61 Johann Degen (um 1587–1637) Lehrer, Kaplan und Komponist Der Kirchengesang in der Diözese Bamberg war im 17. und 18. Jahrhundert bestimmt durch das Gesangbuch, das 1628 erschien und bis 1732 mehrmals nachgedruckt wurde. Nicht als offizielle, von der Diözesanverwaltung in Auftrag gegebene Arbeit kam das Buch ursprünglich heraus, sondern als Privatunternehmen eines Bamberger Geistlichen, des Bamberger Kaplans Johann Degen, der vor seiner Weihe zum Priester in Staffelstein als Lehrer gewirkt hatte. Johann Degen1 wurde, vermutlich zwischen 1586 und 1588, als Sohn eines Schneiders in Weismain geboren. Hier dürfte er auch seinen ersten Unterricht erhalten haben. Im Vorwort zu seinem Gesangbuch erinnerte Degen sich an den Chorgesang in seiner Heimatstadt, für den in erster Linie Lehrer und Schüler zuständig waren. Aber es hätten sich auch „viel alte ansehnliche Menner bey 60 vnd 70 Jahren [...] nicht geschembt in Chor zu tretten / daß Rorate vnd Tricesimum B. Virginis in aller früe mit den Schulmeistern vnd Cantoribus zu singen / wie ich in der Jugent zu Weißmain in meinem Vatterland / vnd an andern Orten deß Stiffts Bamberg gesehen“2. Nach seiner Schulausbildung dürfte Degen studiert haben, vermutlich am Ernestinum in Bamberg, der 1586 von Bischof Ernst von Mengersdorf gestifteten Hohen Schule. Erstmals ist Johann Degen für uns im Dezember 1611 faßbar, als ihn der Pfarrer und der Rat der Stadt Staffelstein als Cantor, d. h. als zweiten Lehrer, anstellten. Bereits am 14. September 1612 fertigten ihm die Bürgermeister und der Rat auf seine Bitte hin ein Dienstzeugnis aus, da er die niederen Weihen empfangen wollte. Sechs Tage später erteilten ihm die geistlichen Räte des Bamberger Bischofs die Dimissoralien, damit er auswärts geweiht werden konnte; Bamberg war nämlich damals gerade ohne Weihbischof. Am 22. September 1612 empfing er in Würzburg die erste Tonsur und die niederen Weihen. Dies war nur möglich, weil der Langheimer Abt, Peter Schönfelder aus Weismain, ihm den Tischtitel verliehen hatte und dadurch die angemessene Versorgung des neuen Klerikers gewährleistet war. Am 7. März 1613 kündigte Degen sein Lehreramt in Staffelstein, da er vorhatte, „sich in geistlichen Standt zu begeben“3. Noch im selben Jahr empfing er die Priesterweihe und wurde Kaplan bei St. Martin in Bamberg. In diesem Amt starb er am 29. August 1637. Pfarrer von St. Martin war ab Herbst 1613 der Bamberger Weihbischof und Generalvikar, Dr. Friedrich Förner († 1630) aus Weismain. Da er wohl nur einen Teil der Pflichten eines Pfarrers selbst ausübte, lastete die alltägliche Seelsorge im Sprengel der großen Pfarrei auf den Schultern der Kapläne. Neben seinem Kaplansamt übte Johann Degen mehrere Jahre lang (1613 bis wenigstens 1616 und spätestens 1624 bis 1626) den Posten des Organisten bei St. Martin aus – eine höchst ungewöhnliche Konstellation. Später schlug der Bruder des Kaplans, ebenfalls Johann Degen mit Namen, die Orgel in St. Martin. Dieser Bruder ist wohl identisch mit dem Mistelfelder Schulmeister Hans Degen, der um die Jahresmitte 1612 erwähnt wird und noch 1615 in einem Rechtsstreit eine Partei vor dem Staffelsteiner Gericht vertrat. 