Jugendliche und Erwachsene mit angeborenem Herzfehler Informationsbroschüre Schweizerische Herzstiftung Schwarztorstrasse 18 Postfach 368 3000 Bern 14 Telefon 031 388 80 80 Telefax 031 388 80 88 [email protected] www.swissheart.ch Spendenkonto PK 30-4356-3 Jugendliche und Erwachsene mit angeborenem Herzfehler Eine Informationsbroschüre der Schweizerischen Herzstiftung Schweizerische Herzstiftung Aktiv gegen Herzkrankheiten und Hirnschlag Danksagung Die Schweizerische Herzstiftung dankt den Autoren für die unentgeltlich erstellten Artikel sowie der Vereinigung CUORE MATTO und ihren Mitgliedern für die kompetente Beratung und Mitarbeit. Insbesondere danken wir der Gertrude von Meissner-Stiftung (in Erinnerung an Annette und Clas Richter). Sie hat uns die Herausgabe dieser Broschüre ermöglicht. Herausgeber: Schweizerische Herzstiftung Schwarztorstrasse 18 Postfach 368 3000 Bern 14 Telefon 031 388 80 80 Telefax 031 388 80 88 [email protected] www.swissheart.ch Spendenkonto PK 30-4356-3 Autoren erste Auflage: Prof. Beat Friedli Prof. Andreas Hoffmann PD Dr. Erwin Oechslin Dr. Noémi de Stoutz Doris Zemp Mitglieder von CUORE MATTO Überarbeitung der Texte 2012: Dr. Judith Bouchardy Dr. Matthias Greutmann Prof. Hugo Saner PD Dr. Markus Schwerzmann Dr. Noémi de Stoutz Dr. Daniel Tobler Dr. Kerstin Wustmann Mitglieder von CUORE MATTO Koordination der Texte: Prof. Hugo Saner Fotoporträts: Nathalie Flubacher Fotografie, Biel Illustrationen: Prof. Beat Friedli, Genf Lektorat und Druck: Schwabe AG, Muttenz Hinweis der Redaktion: Um den Text nicht schwerfällig zu machen, verwenden wir vorwiegend und damit stellvertretend für die weibliche Form die männliche Bezeichnung. Wir danken für Ihr Verständnis. © Schweizerische Herzstiftung, September 2012 3. Auflage, Oktober 2012 Inhaltsverzeichnis 2 Einleitung 7 Die verschiedenen Typen von Herzfehlern und ihre Auswirkungen 21 Anpassungen, Komplikationen und Begleiterkrankungen 29 Behandlungskette und Übergang ins Erwachsenenalter (Transition) 33 Die wichtigsten und häufigsten Untersuchungsmethoden 38 Operationen und interventionelle Eingriffe 46 Medikamentöse Behandlung und Antikoagulations-Selbstkontrolle 55 Freizeit, Sport, Reisen, Höhenaufenthalte, Militärdienst, Autofahren 66 Sexualität, Empfängnisverhütung und Schwangerschaft 75 Psychosoziale Aspekte des Lebens mit einem Herzfehler 81 Berufsausbildung und Anstellungsverhältnisse 84 Versicherungen 87 Fragen und Ängste von Betroffenen 89 Kontaktadressen 94 Diagramm «Ihr persönlicher Herzfehler» 96 Literaturhinweise Porträts von Betroffenen auf den Seiten 4 l 18 l 27 l 31 l 36 l 44 l 50 l 65 l 73 l 78 l 82 1 Einleitung Etwa eines von hundert Neugeborenen hat einen Herzfehler. Die Hälfte davon ist nicht schwerwiegend, wird manchmal erst viel später entdeckt und muss nicht immer behandelt werden. Bei einem Viertel wird aber bereits im ersten Lebensjahr eine Behandlung und oft ein Eingriff notwendig. Viele Herzfehler können heutzutage dank grosser Fortschritte der chirurgischen und anästhesiologischen Technik frühzeitig korrigiert werden und hinterlassen dann oft keine wesentlichen Folgen. In den meisten Fällen sind jedoch weiterhin regelmässige Kontrolluntersuchungen auch im Erwachsenenalter ratsam, um spätere Komplikationen oder Folgeschäden zu vermeiden oder frühzeitig zu erkennen. 2 In der Schweiz wird in jeder Universitätsklinik eine Sprechstunde für Jugendliche und Erwachsene mit angeborenem Herzfehler unter dem Begriff GUCH-Sprechstunde geführt (GUCH steht für «Grown up with Congenital Heart Disease» = Erwachsene mit angeborenem Herzfehler). Diese Sprechstunden sind interaktiv miteinander verbunden, und es werden gemeinsame Wege gesucht, um den Übergang (Transition) vom Kindes- ins Erwachsenenalter zu verbessern und um die Patientenvereinigung CUORE MATTO bei ihren Anstrengungen für die Betroffenen möglichst gut zu unterstützen. Vielleicht gehören Sie zu den Personen, die ihre ganze Kindheit und einen Teil ihrer Jugendjahre mit einem angeborenen Herzfehler verbracht haben. Während dieser Zeit waren es in erster Linie Ihre Eltern, die sich um die notwendige Information und Unterstützung gekümmert haben. Als Erwachsener bestimmen Sie Ihren weiteren Lebensweg selbst. Damit Sie bei gesundheitlichen Beschwerden und im Umgang mit Ärzten, Versicherungen, Arbeitgebern und Behörden gut gerüstet sind, sollten Sie sich fundierte Kenntnisse aneignen und lernen, mit Ihrem Herzfehler gut umzugehen. Bedenken Sie, dass Ihr Herzfehler nur einen Teil von Ihnen ausmacht und seinen kleineren oder grösseren Platz in Ihrer ganz persönlichen Lebensgeschichte hat. Die vorliegende Broschüre enthält Informationen zu einzelnen Herzfehlern, deren Behandlung und zu verschiedenen medizinischen Fragen. Darüber hinaus finden Sie darin praktische und hoffentlich für Sie hilfreiche Rat- schläge. Schliesslich kommen in der Broschüre Betroffene zu Wort. Menschen, die alle an einem angeborenen oder in früher Kindheit erworbenen Herzfehler leiden. Sie berichten aus ihrem Leben mit der Krankheit, welche die einen mehr, die anderen weniger einschränkt. Ihre Berichte zeigen, wie man mit einem schweren Schicksal umgehen kann oder muss. Sie machen Mut. Die Broschüre kann nicht all Ihre Fragen beantworten. Die Art und die Bedeutung Ihres Herzfehlers sollten Sie sich von Ihrem Arzt im Detail erklären lassen. Ihr Arzt und insbesondere Ihr Herzspezialist, weitere medizinische Fachpersonen, die Vereinigung CUORE MATTO und die Schweizerische Herzstiftung sind ebenfalls für weiterführende und individuelle Fragen für Sie da. Für Ihren weiteren Lebensweg wünschen wir Ihnen von Herzen alles Gute. Schweizerische Herzstiftung 3 Nach meiner Geburt im März 1949 galt ich zuerst als extrem trinkfauler Säugling. Es stellte sich jedoch heraus, dass ich mit einem komplexen Herzfehler (Tetralogy of Fallot) auf die Welt kam. Ich hatte zum Trinken einfach keinen «Pfus». Im Jahre 1951 hat man sich entschlossen, eine Herzoperation durchzuführen. Diese Operation war nichts anderes als eine Kurzschliessung des Körperkreislaufes mit dem Lungenkreislauf, was eine riesige Narbe hinterliess (Blalock Taussig). Geblieben ist der Zustand der Zyanose. Blaue Lippen und blaue Finger gaben zu Beginn der Schulzeit zu reden. Kein Turnen, kein Ausflug, keine Schulreise waren die Folge. Die Primarschule in Laupersdorf habe ich mit Hilfe der verständnisvollen Lehrer gut überstanden. Die Bezirksschule in Matzendorf war mit einem kleinen Problem behaftet: ich musste lernen, das Velo zu benutzen. Ich erinnere mich gut an diese Strapazen. Daraufhin durfte ich mit zwölf Jahren bereits ein Motorrad führen, damit ich die Schule in Matzendorf besuchen konnte (das Postauto fuhr damals noch nicht so streng wie heute). 4 Im Anschluss durfte ich eine Lehre als kaufmännischer Angestellter in der von Roll in Klus absolvieren. Während der Lehre hatte ich plötzlich Schmerzen in der Brust. Nach vielen Herzkathetern in der Universitätsklinik in Zürich entschloss man sich, die Totalkorrektur vorzunehmen. Die Folge war ein Unterbruch der Lehre von acht Monaten. Ich konnte mich nach der Operation auf einmal problemlos bewegen. Ich bewegte mich viel in der Natur, befasste mich mit den Vögeln, studierte diese sogar ein halbes Jahr in Lappland. Noch heute ist Ornithologie meine bevorzugte Freizeitbeschäftigung. Im Verlaufe der Jahre machte ich nach einer doppelten Lungenentzündung eine Endokarditis mit allen Schikanen durch. Als zweites Standbein in meiner Freizeit befasse ich mich mit dem Theater im weiteren Sinne. Ich habe viele Theaterrollen gespielt; heute führe ich vermehrt Regie. Lediglich die Classionata in Mümliswil lässt mich als Spieler nicht los. Eine Rolle unter Profischauspielern ist doch eine Herausforderung, die mich immer wieder reizt. Seit 2006 arbeite ich nicht mehr in meinem Beruf, da ich stetig auf Sauerstoff angewiesen bin. Aber immer noch viel Freude macht mir die Ornithologie und das Theater. 55 Hans Bussmann Die verschiedenen Typen von Herzfehlern und ihre Auswirkungen Es gibt viele Arten von angeborenen Herzfehlern. Angesichts dieser Vielfalt und des unterschiedlichen Schweregrades können die Auswirkungen von Patient zu Patient sehr verschieden sein. Je nach Art und Schweregrad des Herzfehlers kann dieser bereits bei Geburt, erst im Kindes- oder gar Erwachsenenalter zu Symptomen führen. Für gewisse Herzfehler (zum Beispiel Vorhofscheidewanddefekte) ist eine Diagnose erst im Erwachsenenalter sogar recht häufig. Die «späte» Diagnose eines angeborenen Herzfehlers wird manchmal zufällig gestellt, oder weil eine Komplikation aufgetreten ist (zum Beispiel eine Herzrhythmusstörung). Für die betroffenen Patientinnen und Patienten kann eine solche späte Diagnose sehr belastend sein. Gespräche mit einem spezialisierten Kardiologen über die weiteren Behandlungsschritte und die Zukunftsperspektiven helfen, Ängste abzubauen und die neue Diagnose besser zu verarbeiten. Auch der Kontakt mit anderen Herzpatientinnen und Herz7 patienten kann hilfreich sein. Die Symptome eines Herzfehlers sind durch die Art und Ausprägung des Herzfehlers bestimmt. Zu den häufigen Symptomen gehören: – Verminderte Leistungsfähigkeit – Blauverfärbung von Haut- und Schleimhäuten (Zyanose) – Es gibt aber auch Herzfehler, die keine oder nur geringe Beschwerden verursachen. Anatomisch lassen sich vier hauptsächliche Missbildungen unterscheiden, die einzeln oder kombiniert vorkommen können: 1. Defekte (‹Löcher›) der Herz-Scheidewände, welche die rechten und linken Herzhöhlen voneinander trennen. 2. Verengungen von Klappen oder grossen Blutgefässen. 3. Anormale Verbindungen zwischen den verschiedenen Herzhöhlen oder zwischen Herzhöhlen und grossen Gefässen (Hauptschlagader, Lungenarterie, Hohlvenen). 4. Ungenügende Entwicklung von Herzhöhlen oder Gefässen, die zu klein sind oder sogar ganz fehlen. Verschiedene Kombinationen dieser Elemente erklären die grosse Vielfalt der bekannten Herzfehler, wobei bestimmte Kombinationen besonders häufig sind. Das Ziel dieser Broschüre ist es nicht, alle Herzfehler aufzuführen. Es werden nur einige Beispiele für jede der genannten Kategorien beschrieben. Um die Herzfehler zu verstehen, müssen wir uns zuerst die normale Anatomie und Funktionsweise des Herzens vor Augen führen. Abbildung 1 zeigt ein normales Herz, in dem die vier Herzhöhlen sauber getrennt sind. Das sauerstoffarme («verbrauchte») blaue Blut aus dem Körperkreislauf gelangt in den rechten Vorhof und von dort in die rechte Pumpkammer (rechter Ventrikel). Diese pumpt das Blut über die Lungenarterie in die Lungen, wo es wieder mit Sauerstoff ‹aufgeladen› wird. Das sauerstoffreiche, hellrote Blut gelangt dann in den linken Vorhof und von dort in die linke Pumpkammer (linker Ventrikel). Diese pumpt das Blut schliesslich in die Hauptschlagader (Aorta) aus, von wo es im Körper verteilt wird. 8 Abb. 1: Normale Anatomie des Herzens 1 rechter Vorhof 2 rechte Kammer (Ventrikel) 3 Lungenarterie, die das blaue Blut in die Lungen führt 4 linker Vorhof 5 linke Kammer (Ventrikel) 6 Aorta (Hauptschlagader), die das rote Blut in den Körperkreislauf pumpt 6 3 4 Lunge 1 5 2 Defekte in den Scheidewänden und grossen Gefässen Der Ventrikelseptumdefekt Abbildung 2 zeigt diesen häufigen Herzfehler. Es besteht eine Verbindung («Loch») in der Scheidewand (Septum) zwischen den beiden Hauptkammern. Weil der Blutdruck in der linken Kammer meist viel höher ist als in der rechten, fliesst ein Teil des sauerstoffreichen Blutes aus der linken Kammer (Ventrikel) durch den Defekt zurück in die rechte Kammer und von dort nochmals durch die Lungen. Abb. 2: Ventrikelseptumdefekt Sauerstoffreiches Blut fliesst vom linken in den rechten Ventrikel (wo ein tieferer Druck herrscht), vermischt sich mit dem blauen Blut und kehrt in die Lunge zurück. Ist der Defekt klein, fliesst wenig Blut hindurch, und der Patient verspürt meist keine Symptome. Wenn der Defekt gross ist, gelangt viel sauerstoffreiches Blut über die rechte Kammer in die Lungen zurück. Die linke Herzkammer muss dann mehr als gewöhnlich pumpen und kann ermüden. Auch der Blutdruck in den Lungengefässen ist oft erhöht. Dies kann zu Zeichen einer Herzinsuffizienz (Herzschwäche) mit verminderter Leistungsfähigkeit und Wasseransammlungen im Körper führen. Erhöht sich der Blutdruck in den Lungengefässen mit der Zeit stark, kann es 9 sogar dazu kommen, dass sich die Flussrichtung des Blutes über den Defekt umkehrt und vermehrt blaues Blut in den Körperkreislauf gelangt (Eisenmenger-Reaktion). Bei Kindern werden diese Defekte oft von alleine kleiner oder verschliessen sich sogar ganz. Im Erwachsenenalter ist dies kaum mehr der Fall. Die meisten grossen Defekte werden heute frühzeitig im Kindesalter mit einer Herzoperation verschlossen. Alle Patienten mit einem Ventrikelseptumdefekt haben ein erhöhtes Risiko für eine Herzinfektion (Endokarditis). In der Schweiz wird diesen Patienten deshalb eine Endokarditis-Prophylaxe empfohlen (siehe Seite 22). Der Vorhofseptumdefekt Abbildung 3 illustriert diesen häufigen Herzfehler. Es besteht eine Verbindung («Loch») in der Scheidewand (Septum) zwischen den beiden Herzvorhöfen. Weil der Blutdruck im linken Vorhof meist höher ist als im rechten, fliesst ein Teil des sauerstoffreichen Blutes, das aus den Lungen in den linken Vorhof zurückkommt, durch den Defekt wieder zurück in den rechten Vorhof und von dort über die rechte Pumpkammer nochmals durch die Lungen. Dies führt zu einer Belastung und Vergrösserung des rechten Vorhofes und der rechten Kammer, die mehr Blut pumpen muss. Oft haben Patienten mit einem Vorhofseptumdefekt auch bei grossen Defekten erstaunlich wenige oder keine Symptome. Durch die Vergrösserung der Herzvorhöfe neigen Betroffene zu Herzrhythmusstörungen (Vorhofflimmern oder Vorhofflattern mit schnellem unregelmässigem Puls). Diese Herzrhythmusstörungen sind im Erwachsenenalter oft das erste Symptom dieses angeborenen Herzfehlers. Grosse Defekte werden mit einer Operation oder, wenn technisch möglich, mit einem «Schirmchen» verschlossen. Das Schirmchen wird über eine Vene in der Leiste eingeführt. Abb. 3: Vorhofseptumdefekt Rotes, sauerstoffreiches Blut fliesst durch den Defekt in den rechten Vorhof zurück, von dort in den rechten Ventrikel, mischt sich mit dem blauen Blut, und wird nochmals durch die Lungen gepumpt. 10 Der offene Ductus Botalli Beim ungeborenen Kind ist der offene Ductus Botalli normal und lebenswichtig. Es handelt sich um ein kurzes Verbindungsgefäss zwischen der Lungenarterie und der Aorta. Dieser Kanal verschliesst sich spontan in den ersten Tagen nach der Geburt. Bleibt er jedoch offen, gelangt sauerstoffreiches Blut aus der Aorta (wo ein hoher Druck herrscht) in die Lungenarterie (wo der Druck niedriger ist). Die Folgen sind ähnlich wie beim Ventrikelseptumdefekt. Kleine Defekte sind meist bedeutungslos, während grosse Defekte durch die Belastung der linken Pumpkammer zu einer Herzinsuffizienz und/oder zu einem erhöhten Blutdruck in den Lungengefässen führen können. Einfache Verengungen (Stenosen) Stenose der Pulmonalklappe Die Pulmonalklappe liegt zwischen der rechten Herzkammer und der Lungenarterie. Sie verhindert ein Zurückfliessen des Blutes aus der Lungenarterie in die rechte Kammer während der Füllungsphase der rechten Pumpkammer. Bei einer Verengung der Pulmonalklappe (Abbildung 4) kommt es zu einer Druckbelastung der rechten Pumpkammer. Wenn die Verengung nur leicht ist, nimmt der Schweregrad meist im Verlauf nicht zu. Mittelschwere und schwere Verengungen bedürfen dagegen häufig einer Behandlung (Operation oder heutzutage meistens Aufdehnung mit einem Ballon-Katheter). Abb. 4: Pulmonalstenose (Lungenklappenverengung) Die Pulmonalklappe ist verwachsen und öffnet sich unvollständig. Dadurch kommt es zu einer Belastung der rechten Pumpkammer, die das Blut durch die verengte Klappe pumpen muss. Stenose der Aortenklappe Die Aortenklappe befindet sich zwischen der linken Pumpkammer und der Aorta. Sie verhindert ein Zurückfliessen des Blutes während der Füllungsphase der linken Kammer (Abbildung 5). Ist die Aortenklappe verengt, muss die linke Pumpkammer mehr Kraft aufbringen, um das Blut in die Aorta auszuwerfen. Mit der Zeit kann der Schweregrad der Klappenverengung zunehmen. Bei schwerer Verengung zeigen sich bei körperlichen Anstrengungen Symptome wie Atemnot, Brustschmerzen, Schwindel oder gar Ohnmachten. Abb. 5: Aortenstenose (Aortenklappenverengung) Die Aortenklappe ist verwachsen und öffnet sich nur unvollständig. Unter hohem Druck pumpt die linke Kammer einen Strahl Blut durch die verengte Klappe in die Aorta. 11 Stark verengte Klappen, die zu Symptomen führen, müssen mit einer Operation repariert oder ersetzt werden. Dabei kommen mechanische oder biologische Klappen zum Einsatz. Bei mechanischen Klappen muss nach der Operation mit Medikamenten das Blut «verdünnt» werden. Im Gegensatz zu biologischen Klappen, die sich mit der Zeit abnützen, müssen mechanische Klappen aber später viel weniger häufig wieder ersetzt werden. Unabhängig vom Klappentyp besteht im Verlauf das Risiko einer Infektion der Klappe. Da die Keime, die solche Infektionen verursachen, oft aus der Mundhöhle kommen, ist eine gute Zahnhygiene sehr wichtig. Koarktation der Aorta (Aortenisthmusstenose) 12 Dabei handelt es sich um eine Fehlbildung der Aorta. Wie Abbildung 6 zeigt, besteht eine Verengung der absteigenden Aorta, unterhalb des Abgangs der Kopf- und Armarterien. Diese Verengung kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein und führt dazu, dass der Blutdruck in der oberen Körperhälfte zu hoch ist und die untere Körperhälfte schlechter durchblutet wird. Meist wird die Diagnose bei Neugeborenen oder im Kindesalter gestellt. Gelegentlich macht die Aortenisthmusstenose wenig Symptome und wird erst beim Jugendlichen oder Erwachsenen erkannt. Die Behandlung erfolgt entweder mit einer Operation oder mit einer Ballonaufdehnung und Einbringung eines Metallgitterchens (Stent). Auch nach erfolgreicher Behandlung kann ein erhöhter Blutdruck bestehen bleiben. Abb. 6: Aortenisthmusstenose (Koarktation) Nach Abgang der linken Armarterie (Subclavia) findet sich eine Verengung der Aorta, wodurch der Blutstrom gehemmt wird. Der Blutdruck in der oberen Körperhälfte ist erhöht, jener in der unteren erniedrigt. Die wichtigsten zyanotischen Herzfehler mit vier Herzhöhlen Zyanotische Herzfehler bezeichnen angeborene Herzfehler, bei denen es zu einer Durchmischung des sauerstoffarmen («verbrauchten») Blutes mit dem sauerstoffreichen Blut kommt. Die Haut und Schleimhäute der betroffenen Patienten erscheinen bläulich verfärbt. Dies ist am b esten sichtbar an den Finger- und Zehenspitzen, an den Lippen und an der Zunge. Häufig sind bei diesen Patienten zudem die Finger- und Zehenendglieder verdickt («Trommelschlegelfinger»). Die Fallot-Tetralogie Dies ist der häufigste zyanotische Herzfehler. Er vereint zwei der oben besprochenen Defekte, nämlich den Ventrikelseptumdefekt und eine Verengung unterhalb der Lungenklappe. Als Folge davon sind die Lungen ungenügend durchblutet und das Blut wird zu wenig mit Sauerstoff versorgt. Über den Ventrikelseptumdefekt vermischt sich das sauerstoffarme mit dem sauerstoffreichen Blut im Herzen (Abbildung 7). Die FallotTetralogie wird meist im Kindesalter operiert. Ohne Eingriff erreichen nur wenige Patienten das Erwachsenenalter. Obwohl die meisten operierten Patienten ein normales Leben führen können, sind Folgeerscheinungen 13 relativ häufig. Viele Erwachsene benötigen später weitere Eingriffe. Regelmässige Kontrolluntersuchungen sind deshalb wichtig. Abb. 7: Fallot-Tetralogie Die häufigste «blaue» Krankheit. Es besteht ein Kammerseptumdefekt kombiniert mit einer verengten Ausflussbahn zur Lungenarterie. Die Lunge wird zu wenig durchblutet und das blaue sauerstoffarme Blut vermischt sich mit dem sauerstoffreichen Blut über den Kammerscheidewand-Defekt. Die Transposition der grossen Arterien Dieser Herzfehler tritt fast so häufig auf wie die Fallot-Tetralogie. Er entsteht dadurch, dass die grossen Arterien aus der «falschen» Kammer entspringen. Durch die Aorta wird das sauerstoffarme Blut, das aus dem Körper in die rechte Pumpkammer zurückfliesst, direkt wieder in den Körper gepumpt. Umgekehrt pumpt die linke Kammer das sauerstoffreiche Blut wieder zurück in die Lungen (Abbildung 8). Die Kreisläufe sind damit «parallel» und nicht in Serie geschaltet. Kinder, die mit dieser Fehlbildung geboren werden, können nur mit einer Operation überleben. Abb. 8: Transposition der grossen Arterien Die Aorta entspringt dem rechten Ventrikel, die Lungenarterie dem linken Ventrikel. 