Informatik V-Teil I, Kap. 2, WS 98/99 2. Das elektrische und das magnetische Feld 2.1 Ladung und elektrisches Feld Bereits im Physikunterricht der Schule sollte man gelernt haben, daß (fast) alle Materie aus Atomen aufgebaut ist. Diese wiederum bestehen aus positiv geladenen Kernen und negativ geladenen Elektronen. Eine tiefergehende Erklärung des Phänomens der elektrischen Ladung müssen wir wohl den Physikern überlassen. Zu unterschiedlichen Anlässen hat aber sicher jeder schon einmal erfahren, daß sie oder er selbst entweder neutral oder elektrisch geladen sein kann. Da in unserer Welt die Ladung vorrangig durch die leicht beweglichen Elektronen transportiert wird, entspricht eine "positive" Ladung eines Körpers einem Mangel an Elektronen, eine negative Ladung einem Überfluß an Elektronen. Damit könnte man theoretisch eine Ladung danach messen, wie viele Elektronenladungen ein Mensch oder ein technischer Ladungsspeicher, meistens als "Kondensator" bezeichnet, zu viel oder zu wenig hat, denn Ladungen sind stets Vielfache der sogenannten "Elementarladung", das ist die Ladung eines einzelnen Elektrons. Das ist aber unpraktisch, an technischen Vorgängen sind fast immer viele Millionen Elektronen beteiligt. Selbst in der Speicherzelle eines 64 Mbit-RAMs stecken noch 105 bis 106 Elektronen. Elektrische Ladung kann man weder erzeugen noch vernichten. Im Gleichgewichtszustand eines physikalischen Systems gleichen sich, wie im nach außen neutralen Atom, positive und negative Ladungsträger makroskopisch nach außen aus. Wenn man eine Ladungstrennung erreichen will, so ist physikalische Arbeit aufzuwenden (z. B. das Streicheln einer Katze gegen den Strich). Kondensator Strom + elektr. Feld - Abb. 2.1: Kondensator und elektrisches Feld Zur Klärung der Grundbegriffe soll Abb. 2.1 beitragen. Der Kondensator als Speicher einer elektrischen Ladung bestehe aus zwei Metallplatten. Die dort befindliche Ladung wird in "Coulomb" gemessen und hat das Symbol Q. Die physikalische Einheit ist "Ampere mal Sekunde". Demnach ist ein Coulomb die Ladungsmenge, die ein elektrischer Strom der Stärke 1 Ampere in einer Sekunde transportiert. Das entspricht etwa 1,6 * 1019 Elementarladungen. Bemerkenswert ist, daß sich die unterschiedlich geladenen Platten gegenseitig anziehen. Die dabei auftretende Kraft wird als "Coulomb-Kraft" bezeichnet. 1 Informatik V-Teil I, Kap. 2, WS 98/99 Man hat sich über lange Zeit gefragt, woher denn die eine Platte "weiß", daß die andere existiert und einen Einfluß spürt. Die Physiker sagen heute, daß im Raum zwischen den Platten ein sogenanntes "elektrisches Feld" existiert. Das Feld wird auch auf einen elektrisch geladenen Körper zwischen den Platten eine Kraft ausüben, die ihn vom der Platte gleichartiger Ladung weg und zur Platte unterschiedlicher Ladung hin treibt. Auch das ist die Coulomb-Kraft. Sie sorgt z. B. dafür, daß die MOS-Transistoren in den integrierten Schaltungen funktionieren. Die Stärke des elektrischen Feldes, meist als E bezeichnet, ist abhängig von der Ladungsdifferenz, aber auch vom Abstand d der Platten voneinander. Die elementarste Struktur zur Erklärung der Phänomene der Elektrostatik ist gegeben durch 2 punktförmige elektrische Ladungen Q1 und Q2 im Abstand r (Abb. 2.2). Q1 + Q2 - - Abb. 2.2: Punktladungen mit