Kooperation mit anderen Disziplinen unabdingbar

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KINDERKARDIOLOGIE
Kooperation mit anderen
Disziplinen unabdingbar
Die Behandlung eines herzkranken Kindes beginnt mitunter schon vor der Geburt und
reicht in der Regel bis in das Erwachsenenalter, wobei von Anfang an eine – mehr
oder weniger enge – Zusammenarbeit mit anderen Fachgebieten erforderlich ist.
er Kinderkardiologe behandelt im Wesentlichen Patienten mit angeborenen Herzfehlern
wie Erkrankungen der Herzklappen, Septumdefekten
oder Hypoplasien einer kompletten Herzhälfte, während Kinder mit anderen Herzerkrankungen wie
Rhythmusstörungen oder Kardiomyopathien unterschiedlicher Genese quantitativ eine geringere Rolle
spielen. Diese Patienten betreut er bezüglich seiner
kardiologischen Probleme, aber die Behandlung
herzkranker Kinder erfolgt nicht ausschließlich
durch den Kinderkardiologen, sondern erfordert vielmehr die enge Kooperation mit anderen Disziplinen.
Zunächst ist ein herzkrankes Kind auch ein
„Kind“ mit pädiatrischen Problemen und Erkrankungen, um die sich der Kinderarzt als Hausarzt kümmert. Dabei benötigen manche herzkranke Kinder eine spezielle pädiatrische Vorsorge: zum Beispiel besondere Impfungen/Prophylaxen oder die Überwachung der Verträglichkeit der kardialen Medikation.
Da strukturelle Anomalien des Herzens ebenso
wie manche Formen von Herzrhythmusstörungen zu-
nehmend pränatal diagnostiziert werden, werden die
Eltern häufig gemeinsam mit Pränatalmedizinern
aus der Gynäkologie über Behandlungsoptionen
und -notwendigkeiten sowie über die Prognose der
Herzerkrankungen informiert. In manchen Fällen
wie einer Herzrhythmusstörung behandelt man den
Feten, wobei die Medikation von der Mutter eingenommen wird, damit sie zum Feten gelangen kann
(transmaternale Therapie) (1). Bei einer kritischen
Aortenstenose kann in Kooperation von Pränatalmedizinern und Kinderkardiologen schon vorgeburtlich
eine katheterinterventionelle Therapie (Ballondilatation) durchgeführt werden (2).
Während solche Behandlungen eine Ausnahme
darstellen, muss bei einer größeren Anzahl von Kindern die Behandlung des Herzfehlers direkt nach der
Geburt beginnen. Ist die Perfusion des Lungen- oder
Körperkreislaufs vom Duktus arteriosus abhängig,
muss dieser postnatal medikamentös offen gehalten
werden. So kann eine schwere Zyanose bei duktusabhängiger Lungenperfusion (zum Beispiel einer
Foto: mauritius images
D
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Perspektiven der Kardiologie 1/2015 | Deutsches Ärzteblatt
Foto: Mathias Emmel
Die Aortographie
bei einem Patienten
mit Pulmonalatresie
und Ventrikelseptumdefekt zeigt „major
aorto-pulmonary
collateral arteries“
(MAPCAs), worüber
große Lungenareale
bei Pulmonalatresie
perfundiert werden.
Pulmonalatresie) oder ein Schock bei duktusabhängiger Körperperfusion (zum Beispiel bei hypoplastischem Linksherzsyndrom) verhindert werden (3).
Hierzu muss die Arbeit von Geburtshelfern, Neonatologen und Kinderkardiologen aufeinander abgestimmt werden, wobei der Neonatologe auch postnatale Anpassungsstörungen (zum Beispiel respiratorischer Art) behandelt.
Manche angeborene Herzfehler wie Pulmonalund Aortenstenosen, Vorhof- oder Ventrikelseptumdefekte können oft vom Kinderkardiologen allein
durch eine Katheterintervention behandelt werden
(4); in der Regel sind aber operative Maßnahmen
durch einen Kinderherzchirurgen erforderlich. Je
komplexer der Herzfehler, desto detaillierter müssen
die operativen Schritte gemeinsam geplant werden.
Die Kooperation von Kinderherzchirurg und Kinderkardiologe wird noch enger, wenn sie zusammen
am Operationstisch stehen und den Patienten sowohl
chirurgisch als auch katheterinterventionell behandeln. Beispiele für einen solchen „Hybrideingriff“
sind die intraoperative Stentimplantation in chirurgisch schlecht zugängliche Gefäße oder der interventionelle VSD-Verschluss durch die laterale Wand des
rechten Ventrikels, wobei der Einsatz der Herz-Lungen-Maschine vermieden oder verkürzt werden kann
(5). Da die frühe postoperative Nachbehandlung
durch pädiatrische oder anästhesiologische Intensivmediziner erfolgt, ist es von Vorteil, diese schon
bei der Planung mit einzubeziehen. Auch im weiteren Verlauf ist der ständige Austausch mit den Intensivmedizinern unabdingbar.
