................................. 28 4.1 Umnutzungsbedingte Baumaßnahmen ........................................................................28 4.1.1 Sanitär und Elektrik ...................................................................................................28 4.1.2 Wärmedämmung und Beheizung ................................................................................30 4.1.3 Türen, Fenster und Fassade .......................................................................................31 4.1.4 Innenausbau.............................................................................................................34 4.2 Verringerung der Betriebs- und Leerstandskosten ........................................................37 4.3 Mieterakzeptanz ........................................................................................................38 4.4 Rechtliche Probleme ..................................................................................................40 5 Typisierung der Umnutzungen ............................................................................ 44 6 Objektauswahl für die Umnutzung von Obergeschossen ................................... 47 7 Leerstandsbeseitigungsstrategien im Vergleich ................................................. 50 7.1 Umnutzung von Obergeschossen ................................................................................50 7.2 Teilrückbau...............................................................................................................51 7.3 Fahrstuhlanbau .........................................................................................................52 7.4 Variantenvergleich unter den Bedingungen des Programms Stadtumbau Ost ..................53 8 Zusammenfassung und Fazit .............................................................................. 56 ANALYSE & KONZEPTE Kurzfassung Zentrale Frage des Forschungsprojektes "Kostengünstige Beseitigung von Leerständen im obersten Geschoss von Plattenbauten" war, inwieweit die Umnutzung von Wohnungen eine Strategie zur Leerstandsreduzierung darstellen kann. Im Vergleich zum Abriss, der mit hohen Kosten verbunden und in der Regel nur in einem mittelfristigen Zeitraum umsetzbar ist, könnte die Umnutzung bzw. Stilllegung von Wohnungen das flexiblere und kostengünstigere Instrument zur Leerstandsreduzierung darstellen und aktuelle Strategien sinnvoll ergänzen. Denn die Umnutzung von Wohnungen in den obersten Geschossen von Plattenbauten setzt an einem Schwerpunkt der Leerstandsentwicklung, den fünften und sechsten Geschossen, an. Dazu wurden mögliche Formen der Umnutzung untersucht, die Kosten ermittelt und der daraus resultierende Nutzen betrachtet, um in einem weiteren Schritt die notwendigen Anforderungen an Förderprogramme zu formulieren. Wesentlich war hierbei die Erforschung möglichst kostengünstiger bzw. Kosten sparender Vorgehensweisen in der baulichen Umnutzung. Darüber hinaus wurden Fragen zur Verringerung der Leerstandskosten und zur Aufwertung des verbleibenden Bestandes bearbeitet. Gegenstand der Untersuchung waren vier Fallbeispiele, die im Hinblick auf die durchgeführten Baumaßnahmen, die damit verbundenen Kosten, die Reduzierung der Betriebs- und Leerstandskosten, die Mieterakzeptanz und die spezifischen, mit einer Umnutzung verbundenen rechtlichen Probleme, dokumentiert wurden. Die dargestellten Umnutzungen wurden von Wohnungsunternehmen und -genossenschaften in Freiberg, Weißenfels, Zeitz und Guben durchgeführt. Aus der Analyse der Fallbeispiele konnten drei Umnutzungstypen entwickelt werden: einfache Umnutzung: Bei der einfachen Umnutzung erfolgt lediglich eine Stilllegung der Obergeschosse, d.h. dass die leer stehenden Räume nicht weiter genutzt werden. Die baulichen Maßnahmen beschränken sich auf ein Minimum an Demontage- und Sicherungsarbeiten sowie Wärmedämmung, die für alle Umnutzungsarten mindestens erforderlich sind. Der Kostenrahmen erstreckt sich bis zu 1.500 € pro Wohnung bzw. 25 € je m² Wohnfläche. Eine bauliche Aufwertung des Gebäudes wird damit nicht erreicht. mittlere Umnutzung: Hierbei wird über die Stilllegung der Wohnung hinaus die Schaffung von individuell zuordbaren Abstellräumen als Aufwertung des vorhandenen Wohnungsangebotes angestrebt. Der Kostenrahmen für die mittlere Umnutzung beträgt ca. 3.000-4.000 € je Wohnung bzw. 55-70 € je m² Wohnfläche. aufwendigere Umnutzung: Im Zuge komplexer Modernisierungen erfolgen aufwendigere Umnutzungen. Sie umfassen einen Umbau von Wohnungen zu Abstellräumen in Verbindung mit Sanierungen der Gebäudehülle und ggf. einer Verkleinerung der Fenster. Daraus ergibt sich sowohl eine bauliche als auch eine Nutzungsaufwertung. Zentrales Kriterium für den Erfolg von Umnutzungen ist die Senkung der Betriebs- und Leerstandskosten. In den untersuchten Fallbeispielen betrugen die monatlichen Kosten 1,00-1,40 € je m² Wohnfläche, was für eine durchschnittlich große Wohnung einen Betrag von rund 750-1.000 € pro Jahr ergibt. Aus Sicht der Wohnungseigentümer stehen dabei zwei Aspekte im Vordergrund. Zum -2- ANALYSE & KONZEPTE einen sollen mithilfe der Umnutzungsmaßnahmen die Betriebskosten absolut gesenkt werden. Zum anderen soll durch die Umlegung verbleibender Betriebskosten die Belastung von den Vermietern genommen und somit die Leerstandskosten verringert werden. Als grundsätzliche Tendenz lässt sich feststellen, dass es in allen Beispielen gelungen ist, die Leerstandskosten in hohem Maße zu reduzieren. Damit wird das wesentliche betriebswirtschaftliche Ziel der Umnutzung erreicht. Rechnet man die ersparten Betriebskosten gegen die Investitionskosten, so liegen im günstigsten Fall nach zwei bis drei Jahren und im ungünstigeren Fall nach ca. zehn Jahren die Kosten der Umnutzung niedriger bei dem Verbleib des Leerstandes. Eine verallgemeinerbare Abschätzung der Kosten und Kostenersparnis von Umnutzungen wird jedoch durch unterschiedliche Auslegungen rechtlicher Regelungen erschwert. Dazu zählen die Berechnung der Grundsteuer, brandschutzrechtliche Bestimmungen sowie die Umlagefähigkeit der Betriebskosten. Hierzu sind gesetzgeberische Klarstellungen wünschenswert. Als für die Unternehmen nachteilig stellt sich allerdings die Situation hinsichtlich der Altschulden dar. Denn bei denjenigen, die gemäß Altschuldenhilfegesetz einen Antrag auf Entlastung von den Altschulden gestellt haben, erfolgt bei umgenutzten Wohnungen nicht wie bei abgerissenen bzw. zum Teil zurückgebauten Wohnungen eine Entlastung. Damit verbleiben die Altschulden und müssen aus den Erträgen der verbliebenen Wohnungen finanziert werden. In der Bewertung der Akzeptanz von Umnutzungen durch die Mieter gibt es deutliche Unterschiede zwischen Bestandsmietern, also Mietern, die bereits vor der Umnutzung im Gebäude gewohnt haben, sowie Neumietern. Hinsichtlich der Neuvermietung muss die Umnutzung als eindeutiger Vermarktungsvorteil angesehen werden. Dort, wo die still gelegten Wohnungen als Abstellräume zur Verfügung gestellt werden, kann in den Beispielen eine durchweg positive Resonanz festgestellt werden. Hinsichtlich der Bestandsmieter stellt sich dieses Bild anders dar. Vorabbefragungen bei den betroffenen Mietern haben zu einer geteilten Resonanz geführt. Positiv für die Resonanz wirkt sich der Umstand aus, dass in den drei Beispielen, in denen Abstellräume zur Verfügung gestellt wurden, keine zusätzlichen Nutzungsgebühren erhoben werden. Demgegenüber stellen leicht erhöhte Betriebskostenumlagen in der Neuvermietung kein Problem dar. Für die Anwendung von Umbaumaßnahmen als Strategie zur Leerstandsreduzierung ist die Auswahl der Bestände von großer Bedeutung. Dabei ist nicht nur der aktuelle Leerstand im Gebäude relevant, sondern auch die zu erwartende Leerstandsentwicklung infolge von Nachfragerückgängen. Damit kommt der Identifizierung der derzeit noch vermieteten, aber langfristig leerstandsgefährdeten Wohnungen eine erhebliche Bedeutung zu. Zentrale Kriterien sind die Lage und der Wohnwert der Objekte bzw. geplante Sanierungsmaßnahmen. Daraus lässt sich deren Perspektive auf dem lokalen Wohnungsmarkt ableiten. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die Wohnungen in den obersten Geschossen in einem ansonsten vermietbaren Gebäude dauerhaft leer bleiben oder dies nur der Beginn einer fortschreitenden Leerstandsentwicklung ist. Möglicherweise lassen sich die Wohnungen in den obersten Geschossen durch Wohnwert erhöhende Maßnahmen sogar wieder an den Markt bringen. Eine solche Beurteilung führt folglich zu der Einschätzung, ob eine Umnutzung als Dauerlösung anzusetzen ist oder als Zwischenlösung auf dem mittelfristigen Weg zum Abriss. -3- ANALYSE & KONZEPTE Dementsprechend kann die langfristige Vermarktungsperspektive eines Gebäudes mit den dargestellten Umnutzungstypen in Beziehung zueinander gesetzt werden. So ist mit dem Forschungsvorhaben deutlich geworden, dass für Umnutzungen vor allem Wohnungsbestände in Betracht kommen, in denen mittelfristig nur die obersten Geschosse vom Leerstand betroffen sein werden. Für unsanierte Plattenbauten, die mittel- bis langfristig ganz vom Wohnungsmarkt genommen werden sollen, führen Umnutzungen mit einem einfachen baulichen Standard (Stilllegungen) mit geringen Investitionsaufwendungen (< 1.500 € je WE) zu einer weitgehenden Verringerung der Leer- standskosten. Durch Umnutzungen mit mittlerem Standard und Investitionskosten (3-4.000 € je WE) kann das Angebot von individuell zuordbaren zusätzlichen Abstellräumen geschaffen werden. Diese Verbesserung des vorhandenen Wohnungsangebotes wird vom Neumieter gut angenommen, es entspricht einer marktgerechten Verbreiterung des Angebotsspektrums und trägt damit zur Stabilisierung der Plattenbaustandorte bei. Bezogen auf das Objekt werden die Leerstandskosten weitgehend gesenkt, und die Vermietungssituation des verbleibenden Bestandes verbessert, sodass sich die Investitionskosten mittelfristig "rentieren".1 Umnutzungen im mittleren Standard sind besonders sinnvoll in Beständen, die teilsaniert sind oder werden sollen, da sie über ähnliche Refinanzierungszeiträume der Investitionen verfügen, eine ähnliche Stellung im Portfolio des Unternehmens aufweisen können, sich aufgrund bereits getätigter Modernisierungsmaßnahmen für die Umnutzung Kosten einsparen lassen. In der Frage, inwieweit Umnutzung als Strategie zur Leerstandsbeseitigung in der Stadtumbaupraxis tatsächlich angewendet werden kann, muss auch eine Abwägung zu anderen Strategien erfolgen. Dazu zählen der Teilrückbau und der Anbau von Fahrstühlen. In die Abwägung muss einbezogen werden, inwieweit durch die jeweiligen Maßnahmen das Ziel der Leerstandsreduzierung und der Leerstandskostenreduzierung erreicht wird und wie die Maßnahmen unter Berücksichtigung der Investitionskosten und der Fördermöglichkeiten finanzierbar sind. Eine konsequentere Lösung als die Umnutzung stellt der Teilrückbau dar, der allerdings auch mit mehr Aufwand verbunden ist und in der Regel nur in Kombination mit komplexen Sanierungen sinnvoll ist. Die Kosten belaufen sich auf ca. 100-120 €/m². Zusätzliche Kosten ergeben sich durch den notwendigen Leerzug von Wohnungen. Demgegenüber können die Betriebskosten vollständig reduziert werden, zudem kann ein Erlass der Altschulden erfolgen und die Maßnahmen werden gefördert. Der Fahrstuhlanbau stellt eine Strategie zur Verbesserung der Vermietbarkeit in den oberen Geschossen dar. Ein Vorteil besteht darin, dass bei dieser Maßnahme kein Leerzug von Wohnungen notwendig ist. Allerdings ist dieses bautechnisch relativ einfach zu lösende Maßnahme mit hohen Investitionskosten und mit hohen laufenden Kosten verbunden. So muss je nach Typ des Gebäudes und Fahrstuhls von Baukosten in von Höhe von 10-14.000 € je Etage ausgegangen werden. Nachteilig wirken sich Aufzüge auch auf die Betriebskosten aus. Der laufende Betrieb bringt erhöh- 1 Gegenüber einer Vollvermietung stellen sich Umnutzungen grundsätzlich wirtschaftlich ungünstiger dar, mit ihr ist jedoch eine Reduzierung der Leerstandskosten möglich und in diesem Sinne wirtschaftlicher. -4- ANALYSE & KONZEPTE te monatliche Kosten in einer Größenordnung von ca. 0,50 €/m² Wohnfläche mit sich. Gleichzeitig sind diese Kosten unter Marktgesichtspunkten in den meisten Fällen nicht und nur teilweise umlagefähig und insofern unrentierlich. Der Einbau eines Aufzuges kann somit nur in bestimmten, langfristig vermietbaren Lagen eine Strategie darstellen. Der Vergleich der Varianten im Umgang mit in Obergeschossen leer stehenden Wohnungen zeigt, dass die Umnutzung in Bezug auf Investitionskosten, Verringerung der Betriebskosten sowie der flexiblen Umsetzbarkeit die günstigere Variante sein kann. Unter Berücksichtigung weiterer betriebswirtschaftlicher Parameter, wie Finanzierung, Liquidität und Rentabilität, stellt – trotz höherer Investitionskosten – der Teilrückbau jedoch die bessere Möglichkeit dar. Ausschlaggebend hierfür ist vor allem der Einsatz von Fördermitteln für den Rückbau. Inklusive Förderung ist der dann vom Unternehmen noch zu tragende Eigenanteil in etwa so hoch wie die Kosten einer einfachen Umnutzung (Stilllegung), bei der dann aber immer noch keine Altschuldenentlastung erfolgen würde. Obwohl mit dem Teilrückbau als auch mit der Umnutzung – nicht jedoch mit dem Fahrstuhlanbau – dem wohnungswirtschaftlichen Ziel der Reduzierung nicht mehr nachgefragter Wohnungen entsprochen wird, erfolgt eine förderpolitische Ungleichbehandlung in so hohem Maße, dass eine Umnutzung nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich sinnvoll ist. Daher bleibt die Frage, in welcher Form eine Neuausrichtung der Förderung v.a. des Programms "Stadtumbau Ost" erfolgen kann und welche Auswirkungen dies hätte. Der Anlass und der primäre Effekt der Umnutzung ist die Reduzierung des Wohnungsangebotes und entspricht damit dem Ziel des Stadtumbauprogrammteils "Rückbau". Gefördert werden beim Rückbau unrentierliche Ausgaben wie die Demontage von Gebäuden und Installationen, deren Vorbereitung und Planung sowie Leerzugsausgaben. Auch bei der Umnutzung erfolgen unrentierliche bauliche Maßnahmen, mit denen Wohnungen dauerhaft vom Markt genommen werden können. Mit einer Gleichstellung im Programm Stadtumbau Ost könnten flexiblere Möglichkeiten für einen differenzierten Stadtumbau geschaffen werden. Soll sich Umnutzung als Stadtumbaustrategie etablieren und Mengeneffekte, die auf eine Größenordnung von 2030.000 umnutzbare Wohnungen geschätzt werden können, erzielt werden, so ist dies nur durch eine Gleichbehandlung von Rückbau und Umnutzung möglich. Dies kann relativ einfach durch eine Ergänzung der VV-Städtebauförderung erfolgen. Es erfolgt damit keine Ausweitung des Fördervolumens. Insgesamt betrachtet stellen Umnutzungen unter den besonderen Bedingungen des ostdeutschen Wohnungsmarktes für spezifische Wohnungsbestände ein betriebswirtschaftlich sinnvolles Vorgehen dar. Auch wenn die potenziellen Mengeneffekte im Vergleich zum Rückbau deutlich geringer sind, stellen Umnutzungen ein gutes Instrument für einen differenzierteren Stadtumbau vor allem für städtebauliche wichtige Situationen dar. Sollen diese Potenziale jedoch in nennenswertem Umfang genutzt werden, muss die Umnutzung in gleichem Maße wie der Rückbau im Programm Stadtumbau Ost gefördert werden. Hinsichtlich der Betriebskostenumlage ist eine Klarstellung der aktuellen Gesetzgebung und Rechtsprechung, die noch nicht auf die spezifische Situation des Stadtumbaus eingestellt ist, notwendig. -5- 1 ANALYSE & KONZEPTE Ziel des Forschungsvorhabens Die Entwicklungen der letzten zehn Jahre auf dem ostdeutschen Wohnungsmarkt haben zu erheblichen strukturellen Verwerfungen und Problemen geführt, die vielerorts sowohl die Wohnungswirtschaft in ihrer Existenz bedrohen als auch städtebaulich gravierende Folgen zeitigen. Mit dem Programm Stadtumbau Ost soll deswegen mit dem Teil „Rückbau“ einerseits der Markt wieder reguliert und andererseits mit dem Teil „Aufwertung“ die städtebauliche Situation verbessert werden. In der aktuellen Leerstandsdiskussion dominiert der Abriss als Hauptlösungsweg. Diese Form der Leerstandsverringerung ist allerdings mit hohen Kosten verbunden und in der Regel nur in einem mittelfristigen Zeitraum umsetzbar, da die Leerstände erst in einem Gebäude konzentriert werden müssen, bevor ein (Teil-)Rückbau erfolgen kann. Dieser oftmals längerfristige Prozess führt wiederum zu hohen Leerstandskosten bei den Wohnungseigentümern. Daher ist es notwendig und sinnvoll, weitere Formen der Leerstandsverringerung zu entwickeln und umzusetzen. Im