14 Wenn bei Geburt ein Loch der Vorhofscheidewand oder der Kammerscheidewand besteht, ist ein Überleben ohne Operation für eine gewisse Zeit möglich. Um das Erwachsenenalter zu erreichen, müssen aber auch diese Patienten früher oder später operiert werden. Bis Mitte der 1980er Jahre wurde dieser Herzfehler operiert, indem das Blut am Herzeingang mit «Kanälen» im Bereich der Herzvorhöfe umgeleitet wurde (Operation nach Senning oder Mustard). So floss das Blut wieder «in Serie» und die meisten Patienten konnten nach dieser Operation ein relativ normales Leben führen. Da aber die rechte Pumpkammer das Blut durch den Körper pumpen muss, kann es mit der Zeit zu einer Schwäche dieser Kammer kommen. Heute werden bei diesem Herzfehler die grossen Arterien in einer Operation zurückgetauscht und mit den «richtigen» Kammern verbunden. Die Langzeiterfahrungen mit dieser Operationstechnik sind noch beschränkt, das Langzeitergebnis ist aber wahrscheinlich sehr gut. Komplexe Herzfehler, mit Fehlen einer Herzhöhle oder eines grossen Gefässes Fehlen einer Herzkammer (Ventrikel) Allen bisher beschriebenen Herzfehlern ist gemeinsam, dass das Herz wie bei gesunden Menschen aus vier Herzkammern besteht, nämlich den beiden Vorhöfen und den beiden Hauptkammern (Ventrikel). Es gibt aber Herzfehler, bei denen eine Pumpkammer nur sehr klein ausgebildet ist. Bei diesen Patienten ist es nicht möglich, mittels Operation ein Herz mit zwei funktionierenden Pumpkammern (Ventrikeln) zu rekonstruieren. Der einzige funktionierende Ventrikel muss dann die Pumparbeit für beide Kammern übernehmen, das heisst als Pumpe für den systemischen (Körper-) und den pulmonalen (Lungen-)Kreislauf dienen. Dabei vermischt sich sauerstoffarmes mit sauerstoffreichem Blut. Dies führt dazu, dass diese Patienten meist zyanotisch sind. Die Abbildungen 9 und 10 zeigen zwei klassische Situationen, bei denen beide Kreisläufe aus einer einzigen Kammer gespeist werden. Im ersten Fall (Abbildung 9) ist die Klappe zwischen dem rechten Vorhof und dem rechten Ventrikel vollständig verschlossen (Atresie der Trikuspidalklappe). Das Blut, das aus den Körpervenen in den rechten Vorhof zurückkommt, fliesst durch eine Öffnung in der Vorhofscheidewand (Septumdefekt) und gelangt so über den linken Vorhof durch die verbleibende Klappe in den linken Ventrikel. Der rechte Ventrikel ist sehr klein und dient nur als Durchgang in die Lungenarterie, die Pumpfunktion wird alleine vom linken Ventrikel übernommen. Abb. 9: Trikuspidalatresie Die Trikuspidalklappe (zwischen rechtem Vorhof und rechter Kammer) ist verschlossen und der rechte Ventrikel ist stark unterentwickelt. Blaues Blut fliesst durch einen Vorhofseptumdefekt in den linken Vorhof, mischt sich mit rotem Blut und gelangt in die linke Kammer, die in diesem Fall die einzige effektive ‹Pumpe› des Herzens ist. Über einen Ventrikelseptumdefekt gelangt Blut in die kleine rechte Kammer und in die Lungenarterie. Die Lungenklappe ist oft verengt. Im zweiten hier dargestellten Fall (Abbildung 10) sind die Klappen am Ausgang beider Vorhöfe normal, führen aber beide in die linke Kammer (alleinige Kammer = «Single Ventricle» mit doppeltem Eingang). Die rechte Kammer ist nur ein Anhängsel, das durch einen Ventrikelseptumdefekt mit dem linken Ventrikel verbunden ist und als Durchgang zur Aorta dient (die Aorta entspringt in dieser Konstellation meist aus der kleinen rechten Kammer). 15 Abb. 10: Single Ventricle Hier sind beide Klappen von Vorhof zu Kammer offen, aber beide führen das Blut in den linken Ventrikel. Der rechte Ventrikel ist unterentwickelt und dient als Ausflussbahn zur Aorta, die Lungenarterie entspringt direkt dem linken Ventrikel (Transposition). 16 Bei diesen komplexen Herzfehlern kann dem Lungenkreislauf keine eigene Pumpe zugeordnet werden. Die einzige Möglichkeit, bei diesen Patienten den Lungen- vom Körperkreislauf zu trennen, besteht darin, die Körpervenen oder den rechten Vorhof direkt, ohne zwischengeschaltete Pumpe, an die Lungenarterie anzuschliessen (Fontan-Operation). Nach dieser Operation fliesst das Blut «passiv», nur durch den Sog der linken Kammer und den Druck in den Körpervenen durch die Lungen. Fehlen einer grossen Arterie Seltener kommen Herzfehler vor, bei denen beide Ventrikel gut ausgebildet sind, aber eine der grossen Arterien fehlt (oder sehr klein ist). Fehlt die Lungenarterie, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder entspringt die Lungenarterie aus der Aorta. Dies bezeichnet man als gemeinsamen Arterienstamm (Truncus arteriosus communis). Oder aber die Lungenarterien haben keine Verbindung zu einem Ventrikel oder zur Aorta (Pulmonalatresie). Andere Herzfehler Ebstein-Anomalie Es handelt sich um eine Fehlbildung der Trikuspidalklappe, der Verbindungsklappe vom rechten Vorhof zum rechten Ventrikel (die Klappe ist gegen die Herzspitze verlagert). Dadurch hat der rechte Ventrikel meist ein vermindertes Volumen, der rechte Vorhof ist vergrössert und die Trikuspidalklappe ist undicht. Das Spektrum des Schweregrades dieses Herzfehlers ist sehr gross. In einigen Fällen sind die Patienten bereits im Säuglingsalter schwer symptomatisch, bei anderen bestehen bis ins höhere Alter kaum Symptome. Oft besteht zusätzlich ein Defekt in der Vorhofscheidewand, so dass sauerstoffarmes Blut aus dem rechten Vorhof direkt in den linken Vorhof gelangt, was zu einer Zyanose führt. Die kongenital korrigierte Transposition der grossen Arterien Bei diesem Herzfehler sind die Ventrikel ‹vertauscht›. Der rechte Ventrikel pumpt das Blut durch den Körper und der linke Ventrikel durch die Lungen. Wenn keine zusätzlichen Fehlbildungen bestehen, sind betroffene Patienten meist bis ins Erwachsenenalter asymptomatisch. Zu den typischen Langzeitkomplikationen gehören langsame Rhythmusstörungen (‹Herzblock›), eine Pumpschwäche der rechten Kammer und eine Undichtigkeit der Trikuspidalklappe. Wie eingangs erwähnt, sind viele weitere Arten von Herzfehlern bekannt. Diese alle zu beschreiben würde den Rahmen dieser Broschüre sprengen. Nebst den eigentlichen angeborenen strukturellen Herzdefekten gibt es auch vererbte Herzmuskelerkrankungen (hypertrophe Kardiomyopathie, linksventrikuläre Noncompaction), vererbte Störungen der Herzerregungsbildung und vererbte Bindegewebserkrankungen (Marfan-Syndrom, Ehlers-Dahnlos), die im weiteren Sinne zu den angeborenen Herzfehlern gezählt werden können. 17 Ich heisse Thierry Winkler und bin 1973 geboren. Erst im Januar 2007 wurde bei mir ein Vorhofseptumdefekt diagnostiziert und festgestellt, dass meine Aortenklappe nur zwei Segel hat (bikuspid). Bei einer Routineuntersuchung hat mein Hausarzt, der auch Kardiologe ist, ein Herzecho durchgeführt. Anschliessend wünschte er, dass einige weitergehende Untersuchungen gemacht würden, denn er vermutete, dass das leichte Herzgeräusch, das er ein paar Jahre zuvor gehört hatte, etwas stärker geworden sei. Im Inselspital zeigte schliesslich ein transösophageales Echo, dass es sich um einen Vorhofseptumdefekt handelte. Diese Diagnose lieferte die Erklärung für die Müdigkeit, die ich immer bei körperlicher Anstrengung spürte und für meine häufig kalten Hände und Füsse. Da das sauerstoffreiche Blut zum Teil direkt in die Lungen zurückkehrte, war die Lungenarterie zu stark durchblutet und erweitert, während der Rest des Körpers nicht genug Sauerstoff bekam. 18 Um die Folgen dieser Situation, die sich in zehn Jahren hätten zeigen können, zu verhüten, musste das alles repariert werden. Da ich noch ziemlich jung war und um eine dauernde Medikamenteneinnahme zu vermeiden, beschloss man, die Klappe in Ruhe zu lassen, die noch in gutem Zustand war. Der Septumdefekt lag ziemlich ungünstig, so dass er nicht mit einem Kathetereingriff verschlossen werden konnte. Ich musste mich am 5. September 2007 am offenen Herzen operieren lassen. Nach fünftägiger Erholung im Spital konnte ich mich einige Tage zu Hause ausruhen, bevor ich für vier Wochen Rehabilitation in die Klinik Le Noirmont in den Freibergen eintrat. Die ersten Wochen nach der Operation waren besonders schwierig. Wegen der körperlichen Schmerzen, aber auch weil mein Körper alles ein bisschen langsamer angehen wollte, was meinem Temperament nicht wirklich entspricht. In der Rehabilitation bin ich vielen Menschen begegnet, die plötzliche Herzkrisen gehabt hatten. Jeder Patient wurde darum sensibilisiert, einen neuen Lebensstil einzuhalten, um Rückfälle zu verhindern. Obwohl mein Fall ganz anders lag, habe ich von den guten Ratschlägen profitiert. Ich treibe jetzt wieder viel Sport und esse gerne viel Obst und Gemüse. Ich habe auch festgestellt, dass der Sport nicht nur körperlich guttut, sondern nach der Arbeit beim Stressabbau hilft. Ich benütze regelmässig meinen Hometrainer und sooft das Wetter es erlaubt, fahre ich mit dem Mountainbike durch die Wälder. Ich spiele auch wieder Eishockey, natürlich auf Amateurniveau. Nach 2 Monaten habe ich die Arbeit wieder zu 100 Prozent aufgenommen. Zusammenfassend kann ich mich glücklich schätzen, dass ich wieder ein ganz normales Leben führen kann. Zum Schluss möchte ich noch betonen, dass meine Frau mich während dieser ganzen Zeit begleitet und voll unterstützt hat. Ihre ganze Aufmerksamkeit galt mir, wobei sie den Haushalt, ihre Arbeit und die Besuche im Spital oder der Klinik unter einen Hut bringen musste. Ein grosses Bravo für ihre Geduld und Liebe! Thierry Winkler 19 Anpassungen, Komplikationen und Begleiterkrankungen Der Körper versucht, sich den Auswirkungen eines Herzfehlers – ob operiert oder nicht – so gut wie möglich anzupassen und ungünstige Folgen des Fehlers wettzumachen. Komplikationen sind zeitlich nicht vorhersehbare Folgen eines Herzfehlers. Mit einigen Komplikationen muss man bei den meisten angeborenen Herzfehlern rechnen, zum Beispiel mit einer bakteriellen Endokarditis oder mit Herzrhythmusstörungen. Begleiterkrankungen sind gesundheitliche Probleme, die nicht das Herz direkt betreffen, aber typischerweise bei bestimmten Herzfehlern auftreten können. Anpassungen und Komplikationen bei zyanotischen Herzfehlern Bei zyanotischen Herzfehlern ist die Sauerstoffsättigung im arteriellen Blut vermindert. Der Körper reagiert mit einem logischen Anpassungsmechanismus: Die Anzahl roter Blutkörperchen, das heisst die Anzahl «Sauerstoff-Transporter», steigt. Da jeder dieser Sauerstoff-Transporter weniger Sauerstoff trägt, erlaubt die höhere Anzahl, die im Ganzen transportierte Sauerstoffmenge aufrechtzuerhalten. Bildlich gesprochen: 21 Anstelle von 50 Lastwagen, die zu 95 Prozent mit Sauerstoff gefüllt sind, zirkulieren 65 Lastwagen, die zu 75 Prozent mit Sauerstoff gefüllt sind. Zur Bildung roter Blutkörperchen benötigt unser Körper Eisen. Zyanotiker haben deshalb einen erhöhten Eisenbedarf und es kann die für manche Ärzte ungewohnte Situation auftreten, dass trotz einer erhöhten Anzahl roter Blutkörperchen im Körper ein Eisenmangel vorliegt. Stünde dem Körper mehr Eisen zur Verfügung, würde er noch mehr rote Blutkörperchen bilden. Je nachdem kann es nötig werden, die Eisenspeicher im Körper durch die Einnahme von Eisentabletten oder die intravenöse Gabe von Eisen zu füllen. In der seltenen Situation, dass der Körper zu viele rote Blutkörperchen gebildet hat und das Blut zu «dickflüssig» geworden ist, kann die Zahl der roten Blutkörperchen durch einen Aderlass (Blutentnahme, Phlebotomie) gesenkt werden. Dies wurde früher oft routinemässig gemacht, ist aber eigentlich nur sehr selten angezeigt. Falls Beschwerden wie Kopfschmerzen, Muskelschmerzen oder Schlaflosigkeit auftreten und ein Flüssigkeits- oder Eisenmangel ausgeschlossen worden sind, kann ein Aderlass nötig werden. In diesem Fall muss aber die abgenommene Blutmenge durch die Gabe von Kochsalzlösung ersetzt werden. Bei den infektbedingten Komplikationen zyanotischer Herzfehler ist in erster Linie die Endokarditis zu nennen (siehe unten), dann auch der Hirnabszess. Da das Blut, das aus dem Körper zum Herzen zurückkommt, nicht durch die Lungen «gefiltert» wird, können kleine Gerinnsel, die auch Bakterien enthalten können, ins arterielle Blut gelangen und in verschiede Organe geschwemmt werden. Das Gehirn ist besonders anfällig für solche Komplikationen. Die Bakterien können sich an irgendeiner Stelle des Gehirns festsetzen und einen Abszess bilden. Bei Fieber mit Kopfschmerzen ist es daher wichtig, dass Personen mit zyanotischen Herzfehlern ihren Arzt aufsuchen. Bakterielle Endokarditis 22 Die Endokarditis (Entzündung der Herzinnenhaut) ist eine Komplikation, die bei allen Herzfehlern droht (ausser beim Vorhofseptum-Defekt). Sie wird durch im Blut zirkulierende Bakterien verursacht, die sich auf künstlichem Material (zum Beispiel künstliche Herzklappen) oder abgenützten Stellen im Herz festsetzen und dort vermehren. In der Folge entsteht eine Infektion im Herzen, die das betroffene Gewebe weiter schädigt und b eispielsweise eine betroffene Klappe zerstören kann. Es ist nicht genau bekannt, wie solche Bakterien ins Blut und dann zum Herzen gelangen können. Typischerweise wird eine Herzinfektion durch Bakterien verursacht, die in der Mundhöhle oder auf der Haut vorkommen. Man vermutet daher, dass durch Verletzungen Eintrittspforten in den Blutkreislauf geschaffen werden, die diese Bakterien dann benützen. Wenn der Zahnarzt einen Zahn zieht oder die Dentalhygienikerin auch nur Zahnstein radikal entfernt, wenn ein Abszess oder Furunkel in der Haut aufgeschnitten wird, wird die natürliche Haut-/Schleimhaut-Barriere verletzt und Bakterien gelangen ins Blut. Das ist bei allen Menschen der Fall. Wenn kein Herzfehler besteht und kein künstliches Material im Herzen eingesetzt wurde, setzen sich diese Bakterien jedoch in der Regel nicht an der Innenwand des Herzens (Endokard) fest und werden, ohne Schaden anzurichten, «weggeschwemmt». Die Endokarditis ist eine schwere Infektionskrankheit, die eine langdauernde Behandlung mit Antibiotika erfordert und Folgeschäden nach sich ziehen kann. Dazu zählen die Zerstörung von Klappen oder die Bildung eines Abszesses im Herzen. Sie muss unter allen Umständen vermieden werden. Bis anhin wurden vorsorglich Antibiotika vor bestimmten Eingriffen verschrieben. Von dieser Praxis ist man zum Teil abgekommen, da der Nutzen dieser Antibiotikagabe in Frage gestellt wurde respektive bis anhin nie genau untersucht werden konnte. Zurzeit werden Antibiotika prophylaktisch nur noch Patienten verschrieben, bei denen das Risiko eines schweren Verlaufes einer Endokarditis besonders hoch ist. Dies sind Patienten mit bereits früher durchgemachter Endokarditis, Patienten mit Kunstklappen oder solche mit unkorrigierten zyanotischen Vitien. Nach der Einlage von Fremdmaterial (zum Beispiel Patch zum Abdecken eines Defektes oder eines Verschluss-Devices) wird während der ersten sechs Monate nach dem Eingriff ebenfalls eine Prophylaxe empfohlen, wie auch bei Patienten, bei denen trotz Eingriff ein Restdefekt übrigbleibt. Jeder Patient, der prophylaktisch Antibiotika nehmen sollte, erhält ein oranges Kärtchen mit präzisen Anleitungen, in welchen Situationen die Einnahme der Antibiotika nötig ist. Die Vorgänger des aktuellen orangefarbenen Endokarditis-Kärtchens waren rot oder grün. Im Zuge einer umfassenden Überarbeitung der EndokarditisEmpfehlungen im Jahre 2009 wurde das grüne Kärtchen (niedriges Risiko) aufgehoben und das rote Kärtchen (hohes Risiko) durch ein oranges ersetzt. Die Endokarditis-Prophylaxe-Ausweise können bei der Schweizerischen Herzstiftung bezogen werden. Die Antibiotika werden eine Stunde vor dem Eingriff eingenommen und unterscheiden sich bei Patienten mit und ohne Penicillin-Allergie. Diese Präventionsmassnahme ist zwar sinnvoll, schützt aber nicht hundertprozentig vor einer Endokarditis. Bei Fieber (eventuell mit Schüttelfrost) 23 über eine längere Zeit und einem verschlechterten Allgemeinzustand muss nach einer Endokarditis gesucht werden. Dies gelingt nur, wenn vor der Antibiotikagabe Blutkulturen abgenommen werden. Nach der richtigen Diagnose bestehen bei frühzeitiger Behandlung gute Chancen, die Infektion unter Kontrolle zu bringen, ohne dass Folgeschäden entstehen oder chirurgische Eingriffe nötig werden. Wahrscheinlich wichtiger als die Antibiotikaeinnahme in Risikosituationen ist eine jederzeit gute Mundhygiene inklusive regelmässiger Zahnarztbesuche! Selbstverständlich können auch Patienten mit Herzfehler Lust auf ein Piercing oder Tattoo haben. Leider, zum Glück aber selten, sind Fälle von Endokarditis nach solchen kosmetischen Prozeduren bekannt geworden. Am einfachsten ist es, auf diese Eingriffe zu verzichten. Wer dennoch ein Piercing oder Tattoo unbedingt wünscht, muss sich dieses unter sterilen Bedingungen in einem vertrauenswürdigen Institut anbringen lassen. Trotz aller Vorsichtsmassnahmen wird aber von einem Piercing im Bereich der Schleimhäute (Nase, Mund) abgeraten. Wer blutverdünnende Medikamente einnimmt, muss vorgängig mit seinem Arzt absprechen, ob die Blutgerinnungshemmung vorübergehend gestoppt werden soll. Herzinsuffizienz Herzinsuffizienz (Herzschwäche) bedeutet, dass das Herz zu schwach ist, um die Organe optimal mit Blut zu versorgen. Dies kann zwei Gründe haben: Entweder wird ihm eine zu hohe Leistung abverlangt oder es ist so geschwächt, dass es die normale Pumpleistung nicht (mehr) erbringen kann. Bei angeborenen Herzfehlern ist die Herzmuskelkraft meist erhalten, jedenfalls bei Kindern und Jugendlichen. Die Hauptursache der Herzinsuffizienz ist hier oft eine zu hohe Belastung. Zum Beispiel ist bei einem grossen Ventrikel- oder Vorhofseptumdefekt die Blutmenge, die das Herz gesamthaft pumpen muss, bis zu dreimal höher als normal. Es kann auch eine Herzklappe stark verengt sein, so dass das Blut nur mit viel Kraftaufwand in den Kreislauf gepumpt werden kann. 24 Es kann sein, dass im Laufe des Lebens der Herzmuskel zusehends ermüdet und die Pumpkraft abnimmt. Dies ist besonders bei komplexen Herzfehlern wie zum Beispiel dem «Single Ventricle» mit nur einer gut ausgebildeten Herzkammer der Fall. Patienten mit Herzinsuffizienz verspüren Atemnot bei Anstrengungen, zum Beispiel beim Treppensteigen. Ihre Knöchel sind geschwollen (Ödeme) und das Körpergewicht steigt an, weil der Körper Wasser einlagert. Es gibt seit langem wirksame Medikamente gegen die Herzinsuffizienz (siehe Kapitel «Medikamentöse Behandlung und Antikoagulations-Selbstkontrolle», Seite 46). Wenn jedoch ein operabler, aber noch nicht angegangener Herzfehler die Ursache der Herzinsuffizienz ist, kann ein Eingriff oft nachhaltig zu einer Lösung des Problems führen. Herzrhythmusstörungen Das Herz schlägt normalerweise regelmässig. Die Frequenz ist allerdings unterschiedlich, je nachdem, ob man schläft, wach ist oder sich körperlich anstrengt. Sogar die normale Atmung führt zu kleinen Schwankungen des Herzrhythmus. Eine Gruppe von Zellen im rechten Vorhof, Sinusknoten genannt, gibt den Takt an. Die elektrischen Impulse werden anschliessend über spezielle Leitungsbahnen, das Reizleitungssystem, durch das Herz geleitet und koordinieren die Pumpfunktion. Diese Koordination kann auf verschiedene Weise gestört werden. Zellen ausserhalb des Sinusknotens, irgendwo im Herzen, können elektrische Reize aussenden, die «dazwischenfunken». Das kann auch normalen Herzen passieren und sich mit Extrasystolen äussern, die oft als Herzstolpern spürbar sind. Herzrhythmusstörungen können dazu führen, dass das Herz viel zu schnell schlägt. Man spricht in diesem Fall von Tachykardie. Andererseits kann ein schlechtes Funktionieren des Sinusknotens oder des Reizleitungssystems den Herzschlag stark verlangsamen oder unkoordiniert werden lassen. Dies nennt man Bradykardie oder im Falle des Aussetzens einzelner Herzschläge auch Pausen und Blockierungen. All diese Herzrhythmusstörungen kommen auch bei Menschen mit normalen Herzen vor. Sie sind bei Personen mit Herzfehlern aber häufiger. Bestimmte Rhythmusstörungen sind typische Spätfolgen von Operationen am Herzen, entweder weil Narben die Ausbreitung der Reize verändern, oder weil der Sinusknoten während der Operation verletzt wurde. Wieder andere Rhythmusstörungen können auch als Folge der Überlastung auftreten. Ist der Herzrhythmus zu schnell (Tachykardie), muss er im Allgemeinen mit Medikamenten gebremst werden. In bestimmten Fällen kann auch eine Verödung