J.K. Canci Erwartungswerte Einfüfung in die Statistik Kapitel 3: Erwartungswerte Jung Kyu Canci Universität Basel HS2015 1 / 17 J.K. Canci Erwartungswerte Literatur Kapitel 3 Statistik in Cartoons : Kapitel 4 Krengel : 3.3 und 3.5 in § 3 und (Extras) 11.4 in § 11 Storrer : 37, 38, 39, 40, 41, 49 2 / 17 J.K. Canci Erwartungswerte 3.1 Erwartungswert und Varianz einer diskreten und stetigen Zufallsgrösse Ziele dieses Teils : Die StudentInnen kennen die Denition des Erwartungswerts / der Varianz von diskreten und stetigen Zufallsgrössen. Sie können einfache Erwartungswerte / Varianzen selber berechnen und kennen weitere Erwartungswerte / Varianzen von bekannten Zufallsgrössen (mehr dazu in Kapitel 4). Gefühl für Erwartungswerte / Varianzen (z.B. Schwerpunkt ; "normalerweise" etwas wie "mittlerer Wert"). 3 / 17 J.K. Canci Erwartungswerte Falls wir Daten x1 , x2 , . . . , xn haben (mehr dazu in 3.3), können wir einen sogenannten Stichproben-Mittelwert berechnen : x := Es ist denkbar, dass einige der könnten also obiges von x x xi 1 n n X xi . i=1 den gleichen Wert darstellen. Wir umschreiben, indem wir über alle möglichen Werte summieren und mit nx angeben, wie häug Wert x vorgekommen ist. Damit erhalten wir : x := 1 n X n i=1 xi = 1 n X alle x Warum haben wir das gemacht ? Weil wie häug kommt x in n xnx = nx n die X x alle x relative Daten vor, geteilt durch n. nx . n Häugkeit darstellt : Wir werden in Kapitel 5 sehen, dass diese Grösse gegen die wahre Wahrscheinlichkeit für dieses Ereignis konvergiert P[X = x], wenn n → ∞. 4 / 17 J.K. Canci Erwartungswerte Denition (3.1 Erwartungswert) Der Erwartungswert E [X ] einer Zufallsgrösse X ist deniert als (P xi P[X = xi ] E [X ] := R ∞xi −∞ xf (x)dx falls X diskret falls X stetig. Sei g (x) eine (messbare) Funktion von R nach R. Dann denieren∗ wir : (P g (xi )P[X = xi ] E [g (X )] = R ∞xi −∞ g (x)f (x)dx falls X diskret falls X stetig. Diese Denitionen gelten, falls die Summe bzw. das Integral der Absolutwerte existiert (siehe Bemerkung 4 nachfolgend). Dabei wird jeweils über den gesamten Wertebereich der Zufallsgrösse summiert respektive integriert. Diese einfachen Denitionen reichen für unsere Vorlesungen aus. Es gibt allgemeinere Denitionen von E (siehe Vlsg WT). ∗ Die Denition von E [g (X )] ist übrigens streng genommen ein kleines Resultat und keine Denition (vgl Vlsg WT). 5 / 17 J.K. Canci Erwartungswerte Bemerkungen 1. Eine andere Bezeichnung für Erwartungswert ist Mittelwert. 