Rahmen des vorliegenden Forschungsvorhabens soll deshalb untersucht werden, ob eine Reduzierung der Leerstands- bzw. Rückbaukosten z.B. durch dauerhafte Umnutzungen von obersten Geschossen von Plattenbauten geschehen kann. Denn eine solche Umnutzung setzt an einem Schwerpunkt der Leerstandsentwicklung, den oberen Geschossen, an. Dort sind u.a. aufgrund fehlender Fahrstühle bei den 5- und 6-geschossigen Plattenbaubeständen i.d.R. die höchsten Leerstandsquoten zu verzeichnen. Gleichzeitig können für die verbleibenden Wohnungen Gemeinschafts- oder Abstellflächen geschaffen und damit die Wohnqualität erhöht werden. Vor diesem Hintergrund lassen sich folgende Thesen zur Vorteilhaftigkeit von Umnutzungen formulieren: es wird an einem Leerstandsschwerpunkt, den obersten Geschossen, angesetzt. die Attraktivität der übrigen Wohnungen wird gesteigert. es sind erhebliche Mengeneffekte durch eine rasche Umsetzbarkeit möglich. es ist keine Leerstandskonzentration erforderlich. Umnutzungen sind im Vergleich zu anderen Formen der Leerstandsreduzierung kostengünstig umzusetzen. Inwieweit Umnutzungen positive Auswirkungen auf die Bewirtschaftungskosten für die Eigentümer und auf den lokalen Wohnungsmarkt haben, soll im Folgenden untersucht werden. Dabei sollen die Potenziale von Umnutzungsmaßnahmen im Hinblick auf eine sinnvolle Leerstandsreduzierung erörtert und vor dem Hintergrund einer Kosten-Nutzen-Analyse dargestellt werden. Diese Analyse greift die nachfolgend erläuterten Fragestellungen auf. -6- 1.1 ANALYSE & KONZEPTE Zentrale Fragestellungen Die zentrale Fragestellung des Forschungsvorhabens ist, inwieweit durch Umnutzung der obersten Geschosse von Plattenbauten ein Beitrag zur Reduzierung des Leerstandes Verringerung der Leerstandskosten und Aufwertung des verbleibenden Bestandes geleistet werden kann. Wesentlich ist hierbei die Erforschung möglichst kostengünstiger bzw. Kosten sparender Vorgehensweisen in der baulichen Umnutzung. In der konkreten Analyse müssen dafür folgende Themenkreise mit ihren forschungsleitenden Fragestellungen bearbeitet werden: a) Mögliche Formen der Umnutzung Zunächst soll festgestellt werden, welche Möglichkeiten der Umnutzung sich darstellen. Dabei werden die verschiedenen Maßnahmen nach Art und Umfang der Maßnahme und der Folgenutzung unterschieden. Die unterschiedlichen Maßnahmen werden dann auf ihre Umsetzbarkeit und mögliche Hemmnisse hin untersucht. Dazu dienen folgende Kriterien: b) Kosten und Aufwand Im Zentrum der Kostenüberlegungen stehen der technische Aufwand der Maßnahme und die damit verbundenen Baukosten. Hinsichtlich des technischen Aufwandes werden spezielle Probleme, wie der Umgang mit den Sanitärzellen, der Geschossdämmung und der Hausinstallationen, sowie die Gewährleistung der Dauerhaftigkeit der Umnutzung näher betrachtet. Die Beurteilung von Umnutzungsmaßnahmen ist zudem durch die zeitliche Umsetzbarkeit bestimmt. Je schneller eine Realisierung und somit eine Reduktion des Leerstandes erfolgen kann, desto günstiger wirkt sich dies auf die Kosten aus. c) Nutzen Nach Abschluss der Maßnahmen werden die Auswirkungen auf die Bewirtschaftungskosten betrachtet. Als Indikator bzw. Bezugsgröße dienen dabei die Kosteneinsparungen der Wohnungseigentümer. Hinsichtlich des Nutzens von Umnutzungsmaßnahmen werden die Auswirkungen auf die Vermietbarkeit untersucht. Dabei geht es um eine mögliche Verbesserung der Vermietbarkeit der übrigen Wohnungen durch einen Zuwachs an nutzbarer Fläche (z.B. als Abstellfläche). Ein wesentliches Kriterium für den Erfolg entsprechender Umnutzungsmaßnahmen stellt darüber hinaus die Akzeptanz durch die Mieter dar. -7- ANALYSE & KONZEPTE d) Anforderungen an Förderprogramme Die Analyse soll deutlich machen, wie Förderprogramme insbesondere im Vergleich zu anderen Formen der Umnutzung (z.B. Teilrückbau oder Fahrstuhleinbau) ausgestaltet werden müssten, die eine Umnutzung von Obergeschossen unterstützen und in ein Konzept der Leerstandsreduzierung einbeziehen. Schematische Darstellung des Forschungsprojektes Abb. 1 Mögliche Formen der Umnutzung Kosten Zeitliche Umsetzbarkeit Einsparungspotenzial Mieterakzeptanz Nutzen Nutzen//Wohnungsmarkteffekte Wohnungsmarkteffekte Anforderungen Anforderungenan andas das Stadtumbauprogramm Stadtumbauprogramm Ost Ost -8- 1.2 ANALYSE & KONZEPTE Untersuchungsmethodik Aufbauend auf der Auswertung des aktuellen Diskussions- und Forschungsstandes zur Leerstandsentwicklung und -reduzierung wurden vier ostdeutsche Beispiele für bereits erfolgte Umnutzungen recherchiert. Diese Fallbeispiele sollen verschiedene Vorgehensweisen widerspiegeln und werden in einer vergleichenden Analyse ausgewertet. Die Analyse erfolgt auf der Grundlage von Planungs- und Bauunterlagen, Kostenaufstellungen, leitfadengestützten Experteninterviews sowie Vor-Ort-Begehungen. Die Analyseschwerpunkte wurden in einem einheitlichen Erfassungsschema zusammengefasst und untergliedern sich in folgende Bereiche: Vorbedingungen und Ausgangssituation Art und Umfang der durchgeführten Umnutzungen Baukosten und Finanzierung ersparte Bewirtschaftungskosten Umsetzungsprobleme und deren Lösungen Auswirkungen auf das übrige Wohnungsangebot Die Ergebnisse der Kostenanalyse der unterschiedlichen Maßnahmen werden miteinander verglichen und bewertet. Darauf aufbauend werden praxisorientierte Handlungsempfehlungen ausgearbeitet, die unter dem Aspekt der kostengünstigsten "best practice" auf unterschiedliche Vorbedingungen eingehen. -9- 2 Wohnungsleerstand 2.1 Leerstandsentwicklung ANALYSE & KONZEPTE Ausgangspunkt für das Forschungsvorhaben sind die aktuelle - und die zu erwartende - Situation auf dem ostdeutschen Wohnungsmarkt, der in den meisten Kommunen durch sehr hohe Leerständen gekennzeichnet ist. Darum sollen im Folgenden anfangs die Ursachen, Struktur und Dynamik des Leerstandes sowie die betriebswirtschaftlichen Folgen dargelegt werden, um so die Dimension und wohnungswirtschaftliche Bedeutung von leer stehenden Obergeschossen von Plattenbauten zu verdeutlichen. Die Ursachen für den wachsenden Wohnungsleerstand liegen zum einen auf Seiten der Nachfrageentwicklung, die v.a. durch demografische Schrumpfungsprozesse gekennzeichnet ist: ein drastischer Rückgang der Geburtenzahlen seit 1990, die nur leicht wieder ansteigen, führt zu einem dauerhaften Sterbeüberschuss ausbildungs- und arbeitsmarktbedingte Abwanderungen nach Westdeutschland Suburbanisierungsvorgänge, die zu einem überproportionalen Rückgang der Einwohnerzahlen in den Groß- bzw. Kernstädten führen Im Ergebnis dieser Prozesse ging die Bevölkerung Ostdeutschlands von 1990 bis 2001 von 14.836.000 auf 13.788.000 bzw. um 7 % zurück.2 Diese Entwicklungen werden sich, wenn auch abgeschwächt und regional deutlich differenziert, zukünftig fortsetzen. Entsprechend gehen Prognosen von einem weiteren Rückgang der Bevölkerung auf 12.933.600 im Jahr 2020 aus.3 Gleichzeitig haben sich die Haushaltsstrukturen deutlich verändert: So beträgt in den neuen Bundesländern (ohne Berlin) der Anteil der Einpersonenhaushalte 31,4 %, während in nur noch 25,4 % aller Haushalte Kinder vorhanden sind.4 Zudem stieg in den 90er Jahren der Anteil der Senioren von 19,2 auf 24,5 %. Auf der anderen Seite ist es im gleichen Zeitraum zu einer deutlichen Ausweitung des Wohnungsangebotes gekommen. So stieg die Zahl der Wohnungen in Ostdeutschland von 6.836.189 im Jahr 1994 auf 7.560.867 im Jahr 2002 an (+10 %).5 Des Weiteren kam es durch Neubau und Modernisierung zu einer deutlichen Veränderung der Angebotsqualitäten. Hier sind insbesondere zu nennen: großer Nachholbedarf auf dem Gebiet des Neubaus von Eigenheimen Unvermietbarkeit von Gebäuden und Wohnungen aufgrund baulicher Mängel als Ursache für den Leerstand, die nach Sanierung aber wieder auf den Markt kommen 2 Statistisches Bundesamt, Angaben ohne Berlin-Ost. 3 Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung: INKAR Prognose 2020. 4 Mikrozensus 2002. 5 Statistisches Bundesamt. - 10 - ANALYSE & KONZEPTE Aufgrund dieser Entwicklungen stieg zum einen die Eigentumsquote auf 36,7 % an6, zum anderen sank der Anteil der in industrieller Bauweise erstellten Wohnungen am Gesamtwohnungsbestand auf rd. 29 %.7 Auch wenn zahlreiche Gebäude in industrieller Plattenbauweise inzwischen teil- oder vollmodernisiert wurden, bilden sie trotzdem ein vergleichsweise homogenes Angebot in hohen Stückzahlen, zumeist in der städtebaulichen Struktur der Großsiedlungen, das weiterhin strukturelle Defizite (Wohnungsgrößen, innen liegende Bäder und Küchen etc.) aufweist. Insgesamt hat in den vergangenen zehn Jahren die sinkende und sich qualitativ verändernde Nachfrage bei steigendem Wohnungsangebot zu einer Verschiebung zwischen den Marktsegmenten und vor allem zu einem rasanten Anstieg der Zahl dauerhaft leer stehender Wohnungen geführt. Im Jahr 2002 waren bereits rd. 1,3 Mio. Wohnungen ohne Mieter.8 Dies entspricht einer Leerstandsquote von 14,4 %, die regional betrachtet von 9,9 % in Berlin bis zu 17,6 % in SachsenAnhalt reicht und in einzelnen Städten noch weit darüber liegt. Aufgrund dieser Entwicklungen muss es ein zentrales wohnungswirtschaftliches und stadtentwicklungspolitisches Ziel sein, das Wohnungsangebot der Nachfrage anzupassen. 2.2 Leerstandsgefährdung Für Wohnungsbauinvestitionen und die langfristige Unternehmensstrategie ist nicht nur der aktuelle Leerstand relevant, sondern auch der Umfang des zu zukünftigen Leerstandes aufgrund des zu erwartenden weiteren Nachfragerückgangs. Damit kommt der Identifizierung der derzeit noch vermieteten, aber langfristig leerstandsgefährdeten Wohnungen eine erhebliche Bedeutung zu. Anhand der schematischen Darstellung (Abb. 2) lässt sich die Leerstandsgefährdung einer Wohnung aufzeigen. Hierfür werden Wohnwert und Lagewert einer Wohnung in Beziehung gesetzt. Unter Wohnwert fallen zum einen Merkmale der Wohnung, wie innen liegende Bäder oder Küchen, Balkon, Sanierungsgrad, Grundriss, und zum anderen Merkmale des Gebäudes, wie z.B. Alt- oder Neubau, Zahl der Wohnungen/Geschosse, Fahrstuhl, Leerstand. Unter Lagewert werden Merkmale der Mikrolage (Wohnumfeld, Parkplatz, Sozialstruktur des Hauseinganges etc.) sowie der Makrolage (Verkehrsanbindung, Nähe zu Erholungsflächen, Image usw.) zusammengefasst. Treffen nun jeweils ungünstige Werte zusammen (Nachfragetyp N1 könnte z.B. eine Wohnung in einem unsanierten Plattenbau, im sechsten Geschoss ohne Fahrstuhl, mit innen liegendem Bad und Küche sein), besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen Wohnungsleerstand, während bei einem günstigen Wohn- und Lagewert (z.B. Typ N9) von einer dauerhaft stabilen Vermietungssituation ausgegangen werden kann. Es ist allerdings zu beachten, dass auch eine Wohnung in einem 6 Mikrozensus 2002. 7 Vgl. Marktchancen des jüngeren Geschosswohnungsbestandes der neuen Länder, BBR Forschungen H. 95, S. 5. 8 Mikrozensus 2002. ANALYSE & KONZEPTE - 11 - unsanierten Plattenbau in einer guten Lage besser vermietet sein kann (N6) als eine voll sanierte Wohnung im obersten Geschoss eines Sechsgeschossers in einer ungünstigen Lage (N2). Abb. 2 Leerstandsgefährdung N4 günstig Wohnwert Z weniger günstig ungünstig N7 N9 Le er st an N2 N5 ds ge Ho fä hr he de rL t ee rst an N1 N3 d ungünstig weniger günstig N8 N6 Z günstig Lagewert Quelle: ANALYSE & KONZEPTE 2002. Bei einer sinkenden Gesamtwohnungsnachfrage und einem steigenden Gesamtleerstand kann es zu einer neuen Verteilung der Leerstände innerhalb der Leerstandsmatrix kommen, indem sich die Achse der Leerstandsbetroffenheit (z) verschiebt. Diese Verschiebung bedeutet dann eine Ausweitung leerstandsbetroffener Bereiche: Aus der Gefährdung wird ein realer Leerstand. 2.3 Leerstandsverteilung Hinsichtlich der Verteilung des Leerstandes innerhalb des Wohnungsbestands und der Ursachen gibt es erhebliche Unterschiede. Beispielsweise sind 2,6 % des Leerstandes modernisierungsbedingt, und weitere 2 % stehen wegen Unbewohnbarkeit leer. Allerdings ist der größte Teil der leeren Wohnungen auf eine dauerhaft zu geringe Nachfrage zurück zu führen. Dabei muss aber be- - 12 - ANALYSE & KONZEPTE rücksichtigt werden, dass ein großer Teil des Leerstandes sich auf Wohnungen, die vor 1948 errichtet wurden, konzentriert; in Sachsen liegt dieser Anteil sogar bei 64 %.9 Während sich Anfang der 90er Jahre der Leerstand fast nur im Altbau zeigte, ist derzeit in Neubauquartieren die größte Dynamik und eine sehr starke Zunahme des Leerstandes zu beobachten. Dieses trifft besonders auf die randstädtischen Großsiedlungen sowie auf unsanierte Gebäude zu. In unsanierten Altbauten dominiert mittlerweile der Totalleerstand, während der Leerstand in den Plattenbauten recht heterogen entsteht, je nachdem wie Wohnungen mit ungünstigen Merkmalen über die Objekte verteilt sind. Insbesondere durch Fortzüge ohne erneute Vermietung entsteht ein zufälliges Muster, sodass zahlreiche Gebäude von recht unterschiedlichen Leerstandsquoten betroffen sind, die jeweils zu Ertragsschmälerungen führen. Ein wohnungswirtschaftliches Ziel der Eigentümer ist daher die Konzentration des Leerstandes, um auf diese Weise möglichst weit reichende Handlungsoptionen zu erhalten. 2.4 Leerstandskosten Der vorherrschende Wohnungsleerstand kann sich existenzbedrohend auf die örtlichen Wohnungsunternehmen auswirken, und zwar nicht nur wegen der fehlenden Mieteinnahmen, sondern auch wegen weiter laufender Kosten wie Betriebskosten Verwaltungskosten Instandhaltungskosten Kreditverpflichtungen Altschulden Diese insgesamt als Leerstandskosten bezeichneten laufenden Ausgaben verbleiben bei den Wohnungseigentümern und müssen durch die übrigen, vermieteten Bestände mit erwirtschaftet werden. Sie können sich auf monatlich 1 bis 1,50 € je qm Wohnfläche zzgl. der jeweils sehr unterschiedlichen Kreditverpflichtungen belaufen. Darüber hinaus wirkt sich der Leerstand einiger Wohnungen in einem Gebäude auch negativ auf die Vermietbarkeit des übrigen Bestandes aus, was auch mit dem Schlagwort „Leerstand zieht Leerstand nach sich“ bezeichnet wird. Dies führt wiederum zu weiteren Ertragsausfällen. Es ist daher ein vordringliches wohnungswirtschaftliches Ziel, die Leerstände und damit die Leerstandskosten zu reduzieren. 9 Vgl. Sächsische Aufbaubank: Monitoring Wohnungswirtschaft 2003, S. 66. - 13 - 2.5 ANALYSE & KONZEPTE Leerstandsreduzierung Durch die massive Leerstandsentwicklung werden zunehmend die Marktmechanismen außer Kraft gesetzt, die finanziellen Handlungsspielräume der Anbieter sind aufgrund der starken Position der Nachfrager sehr stark eingeschränkt. Die Erlösminderungen und Leerstandkosten haben für zahlreiche Wohnungsunternehmen inzwischen existenzgefährdende Folgen. Darum müssen aus betriebswirtschaftlichen Gründen dauerhaft nicht vermietbare Wohnungen aus dem Markt genommen werden, insbesondere durch den Rückbau von Gebäuden. Dieses ist allerdings wiederum mit Kosten verbunden, denen keine Einnahmen gegenüberstehen. Aus diesem Grund unterstützt die Bundesregierung mit dem Programm "Stadtumbau Ost" die Restrukturierung der ostdeutschen Wohnungsmärkte (vgl. Kap. 7.4). Zur Reduzierung der Leerstände werden derzeit zwei grundlegend verschiedene Strategien umgesetzt. Zum einen erfolgt eine Konzentration der Leerstände in ungünstigeren Beständen durch aufwertende und Modernisierungsmaßnahmen in anderen Gebäuden. Zum anderen wird eine Reduzierung des Leerstandes durch Verringerung des Gesamtwohnungsangebotes angestrebt. Hierfür gibt es verschiedene Maßnahmen, wie z.B. teilweiser oder kompletter Rückbau der Gebäude Zusammenlegung von Wohnungen Umnutzung von Wohnungen für gewerbliche Zwecke oder den gemeinschaftlichen Bedarf Ein zentrales Problem insbesondere beim Rückbau ist die oftmals nicht mögliche Konzentrierbarkeit des Leerstandes (vgl. Kap. 2.3). Dieses führt dazu, dass nach wie vor ein erheblicher Teil des Leerstandes nicht durch Rückbau reduziert werden kann. Trotzdem bleibt als wohnungswirtschaftliches Ziel die größtmögliche Reduzierung dauerhaft nicht nachgefragter Wohnungen. 