überzähliger Leitungsbahnen oder unnötiger «Dazwischenfunker» angezeigt sein. Bei lebensgefährlichen schnellen Rhythmusstörungen kann es nötig werden, einen Pulsüberwacher einzusetzen, der mittels Abgabe eines Elektroschocks den Herzrhythmus bei Bedarf wieder normalisiert. Dieses Gerät nennt man ICD (implantierbarer Kardioverter-Defibrillator). Er ähnelt einem Herzschrittmacher. Im Fall eines verlangsamten Rhythmus muss oft ein Herzschrittmacher einge25 setzt werden. Personen mit Herzfehlern, ob operiert oder nicht, müssen wissen, dass es wichtig ist, mit dem Kardiologen Kontakt aufzunehmen, wenn sie plötzliche Schwindelanfälle haben oder gar in Ohnmacht fallen oder wenn ihr Herz über Minuten oder länger vor sich hin rast. Pulmonale Hypertonie Der Blutdruck im Lungenkreislauf ist normalerweise fünf- bis sechsmal niedriger als der systemische Druck im Körperkreislauf, der am Arm gemessen wird. Falls der Lungenkreislauf als Folge eines Herzfehlers «überflutet» wird, reagieren die Blutgefässe der Lunge darauf mit einer Verdickung ihrer Wände. Sie verengen sich oder können sogar ganz verstopfen. Als Folge davon steigt der Druck im Lungenkreislauf je nachdem so stark, dass er den Druck im Körperkreislauf übersteigen kann. Bei dieser schweren Form der sogenannten pulmonalen Hypertonie werden die Betroffenen zyanotisch. Man spricht in diesem Falle vom Eisenmenger-Syndrom. Der Bluthochdruck in der Lunge ist dabei irreversibel erhöht und kann durch eine Korrektur des Herzfehlers nicht mehr rückgängig gemacht werden. Eine Herzoperation kann im Gegenteil in solchen Situationen zum Tode führen, da das Herz dabei überfordert wird. 26 Christian Diem Mein Name ist Christian Diem, ich bin 1973 geboren und handicapiert, seit ich 16 war. Ich habe eine künstliche Aorta-Herzklappe, eine rechtseitige Körperlähmung und Wortfindungsstörungen, die nach einem Hirnschlag geblieben sind. Als ich 16 Jahre alt war, habe ich eine Grippe verschleppt. Die Krankheit entwickelte sich zu einer schleichenden Katastrophe. Anfangs Jahr hatte ich Dauerdurchfall, wurde immer blasser und von Gliederschmerzen geplagt. Ich fühlte mich kraftlos, müde und abgeschlagen. Der Arzt stellte nur einen Eisenmangel fest. Im Frühjahr bekam ich geschwollene Beine. Nach vier Monaten unentdeckter Endokarditis wurde ich ins Spital eingewiesen. Der Oberarzt diagnostizierte bei mir eine Aortenklappenentzündung und ich wurde mit der Ambulanz ins Universitätsspital Zürich verlegt. Die Endokarditis hatte meine Aortenklappe zerstört und erforderte eine Herzoperation. Während der Klinikzeit wurden mir alle vier Weisheitszähne gezogen. Dann konnte ich bis zur Herzoperation nach Hause fahren. Doch es kommt ganz anders, als man denkt. In der Nacht wurde ich plötzlich von starken Kopfschmerzen und Sprechstörungen geplagt. Mit einem Hirnschlag wurde ich wieder ins Spital eingewiesen. Weil ich gute Fortschritte machte, wurde die Herzoperation Ende Juni durchgeführt. Trotzdem hoffte ich, dass ich nach den Sommerferien die Verkehrsschule besuchen kann. Aber zuerst wurde mein Tag mit Reha27 bilitation ausgefüllt. Anfang August trat ich, noch im Rollstuhl, ins Jugendwerk Gailingen (Deutschland) ein, wo ich anderthalb Jahre blieb und auch die Schule besuchte. Meine Schulzeit beendete ich dann in Trogen. Die Behinderung und die Aphasie erschwerten mir die Lehrstellensuche. Zum Glück fand ich doch noch eine KV-Lehrstelle. Heute arbeite ich in der Buchhaltung im Kantonsspital St. Gallen. Ein früherer Chef sagte: «Gesunde MÜSSEN arbeiten, die Behinderten WOLLEN arbeiten.» Die grösste Faszination für mich war schon als kleiner Bub die Eisenbahn. An manchen Wochenenden bin ich in der ganzen Schweiz an den BahnJubiläums-Festen anzutreffen. Mein Grossvater und ich teilen die Begeisterung für die Gotthard-Strecke. Als OK-Mitglied der CUORE-MATTOFerienwoche bin ich verantwortlich für die Bestellung der ÖV und den reibungslosen Ablauf der Ausflüge. Acht Jahre nach der ersten Operation, wurde mir eine künstliche Aortenklappe eingesetzt. Seither bin ich auf blutverdünnende Medikamente angewiesen. Ich bin immer noch ein Optimist, aber Höhen und Tiefen werden wohl weiterhin mein Leben beeinflussen. Seit einigen Jahren gibt es Medikamente, die speziell zur Senkung des Lungenhochdrucks entwickelt wurden. Sie können den Lungenhochdruck senken, aber oft nicht normalisieren. Eine rechtzeitige Operation des Herzfehlers ist die wichtigste Massnahme, um die Entwicklung eines irreversiblen Lungenhochdrucks zu vermeiden. Begleiterkrankungen Bei etwa einem Drittel der Patienten mit angeborenen Herzfehlern treten Begleiterkrankungen auf, die nicht das Herz direkt betreffen. Etwa fünfzehn bis zwanzig Prozent der Herzfehler sind Teil eines sogenannten Syndroms, das heisst einer Kombination von Fehlentwicklungen, die mehrere Organsysteme betreffen. Zudem gibt es eine ganze Reihe von Krankheiten, die als Folge eines angeborenen Herzfehlers im späteren Leben hinzukommen. 28 Eine Begleiterkrankung beziehungsweise deren Behandlung wird unter Umständen von den besonderen Kreislaufbedingungen bei Herzpatienten und deren Behandlung beeinflusst. Ein wichtiges Beispiel dafür ist das Absinken des Blutdrucks bei Fieber, Flüssigkeitsverlust oder Narkose, was sich ungünstig auswirkt auf den Kreislauf von Patienten mit Lungenhochdruck oder Zyanose und die Kreislaufsituation weiter gefährden kann. Bei komplexen Herzfehlern oder allgemein bei Herzfehlern, die Nicht-Herzfehler-Spezialisten wenig vertraut sind, ist deshalb eine Verständigung zwischen allen involvierten Ärzten auch bei scheinbar «harmlosen» Eingriffen wichtig und sollte auch vom Patienten nachdrücklich verlangt werden: So sollten sich Frauenärzte, Narkoseärzte, Chirurgen und Zahnärzte vor einer Operation mit dem zuständigen Herzspezialisten in Verbindung setzen. Behandlungskette und Übergang ins Erwachsenenalter (Transition) Die erste Anlaufstelle für alle gesundheitlichen Probleme ist in der Regel der Hausarzt. Wenn ein Kinderarzt die Funktion des Hausarztes hatte, werden Sie im jugendlichen und Erwachsenenalter in der Regel einen Allgemeinpraktiker oder einen Internisten als Hausarzt wählen. Daneben benötigen Sie in gewissen Abständen auch die Untersuchung und Beratung durch einen im Umgang mit angeborenen Herzfehlern erfahrenen Kardiologen. Diese Herzspezialisten werden auch GUCH-Kardiologen genannt. GUCH steht für «Grown up with Congenital Heart Disease» respektive «Erwachsen mit angeborenem Herzfehler». Eine gute Zusammenarbeit des Kinderkardiologen mit dem Herzspezialisten für Erwachsene ist sehr wichtig. In der Schweiz gibt es die spezielle Gruppe «WATCH» (= Working Group for Adults and Teenagers with Congenital Heart Disease) der Schweizerischen Gesellschaft für Kardiologie, welche die Fortbildung und Forschung auf dem Gebiet der angeborenen Herzfehler beim Erwachsenen fördert. Durch gemeinsame Bespre29 chungen lernen einerseits die GUCH-Kardiologen die aktuellen Erkenntnisse und Behandlungsmethoden im Kindesalter besser kennen, andererseits erhalten die Kinderkardiologen Informationen über das weitere Schicksal ihrer Patientinnen und Patienten, was wiederum Einfluss auf die aktuelle Behandlung angeborener Herzfehler bei Kindern haben kann. Kinder- und Erwachsenenärzte profitieren so voneinander. Sie sollten Ihre Ansprechpartner für alle Arten von Fragen kennen, sei es der Hausarzt, der Kardiologe in der Praxis oder im Zentrumsspital. Es muss sichergestellt sein, dass andere Ärzte, bei denen Sie in Betreuung sind, vor Eingriffen und Operationen mit Ihrem Kardiologen Kontakt aufnehmen. Nur so werden Missverständnisse vermieden und wichtige medizinische Sachverhalte rechtzeitig vermittelt. Transition Erwachsen werden mit angeborenem Herzfehler bedeutet nebst vielem anderem auch, dass Sie die Eigenverantwortung für Ihre Gesundheit wahrnehmen. Die Fähigkeit, dieser Eigenverantwortung nachkommen zu können, fällt den wenigsten einfach so in den Schoss. Es ist in der Regel ein mehrjähriger Lernprozess. Im medizinischen Sprachgebrauch Monika Rüegg 30 Mein Name ist Monika Rüegg. Ich wurde 1962 mit einem Single Ventrikel und einem offenen Ductus Botalli geboren. Die Ärzte prophezeiten mir kein langes Leben, eine Korrektur des Herzfehlers war damals noch nicht möglich. Dennoch entwickelte ich mich erstaunlich gut und konnte wie alle anderen Kinder die Primarschule besuchen. Eine erneute medizinische Abklärung ergab, dass sich inzwischen ein Eisenmenger-Syndrom mit erhöhtem Blutdruck in der Lunge entwickelt hatte. Die Aussicht auf eine Operation zerschlug sich damit endgültig. Die restliche Schulzeit und eine kaufmännische Lehre bewältigte ich ohne grössere Probleme. Auch das Berufsleben mit Vollzeitpensum bereitete mir keine Mühe, bis ich 1985 eine schwere Lungenblutung erlitt. Nach diesem Rückschlag durfte ich auf Anraten der Ärzte nur noch zu 50 Prozent arbeiten. Stress und Leistungsdruck machten mir im Laufe der Jahre jedoch immer mehr zu schaffen, so dass ich mich Mitte 2001 schweren Herzens entschloss, eine volle IV-Rente zu beantragen. Nach dem Ausstieg aus der Berufswelt war die Wahl zur Gemeindeschreiberin meines Wohnortes ein willkommener Neustart. Das anspruchsvolle Nebenamt mit geringem Pensum ermöglichte mir, zu Hause zu arbeiten und die Zeit meinem Befinden entsprechend frei einzuteilen. Daneben engagierte ich mich bis 2009 im Vorstand von CUORE MATTO und führe 31 heute mit Freude das Sekretariat. So bleibt mir viel Freiraum, den ich so gut es geht nutze. Mit meinem Ehepartner teile ich die Liebe zu Irland, das wir seit mehr als zwanzig Jahren regelmässig bereisen. Das Leben mit einem komplexen, inoperablen Herzfehler hat seine Tücken. Die Leistungsfähigkeit ist stark eingeschränkt, körperliche Aktivitäten sind nur in geringem Umfang möglich. Ein leichtes, kontrolliertes Muskelund Ausdauertraining hilft, die Körperkraft noch möglichst lange zu erhalten. Meine Tagesform schwankt allerdings mit zunehmendem Alter sehr stark, so dass der Alltag oft nicht mehr planbar ist. Gemessen an der Schwere meines Handicaps ist meine Lebensqualität dennoch recht gut. Der Lungenhochdruck – an sich eine ernste Krankheit mit meist tödlichem Ausgang – kann heute dank neuartigen Medikamenten zum Glück ziemlich gut stabilisiert werden. Bei einer Verschlechterung der Situation wäre eine Herz-Lungen-Transplantation die einzige Option, für mich jedoch nicht unbedingt ein gangbarer Weg. So bleibt mir zu hoffen, dass mir mein Körper noch einige Jahre treu bleibt und ich mit meinem Mann noch oft nach Irland reisen kann. wird der Begriff «Transition» dafür verwendet. Mit Transition wird der Wechsel von der kinderärztlichen (pädiatrischen) Betreuung zur Betreuung in der Erwachsenenmedizin bezeichnet. Sie beinhaltet eine altersgerechte medizinische Aufklärung und Gespräche über Diagnose, Eingriffe, Konsequenzen und Zukunftsperspektiven. Als Erwachsener mit einem angeborenen Herzfehler müssen Sie über Ihren Herzfehler und seine Folgen Bescheid wissen. Einige Langzeitfolgen von Eingriffen am Herzen im Kindesalter (zum Beispiel Herzrhythmusstörungen oder die Abnützung eingesetzter Herzklappen) können sich erst zwanzig bis dreissig Jahre nach der Operation bemerkbar machen. Somit gehört das Wissen und Akzeptieren, ob, wie häufig und wo weitere kardiologische Nachkontrollen im Anschluss an die Kinderkardiologie nötig sind, mit auf den Weg in Ihr Erwachsenenleben. Der Zeitpunkt des Übergangs der medizinischen Betreuung vom Kinderkardiologen an den GUCH- oder Praxiskardiologen ist von Patient zu Patient verschieden. Lebenslange kardiologische Versorgung 32 Folgende Empfehlungen tragen zum Gelingen von kardiologischen Verlaufskontrollen bei: Übernehmen Sie selbst eine aktive Rolle. Erkundigen Sie sich, wann die nächste kardiologische Verlaufskontrolle nötig ist und ob Sie aufgeboten werden, Ihr Hausarzt Sie erneut zuweisen oder Sie sich selbst melden müssen. Falls das fällige Aufgebot ausbleibt, fragen Sie nach. Bitten Sie um eine Kopie der Arztberichte. Auch wenn Sie vielleicht nicht alles im Arztbericht verstehen, ist es nützlich, den Überblick über Untersuchungen und Eingriffe zu behalten und die medizinischen Informationen nötigenfalls auch weitergeben zu können. Besonders wichtig sind die Protokolle der durchgeführten Operationen, da sie bei allfälligen später auftretenden Problemen und speziell bei der Planung weiterer Eingriffe wertvolle Hinweise liefern. Wenn Sie wegziehen, besprechen Sie mit Ihrem Kardiologen, wo die weiteren Verlaufskontrollen vorgenommen werden sollen. Die spezialisierten Fachleute für Erwachsene mit angeborenem Herzfehler sind (auch international) vernetzt und können Ihren zukünftigen Kardiologen vorinformieren. Die wichtigsten und häufigsten Untersuchungsmethoden In diesem Kapitel werden die wichtigsten Untersuchungsmethoden kurz beschrieben. Weitere Informationen zu den Untersuchungsmethoden finden Sie in den entsprechenden Broschüren und auf der Website der Schweizerischen Herzstiftung. Wenn Sie den Grund einer Untersuchung oder die Untersuchungsmethode nicht verstehen, sprechen Sie mit Ihrem Arzt und lassen Sie sich beraten. EKG Das Elektrokardiogramm (EKG) registriert die feinen elektrischen Ströme, die sich bei der Erregung des Herzens über den Herzmuskel ausbreiten. Mit dem EKG werden bei Patienten mit angeborenem Herzfehler vor allem der Herzrhythmus, Erregungsausbreitungsstörungen im Herzen, Rhythmusstörungen und Anzeichen einer Verdickung der Herzwände untersucht. Holter-EKG Das Holter-EKG wird auch Langzeit-EKG genannt. Diese Untersuchung soll den Herzrhythmus im Alltag dokumentieren. Sie wird ambulant durchgeführt. Der Patient geht während der Registrierung seinen üblichen Alltagsverpflichtungen nach. Der Herzrhythmus wird von einem kleinen tragbaren Recorder aufgezeichnet, der über Klebeelektroden mit dem Brustkorb verbunden ist. 24-Stunden-Blutdruckmessung Ein Registriergerät misst während 24 Stunden in bestimmten Zeitabständen den Blutdruck und zeichnet ihn auf. Diese Untersuchung dient der Bestätigung oder dem Ausschluss eines zu hohen Blutdruckes (bei grenzwertigen Blutdruckwerten während der ärztlichen Untersuchung). Röntgenbild Das Röntgenbild ist eine seit langem verwendete und auch heute noch gebräuchliche Untersuchungsmethode. Bei Eintritt ins Erwachsenenalter wird oft ein Röntgenbild des Brustkorbs gemacht. Bei Bedarf können dann später neue Röntgenbilder mit diesem Ausgangsbild verglichen werden. 33 Echokardiographie (Herzultraschall) Bei der Echokardiographie wird das Herz durch die Brustwand mittels Ultraschall untersucht. Sie ist die zentrale Standarduntersuchung für die meisten angeborenen Herzfehler. Sie erlaubt eine Beurteilung der Grösse und Pumpfunktion der Herzkammern und die Beurteilung der Funktion der Herzklappen (Verengung und/oder Undichtigkeit). Zudem können Defekte (zum Beispiel Defekte in den Herzscheidewänden) zuverlässig dargestellt werden. Gelegentlich wird bei bestimmten Fragestellungen die Ultraschalluntersuchung über die Speiseröhre durchgeführt (transösophageale Echokardiographie). Dies ist zum Beispiel notwendig, wenn ein Gerinnsel innerhalb der Herzvorhöfe vermutet wird, was bei gewissen Herzrhythmusstörungen vorkommen kann. Damit diese Untersuchung für den Patienten möglichst angenehm verläuft, wird zuerst der Rachen mit einem Spray örtlich betäubt. Die meisten Patienten erhalten zudem ein leichtes Schlafmittel. Belastungstest (Ergometrie) 34 Ein Belastungstest kann auf dem Fahrrad (Fahrrad-Ergometer) oder auf dem Laufband (Laufband-Ergometer) durchgeführt werden. Mit dem Belastungstest werden Leistungsfähigkeit, Puls und Blutdruckanstieg bei Belastung untersucht. Dabei wird immer ein EKG aufgezeichnet, um Herzrhythmusstörungen unmittelbar zu erkennen. Oft wird zudem über eine Gesichtsmaske oder ein Mundstück die Sauerstoffaufnahme gemessen. Dies ist ein wichtiger zusätzlicher Wert zur Abschätzung der Herzleistung unter Belastung. Magnet-Resonanz-Untersuchung (MRI) Mit dem MRI (Magnetic Resonance Imaging) lassen sich Schichtbilder in jeder beliebigen Ebene des Körpers darstellen. Die Technik arbeitet mit starken Magneten und Radiowellen, ist aber ungefährlich. Sie erlaubt eine genaue Darstellung der Grösse und Funktion der Herzkammern und eine gute Darstellung der grossen Gefässe. Wegen der starken Magnete dürfen zurzeit allerdings Patienten mit einem Herzschrittmacher (mit Ausnahme von wenigen MRI-tauglichen Modellen) oder mit einem implantierten Defibrillator (ICD) nicht mit dieser Methode untersucht werden. Computer-Tomographie Mittels Computer-Tomographie werden ebenfalls Schichtbilder des Körpers aufgenommen, die später auch zu dreidimensionalen Bildern zusammengesetzt werden können. Dies ist oft sehr aufschlussreich bei der Planung von Eingriffen oder Operationen. Anders als beim MRI arbeitet die Computer-Tomographie mit Röntgenstrahlen. Wegen dieser Strahlenbelastung wird die Computer-Tomographie bei jungen Patienten nur dann eingesetzt, wenn MRI oder Ultraschall nicht genügend Informationen liefern. In den letzten Jahren konnte dank technologischer Fortschritte die Strahlenbelastung insgesamt aber deutlich gesenkt werden. Herzkatheter-Untersuchung Bei der Herzkatheter-Untersuchung werden über Kanülen in den Arterien und Venen in der Leiste, gelegentlich auch in der Armbeuge oder einer Vene am Hals, Katheter (= dünne Plastikschläuchlein) in die grossen herznahen Venen, zu den grossen Arterien und zum Herzen vorgeschoben. Dies erlaubt eine exakte Druckmessung. Über die Katheter kann auch Kontrastmittel gespritzt werden zur Darstellung der grossen Gefässe und der Herzhöhlen. Die Untersuchung wird in der Regel unter örtlicher Betäubung (Lokalanästhesie) durchgeführt. Eine Narkose ist bei jugend35 lichen und erwachsenen Patienten normalerweise nicht notwendig. Meistens wird die Herzkatheter-Untersuchung veranlasst, wenn gleichzeitig eine Behandlung via Herzkatheter geplant ist. «Lost in Transition» Mein Name ist Christian Gehrig. Am 14. Oktober 1983 wurde ich als erstes Kind mit einem Double outlet right ventricle mit Malposition der grossen Gefässe und einem Ventrikel-Septumdefekt geboren. Im Jahre 1990 wurde die Korrektur-Operation in Zürich durchgeführt. Meine Eltern und ich fuhren sechsmal nach Zürich. Jedes Mal wurden wir nach Vorbereitungen wieder nach Hause geschickt, da Unvorhergesehenes operiert wurde. Operieren wäre gegangen, aber die Nachbetreuung auf der Intensivstation war nicht gewährleistet. Dies war sowohl für meine Eltern wie auch für mich sehr belastend. Das siebte Mal wollte ich nicht mehr mitgehen und verkroch mich unter dem Bett. Ich trat ins Kinderspital in Zürich ein und wurde dann im Universitätsspital operiert. Meine Mutter wohnte in dieser Zeit in Zürich in einem Patienten-Elternzimmer und mein Vater kam sicher jeden zweiten Tag von Hünibach/BE zu mir beziehungsweise zu uns. Wenn meine Mutter Unterricht gab (Teilzeit), besuchte mich meine Grossmutter. So war immer jemand bei mir. In der Zeit von der Geburt bis zur grossen Operation wurde ich nach Angaben der Eltern oftmals zyanotisch. Circa zwei Monate nach der Operation in Zürich, die mit grossen Komplikationen verbunden war, konnte ich zur Freude meiner Eltern nach Hause. Doch diese Freude dauerte nicht lange. Ich bekam eine Endokarditis und musste wieder nach Zürich ins Spital. Auf Drängen meiner Eltern wurde ich drei Wochen später nach Bern verlegt. Das mit der Ambulanz. Bei der Herzoperation wurde ich noch mittels einer Bluttransfusion mit dem Hepatitis-C-Virus infiziert. 