62 Johann Degen Nachruhm hat Johann Degen durch die Zusammenstellung eines deutschen Gesangbuchs für die Diözese Bamberg erlangt. Am 25. Juli 1626 erbat er hierfür die Druckerlaubnis. Knapp anderthalb Jahre später erschien das Buch, das folgenden Titel trug: „Catholisches Gesangbuch Auß vnterschiedlichen / von der Römischen Catholischen Kirchen approbierten Gesangbüchern / von allerley Tugentgesäng vnnd Bußpsalmen colligirt, welche in Processionibus, Creutzgängen / Wallfarten / bey der H. Meß, Predig vnd Kinderlehr zu gebrauchen. Sampt etlichen Lateinischen vnd Teutschen Hymnis oder Lobgesängen / auff Sonn- vnd fürnehme Festäg deß gantzen Jahrs / neben den gebreuchlichen Tonis Vespertinis, vnnd Lytania B. Mariae Virg: etc. Mit 4. Stimmen componirt / in welchen der Discant allzeit führet den Choral.“ Als förmliches Diözesangesangbuch kann Degens Werk nicht gelten, auch wenn es diese Funktion in der Realität eingenommen haben mag. Der Titel und auch die Vorrede weisen es als Privatarbeit aus. Das „Catholische Gesangbuch“, ist 607 Seiten im Format von ca. 15 x 9 cm stark. Es enthält 96 Melodien, nach der insgesamt 158 Texte gesungen werden konnten. Die Masse des Liedguts war althergebracht. Ob einige der erstmals gedruckten Melodien Kompositionen Degens waren, oder ob er einige Liedtexte selbst gedichtet hat, wird sich schwerlich klären lassen. Die Besonderheit des Degenschen Gesangbuches von 1628 besteht darin, daß jede Melodie vierstimmig abgedruckt ist. Im Vorwort zu seinem Gesangbuch schrieb Degen, er habe lange gehofft, daß „die alten anmütigen geistlichen Melodien [...] mit vier Stimmen“ veröffentlicht würden. Da jedoch kein solches Werk erschienen sei, habe er sich selbst daran gemacht, „etliche mit gebürender zier vnd kunst auff 4 Stimb zu componirn“. 1670 wurde Degens Gesangbuch neu aufgelegt, und zwar unter dem Titel „Bamberger Gesangbuch“, der das Werk als verbindliches Diözesangesangbuch auswies; weitere Ausgaben folgten 1691, 1707 und 1732. Allerdings behielt keine dieser Ausgaben den vierstimmigen Melodiensatz bei. In der zweiten Auflage sind die Melodien noch zweistimmig notiert, von der dritten an findet sich nur eine Singstimme. Ob auch die 1626 gedruckte Legendenballade über das Leben des heiligen Kaiserpaars Heinrich und Kunigunde, die Johann Degen als Verfasser nennt, auf den Kaplan zurückgeht, ist unklar; auch sein gleichnamiger Bruder käme in Frage. Zweifelsfrei hat der Kaplan eine kleine Sammlung von Hymnen auf die fünf Wunden Christi zusammengestellt, die 1626 in Ingolstadt herauskamen. Dieses Werk umfaßt 22 Druckseiten. Das letzte bekannte Werk von Kaplan Johann Degen war eine Sammlung von 53 teils vier-, teils fünfstimmigen Motetten, die er 1631 dem Abt von Ebrach widmete. Die Werke stammten von 25 Komponisten, darunter Giovanni Pierluigi da Palestrina, Hans Leo Hasler und – mit zwei Werken vertreten – Johann Degen selbst. Anmerkungen 1 2 3 Zum folgenden Dippold, Günter: Johann Degen. Kaplan und Komponist. In: ders. (Hrsg.): Weismain. Eine fränkische Stadt am nördlichen Jura. Bd. 2. Weismain 1996, S. 331– 340. Degen, Johann: Catholisches Gesangbuch. Bamberg 1628, fol. 3r. StAB, L 47 Staffelstein, Nr. 7, fol. 275v. Günter Dippold