Wenn Kinder mit angeborenem Herzfehler

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Wenn Kinder mit angeborenem
Herzfehler erwachsen werden
Interview mit Prof. Dr. med. Hans Carlo Kallfelz, Kinderkardiologe, Isernhagen
Im Jahr 1992 habe ich mit
anderen zusammen in der
Deutschen Gesellschaft für
Kardiologie (DGK) die
Arbeitsgruppe „Erwachsene
mit angeborenem Herzfehler“ (EMAH) gegründet. Das
war notwendig, weil diese
Patienten mit dem Erwachsenwerden in ein Versorgungsloch fallen: Beim Kinderkardiologen fühlen sie
sich oft nicht mehr wohl,
Prof. Dr. med. Hans Carlo Kallfelz
aber die meisten Erwachsenenkardiologen kennen
Herr Professor Kallfelz, wie
viele Jugendliche und Erwachsene mit ansich mit angeborenen Herzfehlern und den
geborenem Herzfehler leben zurzeit in
Folgeproblemen nicht aus. Ziel unserer
Deutschland?
Arbeitsgruppe war, hier Abhilfe zu schaffen.
Deshalb haben internistische Kardiologen,
Noch vor 40 Jahren starben die meisten KinKinderkardiologen und Herzchirurgen vor
der mit einem schweren Herzfehler in den
zehn Jahren eine Task Force gegründet mit
ersten Lebensjahren, weil es keine medizidem Ziel einer verbesserten und kontinuiernische Hilfe für sie gab. Nur wenige erreichlichen medizinischen Versorgung der Patienten ein Alter von 20 oder 30 Jahren. Doch
ten jenseits des Kindesalters. Als ersten Schritt
in den 1960er- und 1970er-Jahren wurden
haben die beteiligten Fachgesellschaften die
Operationsmethoden entwickelt, mit deQualitätsanforderungen für eine ärztliche
nen es immer häufiger möglich wurde, auch
Tätigkeit auf diesem kardiologischen Spezialschwerste Herzfehler erfolgreich zu korrigiegebiet definiert und das Zertifikat EMAH-Karren. Allein in Deutschland leben daher heute
diologe eingeführt. Es kann von Kinder- und
rund 200 000 bis 230 000 Erwachsene, die mit
Erwachsenenkardiologen erworben werden,
einem Herzfehler zur Welt gekommen sind.
die eine besondere Qualifikation zur Behandlung Erwachsener mit angeborenem
Wann haben Sie begonnen, sich um die beHerzfehler besitzen. In Deutschland sind das
sonderen Probleme dieser Menschen zu
derzeit bereits mehr als 200 Ärzte. Seit Kurkümmern?
zem werden auch einzelne Kliniken als überDank der großen Fortschritte in der Medizin erreichen
heute 90 bis 95 Prozent der
Kinder mit einem angeborenen Herzfehler das Erwachsenenalter. Sie stehen als
Jugendliche und Erwachsene
oft vor besonderen Herausforderungen. Wir sprachen
hierüber mit Prof. Dr. med.
Hans Carlo Kallfelz, der große Pionierarbeit für diese
Patienten geleistet hat.
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Die Herzpatientin Julia F.
als Baby und als Kin
n
Kind.
gang noch dadurch, dass überraschenderweise etwa 70 Prozent der EMAHs
derw
nicht genau Bescheid wissen, welche
nich
Herzerkrankung bei ihnen vorliegt.
Herz
Wenn sie zum ErwachsenenkardioloWen
gen wechseln, können viele keine genauen Angaben machen.
naue
regionale und regioonale „EMAH-Zentren“
n“
zertifiziert, die künftig
g
die Weiterbildung von
n
Kardiologen auf dieesem Gebiet übernehhmen werden. Die damit
mit geschaffenen Strukk
turen sind einmalig auf
uf der Welt.
Welt
Warum ist es für EMAHs so schwierig, den
richtigen Arzt zu finden?
