Die Milchstraße - Hamburger Sternwarte

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Einführung in die
Astronomie und Astrophysik II
Teil 5
Jochen Liske
Hamburger Sternwarte
[email protected]
Astronomische Nachricht der Woche
Astronomische Nachricht der Woche
Supermond =
Vollmond + Mond im Perigäum
Astronomischer Netzfund der Woche
Themen

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
Sternentstehung
Sternentwicklung
Das Interstellare Medium
Die Milchstraße
Galaxien
Galaxienhaufen
Intergalaktische Materie
Kosmologie
Heizprozesse
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
UV-Strahlung von massereichen Sternen
 Ionisation
 Absorption durch Staub
Röntgenstrahlung von SNe
Kompression
 Schock
 Kollaps
Chemische Prozesse wie z.B. H2 Entstehung (an Staub)
Kosmische Strahlung
Photoelektrischer Effekt an Staub
Heizprozesse



Röntgenstrahlung
 Wichtig im diffusen, warmen Medium
 Ionisiert Gas
 Wechselwirkung mit freien Elektronen
Kosmische Strahlung (CR)
 Meist durch ~MeV CR da sehr häufig (z.B. in SNe)
 Kann Gas ionisieren und anregen
 Freie Elektronen übertragen Energie an Gas
 CR-Wechselwirkung auch über Compton-Streuung
Photoelektrischer Effekt an Staub
 Wichtigster Effekt in Molekülwolken
 Photon löst e- aus Staub
 Wechselwirkung des e- mit Gas
  Energie wird thermalisiert
Heizprozesse

H2 Entstehung an Staub
 Effektiv bei hohen Dichten: n > 104 cm-3
 Exothermer Prozess
 Freigesetzte Bindungsenergie: ΔE = 4.48 eV
 Kleiner Teil wird als kinetische Energie an H2 und Staub
übertragen
Kühlprozesse

Kühlung durch emittierte Strahlung (radiative cooling)

Chemische Prozesse wie z.B. H2 Dissoziation
Kühlprozesse

Kühlung durch emittierte Strahlung (radiative cooling)
 Anregung von Atomen, Ionen und Molekülen durch Stöße
untereinander und mit Staub
 Abregung unter Emission eines Photons
  Aussendung eines Photons reduziert die kinetische Energie
des Gases (solange optisch dünn)  Gas kühlt
 Hauptelemente für effiziente Kühlung: C, O
 H, He: ineffizient im kühlen, neutralen Medium (hohe
Anregungsenergien)
  Thermodynamik stark abhängig von Matallizität
  Andere Thermodynamik im primordialen Gas (u.a. größere
Jeans-Massen  erste Sterne sind massereich)
 Kühlleistungsdichte (Leistung pro Volumen): p = Λ n2 (stoßinduziert)
 Kühlfunktion: Λ = Λ(T, chem. Zusammensetzung)
 Detaillierte Rechnungen notwendig
Kühlprozesse

Kühlfunktion:
 Starker Anstieg bei T  104 K
  “Thermostat”
  Temperatur des warmen ISM reguliert auf T  104 K
 Kühlleistung sinkt für T > 105 K
  Heiße Phase des ISM
Kühlprozesse



Bei höheren Dichten (n > 103 cm-3) auch
Kühlung durch Moleküle: CO, H2O
Ab n > 105 cm-3 Molekül- und
Staubkühlung dominant
 Wichtig für Sternentstehung (Kollaps
von Gasklumpen)
Themen








Sternentstehung
Sternentwicklung
Das Interstellare Medium
Die Milchstraße
Galaxien
Galaxienhaufen
Intergalaktische Materie
Kosmologie
Die Milchstraße

Schmales, “milchiges”, nicht in
einzelne Sterne aufgelöstes,
leuchtendes Band am Himmel
 Milchstraße

Milchstraße = Galaxis = unsere
Galaxie

Extra/Galaktische Astronomie =
Forschung außer/innerhalb der
Milchstraße
Die Milchstraße: Überblick


Sonnensystem in der galaktischen Scheibe
 Strukturbestimmung schwierig
Historisches

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

Demokrit (460 – 371 v.Chr.):
Vermutung: Band am Himmel = Vielzahl weit
entfernter Sterne
Galileo (1564 – 1642):
Entdeckung: Milchstraße = Ansammlung von
Sternen (ab 1609)
William Herschel (1738 – 1822):
Sternzensus (Milchstraße besteht aus mehr als
50.000 Sternen)
Versuch, die Struktur der Galaxis abzuleiten, mit
folgenden Annahmen:
 Sterne sind gleichmäßig in der MW verteilt
 All Sterne werden detektiert
 Keine interstellare Extinktion
 Milchstraße ist eine linsenförmige
Ansammlung von Sternen
Historisches
Herschels Sternzahlkarte:
Historisches

Jacobus Kapteyn (1851 − 1922):
 Analyse von Helligkeiten,
Spektraltypen,
Radialgeschwindigkeiten,
Eigenbewegungen in 206
verschiedenen Himmelsfeldern
  Linsenform der Milchstraße:
a  10 kpc
 Sonne in der Nähe des
Zentrums: (r  650 pc, h  40 pc)
Historisches



Harlow Shapley (1885 − 1972):
 Verwendung von Veränderlichen zur
Entfernungsbestimmung
  a  100 kpc
  Sonne weit entfernt vom Zentrum:
d  15 kpc
Vertritt “Big-Galaxy”-Idee (Galaxis =
Universum) in “Großer Debatte” (Great
Debate, 1920) mit Heber Curtis
Durch Hubble’s Beobachtungen 1923
zugunsten von “Weltinseln”-Theorie
entschieden
Historisches