2. Die Zufallsgrösse muss den Erwartungswert nicht annehmen : "Reality diers from Expectations !" Dazu noch das einfache Beispiel von Be(p ), wo p ∈ (0, 1) und P[X = 1] = p = 1 − P[X = 0]. Berechnen Sie den Erwartungswert dieser Zufallsgrösse : Rechnung 3.1 Er wird oenbar von X nie angenommen, weil X entweder 0 oder 1 ist. 3. Obschon wir im täglichen Leben oft mit Erwartungswerten argumentieren, ist es gar nicht so einfach, zu verstehen, was das genau ist. Denition 3.1 ist algebraisch (eine Summe) bzw. von der Analysis her (ein Integral) klar. Physikalisch ist der Mittelwert ein Schwerpunkt. Die Wahrscheinlichkeiten sind dann Gewichte bzw. Gewichtsverteilungen. 6 / 17 J.K. Canci Erwartungswerte 4. In Denition 3.1 haben wir eine Summe (bzw. Integral) über potentiell unendlich viele Summanden / unendliches Intervall. Es können 4 Fälle auftreten : a) Summe/Integral ist ∈ (−∞, ∞) b) Summe/Integral ist = +∞ ; "Normalfall" ; Bsp. aus Bemerkung 2. Beispiel 3.1 c) Summe/Integral ist = −∞ ; Bsp. aus b) mit Y := −X . Beispiel 3.2 d) Summe/Integral ist nicht deniert : negativer Teil und positiver Teil geben −∞ bzw. +∞ ; Beispiel 3.3 7 / 17 J.K. Canci Erwartungswerte Beispiele I 0.Eine Roulette hat 37 Zahlen. eine bestimmte Zahl eingesetzt haben. Sei α∈Ω X die {0, 1, 2, . . . , 36}. Nehmen wir an, dass wir gewählt haben, auf welche wir N CHF Zufallsgrösse Gewinnsummein CHF, d.h. Ω = {g , v } ( X (a) = Für a=g (bzw. a = v) ·N −N −N 35 erhaletn wir 35 falls falls a=g . a=v ·N −N (bzw. N CHF gespielt haben. Welche ist der Erwartungswert −N ), da E (X ) ? wir schon Rechnung 3.2 8 / 17 J.K. Canci Erwartungswerte 1. Berechnen Sie in der Stunde den Erwartungswert der Anzahl Augen beim Wurf eines perfekten Würfels. Überlegen Sie sich zuerst, was es geben sollte. Rechnung 3.3 2. Berechnen Sie in der Stunde den Erwartungswert einer U[−2, 1]-Zufallsgrösse. Überlegen Sie sich zuerst, was es geben sollte. Rechnung 3.4 9 / 17 J.K. Canci Erwartungswerte Die Poissonverteilung soll die Häugkeit des Auftretens von Ereignissen beschreiben, die bei einem einzelnen Element sehr selten auftreten. Da aber eine sehr grösse Anzahl von Elementen existiert, bei der das Ereignis eintreten könnte, ist das Ereignis aber derart beobachtbar, dass ein Wert für das durchschnittliche Auftreten in einem Zeit- oder Raumintervall angegeben werden kann. Zum Beispiel ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmter Einwohner einer Stadt morgen zwischen 10 :00 Uhr und 10 :05 die Postliale der Stadt betritt, sehr gering. Da aber in der Stadt sehr viele Menschen leben, liegt die Zahl der Leute, die die Postliale betreten, in einer recht anschaulichen und mit unserem Zahlverständnis begreifbaren Grössenordnung. Eine Poisson-Zufallsgrösse hat die Verteilung : P[X = k] = e −λ λk , k ≥ 0. k! 10 / 17 J.K. Canci Erwartungswerte 3. Erwartungswert einer Po(λ)-Zufallsgrösse, λ>0 : Eine Poisson-Zufallsgrösse hat die Verteilung : P[X = k] = e −λ λk , k ≥ 0. k! Damit steigen wir folgendermassen ein : E [X ] = X k≥0 ke −λ X λk X λk λk k k = e −λ = e −λ = k! k! k! k≥0 k≥1 X λk−1 X λk−1 X λk = λe −λ k = λe −λ = λe −λ = k! (k − 