Schulcurriculum Philosophie – Jahrgangsstufe EF Ab dem 1.August 2014 gilt für die gymnasiale Oberstufe in Nordrheinwestfalen ein neues, kompetenzorientiertes Curriculum für das Fach Philosophie1. In diesem heißt es: „Das Fach Philosophie ist curricular in das gesellschaftswissenschaftliche Aufgabenfeld eingebunden. Aufgrund seines universellen Frage-und Denkhorizontes überschreitet es jedoch die Grenzen eines einzelnen Aufgabenfeldes und steht zugleich in einer inhaltlichen und methodischen Beziehung zu den Fächern des sprachlich-literarischkünstlerischen und des mathematisch-naturwissenschaftlich-technischen Aufgabenfeldes sowie zum Fach Religionslehre. Ziel des Philosophieunterrichts ist die Befähigung zur philosophischen Problemreflexion. Schülerinnen und Schüler sollen in die Lage versetzt werden, selbstständig zu philosophieren, d.h. grundsätzliche Fragestellungen und Probleme methodisch geleitet und unter Einbezug der philosophischen Tradition zu reflektieren. Philosophieren kann sich auf mannigfaltige Gegenstände beziehen und ist nicht von vorneherein auf bestimmte Inhalte festgelegt.“2 Es ist für die Themen in der Einführungsphase – Was ist Philosophie? und Philosophische Anthropologie – daher nicht sinnvoll, Methoden und Inhalte verbindlich aneinander zu koppeln. Verschiedene methodische Ansätze liefern für unterrichtliche Gegenstände neue Blickwinkel und ermöglichen Schwerpunktsetzungen, welche die Interessen der Lerngruppen aufgreifen. Denkbare3 Inhalte und angestrebte Kompetenzen sind in den nachstehenden Tabellen aufgelistet. Halbjahresübergreifend soll im zweiten Halbjahr den Schülerinnen und Schülern eine erste, grundsätzliche Orientierung in den Fragen und Aufgabenfeldern der Philosophie ermöglicht werden. Dazu zählt sowohl die Vermittlung „klassischer“ Positionen als auch die Untersuchung aktueller Problemsituationen. Die große Masse an Untersuchens werten Gegenständen verbietet ein oberflächliches Abarbeiten möglichst vieler Fragestellungen. Im Sinne der Schülerinnen und Schüler sollte bei der knapp bemessenen Unterrichtszeit eher Wert auf eine intensivere Auseinandersetzung mit wenigen Inhalten gelegt werden. Selbst bei dieser Einschränkung ist in den meisten Gebieten nur ein Orientierungswissen realistisches, fachliches Ziel. Dieser Ansatz deckt sich mit den Vorgaben des Ministeriums, das für die Einführungsphase lediglich zwei Inhaltsfelder (Der Mensch und sein Handeln, Erkenntnis und ihre Grenzen)4 vorschreibt. Die inhaltliche Freiheit ermöglicht es den unterrichtenden Kolleginnen und Kollegen, eigene, im Kernlehrplan nicht explizit verankerte Themen (etwa Logik und Argumentationstheorie, Kunstphilosophie, fernöstliche Philosophen etc.), einzubringen und so den Unterricht gewinnbringend zu gestalten. Es sollte in jedem Quartal mindestens ein Thema behandelt werden. In jedem Halbjahr ist eine schriftliche Überprüfung zu schreiben. Die nachfolgende Aufzählung möglicher Themen in den beiden Halbjahren erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es sollte immer genug Möglichkeiten geben, für die Schülerinnen und Schüler wichtige Themen eingehender zu untersuchen oder tagesaktuelle Entwicklungen in der Welt philosophisch aufzubereiten. 1 Siehe Kernlehrplan für die Sekundarstufe II Gymnasium / Gesamtschule in Nordrhein-Westfalen Philosophie, 1. Auflage 2013 Ebd. Seite 11 3 In etlichen Bedeutungen 4 A.a.O. Seite 21f. 2 Mögliche Inhalte 1. Halbjahr: Was ist Philosophie? Erkenntnistheorie Zum Beispiel „Ich denke, also bin ich“ – was kann man wirklich genau wissen? Ist die Welt so, wie ich sie sehe? Ist dein Rot auch mein Rot? – Das Problem der Qualia Grundsätzliches Zum Beispiel Eigenarten philosophischen Fragens „Philosophieren = Palavern?“ Welche Probleme interessieren Philosophen? Ideenlehre Ethik Zum Beispiel „Ich denke, also bin ich“ – was kann man wirklich genau wissen? Ist die Welt so, wie ich sie sehe? Ist dein Rot auch mein Rot? – Das Problem der Qualia Metaphysik Zum Beispiel Gottesbeweise Gibt es ein Leben nach dem Tod? Was bedeutet „sein“? 2. Halbjahr: Was ist der Mensch? Der Mensch als Lebewesen Zum Beispiel Die biologische Perspektive: Homo sapiens sapiens Ab wann ist der Mensch ein Mensch? Samenzelle, Embryo, Baby Gattung oder Fähigkeiten –Probleme der Bioethik Der Mensch als Wesen in der Zeit Zum Beispiel Was ist Zeit? Vergangenheit: Was kann man aus der Geschichte lernen/ Kann man was aus der Geschichte lernen? Gegenwart: „Lebe im Augenblick“ oder „Hinterlasse Spuren“? Zukunft: Was soll geschehen? Erhaltung einer lebenswerten Welt, Utopia & Dystopia Der Mensch als Geschöpf Zum Beispiel „Nobler Wilder“ oder „Nach mir die Sintflut“? Wie gehen wir mit der Umwelt um Unterschiede zwischen Mensch und Tier, Tierrechte, Veganer oder Fleischfresser Der Mensch als Schöpfer Zum Beispiel: Computer: Was heißt „Denken“? Künstliche Intelligenz: Chancen und Risiken autonomer Systeme Prometheische Scham: Sind unsere Werke besser als wir? Kunst: Der Mensch setzt sich mit seiner Welt auseinander Der Mensch als Erschaffer seiner Selbst Zum Beispiel: Existenzialismus: Sind wir „zur Freiheit verurteilt?