elektrischen Feldlinien (Anmerkung: Natürlich sind die Feldlinien abgerundet und nicht eckig sowie spiegelsymmetrisch zur Verbindungsachse zwischen den Punktladungen) Zwischen Ihnen ergibt sich eine Coulomb-Kraft der Größe: F = Q1 * Q2 / (4 π e0 r2) Diese Formel gilt für das Vakuum, ε0 ist die sogenannte Dielektrizitätskonstante des Vakuums (gilt fast genau auch für Luft). Dies ist eine wichtige Naturkonstante. Sie hat den Wert: ε0 = 8,854 * 10 -12 As / Vm. Während zwischen den Platten des Kondensators ein homogenes elektrisches Feld existiert, ist bei den Punktladungen die elektrische Feldstärke bezüglich Größe und Richtung ortsabhängig, also inhomogen. Wenn durch vorhandene ortsfeste Ladungen in einem Punkt ein elektrisches Feld E erzeugt wird, so erfährt eine bewegliche Ladung Q in diesem Feld die Kraft: F=Q*E In der Physik kommen Ladungen nicht konzentriert, sondern oft in räumlich verteilter Form vor. Ein wesentliches Beispiel sind die Ladungsträger in Halbleitermaterialien. Dann wird die Ladung über die sogenannte "Raumladungsdichte" ρ beschrieben, die Maßeinheit ist Coulomb pro m3 oder Coulomb pro cm3. 2 Informatik V-Teil I, Kap. 2, WS 98/99 Im Halbleiter ist die Raumladungsdichte durch die Konzentration n der negativen Ladungsträger und die der positiven Ladungsträger p bestimmt. Die negativen Ladungsträger sind Elektronen, die positiven Ladungsträger Defektelektronen oder "Löcher". Die absolute Größe der Ladung eines Elektrons oder Defektelektrons wird auch als Elementarladung q mit q = 1,6 * 10 19 Coulomb bezeichnet. Damit wird die Raumladungsdichte im Halbleitermaterial zum Beispiel: ρ = q (p - n). In den vorliegenden Beispielen, also dem Kondensator und den Punktladungen, haben die Feldlinien des elektrischen Feldes einen Ursprung, das ist die positive Ladung, und eine Ende, das ist bei der negativen Ladung. Sie sind gerichtet von der positiven zur negativen Ladung. Da das elektrische Feld, z. B. von 2 Punktladungen, in jedem Punkt des Raumes Größe und Richtung hat, wird es als Vektor-größe beschrieben (z. B. mit Feldkomponenten in x, y, z - Richtung). Die Ladungen sind "Quellen" und "Senken" des elektrischen Feldes. Deshalb spricht man hier auch von einem Quellenfeld. Wir werden später feststellen, daß es auch Felder mit geschlossenen elektrischen Feldlinien gibt, sogenannte "Wirbelfelder". 2.2 Magnetisches Feld Das magnetische Feld ist ein enger Verwandter des elektrischen Feldes. Wie wir später noch sehen werden, kommen beide fast immer in Kombination vor. Auffallend ist zunächst, daß die Physik bisher keine einzelnen magnetischen Ladungen analog zu elektrischen Ladungen gefunden hat. Quellen von Magnetfeldern kommen in der Natur nur als Dipole vor Die Feldlinien sind, einen Verlauf im magnetischen Dipol eingeschlossen, stets geschlossene Linien. + Feldlinien - Abb. 2.3: Magnetischer Dipol mit Feldlinien Das Maß für die Stärke eines Magnetfeldes ist die magnetische Feldstärke H, gemessen in Ampere pro Meter. Gleiche magnetische Pole stoßen sich ab, ungleiche ziehen sich an. 3 Informatik V-Teil I, Kap. 2, WS 98/99 Magnetische Felder kommen ausgehend von Permanentmagneten vor. Auch die Erde erzeugt ein schwaches Magnetfeld. In der Technik wird Magnetismus meistens durch den elektrischen Strom erzeugt. Wir werden später sehen, daß