2.6 Wohnungen im obersten Geschoss von Plattenbauten Wie oben dargestellt, stehen Wohnungen in Plattenbauten vor allem in Großsiedlungen einer rapide gesunkenen Nachfrage gegenüber. Die 5. bzw. 6. Geschosse stellen im Vergleich zu den darunter liegenden Geschossen aufgrund des beschwerlichen Treppenaufstieges zumeist eine ungünstigere Wohnlage dar. Bei sonst gleichen Wohnungsmerkmalen setzt hier die Leerstandsentwicklung zuerst ein. Auch bei sanierten oder modernisierten Wohnungen sind tlw. Leerstände in den obersten Geschossen zu beobachten, hier kann die bauliche Verbesserung die Nachteile der ungünstigen Erreichbarkeit nicht aufwiegen. Die obersten Geschosse von Plattenbauten stellen damit einen der zentralen Leerstandsschwerpunkte dar, dessen Dimension allein auf 60.000 bis 80.000 Wohnungen geschätzt werden kann.10 Im Hinblick auf die oben dargestellte Leerstandsmatrix (s. Abb. 1) stellt sich daher (im Einzelfall) 10 Bei Berücksichtigung nur eines obersten Geschosses. - 14 - ANALYSE & KONZEPTE die Frage, ob diese Wohnungen in den obersten Geschossen bei einer weiter sinkenden Gesamtnachfrage in einem ansonsten vermietbaren Gebäude dauerhaft leer bleiben, dieses nur der Beginn einer fortschreitenden Leerstandsentwicklung im Gebäude ist oder die Wohnungen in den obersten Geschossen durch Wohnwert erhöhende Maßnahmen sogar wieder an den Markt gebracht werden können? Wenn sich die anderen Wohnungen in einem Gebäude vermieten lassen, bedeutet dieses für das Wohnungsunternehmen den dauerhaften Verbleib des Leerstandes in den obersten Geschossen, der sich nicht ohne weiters konzentrieren lässt. Damit sinken die Erlöse, die Leerstandskosten verbleiben vollständig beim Unternehmen. Im zweiten Fall ist davon auszugehen, dass sich das gesamte Gebäude nicht dauerhaft vermarkten lässt. Damit ist es eine Frage des Leerstandsmanagements, dieses Gebäude komplett frei zu ziehen und mittelfristig rückzubauen. Wenn hingegen der dritte Fall vorliegt, ist ein mit wirtschaftlichem Risiko verbundener Einsatz von Investitionsmitteln für Modernisierung, Fahrstuhlanbau etc. sinnvoll, soweit ausreichend Eigenkapital vorhanden ist. Insgesamt wird aus diesen Szenarien deutlich, dass durch eine Umnutzung leer stehender Wohnungen in den oberen Geschossen von Plattenbauten Möglichkeiten für eine Leerstands(kosten)Reduzierung bestehen, und zwar als Dauerlösung, wenn wie im ersten Szenario keine Vermietbarkeit mehr gegeben ist, sowie als Zwischenlösung, wenn wie im zweiten Szenario der Leerstand im Gebäude langfristig fortschreiten wird. Die Umnutzung der obersten Geschosse bietet also bei unterschiedlichen Ausgangssituationen die Möglichkeit der Leerstandskostenreduzierung auch dann, wenn kein Rückbau realisierbar ist. - 15 - 3 ANALYSE & KONZEPTE Fallbeispiele Im Rahmen von Recherchen bei Verbänden der Wohnungswirtschaft, Wohnungsunternehmen sowie auf Basis eigener Marktkenntnisse wurden für die Untersuchung Gebäude in Plattenbauweise ermittelt, bei denen die obersten Geschosse bereits umgenutzt wurden. Insgesamt zeigt sich, dass zum Recherchezeitpunkt (Frühjahr 2003) erst wenige Projekte realisiert waren, von denen im Folgenden vier differenzierter dargestellt werden.11 Diese vier Beispiele weisen eine große Bandbreite der baulichen Möglichkeiten einer Umnutzung auf, sodass eine gute Analysebasis gegeben ist. Im Einzelnen handelt es sich um Projekte in Freiberg Weißenfels Zeitz Guben Hinzu kamen noch Recherchen bei einigen Wohnungsunternehmen, die die Möglichkeit einer Umnutzung in Erwägung gezogen, jedoch abschließend wieder verworfen haben. Deren Gründe und Erfahrungen sind, soweit sie hinsichtlich der Fragestellungen relevant waren, ebenfalls in diesem Forschungsvorhaben berücksichtigt worden. In den folgenden Abschnitten werden die vier Fallbeispiele anhand des einheitlichen Erfassungsschemas (vgl. Kap. 1.2) detailliert dargestellt. Die Themenschwerpunkte sind dabei Eckwerte des Wohnungsunternehmens Objektbeschreibung Leerstandssituation Bauliche Maßnahmen Baukosten Betriebskosten Die Beschreibungen dienen einer ersten Übersicht über Rahmenbedingungen und Maßnahmen, detaillierte Aspekte werden dann in Kap. 4 im Rahmen der vergleichenden Analysen einbezogen. Das jeweilige Beispiel wird in einem Steckbrief knapp zusammengefasst dargestellt, eine synoptische Übersicht aller Beispiele befindet sich im Anhang. 3.1 Freiberg In Freiberg (Sachsen) hat die Wohnungsgenossenschaft Freiberg eG eine Umnutzung von Obergeschossen durchgeführt. Vor dem Hintergrund der Wohnungsmarktentwicklung der letzten Jahre waren auch hier Strategien zur Reduzierung von Leerständen notwendig geworden. Zwischen 1990 11 Eine methodisch begründete Auswahl erfolgte dahingehend, dass bei insgesamt 5 Projekten ein mit einem anderen Projekt identisches Gebäude nicht analysiert wurde. - 16 - ANALYSE & KONZEPTE und 2002 ist die Einwohnerzahl Freibergs von 51.000 auf 44.500 gesunken, dies entspricht einem Bevölkerungsrückgang von 12,5 %. Zurückzuführen ist dies auf die natürliche Bevölkerungsbewegung (Gestorbenenüberschuss im Jahr 2002: 165 Personen), vor allem aber auf Abwanderungen (Überschuss der Fortzüge im Jahr 2002: 529 Personen). Die Wohnungsgenossenschaft Freiberg eG verfügt über einen Wohnungsbestand von 5.445 Wohnungen, dies macht einen Anteil von rund 23 % des gesamtstädtischen Wohnungsbestandes aus. Der Unternehmensleerstand beträgt 13 %. Damit stellt sich die Leerstandssituation der Genossenschaft besser dar als im lokalen Wohnungsmarkt insgesamt. In Freiberg stehen 20 % aller Wohnungen leer. Schwieriger ist die Situation im Wohngebiet Friedeburg, wo sich die untersuchten Umnutzungsobjekte befinden. Friedeburg ist Stadtumbaugebiet. Es handelt sich bei dem Quartier um einen Komplex des industriellen Wohnungsbaus, in dem die Wohnungsgenossenschaft über 1.224 Wohnungen verfügt. Er stellt den ungünstigsten Bestand innerhalb der Genossenschaft dar, was sich in der Vermietungssituation niederschlägt. So betrug Ende 2002 der Leerstand rd. 30 %, der Schwerpunkt befand sich in den fünften und sechsten Geschossen: 45 % aller Leerstände in diesem Gebiet liegen in den oberen Geschossen. Angesichts dieser ungünstigen Situation hatte die Wohnungsgenossenschaft Freiberg eG Leerstandsreduzierungen für Objekte in der Arthur-Schulz-Straße mit insgesamt 36 Wohnungen und in der Friedeburger Straße mit 120 Wohnungen vorgesehen. Dabei handelt es sich um Plattenbauten des Typs IW 83 (WBS 70) mit jeweils sechs Geschossen sowie Drei- und Vierraumwohnungen. Vor der Umnutzung waren die Gebäude bereits teilsaniert worden. Ein Wärmedämmverbundsystem am Giebel und eine Drempeldämmung mit Dachgeschossverkleidung sorgen für eine Verbesserung des Wärmeschutzes. Insofern sind im Vorwege keine Modernisierungen der Wohnungen selbst vorgenommen worden. Die Umnutzung erfolgte dann bis Ende 2003 für 58 Wohneinheiten im sechsten Geschoss. Die einzelnen Wohnungen wurden in individuelle Bodennutzungsflächen umgewandelt. Dabei blieben die vorhandenen Wohnungsgrundrisse bestehen, sodass keine Eingriffe in die Gebäudestruktur erforderlich wurden. Dadurch konnten auch die Wohnungseingangstüren erhalten bleiben. Hinsichtlich des Brandschutzes wurden hier keine weiteren Maßnahmen notwendig, da es sich um eine Mindernutzung handelt. Darüber hinaus wurden die Fenster erneuert. Durch das Einziehen von Trennwänden in Holzlattenkonstruktion wurden sechs bis acht Quadratmeter große Parzellen gebildet. Notwendig wurde eine Demontage der technischen Infrastruktur der Wohnungen. Dazu zählen der Rückbau der Sanitäreinrichtungen und der elektrischen Installationen. Auf eine Demontage der Sanitärraumzelle wurde angesichts hoher Kosten verzichtet. Die Badzelle wird als Hausmeisterabstellraum genutzt. Die Beleuchtung wurde den Anforderungen an eine Bodennutzungsfläche angepasst. Hinzu kamen weitere kleinere Arbeiten, wie ein neuer Wandanstrich oder das Anbringen von Schlössern und Beschlägen. ANALYSE & KONZEPTE - 17 - Aufgrund der vorhandenen Drempeldämmung wurde keine weitere Geschossdeckendämmung eingebaut. Da die Heizkörper im Bodenraum verblieben sind und eine Temperatur von ca. 15 Grad C vorgehalten wird, sind für die obersten Wohnungen hinsichtlich des Wärmehaushaltes keine nennenswerten Mängel zu verzeichnen. Insgesamt beliefen sich die Baukosten auf rund 97.000 € oder 2.700 € je Wohnung. Demgegenüber Umnutzung können bzw. durch Stilllegung die der Wohnungen Leerstandskosten in Höhe von monatlich 1,40 €/m² eingespart werden. Für die Wohnungsgenossenschaft ergibt sich damit eine jährliche Einsparung von rund 35.000 €. Die Einsparungen ergeben sich aus einer Reduzierung der Grundsteuer, die mit dem örtlichen Finanzamt abgestimmt wurde, sowie einer Verringerung Versicherungszahlungen. werden durch die Des von Weiteren Stilllegung der Wohnungen Hauswartkosten eingespart. Betriebskosten für Bodennutzungsflächen die (Beleuchtung, Mindestbeheizung) werden analog zu den Treppenhauskosten umgelegt. Für die Mieter erhöhte sich außerdem die Umlage für die Grünflächenpflege, da die hier anfallenden Kosten nach der dauerhaften Umnutzung auf weniger Wohnungen aufgeteilt werden. Die Mieterakzeptanz hinsichtlich der Maßnahmen und der erhöhten Betriebskosten ist hoch. Die Dachbodenflächen werden vollständig genutzt und sowohl von Neu- als auch von Altmietern positiv aufgenommen. Für die Wohnungsgenossenschaft Freiberg eG ergibt sich eine positive Bilanz aus den Maßnahmen. Die Umnutzung führt zur Senkung der Leerstandskosten und gleichzeitig zu einer Stabilisierung der Vermietungssituation. Weitere Umnutzungen sind geplant. - 18 - ANALYSE & KONZEPTE Steckbrief - Fallbeispiel Freiberg Unternehmen Wohnungsgenossenschaft Freiberg eG Wohnungsbestand: Unternehmensleerstand: gesamtstädtischer Leerstand: 5.445 WE <13 % 20 % Objekt Lage Wohngebiet Friedeburg (Stadtumbaugebiet) Arthur-Schulz-Straße: 36 WE Friedeburgerstraße: 120 WE Bautyp Plattenbau IW 83, 6 Geschosse Zweispänner, Drei- und Vierraumwohnungen Sanierungsstand vor Umnutzung teilsaniert: Gebäudehülle inklusive Wärmedämmverbundsystem und Drempeldämmung Leerstand - vor Umnutzung: 30 % - davon im 5. und 6. Geschoss: 45 % - nach Umnutzung: < 10 % Leerstandskosten: 1,40 €/m² pro Monat Maßnahmen Umnutzung: Bauliche Maßnahmen: 36 Wohnungen im sechsten Geschoss in individuelle Bodennutzungsfläche (jeweils 6 bis 8 m²),weitere 22 bis 2003 und sowie 30 bis 2004, Badzelle als Hausmeisterabstellraum Demontage Sanitäreinrichtung Rückbau Elektrik Trennwände in Holzlattenkonstruktion Schlösser, Beschläge eingebaut Neuer Wandanstrich Baukosten: Betriebskosten: 2.699,15 € pro Wohnung Mindestbeheizung des Dachbodens: Umlage analog Treppenhaus Strom über Umlage Hausstrom Reduzierung Hauswartkosten Reduzierung Grundsteuer Versicherung wohnungsweise auf 0 gesetzt Erhöhte Umlage der Grünflächenpflege durch Verringerung der Gesamtwohnfläche - 19 - 3.2 ANALYSE & KONZEPTE Weißenfels Die Stadt Weißenfels liegt im südlichen Sachsen-Anhalt und ist ebenfalls von starken Bevölkerungsrückgängen und Wohnungsleerständen betroffen. Die Bevölkerung ist im Zeitraum von 1990 bis 2003 von 37.765 auf 30.701 Einwohner zurück gegangen und damit um 18,7 % geschrumpft. Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren voraussichtlich fortsetzen. Nach einer Prognose des Statistischen Landesamtes ist für den Landkreis Weißenfels zwischen 2002 und 2020 mit einem Rückgang von 21,9 % zu rechnen.12 Entsprechend ist die Stadt durch Leerstände gekennzeichnet, im Jahr 2002 standen rund 4.000 Wohnungen leer. Vor diesem Hintergrund sind Strategien zur Leerstandsreduzierung in Weißenfels erforderlich. Die Wohnungsbaugenossenschaft Weißenfels/Saale eG hat als Teil einer solchen Strategie die Umnutzung von Obergeschossen verwirklicht. Im Bestand der Wohnungsbaugenossenschaft Weißenfels befinden sich 2.800 Wohnungen in insgesamt 80 Objekten. Damit bewegt sich der Anteil am gesamtstädtischen Wohnungsbestand in einer Größenordnung von rund 14 %. Der Unternehmensleerstand beträgt 19,2 % und spiegelt ungefähr die Leerstandssituation der Stadt Weißenfels (19,9 %) wider. Das untersuchte Objekt liegt im Stadtteil Süd, der bisher nicht als Stadtumbaugebiet ausgewiesen ist. Die Aufnahme als Stadtumbaugebiet ab 2005 ist jedoch beantragt. Der Stadtteil ist von Plattenbauten und einem Wohngebietszentrum aus den 1980er Jahren geprägt. Die dortigen genossenschaftlichen Bestände machen einen Unternehmensanteil von 35 % aus. In dem Umnutzungsobjekt Südring 66-71 befinden sich 60 Wohnungen, die in Plattenbauweise des Typs IW 64 (P-Halle) im Jahr 1985 errichtet wurden. Es handelt sich um Zweispänner mit jeweils fünf Geschossen und Dreiraumwohnungen, die sich vor der Umnutzung in einem teilsanierten Zustand befanden (Fenster und Heizung). In dem Gebäude bestand vor der Umnutzung ein Leerstand von 28,1 %. Vor allem in den oberen Geschossen wies das Gebiet mit 33 % des gesamten Leerstandes einen sehr hohen Wert auf. Vor diesem Hintergrund wurden die wenigen verbliebenen Mieter des obersten Geschosses umgesetzt und die zwölf Wohnungen im fünften Geschoss in individuelle Abstellräume für Mieter umgenutzt. Im Zuge einer komplexen Baumaßnahme erfolgten die Umnutzung, die Sanierung von Fassade und Loggien, Ausstattungsverbesserungen in den Wohnungen sowie eine barrierefreie Neugestaltung des Wohnumfeldes. Die mit der Umnutzung verbundenen baulichen Maßnahmen beinhalteten die Demontage der Installationen, die Verkleinerung einiger Fensteröffnungen im Rahmen des Einbaus neuer Fenster und eine gesonderte Verkleidung des fünften Geschosses durch eine vorgehängte Fassade. Darüber hinaus wurde eine trittfeste Dämmung auf die oberste Geschossdecke aufgebracht, die Räume wurden malermäßig instand gesetzt und die Eingangstür als T 30-Tür erneuert. Die ursprüngliche Zimmeraufteilung wurde beibehalten, nach der Umnutzung sind die Räume nicht beheizbar. 12 Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt 2004. - 20 - ANALYSE & KONZEPTE Die Baukosten der Umnutzung beliefen sich insgesamt auf 37.800 € bzw. 3.150 € je umgenutzter Wohnung. Der Anteil der umgenutzten Wohnungen an den Fassadenarbeiten (Dachgeschossverkleidung, Fugensanierung, Anstrich Gerüst etc.) betrug weitere 3.300 € je Wohnung. Demgegenüber können durch die Umnutzung der zwölf Wohnungen im fünften Geschoss Leerstandskosten von 12,80 € pro Quadratmeter und Jahr (= rd. 775 € je Wohnung) eingespart werden. Aufgrund der Reduzierung der Anzahl der Wohnungen von 60 auf 48 Wohnungen erhöhen sich allerdings die kalten Betriebskosten für die übrigen Wohnungen um 53 € pro Jahr und Wohnung. Diese Betriebskostenänderung wird jedoch als unkritisch eingestuft, da die "Bodenkammern" ohne zusätzliches Nutzungsentgelt den Wohnungen direkt zugeordnet sind. Die Umnutzung ist aus Sicht der Wohnungsbaugenossenschaft Weißenfels/Saale eG ein Erfolg. Nach der Umnutzung und komplexen Sanierung konnte das Objekt "Südring 66-71" voll vermietet werden. Die Mieter zeigen eine hohe Akzeptanz hinsichtlich der durchgeführten Umnutzungsmaßnahmen. Dies äußert sich darin, dass die Maßnahmen bei einer Mitgliederversammlung positiv aufgenommen wurden und die neuen Abstellflächen heute vollständig genutzt werden. Die Umnutzung führt aus Sicht der Genossenschaft zur Senkung der Leerstandskosten und gleichzeitig zu einer Stabilisierung der Vermietungssituation. Aufgrund dieser positiven Erfahrungen wird gegenwärtig bereits ein weiterer Wohnblock im gleichen Quartier in der gleichen Art und Weise saniert sowie das Obergeschoss umgenutzt. - 21 - ANALYSE & KONZEPTE Steckbrief - Fallbeispiel Weißenfels Unternehmen Wohnungsbaugenossenschaft Weißenfels/Saale eG Wohnungsbestand: 2.800 WE Unternehmensleerstand: 19,2 % gesamtstädtischer Leerstand: 19,9 % Objekt Lage Wohngebiet Süd Südring 66 – 71: 60 WE Bautyp Plattenbau IW 64 (P-Halle), Baujahr 1985, 5 Geschosse Zweispänner, Dreiraumwohnungen Sanierungsstand vor Umnutzung Teilsaniert Leerstand - vor Umnutzung: - davon im 5. und 6. Geschoss: - nach Umnutzung: Leerstandskosten: 28,1 % 33 % 2% 12,80 €/m² im Jahr Maßnahmen Umnutzung: Bauliche Maßnahmen: von 12 WE im 5. Geschoss in individuelle Abstellräume für Mieter, nach Sanierung der gesamten Gebäudehülle Demontage Installation Verkleinerung der Fensteröffnung, neues Fenster bzw. Verkleinerung durch vorgehängte Fassade Gesonderte Verkleidung 5. Geschoss Trittfeste Dämmung Geschossdecke Ursprüngliche Zimmeraufteilung beibehalten Malermäßige Instandsetzung Räume nicht beheizbar Erneuerung Eingangstür als T 30-Tür Baukosten: Betriebskosten: 3.150 €/WE Anteil Fassade: 3.300 € Reduzierung um 12 Wohnungen auf 48 erhöht „Kalte Betriebskosten“ um 53 € pro Jahr und Wohnung ANALYSE & KONZEPTE - 22 - 3.3 Zeitz Ähnlich wie in Weißenfels stellt sich die Situation in Zeitz dar. Auch in dieser Mittelstadt im Süden Sachsen-Anhalts ging seit der Wende die Bevölkerungszahl drastisch zurück - im Zeitraum zwischen 1990 bis 2003 von 40.878 auf 30.449. Das bedeutet einen Bevölkerungsrückgang von 25,5 %. Eine weitere Schrumpfung um rund 20 % bis zum Jahr 2020 wird für den Landkreis (Burgenlandkreis) prognostiziert.13 Der gesamtstädtische Leerstand liegt mit ca. 23 % über dem Durchschnitt von Sachsen-Anhalt und erfordert entsprechende Maßnahmen von der Stadt und den Akteuren auf dem Wohnungsmarkt. Die Wohnungsgenossenschaft 1. Mai eG in Zeitz hat daher mit Umnutzungsmaßnahmen in zwei Objekten reagiert. Insgesamt befinden sich 1.770 Wohnungen im Bestand der Wohnungsgenossenschaft, was einem Marktanteil von knapp 10 % entspricht. Das Unternehmen selbst weist insgesamt einen vergleichsweise geringen Wohnungsleerstand von 7,8 % auf und liegt damit deutlich unter dem gesamtstädtischen Durchschnitt. Kritischer stellt sich die Situation in der Großsiedlung Zeitz-Ost, einem Stadtumbaugebiet, dar. In der Dietrich-Bonhoeffer-Straße 48-51 standen vor der Umnutzung 46,5 % der insgesamt 43 Wohnungen leer, davon insgesamt 61,8 % im fünften und sechsten Geschoss. Dabei handelt es sich um Zweispänner mit Zweieinhalb- und Vierraumwohnungen. Neben den 43 Wohnungen befanden sich dort drei Büros, ein Lager und eine Gäste-Wohnung. Die Gebäude wurden von 1976 bis 1988 in der Halleschen MonolithBauweise (HMB) mit sechs Geschossen errichtet. Hierbei handelt es sich nicht um eine "reine" Plattenbauweise, weil die tragende Konstruktion (Wände und Geschossdecken) der Häuser im so genannten Tunnelschalverfahren vor Ort betoniert wurden und anschließend nicht tragende Außenwandelemente, Loggien etc. als Treppen, Fertigteile 14 montiert wurden. 