36 Als auch diese Endokarditis überstanden war, durfte ich nach Hause und besuchte für das restliche Jahr noch den Kindergarten. Die Schulzeit begann ich so mit einem späteren Jahrgang. In dieser Zeit wurde ich sporadisch vom Kinderarzt untersucht. Grössere Krankheiten hatte ich aber nie. Ab dem neunten Schuljahr ging es mir den Umständen entsprechend gut. Daher besuchte ich auch den Arzt nicht mehr und wurde auch nicht zu einer Kontrolle aufgeboten. Ich erlernte den Beruf des Servicefachangestellten. In der Freizeit ging ich oft mit meinen Eltern wandern. Da konnte ich mein Tempo selber bestimmen. Leistungssport konnte ich nie treiben. Beruflich wurde ich aber in dieser Zeit schnell müde und merkte, dass der Beruf als Servicefachangestellter mit 100 Prozent zu streng für mich wurde. Da ich gerne Kontakt zu Menschen habe, absolvierte ich den SRK-Pflegehelferkurs. Leider wurde auch diese Arbeit zu viel. In dieser Zeit war ich oft beim Hausarzt, welcher mich auch zu weiteren Untersuchungen nach Bern schickte. Im Sommer 2010 wurde dann anhand der Herzkatheteruntersuchung festgestellt, dass meine Aortenklappe rinnt und die Aorta oberhalb der Klappe zu gross war. Im Januar 2011 wurde mir ein mechanischer Aortenklappenersatz eingesetzt. Die Operation verlief gut. Die spätere Reha absolvierte ich ambulant im Spital in Thun. Beruflich muss ich ein neues Standbein im Bürobereich zu 100 Prozent mit 50 Prozent Leistung finden … und mich wohl immer wieder an neue gesundheitliche Situationen anpassen. Wenn jemand etwas weiss oder vielleicht sogar eine Arbeitsstelle in der Region Berner Oberland/Bern zu vergeben hat, würde ich mich sehr darüber freuen. Ich wohne noch bei meinen Eltern. Wir haben ein sehr gutes Verhältnis zusammen! Christian Gehrig 37 Operationen und interventionelle Eingriffe Dank bedeutenden Fortschritten in der Medizin während der letzten Jahrzehnte können heute auch komplizierte Herzfehler erfolgreich operativ behandelt werden. Neben den Fortschritten in der Herzchirurgie haben neue Erkenntnisse in diagnostischen Verfahren, in der Herzanästhesie, der Intensivmedizin, der Pflege und der Physiotherapie zum Erfolg in der Behandlung von angeborenen Herzfehlern beigetragen und vielen Kindern das Überleben bis ins Erwachsenenalter ermöglicht. Te iloperation – palliative Operation 38 Das Ziel der Teiloperation oder des Palliativeingriffs ist die Verbesserung der Symptome und der Lebensqualität. Der Herzfehler wird in seiner Anatomie nicht oder nur unwesentlich verändert (zum Beispiel der Kammerscheidewanddefekt wird nicht verschlossen), das heisst, die wichtigsten Defekte bleiben bestehen. Die meisten palliativen Eingriffe werden (als vorbereitende Massnahme) zur Verbesserung der Lungendurchblutung und somit zur Linderung der Zyanose bei ungenügendem Blutfluss in die Lunge durchgeführt. So wird beispielsweise zwischen der linken Armarterie und der linken Lungenarterie eine Verbindung hergestellt, um die Lungendurchblutung zu optimieren (der Patient ist weniger zyanotisch oder weniger «blau»). Ein palliativer Eingriff kann sein: 7 Ein erster Schritt hin zur definitiven Operation, weil das Kind noch zu klein oder zu krank für die eigentliche Reparatur des Herzfehlers ist. 7 Eine Behandlungsmöglichkeit zur Verbesserung der Symptome, weil der Herzfehler wegen des Schweregrades nicht behoben werden kann. Reparative Operation In der Vergangenheit wurde häufig von «Totalkorrektur» eines Herzfehlers gesprochen. Dieser Begriff beinhaltet eine vollständige Korrektur des Herzfehlers und lässt vermuten, dass in Zukunft keine Operationen mehr notwendig sein werden. In den letzten Jahren hat sich aber gezeigt, dass der Ausdruck «Totalkorrektur» nur für ganz wenige angeborene Herzfehler gilt (beispielsweise offener Ductus Botalli, Vorhofseptumdefekt). Für viele Herzfehler ist er aus folgenden Gründen nicht ganz zutreffend: 7 Oft erfolgt eine funktionelle Reparatur. Das Herz ist nach der Repara- 7 7 7 7 tur anatomisch korrigiert, aber nicht normal. Ein typisches Beispiel hierfür ist die Reparatur der Transposition der grossen Arterien mit einer Vorhofumkehr (Senning- oder Mustard-Operation). Bei diesen Patienten fliesst zwar das Blut normal durch den Kreislauf, die rechte Pumpkammer, die normalerweise das Blut durch die Lungen pumpt, muss bei diesen Patienten aber das Blut durch den Körperkreislauf pumpen. Gelegentlich bestehen Restdefekte am Rande von «Flicken», die zum Verschluss von Scheidewanddefekten verwendet wurden. Reparierte Klappen können sich mit der Zeit wieder verengen oder undicht werden. Künstliche Klappen (biologische Klappen) verkalken mit der Zeit und verengen sich oder werden undicht. Nach fast allen Herzoperationen bestehen Narben in der Muskulatur der Herzvorhöfe oder der Herzkammern, was die Entstehung von Herzrhythmusstörungen begünstigt. Der bis anhin verwendete Begriff «Totalkorrektur» wird deshalb zunehmend durch den Begriff «reparative Operation» ersetzt. Einige Beispiele von reparativen Herzoperationen werden im Folgenden erläutert. Reparatur einer Fallot’schen Tetralogie Bei der Reparatur einer Fallot’schen Tetralogie wird der Kammerscheidewanddefekt verschlossen und die Einengung im Ausflusstrakt der rechten Kammer behoben. Oft besteht aber nach der Operation eine Resteinengung und/oder eine Undichtigkeit der Pulmonalklappe (Klappe zwischen Lungenarterie und rechter Herzkammer) (Abbildungen 11a und b). Abb. 11a und b: Operation der Fallot-Tetralogie a) Seitenanblick der Tetralogie: LV = linker Ventrikel RV = rechter Ventrikel PA = Pulmonalarterie (Lungenarterie) Ao = Aorta b) Nach der Korrektur: Der Kammerseptumdefekt ist mit einem «patch» verschlossen, und die Ausflussbahn zur Lungenarterie ist erweitert worden. Oft besteht eine undichte Pulmonalklappe, nachdem diese chirurgisch eröffnet wurde (Pfeil). a) b) Ao PA LV RV 39 7 Bei einer Transposition der grossen Arterien entspringt die Lungen- arterie aus der linken und die Aorta aus der rechten Kammer. Bis Mitte der 1980er Jahre wurde bei der Reparaturoperation das Blut auf Ebene des Vorhofs auf die Gegenseite umgeleitet (zum Beispiel Vorhofumkehr nach Senning). Somit besteht eine funktionelle (das Blut fliesst nun richtig), aber nicht eine anatomische «Korrektur» (die rechte Herzkammer ist weiterhin mit der Aorta verbunden und pumpt das Blut durch den Körper anstatt durch die Lunge). (Abbildung 12) Abb. 12: Operation nach Senning oder Mustard im Falle der Transposition Durch eine komplexe Operation werden im Bereich der Herzvorhöfe Kanäle geschaffen, die das Blut umleiten und so einen funktionierenden Kreislauf herstellen. Das blaue Blut gelangt nun in die linke Kammer und von dort in die Lungenarterie (Pfeile), während das sauerstoffreiche rote Blut in den rechten Ventrikel und von dort in die Aorta gelangt. 40 Fontan-Operation Bei komplexen Herzfehlern mit nur einer funktionierenden Herzkammer werden die Kreisläufe getrennt, indem das sauerstoffarme blaue Blut direkt von den grossen Körpervenen oder vom Herzvorhof in die Lungenarterie geleitet wird. Diese Patienten sind nach der Operation nicht mehr blau (Abbildungen 13a und b). Abb. 13a und b: a) «Klassische» Fontanoperation: Die rechte Pumpkammer ist nur ganz klein. Das sauerstoffarme Blut wird deshalb über den rechten Vorhof direkt in die Lungenarterie geleitet. a) b) «Moderne» Fontan-Operation: b) Hier wird auch der rechte Herzvorhof ausgeschaltet und das Blut direkt von den grossen Körpervenen (Hohlvenen) in die Lungenarterie geleitet. Man erhofft sich, dass bei diesen Patienten im Langzeitverlauf weniger Herzrhythmusstörungen auftreten als bei Patienten mit der «klassischen» Fontan-Operation. Schrittmacher Bei angeborenen Herzfehlern und erworbenen Herzerkrankungen können Störungen der elektrischen Reizleitung im Herzen (Blockierungen) auftreten. Das Herz schlägt in der Folge zu langsam. Dies kann zu einer Abnahme der Leistungsfähigkeit oder gar zu kurzen wiederkehrenden Bewusstseinsverlusten führen. Diese Blockierungen können durch einen elektrischen Herzschrittmacher 41 überbrückt werden. Ein Herzschrittmacher ist ein kleines Gerät, das unter die Haut eingepflanzt und mit Elektroden (Drähten) mit dem Herzen verbunden wird. Wird der Herzschlag zu langsam, gibt der Schrittmacher elektrische Impulse ab und die Herzfrequenz normalisiert sich. Dies ist schmerzlos und wird vom Patienten in den allermeisten Fällen nicht bemerkt. Bei manchen Patienten mit angeborenen Herzfehlern ist die Implantation eines Schrittmachers aufgrund der komplizierten Herzanatomie schwierig und muss von Spezialisten durchgeführt werden. Für weitere Informationen können Sie die Broschüre «Der Herzschrittmacher» bei der Schweizerischen Herzstiftung bestellen. Implantierbarer Defibrillator (ICD = Internal Cardioverter Defibrillator) Neben den Blockierungen mit zu langsamem Puls kann es zu Herzrhythmusstörungen kommen, bei denen das Herz zu schnell schlägt (Tachykardien, Herzrasen). Einige dieser Rhythmusstörungen können bedrohlich sein (Kammertachykardien). Wenn die Ursache einer bedrohlichen Rhythmusstörung nicht behoben werden kann, kommen gelegentlich implantierbare Defibrillatoren (ICD) zum Einsatz. Diese funktionieren sehr ähnlich wie Herzschrittmacher, können aber bei Auftreten gefährlicher Rhyth- musstörungen mit der Abgabe eines Impulses (Schrittmacherimpulse oder «Schock») gefährliche Rhythmusstörungen beenden. Wenn Sie mehr wissen möchten, können Sie die Broschüre «Herzrhythmusstörungen» oder «Der implantierbare Defibrillator» bei der Schweizerischen Herzstiftung bestellen. Radiofrequenzablation (Verödung von Herzrhythmusstörungen) Diese Behandlung erfolgt über Herzkatheter, meist von der Leiste aus. Dabei wird zuerst eine elektrische «Landkarte» des Herzens erstellt, bevor gezielt versucht wird, den Ursprung einer Herzrhythmusstörung über die feinen Sonden, die ins Herz eingebracht werden, zu veröden. Herztransplantation 42 Bei manchen Patienten mit angeborenen Herzerkrankungen wird bei schwer eingeschränkter Leistungsfähigkeit eine Herztransplantation oder eine Herz-Lungen-Transplantation in Betracht gezogen. Für ausgewählte Patienten kann dies eine gute Behandlungsoption sein. Sie kommt aber erst in Frage, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: 7 Schwere Symptome, Einschränkungen der Lebensqualität und der Lebenserwartung trotz optimaler Einstellung der medikamentösen Therapie und Ausschöpfung sämtlicher herzchirurgischer Methoden (zum Beispiel Ersatz einer Herzklappe). 7 Eine Transplantation ist technisch möglich (aufgrund der komplexen Anatomie ist dies nicht bei allen Patienten mit angeborenen Herzfehlern der Fall). 7 Keine schweren anderen Erkrankungen (ausser der Herzerkrankung), die den Erfolg der Herztransplantation in Frage stellen oder gefährden. 7 Bereitschaft und Fähigkeit zur Einhaltung einer komplizierten medizinischen Behandlung. Das Mitmachen des Patienten und der Angehörigen ist unabdingbar. Der Zeitpunkt der Herztransplantation wird bestimmt durch das Risiko des Spontanverlaufs der Herzerkrankung und das Risiko der Herztransplantation selbst. Der Zeitpunkt ist dann gekommen, wenn das Risiko der Herztransplantation kleiner ist als das Risiko des Spontanverlaufs der Herzkrankheit. Folgende Punkte sind wichtig: 7 Frühzeitiges Gespräch mit dem behandelnden Arzt über die Möglichkeit einer Herztransplantation, damit der einschneidende Entscheid für oder gegen die Herztransplantation in Ruhe von Betroffenen und Angehörigen zusammen mit dem Arzt getroffen werden kann. Der Entscheid muss meistens über Wochen bis Monate reifen. 7 Möglichst früh soll auch ein Arzt mit Erfahrung in der Transplantationsmedizin in die Betreuung miteinbezogen werden. So kann ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden und die Betroffenen erhalten eine kompetente Beratung über Erfolgschancen und die Nachbetreuung. Wenn die Transplantation gelingt, haben Patienten mit einem angeborenen Herzfehler nach der Operation meistens eine bessere Leistungsfähigkeit als zuvor. Die Patienten sind aber nach einer Herztransplantation nicht «geheilt». Es bedarf einer engmaschigen spezialisierten Nachbetreuung mit regelmässigen Gewebeproben aus dem Herzmuskel, um Abstossungen frühzeitig zu erkennen. Alle Patienten müssen lebenslang konsequent Medikamente einnehmen, die das Immunsystem unterdrücken und so die Abstossung des «fremden» Organes verhindern. Interventionen – Herzkathetereingriffe Herzkathetereingriffe erfolgen meist über eine Vene oder Arterie in der Leiste. Die Techniken haben sich über die letzten Jahre rasch weiterentwickelt. Mit Ballonkathetern lassen sich beispielsweise verengte Herzklappen oder verengte Gefässe erweitern. Scheidewanddefekte wie vor allem Vorhofseptumdefekte können heute oft mit einem «Schirmchen» verschlossen werden, ohne dass der Brustkorb geöffnet werden muss. 43 In den letzten Jahren wurden Techniken entwickelt, die das Einbringen neuer Herzklappen über die Leiste ermöglichen. Die meisten Eingriffe erfolgen im Wachzustand und bedürfen lediglich einer örtlichen Betäubung in der Leiste. Ein Hautschnitt (mit Narbe) ist nicht notwendig und die Erholungszeit ist deutlich kürzer als nach einer Operation am offenen Herzen. Dass dieses Leben einmal mein Leben sein würde, hätte ich damals nicht gedacht. Damals war vor 21 Jahren, ich war 14 Jahre alt und stand vor meiner zweiten Herz-, nämlich einer Fontan-Operation. Die Diagnose Trikuspidalatresie, Pulmonalstenose,Vorhof- und Ventrikelseptumdefekt liess mir in meinen Kinder- und frühen Jugendjahren wenig Spielraum. Meine Leistungsgrenze erreichte ich täglich mehrmals und objektiv betrachtet bereits bei bescheidenen Leistungen. Dennoch war ich erstaunlicherweise ein sehr aktives Kind. Den Vergleich mit meinen Freunden habe ich jedoch nie angestellt. Sie lebten in ihrer Welt, ich in meiner. Ich erhoffte mir durch den Eingriff einzig, dass ich ihn überleben würde. Tatsächlich hat er mich aber in die andere Welt gebracht: in die der «Gesunden». Mein Radius erweiterte sich enorm und heute stehe ich mitten im Leben. In meinem Leben – das trotz allem nicht dem Leben einer gesunden Frau entspricht. 44 Einige Jahre nach der Operation ergaben sich Rhythmusprobleme. Eine bekannte Folgeerscheinung nach einem Fontan-Eingriff. Es war dann auch zu dieser Zeit, als mir bewusst wurde, dass mein Herz und ich nur als Team funktionieren konnten. So übertrug ich ihm die Aufgabe zu schlagen (idealerweise im Takt!), und meine war es fortan, ihm dafür eine optimale Ausgangslage zu bieten. Konsequenterweise heisst das auch, auf eine Schwangerschaft zu verzichten. Dieser Entscheid ist niemals einfach und ich erachte ihn nicht als Richtwert für andere Frauen mit einem (komplexen) Herzfehler. Mir hat bestimmt geholfen, dass ich ein ziemlich freiheitsliebender Mensch bin und viel Erfüllung in meinem Beruf als Informationsspezialistin finde. Ich tue heute, was ich mir schon immer wünschte: mit Menschen, Medien und Informationen arbeiten. Ich denke darüber nach, nochmals ein Studium anzuhängen und wenigstens einen Teil der vielen Ideen zu realisieren, die ich mit mir herumtrage. Meine Rhythmusstörungen wurden übrigens erfolgreich behandelt. Immer im Takt mag mein Herz dennoch nicht schlagen. Es hat halt seinen ganz eigenen Charakter. Möglicherweise werde ich mich in der Zukunft mit weiteren Eingriffen auseinandersetzen müssen. Momentan stört mich dieser Gedanke nicht. Ich besinne mich dann, und sowieso immer wieder gerne, auf mein Lieblingszitat (ironischerweise aus dem Film «Kammerflimmern» – wobei so weit müssen wir es ja nicht kommen lassen): «Wenn du nicht mehr weiter weisst, gibt es nur noch zwei Dinge, die du tun kannst. Einatmen und wieder ausatmen.» Ich hoffe, ich komme so noch möglichst lange über die Runden. Caroline Süess Medikamentöse Behandlung und AntikoagulationsSelbstkontrolle Allgemeine Überlegungen Vor jeder medikamentösen Behandlung sollten Sie Antworten auf folgende Fragen verlangen: 7 Warum erhalte ich ein Medikament? 7 Wie lange muss ich es nehmen und in welcher Dosierung? 7 Welche Wirkungen und Nebenwirkungen hat das Medikament? 7 Verträgt sich das Medikament mit bestimmten Medikamenten nicht oder wird seine Wirkung abgeschwächt oder verstärkt? 46 WICHTIG: Patienten mit zyanotischen Herzfehlern (Blauverfärbung der Haut) und Patienten, die sogenannte «Blutverdünnungsmittel» (Blutgerinnungshemmer oder Antikoagulanzien) einnehmen, sollten vor jeder Einnahme eines neuen Medikamentes Rücksprache mit dem behandelnden Arzt oder Kardiologen nehmen, da Schmerzmittel (zum Beispiel Aspirin oder Rheumamittel) die Blutungsneigung erhöhen und zu schwerwiegenden Nebenwirkungen und Folgen führen können! Medikamente mit Herz-Kreislauf-Wirkung Nachfolgend werden die wichtigsten Medikamente mit Herz-KreislaufWirkung besprochen, wobei die aufgeführten Indikationen und Nebenwirkungen nicht abschliessend sind. Betablocker Betablocker blockieren die Beta-Rezeptoren an Herzen und an Gefässen, die wichtig sind für die Übertragung der Signale des vegetativen Nervensystems (Sympathikus) und der Hormone (beispielsweise Adrenalin). Sie verlangsamen unter anderem die Herzfrequenz und senken den Blutdruck. Sie wirken auch langfristig unterstützend auf die Pumpfunktion des Herzens und werden deshalb bei Herzinsuffizienz (Herzmuskelschwäche) gegeben. Indikationen: Bluthochdruck (arterielle Hypertonie), Herzinsuffizienz, Durchblutungsstörungen des Herzens (Angina pectoris oder nach Herzinfarkt), Rhythmusstörungen. Nebenwirkungen: Müdigkeit, Schwindel bei zu tiefem Blutdruck, langsame Rhythmusstörungen, Asthma, Potenzstörungen, selten Depression. Angiotensin-Converting-Enzyme-Hemmer (ACE-Hemmer) und Angiotensin-Rezeptor-Blocker (AT-Antagonisten) Die ACE-Hemmer und AT-Antagonisten senken den Widerstand im Systemkreislauf. Der Blutdruck sinkt und das Herz wird durch die Reduktion der Herzarbeit entlastet. Ausserdem wirken sie auch unabhängig von der Blutdrucksenkung unterstützend auf die Pumpfunktion des Herzens. Indikationen: Bluthochdruck (arterielle Hypertonie), Herzinsuffizienz. Wichtigste Nebenwirkungen: trockener Reizhusten (nur ACE-Hemmer), Schwindel wegen zu tiefem Blutdruck, Einschränkung der Nierenfunktion (deshalb regelmässige Kontrolle der Nierenfunktionen. Diese Nebenwirkung wird bei jungen Menschen selten festgestellt.) Eine sehr seltene akute Nebenwirkung ist das Angioödem, das heisst die Schwellung von Lippen und Zunge. Sollte sich diese Nebenwirkung bemerkbar machen, muss sofort der Arzt aufgesucht werden. WICHTIG: Beide Medikamente dürfen NICHT in der Schwangerschaft eingenommen werden, da sie sonst zu einer Nierenmissbildung beim Kind führen! Diuretika Diuretika sind wassertreibende Medikamente. Sie reduzieren das Blutvolumen und die Stauungen im Kreislauf. Indikationen: Herzinsuffizienz, Bluthochdruck (arterielle Hypertonie). Nebenwirkungen: sehr selten; zu tiefer Blutdruck, Durst, wenn zu hoch dosiert, Dehydration bei Hitze oder Durchfall, Kalium-MagnesiumMangel, Natrium-Mangel (deshalb Kontrolle der Nierenfunktion und Salzwerte im Blut in Abständen). Digitalis (Digoxin) Digoxin wird seit Jahrzehnten in der Medizin bei Herzinsuffizienz verabreicht. Heute stehen aber viel wirksamere Medikamente zur Behandlung einer Herzinsuffizienz zur Verfügung, so dass Digoxin an Bedeutung verloren hat. 47 Indikationen: Herzinsuffizienz, Bluthochdruck (arterielle Hypertonie), bestimmte Rhythmusstörungen. Nebenwirkungen: Rhythmusstörungen, bei Überdosierung Appetitlosigkeit, Übelkeit und/oder Erbrechen, Veränderung des Farbsehens vor allem im Grün-Gelb-Bereich. Die gleichzeitige Verabreichung von anderen Medikamenten, insbesondere Medikamente zur Stabilisierung des Herzrhythmus, kann die Wirkung wie auch die Nebenwirkungen von Digoxin verstärken. Antiarrhythmika Antiarrhythmika sind Mittel zur Stabilisierung des Herzrhythmus. Es gibt verschiedene Antiarrhythmika mit unterschiedlichen Wirkungsmechanismen und unterschiedlichem Nebenwirkungsprofil. Die wichtigsten Vertreter sind Betablocker, Sotalol, Amiodarone, Flecainid und Propafenon. 