eine vom Strom durchflossene Spule ein Magnetfeld erzeugt, das dem eines Stabmagneten sehr ähnelt. Hier sei nur der Vollständigkeit halber angemerkt, daß auch der elementare Magnetismus in der Natur durch bewegte elektrische Ladungen erzeugt wird. 2.3 Spannung und Kapazität Wir betrachten wieder den Plattenkondensator mit der Ladung Q. Um eine Ladung gegen das elektrische Feld von einer Platte zur anderen zu bringen, muß eine bestimmte Arbeit aufgewendet werden. Diese ist abhängig vom Abstand d zwischen den Platten, von der Ladung Q und von der elektrischen Feldstärke E. Im homogenen Feld wird die Arbeit: W = Q * E * d Ist das Feld inhomogen, so gilt W = Q * (Wegintegral über) E ds Die Größe U=W/Q=E*d heißt die elektrische Spannung. Sie ist generell nur in Strukturen definiert, wo das Integral unabhängig vom Weg der Integration stets denselben Wert hat. Auch die Spannung ist gerichtet: Sie wird als positiv von der positiven zur negativen Ladung gerechnet. Die Spannung wird in Volt gemessen und ist die vielleicht wichtigste Meßgröße der Elektrotechnik. Sie wird stets als Differenzwert zwischen 2 Punkten unterschiedlicher Ladung angegeben. Heuristisch ist die Spannung dem Druck in einem Flüssigkeitssystem vergleichbar, den man ausnutzen kann, um eine Strömung zu erzeugen. Die Physiker definieren zusätzlich noch ein sogenanntes "Potential" φ. Das ist die potentielle Energie an einer Stelle im elektrischen Feld. Eine Spannung zwischen z. B. zwei elektrischen Leitern mit den Potentialen φ1 und φ2 ist dann als Potentialdifferenz U12 = ansehbar. In der Elektrotechnik wird der Begriff der Spannung oft in einer für den Laien verwirrenden Form benutzt. Spannungen für Quellen jedweder Art ohne speziellen Bezugspunkt gelten gegen entweder für 2 implizit vorgegebene Bezugspunkte, etwa die Enden einer Batterie, oder gegen ein durch die "Erde" vorgegebenes Nullpotential. Das kann tatsächlich der Erdboden sein (beim Stromnetz), aber z. B. auch das Metall des Autos. In den meisten Anwendungsfällen ist es üblich, die "Masse" oder "Erde" mit der negativeren Ladung zu verbinden. Die Leitungen im Auto führen z. B. meistens eine um 12 Volt positivere Spannung als das Metall des Motors und Fahrwerks. Man könnte aber genau so gut der "Masse" den positiveren Wert zuordnen, hätte dann also eine Spannung von -12 V gegen Masse. (Beim Netz tritt eine zeitlich veränderliche Spannung gegen Masse auf, die zwischen Spitzen von + / 380 Volt periodisch oszilliert.) Im zweiten Fall spricht der Elektriker von "Spannungsabfall". Das praxisnächste Beispiel kennt der Nichtelektriker vom Kaltstart eines Kraftfahrzeuges im Winter. Während die Autobatterie eine Nominalspannung von 12 V hat, wird man beim Startversuch an den Klemmen des Anlassers nur 6 bis 8 Volt messen. Sowohl am sogenannten Innenwiderstand der Batterie als auch auf den Verbindungsleitungen tritt ein "Spannungsabfall " auf. Er ist dem Druckverlust vergleichbar, den eine Flüssigkeit beim Durchströmen eines Rohres erfährt. 