13 der 14 Wohnungen im fünften und sechsten Geschoss standen bereits leer, diese wurden aufgrund der schwierigen Vermietungssituation stillgelegt, eine davon wurde als Abstellraum für den 13 3. Regionalisierte Bevölkerungsprognose 2002 bis 2020, Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt 2004. 14 Diese Konstruktion erschwert einen möglichen Teilrückbau, was ein wesentlicher Grund für die Entscheidung zur Umnutzung war (vgl. Kap. 7.3). - 23 - ANALYSE & KONZEPTE Hausmeister umgenutzt. Die 14. Wohnung wurde auf Wunsch des Nutzers weiter vermietet, bei dessen Auszug würde allerdings auch diese Wohnung stillgelegt werden. Im Zuge der Umnutzung der oberen Geschosse wurden bauliche Maßnahmen durchgeführt. Dazu gehören z.B. die Kappung der Versorgungsstränge, eine Dämmung aus Mineralwolle mit Vlieskaschierung der betretbaren Fußböden im fünften Geschoss und die Spannungsfreimachung der Elektroanlage. Die Wohnungseingangstüren wurden beibehalten. Die Loggien wurden mit einem kaum sichtbaren Nylonnetz verspannt, um das Einnisten von Vögeln zu verhindern, und die Brüstungsverkleidung wurde analog zu den übrigen Loggien neu gestrichen. Die Baukosten für die durchgeführten baulichen Maßnahmen beliefen sich auf 1.230 € je Wohnung, insgesamt rd. 16.000 €. Demgegenüber können für die umgenutzten Wohnungen 0,95 € pro Quadratmeter an Betriebskosten eingespart werden. Daraus ergibt sich eine jährliche Summe in Höhe von rund 10.000 €. Diese Einsparung ergibt sich u.a. aus der Reduzierung der Grundsteuer, des Versicherungsbeitrags und der Fernwärmekosten durch eine Neuberechnung der Anschlusswerte. Die Umnutzung wird vonseiten der Genossenschaft als sinnvoll bewertet. Allerdings ist der Leerstand in diesem Beispiel nur auf 23 % gesunken, jedoch gegenüber 46,5 % vor der Umnutzung. Da es sich bei der HMB um vor Ort gegossene Platten handelt, ist ein Teilrückbau bautechnisch nur sehr bedingt und kostenintensiv umsetzbar. Daher sind weitere Stilllegungen für Bestände, deren langfristige Nachfrage unklar ist, denkbar. Eine Umnutzung im Sinne einer Nutzungsänderung ist für die Wohnungsgenossenschaft 1. Mai eG angesichts einer durchgeführten Mieterbefragung nicht relevant, da die Mieter, vermutlich wegen der Wohnungsgrößen, kein Interesse an zusätzlichen Abstellflächen gezeigt haben. - 24 - ANALYSE & KONZEPTE Steckbrief - Fallbeispiel Zeitz Unternehmen Wohnungsgenossenschaft 1. Mai e. G. Zeitz Wohnungsbestand: 1.770 WE Unternehmensleerstand: 7,8 % gesamtstädtischer Leerstand: 23 % Objekt Lage Großsiedlung Zeitz-Ost (Stadtumbaugebiet) Dietrich-Bonhoeffer-Str. 48-51: 43 WE (zzgl. 3 Büros, 1 Lager, 1 Gästewohnung) Bautyp Hallesche-Monolith-Bauweise (80er Jahre), 6 Geschosse Zweispänner, Zweieinhalb- und Sanierungsstand vor Umnutzung Grundsaniert Leerstand - vor Umnutzung: 46,5 % (20 von 43 WE) - davon im 5. und 6. Geschoss: 65 % (13 von 20 WE) - nach Umnutzung: 23 % (7 von 31 WE) Leerstandskosten: Rd. 1 €/m² Maßnahmen Umnutzung: Bauliche Maßnahmen: Stilllegung von 13 WE, Abstellraum für Hausmeister, ein Teil des Geschosses wird weiterhin als Wohnung vermietet (1 WE) Versorgungsstränge gekappt Betretbare Fußbodendämmung aus Mineralwolle mit Vlieskaschierung (ISOVER) im 5. Geschoss Kostenersparnis durch Nichtsanierung Loggia, Wohnungseingangstüren etc., wie bei verbleibenden Wohnungen Spannungsfreimachung der Elektroanlage Nylonnetz für Loggia Baukosten: Betriebskosten: 1.230 €/WE Grundsteuerreduzierung Reduzierung Fernwärme durch Neuberechnung der Anschlusswerte Reduzierung Versicherungsbeitrag Ersparnis für Genossenschaft ca. 0,90 € je m² Wohnfläche - 25 - 3.4 ANALYSE & KONZEPTE Guben Die Stadt Guben in Brandenburg hat seit den neunziger Jahren mit den gleichen strukturellen Problemen zu Kämpfen wie andere "DDR-Entwicklungsstädte": Deindustrialisierung, Arbeitslosigkeit und Abwanderung wirken sich negativ auf die Wohnungsmarktsituation aus. Zwischen 1990 und 2002 ging die Bevölkerung von 33.200 auf 23.300 Bewohner und damit um 30 % zurück. Bis zum Jahr 2020 wird die Bevölkerungszahl voraussichtlich auf rd. 17.000 schrumpfen. Vor diesem Hintergrund erfolgen im Rahmen des Programms Stadtumbau Ost Leerstandsreduzierungen durch Rückbau. Bis April 2004 wurden bereits rund 1.300 Wohnungen abgerissen. Dennoch ergibt sich für die Stadt Guben ein Wohnungsüberhang von 1.835 Wohnungen. Der gesamtstädtische Leerstand liegt bei 18 % (2002). Neben dem Rückbau hat die Gubener Wohnungsgesellschaft mbH Umnutzungen von Wohnungen mit dem Ziel der Leerstandsreduzierung vorgenommen. Das Unternehmen hat einen Wohnungsbestand von 6.700 Wohnungen bei einem Leerstand von 25 %, der damit deutlich über dem städtischen Durchschnitt liegt. Die umgenutzten Objekte befinden sich in der Großsiedlung Reichenbacher Berg. Der dortige Bestand der Wohnungsgesellschaft ist der vermietungsseitig ungünstigste Bestand. Im Rahmen des Stadtumbaus wird der Wohnkomplex IV großflächig umgestaltet. Die hier vorgestellten Objekte stellen einen Teil des verbleibenden Bestandes dar, der nicht abgerissen wird. Die Objekte liegen am Sächsischen Ring 1-11 und in der H.-Jentsch-Straße 26-36. Dabei handelt es sich um zwei Plattenbauten des Typs P2 des WBK Cottbus aus dem Jahr 1978 mit fünf Geschossen. Beide Zweispänner Gebäude mit sind Dreiraum- wohnungen und jeweils 110 Wohneinheiten. Der Leerstand betrug vor der Umnutzung 26 %, davon 54 % im fünften Geschoss. Angesichts dessen sind 44 Wohnungen im fünften Geschoss zu Abstellräumen für die Mieter umgenutzt worden. Je Aufgang wird eine Badzelle als technischer Raum für die auf Gas umgestellte Heizungsanlage genutzt. Die Umnutzung erfolgte im Rahmen einer komplexen Sanierung der Gebäude. Diese beinhaltet die Isolierung der Gebäude durch ein Wärmedämmverbundsystem. Für die Umnutzung wurden sämtliche Installationen zurückgebaut. Des Weiteren erfolgten Tischlerarbeiten für die Aufteilung der vorhandenen Räume in jeweils vier "Bodenräume", eine malermäßige Instandsetzung und den Anschluss der Elektroverteilung an die Mieterzähler. Im Rahmen der Maßnahmen wurden keine besonderen Brandschutzauflagen gestellt. Auf der letzten Geschossdecke wurde eine trittfeste Däm- ANALYSE & KONZEPTE - 26 - mung verlegt. Darüber hinaus wurden weitergehende bauliche Eingriffe in die Gebäudestruktur vorgenommen. Hierzu zählt der Abbruch der Loggien und die Verkleinerung der Fensteröffnungen und das Einsetzen neuer, kleinerer Fenster. Diese umfangreichen Maßnahmen führten zu umnutzungsbedingten Baukosten in Höhe von 6.476 € je Wohnung (= 110 € je qm Wfl.). Der Anteil der umgenutzten Wohnungen an den Fassadenkosten betrug weitere 4.433 € je Wohnung. Die Finanzierung der Gesamtbaumaßnahme setzt sich zusammen aus Eigenkapital, ILB-Darlehen und KfW-Darlehen, die Kosten für die Umnutzung konnten als Zuschuss der Städtebauspitzenförderung geltend gemacht werden. Mit dieser Umnutzung konnte eine Verringerung der Leerstandskosten erreicht werden. Dies wurde möglich durch eine lineare Reduzierung der Gebäudeversicherung, eine Senkung der Grundsteuer und die Einsparung Heizkosten umgenutzten für der die Wohnungen. Durch die Modernisierung und insbesondere die Energieträgerumstellung wurde eine vollständige Neuberechnung der Betriebskosten erforderlich, die in der Summe - trotz der Umnutzung - für die Mieter eine Verringerung mit sich brachte, da die modernisierungsbedingte Senkung größer war als die Erhöhung durch den Umlageschlüssel. Entsprechend stießen die Maßnahmen bei den Mietern auf eine große Akzeptanz. Die Gubener Wohnungsgesellschaft betrachtet die durchgeführten Maßnahmen aus Vermarktungsgesichtspunkten grundsätzlich als sinnvolles Element der Leerstandsreduzierung. Der Leerstand konnte von 26 % auf 3 % reduziert werden. Trotz dieser positiven Erfahrungen plant die GuWo keine weiteren Umnutzungen, sondern stattdessen einen Teilrückbau (Märkischer Ring 1- 12 in unmittelbarer Nähe zu den Umnutzungsobjekten). Die aktuell ungünstigen Finanzierungsbedingungen und der Verbleib der Altschulden einerseits sowie die finanzielle Förderung des Rückbaus andererseits ergeben eine Wirtschaftlichkeitsberechnung zugunsten des Teilrückbaus (vgl. Kap. 7). - 27 - ANALYSE & KONZEPTE Steckbrief - Fallbeispiel Guben Unternehmen Gubener Wohnungsgesellschaft mbH Wohnungsbestand: 6.700 WE Unternehmensleerstand: 25 % gesamtstädtischer Leerstand: 18 % Objekt Lage Großsiedlung Reichenbacher Berg Sächsischer Ring 1-11 H.-Jentsch-Straße 26-36 Bautyp P2 (WBK Cottbus), 5 Geschosse Zweispänner, Dreiraumwohnungen Sanierungsstand vor Umnutzung Unsaniert Leerstand - vor Umnutzung: 26 % - davon im 5. und 6. Geschoss: 54 % - nach Umnutzung: 3% Leerstandskosten: Maßnahmen Umnutzung: Bauliche Maßnahmen: 44 WE in Abstellräume für Mieter, Badzelle als technischer Raum für die Heizung (Umstellung auf Gas) Demontage Installation Tischlerarbeiten für Aufteilung in vier Räume malermäßige Instandsetzung Verkleinerung Fensteröffnungen und neue Fenster Wärmedämmverbundsystem Trittfeste Dämmung Geschossdecke Abbruch Loggia Räume nicht beheizbar Elektroverteilung an Mieterzähler Baukosten: Betriebskosten: 6.476 €/WE, weitere 4.433 € für Fassadenanteil Lineare Reduzierung der Gebäudeversicherung Senkung Grundsteuer keine Heizungskosten keine Betriebskostenerhöhung für Mieter - 28 - 4 ANALYSE & KONZEPTE Analyse der Umnutzungen In diesem Kapitel werden die in Kap. 3 vorgestellten Fallbeispiele vergleichend analysiert, und zwar hinsichtlich der umnutzungsbedingten Baumaßnahmen und der damit verbundenen Baukosten Verringerung der Betriebs- und Leerstandskosten Mieterakzeptanz sowie spezifischen mit einer Umnutzung verbundenen rechtlichen Probleme. Zugleich wird auf günstige technische Lösungen, Varianten sowie Kostensparpotenziale hingewiesen.15 Dabei werden die besonderen bautechnischen Merkmale der jeweiligen Plattenbautypen berücksichtigt. Mit den untersuchten Projekten werden in Ostdeutschland weit verbreitete Bautypen vorgestellt, sodass eine Übertragbarkeit auf andere Vorhaben gegeben ist. Bei den Objekten handelt es sich um Plattenbauten des Typs P2 in Guben; der Plattenbautyp P2 wurde seit 1966 gebaut und machte Anfang der 90er Jahre einen Anteil von 25 % aller Plattenbauwohnungen aus.16 IW 64 (= P-Halle) in Weißenfels; wurde nicht in allen Bezirken der DDR errichtet (Plattenbauanteil: 10 %) IW 83 (=WBS 70) in Freiberg; die Plattenbauserie WBS 70 stellt mengenmäßig die bedeutendste Wohnungsbauserie dar. Ihr Anteil der bis 1990 fertig gestellten Plattenbauten beträgt 44 %. Hallesche Monolithbauweise (HMB) in Zeitz ist hingegen als lokale Baureihe weniger verbreitet. In seiner Grundrissstruktur ist er stärker an den WBS 70 angelehnt. 4.1 Umnutzungsbedingte Baumaßnahmen 4.1.1 Sanitär und Elektrik Wesentliches Merkmal einer voll ausgestatteten und damit marktgängigen Plattenbauwohnung ist ihre sanitäre Ausstattung. Auch in vielen Landesbauordnungen wird eine Wohnung über das Vorhandensein einer Küche oder Kochnische definiert. Wird diese Ausstattung reduziert, so verdeutlicht dies in hohem Maße die Dauerhaftigkeit der Umnutzung von Wohnungen in Bodenraum. Ein Um- bzw. Rückbau der gesamten Sanitärzelle im Rahmen der Umnutzung stellt sich jedoch als problematisch dar. Beim Plattenbautyp P2 sind in den meisten Fällen komplett eingerichtete Sanitärraumzellen einschließlich der notwendigen Rohrbündel eingebaut worden. Bei der Sanitärraum- 15 Bei allen Kostenangaben handelt es sich gemäß DIN 276 um Brutto-Angaben. 16 Vgl. IEMB 1995, Wohnbauten in Fertigteilbauweise - 29 - ANALYSE & KONZEPTE zelle handelt es sich um ein nicht tragendes Raumelement, das aus dem Zellenkörper, der installationstechnischen Ausrüstung und der Innenausstattung besteht. Dabei wurden sowohl Zellen aus Einzelelementen als auch Glockengusszellen verwendet. Der Plattenbautyp WBS 70 hat etwa in drei Vierteln der Wohnungen eine Sanitärraumzelle.17 Der Nachteil dieser Fertigungstechnik tritt bei baulichen Eingriffen, wie z.B. Veränderungen der Grundrissstruktur, zutage, die nur zu hohen baulichen Kosten möglich sind. Eine Demontage der Badzelle ist daher in keinem der Fallbeispiele durchgeführt worden. Ungünstig kann damit jedoch der Verbleib des ca. 3,5 - 4 m² kleinen Raumes sein (vgl. Kap. 4.1.4). Die Nutzungsänderung der Wohnungen hat zur Folge, dass die Sanitärinstallationen in Bad und Küche sowie die Elektrik nur noch in geringem Maße bzw. gar nicht mehr benötigt werden. Aus diesem Grund erfolgte in allen Fallbeispielen ein Rückbau und Umschluss der Stränge eine vollständige Demontage der Sanitärkeramik, sowie der Verschluss aller Öffnungen. Die Entlüftung der Badzellen und ggf. Küchen wurde hingegen beibehalten. Mit diesen Maßnahmen können gleichzeitig der Wartungsaufwand und somit die laufenden Kosten gesenkt werden. Darüber hinaus ist die Verkürzung der Umlaufzeiten für die Qualität des Trinkwassers sowie die Temperaturhaltigkeit des Warmwassers von Vorteil. In den Fällen, in denen der Bodenraum zu einem Kaltraum wird (vgl. Kap. 4.1.2), können durch die Demontage die Kosten für die Dämmung der Versorgungsleitungen erspart werden. Für die genannten Maßnahmen können Kosten in Höhe von 125-170 € je Wohnung in Ansatz gebracht werden, für die Demontage der Küchendurchreiche soweit vorhanden - weitere 80-90 €. Auch die Elektrik kann hinsichtlich der Anschlusswerte und der Beleuchtung auf das für eine Bodennutzung notwendige Maß reduziert werden. Je nach neuer Raumaufteilung werden aber auch neue Beleuchtungskörper erforderlich. Hinsichtlich der Unterverteilung wurden verschiedene Wege gegangen: Bei der vollständigen Stilllegung wurden die Anlagen lediglich spannungsfrei gemacht. Die Bodenräume werden an den Hausstrom angeschlossen. Im Zuge der Vollmodernisierung wurden die Stromanschlüsse der Bodenräume der Verteilung der jeweiligen Wohnung zugeordnet. Die letzte Variante (Fallbeispiel Guben) ist zwar mit 184 € je WE (inkl. Demontage) die kostenintensivste, verdeutlicht jedoch in größerem Maße die Dauerhaftigkeit der Umnutzung - allerdings verbunden mit einer gewissen Unflexibilität der Bodenraumnutzung - und entschärft den möglichen Mieterstreit um die Betriebskostenumlage. Auf der anderen Seite stellt der einfache Umschluss auf den Hausstrom mit 30-40 € je Wohnung ein erhebliches Einsparpotenzial dar. 17 Vgl. Leitfaden für die Instandsetzung und Modernisierung von Wohngebäuden in der Plattenbauweise, Wohnungsbauserie 70 6,3 t. Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau 1993. - 30 - ANALYSE & KONZEPTE Insgesamt betrachtet ist der Rückbau der Installationen eine unumgängliche Maßnahme. Da es sich hierbei im Prinzip nur um Demontage-Leistungen handelt, ist somit kein nennenswertes Kosteneinsparpotenzial gegeben. Lediglich bei der Elektrik bietet sich der Anschluss an den Hausstrom an soweit nicht eine vollständige Erneuerung im Gebäude erfolgt. 