48 Indikation: Rhythmusstörungen, die vom Vorhof (zum Beispiel Vorhofflimmern, Vorhofflattern) oder von der Herzkammer (zum Beispiel Kammertachykardien) ausgehen. Nebenwirkungen: Das Nebenwirkungsprofil dieser Medikamente ist unterschiedlich. Orientieren Sie sich vor Einnahme eines solchen Medikamentes beim Arzt und anhand der Patienteninformation, die der Medikamentenpackung beiliegt. Orale Antikoagulantien Orale Antikoagulantien (Blutverdünner) blockieren den Gerinnungsprozess, so dass keine Blutgerinnsel (Thromben) entstehen. Der im Volksmund verwendete Begriff «Blutverdünnung» ist nicht ganz korrekt: Das Blut wird nicht dünner, es dauert nur länger, bis es gerinnt. In der Schweiz werden vor allem die Präparate Marcoumar® und Sintrom® verwendet. Die Therapie mit diesen Medikamenten erfordert eine genaue Überwachung des Ausmasses der Blutverdünnung und wird im INR-Wert (International Normalized Ratio, früher Quick) angegeben. Indikationen: Mechanische Herzklappen, Rhythmusstörungen (Vorhofflimmern, Vorhofflattern), tiefe Beinvenenthrombose oder Lungenembolie, thrombotische und/oder embolische Ereignisse (Bildung und/oder Verschleppung von Blutgerinnseln in der Blutbahn mit Verstopfung von Gefässen), schwere Einschränkung der Herzfunktion oder einige Patienten mit schwerem Lungenhochdruck. Nebenwirkungen: Blutungsneigung, vor allem bei zu hoher Dosierung beziehungsweise bei zu hohem INR-Wert, Missbildungen des Kindes, wenn orale Antikoagulation von der werdenden Mutter in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen eingenommen wird (kritische Wochen: 6. bis 12. Schwangerschaftswoche), insbesondere in hohen Dosen. WICHTIG: Wenn Sie mit Marcoumar® oder mit Sintrom® behandelt werden, muss der Ziel-INR-Wert durch den Arzt festgelegt und Ihnen mitgeteilt werden. Sie erhalten eine Blutverdünnungskarte, wo Ziel-INR, die Dosis und die Blutresultate durch den Arzt eingetragen werden. Das Ausmass der Blutgerinnung muss regelmässig nachkontrolliert werden, weil eine schlecht eingestellte Blutgerinnung gefährlich ist. Ein zu tiefer INR-Wert schützt nicht vor Blutgerinnseln, bei einem zu hohem INR-Wert besteht ein Blutungsrisiko. Rheumamittel und Aspirin erhöhen die Blutungsneigung und können zusammen mit Blutverdünnungsmitteln zu schweren Blutungen führen. Die Kontrolle des INR-Wertes erfolgt regelmässig durch den Hausarzt oder durch Sie selbst. CoaguCheck®: Die Selbstkontrolle des Blutzuckers und die Dosierung des Insulins in Zusammenarbeit mit dem Hausarzt ist bei vielen Patienten mit einem Diabetes mellitus in der Zwischenzeit eine Selbstverständlichkeit. Für Patienten mit einer Langzeitantikoagulation (Blutverdünnung) stehen seit einigen Jahren ebenfalls Geräte zur selbständigen Bestimmung des INR-Wertes zur Verfügung. Dabei wird ein Tropfen Blut durch 49 einen Fingerstich gewonnen und auf den Teststreifen aufgetragen. Das Gerät bestimmt den INR-Wert innert zwei Minuten. Die Technik muss in einem Kurs gelernt werden. Vorteile der Selbstbestimmung: 7 Übernahme von Selbstverantwortung. 7 Zuverlässige und sichere Messergebnisse. 7 Im Langzeitverlauf sehr gute Einstellung des INR-Wertes. 7 Grössere Mobilität und Unabhängigkeit. 7 Weniger Arztbesuche zur Bestimmung des INR-Wertes und Einsparen von Kosten im Gesundheitswesen. Die Selbstkontrolle und das Selbstmanagement des INR-Wertes reduzieren die Arztbesuche, ersetzen sie aber nicht. Die Einstellung des INR-Wertes erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Hausarzt, weshalb in grösseren Abständen zur Qualitätskontrolle eine Konsultation bei ihm nötig ist. Seit dem 1. Juli 2011 übernehmen die Krankenkassen die Kosten für eine Gerinnungsselbstkontrolle. Jedoch muss vorgängig ein Kostengutsprachegesuch bei der Krankenkasse eingereicht und gutgeheissen und der Schulungskurs erfolgreich absolviert werden. Ich heisse Andreas Meyer und bin 1978 mit einem Herzfehler – Fallot’sche Tetralogie – zur Welt gekommen: Dank mehreren Lehrern, die mich trotz körperlicher Schwächen gezielt förderten, konnte ich die Regelklassen besuchen. Die Erstausbildung zum Schreiner war anfangs eine Herausforderung, nach einem Tag in der Werkstatt hatte ich keine Energie mehr für Privates. Während dem ersten Lehrjahr wurde der lange angekündigte Kathetereingriff dringend nötig – der nahtlos überging in eine notfallmässige, höchst risikoreiche Operation am offenen Herzen. Dabei wurden Verengungen in herznahen Blutbahnen dauerhaft beseitigt. Nach der Erholungsphase entpuppte sich das als Glücksfall. Ich hatte viel mehr Energie. Nun wuchs der Wunsch, im Beruf mehr mit dem Kopf zu arbeiten. Inzwischen habe ich eine Zweitausbildung (dipl. ing. Raumplanung HS) abgeschlossen und meinen Platz im öffentlichen Verkehr gefunden. Das seit der Lehre andauernde Engagement für CUORE MATTO umfasst aktuell das OK Ferienwoche, welches viel Freude macht. 50 Vor einigen Jahren wurde mit meiner damaligen Partnerin, ebenfalls ein betroffenes CUORE-MATTO-Mitglied, der Kinderwunsch akut. Neben den «üblichen» Themen waren zwei Fragen zentral: Wie toleriert ihr mehrfach operiertes Herz eine Schwangerschaft, und wie gross sind die Vererbungsrisiken? Nach mehreren Gesprächen mit Dr. Erwin Oechslin waren wir überzeugt, ein vertretbares Risiko einzugehen, auch da wir auf ein belastbares Umfeld zählen können. Unser Mut wurde mit zwei gesunden Kindern Rahel (2007) und Elias (2009) belohnt. Ein Geschenk, das mich immer wieder aufs Neue erstaunt und bewegt. Um die Geburt von Rahel kam ein Pulmonalklappenersatz zur Sprache. Während mein damaliger Kardiologe von der Dringlichkeit überzeugt war, konnte ich ihm nicht folgen und verzögerte die Operation am offenen Herzen um Jahre. Ende 2010 wurde mir die Möglichkeit eröffnet, die Klappe mittels Kathetereingriffen einzusetzen. Trotz meiner schlechten Erfahrung mit Kathetereingriff und Stent in den 90er Jahren, bot dieses Verfahren für mich nun den richtigen Mix aus Risiko und Erfolgsaussichten. Erstaunlich gelassen und mit viel Vertrauen in das Können aller Beteiligten konnte ich im Laufe des Jahres 2011 in die zwei Kathetereingriffe gehen. Nachträglich hat sich für mich das Risiko des Abwartens gelohnt. Meine neue Klappe ist so dicht, wie meine natürliche nie war. Ich fühle mich gesund. Trotzdem ist das Thema Herzfehler für mich nicht erledigt. Es wird mich mein Leben lang begleiten. Zurzeit habe ich die Energie und die körperliche Leistungsfähigkeit, um ein sehr aktives Leben zu geniessen. Wie lange das anhält, weiss ich nicht. Und auch dann werde ich wieder für mich passende Lösungen für mein Leben finden. Andreas Meyer Andere Medikamente Schmerzmittel Schmerzmittel auf der Basis von Paracetamol sind gut verträglich und führen bei üblicher Dosierung (bis 2 g pro Tag) sehr selten zu Nebenwirkungen. Schmerzmittel auf der Basis von Aspirin® oder Rheumamittel können zu Nebenwirkungen führen, insbesondere bei Patienten, die Sintrom® oder Marcoumar® einnehmen, oder bei zyanotischen Patienten. Aspirin® Aspirin®-Tabletten enthalten Acetylsalicylsäure, welche die Funktion aller im Blut zirkulierenden Blutplättchen (Thrombozyten) irreversibel hemmt. Aspirin wird verabreicht, um Blutgerinnsel in den Arterien zu verhindern (Vorbeugung von arteriellen Gefässverschlüssen und somit von Herzinfarkt und Hirnschlag). Plavix® 52 Plavix® ist ein ähnliches Medikament wie Aspirin®. Es hemmt Thrombozyten und verhindert, dass sich in den Arterien Blutgerinnsel bilden. Es wird häufig bei Aspirin®-Unverträglichkeit verschrieben oder gemeinsam mit Aspirin® während einer gewissen Zeit nach der Implantation von Stents (Gefässstützen in der Aorta oder Herzkranzgefässen) oder Schirmverschluss eines Vorhofseptumdefektes verabreicht. Nebenwirkungen: Weil Aspirin® und Plavix® die Funktion der Blutplättchen hemmen, ist das Blutungsrisiko erhöht, vor allem bei gleichzeitiger Einnahme von Marcoumar® oder Sintrom® oder bei Patienten mit zyanotischen Herzfehlern. Bei hoher Dosierung kann Aspirin die Magenschleimhaut angreifen. Ovulationshemmer (Antibabypille) Die meisten Ovulationshemmer enthalten zur Empfängnisverhütung (Antikonzeption) ein Östrogen und ein Progesteron. Die Konzentration von Östrogen ist in den heutigen Präparaten niedrig, womit auch das Risiko für Thrombosen (Blutgerinnsel) gesenkt werden konnte. Verzichten Sie unbedingt auf das Rauchen, wenn Sie die Pille nehmen, weil die Kombination «Rauchen und Ovulationshemmer» das Risiko für Thrombosen deutlich erhöht. Die meisten Frauen mit angeborenem Herzfehler dürfen die Pille nehmen. Vor der Einnahme soll das Risiko aber zusammen mit dem betreuenden Kardiologen und Gynäkologen besprochen werden. Eisenpräparate Patienten mit einem zyanotischen Herzfehler können wegen wiederholter Phlebotomien (Aderlass) einen Eisenmangel haben, der behandelt werden muss. Ein Eisenmangel kann dieselben Symptome verursachen wie ein zu hoher Hämatokrit- beziehungsweise Hämoglobin-Wert. Diese Symptome werden häufig nicht als Eisenmangel erkannt, so dass weitere Phlebotomien durchgeführt werden und der Eisenmangel verstärkt wird. Neben der Verschlechterung des allgemeinen Wohlbefindens hat ein Eisenmangel auch weitreichende Auswirkungen (erhöhtes Risiko von Durchblutungsstörungen oder Bildung von Blutgerinnseln). Eisenpräparate gibt es in Tablettenform oder als Infusion. Indikation: Eisenmangel. Nebenwirkungen: Schlechte Verträglichkeit der Tabletten (in diesem Fall wird eine intravenöse Verabreichung bevorzugt). Medikamente zur Senkung des Lungenhochdruckes Seit einigen Jahren gibt es neue Medikamente, die bei Patienten mit pulmonaler Hypertonie (schwer erhöhter Lungendruck, EisenmengerSyndrom) und eingeschränkter körperlicher Leistungsfähigkeit helfen sollen, den Lungendruck zu senken und damit die Funktion der Herzkammer, die das Blut in die Lunge pumpt, zu verbessern. Medikamente wie Endothelin-Rezeptor-Antagonisten, Sildenafil oder Prostazykline wirken über unterschiedliche Mechanismen, haben unterschiedliche Nebenwirkungen und werden manchmal auch in Kombination verordnet. Indikation: Pulmonale Hypertonie. Nebenwirkungen: Das Nebenwirkungsprofil dieser Medikamente ist unterschiedlich. Es gibt eine Interaktion der Endothelin-Rezeptor-Antagonisten mit Sintrom® oder Marcoumar®, insofern muss die Dosis der Blutverdünner genauer angepasst werden. Orientieren Sie sich vor Einnahme eines solchen Medikamentes beim Arzt und anhand der Patienteninformation, die der Medikamentenpackung beiliegt. Wechselwirkungen der Medikamente (Interaktionen) Verschiedene Medikamente können sich gegenseitig beeinflussen, das heisst die Wirkung verstärken oder vermindern. Wenn Sie Medikamente – auch homöopathische Mittel – einnehmen, erkundigen Sie sich beim Arzt über deren Verträglichkeit. Zu beachten ist auch, dass einige Medi- 53 kamente wie beispielsweise solche gegen Depression oder Epilepsie auch EKG-Veränderungen verursachen können, die wiederum das Risiko für Herzrhythmusstörungen erhöhen. Es ist also sehr wichtig, eine Medikamentenkarte zur Untersuchung mitzubringen. Impfungen Für die meisten Patienten wird die jährliche Grippeimpfung empfohlen. Die Pneumokokken verursachen oft eine Lungenentzündung (Pneumonie), die ausserhalb des Spitals erworben wird. Deshalb empfiehlt sich die Impfung mit Pneumovax®. Beide Impfungen werden allgemein gut toleriert. Umfassende Informationen zu allen Medikamenten finden Sie im Arzneimittel-Kompendium der Schweiz auf www.kompendium.ch. 54 Freizeit, Sport, Reisen, Höhenaufenthalte, Militärdienst, Autofahren In der Vergangenheit wurde Jugendlichen und Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler oft geraten, beim Sport und bei Reisen zurückhaltend zu sein. Das ging bis zum Verbot von Aktivitäten, die an sich für die Integration in der Gesellschaft wichtig sind. Inzwischen ist klar geworden, dass diese Tätigkeiten wesentlich sind für das Wohlbefinden und die Persönlichkeitsentwicklung der Betroffenen. In den meisten Fällen können Sie selber beurteilen, welche Berufs- und Freizeitaktivitäten Sie leisten können, entsprechend Ihren Wünschen und Möglichkeiten. Fachleute können dabei raten und helfen, eine gute Wahl zu treffen, die Ihnen sowohl Freude macht als auch kardiologischen Risiken vorbeugt. Freizeit, Sport Regelmässige körperliche Aktivitäten sind nicht nur wichtig für Ihre kör- 55 perliche und geistige Fitness, sondern ebenso für die soziale Integration in Familie, Freundeskreis und Gesellschaft. Nach Rückschlägen wirken die frühzeitige Mobilisation, regelmässige körperliche Aktivität und wenn nötig eine Rehabilitation positiv auf den Kreislauf und den ganzen Organismus. Das verbessert die körperliche Leistungsfähigkeit, die Lebensqualität und die Prognose. Körperliche Aktivität schützt erwiesenermassen vor verschiedenen Herz-Kreislauf-Risiken, besonders vor Übergewicht und Bluthochdruck. Warum sind Jugendliche und Erwachsene mit angeborenem Herzfehler weniger leistungsfähig? Viele Jugendliche und Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern berichten über normale Leistungsfähigkeit im Alltag und fühlen sich nicht eingeschränkt. Sie nehmen höchstens eine erhöhte Ermüdbarkeit bei starken Belastungen wahr. Dieses Empfinden ist subjektiv, weil viele sich an eine verminderte Leistungsfähigkeit im Vergleich zu ihren Alterskollegen und -kolleginnen gewöhnt oder angepasst haben. Wenn die Leistungsfähigkeit durch einen Belastungstest (Fahrrad- oder Laufbandergometrie) objektiv gemessen wird, erreichen viele Patienten eine bedeutend geringere Leistung als jene, die als Normwert für gleichaltrige Gesunde gilt. Dafür kann es verschiedene Gründe geben: 7 Die Herzfrequenz wird während der Belastung nicht adäquat erhöht (zu geringer oder zu langsamer Pulsanstieg). 7 Die Pumpfunktion des Herzens wird während der Belastung nicht 7 7 7 7 genügend gesteigert. Die Lungenfunktion ist eingeschränkt, das heisst, das Lungenvolumen ist reduziert (nach Operationen, Wirbelsäulenfehlbildung [Skoliose] etc.). Die Muskulatur ist ungenügend ausgebildet (wegen des Herzfehlers und oft wegen mangelndem Training). Der Stoffwechsel in der Muskulatur ist nicht normal (zum Beispiel bei Patienten mit zyanotischen Herzfehlern). Es besteht eine psychologische Barriere aus Angst vor der Anstrengung und weil in der Kindheit körperliche Anstrengung verboten wurde. Warum ist körperliche Aktivität erwünscht und empfohlen? Der Einfluss regelmässiger körperlicher Aktivität auf den Organismus wirkt auf verschiedenen Ebenen: 56 7 7 7 7 Besseres Allgemeinbefinden. Gewichtskontrolle. Günstiger Einfluss auf bessere Einstellung des Blutdrucks. Stärkung von Muskulatur und Knochen und bessere Beweglichkeit der Gelenke. 7 Verminderung der Risikofaktoren für Arteriosklerose. Kann sportliche Aktivität schädlich sein? Regelmässige körperliche Betätigung ist nicht schädlich, wenn sie nach gewissen Regeln ausgeführt und dem Herzfehler angepasst wird: Es gibt kaum Berichte über ernsthafte Komplikationen während sportlicher Tätigkeit bei Jugendlichen und Erwachsenen mit Herzfehler, die ihre Grenzen respektieren. Die meisten schweren Zwischenfälle betreffen Spitzensportler, bei denen ein Herzfehler noch nicht entdeckt worden war. Welche Probleme könnten bei körperlicher Aktivität auftreten? 7 Rhythmusstörungen, zum Beispiel bei stark geschwächtem Herz7 7 7 7 muskel oder bei Zyanose. Extremer Blutdruckanstieg oder -abfall. Flüssigkeitsmangel (nach Fontan-Operation oder bei Zyanose). Blutungsgefahr insbesondere bei Behandlung mit Gerinnungshemmern (Marcoumar®, Sintrom®). Verletzungen von Skelett und Weichteilen. Welche Belastungsarten gibt es? Grundsätzlich werden zwei Belastungsarten unterschieden: 7 Isotone oder dynamische Belastung wie Schwimmen, Laufen, Wandern, Tennis, Langlaufski. 7 Isometrische oder statische Belastung, das heisst, es wird eine grosse Kraftanstrengung ohne Bewegungen gemacht, beispielsweise Gewicht stemmen. Viele Sportarten beinhalten sowohl isotone als auch isometrische Anteile, zum Beispiel Radfahren, Skifahren oder Rudern. Allgemein sind dynamische Aktivitäten angepasster, weil sie weniger plötzlich erfolgen als Kraftanstrengungen und darum der Blutdruck weniger stark schwankt. Man kann Sportarten auch nach der Intensität des Kraftaufwands einteilen, die am Energieverbrauch gemessen wird. Daraus ergeben sich folgende drei Typen: 7 Aktivitäten mit leichtem Energieverbrauch, bei denen wenig Kraft angewandt wird wie Wandern, Golf, Schlittschuhlaufen oder Reiten. 7 Aktivitäten mit mittlerem Energieverbrauch und Kraftaufwand wie Schwimmen, Bergwanderungen, Jogging, Segeln, Wellenreiten. 7 Aktivitäten mit hohem Energieverbrauch und Kraftaufwand wie Tennis (Einzel), Langlauf, Squash, Rennvelo, Fussball, Basketball, Windsurfen. Natürlich ist die Intensität jedes Sports individuell davon abhängig, wie intensiv man ihn betreibt. Wie bemesse ich meine Belastung? Für die Beurteilung der persönlichen Leistungsgrenzen eignen sich die folgenden drei Methoden am besten: Borg-Skala – einfache Skala von 0 bis 10, welche die Bewertung einer Anstrengung gemäss dem eigenen Empfinden erlaubt: 0 1 2 3 4 5 Ruhezustand Sehr leicht Leicht Mässig Etwas schwer Etwas schwer 6 7 8 9 10 Schwer Sehr schwer Sehr schwer Sehr sehr schwer Maximal Empfohlen wird beim Sport ein Anstrengungsgefühl zwischen 3 und 5. Sprechregel – am einfachsten anwendbar! Solange man während einer Anstrengung sprechen kann, ist diese nicht zu gross. 57 Herzfrequenz – Bei Gesunden wird als grobe Regel folgende maximale Herzfrequenz angegeben: 220 minus Alter. Zum Beispiel ist für eine 25-jährige Person die maximale Herzfrequenz 220 minus 25 = 195 Pulsschläge/Minute. Diese Regel darf nicht bei allen Trägern von Herzfehlern angewendet werden. Die maximale Herzfrequenz hängt ab vom Herzfehler, von seiner Behandlung und davon, ob ein Herzschrittmacher vorhanden ist. Manchmal ist ein Belastungstest notwendig, um die maximale Herzfrequenz zu bestimmen. Als Trainingspuls wird im Allgemeinen 60 bis 80 Prozent der maximalen Herzfrequenz empfohlen. Bei einem gesunden 20- bis 30-Jährigen entspricht das etwa 140 bis 160 Pulsschlägen/Minute. Empfehlungen für sportliche Tätigkeiten Wenn Sie Zweifel haben, ob Sie sich körperlich anstrengen können, oder wenn Sie wissen möchten, ob eine Sportart bei Ihrem Herzfehler geeignet ist, sprechen Sie mit Ihrem Kardiologen darüber! Nur er/sie kann Ihnen Informationen geben, die auf Ihren Herzfehler genau abgestimmt sind. In der Regel: 7 Hören Sie auf sich selbst, vertrauen Sie auf das, was sie spüren, lernen 58 Sie Ihre Grenzen kennen und respektieren Sie diese. 7 Versuchen Sie nicht, sich zu übertreffen, sportliche Betätigung muss Freude machen! 7 Ruhen Sie sich aus, wenn Sie ausser Atem oder müde sind. 7 Wenn Sie Beschwerden bekommen, berichten Sie dies dem Kardiologen. Ein Belastungstest kann vielleicht die gleichen Beschwerden hervorrufen und zeigen, was sie bedeuten. Welche Sportarten eignen sich am besten? Es muss zwischen Freizeitsport und Wettkampfsport unterschieden werden. Freizeitsport ist für die meisten Herzfehler geeignet. Wettkampfsport soll erst nach eingehender ärztlicher Beratung ausgeübt werden. Die Wahl der Sportart richtet sich in erster Linie nach Ihren persönlichen Wünschen und Bedürfnissen. Das Wichtigste ist die Freude daran! Allgemein sind Sportarten mit isotoner (dynamischer) Belastung besser als jene mit isometrischer Belastung: 7 Die meisten Mannschaftssportarten wie Volleyball, Fussball, Hand- ball. Abgeraten wird aber oft von Sportarten mit heftigem Körperkontakt, zum Beispiel Rugby, Eishockey. 7 Sportarten mit vorwiegend dynamischem Bewegungsablauf wie Wandern, Jogging, Schwimmen, Radfahren. Welche Sportarten sind ungeeignet? Das hängt vom Herzfehler ab, aber allgemein sind Sportarten mit vorwiegend isometrischer Belastung oder mit heftigem Körperkontakt wenig geeignet, insbesondere: 7 Bodybuilding und Gewichtheben mit grossen Gewichten. 7 Ringen, Boxen, Kampfsport. 7 Rugby, Eishockey. Der Spezialfall: Sporttauchen Das Tauchen in grosser Tiefe (über 18 Meter) ist ein besonderer Sport, der nicht nur eine gute körperliche Leistungsfähigkeit bedingt, sondern auch eine gute Anpassung an den Umgebungsstress, der durch den erhöhten Druck, die sinkende Temperatur und die Veränderung des Gasaustausches produziert wird. Diese Umgebungsfaktoren steigern die Herzleistung und führen zu einer starken Verminderung der Herzfrequenz. Ausserdem müssen beim Aufsteigen Dekompressionsstopps eingelegt werden, so dass man bei Problemen nicht rasch auftauchen kann. Es gibt strikte Kriterien zur körperlichen Eignung fürs Tauchen, aber allgemein ist Menschen mit angeborenem Herzfehler von diesem Sport eher abzuraten. Betroffene mit einem Shunt, besonders bei Rechts-linksShunt, dürfen auf keinen Fall tauchen. Tauchgänge in weniger tiefem 59 Wasser (unter 18 Meter) erfordern keine Dekompressionsstopps. Sie sind viel eher möglich, sollten aber unbedingt mit dem Kardiologen besprochen werden, bevor Sie Ferien mit Tauchgängen organisieren! Empfehlung für einige typische Herzfehler Die Tabelle enthält Empfehlungen für sportliche Aktivitäten bei bestimmten Herzfehlern. Diese Tabelle kann jedoch eine individualisierte ärztliche Beratung durch Ihren Arzt oder Kardiologen nicht ersetzen. Keine Einschränkung Leichte körperliche Aktivität Geringgradige Klappenfehler Kleine oder verschlossene Septumdefekte Korrigierte Fallot-Tetralogie ohne Restbefunde Optimaler Verlauf nach arterieller Switch-Operation Leichte oder operierte Aortenisthmusstenose, ohne Restgradienten und ohne Bluthochdruck Operierter AV-Kanal ohne Restbefunde Transposition der grossen Gefässe nach Vorhofsumkehr (Mustard oder Senning) Mittelschwere Klappenstenosen Mässige Aortenerweiterung Mässig verminderte Pumpfunktion Fontan, palliativ operierte zyanotische Herzfehler Leichte körperliche Aktivität Kein Sport erlaubt Kein heftiger Körperkontakt Leichte bis mässige pulmonale Hypertonie Marfansyndrom ohne Erweiterung der Aorta Eisenmenger-Syndrom Schwere Aortenstenose oder subaortale Stenose Schwere Aortenisthmusstenose Fehlbildung der Herzkranzgefässe Belastungsbedingte Herzrythmusstörungen Marfansyndrom mit stark erweiterter Aorta Erweiterung der Aorta oder nach Eingriffen an der Aorta Marfansyndrom Gerinnungshemmer Herzschrittmacher Reisen und Höhenaufenthalte 60 Heutzutage, und besonders in der Schweiz, sind Reisen und Höhenaufenthalte in jedem Alter ein integrierender Bestandteil unseres Lebens. Die meisten Personen mit angeborenem Herzfehler können reisen und sich in den Bergen aufhalten, wenn sie einige Vorsichtsmassnahmen beachten. Bei zunehmender Höhe nimmt der Barometerdruck ab und mit ihm der Sauerstoffgehalt der Luft. Dank den Anpassungsmechanismen des Organismus sinkt die Sauerstoffkonzentration im Blut nur leicht, und zwar sowohl beim Gesunden wie bei Menschen mit Herzfehlern, egal ob sie korrigiert sind oder nicht. Höhenaufenthalte Ferien- oder Kurorte liegen meistens nicht höher als 1500 m ü.M. und sollten deshalb keine grösseren Probleme bereiten, selbst bei Patienten mit Zyanose oder Eisenmenger-Syndrom. Es ist manchmal möglich, dass das Gehen auf über 1500 m ü.M. Müdigkeit, Schwindel oder Atemnot verursacht, wie übrigens auch bei Gesunden. Diese Symptome sollten verschwinden, sobald Sie in tiefere Gegenden zurückkehren, oder nach einigen Tagen vor Ort. Empfehlungen: 7 Personen mit schwerer pulmonaler Hypertonie, einem EisenmengerSyndrom oder Zyanose sollten einen raschen Aufstieg auf Höhen über 2000 m ü.M. vermeiden. Hingegen kann ein stufenweiser Aufstieg gut vertragen werden, selbst wenn das Ziel über 2000 m ü.M. liegt. 