“ Gibt es eine Seele? – Klassische Deutungen Der Mensch als vernunftbegabtes Wesen Zum Beispiel: Warum vernunftbegabt und nicht vernünftig? „Er nennt‘s Vernunft und braucht‘s allein, nur tierischer als jedes Tier zu sein.“ Was ist Vernunft? Welchen Sinn haben Moral und Ethik? Der Mensch und das Böse Zum Beispiel: Was ist das Böse? Woher kommt das Böse? Natur kontra Zivilisation, Hobbes kontra Rousseau Schleichendes Gift: Die Banalität des Bösen Der Mensch als Mitmensch Zum Beispiel Der Philosophische Zoo: Das „zoon politikon“: Ein Herdentier Der „pan narrans“: Ein Vielredner Der „homo ludens“: Ein verspieltes Tier Kompetenzen5: Die Schülerinnen und Schüler 1. stellen grundlegende philosophische Problemstellungen in unterschiedlichen inhaltlichen und lebensweltlichen Kontexten dar und erläutern sie, 2. entwickeln eigene philosophisch dimensionierte Ideen zur Lösung elementarer philosophischer Problemstellungen, 3. analysieren und rekonstruieren philosophische Ansätze in ihren Grundgedanken, erklären grundlegende philosophische Begriffe und im Kontext von Begründungszusammenhängen vorgenommene begriffliche Unterscheidungen, erläutern philosophische Ansätze an Beispielen und in Anwendungskontexten, stellen gedankliche Bezüge zwischen philosophischen Ansätzen her und grenzen diese voneinander ab. Verfahren der Problemreflexion 1. beschreiben Phänomene der Lebenswelt vorurteilsfrei und ohne verfrühte Klassifizierung, 2. arbeiten aus Phänomenen der Lebenswelt und präsentativen Materialien verallgemeinernd relevante philosophische Fragen heraus, 3. ermitteln in einfacheren philosophischen Texten das diesen jeweils zugrundeliegende Problem bzw. ihr Anliegen sowie die zentrale These (MK3), 4. identifizieren in einfacheren philosophischen Texten Sachaussagen und Werturteile, Begriffsbestimmungen, Behauptungen, Begründungen, Erläuterungen und Beispiele, 5. analysieren die gedankliche Abfolge von philosophischen Texten und interpretieren wesentliche Aussagen (MK5), 6. entwickeln mit Hilfe heuristischer Verfahren (u.a. Gedankenexperimenten, fiktiven Dilemmata) eigene philosophische Gedanken, 7. bestimmen elementare philosophische Begriffe mit Hilfe definitorischer Verfahren, 8. argumentieren unter Ausrichtung an einschlägigen philosophischen Argumentationsverfahren, 9. recherchieren Informationen sowie die Bedeutung von Fremdwörtern und Fachbegriffen unter Zuhilfenahme von (auch digitalen) Lexika und anderen Nachschlagewerken. Verfahren der Präsentation und Darstellung 1. stellen grundlegende philosophische Sachverhalte in diskursiver Form strukturiert dar, 2. stellen grundlegende philosophische Sachverhalte und Zusammenhänge in präsentativer Form (u. a. Visualisierung, bildliche und szenische Darstellung) dar, 3. geben Kernaussagen und Grundgedanken einfacherer philosophischer Texte in eigenen Worten und distanziert, unter Zuhilfenahme eines angemessenen Textbeschreibungsvokabulars, wieder und verdeutlichen den interpretatorischen Anteil, 4. stellen philosophische Probleme und Problemlösungsbeiträge in ihrem Für und Wider dar. Urteilskompetzenz 1. bewerten die Überzeugungskraft philosophischer Ansätze im Hinblick auf den Einbezug wesentlicher Aspekte der zugrundeliegenden Problemstellung, 2. erörtern Voraussetzungen und Konsequenzen philosophischer Ansätze, 3. beurteilen die innere Stimmigkeit philosophischer Ansätze, 4. bewerten begründet die Tragfähigkeit philosophischer Ansätze zur Orientierung in grundlegenden Fragen des Daseins und gegenwärtigen gesellschaftlich-politischen 5 Vergleiche Kernlehrpläne Philosophie aaO. Problemlagen, 5. erörtern philosophische Probleme unter Bezug auf relevante philosophische Ansätze. Handlungskompetenz 1. entwickeln auf der Grundlage philosophischer Ansätze verantwortbare Handlungsperspektiven für aus der Alltagswirklichkeit erwachsende Problemstellungen, 2. rechtfertigen eigene Entscheidungen und Handlungen durch philosophisch dimensionierte Begründungen, 3. vertreten im Rahmen rationaler Diskurse im Unterricht ihre eigene Position und gehen dabei auch auf andere Perspektiven ein, 4. beteiligen sich mit philosophisch dimensionierten Beiträgen an der Diskussion allgemein-menschlicher und gegenwärtiger gesellschaftlich-politischer Fragestellungen. Stand: Oktober 2015