4.1.2 Wärmedämmung und Beheizung Leer stehende Wohnungen stellen für die angrenzenden Mieter aufgrund des erheblichen Wärmeabflusses und der damit verbundenen erhöhten Heizkosten sowie der entstehenden Unbehaglichkeit in großes Problem dar. Dieser Wärmeverlust kann einen solchen Stellenwert einnehmen, dass er zu einem Fortzugsgrund wird und sich der Leerstand im Gebäude damit weiter vergrößert. Bei einer Umnutzung werden die Kältebrücken zu einem Dauerzustand. Deswegen müssen die Dämmung bzw. die Beheizung der umgenutzten Wohnungen so geregelt werden, dass für die angrenzenden Mieter keine wesentlichen Nachteile entstehen. Auch bei den hier zu findenden Lösungsmöglichkeiten müssen einmalige Investitionskosten und laufende Betriebskosten gegeneinander abgewogen werden. In drei der vier Fallbeispiele wurde die Variante des Kaltraums gewählt, d.h. die ehemaligen Wohnungen werden nicht mehr beheizt, Heizkörper und -rohre sowie Steigeleitungen wurden demontiert. Die Kosten hierfür schwanken sehr stark zwischen 155 € je Wohnung in Guben und 355 € in Zeitz. Eine Ursache hierfür kann in der Verbindung mit weiteren Leistungsschritten (komplette Neuinstallation) in Guben liegen. Mithilfe einer Dämmung der obersten bewohnten Geschossdecke soll der Heizwärmeverlust möglichst gering gehalten werden. Ca. 10-20 % der Heizenergie der obersten Wohnung gehen über die Geschossdecke verloren. Daher bietet sich eine Dämmung des Fußbodens des ersten nicht bewohnten Geschosses an. Entsprechende Maßnahmen müssen dabei der seit Februar 2002 geltenden Energieeinsparverordnung (EnEV) gerecht werden. Bei Änderungen der Außenwände, die mehr als 20 % der Fläche betreffen, muss nach § 8 EnEV die gesamte Fassade nach den in der Verordnung festgelegten Wärmedurchgangskoeffizienten ausgestaltet werden. Als eine der DIN EN 13162 entsprechende Ausführungsvariante der Geschossdeckendämmung (UWert: W/qmK < 0,4) wäre das Auslegen von Mineralwollefilzen oder -platten zwar die preiswerteste Lösung, aber auch bei stillgelegten Wohnungen müssen gelegentliche Wartungsarbeiten durchgeführt werden, so dass die Dämmung begehbar sein sollte. Für solch eine geringe Belastung bieten sich vlieskaschierte Produkte, wie z.B. in Zeitz verwendet, an. Die Kosten liegen hier je nach Verlegeaufwand zwischen 8,40 € und 9,70 € je m² Wohnfläche. Bei genutzten Bodenräumen ist eine trittfeste Dämmung erforderlich (nach DIN EN 13162). In Guben und Weißenfels wurden Verbundplatten (Mineralwolle) verlegt, bei letzteren wurden diese noch zusätzlich gegen Feuchtigkeit versiegelt. Die Kosten liegen in dieser Variante bei 37,30 € je m² Wohnfläche in Guben bzw. 36,50 € in Weißenfels. - 31 - ANALYSE & KONZEPTE Eine in den Fallbeispielen nicht verwendete Variante wäre eine Unterkonstruktion mit dazwischen liegender Mineralwolle und Bekleidung mit Verlegeplatten, deren Kosten auf 40 bis 45 € je m² geschätzt werden. Ein weiterer Einspareffekt tritt bei denjenigen Objekten ein, bei denen im Zuge der Vollmodernisierung auch eine Fassadendämmung als Wärmedämmverbundsystem bzw. eine Dachgeschossverkleidung angebracht worden ist (vgl. Kap. 4.1.3). Die Umnutzung im Fallbeispiel Freiberg wurde in einem bereits teilsanierten Gebäude durchgeführt. Die vor einigen Jahren durchgeführte Sanierung der Gebäudehülle umfasste auch die Dämmung der Giebelseiten (WDVS) sowie des Drempels. Die übrigen Außenwandelemente (Drei-SchichtenPlatte) wurden nicht zusätzlich gedämmt. Vor diesem Hintergrund wurde auf eine Geschossdeckendämmung verzichtet und auch die Heizelemente nicht demontiert, stattdessen wird eine Mindestbeheizung analog zum Treppenhaus (15 Grad C) gewährleistet. Durch diese Variante fallen zwar keine Investitionskosten an, es entsteht jedoch eine erhöhte Betriebskostenumlage (vgl. Kap. 4.2). Hinsichtlich der Kostenanalyse kann insgesamt festgestellt werden, dass Wärmedämmung eine unumgängliche Maßnahme im Zuge der Umnutzung ist und i.d.R. die größte einzelne Kostenposition ausmacht. Einsparpotenziale ergeben sich auch hier vor allem durch den gewählten Standard der Umnutzung. 4.1.3 Türen, Fenster und Fassade Bei der Modernisierung bzw. Umnutzung von Gebäuden können die mit dem Brandschutz verbundenen technischen Anforderungen einen weiteren Kostenfaktor darstellen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn es zu wesentlichen Änderungen der Gebäudestruktur kommt, wie z.B. bei Wohnungsdurchbrüchen im Zuge von Zusammenlegungen oder Veränderungen der Außenwand. Der brandschutztechnische Aufwand und die damit verbundenen Kosten sind um so geringer, je mehr Bauteile im Bestandsschutz verbleiben. So werden z.B. bei einfachen Grundrissänderungen (Abriss von nicht tragenden Wänden innerhalb einer Wohnung) keine zusätzlichen brandschutztechnischen Anforderungen an die Bauausführung gestellt. Bei den beschriebenen Umnutzungsbeispielen wurden in drei Fällen (Freiberg, Weißenfels, Zeitz) innerhalb der Wohnungen nur in geringem Umfang bauliche Eingriffe in die Gebäudestruktur vorgenommen. Eine größere Rolle spielt der Einbau von Brandschutztüren in die Dachräume, wie es die Landesbauordnungen vorsehen: „In notwendigen Treppenräumen müssen Öffnungen (…) zu nicht ausgebauten Dachräumen (…) mindestens feuerhemmende, rauchdichte und selbstschließende Türen haben.“ Bei größeren Modernisierungen in Wohngebäuden wird daher der Einbau von T 30-Türen als Dachraumtüren empfohlen. T 30-Türen sind hinsichtlich ihrer Feuerwiderstandsfähigkeit feuerhemmend und werden nach der DIN 4102 als "Feuerschutzabschlüsse" definiert. Generell sind bei baulichen Veränderungen am Gebäude die brandschutzrechtlichen Bestimmungen der Länder zu beachten. Grundsätzlich gilt aber, dass bei Modernisierungen und Nutzungsänderun- - 32 - ANALYSE & KONZEPTE gen die Entscheidung über Veränderungen an bestehenden Bauteilen bezüglich des Brandschutzes bei der lokalen Bauaufsicht liegt und daher vor Ort fällt. Dementsprechend differieren die an die Unternehmen gestellten brandschutztechnischen Anforderungen in Verbindung mit den Umbaumaßnahmen: In Weißenfels sind die Türen der umgenutzten Wohnungen als T 30-Türen erneuert worden. Dies war laut Bauordnungsamt aufgrund der Nutzungsänderung notwendig geworden. In Freiberg konnten die Wohnungseingangstüren im Sinne des Bestandsschutzes erhalten bleiben. Weitere Anforderungen an den Brandschutz wurden dort nicht gestellt und mit der Mindernutzung in den umgenutzten Wohnungen begründet. In Zeitz und Guben konnten die Wohnungstüren ebenfalls erhalten bleiben und somit Kosten bis zu 400 € je Wohnung gespart werden. Der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, dass bei Umnutzungen mit Geschossdeckendämmung die Türblätter der verbleibenden Wohnungsinnentüren eingekürzt werden müssen, was aber nur mit geringfügigen Kosten verbunden ist. Bei der Umnutzung bzw. Stilllegung von Wohnungen stellt sich die Frage, inwieweit eine bauliche Anpassung der Fenster an die neue Nutzung sinnvoll und notwendig ist. In den dokumentierten Beispielen sind unterschiedliche Vorgehensweisen gewählt worden. Während in Zeitz die Fenster gar nicht verändert wurden, reicht das Spektrum bei den anderen Maßnahmen von der einfachen Erneuerung bis hin zur Verkleinerung der Fensteröffnungen. Für die Analyse und Einordnung dieser Maßnahmen soll zunächst festgestellt werden, welche Bedeutung Fenster im Hinblick auf die Umnutzung von Obergeschossen haben. Dabei stehen vor allem zwei Funktionen der Fenster im Vordergrund: Belichtung und Belüftung der Innenräume Gestaltungselement und damit verbundene Rückschlussmöglichkeit auf die Nutzung Zentrale Funktion der Fenster ist die Belichtung der Innenräume. An die Fenstergrößen werden daher bei Wohn- und Aufenthaltsräumen besondere Anforderungen gestellt. So fordert z.B. die Landesbauordnung Sachsen: "Aufenthaltsräume müssen (…) unmittelbar ins Freie führende und senkrecht stehende Fenster von solcher Zahl und Beschaffenheit haben, dass die Räume ausreichend mit Tageslicht beleuchtet und belüftet werden können (notwendige Fenster). Das Rohbaumaß der Fenster muss mindestens ein Achtel der Grundfläche des Raumes betragen." 18 In ande- ren Landesbauordnungen werden grundsätzlich die gleichen Anforderungen gestellt. Unterschiede bestehen lediglich in den geforderten Mindestgrößen der Fenster. Während die ostdeutschen Bundesländer einen Fensteranteil an der Grundfläche von 12,5 % vorschreiben, genügen in einigen anderen Ländern 10 % der Grundfläche.19 Mit der Nutzungsänderung vom Wohnen hin zur Mindernutzung "Dachraum" verlieren diese Anforderungen ihre Gültigkeit, sodass eine bauliche Veränderung der Fenster, die Auswirkungen auf die Belichtung der Innenräume hat, ermöglicht wird. So wird z.B. durch die Verkleinerung der Fenster 18 Vgl. Landesbauordnung Sachsen, § 45 Abs. 2. 19 Weiter gehende Anforderungen, die über die Mindestbelichtung von Räumen hinaus gehen, sind technischen Richtlinien wie der DIN 5034 zu entnehmen. - 33 - ANALYSE & KONZEPTE ein baulicher Zustand geschaffen, welcher der neuen Nutzung angepasst ist und eine Wiedernutzung als Wohnraum nur mit erheblichem Aufwand möglich macht. Damit ist kein Provisorium geschaffen, sondern die Umnutzung konsequent vollzogen. Fenster haben darüber hinaus eine große Bedeutung für die Gestaltung der Fassade und die Außenwirkung des Gebäudes. Durch ihre Größe und Verteilung lassen sie Rückschlüsse auf die sich dahinter befindlichen Räume und deren Nutzung zu. So wird bei der Betrachtung der Fenster von außen durch deren Größe und Anordnung in der Regel deutlich, ob sich dahinter ein Wohnraum, das Treppenhaus oder ein Dachraum verbirgt. Auf diese Weise kann die Fassade gegliedert und eine gestalterische Qualität geschaffen werden. Gleichzeitig wird verhindert, dass der Eindruck von einem leer stehenden Wohngeschoss vermittelt wird. Vor diesem Hintergrund wurde die Umnutzung der obersten Geschosse in Guben und Weißenfels baulich am deutlichsten vollzogen. Verkleinerung der Durch die Fensteröffnungen und das Einsetzen neuer, kleinerer Fenster ist zum einen das oberste Geschoss hinsichtlich verhältnisse nicht der mehr Lichtals Aufenthaltsraum nutzbar. Zum anderen wird von außen der Eindruck eines Dachgeschosses Weißenfels hat vermittelt. die In Wohnungsbau- genossenschaft allerdings nur einige Fensteröffnungen verkleinert, zum Teil wurden die alten Fenster des obersten Geschosses durch eine vorgehängte Fassade verdeckt. In einem Nachfolgeprojekt hat die Wohnungsbaugenossenschaft um das gesamte oberste Geschoss eine lamellenartige Fassade vorgehängt, wodurch die alten Fenster verbleiben konnten, der Boderaum jedoch relativ dunkel ist. Durch die Hinterlüftung der Vorhangfassade ist auch eine Belüftung des Bodenraums gewährleistet. Weniger Aufwand wurde bei den anderen Beispielen betrieben. In Freiberg war das Gebäude bereits vor der Umnutzung inkl. Fenster grundsaniert und das obere Geschoss mit einer separaten Dachverkleidung umgeben. Auf diese Weise erhält der Betrachter den Eindruck von einem Dachgeschoss. Von der Wohnungsgenossenschaft 1. Mai in Zeitz, die die oberen Geschosse stillgelegt hat, wurden keine Veränderungen an den Fenstern vorgenommen. In beiden Beispielen konnten dadurch die gesamten Baukosten gering gehalten werden, allerdings besteht die Gefahr, ANALYSE & KONZEPTE - 34 - dass nach außen der Eindruck leer stehender Wohnungen vermittelt wird. Das Beispiel Guben verdeutlicht jedoch auch die Kostenproblematik anspruchsvollerer Lösungen: Im Rahmen der Vollmodernisierung des Gebäudes wurde die gesamte Gebäudehülle wärmetechnisch mit Hilfe eines Wärmedämmverbundsystems sowie neuer Kunststofffenster mit Wärmeschutzverglasung saniert. Bezogen auf die Leerwohnungen betrugen allein die Fassadenkosten inkl. anteiliger Gerüstkosten 4.430 € je Wohnung. Nimmt man die verbleibenden Wohnungen als Basis, ergibt dies einen erhöhten Sanierungsaufwand von 1.133 € je WE oder rd. 20 € je m² Wohnfläche. Für die Schaffung eines einheitlichen Fassadeneindrucks scheint dies notwendig, für den Kaltraum des Bodens sind jedoch Außenwände nach Vollwärmeschutzstandard - der ohnehin durch die fehlende Dachdämmung aufgehoben wird - nicht erforderlich. Die "Weißenfelser Obergeschossverkleidung", die ohne weitere Dämmung vor die 3-Schichten-Platte gehängt wurde und die alten Fenster (weitgehend) beibehält, stellt damit die deutlich günstigere Variante dar. Im Zusammenhang mit den Maßnahmen an der Fassade steht auch die Frage zum Umgang mit den nicht mehr benötigten Balkonen/Loggien an. Im einfachsten Falle (Zeitz) blieb die alte Loggia, die konstruktiv Teil der Geschossdecke ist, erhalten und wurde lediglich mit einem von unten nicht erkennbaren Nylon-Netz gegen einnistende Vögel geschützt. In den Fällen mit Fassadensanierung und neuer Dachgeschossgestaltung wurden auch alle in Fertigteilbauweise angebauten Balkone demontiert und am Obergeschoss keine neuen mehr errichtet. Die Abbruchkosten (inkl. Entsorgung) betrugen bis zu 650 € je WE (Guben). Insgesamt ist eine bauliche Veränderung der Fenster unter derzeitigen Voraussetzungen nicht zwingend notwendig. Im Hinblick auf die Gestaltqualität des Gebäudes sind zwar aufwendigere Lösungen wünschenswert. Zudem macht die Veränderung der Lichtverhältnisse in den Räumen die Dauerhaftigkeit der Maßnahmen sehr deutlich. Angesichts der hohen Kosten und des baulichen Aufwands sollten solche Maßnahmen allerdings nur nach genauer Analyse der Marktsituation und nur dort umgesetzt werden, wo die entsprechenden Standorte langfristig weiter entwickelt werden. Bei Stilllegungen von Wohnungen - möglicherweise als Vorlauf für einen mittelfristigen Abriss - sollte hingegen auf aufwendigere Maßnahmen verzichtet werden. 4.1.4 Innenausbau In den Fallbeispielen, bei denen das Ziel der Umnutzung die Schaffung von Abstellflächen ist, wurde das Prinzip der individuellen Zuordnung gewählt, d.h. jeder Wohnung wird ein Abstellraum zugewiesen. Diese Entscheidung beruht auf der aktuellen Erfahrung, dass gemeinschaftlich zu nutzende Bodenflächen durch die Mieter meistens nicht akzeptiert werden. Zentraler Aspekt ist hierbei die Sicherheitsfrage, also auf dem Boden verstaute Dinge auch verschließen zu können. Deswegen war in allen Fallbeispielen die Ausstattung mit neuen Schlössern und Beschlägen erforderlich, um die Räume adäquat absperren zu können. Bei der Schaffung von Abstellräumen können drei zentrale Probleme auftauchen: - 35 - ANALYSE & KONZEPTE je nach vorhandener Grundrissstruktur ist die Zahl der Räume kleiner als die Zahl der verbleibenden Wohnungen die Räume sind unterschiedlich groß der kleinste Raum ist i.d.R. die Badzelle Entsprechend wurde in zwei Fallbeispielen eine neue Innenaufteilung geschaffen, wobei je nach Aufwand die Kosten zwischen 350 € und 1.200 € je Leerwohnung liegen. Grundsätzlich wurde dabei eine Holzlattenkonstruktion mit Metallprofilständern gewählt und vorhandene Zwischenwände bzw. auch ganze Räume mit einbezogen. Im Beispiel Freiberg, wo der größte Aufwand erforderlich war, wurde die Aufteilung so gewählt, dass durch einen schmalen Gang ein öffentlicher Zugang zu den Fenstern gewährleistet wird (vgl. Abb. 3). Mit Ausnahme der P2-typischen Küchentrennwand mit Durchreiche wurden keine nichttragenden Zwischenwände abgebrochen. Dieses Kosten sparende Prinzip führt allerdings zu recht unterschiedlich großen Abstellräumen, was aber in der Vermietungspraxis bisher zu keinen nennenswerten Problemen geführt hat. Als für die Vermietung sehr ungünstig eingeschätzt wird die kleine ca. 3,5-4 qm große innen liegende Badzelle, in der zudem der Zugang zu den Strängen (Entlüftung) gewährleistet sein muss. Diese Räume werden daher entweder gar nicht genutzt oder als Abstellraum für den Hausmeister. In Guben wurde das Bad in jedem zweiten Fall für die neu installierte Gastherme für die aufgangsweise Heizungsversorgung umgenutzt. Für die Nutzung durch die Mieter und eine entsprechende Mieterakzeptanz ist eine malermäßige Instandsetzung des Obergeschosses sinnvoll, so wie es in den drei Beispielen Freiberg, Weißenfels und Guben geschehen ist. In Zeitz, wo die Wohnungsgenossenschaft 1. Mai eG eine Stilllegung vorgenommen bzw. Abstellräume für den Hausmeister geschaffen hat, ist folglich auch auf Malerarbeiten verzichtet worden. - 36 - Grundriss einer umgenutzten Wohnung in Freiberg ANALYSE & KONZEPTE Abb. 3 - 37 - 4.2 ANALYSE & KONZEPTE Verringerung der Betriebs- und Leerstandskosten Ein zentrales Kriterium für den Erfolg von Umnutzungen ist die Senkung der Betriebs- und Leerstandskosten. Sie setzen sich zusammen aus den mit der Nutzung des Gebäudes verbundenen Kosten, die analog § 2 Betriebskostenverordnung anteilig von den Mietern zu tragen sind, sowie weiteren vom Unternehmen zu tragenden Kosten, wie Kreditbelastungen oder Verwaltungskosten. Für leer stehende Wohnungen verbleiben die Betriebskosten jedoch im Sinne des betriebswirtschaftlichen Risikos beim Vermieter. Eine Umlage auf den Mieter oder eine Beschränkung des Umlagemaßstabs nur auf die vermietete Fläche ist rechtlich