7 In der Regel sollte nach dem langsamen, stufenweisen Aufstieg in den ersten Tagen auf grössere körperliche Anstrengung verzichtet werden (Akklimatisierung), egal welchen Herzfehler Sie haben. Ferien im Ausland und Flugreisen Jugendliche und Erwachsene mit angeborenem Herzfehler können meistens problemlos ins Ausland reisen. Wenn Sie Zweifel in Bezug auf die Verkehrsmittel oder das Reiseziel haben, sprechen Sie mit Ihrem Kardiologen darüber. In Flugzeugen entspricht der Kabinendruck einer Höhe zwischen 1800 und 2400 m ü.M. Mehrere Studien haben bestätigt, dass Patienten mit Zyanose oder mit einem Eisenmenger-Syndrom Flugreisen sehr gut tolerieren, selbst Langstreckenflüge. Ihre Sauerstoffsättigung sank nur unwesentlich. Diesen Patienten wird empfohlen: den Stress im Zusammenhang mit der Reise möglichst gering halten; viel trinken, um der Austrocknung vorzubeugen; unterwegs alkoholische Getränke meiden; sich viel (mindestens stündlich) bewegen, um das Thromboserisiko zu vermindern. Allgemein gelten folgende Empfehlungen für alle Reisenden mit Herzfehlern: 7 Fangen Sie früh mit der Planung an, um Stress in letzter Minute zu vermeiden! 7 Je nach Herzfehler sollten Klima, sanitäre Einrichtungen und eine nicht zu grosse Entfernung zur Zivilisation die Wahl der Feriendestination mitbestimmen. 61 7 Erkundigen Sie sich, wo sich das nächste Spital befindet. Falls Sie für längere Zeit verreisen, fragen Sie Ihren Kardiologen, ob es ein spezialisiertes Zentrum mit Erfahrung in angeborenen Herzfehlern gibt und lassen Sie sich die Adresse geben. 7 Nehmen sie einen ausführlichen Arztbericht (möglichst in Englisch) mit, der Ihren Herzfehler und Ihre Operationen beschreibt. 7 Verlangen Sie auch ein aktuelles EKG. 7 Nehmen Sie einen grosszügigen Vorrat Ihrer üblichen Medikamente in ihrer Originalverpackung mit und legen Sie sie in verschiedene Gepäckstücke (für den Fall eines Verlustes). 7 Falls Sie ein erhöhtes Endokarditis-Risiko haben (orange Karte), führen Sie eine Dosis des Antibiotikums mit für Notfälle. 7 Machen Sie die notwendigen Impfungen frühzeitig. 7 Überprüfen Sie die Versicherungsdeckung im Ausland. 7 Wenn Sie beim Ein- und Aussteigen oder unterwegs Hilfe benötigen, informieren Sie die Fluggesellschaft frühzeitig. Am Abreisetag: 7 Führen Sie Medikamente für mehrere Tage im Handgepäck mit, für den Fall, dass der Koffer verlorengeht oder zu spät ankommt. 7 Um möglichst jeden körperlichen und psychischen Stress zu vermei- den, rechnen Sie grosszügige Wartezeiten für Zollformalitäten und Einstiegskontrollen ein. Im Flugzeug: 7 Trinken Sie reichlich, denn die Kabinenluft ist sehr trocken. 7 Trinken Sie keinen Alkohol, er fördert die Dehydrierung (Austrocknung). 7 Stehen Sie regelmässig auf. Gehen Sie herum und bewegen Sie Ihre Beine auch im Sitzen (Beinvenenthrombose). Am Ferienort: 7 Hüten Sie sich in heissen Gegenden vor ungekochter Nahrung. 7 Schützen Sie sich vor Sonnenbestrahlung, trinken Sie reichlich. 7 Wenn Gesundheitsprobleme auftreten, zögern Sie nicht, einen Arzt aufzusuchen. Nehmen Sie auch telefonisch oder per Mail mit Ihrem Kardiologen Kontakt auf. Militärdienst 62 Definitionsgemäss ist aus medizinischer Sicht diensttauglich, «…wer körperlich, geistig und psychisch den Anforderungen des Militär- beziehungsweise Schutzdienstes genügt und bei der Erfüllung dieser Anforderungen weder die eigene Gesundheit noch diejenige Dritter gefährdet.» Für Männer beginnt die Dienstpflicht im neunzehnten Lebensjahr. Die zukünftigen Rekruten erhalten mit 16 Jahren eine Vorinformation. Mit 18 Jahren werden sie an einen obligatorischen Informationstag aufgeboten und dann im 19. Lebensjahr von ihrem Wohnkanton zur Aushebung aufgerufen. Die Kriterien für die Diensttauglichkeit sind im vertraulichen militärischen Dokument Nosologia Militaris aufgeführt, deren neueste Version von 1999 stammt. Folgende Patienten werden von vornherein als dienstuntauglich angesehen: 7 Patienten, die eine Langzeit-Antikoagulation (Blutverdünnung) b enötigen. 7 Patienten mit angeborenen und erworbenen Herzerkrankungen mit einem hohen Endokarditis-Risiko, zum Beispiel Patienten nach durchgemachter Endokarditis, Patienten nach Klappenersatz. 7 Patienten mit einem zyanotischen oder anderen komplizierten Herzfehler. Personen, die diese Kriterien nicht erfüllen, werden individuell beurteilt. Der Aushebungsarzt entscheidet aufgrund der medizinischen Akten und berücksichtigt den Krankheitsverlauf, die Schwere des Herzfehlers und der möglichen Behinderungen, unter Einbezug der militärischen Funktion. Das Vorweisen eines aktuellen Arztberichtes vermeidet lange Diskussionen bei der Aushebung und vereinfacht die Entscheidung. Für Angehörige des Zivilschutzes wird die Diensttauglichkeit nach anderen Richtlinien definiert. Zusammenfassend können Sie die Abläufe so vereinfachen: 7 Sobald Sie für den Militärdienst kontaktiert werden, sprechen Sie mit Ihrem Kardiologen darüber, so dass er Ihnen einen aktuellen Arztbericht mitgeben kann. 7 Schicken Sie diesen Bericht dem militärärztlichen Dienst, wo entschieden wird, ob Sie sich überhaupt zur Aushebung begeben müssen. Führen eines Fahrzeugs Das Auto ist wesentlich für die Mobilität junger Betroffener, die zuvor für die Ausübung ihrer Aktivitäten auf ihre Eltern angewiesen waren. Die Verweigerung des Fahrausweises kann sich sehr negativ auf die berufliche und persönliche Entwicklung dieser Personen auswirken und zur sozialen Isolation beitragen. Verkehrsunfälle sind zum überwiegenden Teil (95 Prozent) auf menschliches Versagen zurückzuführen: Nichtbeachtung von Verkehrsregeln, Alkohol, zu hohe Geschwindigkeit, Müdigkeit usw. Im Vergleich mit diesen häufigen Ursachen sind schwere Unfälle durch plötzlich aufgetretene Gesundheitsprobleme des Fahrers sehr selten. Beurteilung der Fahrtauglichkeit Bei der Beurteilung der Fahrtauglichkeit ist der Herzfehler nur eines von mehreren Kriterien. Zusätzliche neurologische Störungen (zum Beispiel Epilepsie), Sehkraft und Hörvermögen sind ebenfalls zu beachten. Eine angeborene oder erworbene Herzerkrankung ist, unabhängig vom Schweregrad, an sich kein Grund zur Verweigerung des Ausweises zum Führen von Motorrädern (Kat. A), von Personenwagen (Kat. B) oder von landwirtschaftlichen Motorfahrzeugen (Kat. G). Als Erwachsener mit angeborenem Herzfehler können Sie diese Fahrausweise erwerben, wenn Sie keine weiteren Probleme haben, die Ihre Fahreignung einschränken. Es gibt aber Situationen, in denen aufs Fahren verzichtet werden muss: 7 Bei unerklärtem Bewusstseinsverlust. 7 Vorübergehend nach Einsetzen eines Herzschrittmachers. 7 Vorübergehend nach Einsetzen eines internen Defibrillators (ICD). Im Zweifelsfall kann Ihr Kardiologe die Frage Ihrer Fahrtauglichkeit mit dem Vertrauensarzt des kantonalen Strassenverkehrsamtes diskutieren. Für den Erhalt eines professionellen Fahrausweises sind die Kriterien für die Fahrtauglichkeit bedeutend strenger, auch dafür ist ein Kontakt mit dem Strassenverkehrsamt unerlässlich. 63 Laurent Höller Nach der letzten Untersuchung bei meinem Fontan-Spezialisten Dr. Tobler wurde mir aufgetragen, ein paar Zeilen darüber zu verfassen, wie ich meinen Alltag mit Herzfehler meistere. Im Moment sitze ich vor meinem Laptop in Nendaz. Hier befindet sich das zweitgrösste Skigebiet der Schweiz. Ich verbringe meine Winterferien in einer Art «Lager» mit etwa 30 Leuten, welche alle keinen Herzfehler haben. Wir feiern hier, toben uns im Schnee aus und werden noch gemeinsam Silvester feiern. Nun ja, was soll ich dazu sagen: Im Moment ist dieser Herzfehler ein bisschen im Hintergrund. Ich habe einfach viel zu viele andere Sachen im Kopf. Ich werde auch nur dann damit konfrontiert, wenn ich dusche und meine Narbe auf dem Bauch sehe, wenn jemand nachfragt, weil er zum Beispiel meine Narbe sieht oder wenn ich einen Termin beim Arzt habe. Ansonsten lebe ich mein Leben in etwa so, als ob ich keinen Herzfehler hätte. Vielleicht bin ich sogar noch ein wenig aktiver als viele Menschen ohne dieses Schicksal: 7 Ich bin zu 100 Prozent festangestellt als Informatiker bei der Novartis. (Ich bin Onsite Supporter. Das bedeutet, ich bewege mich auf dem ganzen Campus von Büro zu Büro, zu Fuss oder mit dem Velo. Ich helfe den Leuten bei Problemen, liefere Hardware aus oder nehme sie wieder zurück.) 7 Ich fahre jeden Tag mit dem Velo zur Arbeit. (Viele Leute würden das 65 Auto für diese Strecke benutzen.) 7 Ich bin am Wochenende oft in der Schweiz zusammen mit 2 Freunden als DJ unterwegs. (Dazu muss man sagen, dass das sehr viel Energie kostet: Um etwa 20 Uhr ist man dort und baut alles auf. Um 22 Uhr beginnt die Party und man legt etwa 2 bis 3 Stunden auf. In dieser Zeit muss man dem Publikum etwas bieten, was auch an Sport grenzt. Um 4 Uhr ist dann die Party fertig. Danach baut man alles ab und geht entweder nach Hause oder man ist nicht in Basel und nimmt den ersten Zug nach Basel.) Auch organisieren wir selber Partys. Das ganze kostet uns sehr viel Zeit und Engagement. Wenn ich nicht gerade am Auflegen bin, dann besuche ich sonst eine Party oder ein Konzert. 7 Ich mache alles, was ein «normaler» Mensch auch macht. Wenn ich ehrlich bin, mache ich mir auch nicht wirklich Gedanken, wie die Zukunft aussehen wird. Ich bin zwar darüber aufgeklärt worden, dass die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, dass es mit meiner Gesundheit irgendwann wieder bergab gehen könnte. Doch im Moment lebe ich im Hier und Jetzt. Ich bin eher dankbar für alles, was ich machen kann und erlebe, anstatt mir darüber Gedanken zu machen, was in 10 Jahren sein wird. Um denn alles zusammenzufassen: Ich lebe und geniesse mein Leben in vollen Zügen. Im Moment lebe ich ganz nach dem Motto: Die Frage ist nicht, welche körperliche Beschwerden man hat, sondern was man daraus macht. Sexualität, Empfängnisverhütung und Schwangerschaft Dank der grossen Fortschritte der Medizin in den letzten Jahrzehnten erreichen mittlerweile die meisten Kinder mit Herzfehler das Jugend- und Erwachsenenalter. Als Jugendliche und junge Erwachsene stellen sich für Sie Fragen zu Sexualität, Empfängnisverhütung (Antikonzeption) und einer allfälligen Elternschaft. Sexualität 66 Darf ich eine normale Sexualität leben? Jugendliche und Erwachsene mit einem angeborenem Herzfehler dürfen und sollen eine normale Sexualität leben. Dabei gelten für sie die üblichen Sicherheitsmassnahmen bezüglich Empfängnisverhütung und Ansteckungsrisiko (HIV-Infektion, Hepatitis, Geschlechtskrankheiten). Die körperliche Einschränkung in Bezug auf die Sexualität äussert sich beim Mann und bei der Frau unterschiedlich. Die Frau ist vor allem konfrontiert mit Fragen der Empfängnisverhütung, der Möglichkeit, schwanger zu werden, der Fähigkeit, Schwangerschaft und Geburt ohne grössere Risiken zu bewältigen sowie der Wahrscheinlichkeit, ein gesundes Kind zur Welt bringen zu können. Während bei der Frau der Geschlechtsakt an sich mit geringeren körperlichen Anstrengungen verbunden ist als beim Mann, kann der Geschlechtsverkehr für ihn eine grosse körperliche Anstrengung bedeuten. Ist der Mann aufgrund seines Herzfehlers dieser Anstrengung nicht gewachsen, können Versagensängste aufkommen. Es kann eine Partnerschaft sehr belasten, wenn der Mann wegen seiner eingeschränkten Herzfunktion nicht mit seiner Frau schlafen kann. Genauso belastend kann es für ein Paar sein, wenn die Frau aufgrund ihres Herzfehlers nicht fähig ist, einem Kind das Leben zu schenken. Dies anzunehmen und damit umzugehen erfordert grosses gegenseitiges Verständnis und Einfühlungsvermögen. Empfängnisverhütung (Antikonzeption) Jede Schwangerschaft birgt ein Risiko für Komplikationen, auch bei Frauen ohne Herzfehler. Frauen mit einem Herzfehler besitzen je nach Art des Herzfehlers und der Funktion des Herzens ein teilweise deutlich erhöhtes Risiko, dass es während der Schwangerschaft Komplikationen gibt. Zudem sind gewisse Medikamente für das ungeborene Kind im ersten Schwangerschaftsdrittel schädlich. Deshalb sollten Frauen mit angeborenem Herzfehler eine ungeplante Schwangerschaft vermeiden. In gewissen Fällen ist eine Schwangerschaft sogar mit einem deutlich erhöhten Sterberisiko für die Frau verbunden. Bei diesen Frauen wird von einer Schwangerschaft abgeraten und eine konsequente Verhütung (Antikonzeption) muss frühzeitig mit dem Arzt besprochen werden. Welches ist die beste Empfängnisverhütung? Die perfekte Methode zur Empfängnisverhütung gibt es nicht. Jede Methode hat ihre Vor- und Nachteile bezüglich Sicherheit und Risiken. Jede Methode hat eine Versagerquote, auch die Sterilisation. Versager werden mit dem Pearl-Index angegeben. Er erfasst die Anzahl Schwangerschaften bei hundert Frauen, die während eines Jahres eine bestimmte Methode angewendet haben. Die nachfolgende Beschreibung der verschie67 denen Methoden ersetzt die kompetente Beratung bei einer Gynäkologin und die Rücksprache mit dem betreuenden Kardiologen nicht. Für welche Verhütungsmethode Sie sich auch entscheiden, sie sollte deshalb immer nach einer Untersuchung und Beratung bei Ihrer Gynäkologin in Zusammenarbeit mit Ihrem Kardiologen erfolgen. Natürliche Methoden Unter die natürlichen Methoden fallen der Coitus interruptus (vor dem Samenerguss abgebrochener Geschlechtsverkehr), Temperaturmessmethode (sichere Zeitspanne) und natürlich auch die Enthaltsamkeit. Diese sogenannten natürlichen Methoden sind sehr unsicher (ausser der Enthaltsamkeit) und deshalb ungeeignet. Barriere-Methoden Dazu zählen das Präservativ oder Kondom beim Mann und das Diaphragma bei der Frau. Neben der effektiven Verhütung verhindert das Kondom bei korrekter Anwendung auch sehr wirksam die Übertragung von Infektionskrankheiten. Ovulationshemmer – orale Antikonzeptiva (Antibabypille) Es gibt zwei verschiedene Arten von Ovulationshemmern oder Antibabypillen: Kombinationspräparate, die Östrogene und Gestagene als Hormone enthalten, und Präparate, die nur Gestagene enthalten. Die Wirkung b eruht auf einer Hemmung der Ovulation (Eisprung). Über die Vor- und Nachteile der verschiedenen Präparate müssen Sie sich von Ihrer Gynäkologin beraten lassen. Wenn sie korrekt eingenommen werden, verhüten die kombinierten Ovulationshemmer eine Schwangerschaft am wirksamsten (Pearl-Index = 0.1 bis 0.4). Sie besitzen auch den Vorteil, dass sie den Menstruationszyklus regulieren und das Ausmass der Menstruationsblutung reduzieren. Kombinationspräparate erhöhen das Risiko einer Thrombose (Bildung eines Blutgerinnsels). Die Kombination Rauchen und Ovulationshemmer ist sehr ungünstig und erhöht das Thromboserisiko deutlich! Wenn Sie die Pille nehmen, sollten Sie also unbedingt auf das Rauchen verzichten. Falls ein erhöhtes Thromboserisiko vorliegt, empfiehlt sich ein gestagenhaltiges Monopräparat. Dieses ist zwar etwas weniger wirksam als ein östrogenhaltiges, reduziert aber das Risiko einer Thrombose. Intrauterine Spirale (IUCD = Intrauterine Contraceptive Device) 68 Die Spirale ist effektiver in der Verhinderung von Schwangerschaften als das Kondom (Pearl-Index 0.1 bis 1.0). Eine gestagenhaltige intrauterine Spirale ist die sicherste und effektivste Verhütungsmethode für Frauen mit zyanotischem Herzfehler oder Lungenhochdruck (pulmonale Hypertonie). Zudem kann sie das Ausmass der Menstruationsblutungen reduzieren. Bei Frauen nach Fontan-Operation oder bei Patientinnen mit Eisenmenger-Syndrom sollte die Spirale im Spital eingesetzt werden. Eine Endokarditis-Prophylaxe ist bei der Einführung (oder Entfernung) nur bei vorliegender Infektion empfohlen. Drei-Monats-Spritze – Depot-Injektion eines Hormons Die Drei-Monats-Spritze (Injektion eines Hormons) bietet einen guten Verhütungsschutz während zirka zehn Wochen (Pearl-Index = 0.1 bis 1.0). Häufig gibt es jedoch Unregelmässigkeiten im Menstruationszyklus und starke Blutungen beim Nachlassen der Wirkung. Diese Methode wird deshalb kaum mehr durchgeführt. Implanon® Implanon® ist ein Empfängnisverhütungsmittel, das vom Arzt direkt unter die Haut eingesetzt (implantiert) wird. Implanon® besteht aus einem kleinen, biologisch nicht abbaubaren, halbharten Kunststoffstäbchen (Länge 4 cm; Durchmesser 2 mm), das Gestagen in die Blutbahn abgibt. Die kontrazeptive Wirkung beruht primär auf einer Hemmung des Eisprungs, wobei die Aktivität der Eierstöcke (Ovarien) nicht vollständig unterdrückt wird. Implanon ® bietet einen sehr hohen Schutz vor unerwünschter Schwangerschaft (Pearl-Index = 0.38). Dieser wird erreicht, weil im Gegensatz zu oralen Antikonzeptiva die Wirkung von Implanon® nicht von einer regelmässigen Tabletteneinnahme abhängig ist. Implanon® wird zu Beginn des Zyklus implantiert. Auf Wunsch kann Implanon® jederzeit wieder entfernt werden, wenn eine Empfängnisverhütung nicht mehr erwünscht ist. Es sollte aber spätestens nach drei Jahren entfernt beziehungsweise ersetzt werden, weil dann die Wirkung nicht mehr garantiert ist. «Morning-after Pill» Die «Morning-after pill» oder die «Pille danach» ist ein hochdosiertes Hormonpräparat, das nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr so rasch als möglich bis spätestens 48 (notfalls 72) Stunden danach eingenommen werden muss. Wegen des hohen Hormongehalts besteht bei bestimmten Patienten ein erhöhtes Risiko für Thrombosen. Die «Pille danach» ist deshalb keine geeignete Antikonzeption und sollte nur in 69 Notfallsituationen angewendet werden. Sterilisation Die Sterilisation ist eine sichere Methode der Antikonzeption, wenn sich das Paar gegen eine Schwangerschaft entschieden hat. Es kann entweder die Frau (Durchtrennung oder Verschluss der Eileiter) oder der Mann (Durchtrennung der Samenleiter) sterilisiert werden. Meistens lassen sich die Frauen sterilisieren, weil sie bei einer allfälligen Schwangerschaft das Risiko tragen. Die Durchtrennung der Eileiter erfolgt im Allgemeinen laparoskopisch: In Allgemeinnarkose werden zwei kleine Kanülen in die mit Kohlendioxid gefüllte Bauchhöhle eingeführt. Unter Sicht werden dann die beiden Eileiter durchtrennt. Die Eileiter können auch bei einem allfälligen Kaiserschnitt durchtrennt werden, wenn eine weitere Schwangerschaft vermieden werden soll. In einer neueren Methode können die Eileiter auch hysteroskopisch (via Gebärmutter) verschlossen werden. Bei Männern ist der Eingriff der Sterilisation (Vasektomie) deutlich kleiner und kann unter Lokalanästhesie durchgeführt werden. Schwangerschaft 70 Darf ich schwanger werden? Diese Frage beschäftigt viele Frauen und muss bei Frauen mit einem Herzfehler vom betreuenden Kardiologen mitbeantwortet werden. Frauen mit einer angeborenen oder erworbenen Herzerkrankung sollten eine ungeplante Schwangerschaft auf jeden Fall unbedingt vermeiden. Bei der Familienplanung sind (abgesehen von der Frage, ob eine Schwangerschaft von den körperlichen Voraussetzungen her möglich ist) die eigene Lebenserwartung und die Fähigkeit zur Sorge und Erziehung der Kinder zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang muss auch b edacht werden, dass sich der Gesundheitszustand der Mutter (oder des Vaters) in den Jahren nach der Geburt des Kindes verschlechtern kann. Vor allem bei Eltern mit komplexen oder zyanotischen Herzfehlern b esteht ein erhöhtes Risiko, dass Komplikationen auftreten können, die mit Spitalaufenthalten oder Operationen verbunden sein können. Ein stützendes Umfeld ist deshalb besonders wichtig, da ein Elternteil bei der langjährigen Erziehungsarbeit möglicherweise häufig fehlen wird. An die Leistungsfähigkeit des Herzens werden während der Schwangerschaft und der Geburt deutlich höhere Ansprüche gestellt. Ein bereits vor der Schwangerschaft geschwächtes Herz hat mit dieser Mehrbelastung mehr Mühe als ein gesundes Herz. Deshalb muss der Kardiologe, mit Einbezug des Gynäkologen, Ihnen nach einer gründlichen Untersuchung folgende Fragen beantworten: 7 Wie gross ist das Risiko der Schwangerschaft und der Geburt für mich und mein Kind? 7 Welche Komplikationen können auftreten? 