4 Informatik V-Teil I, Kap. 2, WS 98/99 Technisch unterscheidet man zwischen Gleichspannungen, die sich zeitlich nicht ändern und zeitlich veränderlichen sogenannten Wechselspannungen. Gerade in digitalen Schaltungen sind Mischformen üblich. Die dort üblichen Signale sind als Überlagerung einer Gleichspannung (von z. B. 2,5 V) mit einer Wechselspannung mit einer Amplitude von 5 V zwischen niedrigster und höchster Spannung deutbar. Technisch kommen in der Elektronik Spannungen im Bereich von Millivolt (mV) bis zu einigen -zig Volt vor. Die Starkstromtechnik und dort insbesondere die Technik der Energieübertragung arbeitet dagegen mit Spannungen von bis zu mehreren hunderttausend Volt. Eine zweite wichtige Meßgröße ist die Kapazität eines Speichers für die elektrische Ladung. Ein solcher Speicher wird, wenn er als Bauelement hergestellt wird, als "Kondensator" bezeichnet. Die Kapazität C ist dann definiert als C = Q / U. Sie wird in Farad gemessen. Ein Kondensator mit der Kapazität 1 Farad kann, aufgeladen mit der Spannung 1 Volt, bis zu seiner Entleerung genau 1 Sekunde lang einen konstanten Strom von 1 Ampere liefern. Ein Farad ist eine extrem hohe Kapazität. Technische Arbeit man mit Mikrofarad bis Nanofarad (10-6 bis 10-9 F), bei integrierten Schaltungen ist ein Picofarad (10-12 F) schon eine große Einheit, man rechnet oft mit Femtofarad (10-15 F). Die Einheit "Volt" ist nach dem italienischen Physiker Alessandro Volta benannt, der als Entdecker der Elektrizität gilt, das "Farad" nach dem englischen Physiker Michael Faraday. In der Technik unterscheidet man zeitlich konstante Spannungen oder Gleichspannungen, die mit dem großen Buchstaben U bezeichnet werden von zeitlich veränderlichen oder Wechselspannungen u(t), die mit kleinen Buchstaben bezeichnet werden. Spannung Die Richtung einer Spannung wird in der Technik oft von einer Pfeil angegeben, der vom positiveren zum negativeren Wert zeigt. 2.4 Strom und Widerstand Getrennte elektrische Ladungen können nur dann Bestand haben, wenn die Ladungsträger (z. B Elektronen) nicht fließen und einen Ausgleich herstellen können. In der Praxis ist dies nie der Fall. Auf unterschiedlichem Wege wird ein Ladungsausgleich erfolgen. Dazu fließt notwendigerweise ein Strom I von Ladungsträgern, dessen Stärke in Ampere (A) gemessen wird. Der Strom ist direkt mit der Ladung verknüpft. Die elektrische Ladung hat die Einheit Q=A*s. Die Ladung ein Coulomb entspricht der Ladungsmenge, die durch einen Strom von 1 A innerhalb von einer Sekunde transportiert wird. Der elektrische Strom kann in unterschiedlichen Materialien fließen, selbst ein Stromfluß im luftleeren Raum oder in Gasen ist möglich (der Blitz !). Eine generelle Eigenschaft aller Stoffe ist ihre elektrische Leitfähigkeit G (gemessen in Siemens) oder ihr elektrischer Widerstand R (gemessen in Ohm). Bis auf ganz wenige Ausnahmen setzen alle Stoffe dem Fluß eines elektrischen Stromes einen Widerstand entgegen, der sich, je nach Art des Stoffes, um mehr als 10 Größenordnungen unterscheiden kann. Die Ausnahmen bieten einige Metall-Legierungen und Metall-Mischoxide. Bei sehr tiefen Tempera-turen leiten sie den elektrischen Strom ohne Widerstand. Man spricht dann von Supraleitung. 