nicht zulässig. In den untersuchten Fallbeispielen betragen diese monatlichen Kosten 1,00-1,40 € je m² Wohnfläche, was für eine durchschnittlich große Wohnung einen Betrag von rd. 750-1.000 € pro Jahr ergibt. Durch die Umnutzung wird die Zahl der Wohnungen bzw. die Gesamtwohnfläche eines Objektes reduziert. Dabei stehen aus Sicht der Wohnungseigentümer zwei Aspekte im Vordergrund. Zum einen sollen mithilfe der Umnutzungsmaßnahmen die Betriebskosten absolut gesenkt werden. Zum anderen soll durch die Umlegung verbleibender Betriebskosten die Belastung von den Vermietern genommen und somit die Leerstandskosten verringert werden. Folgende Betriebskostenarten konnten aufgrund der Umnutzung wenigstens teilweise gesenkt werden: Grundsteuer Neuveranlagung mit geringerem Einheitswert; vgl. hierzu ausführlicher in Kap. 4.4 Wasser und Abwasser Durch Zählerausbau Senkung der Grundkosten Heizung und Warmwasser Verringerung der Anschlusswerte für die Fernwärmeversorgung (je nach Konzessionsvertrag) Müllabfuhr Bei individueller Abrechnung kein Problem, ansonsten Reduzierung der Behälter(größen) möglich Sach- und Haftpflichtversicherung Neubewertung des Gebäudes führt zu Verringerung der Versicherungssumme Hauswartkosten Bei einer wohnungsbezogenen Berechnung nicht ganz proportional geringer, allerdings weitere Kontrollgänge in geringfügigem Ausmaße notwendig Zu den Betriebskosten, die in etwa konstant bleiben, deren Berechnungsgrundlage sich durch die umnutzungsbedingt verringerte Wohnfläche jedoch ändert, und die in den Beispielen umgelegt wurden, zählen Kosten für: Grünpflege und Straßenreinigung Gebäudereinigung Beleuchtung/Hausstrom Heizung - 38 - ANALYSE & KONZEPTE Dies ist bei den drei Beispielen in Guben, Freiberg und Weißenfels der Fall. Für die Mieter der Gubener Wohnungsgesellschaft hat sich insgesamt keine Betriebskostenerhöhung ergeben. Die Erhöhung der Betriebskosten wird von den Mietern in Freiberg akzeptiert. Und auch in Weißenfels wird die Betriebskostenänderung unkritisch gesehen, da die neuen "Bodenkammern" den Wohnungen ohne Kaltmiete zugeordnet sind. Die Einwilligung der Mieter erfolgte bei den beiden Genossenschaften nach Treu und Glauben, was sicherlich durch das Genossenschaftsprinzip befördert wird. Vom mietrechtlichen Grundsatz her ist diese Form der Umlage nicht abschließend geklärt (vgl. ausführlich Kap. 4.4). Als für die Unternehmen nachteilig stellt sich die Situation hinsichtlich der Altschulden dar. Denn bei denjenigen, die gemäß Altschuldenhilfegesetz einen Antrag auf Entlastung von den Altschulden gestellt haben, erfolgt bei umgenutzten Wohnungen nicht wie bei abgerissenen bzw. zum Teil zurück gebauten Wohnungen eine Entlastung. Damit verbleiben die Altschulden und müssen aus den Erträgen der verbliebenen Wohnungen finanziert werden. Auch wenn bei den Fallbeispielen seit der Umnutzung erst kurze Zeit vergangen ist und zur Betriebskostenentwicklung aufgrund der Abrechnungszeiträume nur partiell konkrete Aussagen möglich sind, lässt sich jedoch als grundsätzliche Tendenz beschreiben, dass es allen gelungen ist, die Leerstandskosten in hohem Maße zu reduzieren. Damit wird das wesentliche betriebswirtschaftliche Ziel der Umnutzung erreicht. Rechnet man die ersparten Betriebskosten gegen die Investitionskosten, so erweist sich im günstigsten Fall nach zwei bis drei Jahren und im ungünstigeren Fall nach ca. zehn Jahren die Umnutzung gegenüber der Beibehaltung von Leerstand als wirtschaftlicher. 4.3 Mieterakzeptanz In der Bewertung der Akzeptanz von Umnutzungen durch die Mieter gibt es deutliche Unterschiede zwischen Bestandsmietern, also Mietern, die bereits vor der Umnutzung im Gebäude gewohnt haben, sowie Neumietern. Hinsichtlich der Neuvermietung muss die Umnutzung als eindeutiger Vermarktungsvorteil angesehen werden. Dort, wo die still gelegten Wohnungen als Abstellräume zur Verfügung gestellt werden, kann in den Beispielen eine durchweg positive Resonanz festgestellt werden. Die neu geschaffenen Dachräume werden jeweils voll genutzt. Da die Plattenbauwohnungen zumeist über zu geringe Abstellflächen und geringe Wohnungsgrößen verfügen, ergibt sich hier eine spezifische Nachfrage. Entsprechend stieß das mit der Zurverfügungstellung von zusätzlichen Abstellräumen verbesserte Wohnungsangebot auf eine starke Resonanz und führte in den drei Fallbeispielen zu einer erheblichen Verringerung des Leerstandes auf unter 2 % bei den verbleibenden Wohnungen des Gebäudes. Hierin liegt neben der Ersparnis der Betriebskosten für die Wohnungsunternehmen ein weiterer wirtschaftlicher Vorteil der Umnutzung. Inwieweit die Nachfrage in gleichem Maße gegeben wäre, wenn für den Bodenraum ein zusätzliches Entgelt erhoben würde, kann aufgrund fehlender Erfahrungen nicht abschließend beurteilt - 39 - ANALYSE & KONZEPTE werden.20 Die leicht erhöhte Betriebskostenumlage ist für das Neuvermietungsgeschäft offensichtlich kein Hinderungsgrund. Hinsichtlich der Bestandsmieter kann hingegen keine durchweg positive Bilanz gezogen werden. Vorab-Befragungen bei den betroffenen Mietern haben zu einer geteilten Resonanz geführt. So wurde beispielsweise in Zeitz im Vorwege der Umnutzung im Rahmen einer Mieterbefragung festgestellt, dass kein Interesse an zusätzlicher Fläche besteht, was ausschlaggebend für die Strategie der völligen Stilllegung der Obergeschosse war. Grund hierfür könnten die relativ großen VierraumWohnungen sein, die ausreichend Abstellfläche für die zumeist älteren Zweipersonenhaushalte, die in diesem Objekt wohnen, bieten. Umgekehrt bestand bei den Mitgliedern der Wohnungsgenossenschaft Freiberg ein großes Interesse an den Abstellräumen. In den kleinen Dreiraum-Wohnungen wird die Abstellsituation überwiegend als Nachteil empfunden bzw. das zusätzliche Angebot als Vorteil erfahren. Dieser Aspekt scheint damit gewichtiger zu sein als der erhöhte Betriebskostenanteil, der in diesem Fallbeispiel aufgrund der Weiterbeheizung des Dachgeschosses vergleichsweise am höchsten ist. Inwieweit neben der Wohnungsgrößenstruktur und einem damit quasi objektiven Abstellraumbedarf auch die Alters- und Sozialstruktur der Bestandsmieter eine Rolle bei der Akzeptanz der Umnutzung spielt, konnte mit dem Forschungsvorhaben nicht endgültig geklärt werden. Zur konkreteren Abschätzung ist vor der Umnutzung daher die Durchführung einer Mieterbefragung sinnvoll. Die Erfahrungen aus den Fallbeispielen zeigen aber auch, dass ein etappenweises Vorgehen bei der Umnutzung effektvoll sein kann. Denn dann weicht die grundsätzliche Skepsis gegenüber dem neuen Angebot aufgrund positiver Erfahrungen der Nachbarn durch Mund-Mund-Propaganda neuer Nachfrage. 20 Zu dem damit gleichzeitig entstehenden Grundsteuer-Problem vgl. Kap 4.4. - 40 - 4.4 ANALYSE & KONZEPTE Rechtliche Probleme Die bisherige Analyse hat gezeigt, dass mit der Umnutzung in bestimmten Bereichen rechtliche Probleme auftauchen können bzw. die Rechtsgrundlagen unterschiedlich ausgelegt werden. Dazu zählen: Regelungen zur Grundsteuer brandschutzrechtliche Bestimmungen Umlagefähigkeit der Betriebskosten Da im vorliegenden Forschungsprojekt der Schwerpunkt bei den Kostenreduzierungen liegt, kann hier keine abschließende steuerrechtliche Bewertung der Grundsteuerproblematik erfolgen, es sollen jedoch die wesentlichen Sachverhalte bzw. Probleme aufgezeigt werden. So hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil den Erlass von Grundsteuern nach § 33 GrStG ("Erlass wegen wesentlicher Ertragsminderung") für leer stehende Plattenbauten abgelehnt, da mit strukturellem Leerstand die Voraussetzungen dieses Paragrafen nicht erfüllt seien.21 Die Umnutzung stellt jedoch eine anders zu bewertende Situation dar, auf die das Bundesverwaltungsgericht und auch schon das Verwaltungsgericht Magdeburg hingewiesen haben.22 Zentraler Punkt ist hierbei, dass mit der Umnutzung der Wert des Gebäudes sich vermindert. Denn ändern sich die "tatsächlichen Verhältnisse", so werden diese nach Maßgabe des § 22 BewG im Wege der Wertfortschreibung berücksichtigt und führen über eine Festsetzung des Steuermessbetrages auf den Fortschreibungszeitpunkt zu einer Neuveranlagung und damit zu einer geringeren Grundsteuer. Wesentlich ist hierbei der Nachweis, dass die Nutzung des Obergeschosses als Wohnraum zukünftig ausgeschlossen ist. Dies wird durch die Demontage der Bad- und Kücheninstallation, die Demontage der Heizung, dem Einbau von Abstellkammern oder der Verkleinerung der Fenster gewährleistet, da es sich so gemäß den Landesbauordnungen bzw. der DIN 5034 um keinen Wohnraum mehr handelt. Allerdings ist zu beachten, ob der neu entstandene Bodenraum auch als ertragsfreie Nutzfläche angesehen wird. So kann argumentiert werden, dass bei einer separaten Vermietung der Bodenräume - was in den untersuchten Fallbeispielen allerdings nicht der Fall ist - gesonderte Erträge erzielt werden, mithin die Fläche grundsteuerpflichtig wird. In denjenigen Fällen, in denen der Bodenraum jedoch als Fläche mit geringfügiger Nutzung kostenlos überlassen wird, müsste die Grundsteuer gesenkt werden, so wie dies im Beispiel Freiberg auch gehandhabt wird. Ein wesentlich kleineres Problem stellt der brandschutzrechtliche Umgang mit der Wohnungsabschlusstür dar (vgl. Kap. 4.1.3), wobei allerdings die Bestimmungen regional unterschiedlich 21 Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 04.04.2001, vgl. BVerwG 11 C 12/00 und 11 C 13/00. 22 Verwaltungsgericht Magdeburg, Urteil vom 16.08.2000, Az. A6 K 398/98. - 41 - ANALYSE & KONZEPTE ausgelegt werden. Zentrale Frage ist, ob die alte Wohnungsabschlusstür als Bodenraumtür weiter genutzt werden kann, oder ob sie durch eine T 30-Tür ersetzt werden muss. Der Bestandsschutz ermöglicht die Nutzung von Gebäuden, die nach früher gültigem Recht erbaut wurden und den aktuell gültigen Regelungen nicht mehr entsprechen, solange das vorhandene Gebäude funktionsgerecht ist. Der Bestandsschutz umfasst Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen am Gebäude. Qualitative und quantitative Änderungen, wie eine Nutzungsänderung, können demgegenüber eine Anpassung an die brandschutzrechtlichen Bestimmungen mit sich bringen, sofern die Änderungen nicht begrenzter und geringfügiger Art sind und zu einer wesentlichen Veränderung des Bestandes führen. Vor diesem Hintergrund wurden die Umnutzungen in den dargestellten Beispielen unterschiedlich bewertet. Dies sei am Beispiel der Landesbauordnung Sachsen-Anhalts erläutert. So heißt es in § 91 Abs. 2 ("Bestehende bauliche Anlagen"): "Sollen bauliche Anlagen wesentlich geändert wer- den, so kann gefordert werden, dass auch die nicht unmittelbar berührten Teile der baulichen Anlage mit diesem Gesetz oder den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften in Einklang gebracht werden." Durch diese Formulierung ergibt sich ein erheblicher Ermessensspielraum, da es sich zum einen um eine Kann-Bestimmung handelt, und zum anderen die Frage zu klären ist, ob die Umnutzung eine wesentliche bauliche Änderung darstellt. Wird eine Anpassung verlangt, so bezieht sie sich auf § 51 Abs. 5 der Landesbauordnung: "Aufent- haltsräume und Wohnungen im Dachraum müssen einschließlich ihrer Zugänge mit mindestens feuerhemmenden Wänden und Decken gegen den nicht ausgebauten Dachraum abgeschlossen sein; dies gilt nicht für frei stehende Wohngebäude mit nur einer Wohnung.“ 23 Auch hier müsste erst geklärt werden, ob eine ehemalige Wohnung in Plattenbauweise tatsächlich einem nicht ausgebauten Dachraum gleichzusetzen ist. Die Breite des Ermessensspielraums verdeutlichen die Fallbeispiele. So wurde in Weißenfels der Einbau von T 30-Türen beauflagt, in den anderen Beispielen wurden jedoch keine weiteren Brandschutzauflagen gemacht. Für die Etablierung der Umnutzung als Leerstandsstrategie wäre daher grundsätzlich eine Harmonisierung der Genehmigungspraxis wünschenswert, wobei im Sinne der Kosten sparenden Bauweise auf den Einbau einer T 30-Tür verzichtet werden sollte. Eine weitere rechtlich nicht eindeutige Situation bezieht sich auf die Umlagefähigkeit derjenigen Betriebskosten, bei denen komplett oder partiell verbrauchsunabhängig mit der Wohnfläche als Umlagemaßstab abgerechnet wird (vgl. Kap. 4.2). Denn mit der Umnutzung verringert sich die 23 Ähnlich gefasst sind auch die Landesbauordnungen in Sachsen, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern, nicht jedoch in Brandenburg und Thüringen. - 42 - ANALYSE & KONZEPTE zugrunde zu legende Gesamtwohnfläche, wodurch der Anteil der verbleibenden Wohnungen jeweils größer wird, was zu einem entsprechenden Anstieg der Betriebskostenumlage führen kann. Wird ein Wohnblock nach der Durchführung der Baumaßnahmen zur Umnutzung neu vermietet, so ergeben sich keine Probleme, da die Mietverträge mit der neuen Geschäftsgrundlage der verkleinerten Gesamtwohnfläche abgeschlossen werden. Schwieriger ist hingegen die Einschätzung der Rechtssituation bei Bestandsmietverträgen. Die Komplexität des Problems kann am Beispiel der Heizkosten verdeutlicht werden: So werden entsprechend der Heizkostenverordnung 30 bis 50 % der Kosten verbrauchsunabhängig umgelegt (§ 7 HeizkV). Als Maßstab wird in § 6 Artikel 2 HeizkV festegelegt, dass "die übrigen Kos- ten der Versorgung mit Wärme nach der Wohn- oder Nutzfläche oder nach dem umbauten Raum auf die einzelnen Nutzergruppen zu verteilen [sind]; es kann auch die Wohn- oder Nutzfläche oder der umbaute Raum der beheizten Räume zugrunde gelegt werden." Bei Gebäuden mit umgenutzten Wohnungen bedarf es also Präzisierungen im Mietvertrag bzw. den Betriebskostenabrechnungen hinsichtlich der Beschränkung auf beheizte Räume und bei kalten Bodenräumen die Beschränkung auf die Wohnfläche Die Art des Maßstabes kann nach § 6 Artikel 4 HeizkV der Vermieter für zukünftige Abrechnungszeiträume ändern. Kritisch gewertet wird vereinzelt jedoch die Verringerung der Wohnfläche, weil damit die Betriebskostenerhöhung zulasten der Mieter gehe, obwohl die Umstände der Erhöhung der Vermieter zu verantworten hat und dies sei nach §§ 556, 560 BGB unbillig und damit nicht zulässig. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass auf der einen Seite der Mieter wegen benachbarter leer stehender Wohnungen erhöhte Heizkosten hat.24 Auf der anderen Seite trägt der Vermieter bei Wohnungsleerstand einen Teil des Verbrauchs der Mieter. Durch die mit der Umnutzung verbundene Geschossdeckendämmung ergib sich nun ein Vorteil für den Mieter bei den Verbrauchskosten. Hier ist also zu fragen, ob gemäß § 560 Abs. 6 BGB ("Veränderung von Betriebskosten") dem Mieter tatsächlich ein Nachteil entsteht.25 De Änderung der Betriebskostenumlage seitens des Vermieters setzt auf jeden Fall eine Begründung und vorherige Information des Mieters voraus. Inwieweit dann die Abrechnung nach Treu und Glauben ausreicht, oder das Einverständnis oder die Zustimmung des Mieters erforderlich ist, kann im Rahmen dieses Forschungsvorhabens nicht abschließend festgestellt werden. Einige Einschätzungen gehen aber sogar davon aus, dass durch die Umnutzung die Mietsache sich so wesentlich verändert, dass von einer Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB auszu- 24 Vgl. hierzu C. Deilmann/M. Möbius: Wohnungsleerstand: Wer zahlt die Heizkosten? in: Die Wohnungswirtschaft 2/2003, S. 41f. 25 Vgl. hierzu F. Sternel: Auswirkungen von Leerstand auf Mietverhältnisse, in: Wohnungswirtschaft und Mietrecht 5/2003, S. 243 ff. - 43 - ANALYSE & KONZEPTE gehen ist, was ein neues Vertragsverhältnis sowie ein Kündigungsrecht des Mieters beinhalten kann. Insgesamt wird deutlich, dass hinsichtlich der Änderung der Betriebskostenumlage die aktuelle Gesetzgebung und Rechtssprechung noch nicht auf die spezifische Situation des Stadtumbaus eingestellt ist. Eine kurzfristige gesetzgeberische Klarstellung würde daher den Stadtumbauprozess vereinfachen, soll nicht erst mittelfristig eine Klarstellung durch die Rechtssprechung erfolgen. ANALYSE & KONZEPTE - 44 - 5 Typisierung der Umnutzungen In der Analyse der Fallbeispiele ist deutlich geworden, dass hinsichtlich der Umnutzungsmaßnahmen zum einen unterschiedliche Umfänge gewählt wurden und zum anderen bei einzelnen Maßnahmen ein unterschiedlicher Standard realisiert wurde. Insgesamt wurde damit eine relativ große Spannweite möglicher Maßnahmen aufgezeigt. Gleichzeitig lassen sich aber auch typische Maßnahmekombinationen feststellen, die zu einer jeweils charakteristischen Umnutzungsart führen. Aufbauend auf den Analysen lassen sich in Bezug auf Kosten und erforderliche Maßnahmen entsprechend drei typische Umnutzungen definieren (vgl. Tab. 1): Mit der einfachen