Johannes Hartmann (1865 – 1936):
 Endeckt die interstellare Materie
anhand der CaII K Linie im Spektrum
des Sterns  Orionis
Jan Oort (1900 – 1992):
 Bestätigt die Hypothese der
differentiellen Rotation
Erschließung der Struktur der MW



Die vollständige Beschreibung
der (dynamischen) Struktur der
Milchstraße ist nur durch eine
Durchmusterung im 6D
Phasenraum möglich:
3D Ortsraum
 Koordinaten
 Entfernung
3D Impulsraum
 Eigenbewegung
(Tangentialgeschwindigkeit)
 Radialgeschwindigkeit
Gaia: 6D Vermessung der Milchstraße
Gaia Karte der Sterndichte (DR1)
Galaktische Koordinaten
Definition:
 Sonne im Ursprung, Distanz zum gal.
Zentrum  8.5 kpc
 Grundkreis = Ebene der Milchstraße
 Breite: b []
 „Nordpol“: +90
 Länge: l []
 Galaktisches Zentrum: 0
 1958: Festlegung des
Galaktischen Zentrums:
α = 17 h 42.4 min, δ = −28.92
 Tatsächliches Zentrum
(Radioquelle Sagittarius A*)
ist um 0,07 versetzt
 Neigung der galaktischen Ebene zum
Himmelsäquator: 62.6
Galaktische Koordinaten
ESO / Serge Brunier
Galaktische Koordinaten
b
l
ESO / Serge Brunier
Geschwindigkeiten


Die 3D Geschwindigkeit eines
Objekts kann durch Projektion in
2 Komponenten zerlegt werden:
Tangentialgeschwindigkeit vt
 Bewirkt Eigenbewegung 
= Positionsänderung an der
Himmelskugel (Winkelgeschw.)


Nur durch wiederholte astrometrische Beobachtungen über
längere Zeiträume messbar
Radialgeschwindigkeit vr
 Durch Dopplereffekt direkt
beobachtbar (Spektroskopie)
Entfernungsbestimmung
Trigonometrische Parallaxe
 Direkte Entfernungsbestimmung
 Parallaxwinkel π: sin(π) = a/r ≈ π
(für r ≫ a)
 Definition der Längenmaßeinheit
Parallaxensekunde = Parsec = pc:
a = 1 AU (~150 Mio km)
π = 1”
 r ≡ 1 pc = 3.26 Lj = 30.9 x 1012 km
 Nur für relativ nahe Sterne
 Allerdings: Gaia: astrometrische
Präzision von 20 as (V = 15 mag)!
  Vermessung von 109 Sternen =
1% der Galaxis
Entfernungsbestimmung
Dynamische Parallaxe
 Bezeichnet alle Situationen, in denen
Dynamik  Entfernung
 Einfachstes Beispiel: Systeme, in
denen sowohl  als auch vr gemessen
werden kann und eine Beziehung
zwischen vr und vt angenommen
werden kann
 Komplizierteres Beispiel:
Bedeckungsveränderliche:
Photometrie + Spektroskopie  Teff,
R, M  absolute Helligkeiten 
Entfernung
Entfernungsbestimmung
Sternstromparallaxe
 Sternhaufen: gemeinsame Bewegung
(relativ zum Beobachter) aller
Mitglieder  Konvergenzpunkt
  = Winkel zwischen Sternhaufen und
Konvergenzpunkt
 <vt>= <vr> tan() = <> d
  d = <vr> / <> tan()
Entfernungsbestimmung
Entfernung + Extinktion
Entfernungsmodul
 m − M = 5 log(d/pc) – 5 + A(d)
 Absolute Helligkeit z.B. aus Spektralklasse-Leuchtkraft-Beziehung
(= spektroskopische Parallaxe)
 Interstellare Extinktion A(d) muss bekannt sein
 Ungenau für Einzelsterne
 Besser: Sternhaufen
 Vergleich des
beobachteten FHD
mit absolut
geeichtem
Extinktion
Entfernungsbestimmung
Standardkerzen
 Z.B. Cepheiden = periodisch
veränderliche Sterne mit empirischem
Zusammenhang zwischen Periode und
Leuchtkraft (Henrietta Swan Leavitt, 1908)
 Perioden-Leuchtkraft-Beziehung: L ∝ Pn,
n  1.1 ... 1.2
  M = a log(P/1Tag) + b
  Perioden-Entfernungs-Beziehung
 Empirisch: a  −2.8, b  −1.4
Entfernungsleiter
Entfernungsbestimmung
Entfernungsbestimmung
Rotation der Milchstraße






Scheibenstruktur lässt auf großskalige Rotation schließen (Jacobus
Kapteyn, Bertil Lindblad, Jan Oort)
Sterne in koplanaren, kreisförmigen Umlaufbahnen um das
Galaktische Zentrum
Umlaufgeschwindigkeit nur Funktion des galaktozentrischen
Abstands  differentielle Rotation
Sonnensystem Teil der galaktischen Scheibe
DGZ  8.5 kpc, RScheibe  15 kpc
 Rekonstruktion des galaktischen Rotationsgeschwindigkeitsfelds
nicht trivial
Wesentlich einfacher für andere Galaxien (Außenansicht)
Rotation der Milchstraße



Rekonstruktion der differentiellen Rotation aus Geschwindigkeiten
relativ zur Sonne:
Typische Werte in Sonnenumgebung: vrel  20−40 km/s
 Geordnete Rotationsbewegung
Rotation der Milchstraße
l’ = 
r = -d cos(l)
Oortsche Konstanten:
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