5 Informatik V-Teil I, Kap. 2, WS 98/99 Im elektrischen Stromkreis wird ein Bauelement, das dem elektrischen Strom einen bestimmten Widerstand entgegensetzt, auch als "Widerstand" bezeichnet. Ri Ri Ua U0 Ui Quelle Ra Uq Verbraucher Abb. 2.4: Elektrischer Stromkreis Für die verlustarme Leitung des elektrischen Stromes werden bevorzugt Metalle eingesetzt. Den niedrigsten "spezifischen" Widerstand hat Silber, gefolgt von Kupfer und Aluminium. Der einfachste reale Stromkreis besteht aus einer Spannungsquelle, Verbindungsleitungen und mindestens einem Widerstand. Die Quelle kann z. B. ein geladener Kondensator sein. In der Praxis wird man eher eine Batterie oder, wissenschaftlicher ausgedrückt, einen Akkumulator verwenden. Das ist ein Bauelement, welches gespeicherte chemische Energie als elektrische Energie abgeben kann. Typisch für eine Batterie ist, daß sie keine ideale Quelle ist, sondern einen sogenannten Innenwiderstand Ri besitzt. Die maximale Spannung, welche die Batterie liefern kann, wird auch als Leerlaufspannung U0 bezeichnet. Wenn der Stromkreis geschlossen ist, so treibt die Quellenspannung U0 einen Strom I durch den Stromkreis, dessen Wert von der Größe der Widerstände Ri und Ra abhängig ist. Physikalisch bedeutet dies, daß sich im elektrischen Leiter Ladungen verschieben. Man nennt das auch einen sogenannten "Konvektionsstrom". Für einen zeitlich veränderlichen Strom i kann man also schreiben: i=dQ/dt Der Strom wird gemessen in der Größe Ampere (A). Ein Strom von 1A transportiert eine Ladung von 1 Coulomb innerhalb von einer Sekunde. Die Bruchteile eines A bezeichnet man mit Nanoampere (nA), Mikroampere (uA) und Milliampere (A). In der Digitaltechnik schalten einzelne Transistoren in ICs mit Strömen im uA-Bereich, auf den Stromversorgungsleitungen eines Rechners können aber durchaus Ströme im Ampere-Bereich fließen. Im Alltag treten aber auch wesentlich höhere Ströme auf: Der Anlasser im Auto benötigt 100 A und mehr, auch große elektrische Motoren und Heizungen benötigen Ströme bis in den Bereich von Kiloampere (kA). In der Elektrotechnik werden zeitlich veränderliche Ströme und Spannungen meistens mit kleinen Buchstaben bezeichnet, also i(t), u(t), während zeitlich konstante Ströme und Spannungen große Buchstaben erhalten. 6 Informatik V-Teil I, Kap. 2, WS 98/99 i (t) u (t) R Abb. 2.5: Konvektionsstrom und Verschiebungsstrom Der Konvektionsstrom entlädt den Kondensator über den Widerstand R. Dazu fließen im Transportmedium Elektronen als Ladungsträger. Die positive Richtung des Stromes ist dabei definitionsgemäß die von der positiveren Platte des Kondensators zur negativer geladenen Platte. Dies bezeichnet man auch als die "technische Stromrichtung". Da Elektronen aber negative Ladungsträger sind, fließen sie tatsächlich genau entgegengesetzt zur positiv gerechneten Stromrichtung. Kein Konvektionsstrom fließt zwischen den Platten des Kondensators. Durch die Entladung ändert sich aber dort das elektrische Feld. Eine solche Änderung des elektrischen Stromes wird in der Physik auch als sogenannter "Verschiebungsstrom" bezeichnet. Gehen wir zurück zum Stromkreis (Abb. 2.3). Der Stromfluß erzeugt seinerseits jeweils an den Widerständen einen Spannungsabfall. Die jeweils dort abfallende Spannung ist abhängig vom Strom selbst und von der Größe des Widerstandes. Der Widerstand, den ein Leiter dem Fluß des elektrischen Stroms entgegensetzt, wird im Ohm (O) gemessen. Ein Widerstand, an dem bei einem Stromfluß von einem Ampere ein Spannungsabfall von 1 V auftritt, hat den Wert 1 Ohm. Der elektrische Widerstand ist eine allgemeine Eigenschaft der Stoffe. Auch elektrische Leiter haben einen endlichen