7 Wie gross ist das Risiko für mein Kind, mit einem angeborenen Herzfehler oder anderen Gesundheitsschäden auf die Welt zu kommen? 7 Soll eine pränatale Diagnostik durchgeführt werden und was sind die Konsequenzen, wenn bei meinem Kind in der pränatalen Untersuchung ein schwerer Herzfehler diagnostiziert wird? 7 Wie kann ich gebären? Spontangeburt oder Kaiserschnitt? 7 Welche unterstützenden Massnahmen erhalte ich während der Geburt? 7 Wo soll ich entbunden werden? Im Regionalspital oder im Zentrumsspital? 7 Habe ich spezielle Wünsche bei der Geburt und können sie ohne Erhöhung des Risikos erfüllt werden? 7 Welche Medikamente dürfen beziehungsweise dürfen nicht während der Schwangerschaft und Stillperiode eingenommen werden? Risikobeurteilung Nach einer medizinischen Standortbestimmung führt der Kardiologe vor der Schwangerschaft eine Risikobeurteilung durch. Erst aufgrund dieser Beurteilung kann eingehend über die Risiken und möglichen Komplikationen bei Mutter und Kind informiert werden. Die kardiologische Untersuchung vor der Schwangerschaft beinhaltet die Beurteilung der Funktion des Herzens, insbesondere des Herzmuskels und der Herzklappen. Bei gewissen Frauen ist zur Einschätzung der Leistungsfähigkeit eine Abklärung mittels Fahrrad-Ergometrie notwendig, um abzuklären, ob das Herz der erhöhten Belastung während der Schwangerschaft ausgesetzt werden kann. Aufgrund der heutigen Erfahrungen ist eine Schwangerschaft mit erhöhtem, aber vertretbarem Risiko für die meisten Frauen mit einem angeborenen Herzfehler möglich. Gelegentlich ist vor einer Schwangerschaft ein Eingriff nötig, um das Risiko zu minimieren, zum Beispiel wird eine Herzklappe mit einem Ballon erweitert oder ersetzt. Wird das Risiko für die Frau als sehr hoch eingestuft, muss von einer Schwangerschaft abgeraten werden. Dies betrifft Frauen mit schwerem Lungenhochdruck, mit schwerer Herzinsuffizienz oder mit einem MarfanSyndrom und einer Erweiterung der Hauptschlagader (Aorta). Generell gilt die Empfehlung, dass Schwangere mit erhöhtem Risiko während der Schwangerschaft gemeinsam durch den Kardiologen und den Gynäko- 71 logen betreut werden. Wie gross ist das Risiko eines angeborenen Herzfehlers für mein Kind? Ein angeborener Herzfehler ist der häufigste Geburtsfehler überhaupt und betrifft etwa eines von hundert Neugeborenen. Das Risiko der Kinder von Eltern mit einem angeborenen Herzfehler ist erhöht und b eträgt in der Regel etwa fünf bis zehn Prozent, wenn die Mutter b etroffen ist. Das Risiko liegt etwas tiefer bei einem Herzfehler väterlicherseits (etwa drei bis fünf Prozent). Das Risiko ist auch erhöht, wenn eines der Geschwister einen Herzfehler hat. Gewisse Herzfehler haben eine genetische Ursache (zum Beispiel die hypertrophe Kardiomyopathie [HOCM] und das Marfan-Syndrom), weshalb die Vererbung sehr viel wahrscheinlicher sein kann (fünfzig Prozent). Da bei diesen genetischen Schädigungen die Art der Vererbung bekannt ist, kann eine ausführliche genetische Beratung helfen, das genaue Risiko für die Nachkommen abzuschätzen. Catherine Fragnière-Repond Ich heisse Catherine Fragnière-Repond und bin im Jahr 1979 mit einer Transposition der grossen Gefässe geboren. Meine erste Operation hatte ich nach wenigen Monaten. Die Ärzte gaben mir damals eine Lebenserwartung von fünf bis sechs Jahren! Mit sechs Jahren habe ich einen Herzstillstand erlitten. Ich wurde mit dem Helikopter ins Inselspital gebracht, wo ich vier Tage im Koma lag. Ich kann mich gut erinnern an den Tag, wo alles kippte. Die Ärzte beschlossen, mir einen Schrittmacher einzusetzen. Ein imposanter Apparat in einem kleinen, sechsjährigen Mädchen. Als ich erwachte, erkannte ich niemanden mehr. Ich wusste nichts mehr von meinem früheren Leben. Ich habe alles wieder lernen müssen. Mein Körper war mit vielen Narben übersät, die mich allerdings nie gestört haben. Die Schule ist nicht einfach, wenn man anders ist. Ich trieb keinen Sport, denn ich wurde rasch müde. Im Übrigen habe ich aber die Schulzeit fast normal mitmachen können. 1995 folgte nochmals eine Operation am offenen Herzen. Nach der Schule versuchte ich, eine Berufslehre zu machen. Ich musste aber bald einsehen, dass ich nicht würde arbeiten können. Seither erhalte ich eine Invalidenrente. Es war nicht einfach zu akzeptieren, dass ich nicht arbeiten kann. Aber das Leben geht weiter, und ich, ich bin am Leben. Am 20. März 2006 – immer werde ich mich an dieses Datum erinnern – stellte sich die Frage einer Mutterschaft. Ein Arzt sagte zu mir: Sie können ein Kind bekommen, wenn Sie wollen! Welch ein Glück! Das war einer der ganz grossen Momente in meinem Leben. Zuvor hatte ich zehn Jahre darunter gelitten, dass ich nie ein Mami sein würde. Am 7. Februar 2009 habe ich einen winzigen Quentin zur Welt gebracht. 1,2 kg und 40 cm, das war in der 28. Schwangerschaftswoche. Tja, ich habe die Schwangerschaft nicht vertragen. Es gab Risiken und ich kannte sie! Mein kleines Engelchen blieb neun Wochen im Spital, dann durfte es nach Hause kommen. Heute ist er perfekt gesund. Seither ist mein Leben völlig verändert: Ich bin Mutter. Das ist ein wunderbares Abenteuer – das schönste. All mein Leiden war nicht umsonst und ich fühlte mich wie neugeboren. Heute kann ich sagen, dass ich das Leben liebe und dass man nie die Hoffnung verlieren muss, die Medizin macht Fortschritte! Das Leben ist schön und ist es wert, gelebt zu werden. Ich hatte das Glück, von meiner Familie immer unterstützt zu werden, und ich denke, das ist sehr wichtig, um voranzukommen. 73 Pränatale Diagnostik Dank der grossen Fortschritte der bildgebenden Technik kann ein Ultraschall des kindlichen Herzens (fetale Echokardiographie) gemacht werden, um Fehlbildungen des Herzens oder auch anderer Organe zu erkennen. Schwerwiegende Fehlbildungen können mit grosser Sicherheit diagnostiziert oder ausgeschlossen werden. Kleinere Fehlbildungen wie beispielsweise ein Kammerseptumdefekt können allerdings nicht immer dargestellt werden. Die Konsequenzen der Entdeckung einer schweren Fehlbildung müssen vor der pränatalen Diagnostik mit den Ärzten (Kardiologe, Gynäkologin) besprochen werden. Idealerweise sollte die fetale Echokardiographie zwischen der 18. und der 22. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden, damit der Herzfehler besser erkannt wird und ein Schwangerschaftsabbruch noch möglich wäre, sollten sich die Eltern dafür entscheiden. 74 Wie kann ich gebären? Spontangeburt oder Kaiserschnitt? Wenn die Schwangerschaft ohne ernsthafte Komplikationen verläuft, kann die Geburt aus kardiologischer Sicht meistens auch spontan erfolgen (vaginale Entbindung). Ein Kaiserschnitt ist aus kardialen Gründen selten notwendig. Um den Faktor Stress und somit eine übermässige Belastung des Herzens zu vermeiden, wird während der Geburt eine gute Schmerzbehandlung empfohlen (Epiduralanästhesie). Wo soll ich entbunden werden? Frauen mit einfachen Herzfehlern ohne Beschwerden oder wichtige Restbefunde können im Spital ihrer Wahl gebären. Frauen mit einfachen Herzfehlern, aber wichtigen Restbefunden und Frauen mit komplexen Herzfehlern sollten an einem Zentrumsspital (zum Beispiel an einem Universitätsspital) gebären, damit bei Problemen die Fachärzte rasch kompetente Hilfe für Mutter und Kind leisten können. Diesen Frauen ist von einer Hausgeburt abzuraten. Psychosoziale Aspekte des Lebens mit einem Herzfehler Wenn Sie mit einem Herzfehler aufgewachsen sind, haben Sie Ihren Körper als unzuverlässigen Partner wahrgenommen. Dies in einer Zeit, in der Gleichaltrige keinerlei Probleme damit haben und die körperliche Gesundheit als selbstverständlich erleben. Wiederholte Hospitalisationen und Eingriffe in der Kindheit behindern nicht nur das schulische Fortkommen. Sie können auch traumatisch erlebt werden und dazu beitragen, dass Jugendliche und Erwachsene mit Herzfehlern den Kontakt mit Ärzten und medizinischen Fachpersonen meiden und sich bis zum Auftreten schwerer Spätfolgen nicht um Nachkontrollen bemühen. Umgekehrt führt die grosse Vertrautheit mit den Gesundheitsberufen bei einigen dazu, dass sie selber einen Beruf im Gesundheitsbereich ergreifen. Wird der Herzfehler erst im Teenager- oder Erwachsenenalter entdeckt, kann das eine Erleichterung sein, wenn damit für vorhandene Beschwerden endlich eine Erklärung gefunden wird. Für die Betroffenen kann es aber auch den Zusammenbruch einer Welt bedeuten, wenn sie sich zuvor als gesund wahrgenommen haben. Normalität und Anderssein Vielen Kindern und Jugendlichen mit Herzfehler wurde nach reparativen Operationen ein «normales Leben» in Aussicht gestellt. Tatsächlich haben Herzfehler meist jahrelang keine Einschränkungen zur Folge, die im Alltag spürbar wären. Trotzdem stossen Betroffene immer wieder an Grenzen, die zum Teil von aussen gesetzt sind. Sie müssen sich Herausforderungen stellen, die gesunde Menschen nicht meistern müssen. So ist es zum Beispiel nicht selbstverständlich, dass Sie eine Fahrprüfung machen können und für so manches sollen Anträge gestellt oder Formulare ausgefüllt und Fragen zur Gesundheit beantwortet werden. Zudem wirft jede langfristige Planung wie beispielsweise berufliche Entwicklungsmöglichkeiten oder eine mögliche Elternschaft Fragen nach dem weiteren Verlauf der Herzprobleme auf. Jugendliche mit Herzfehlern setzen sich häufig zum Ziel, so zu sein wie alle anderen. Sie legen sich viele Techniken zu, gesund zu erscheinen und können als Erwachsene ihr «Anderssein» oft virtuos managen, b esonders wenn man ihnen nichts ansieht. Es bleibt Ihnen überlassen, ob, wie und wann Sie jemanden über ihren Herzfehler informieren. Im engeren Freundeskreis und unter Arbeitskollegen bewährt es sich aber, 75 relativ offen zu sein, und in einer intimen Beziehung kann und soll ein Herzfehler kein Geheimnis bleiben. Obwohl wissenschaftliche Vergleiche mit Gesunden je nach Herzfehler deutliche Einschränkungen der Leistungsfähigkeit ergeben, fühlen sich viele Betroffene zum grossen Teil normal leistungsfähig. Sie spüren ihre Grenzen häufig erst, nachdem sie sie überschritten haben. So weit gegangen zu sein, kann sie mit legitimem Stolz erfüllen, selbst wenn die Erholung etwas länger dauert. Trotz der verminderten Leistungsfähigkeit können sich Herzpatienten einen Lebensstil zulegen, mit dem sie gut zurechtkommen. Viele fürchten sich allerdings davor, irgendwann weniger leistungsfähig zu sein. 76 Obwohl es also möglich ist, sich mehrheitlich als «normal» wahrzunehmen und gegen aussen als gesund zu geben, lässt sich in bestimmten Situationen über das Anderssein nicht hinwegsehen. Ihrer eigenen Gesundheit zuliebe sollten Sie als Jugendlicher oder Erwachsener mit einem Herzfehler ein Bewusstsein für die Besonderheiten Ihrer eigenen Situation entwickeln. Ihre Verantwortung für die eigene Gesundheit beinhaltet vieles, was andere Menschen gar nicht zu kennen brauchen wie beispielsweise Endokarditisprophylaxe, Blutverdünnung und INR-Selbstkontrolle, regelmässige Medikamenteneinnahme, besondere Risiken bei Schwangerschaften oder beim Reisen. Soziale Integration Der Umgang mit den eigenen Grenzen ist nicht nur für Betroffene eine Herausforderung, sondern auch für ihr Umfeld. Die körperlichen Grenzen können variabel und von der Tagesform abhängig sein und sie können sehr plötzlich spürbar werden. Wenn Sie als Herzpatient in solchen Momenten unvermutet die Erwartungen Ihrer Umgebung nicht erfüllen können, kann das Beziehungen belasten. Andererseits können diffuse Vorstellungen über Gefahren und Hilfsbedürftigkeit dazu führen, dass Gesunde Ihnen unnötig enge Grenzen setzen. In der Gesellschaft wird man dazu ermuntert «Treppen zu steigen statt Lift zu fahren, das Rad zu nehmen statt im Auto zu reisen, Rohkost zu essen und Cholesterin zu meiden». All das soll ein gesundes Herz garantieren. Dem schwer atmenden Träger eines Herzfehlers werden dann gerne genau die Verhaltensweisen vorgeworfen, mit denen Gesunde ihr Herz schädigen: «Du rauchst wohl zu viel!», «Du solltest mehr Sport treiben!» Solche Vorwürfe können entkräftet werden, indem Sie offen über Ihre Krankheit reden. Im Vergleich zu Gesunden leben Menschen mit Herzfehler seltener in einer Partnerschaft und sie bekommen weniger Kinder. Die Gründe dafür sind wohl so vielfältig wie die persönlichen Geschichten dieser Personen. Obwohl wegen des Herzfehlers die Berufswahl häufig eingeschränkt ist, weisen Betroffene eine ähnlich hohe Arbeitszufriedenheit auf wie Gesunde. Eine Integration in den Arbeitsprozess ist in vielen Fällen gut möglich. Mehr dazu erfahren Sie im nächsten Kapitel «Berufsausbildung und Anstellungsverhältnisse» ab Seite 81. Psychologische Anpassung Erwachsene mit angeborenem Herzfehler haben mehrheitlich eine hohe psychische Widerstandskraft. Dennoch sind sie anfälliger für psychische Störungen. Dabei hat die Art des Herzfehlers keinen klaren Einfluss, hingegen spielt die Schwere der körperlichen Einschränkungen eine grössere Rolle. Eigentliche psychische Krankheiten wie Depressionen, Angsterkrankungen und posttraumatische Störungen sollten behandelt werden. Doch auch ohne eine solche Diagnose kann eine psychologische Unterstützung hilfreich sein und grösseren Problemen vorbeugen. Denn die Herausforderungen des Lebens mit Herzfehler bringen psychische Belastungen mit sich, die manchmal nicht einfach zu bewältigen sind. Fragen rund um Familie, Partnerschaft, Freundschaften und Beruf sowie die Beziehung zum eigenen Körper stehen dabei im Vordergrund. Herzfehler müssen nicht nur körperlich, sondern auch psychisch verarbeitet werden. Das gelingt nicht immer gleich gut. Sie sollten sich nicht 77 schämen, bei Bedarf Hilfe in Anspruch zu nehmen – Hilfe beim Verarbeiten, beim Nachdenken und beim Finden Ihres eigenen Weges. Zentren für angeborene Herzfehler bieten psychologische Unterstützung an. Der Entscheid, von einer Fachperson psychologisch begleitet zu werden, mit der die «Chemie» stimmt und bei der eine Therapie gewinnbringend ist, bleibt aber letztlich jedem Einzelnen überlassen. Selbsthilfe Ob Familie, Freunde oder Fachpersonen – Gesunde können manches nicht nachvollziehen, wofür Personen, die Ähnliches durchlebt haben, wirkliches Verständnis haben. Selbsthilfeorganisationen von Jugendlichen und Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern existieren in vielen Ländern. In der Schweiz vertritt CUORE MATTO (verrücktes Herz) die Interessen und Anliegen der Betroffenen. CUORE MATTO ermöglicht Kontakte unter Herzpatienten, die sich nicht nur auf die Probleme rund um den Herzfehler konzentrieren, sondern auch gemeinsame Unternehmungen und Anlässe beinhalten. Ausserdem wird an Informationsveranstaltungen vieles gelehrt, was Menschen mit Herzfehlern erlaubt, ihren speziellen Körper zu verstehen und ihrer Gesundheit Sorge zu tragen. CUORE MATTO arbeitet mit Fachleuten aus dem Gesundheitswesen zusammen, um die Betreuung Erwachsener mit Herzfehlern laufend zu verbessern. Ich bin Noémi de Stoutz und bin 1958 ohne Pulmonalarterie geboren. Beide Herzkammern entleeren sich in die Aorta, die Körper- und Lungenkreislauf mit Mischblut versorgt. Operationen für so eine Pulmonalatresie gab es damals noch nicht. Mir war immer klar, dass ich kein langes Leben erwarten könne, aber ich war entschlossen, lieber eine kurze, gute Zeit zu haben als mich möglichst lange zu langweilen. Meine Kindheit und Jugend waren schwierig, doch mein Kreislaufsystem kompensierte sich schliesslich erstaunlich gut. Kinderkriegen war ausgeschlossen, also setzte ich mich über den Rat des Kardiologen hinweg und studierte Medizin. Ich wollte möglichst schnell abschliessen, um meinen Traumberuf noch praktizieren zu können, bevor mein Herzfehler mich daran hindern würde. Das ist mir gelungen: Zehn Jahre habe ich 100 Prozent gearbeitet, dann musste ich auf 50 Prozent reduzieren. Erst mit 52 Jahren wurde der völlige Ausstieg fällig. Zwei Dinge haben mich im Medizinstudium überrascht. Erstens kamen Erwachsene mit angeborenem Herzfehler einfach nicht vor. 78 Zweitens kam auch der Tod nicht vor! Es hiess immer, mit dieser oder jener Behandlung erreiche man soundso viel Prozent Überleben. Was mit den übrigen passiert, war kein Thema. Ich war ja weder erstaunt noch enttäuscht, dass ich meinen Patienten das Sterben nicht ersparen konnte. Mir lag aber daran, dass das Leben bis zuletzt erträglich und wertvoll sein sollte. So war ich sehr empfänglich dafür, als Spitalseelsorger mich auf die Palliativmedizin aufmerksam machten. Ich spezialisierte mich darin und merkte bald, dass ich dafür geschaffen war. Mit meinen Vorgesetzten gab es natürlich Spannungen: Eine Ärztin mit einer unvorstellbaren Krankheit, die sich für die «medizinischen Misserfolge» begeistert. Dazu noch die erste Frau im Kader und in der ersten ärztlichen Teilzeitstelle – ich werde nie wissen, welche meiner Schwierigkeiten welchem Faktor zuzuschreiben waren. Heute engagiere ich mich für CUORE MATTO und versuche, das Interesse der Kardiologen für Palliativmedizin zu wecken. Eigentlich bin ich uralt, mehr als 100-mal meine Lebenserwartung, aber meine Neugier ist noch nicht befriedigt. Ich habe noch nicht alles Lesbare gelesen, nicht alle Sprachen gelernt, habe ziemlich verrückte Reisen unternommen und bin damit noch nicht fertig. Ich muss meinem Herzen mehr entgegenkommen als früher, aber wir finden immer wieder Kompromisse, um zusammen noch mehr zu erleben. Noémi de Stoutz 79 Gesundheitsversorgung – geflickt, nicht geheilt Viele Menschen mit einem Herzfehler haben in ihrer Jugend gehört, ihr Herz sei «korrigiert», sie sollten nun ein normales Leben führen. Wenn später Probleme auftreten, ist man oftmals mit medizinischem Personal konfrontiert, das sich weder die ursprüngliche Anatomie noch die Operationen oder deren Folgen vorstellen kann. In dieser Situation sollten Sie darauf bestehen, dass Fachleute für Erwachsene mit angeborenem Herzfehler zugezogen werden. Es ist heute in der Schweiz möglich und empfehlenswert, auch in Zeiten ohne Komplikationen mindestens einen lockeren Kontakt mit echten Spezialisten für angeborene Herzfehler zu behalten und sich bei Problemen an diese überweisen zu lassen. 