Komorbiditäten sind häufig
DOI: 10.3238/PersKardio.2015.03.20.04
Während in der Vergangenheit die Darstellung der
Morphologie durch Herzkatheter und später Echokardiographie ausschließlich in den Händen der Kinderkardiologen lag, ist die Bildgebung durch Kernspintomographie sowie Kardio- und Angio-Computertomographie von Radiologen durchgeführt mittlerweile etabliert.
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Kinder mit Herzfehlern weisen häufiger als andere
Komorbiditäten oder syndromale Erkrankungen auf.
Deswegen muss die Behandlung der Patienten oft gemeinsam mit anderen pädiatrischen Fachkollegen
wie Kindernephrologen, Kinderneurologen, aber
auch Kollegen anderer Disziplinen wie klinischen
Genetikern, Hals-Nasen-Ohren-Ärzten oder Ophthalmologen abgestimmt erfolgen.
Oft sind auch Fördermaßnahmen durch Logopädie, Physio- oder Ergotherapie indiziert. Während
des stationären Aufenthaltes wird die Therapie meist
durch den Kinderkardiologen und Kinderarzt gesteuert. Im ambulanten Bereich geht diese Funktion an
den niedergelassenen Kinderarzt, der nun die Koordination von Diagnostik und Therapie übernimmt.
Aufgrund des medizinischen Fortschritts der vergangenen Jahrzehnte konnten manche Erkrankungen
des Herzens, wie zum Beispiel bestimmte Herzrhythmusstörungen durch Katheterablation einer akzessorischen Leitungsbahn definitiv therapiert werden.
Bei den meisten angeborenen Herzfehlern jedoch ist
eine definitive Behandlung der Herzerkrankung im
Sinne einer Heilung nicht möglich.
Die meisten Patienten müssen zur Kontrolle von
Restbefunden oder Folgezuständen nach Operationen in regelmäßiger kardiologischer Betreuung bleiben. Zusammen mit anderen Patienten, bei denen nur
palliative Maßnahmen (wie Anlage eines aortopulmonalen Shunts zur Sicherung der Lungenperfusion)
möglich waren und den „Eisenmenger“-Patienten,
die an einer pulmonalen Hypertonie mit Zyanose leiden, erfordert diese Gruppe eine ins Erwachsenenalter reichende Betreuung durch einen Kardiologen mit
spezieller Expertise für angeborene Herzfehler.
Der Arzt für „Erwachsene mit angeborenen
Herzfehlern“ (EMAH), der sowohl Kinder- als auch
Erwachsenenkardiologe sein kann, ist aufgrund der
Zusatzqualifikation in der Lage, den Patienten sowohl
mit den Problemen der angeborenen Herzerkrankung
als auch mit den typischen Problemen des Erwachsenenalters (KHK, Hypertonie) zu beraten. Dazu gehören auch Fragen der Kontrazeption oder kardiologischer Probleme in der Schwangerschaft (6).
Im Rahmen dieser Transition übernimmt der Heranwachsende zunehmend selbst die Verantwortung
für seine Gesundheit. Dies ist für einen Patienten, der
seit Kindheit an diese Verantwortung mehr oder weniger selbstverständlich an die Eltern übertragen hat,
eine große Herausforderung und ein mehrjähriger
Prozess. Dieser muss von Kinderarzt, Kinderkardiologen, späterem Hausarzt und EMAH-Arzt im Wech▄
selspiel begleitet werden.
Prof. Dr. med. Mathias Emmel
Klinik und Poliklinik für Kinderkardiologie, Universitätsklinikum Köln
Interessenkonflikt:
Der Autor erklärt, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.
@
Literatur im Internet.
www.aerzteblatt.de/lit1215
Perspektiven der Kardiologie 1/2015 | Deutsches Ärzteblatt
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Kooperation mit anderen
Disziplinen unabdingbar
Die Behandlung eines herzkranken Kindes beginnt mitunter schon vor der Geburt und reicht in
der Regel bis in das Erwachsenenalter, wobei von Anfang an eine – mehr oder weniger enge –
Zusammenarbeit mit anderen Fachgebieten erforderlich ist.
LITERATUR
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2. Marantz P, Grinenco S: Fetal intervention for critical aortic stenosis: advances, research and postnatal follow-up. Curr Opin Cardiol
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JI, Copel JA, Kleinman CS, Meijboom EJ, Bennink GB: Prenatal diagnosis of congenital heart disease affects preoperative acidosis
in the newborn patient. J Thorac Cardiovasc Surg 2001; 121:
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4. Ewert P, Bertram H, Breuer J, Dähnert I, Dittrich S, Eicken A, Emmel M, Fischer G, Gitter R, Gorenflo M, Haas N, Kitzmüller E, Koch
A, Kretschmar O, Lindinger A, Michel-Behnke I, Nuernberg JH,
Peuster M, Walter K, Zartner P, Uhlemann F: Balloon valvuloplasty
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Device closure of ventricular septal defects by hybrid procedures:
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6. Kaemmerer H, Breithardt G: Empfehlungen zur Qualitätsverbesserung der interdisziplinären Versorgung von Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern (EMAH). Clin Res Cardiol, Suppl 4. 2006;
95: 76–84.
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