Widerstand. In der Elektronik werden Bauelemente mit bestimmten Widerstandswerten eingesetzt, die man etwas verwirrend auch als "Widerstände" bezeichnet. In der Praxis der elektronischen Bauelemente kommen meistens Widerstände im Bereich von Kiloohm (kO) oder Megaohm (MO) vor. Dagegen arbeitet die Starkstromtechnik durchaus mit Milliohm-Widerständen. Stromstärke I I elektrischer Leiter Querschnitt A Stromdichte S Abb. 2.6: Stromdichte und Ladungsverschiebung Einen Strom durch einen Leiter erhält man durch Verschiebung einer elektrischen Ladung Q. Der Strom verhält sich dabei bezüglich des Leiters in etwa wie eine inkompressible Flüssigkeit. Für einen konstanten Stromfluß muß in den Leiter genau so viel Ladung hineingeschoben werden wie herauskommen soll. 7 Informatik V-Teil I, Kap. 2, WS 98/99 Die Stromstärke, die man durchschiebt, ist dabei abhängig von der Anzahl der Ladungsträger, die pro Zeiteinheit durch den Querschnitt gelangen. Die Ladung ist das zeitliche Integral über den Strom. Der Strom selbst im Leiter wird bestimmt durch die Stromdichte S und den Querschnitt des Leiters. Der I ist wird gebildet durch das Flächenintegral der Stromdichte S, gemessen z. B. in Ampere pro cm2. Die Stromdichte S ist wiederum bestimmt durch die Dichte der Ladungsträger ρ (z. B. die Anzahl der frei beweglichen Elektronen pro cm3 Rauminhalt) und die Geschwindigkeit v, mit der diese Ladungsträger sich bewegen: S=ρ*v Für die Physiker hat dabei S Größe und Richtung, ist also wie v ein Vektor, während r eine skalare Größe ist. In Metallen sind in der Regel sehr viele im Festkörper bewegliche Ladungsträger vorhanden, die sich aber nur recht langsam bewegen. r ist also eher hoch, v dagegen eher niedrig. Umgekehrt sind die Verhältnisse im Halbleiter. Dort sind stets nur recht wenige, aber sehr viel "beweglichere" Elektronen vorhanden. Technisch ist die Stromdichte, die man einem Leitermaterial (Aluminium, Kupfer, etc.) zumuten kann, beschränkt. Bei den Verbindungsleitungen auf hochintegrierten Schaltungen spielen diese Grenzen durchaus eine wichtige Rolle. Bei zu hohen Stromdichten kann eine Wanderung von Material auftreten "metal migration". Solche Effekte spielen bei der Alterung von elektronischen Bauelementen eine Rolle. Wir haben gelernt, daß der Stromtransport durch elektrisch negativ geladene Elektronen bewirkt wird. Diese stoßen sich gegenseitig ab. Bei hohen Stromdichten ist deshalb die Verteilung der Stromdichte über den Querschnitt einer Leitung durchaus nicht konstant. Es findet vielmehr eine Stromverdrängung aus der Mitte statt, der Stromfluß konzentriert sich an der Oberfläche des Leiters. Stromverdrängung im Massivleiter Mehrfachleiter (Litze) Abb. 2.7: Stromverdrängung und "Litze" Das ist der physikalische Hintergrund dafür, daß bereits bei Kabeln der Hausinstallation, noch mehr aber in der Kraftfahrzeugtechnik viele Kabel als sogenannte "Litze" ausgeführt werden. Man verwendet dabei nicht einen homogenen Kupferquerschnitt, sondern setzt die stromführende Ader aus vielen sehr dünnen Drähten zusammen. Damit steht für die Stromleitung insgesamt eine wesentlich größere Oberfläche zur Verfügung. 