80 Für Erwachsene mit angeborenem Herzfehler ist es nicht immer möglich, das Thema ihrer Sterblichkeit so zu verdrängen, wie es Gesunde im Alltag tun. Besteht Hoffnung, ein gutes Leben könne ein gutes Ende haben? Da in den Spitälern junge Herzpatienten selten sind, ist die Chance gross, dass in Intensivstationen alles versucht wird, ihr Leben zu retten. Es kann sinnvoll sein, dass Sie sich mit einer Patientenverfügung vor extremen Massnahmen ein Stück weit schützen. Dabei ist das offene Gespräch mit dem eigenen Arzt und mit nahestehenden Personen wichtig, damit der eigene Wille auch dann in ärztliche Entscheide einfliessen kann, sollten Sie zur Mitsprache nicht mehr fähig sein. Die palliative Medizin und Pflege hat zum Ziel, körperliche Beschwerden so zu lindern, dass sie die Patienten nicht am Wesentlichen hindern – dem Abschliessen und Abschiednehmen. Sie ist bestrebt, durch liebe- und respektvolle Beziehungen der Betreuenden mit dem Patienten und durch Unterstützung der Angehörigen vor und nach dem Tod das Ende des Lebens lebenswert zu machen. Das dürfen Patienten und Angehörige fordern. Berufsausbildung und Anstellungsverhältnisse Um im Berufsalltag Fuss zu fassen, ist eine möglichst gute Schulbildung wichtig. Insbesondere wenn als Folge eines Herzfehlers oder einer begleitenden Erkrankung eine körperliche Leistungsverminderung vorliegt. In Einzelfällen ist die Ausbildung in einem Schulheim oder einer Spezialtagesschule sinnvoll. Grundsätzlich gilt: Je besser der Schulabschluss, desto freier sind Sie in der Berufswahl. Für die Mehrheit der Betroffenen stehen die meisten Berufe offen. Schnupperlehren sind eine wertvolle Möglichkeit, Ihre Eignung für Ihren Traumberuf abzuschätzen. In vielen Fällen kann eine sorgfältige Berufsberatung durch staatliche oder private Stellen sehr nützlich sein. Bei Vorstellungsgesprächen ist es wichtig, ruhig und selbstsicher aufzutreten. Lassen Sie sich im Vorfeld von einer Fachperson instruieren und beraten. So können Sie sich auf mögliche Fragen vorbereiten und lernen, wie Sie am besten antworten. Gute Kenntnisse des Arbeitsrechts sind äusserst wichtig. Fragen nach bestehenden Krankheiten oder Behinderungen sind (nur) solange zulässig und damit wahrheitsgemäss zu beantworten, als die Arbeitstauglichkeit für den betreffenden Arbeitsplatz durch die Krankheit oder Behinderung zeitlich oder sachlich herabgesetzt wird. In jedem Fall haben Sie eine künftige, absehbare fehlende Einsatzbereitschaft (Operation, Kuren) von sich aus anzugeben. Diesbezüglich trifft Sie eine so genannte aktive Offenbarungspflicht. Die Spätfolgen eines Herzfehlers können lange vor dem Pensionsalter zur Arbeitszeitreduktion zwingen. Für die Berechnung einer allfälligen späteren Rente ist es wichtig, dass Hausarzt und Kardiologe den Zusammenhang zwischen einer kardiologisch begründeten Ermüdbarkeit und der Teilzeitarbeit auch dann schriftlich festhalten, wenn (noch) kein Antrag auf eine Invalidenrente (IV) gestellt wird. Wenn das Pensum aus gesundheitlichen Gründen unter siebzig Prozent gesenkt wird, ist eine Teilrente möglich, wobei die IV zuerst Anpassungen des Arbeitsplatzes und Eingliederungsmassnahmen prüfen wird. Lassen Sie sich unbedingt beraten und begleiten, zum Beispiel durch den Rechtsdienst von Procap (Kontaktadresse am Schluss der Broschüre). 81 Mein Name ist Donat Burkhalter und ich kam 1959 in Wangen an der Aare mit einer Hausgeburt zur Welt. Als ungewöhnlich ruhiger Bub wurde ich vom Einschulungsarzt an einen Kardiologen überwiesen. Später liess sich mit der Ultraschalltechnik eine angeborene inoperable EbsteinAnomalie diagnostizieren. Endlich hatten meine Familie und ich eine Erklärung dafür, weshalb ich oft müde, antriebslos und körperlich weniger leistungsfähig war als gleichaltrige Kinder. Die Schulzeit durchlief ich mit wenigen Einschränkungen problemlos und war bei meinen Schulkollegen bestens integriert. Die Mithilfe im elterlichen Lebensmittelgeschäft und in einer Buchdruckerei hatte mich körperlich etwas gestärkt. Schon lange stand mein Berufswunsch fest: Ich wollte Coiffeur werden. So begann ich 1975 die viereinhalbjährige Ausbildung zum Damen- und Herrencoiffeur. 82 Mit der Berufserfahrung, die ich mir inzwischen angeeignet hatte, erwarb ich 1981 den fünfplätzigen Salon meines ehemaligen Lehrmeisters in Solothurn. Mit der Zeit wurden die Belastung durch das eigene Geschäft und weitere Aktivitäten – ich war im Sektionsvorstand von Coiffeur Suisse tätig und sang in einem Männerchor – zu gross. 1992 ging es mir sehr schlecht und die Überbelastung rächte sich mit einem Spitalaufenthalt. Es wurde mir eine Lebenserwartung von nur noch drei bis fünf Jahren genannt. Erst nach einem vierwöchigen Aufenthalt in der Reha-Klinik in Seewis ging es langsam wieder aufwärts. Um den Herzrhythmus zu stabilisieren, sind starke Medikamente nötig. Zusätzliche Beschwerden resultieren von der Hautkrankheit Neurodermitis, die ich seit Jahren wöchentlich mit Lichtstrahlentherapie und Kortison behandeln muss. 2002 verkaufte ich den Coiffeursalon. Dank IVUnterstützung habe ich meinen Beruf nun zum Hobby machen können. Viel Freude bereiten mir das Akkordeonspiel im Orchester und die Aktivitäten bei CUORE MATTO. Zusammen mit einigen anderen Betroffenen habe ich die Vereinigung CUORE MATTO im Gründungsvorstand während drei Jahren mitgeprägt. Mir ist bewusst, dass die meisten Menschen Lebenskurven kennen, mit meinem Herzfehler lebe ich auf kurvenreichem Terrain und wie auf Glatteis. 83 Donat Burkhalter Versicherungen Krankenversicherung Die Grundversicherung der Krankenkasse vergütet Kosten für ärztliche Behandlungen, Spitalaufenthalte und Medikamente. Ambulante Leistungen deckt die Krankenkasse in der ganzen Schweiz. Ab 2012 gilt zudem für Grundversicherte die bedingte freie Spitalwahl in der ganzen Schweiz. Allerdings werden bei einem ausserkantonalen Spitalaufenthalt lediglich jene Kosten vergütet, die bei gleicher Behandlung auch im Wohnkanton anfallen würden. Zudem muss das gewählte Spital auf der kantonalen Liste des Wohnkantons stehen (Listenspital). Ist eine Verlegung in ein Nicht-Listenspital aus medizinischen Gründen unerlässlich, braucht es vom Kantonsarzt eine Kostengutsprache. 84 Im Bereich der Grundversicherung darf die Krankenkasse keine Vorbehalte für angeborene Herzfehler anbringen. Es kann also nach Belieben die Krankenkasse gewechselt werden. Trotzdem muss ein Wechsel gut überlegt sein. Gerade für Menschen mit angeborenem Herzfehler, die häufig Kontakt mit der Krankenkasse haben, kann eine grosszügige, schnelle und unbürokratische Bearbeitung wichtiger sein als die Höhe der Prämie. Mit Zusatzversicherungen werden Leistungen versichert, die von der Grundversicherung nicht übernommen werden. Häufig sind dies Zusätze für halbprivate oder private Abteilungen in Spitälern oder Zahnkorrekturversicherung. Im Bereich dieser Zusatzversicherungen sind die Krankenkassen frei, einen Vertrag abzuschliessen. Mit dem Ziel, schlechte Versicherungsrisiken auszuschliessen, verlangt die Krankenkasse das Ausfüllen eines Gesundheitsfragebogens. Es empfiehlt sich, diesen wahrheitsgetreu auszufüllen, ansonsten kann die Krankenkasse auch Jahre nach Abschluss des Vertrages zurücktreten. Es dürfte also für Menschen mit angeborenem Herzfehler in der Regel schwierig werden, Zusatzversicherungen abzuschliessen. Invalidenversicherung (IV) Da es sich bei einem angeborenen Herzfehler um ein Geburtsgebrechen handelt, kommt anstelle der Krankenversicherung die IV für medizinische Leistungen und Behandlungen auf. Dies allerdings nur bis zum 20. Lebensjahr. Danach ist die Krankenversicherung zuständig. Bei einer längeren (auch teilweisen) Arbeitsunfähigkeit (ab zwei bis drei Monaten), die nicht vorübergehender Natur ist, empfiehlt sich eine Anmeldung bei der IV. Die IV bietet berufliche Eingliederungsmassnahmen sowie Umschulung an und prüft eine Rente. Muss das Arbeitspensum aufgrund der Herzerkrankung reduziert werden, wird empfohlen, vom Arzt und dem Arbeitgeber eine Bestätigung einzuholen, dass die Reduktion gesundheitsbedingt erfolgt. Eine freiwillige Pensenreduktion, unabhängig von der Gesundheit, berücksichtigt die IV bei der Rentenfestlegung nicht. Die IV kennt vier Rentenstufen. Bei einer Teilrente kann weiterhin ein Einkommen erwirtschaftet werden. Pensionskasse Die Pensionskasse (2. Säule) erbringt einerseits Leistungen ab Pensionsalter. Andererseits sind auch die Risiken Invalidität und Tod versichert. In eine Pensionskasse werden nur Arbeitnehmende aufgenommen, die ein jährliches Mindesteinkommen von CHF 20 880 (Stand 2011) verdienen. Nicht versichert sind Teilzeiterwerbstätige mit weniger Einkommen, Studierende oder Hausfrauen und Hausmänner. Bei Bezügern von Renten der IV ist diese Eintrittsschwelle herabgesetzt. Die Pensionskasse kann Leistungen für Krankheiten, die bereits vor Aufnahme in die Pensionskasse bestanden, ablehnen. Menschen mit einem angeborenen Herzleiden sind trotzdem versichert, sofern sie beim Eintritt ins Erwerbsleben mindestens sechzig Prozent arbeiten. Im Bereich der 2. Säule gibt es neben der obligatorischen Versicherung nach BVG (Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge) die Möglichkeit von überobligatorischen Versicherungen nach VVG (Versicherungsvertragsgesetz). Im Bereich der VVG Versicherungen hat die Pensionskasse die Möglichkeit, ihre Leistungen für Menschen mit Herzfehler einzuschränken. Auch die Pensionskassen holen Gesundheitsfragebogen ein und machen häufig Vorbehalte bei vorbestehenden Krankheiten. Krankentaggeldversicherungen Kürzere krankheitsbedingte Ausfälle am Arbeitsplatz sind häufig über eine Krankentaggeldversicherung abgedeckt. Dabei handelt es sich allerdings um eine freiwillige Versicherung. Das heisst, der Arbeitgeber ist gesetzlich nicht verpflichtet, eine solche für seine Arbeitnehmer abzuschliessen, ausgenommen es besteht ein Gesamtarbeitsvertrag (GAV). 85 Die Ausgestaltung der Leistungen ist unterschiedlich. Die Krankentaggeldversicherung kann vorsehen, dass alle Arbeitnehmenden ohne Rücksicht auf vorbestehende Krankheiten aufgenommen werden. Es kann aber auch sein, dass Arbeitnehmende mit gesundheitlichen Einschränkungen nur mit einem Vorbehalt in die Versicherung aufgenommen werden und so bei einer Abwesenheit keinen oder einen geringeren Lohn erhalten. Private Vorsorge Auch im Bereich der Privaten Vorsorge ist die Versicherung darauf bedacht, schlechte Risiken auszuschliessen. So informiert sich die Versicherung vor Abschluss mittels Fragebogen über die Gesundheit des Antragstellers. Dabei kommt es darauf an, wie die Versicherung die kardiologischen Risiken beurteilt. Diese Beurteilung kann je nach Versicherung unterschiedlich sein. Es lohnt sich daher, bei mehreren Versicherungen einen Antrag zu stellen. Die persönliche Rücksprache des behandelnden Kardiologen mit dem Vertrauensarzt der Versicherung kann ebenfalls weiterhelfen. 86 Diese Übersicht über die Versicherungen ist vereinfacht und ersetzt keine persönliche Beratung. In vielen Fällen empfiehlt sich eine persönliche Beratung durch Sozialversicherungsfachleute oder Anwälte. Eine erste Kurzberatung bietet Procap kostenlos an. Weitere rechtliche Beratung und Vertretung ist ebenfalls kostenlos, sofern die Betroffenen seit mindestens einem Jahr Mitglied von Procap sind. Procap ist der grösste Mitgliederverband für Menschen mit Handicap. Die zuständige Beratungsstelle finden Sie im Internet unter www.procap.ch. Fragen und Ängste von Betroffenen Das weitgehend normale Leben, das die meisten Menschen mit angeborenen Herzfehlern führen können, ist nie ganz selbstverständlich. Schon der Alltag kann viele Fragen aufwerfen, selbst wenn alles wie gewohnt funktioniert. Sie werden im Laufe Ihres Lebens mit Situationen konfrontiert, die nicht nur für den Körper, sondern auch für die Psyche eine grosse Herausforderung und Belastung darstellen. Typische Fragen, wenn neue, unbekannte Symptome auftreten: 7 Hat das einen Zusammenhang mit dem Herzfehler? 7 Bin ich nur überempfindlich oder überängstlich? 7 Habe ich etwas falsch gemacht? 7 Ist das gefährlich oder mache ich mich lächerlich, wenn ich jetzt zum Arzt gehe? 7 Welcher Arzt ist dafür der richtige? Typische Fragen vor einer Operation: 7 Ist dieser Eingriff wirklich notwendig? 7 Was wird dabei gemacht? 7 Werde ich grosse Schmerzen haben? 7 Können starke Schmerzmittel sich negativ auf die Heilung auswirken? 7 Geht es mir danach besser? 7 Wird sich meine Arbeitsfähigkeit verbessern? 7 Bin ich nachher auf Medikamente angewiesen? 7 Wie lange dauert der Spitalaufenthalt, die Rekonvaleszenz? 7 Muss oder soll ich nach der Operation in die Rehabilitation gehen? 7 Muss ich später nochmals operiert werden? 7 Wie werden meine Kolleginnen und Kollegen reagieren? 7 Werden mich meine Narben sehr stören? 7 Wie risikoreich ist dieser Eingriff? Fragen, mit denen Sie sich vielleicht auch noch befassen: 7 Wie stirbt man, wie fühlt sich Sterben an? 7 Kann die letzte Zeit erträglich gestaltet werden? 7 Wie werde ich, wie werden meine Liebsten unterstützt? 7 Wie wird meine Patientenverfügung die ärztlichen Entscheide b eeinflussen? 87 Manchen Betroffenen fällt es schwer, mit ihren Angehörigen diese Fragen zu thematisieren, weil sie deren Angst und Hilflosigkeit spüren. Aus gegenseitiger Rücksichtnahme wird das Thema dann oft tabuisiert, was jedoch für beide Seiten belastend sein kann. Wie viel man Freunden und Bekannten gegenüber erzählen möchte, muss jeder für sich selbst abwägen. Erfahrungen zeigen, dass die Umgebung oftmals mit Mitleid reagiert, die Situation dramatisiert oder aus Hilflosigkeit irgendwelche Ratschläge erteilt. Mut machende Worte, die Respekt zeigen und Kraft und Durchhaltewillen stärken, bleiben leider oft aus. Deshalb erzählen viele Betroffene aus Selbstschutz wenig bis gar nichts über ihre Befindlichkeit. 88 Es ist kein Makel, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dies geschieht idealerweise in interdisziplinären Sprechstunden, wo der Kardiologe und der Psychologe eng zusammenarbeiten. Angst und Unsicherheit kann nur in einem engen Verhältnis mit den betreuenden Ärzten, gestützt auf gegenseitige Offenheit, Respekt und Vertrauen, begegnet werden. In der Zeit vor einem Eingriff kann der Arzt – meistens der Kardiologe – zu einer sehr wichtigen Bezugsperson werden. Dies setzt jedoch ein uneingeschränktes Vertrauensverhältnis voraus, das schon vorher aufgebaut werden sollte. Nur so werden Betroffene wagen, ihm gegenüber ihre Ängste auszusprechen, und der Arzt wird sich den Fragen – auch den unangenehmen – offen stellen. Für die Patienten ist es unabdingbar, von ihrem Arzt ernst genommen zu werden. Niemand sollte sich schämen müssen, wenn er etwas als bedrohlich empfindet, was für die Ärzte zur Routine gehört. Auch Tränen sollten nicht unterdrückt werden müssen aus Angst, vor dem Arzt das Gesicht zu verlieren. Nicht zu unterschätzen ist auch der Austausch mit anderen Betroffenen. Wohl können Fachpersonen die medizinischen Fragen beantworten und Verständnis für die Ängste ihrer Patienten signalisieren. Dennoch werden wohl nur Personen, die Ähnliches wie Sie selbst durchlebt haben, die Ängste und Sorgen, die Sie bedrücken, wirklich nachvollziehen können. Kontaktadressen Patienten- und Selbsthilfeorganisationen Schweizerische Herzstiftung Schwarztorstrasse 18 Postfach 368 3000 Bern 14 Telefon 031 388 80 80 Telefax 031 388 80 88 [email protected] www.swissheart.ch Schweizerische Herzstiftung Aktiv gegen Herzkrankheiten und Hirnschlag Die Schweizerische Herzstiftung setzt sich aktiv gegen Herzkrankheiten und Hirnschlag ein. Herzkranken, Hirnschlagbetroffenen und ihren Angehörigen steht sie mit Rat und Tat zur Seite. Aber auch die Prävention bei gesunden Personen ist ihr ein grosses Anliegen. Sie fördert die Forschung im Bereich von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, unter anderem auch auf dem Gebiet der angeborenen Herzfehler. So hat die Schweizerische Herzstiftung in den vergangenen Jahren wichtige Beiträge zur 89 Verbesserung der Situation von Patienten mit angeborenen Herzfehlern geleistet und wird sich auch in Zukunft auf diesem Gebiet engagieren. Auf der Website der Schweizerischen Herzstiftung finden Betroffene, Angehörige und Interessierte Wissenswertes und Nützliches zum Thema Herzkrankheiten und Hirnschlag. CUORE MATTO , Vereinigung für Jugendliche (ab 16 Jahren) und Erwachsene mit angeborenem Herzfehler CUORE MATTO Marktgasse 31 3011 Bern Telefon 079 912 00 60 www.cuorematto.ch [email protected] Bei CUORE MATTO stellen sich Betroffene als Ansprechpartner für Jugendliche (ab 16 Jahren) und Erwachsene mit einem angeborenen Herzfehler zur Verfügung. Durch gegenseitige Information und gemeinsame Erlebnisse wird die Solidarität unter den Betroffenen sowie ihre Eigenverantwortung gestärkt. Die Vereinigung veranstaltet Informationsanlässe, Seminare und gemeinsame Aktivitäten, vermittelt Beratungsstellen (bei- spielweise bei Versicherungs- oder Rechtsproblemen), engagiert sich gegenüber Ärzten, Spitälern und Politikern für die Interessen der Betroffenen. Ferner fördert die Vereinigung durch Öffentlichkeitsarbeit die gesellschaftliche Wahrnehmung der Menschen mit angeborenem Herzfehler und sensibilisiert die Bevölkerung für deren Anliegen. Die Vereinigung pflegt weltweite Kontakte mit gleichartigen Patientenorganisationen. Zögern Sie nicht, mit CUORE MATTO Kontakt aufzunehmen. Elternvereinigung für das herzkranke Kind Sekretariat Anita Augstburger Neuhusstrasse 35c 8630 Rüti Telefon 055 260 24 52 [email protected], www.evhk.ch Die Elternvereinigung setzt sich direkt für herzkranke Kinder ein. Sie pflegt eine gute Zusammenarbeit mit der Vereinigung CUORE MATTO. 90 Gemeinsames Vereinsorgan von EVHK und CUORE MATTO ist die Zeitschrift «Herzblatt», wo Eltern herzkranker Kinder, jugendliche und erwachsene Betroffene, aber auch Fachpersonen zu Wort kommen. Schweizerische Marfan Stiftung Marktgasse 31 3011 Bern Telefon 031 312 11 22 Telefax 031 312 11 20 [email protected], www.marfan.ch Internationale Patienten- und Fachorganisationen GUCH Patients Association, Saracen’s House, 25 St Margaret’s Green, GB-Ipswich IP4 2BN, www.guch.org.uk Jugendliche und Erwachsene mit Angeborenen Herzfehlern e.V. Bundesvereinigung JEMAH e.V. Geschäftsstelle, Kasinostr. 66, DE-52066 Aachen Telefon: 0049 241-55 94 17 38 [email protected], www.jemah.de Arbeitsgruppe GUCH der Schweizerischen Gesellschaft für Kardiologie www.guch.ch International Society for Adult Congenital Heart Disease www.isachd.org University of Toronto www.achd-library.com www.heartdiseaseandpregnancy.com Fachgesellschaften und -arbeitsgruppen Schweizerische Gesellschaft für Kardiologie Schwarztorstrasse 18 3007 Bern Telefon 031 388 80 90 Telefax 031 388 80 98 [email protected] www.swisscardio.com Die Schweizerische Gesellschaft für Kardiologie ist die Fachgesellschaft der Schweizerischen Herzspezialisten. Sie beschäftigt sich neben organisatorischen und standespolitischen Aspekten mit medizinischen Fragen der angeborenen Herzfehler und kann bei Bedarf Kontakte mit entsprechenden Fachleuten herstellen. WATCH Innerhalb der Schweizerischen Gesellschaft für Kardiologie hat sich eine Arbeitsgruppe von Fachärzten gebildet, die sich speziell mit den angeborenen Herzfehlern im Erwachsenenalter befassen. Der Name dieser Arbeitsgruppe ist WATCH (Working Group for Adults and Teenagers with Congenital Heart Disease). Die Gruppe erarbeitet Empfehlungen zur Abklärung und Behandlung von Herzfehlern, koordiniert Forschung und Öffentlichkeitsarbeit und organisiert Fortbildungen sowie Fachtagungen. Sie unterhält ferner Kontakte zu gleichartigen ausländischen Organisationen. Die Kontaktadressen der Funktionsträger dieser Gruppe und eine Liste ihrer Mitglieder sind bei der Schweizerischen Gesellschaft für Kardiologie erhältlich (www.sgk-watch.ch). 91 Allgemeine Adressen Procap Zentralsekretariat Froburgstrasse 4 Postfach 4601 Olten Telefon 062 206 88 88 [email protected] www.procap.ch Procap – Secrétariat romand Rue de Flore 30 Case postale 2500 Bienne 3 Telefon 032 322 84 86 [email protected] www.procap.ch 92 Égalité Handicap Marktgasse 31 3011 Bern Telefon 031 398 50 34 [email protected] Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) Effingerstrasse 20 3003 Bern Telefon 031 322 90 11 www.bsv.admin.ch Bundesamt für Gesundheit (BAG) Schwarzenburgstrasse 165 3003 Bern Telefon 031 322 21 11 www.bag.admin.ch Santésuisse Die Schweizer Krankenversicherer Römerstrasse 20 4500 Solothurn Telefon 032 625 41 41 www.santesuisse.ch Schweizerischer Verband für Gemeinschaftsaufgaben der Krankenversicherer (SVK) Muttenstrasse 3 4500 Solothurn Telefon 032 626 57 47 Swissmedic Hallerstrasse 7, Postfach 3000 Bern 9 Telefon 031 322 02 11 www.swissmedic.ch 93 Diagramm «Ihr persönlicher Herzfehler» Diagramm 1: normale Anatomie 94 Bitten Sie Ihren Kardiologen, das vorgesehene Diagramm zu ergänzen bzw. eine für Ihren Fall zutreffende Zeichnung an dieser Stelle einzufügen: Diagramm 2: individuell zu ergänzen gemäss Diagnose 95 Literaturhinweise Website von CUORE MATTO www.cuorematto.ch Website des Canadian Adult Congenital Heart Network www.cachnet.org Website der Bibliothek der University of Toronto, mit Spezialseiten für Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern www.achd-online.com Website der Elternvereinigung für das herzkranke Kind www.evhk.ch Diagramme von angeborenen Herzfehlern www.achd-library.com/heart_pictures/index.html «Herzblatt», Zeitschrift der Elternvereinigung für das herzkranke Kind Redaktion: Monika Kunze, In der Wühre 3, 9552 Bronschhofen 96