1)! k! = λe k≥1 −λ λ k≥1 k≥0 e = λ. 11 / 17 J.K. Canci Erwartungswerte 4. Auf Übungsblatt 6 sind weitere Erwartungswerte zu berechnen. Wir fügen hier noch ein gerechnetes Beispiel an, nämlich der Erwartungswert einer N (µ, σ 2 )-Zufallsgrösse. Je nach Zeit wird das Beispiel in der Vorlesung auch besprochen. Der Erwartungswert sollte denitionsgemäss µ sein. Die Dichte ist (vgl. Aufgabe auf Blatt 4) : √ 1 1 2πσ 2 e − 2σ2 (x−µ) . Damit steigen wir folgendermassen ein : Z ∞ E [X ] = −∞ ∞ Z = −∞ ∞ Z = −∞ ∞ (x − µ) + µ − 12 (x−µ)2 √ e 2σ dx = 2πσ 2πσ −∞ Z ∞ 1 2 (x − µ) − 12 (x−µ)2 µ √ √ e 2σ e − 2σ2 (x−µ) dx dx + 2πσ 2πσ −∞ 1 2 (x − µ) − 2 (x−µ) √ e 2σ dx + µ = 0 + µ = µ. 2πσ x√ 1 1 2 e − 2σ2 (x−µ) dx = Z 12 / 17 J.K. Canci Erwartungswerte Oenbar ist der Erwartungswert ein Mass für die Lage der Zufallsgrösse ("wo werden Werte etwa erwartet ?"). Wir werden jetzt ein Mass für die Streuung der Zufallsgrösse um diesen Erwartungswert kennenlernen. 13 / 17 J.K. Canci Erwartungswerte Varianz/Standardabweichung Denition (3.2 Varianz/Standardabweichung einer diskreten und stetigen Zufallsgrösse) Sei E [X 2 ] < ∞. Mit µX := E [X ] denieren wir die Varianz V [X ] einer Zufallsgrösse X als (P (xi − µX )2 P[X = xi ] V [X ] := E [(X − µX )2 ] = R ∞xi 2 −∞ (x − µX ) f (x)dx falls X diskret falls X stetig. Dabei wird auch hier über den gesamten Wertebereich der Zufallsgrösse summiert respektive integriert. Die Standardabweichung sd (Standard Deviation) ist die Wurzel aus der Varianz : sd[X ] := p V [X ]. 14 / 17 J.K. Canci Erwartungswerte Man beachte : der Ausdruck E [(X − µX )2 ] besteht aus 3 ( !) Teilen. Welchen und weshalb ? ∆(a) = X (a) − µX (·)2 E [·] 15 / 17 J.K. Canci Erwartungswerte Bemerkung zu Denition 3.2 : Varianz bzw. Standardabweichung sind zwei Masse für die Streuung einer Zufallsgrösse. Es gibt aber viele weitere Masse für die Streuung. Otto Normalverbraucher würde unter Standardabweichung übrigens eher den Ausdruck : E [|X − µX |] (3.1) vermuten. Dies ist die absolute ("| · |"), erwartete ("E ") Abweichung vom Erwartungswert ("X − µX ") : Mean absolute deviation. In den Übungen ist ein einfaches Beispiel anzugeben, das zeigt, dass E [|X − µX |] = sd[X ] im Allgemeinen nicht gilt. In späteren Semestern wird man in der Analysis übrigens lernen, dass wegen der Hölder-Ungleichung immer gilt : E [|X − µX |] ≤ sd[X ]. Man verwendet aus mathematischen Gründen (einfachere Rechnungen) in der Statistik eher die Varianz anstatt die Mean absolute deviation. 16 / 17 J.K. Canci Erwartungswerte Beispiele II 5. Berechnen Sie die Varianz einer Be(p )-Zufallsgrösse, wo p ∈ (0, 1) : Rechnung 3.5 6. Berechnen Sie die Varianz einer U[0, 1]-Zufallsgrösse : Rechnung 3.6 7. Was vermuten Sie : wie wird die Varianz einer U[0, 3]-Zufallsgrösse sein (Auösung nach Lemma 3.7) ? 17 / 17