Umnutzung erfolgt lediglich eine Stilllegung der Obergeschosse, die leer stehenden Räume werden den Mietern nicht zur Nutzung zur Verfügung gestellt, weil z.B. es für eine Bodennutzung keine Nachfrage gibt oder weil das Gebäude mittelfristig rückgebaut werden soll. Die baulichen Maßnahmen beschränken sich auf ein Minimum, das für alle Umnutzungsarten mindestens erforderlich ist. Dies umfasst im Einzelnen: Kappung und Umschluss der Versorgungsstränge Demontage Sanitär und Heizung Spannungsfreimachung der Elektrik Fußbodendämmung im ersten leer stehenden Geschoss, die nur einer geringen bis mittleren Druckbelastung genügen muss Sicherung des Balkons Diese Maßnahmen lassen sich i.d.R. in einem Kostenrahmen bis zu 1.500 € pro Wohnung bzw. 25 € je m² Wohnfläche realisieren. Sie stellen nur die notwendigsten Eingriffe zur Senkung der laufenden Kosten dar, sodass damit keine bauliche Aufwertung des Gebäudes erreicht wird. Da es sich hier im Wesentlichen um Demontagearbeiten handelt und die nur bedingt belastbare Geschossdeckendämmung bereits eine preiswerte Variante darstellt, sind bei dieser einfachen Umnutzung keinen nennenswerten Einsparpotenziale zu verzeichnen. Tab. 1 Typisierung der Umnutzungen einfache Umnutzung geringe Kosten (< 1.500 €/WE) keine Nutzungs- und bauliche Aufwertung mittlere Umnutzung einfacher Umbau zu Abstellräu- Nutzungsaufwertung men (3.000 – 4.000 €/WE) aufwendigere umfangreicherer Umbau zu Nutzungs- und bauliche Umnutzung Abstellräumen im Zuge von Aufwertung Sanierungen (> 6.500 €/WE) - 45 - ANALYSE & KONZEPTE Mit dem mittleren Umnutzungsgrad wird die Schaffung von individuell zuordbaren Abstellräumen als Aufwertung des vorhandenen Wohnungsangebotes angestrebt. Hierfür sind folgende Maßnahmen erforderlich: Kappung und Umschluss der Versorgungsstränge Demontage Sanitär und Heizung Teilrückbau der Elektrik, Anschluss an Hausstrom Trittfeste Fußbodendämmung im ersten leer stehenden Geschoss Sicherung des Balkons Einbau von Schlössern ggf. Einbau von Trennwänden, soweit erforderlich malermäßige Instandsetzung Eine Erneuerung der Fenster außerhalb des Instandhaltungszyklus ist nicht erforderlich. Kostenrahmen für die mittlere Umnutzung beträgt ca. 3.000-4.000 € je Wohnung bzw. 55-70 € je m² Wohnfläche. Soll darüber hinaus eine bauliche Aufwertung des Gebäudes erfolgen bzw. sind zusätzlich zur Umnutzung weitere Maßnahmen an der Fassade geplant, stellt eine hinterlüftete Vorhangfassade (ohne Dämmung) eine attraktive und zugleich preiswerte Lösung dar. Damit erübrigen sich zugleich die Kosten für die Fassadendämmung sowie die Erneuerung und/oder Verkleinerung der Fenster. Ein weiteres Einsparpotenzial ergibt sich, wenn die Umnutzung in Gebäuden erfolgt, deren Hülle bereits saniert worden ist. Hier kann ggf. unter Beibehaltung der Heizungsanlage auf die Geschossdeckendämmung verzichtet werden, was zu einer deutlichen Reduzierung der Investitionskosten, aber zu stärkeren Erhöhung der Betriebskosten führt. Aufwendigere Umnutzungen erfolgen im Zuge komplexer Modernisierungen. Sie umfassen einen Umbau von Wohnungen zu Abstellräumen in Verbindung mit Sanierungen der Gebäudehülle. Daraus ergibt sich sowohl eine bauliche Aufwertung als auch eine Nutzungsaufwertung für die Mieter durch die Bereitstellung zusätzlicher Flächen. Erforderliche Maßnahmen sind: Kappung und Umschluss der Versorgungsstränge Demontage Sanitär und Heizung Erneuerung der Elektrik Trittfeste Fußbodendämmung im ersten leer stehenden Geschoss Einbau von Schlössern ggf. Einbau von Trennwänden, soweit erforderlich malermäßige Instandsetzung Demontage des Balkons Fassadendämmung/Vorhangfassade - 46 - ANALYSE & KONZEPTE Die Kosten für die aufwendigeren Umnutzungen liegen bei rd. 6.500 € und mehr je Wohnung bzw. ab ca. 110 € je m² Wohnfläche. Insbesondere bei der Fassadendämmung im Bereich des obersten Geschosses sowie der Erneuerung der Fenster können durch optimierte Lösungen höhere Kosten verhindert werden. Der Verzicht auf die architektonisch attraktive Variante der Verkleinerung der "Dachgeschossfenster" birgt ein erhebliches Kostensparpotenzial. - 47 - 6 ANALYSE & KONZEPTE Objektauswahl für die Umnutzung von Obergeschossen Nach der Analyse der Umnutzungsbeispiele ist zu untersuchen, welche Wohnungsbestände für welche Form der Umnutzung infrage kommen können. Die Situation auf den Wohnungsmärkten, die von Leerständen betroffen sind, erfordert ein Leerstandsmanagement, das die langfristigen Perspektiven der Wohnungsbestände einbezieht und entsprechende Maßnahmen entwickelt, die eine weiter ungünstige Entwicklung von Angebotsüberhang und Nachfragerückgang berücksichtigen. Für die Einschätzung darüber, ob und welche Form der Umnutzung sinnvoll ist, müssen folgende Kriterien geprüft werden: (zukünftige) Nachfrage auf dem lokalen Wohnungsmarkt Lagequalität des Gebäudes Zustand des Gebäudes sowie Umfang der vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen Die Lage des Gebäudes und dessen Zustand bestimmen die Vermietbarkeit innerhalb des städtischen Wohnungsmarktes. Die Zusammenhänge zwischen Lage und Ausstattung der Wohnungen und der Leerstandsgefährdung wurden bereits in Abschnitt 2.2 dargestellt. Für welche Nachfragetypen Umnutzungen in Frage kommen können, ist in Abb. 4 dargestellt und wird im Folgenden näher erläutert. Bestände in einfachen Lagen auf rückläufigen Wohnungsmärkten weisen zumeist keine langfristigen Vermietungsperspektiven auf. In Kombination mit einem geringen Wohnwert sind die Leerstände bzw. ist die Leerstandsgefährdung in diesen Beständen am größten. Entsprechend sind investive Maßnahmen in diese Bestände aufgrund ggf. zu kurzer Refinanzierungszeiträume wirtschaftlich riskant. Zudem kann in ungünstigen Lagen auch bei hoher Wohnqualität keine Vermietbarkeit garantiert werden. Dies gilt auch für aufwendigere Umnutzungen. Damit stehen hier in der Regel Bestandsreduzierungen im Vordergrund. Dementsprechend können einfache Umnutzungen, die in erster Linie die Reduzierung des Wohnungsangebotes zum Ziel haben, sinnvoll sein. Diese Form der Stilllegung von Wohnungen im Leerstandsschwerpunkt Obergeschosse - wie im Fallbeispiel Zeitz aufgezeigt - stellen damit eine Art temporäre Umnutzung mit dem Endziel eines Rückbaus dar für diejenigen Bestände, die nicht kurzfristig leer gezogen werden können oder müssen. Vorteil bei dieser Variante ist, dass bis zum endgültigen Abriss eine Reduzierung der Betriebskosten bei geringen Investitionskosten möglich ist. Darüber hinaus wird auch eine höhere Flexibilität im Leerzugs- und Rückbaumanagement des Stadtumbauprozesses erreicht. Bei Gebäuden, die innerhalb der nächsten drei bis vier Jahre abgerissen werden sollen, stehen jedoch Investitionskosten und Betriebskostenersparnis noch in keinem günstigen Verhältnis, so dass hier Umnutzungen nicht erfolgen sollten. Bei Wohnungsbeständen, die bereits teilsaniert sind oder nur teilsaniert werden sollen, können mittlere Umnutzungen sinnvoll sein. Sofern der Bestand eine mittel- bis langfristige Perspektive auf dem Wohnungsmarkt hat, kann eine Nutzungsaufwertung eine gute Ergänzung darstellen und zu einer Verbesserung der Vermietbarkeit führen. Gleichwohl ist auch hier eine einfache Stilllegung denkbar, wenn z.B. absehbar ist, dass von den Mietern kein weiterer Abstellraum gewünscht wird. ANALYSE & KONZEPTE - 48 - Die Umnutzung in teilsanierten Objekten wird zukünftig wirtschaftlich interessanter werden, je mehr Sanierungsinvestitionen bereits refinanziert wurden. Hierbei ist grundsätzlich zu berücksichtigen, dass auf der einen Seite in der betriebswirtschaftlichen Berechnung die Refinanzierung nun von weniger Wohnungen erbracht werden muss und damit die WE-spezifischen Erträge geschmälert werden, auf der anderen Seite aber leer stehende Wohnungen ohne Ertrag aus der Bilanz fallen. Umnutzung führt also allenfalls zu einer indirekten Ertragsverbesserung, indem der verbleibende Bestand besser vermietet wird. Entscheidend ist die Leerstandskostenreduzierung, aufgrund der die zusätzlichen Investitionskosten je nach Umfang der Maßnahmen in zwei bis sechs Jahren überkompensiert werden. Abb. 4 Baumaßnahmen Umnutzung und Bestandstypen Vollsanierung X Uh X Teilsanierung Ue /Um Um (Um) Ue Ue /Um X einfache mittlere gute keine Lage Uh = aufwendige Umnutzung; Um = mittlere Umnutzung; Ue = einfache Umnutzung Umnutzungen können auch in Beständen mit mittleren Lagequalitäten vorgenommen werden, wie z.B. dauerhaft verbleibende Bestände in Stadtumbaugebieten, die zwar in insgesamt schwierigen Wohnungsmärkten liegen, aber innerhalb der kleinräumigen Märkte einen günstigeren Lagewert haben. Dazu zählen zum Beispiel die umgenutzten Objekte in Weißenfels und Guben, die in Stadtumbaugebieten liegen, aber innerhalb der Siedlungen eine gute Lage haben. Daraus ergibt sich eine mittel- bis langfristige Perspektive auf dem Wohnungsmarkt, sofern der Wohnungsüberhang an anderer Stelle beseitigt wird. - 49 - ANALYSE & KONZEPTE Allerdings müssen neben dem mittleren Lagewert auch Standard und Ausstattung der Wohnungen wenigstens mittlere Qualitäten aufweisen, um die Vermietung zu gewährleisten. Hier ist es sinnvoll, im Zuge von Sanierungs- und Aufwertungsmaßnahmen auch Umnutzungen vorzunehmen, um so zum einen Leerstandsgefährdungen zu verringern und zum anderen mit der Zurverfügungstellung von Bodenraum ein neues, attraktives Ergänzungsangebot zu schaffen. Die Beispiele Guben und Weißenfels haben gezeigt, dass aufwendigere Sanierungen in Verbindung mit Umnutzungen zu einer Aufwertung führen können und gleichzeitig die Vermietungschancen für den verbliebenen Bestand erhöhen. Eine Leerstandsgefährdung besteht in diesen Fällen kaum noch. Die dargestellten Baumaßnahmen erfordern aber eine langfristige Marktgängigkeit von 20 bis 25 Jahren. In guten Lagen lassen sich hingegen auch die oberen Geschosse soweit vermieten, dass dort eine geringe Leerstandsgefährdung besteht. Um die Vermietbarkeit zu gewährleisten, ist darauf zu achten, dass eine gute Ausstattung mit einem entsprechenden Wohnwert vorhanden ist. Entsprechend können aufwertende Maßnahmen sinnvoll sein, wie z.B. Grundrissveränderungen, Umbau oberer Geschosse zu Maisonettewohnungen oder der Anbau eines Fahrstuhls. Zusammenfassend lassen sich aus der Analyse der Umnutzungsbeispiele folgende Thesen ableiten: Für einfache Bestände und Bestände, deren Erhalt nicht dauerhaft gesichert ist, die aber auch nicht kurzfristig rückbaut werden, ist eine einfache Umnutzung sinnvoll. Für teilsanierte Bestände und Objekte in mittleren Lagen stellen mittlere und aufwendigere Umnutzungen eine Aufwertung dar. Für gute Bestände ist eine Umnutzung in der Regel nicht erforderlich. Es deutet sich an, dass insbesondere bei teilsanierten Plattenbauten mit der Umnutzung die günstigsten Effekte erzielt werden können, da die Investitionskosten relativ gering gehalten werden können und sich demgegenüber die Reduzierung der Betriebskosten bemerkbar macht und gegenüber Objekten mit Stilllegungen von einer deutlich längeren Nutzungszeit auszugehen ist. - 50 - 7 ANALYSE & KONZEPTE Leerstandsbeseitigungsstrategien im Vergleich In der Frage, inwieweit Umnutzung als Strategie zur Leerstandsbeseitigung in der StadtumbauPraxis tatsächlich angewendet werden kann, müssen nicht nur die Bedingungen, Formen und Möglichkeiten der Umnutzung berücksichtigt werden, wie sie in den vorherigen Kapiteln aufgezeigt worden sind. Wichtig ist auch die Abwägung zu anderen Strategien, wie z.B. dem Teilrückbau, die aus betriebswirtschaftlicher Sicht konkurrierende Varianten zur Umnutzung darstellen. In den folgenden Abschnitten werden die Vor- und Nachteile sowie die spezifischen Bedingungen unterschiedlicher Strategien im Umgang mit dem Leerstand in leerstandsgefährdeten Gebäuden diskutiert (zur Definition vgl. Kap. 2.2). Wichtige Aspekte sind hierbei Leerstandsreduzierung und Vermietbarkeit Umsetzbarkeit und Investitionskosten Reduzierung der Leerstandskosten Finanzierung, Förderung und Altschulden Eine zusammenfassende Übersicht wird in Tab. 2 in Kap. 7.4 gegeben. 7.1 Umnutzung von Obergeschossen Als Leerstandsbeseitigungsstrategie stellt Umnutzung ein effektives Instrument dar, denn mit der Umnutzung wird der Leerstand in den Obergeschossen beseitigt. Häufig kann durch das verbesserte Angebot auch der Leerstand im verbleibenden Wohnungsbestand gesenkt werden, insbesondere wenn er mit weiteren Modernisierungen verbunden ist. Umnutzungen sind ein hoch flexibles Instrument, das sogar aufgangsweise und sehr rasch umgesetzt werden kann, ein vorübergehender Leerzug von Teilen des Gebäudes ist i.d.R. nicht erforderlich. Wesentlicher Vorteil hierbei ist, dass keine oder nur geringe Freizugskosten anfallen. Je nach baulichem Standard ist Umnutzung bzw. Stilllegung eine kostengünstige Möglichkeit der Leerstandsreduzierung. Die Investitionskosten und der bauliche Aufwand variieren bei einfacher und mittlerer Umnutzung je nach Art und Umfang der Maßnahmen zwischen rund 25 und 70 €/m² umgenutzter Wohnfläche, bei aufwendiger Umnutzung können die Kosten jedoch auch deutlich über 110 € je m² Wohnfläche liegen. Auch wenn hinsichtlich der Umlagefähigkeit der Betriebskosten noch nicht in allen Punkten rechtliche Klarheit herrscht und dieser Umstand aktuell für Wohnungseigentümer ein Hindernis darstellen kann, konnten in den Fallbeispielen grundsätzlich Teile der laufenden Kosten auf die Mieter umgelegt werden. Ein weiterer Teil der Betriebskosten (Hauswartkosten, Heizkosten, Versicherungsbeiträge) konnte komplett eingespart werden. Insgesamt können die beim Unternehmen verbleibenden Leerstandskosten also fast vollständig reduziert werden. Zentraler Nachteil der Umnutzung ist jedoch die Tatsache, dass bisher Wohnungsstilllegungen nicht zu einer Entlastung von den Altschulden führen und somit durch die Erträge des verbleibenden Bestandes refinanziert werden müssen. - 51 - ANALYSE & KONZEPTE Eine ungünstige Finanzierungssituation ergibt sich außerdem aufgrund der Tatsache, dass Umnutzungsmaßnahmen nicht in das Stadtumbauprogramm integriert sind und folglich weder durch den Programmteil "Aufwertung" noch den Teil "Rückbau" gefördert werden. Dies gerät Umnutzungen gegenüber anderen Möglichkeiten der Leerstandsreduzierung zum Nachteil (vgl. Kap. 7.4). Aus städtebaulicher Sicht sind Umnutzungen von Obergeschossen zu begrüßen, da so leer stehende Wohnungen dauerhaft aus dem Markt genommen werden, ohne jedoch Gebäude rückzubauen. Dies ist insbesondere für Standorte interessant, an denen die städtebauliche Struktur erhalten bleiben soll. Zudem sind keine weiteren Maßnahmen, z.B. zur Wiedernutzung frei gelegter Flächen, notwendig. 7.2 Teilrückbau Angesichts hoher struktureller Leerstände in vielen Wohnungsunternehmen stellt der Abriss von Wohngebäuden eine zentrale Strategie der Leerstandsreduzierung im Rahmen des "Stadtumbau Ost" dar. Zu unterscheiden ist zwischen dem flächenhaften und dem objektbezogenen, punktuellen Teilrückbau. Neben dem Komplettabriss von Gebäuden werden in zunehmendem Maße Gebäude auch teilrückgebaut. Das bedeutet, dass der Rückbau segmentweise oder geschossweise vollzogen wird. Im Falle leer stehender Obergeschosse könnte also das 5. bzw. 6. Geschoss zum Teil oder komplett abgetragen werden und somit leer stehende Wohnungen dauerhaft aus dem Markt genommen werden. In der Praxis durchgeführt werden sowohl der einfache Teilrückbau mit dem Rückbau der Geschosse und dem Neuaufbau eines Daches, als auch ein aufwendigeres Vorgehen, mit dem eine komplexe Sanierung des gesamten Gebäudes einhergeht. Entsprechend sind neben den Rückbaukosten, die beim Teilrückbau höher liegen als beim Totalrückbau, auch der neue Dachaufbau als Investitionskosten einzubeziehen, wofür ca. 100-120 €/m² Wohnfläche an Ansatz gebracht werden können.26 Insbesondere bei komplexer Sanierung wird das Gebäude i.d.R. leer gezogen, wodurch den Wohnungsunternehmen zusätzliche Kosten (z. B. Mietverluste durch den Wegzug, Leerstandskosten, Entschädigungszahlungen, Umzugskosten) und betriebliche Aufwendungen, wie z.B. durch Mitarbeiter als Ansprechpartner für die Mieter, entstehen. Durch den Teilrückbau können die Betriebskosten der leer stehenden Wohnungen vollständig reduziert werden. Da i.d.R. nach dem Rückbau ein Neubezug des Gebäudes erfolgt, stellt die veränderte Betriebskostenabrechnung kein Problem dar. Nur bei Teilrückbau in bewohntem Zustand gilt die gleiche rechtliche Situation wie bei der Umnutzung. Bezüglich der Förderung stellt sich der Abriss von Gebäuden günstig dar. Die Wohnungsunternehmen können zum einen von den Vergünstigungen nach § 6a AHGV Gebrauch machen und somit 26 Vgl. Betriebswirtschaftliche Aspekte von partiellem Rückbau und Abriss. Dr. Winkler Finanz- und Wirtschaftsberatung GmbH oder Dr. A. Mettke: Die Metamorphosen der Platte. Transformation und Chancen von Plattenbauten. - 52 - ANALYSE & KONZEPTE einen Teil ihrer Altschulden erlassen bekommen. Zum anderen stellen Bund und Land mit dem Programm Stadtumbau Ost Mittel für den Rückbau für den Zeitraum von 2002 bis 2009 zur Verfügung. Je nach Landesförderung beträgt der Förderbetrag 60-70 € je m² rückzubauender Fläche, was damit zu einem wesentlichen Finanzierungsinstrument wird. Teilrückbau wird in hohem Maße auch aus städtebaulichen Gründen betrieben, um so z.B. Grundstrukturen zu erhalten, gleichzeitig jedoch Fassadenfluchten und Geschossigkeit so zu variieren, dass neue städtebauliche Qualitäten entstehen oder eine bessere Integration ins das städtische Gefüge erfolgt. 