Buchbesprechung AutorInnen, Titel Bleisch, B., Huppenbauer, M. (2011). Ethische Entscheidungsfindung. Ein Handbuch für die Praxis. Zürich: Versus. 224 Seiten, ISBN 978-3-03909-199-7. CHF 39.00. Thema Ethik ist aktuell. Hat die Gier einiger weniger zur Finanzkrise geführt? Dürfen wir künftigen Generationen Atommüll hinterlassen? Was geht mich der Hunger in Afrika an? Ethische Reflexion ist das Nachdenken über Moral, über die Werte und Normen, welche uns als Gesellschaft, aber auch als Individuen im privaten und beruflichen Handeln leiten. Gegenstand dieses Buches ist die Frage, wie wir ganz praktisch mit moralischen Problemen umgehen und Lösungswege finden können. An zahlreichen konkreten und aktuellen Beispielen demonstrieren die beiden AutorInnen ihr Schema für die ethische Entscheidungsfindung. Zielgruppe Das Buch richtet sich an PraktikerInnen, Lehrende und Lernende. Für das Berufsfeld der Sozialen Arbeit bietet es wertvolle Vertiefungen und Ergänzungen zur Auseinandersetzung mit professionsethischen Fragen. Abstract In einem ersten Teil des Buches wird die ethische Entscheidungsfindung in fünf Schritten vorgestellt: Wie bei jedem methodischen Vorgehen, gilt es auch in Fragen der Ethik zunächst einmal festzustellen, worum es überhaupt geht, wer beteiligt ist und in welchem Kontext wir uns bewegen. In der Folge kann dann untersucht werden, welches die strittige moralische Frage ist und wo allfällige Konflikte liegen. In einem weiteren Analyseschritt werden die möglichen Argumente aufgeführt und überprüft. Erst dann kann ein Entscheid gefällt und die Lösung umgesetzt werden. Mit dem Schema führen Bleisch und Huppenbauer gleichzeitig zentrale Begriffe und Theorien der Ethik ein. So wird beispielsweise erläutert, was überhaupt eine moralische Frage ist (Ist es erlaubt, Terroristen zu foltern, um Menschenleben zu retten? Ist unser Steuersystem gerecht? Dürfen wir Kosmetika an Tieren testen?). Oder es wird aufgezeigt, wie Argumente identifiziert und bestimmten Moraltheorien zugeordnet werden können. Wie Argumente aufgebaut werden, wann sie gültig oder ungültig sind, was Wahrheit in der Ethik heisst und wie moralische Positionen rhetorisch verteidigt werden können, sind Elemente des ethischen Diskurses, der im zweiten Teil in aller Knappheit aber sehr gründlich dargestellt wird. Der "Werkzeugkasten" wird mit weiteren Instrumenten gefüllt und so das Handwerk ethischer Reflexion erläutert. In einem abschliessenden dritten Teil folgt der Praxistest. Das Schema zur ethischen Entscheidungsfindung wird an drei Fallbeispielen aus der Angewandten Ethik konkretisiert: Es geht um die Güterabwägung zwischen Umweltschutz und Energieversorgung, um Medizinethik und Menschenwürde sowie um das wirtschaftsethische Problem der Korruption. Zahlreiche, teilweise kommentierte Literaturtipps sind direkt den einzelnen Kapiteln zugeordnet, ebenso Beispiele und Übungen. Im Anhang finden sich weitere, thematisch geordnete Literaturhinweise sowie ein umfangreiches Stichwortverzeichnis. Das Buch ist übersichtlich und sorgfältig gestaltet, mit Illustrationen der Zürcher Künstlerin Susanne Keller. Empfehlung Moralische Probleme gehören zum menschlichen Zusammenleben und manifestieren sich im Privaten ebenso wie in der beruflichen Tätigkeit. Oft sind sie dank Erfahrungen und gefestigten Überzeugungen Seite 2 von 2 | Buchrezension relativ einfach zu lösen. Manchmal sind wir auch mit schier unlösbaren Dilemmata konfrontiert, die Interessen der Beteiligten sind widersprüchlich und ein für alle annehmbarer Weg ist kaum in Sicht. Das Handbuch zeigt, wie man in Fragen der Moral durch systematisches Vorgehen Klarheit gewinnt und handlungsfähig bleibt. Wie die AutorInnen betonen, gibt es für ethische Entscheidungsfindungen keinen Automatismus und zumeist nicht nur eine Lösung. Der – auch aus anderen Kontexten bekannte – Prozess von Analyse, Evaluation der Möglichkeiten, Entscheidung und Umsetzung wird daher mit den zentralen Dimensionen des ethischen Diskurses verknüpft. Das Buch wird zu einer spannenden Einführung in diese philosophische Disziplin. Es gelingt den beiden AutorInnen ausgezeichnet, die anspruchsvolle Materie in einer leicht verständlichen Sprache praxisorientiert zu vermitteln. Theoretische Konzepte werden im Wechselspiel mit einer Vielzahl von aktuellen und relevanten Beispielen erläutert. Der gewählte Aufbau ermöglicht einen einfachen Einstieg, vertieft die Kenntnis von Methoden und Instrumenten und schliesst mit interessanten Fallbeispielen aus prominenten Feldern der Angewandten Ethik. "Ethische Entscheidungsfindung" bietet konkrete Hilfestellung, erfordert aber auch die Bereitschaft der LeserInnen zur selbständigen Reflexion. Die differenzierte Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Standpunkten, das Begründen der eigenen Position und die vertiefte Prüfung von Argument und Gegenargument sind Bedingungen für jedes professionelle, ethische Handeln. Im Kontext sozialpolitischer Debatten um knappe Ressourcen gilt dies besonders auch für Professionen, welche sich die Förderung sozialer Gerechtigkeit zur Aufgabe gemacht haben. Über die AutorInnen Dr. Barbara Bleisch ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Ethik-Zentrum der Universität Zürich, Dozentin für Philosophie an verschiedenen Hochschulen sowie Redaktorin und Moderatorin der "Sternstunde Philosophie" im Schweizer Fernsehen. Prof. Dr. Markus Huppenbauer ist Titularprofessor für Ethik an der Theologischen Fakultät und Geschäftsleiter des Forschungsschwerpunktes Ethik an der Universität Zürich sowie Mitglied verschiedener nationaler und internationalen Fachgremien. Rezensent Michael Herzka, Dr. phil., MBA, ist Studienleiter des MAS Sozialmanagement und Dozent am Departement Soziale Arbeit der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.