2.5 Wirkungen des elektrischen Stroms 8 Informatik V-Teil I, Kap. 2, WS 98/99 Die erste Wirkung des elektrischen Stroms ist die magnetische Wirkung. Jeder Stromfluß durch einen Leiter erzeugt unvermeidbar ein magnetischen Feld um diesen Leiter. Die ganze Technik der elektrischen Transformatoren, der Generatoren und Motoren ist durch diese Verknüpfung zwischen Elektrizität und Magnetismus bedingt. Leiter (Querschnitt) magnetische Feldlinien Abb. 2.8: Leiter und magnetische Feldlinien Während zum Aufbau eines elektrischen Feldes ruhende elektrische Ladungen ausreichen, erzeugen erst bewegte elektrische Ladungen ein magnetisches Feld. Noch weitreichender kann man formulieren, daß ein veränderliches elektrisches Feld stets mit einem veränderlichen magnetischen Feld verknüpft ist und umgekehrt. Einen Ausflug in die Maxwellsche Theorie des Elektromagnetismus werden wir am Ende der Vorlesung unternehmen. Ein negatives Elektron kann man als einen elektrischen "Monopol" auffassen. Nach magnetischen Monopolen hat die Physik lange gesucht, sie aber nie gefunden. Elementarer Magnetismus, wie wir ihn in Permanentmagneten beobachten können ( die stets als Dipole auftreten), kommt durch die Wirkung von bewegten Elektronen als kleine Magnete zustande. Während sich in den meisten Stoffen die Wirkung dieser Elementarmagneten insgesamt durch Überlagerung aufhebt, findet in magnetischen Materialien eine Art konstruktiver Überlagerung statt, die dann auch makroskopisch ein Magnetfeld erzeugt. Die zweite wichtige Wirkung des elektrischen Stromes ist die thermische Wirkung. Analog zur Reibung in Flüssigkeiten entstehen auch beim Fluß des elektrischen Stroms durch einen Festkörper (z. B. einen Draht) oder eine Flüssigkeit Verluste. Ursache ist die Wechselwirkung der Leitungselektronen mit den im festen Körper an die Atome gekoppelten Elektronen. Diese Wärmewirkung ist teilweise höchst lästig und unerwünscht, weil sie z. B. bei Wandlungsprozessen (Motoren, Generatoren, Transformatoren) einen Teil der elektrischen Energie verbraucht. Oft ist dann sogar zusätzliche Energie notwendig, um die Verlustwärme durch Ventilatoren sicher abzuführen (siehe auch den Zusatzlüfter auf dem Gehäuse von Pentium-Prozessoren!!). Verlustwäre Verbraucher Generator Widerstand Abb. 2.9: Thermische Verluste 9 Informatik V-Teil I, Kap. 2, WS 98/99 Verluste dieser Art sind auch abhängig davon, wie schnell sich elektrische Ströme und Spannungen pro Zeiteinheit ändern. Wenn man in einer Digitalschaltung die Taktfrequenz verdoppelt, wird man in der Regel mehr als doppelt so viel Verlustwärme abführen müssen. Zum Teil wird diese Wärmewirkung aber auch technisch ausgenutzt, z. B. bei elektrischen Heizungen oder beim Tauchsieder. Die dritte wesentliche Wirkung des elektrischen Stromes ist die chemische Wirkung. Man kann mittels des elektrischen Stromes Stoffen Energie zuführen und damit Umwandlungsprozesse bewirken. Bei Leitung des Stromes durch eine wäßrige Salzlösung wird das Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Dieser Prozeß heißt Elektrolyse. Auf ähnliche Weise gewinnt man durch Elektrolyse metallisches Aluminium aus seinen Verbindungen. O2 Strom H2 wässrige Salzlösung + - Abb. 2.10: Elektrolyse Ein Beispiel für den umgekehrten Effekt, nämlich die Umsetzung chemischer in elektrische Energie, ist die Technik der Trockenbatterien. In Akkumulatoren (z. B. Bleibatterie) finden Umwandlungsprozesse in beiden Richtungen