Die ärztliche Betreuung beim Übergang vom
Kindes- in das Erwachsenenalter ist schon allein deswegen schwierig, weil Patienten ab
dem 18. Lebensjahr aus arzt- und honorarrechtlichen Gründen normalerweise nicht
mehr vom Kinderarzt behandelt werden
können. Die internistischen Kardiologen verfügen aber, wie schon gesagt, in der Regel
nicht über die nötige Erfahrung mit angeborenen Herzfehlern. Erschwert wird der Über-
Welc
Welches
sind die vorherrschenden
medizinischen Probleme?
med
Unge
Ungefähr
20 bis 30 Prozent der Erwachsenen mit angeborenem Herzwach
fehler leiden dauerhaft unter teilweise
fehle
erheblichen Beschwerden. Bei ihnen
erhe
konnte man die Funktion des fehlgebildeten
Herzens zw
zwar operativ deutlich verbessern,
aber es verblieben Restschäden. Diese wirken sich oft lange Zeit kaum aus, verschlimmern sich aber im Lauf des Lebens, etwa
wenn zusätzliche Belastungen auftreten oder
sich der allgemeine Alterungsprozess bemerkbar macht. Viele dieser Patienten brauchen später im Leben weitere Operationen,
zum Beispiel einen Klappenersatz. Es ist oft
schwierig, den günstigsten Zeitpunkt dafür
festzulegen. Da viele Patienten mit Herzfehler früher oder später nach einer Operation
Herzrhythmusstörungen bekommen, muss
häufig ein Schrittmacher eingesetzt bzw. gewechselt werden.
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Die Herzpatientin
Julia F. im Alter
von 35 Jahren
während eines
Kuraufenthalts
2009.
Müssen Menschen
enschen mit einem angeborenen
Herzfehler operiert werden, kann die Narkose auch bei Operationen, die nicht das Herz
betreffen, zum Risiko werden. Der Anästhesist findet bei diesen Patienten unter Umständen eine ganz andere Situation vor als bei
einem Herzgesunden. Ist er mit diesen Besonderheiten nicht vertraut, können bei der
Narkose lebensbedrohliche Zwischenfälle
auftreten.
Eine Komplikation, die sich bei manchen
Herzfehlern häufig entwickeln bzw. verschlimmern kann, ist ein Hochdruck
im Lungenkreislauf. Lungenhochdruck
kann die körperliche Leistungsfähigkeit
zunehmend einschränken und die ständige Einnahme von Medikamenten erforderlich machen.
In unseren Online-Foren diskutieren
EMAHs sehr häufig auch über soziale Themen. Um welche Fragen geht es
hier vorwiegend?
Die Berufswahl ist für EMAHs oft eine
Herausforderung, denn bestimmte Berufe kommen bei manchen Herzfehlern
nicht infrage. Bei der Suche nach einem
Arbeitsplatz hat sich der Behindertenausweis als zweischneidiges Schwert
erwiesen, weil manche Betriebe be-
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hinderte Bewerber aus Sorge vor Fehlzeiten ablehnen. Andererseits haben Unternehmen auch Vorteile, wenn sie Behinderte
einstellen.
Ein weiteres großes Problemfeld sind Familiengründung, Partnerschaft und Schwangerschaft. Viele Frauen möchten gern ein
Kind. Für die Mehrzahl ist das auch möglich,
aber es muss eine sehr sorgfältige, lückenlose Überwachung gewährleistet sein. Trotzdem enden manche Schwangerschaften
mit einem Abgang oder einer Frühgeburt. Zu bedenken ist daneben auch das
erhöhte genetische Risiko, dass das
Kind ebenfalls mit einem Herzfehler
zur Welt kommt. Die Hauptbelastung für die Patientin stellt aber die
Schwangerschaft selbst dar, weil
Herz und Kreislauf in dieser Zeit
eine erhebliche Umstellung erfahren. Daher ist eine lückenlose Überwachung durch einen
EMAH-Kardiologen erforderlich, um schwerwiegende Komplikationen zu vermeiden.
Herr Professor Kallfelz, herzlichen Dank für das Gespräch.
Interview: Dr. med. Ulrich
Scharmer
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