7.3 Fahrstuhlanbau Die Konzentration der Leerstände in den oberen Geschossen von Plattenbauten ist in erster Linie auf die schlechte Erreichbarkeit der Wohnungen zurückzuführen. Eine Ausnahmegenehmigung machte zu DDR-Zeiten das Wohnen im sechsten Stockwerk ohne Aufzug möglich. Sofern die Nachfrage auch in unteren Geschossen befriedigt werden kann, werden diese stets besser zu vermieten sein. Daher ist anzunehmen, dass bei entsprechender Ausstattung und Lage der Objekte und einer ausreichenden Nachfrage die Vermietbarkeit der oberen Geschosse durch einen nachträglichen Anbzw. Einbau eines Fahrstuhls erheblich verbessert werden kann. Auf diesem Wege können höher gelegene Wohnungen zum Beispiel für gehbehinderte und ältere Menschen attraktiv werden. Damit kann dies eine Strategie sein, Leerstände im Gebäude - jedoch nicht im Gesamtmarkt - zu reduzieren, das Vermietungsrisiko allerdings verbleibt. Der Anbau eines externen Fahrstuhls ist bautechnisch vergleichsweise einfach zu lösen, da wenig Verkehrsfläche in Anspruch genommen wird. Mit der Herstellung von Verbindungsflächen geht jedoch ein Verlust an Wohnfläche einher. Der Einbau von Fahrstühlen bringt einen Eingriff in die Gebäudestruktur mit sich, lediglich beim P2 lässt sich der - dann allerdings sehr kleine - Fahrstuhl im Auge des Treppenhauses installieren. Beide Varianten sind mit erheblichen Kosten verbunden und nur dann sinnvoll, wenn die Ursache für Leerstände tatsächlich in der schlechten Erreichbarkeit der Wohnungen liegt, und nicht in der geringen Gesamtnachfrage. Es gibt positive Beispiele, die zeigen, dass sich die Vermietbarkeit erheblich verbessern kann, wenn die Nachfrage insgesamt gegeben ist.27 Ein Vorteil dieser Maßnahme besteht darin, dass der Ein- oder Anbau in der Regel ohne den Umzug der Mieter vonstatten gehen kann. Dementsprechend entstehen für den Vermieter keine Kosten durch die Organisation von Umzügen und Neuvermietung. Des Weiteren sorgt diese Form der Leerstandsreduzierung dafür, dass das Gebäude und somit die Infrastruktur weiterhin ausgelastet sind und Anpassungen der Leitungen an eine veränderte Nachfrage nicht notwendig werden. 27 Vgl. z.B. L. Hercher: Aufzüge werten auf; in: Die Wohnungswirtschaft 9/2002. ANALYSE & KONZEPTE - 53 - Der Fahrstuhlanbau ist allerdings durch hohe Investitionskosten gekennzeichnet, so muss je nach Typ des Gebäudes und Fahrstuhls von Baukosten in von Höhe von 10-14.000 € je Etage ausgegangen werden. Aufgrund der allgemeinen Mietpreisentwicklung in den Plattenbaubeständen sind diese Investitionen ganz überwiegend nicht über Modernisierungsumlagen refinanzierbar. Dies hat in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass der Anbau von Fahrstühlen in einigen Bundesländern, wie z.B. Mecklenburg-Vorpommern, Berlin oder Sachsen-Anhalt, mit Landesförderprogrammen finanziell unterstützt wurde. Nachteilig wirken sich Aufzüge auch auf die Betriebskosten aus. Der laufende Betrieb bringt erhöhte monatliche Kosten in einer Größenordnung von ca. 0,50 €/m² Wohnfläche mit sich. Gleichzeitig sind diese Kosten unter Marktgesichtspunkten in den meisten Fällen nicht und nur teilweise umlagefähig und insofern unrentierlich. Der Einbau eines Aufzuges kann somit nur als Maßnahme zur besseren Vermietung der oberen Geschosse dienen. Hinsichtlich der Dauerhaftigkeit ist der Einbau eines Fahrstuhl daher eine langfristige Maßnahme. 7.4 Variantenvergleich unter den Bedingungen des Programms Stadtumbau Ost Der Vergleich der Varianten im Umgang mit in Obergeschossen leer stehenden Wohnungen zeigt, dass die Umnutzung in Bezug auf Investitionskosten, Verringerung der Betriebskosten sowie der flexiblen Umsetzbarkeit die günstigere Variante sein kann. Tab. 2 Leerstandsbeseitigungsstrategien im Vergleich Umnutzung Teilrückbau Fahrstuhl WE-Reduzierung + + O Umsetzbarkeit + - + Vermietbarkeit + + + Investitionskosten o/+ O - Betriebskosten o/+ + - Förderung - + +/- Altschulden - + + Unter Berücksichtigung weiterer betriebswirtschaftlicher Parameter wie Finanzierung, Liquidität und Rentabilität stellt - trotz höherer Investitionskosten - der Teilrückbau die günstigere Variante dar. Ausschlaggebend hierfür ist vor allem der Einsatz von Fördermitteln für den Rückbau. Dieser Vor- - 54 - ANALYSE & KONZEPTE teil wird noch größer, wenn wie in Mecklenburg-Vorpommern im Rahmen der Wohnraumförderung 2004 der Dachaufbau nach Rückbau als Modernisierungsmaßnahme zusätzlich gefördert wird. Der dann vom Unternehmen noch zu tragende Eigenanteil wäre in etwa so hoch wie die Kosten einer einfachen Umnutzung (Stilllegung), bei der dann aber immer noch keine Altschuldenentlastung erfolgen würde. Obwohl mit dem Teilrückbau als auch mit der Umnutzung - nicht jedoch mit dem Fahrstuhlanbau das wohnungswirtschaftliche Ziel der Reduzierung nicht mehr nachgefragter Wohnungen entsprochen wird, erfolgt eine förderpolitische Ungleichbehandlung in so hohem Maße, dass eine Umnutzung nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich sinnvoll ist. Im Folgenden ist daher zu diskutieren, in welcher Form eine Neuausrichtung der Förderung v.a. des Programms "Stadtumbau Ost" erfolgen kann und welche Auswirkungen dies hätte. Zentraler Punkt des Programms "Stadtumbau Ost" ist die Förderung von Rückbau- und Aufwertungsmaßnahmen in Stadtumbaugebieten. Die bis 2009 zur Verfügung gestellten Mittel sollen zu gleichen Teilen in den Rückbau dauerhaft nicht mehr benötigter Wohngebäude und in die Aufwertung des vorhandenen Gebäudebestandes fließen. Grundlage für die Förderung ist die jährlich abzuschließende Verwaltungsvereinbarung zur Städtebauförderung zwischen Bund und Ländern (VVStädtebauförderung). Für eine Förderung von Umnutzungen im Rahmen des Stadtumbauprogramms wäre zu klären, in welchen Programmbereich diese Maßnahmen integriert werden könnten. Die Förderung der Aufwertung beinhaltet entsprechende Investitionen in Stadtquartieren, die von Rückbaumaßnahmen betroffen sind. Das Ziel ist es, die Verringerung der Wohnungsdichte als Möglichkeit zur Steigerung der Lebensqualität zu nutzen. Dazu zählen Maßnahmen zur Erhöhung des Gebrauchswertes, wie z.B. die Nutzungsänderung von Räumen. Insofern könnten Umnutzungen im Zuge der Wohnungsbestandsverringerung als Aufwertung angesehen werden. Die aktuelle Praxis des Einsatzes von Aufwertungsmitteln zeigt, dass sie bevorzugt für den Rückbau sozialer Infrastruktur (wie z.B. leer stehender Kindergärten) und technischer Infrastruktur (Verund Entsorgungsleitungen) sowie für die Aufwertung öffentlicher Freiflächen verwendet werden. Die Aufwertung von Wohngebäuden wird nur im Einzelfall mit Aufwertungsmitteln gefördert. Hier kommt erschwerend hinzu, dass der kommunale Anteil in Höhe von einem Drittel des Förderbetrags kaum noch erbracht werden kann, und wenn doch, dann der Vorrang "öffentliche Gelder für öffentliche Flächen" politisch gewollt wird. Somit ist davon auszugehen, dass eine theoretisch mögliche Förderung durch den Programmteil Aufwertung praktisch nicht erfolgen wird. Entscheidender ist jedoch, dass die Aufwertung der verbleibenden Wohnungen durch Umnutzung der Obergeschosse nur als sekundärer Effekt angesehen werden muss, denn der Anlass und der primäre Effekt der Umnutzung ist die Reduzierung des Wohnungsangebotes und entspricht damit stärker dem Ziel des Programmteils Rückbau. Gefördert werden beim Rückbau unrentierliche Ausgaben wie die Demontage von Gebäuden und Installationen, deren Vorbereitung und Planung sowie Leerzugsausgaben. Auch bei der Umnutzung erfolgen unrentierliche bauliche Maßnahmen, mit denen Wohnungen dauerhaft vom Markt genommen werden. - 55 - ANALYSE & KONZEPTE Umnutzung und Rückbau setzen also beim gleichen Problem an, beide Strategien sind in ihren betriebswirtschaftlichen Auswirkungen sowie dem Wohnungsmarktziel gleichgerichtet. Mit einer Gleichstellung im Programm Stadtumbau Ost könnten jedoch flexiblere Möglichkeiten für einen differenzierten Stadtumbau geschaffen werden. Soll sich Umnutzung jedoch als Stadtumbaustrategie etablieren und Mengeneffekte, die auf eine Größenordnung von 20-30.000 umnutzbare Wohnungen geschätzt werden können, erzielt werden, so ist dies nur durch eine Gleichbehandlung von Rückbau und Umnutzung möglich. Dies kann relativ einfach durch eine Ergänzung der VVStädtebauförderung erfolgen. Es erfolgt damit keine Ausweitung der Fördervolumens. - 56 - 8 ANALYSE & KONZEPTE Zusammenfassung und Fazit Anhand der im Rahmen dieses Forschungsvorhabens erfolgten Analysen und Bewertungen können eine Reihe von Handlungsempfehlungen gegeben werden, um Umnutzungen von obersten Geschossen in Plattenbauten als ein Instrument der Bestandsentwicklung einzusetzen. Umnutzungen stellen dabei unter den besonderen Bedingungen des ostdeutschen Wohnungsmarktes für spezifische Teilprobleme ein betriebswirtschaftlich sinnvolles Vorgehen dar. Hierbei ist besonders zu beachten: Für Umnutzungen kommen nur Wohnungsbestände in Betracht, in denen mittelfristig nur die obersten Geschosse vom Leerstand betroffen sein werden. Für unsanierte Plattenbauten, die mittel- bis langfristig ganz vom Wohnungsmarkt genommen werden sollen, führen Umnutzungen mit einem einfachen baulichen Standard (Stilllegungen) mit geringen Investitionsaufwendungen (< 1.500 € je WE) zu einer weitgehenden Verringerung der Leerstandskosten. Um den Charakter einer dauerhaften Umnutzung zu gewährleisten, müssen auf jeden Fall die Sanitärinstallationen demontiert werden. Die Demontage der Heizung sowie eine Verkleidung der Fenster wären weitere Möglichkeiten den Verlust der Wohnnutzung zu dokumentieren. Dies wäre auch durch Verkleinerungen von Fenstern möglich, was aber aus Kostengründen weniger zu empfehlen ist. Darüber hinaus muss für die oberste noch genutzte Wohnung eine direkte oder indirekte Geschossdeckendämmung gewährleistet sein. Durch Umnutzungen mit mittlerem Standard und Investitionskosten (3-4.000 € je WE) kann das Angebot von individuell zuordbaren zusätzlichen Abstellräumen geschaffen werden. Diese Verbesserung des vorhandenen Wohnungsangebotes wird vom Neu-Mieter gut angenommen, es entspricht einer marktgerechten Verbreiterung des Angebotsspektrums und trägt damit zur Stabilisierung der Plattenbaustandorte bei. Bezogen auf das Objekt werden die Leerstandskosten weitgehend gesenkt, und die Vermietungssituation des verbleibenden Bestandes verbessert, sodass sich die Investitionskosten mittelfristig "rentieren". Es ist dabei sinnvoll, die Abstellflächen analog zum Keller unentgeltlich zu überlassen, um so einerseits den Vermarktungsvorteil stärker zu nutzen und andererseits durch die damit mögliche Reduzierung des Einheitswertes die Grundsteuer für das Objekt zu senken. Umnutzungen im mittleren Standard sind besonders sinnvoll in Beständen, die teilsaniert sind oder werden sollen, da - sie über ähnliche Refinanzierungszeiträume der Investitionen verfügen. - eine ähnliche Stellung im Portfolio des Unternehmens aufweisen können. - sich aufgrund bereits getätigter Modernisierungsmaßnahmen für die Umnutzung Kosten einsparen lassen. - 57 - ANALYSE & KONZEPTE Aufwendigere Umnutzungen in Verbindung mit umfangreichen Sanierungen können zu einer Aufwertung führen und gleichzeitig die Vermietungschancen für den verbliebenen Bestand erhöhen. Eine Finanzierbarkeit der Baumaßnahmen, die eine langfristige Marktgängigkeit von 20 bis 25 Jahren erfordern, ist jedoch nur mithilfe von Städtebaufördermitteln realistisch. Zentrales Hemmnis bei der Realisierung von Umnutzungen ist die bei einer betriebswirtschaftlichen Betrachtung deutlich werdende Schlechterstellung der Umnutzung gegenüber den anderen Formen der Leerstandsbeseitigung. Dies trifft insbesondere auf die Förderung des (Teil)Rückbaus durch das Programm Stadtumbau Ost sowie die mögliche Altschuldenentlastung nach AHG zu. Soll Umnutzung ein mengenrelevantes Instrument im Stadtumbauprozess sein, so ist eine Gleichstellung mit dem Rückbau erforderlich. Dies kann bei gleich bleibendem Fördervolumen durch eine Ergänzung der VV-Städtebauförderung erfolgen. Hinsichtlich der Betriebskostenumlage ist die aktuelle Gesetzgebung und Rechtssprechung noch nicht auf die spezifische Situation des Stadtumbaus eingestellt. Eine kurzfristige gesetzgeberische Klarstellung würde daher den Stadtumbauprozess vereinfachen, wenn nicht erst mittelfristig eine Klarstellung durch die Rechtssprechung erfolgen soll. ANALYSE & KONZEPTE - 58 - Anhang Freiberg Weißenfels Zeitz Guben 6. Geschoss 5. Geschoss 5. und 6. Geschoss 5. Geschoss 6-8qm individuelle Bodennutzungsfläche, Badzelle als Hausmeisterabstellraum Abstellräume für Mieter Abstellraum für Hausmeister Abstellräume für Mieter umgenutzte WE 36, weitere 22 bis 2003, weitere 30 bis 2004 12 13 44 Sanierungsstand vor Umnutzung teilsaniert (Gebäudehülle inkl. WDVS, Drempeldämmung) teilsaniert grundsaniert unsaniert vor Sanierung: - 28,1% 46,5% 26% nach Umnutzung: - 2% 23% 3% Leerstandskosten 1,40 €/m² 12,80 €/m² pro Jahr 1 €/m² Baukosten 2.699,15 €/WE 3.150 €/WE, weitere 3.300 €/WE für Fassadenanteil ca. 1.230 €/WE 6.476 €/WE, weitere 4.433 €/WE für Fassadenanteil Baumaßnahmen Demontage Sanitäreinrichtungen Demontage Installation Versorgungsstränge gekappt Demontage Installation Rückbau Elektrik s.o. Spannungsfreimachung der Elektroanlage s.o. Umnutzung Leerstand Trennwände in Holzlattenkonstruktion Tischlerarbeiten für Aufteilung in vier Räume Schlösser Beschläge etc. Neuer Wandanstrich malermäßige Instandsetzung malermäßige Instandsetzung Verkleinerung Fensteröffnung, neues Fenster/Verkleidung Fenster durch vorgehängte Fassade Verkleinerung Fensteröffnung, neues Fenster ANALYSE & KONZEPTE - 59 - Baumaßnahmen Freiberg Weißenfels Zwischenwände bleiben erhalten ursprüngliche Zimmeraufteilung beibehalten Wohnungseingangstür bleibt erhalten (kein weiterer Brandschutz) Erneuerung Eingangstür als T30-Tür Zeitz Guben Wohnungseingangstüren wie bei verbleibenden Wohnungen keine besonderen Brandschutzauflagen Gesonderte Verkleidung 5. Geschoss trittfeste Dämmung Geschossdecke Mindestbeheizung WDVS trittfeste Fußbodendämmung (Mineralwolle) im 5. Geschoss Räume nicht beheizbar Dämmung Geschossdecke mit trittfesten Verbundplatten (Mineralwolle und Spanplatte) Räume nicht beheizbar Kostenersparnis durch Nichtsanierung Loggia Abbruch Loggia Elektroverteilung an Mieterzähler Nylonnetz für Loggia Red. Um 12 WE auf 48 WE erhöhte „Kalte BK“ um 53 € pro Jahr und WE Betriebskosten Ersparnis für Genossenschaft ca. 0,90 €/m² keine Betriebskostenerhöhung für Mieter Reduzierung Fernwärme durch Neuberechnung Keine Heizungskosten Versicherung wohnungsweise auf 0 gesetzt Reduzierung Versicherungsbeitrag Lineare Reduzierung der Gebäudeversicherung Grundsteuerreduzierung Grundsteuerreduzierung Grundsteuerreduzierung Mindestbeheizung Dachboden, Umlage Strom über Umlage Reduzierung Hauswartkosten ANALYSE & KONZEPTE - 60 - Umlage Grünflächenpflege erhöht Mieterakzeptanz Gesamtbewertung Nutzungsgrad: 100% Nutzungsgrad: vollständig Erhöhung Betriebskosten akzeptiert Betriebskostenänderung unkritisch da „Bodenkammern“ ohne Kaltmiete den WE zugeordnet sind Umnutzung führt zu Senkung der Leerstandskosten und Stabilisierung der Vermietungssituation, trifft auf Nachfrage, weitere Umnutzungen geplant Umnutzung führt zu Senkung der Leerstandskosten und Stabilisierung der Vermietungssituation, trifft auf Nachfrage, weitere Umnutzungen geplant Nutzungsgrad: leer Nutzungsgrad: 100 % Da Teilrückbau nicht möglich, Fahrstuhlanbau zu teuer, weitere Stilllegungen denkbar Umnutzung aus Vermarktungsgesichtspunkten sinnvoll, wegen ungünstiger Finanzierung jedoch keine weitere Umnutzungen geplant, alternative Wirtschaftlichkeitsberechnung Fahrstuhleinbau, Projekt Teilrückbau