statt. Typisch ist auch hier, daß bei der Energiewandlung stets ein Teil durch Umsetzung in Wärme verlorengeht. Die vierte wesentliche Wirkung ist die mechanische Wirkung. Gleichartige elektrische (und magnetishe) Ladungen bzw. Pole stoßen sich ab, ungleiche ziehen sich an. Zwei parallele Leiter, die in gleicher Richtung vom Strom durchflossen werden, ziehen sich an, bei unterschiedlicher Richtung des Stromes erfolgt eine gegenseitige Anstoßung. In einen Leiter, der sich durch ein Magnetfeld bewegt (und dabei die Linien des magnetischen Feldes schneidet), wird eine Spannung induziert. Andererseits wird auf einen stromdurchflossenen Leiter, der sich in einem Magnetfeld befindet, eine Kraft ausgeübt. Dies ist die Grundlage für elektrische Generatoren und Motoren, also praktisch die gesamte elektrische Energietechnik. 10 Informatik V-Teil I, Kap. 2, WS 98/99 Bewegung Elektrische Ladungen - + Anziehung + Induktion (Spannung) Magnetfeld Abstoßung + + elektromotorische Kraft (EMK) Stromdurchflossene Leiter + Strom + - - + Magnetfeld Abb. 2.11: Mechanisch-elektrische Wechselwirkungen Nur der Vollständigkeit sei erwähnt, daß es auch direkte Wechselwirkungen z. B. zwischen elektrischem Feld und mechanischen Kräften in Kristallen gibt. Diese werden in Sensoren ausgenutzt. Sogenannte piezoelektrische Kristalle geben bei Druck oder Schlag elektrische Spannungen ab. Während die vorstehend aufgeführten Wechselwirkungen seit dem vorigen Jahrhundert praktische Bedeutung haben, ist die optische Wechselwirkung des elektrischen Stromes eher ein Kind der Halbleitertechnik und damit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Man kann die Glühlampe als einen elektrisch-optischen Wandler betrachten. Dort findet die Umsetzung aber auf dem Umweg über die thermische Wirkung statt, der Wirkungsgrad ist minimal, der weitaus größte Anteil der elektrischen Energie wird in Wärme umgesetzt. Eine direktere Umsetzung von elektrischer Energie in optische Energie leisten dagegen Leuchtdioden und Halbleiterlaser. Solarzellen erzeugen in der umgekehrten Richtung Gleichstrom aus Licht. Auch die Lichterzeugung in der Gasentladungsröhre ist eine ziemlich effiziente Wandlung von elektrischer in optische Energie. Zu erwähnen sind auch noch die physiologischen Wirkungen des elektrischen Stromes auf den biologischen Organismus. Zunächst einmal macht die Biologie selbst von der Elektrizität Gebrauch. Die Impulsleitung auf Nervenbahnen verwendet elektrische Potentiale und Ströme. Entsprechend wird sie auch durch äußere elektrische Ströme störbar. Beispielsweise kann ein Stromfluß über die entsprechenden Körperregionen (Brust, linker Arm) den Herzrhythmus empfindlich stören. Die Wärmewirkung des elektrischen Stromes kann einerseits zu medizinischen Zwecken herangezogen werden, andererseits sind die bei Unfällen mit elektrischem Strom auftretenden Verbrennungen äußerst schmerzhaft und gefährlich. 11 Informatik V-Teil I, Kap. 2, WS 98/99 Als Grenze zwischen relativ "harmlosen" und potentiell gefährlichen Spannungen kann ein Wert von etwa 40 Volt gelten. Bereits hier soll erwähnt werden, daß sich der elektrische Strom als das bei weitem geeignetste Medium für die Übertragung von Information erwiesen hat. Man kann Informationsübertragung und -verarbeitung auch optisch (mit Licht), mit Mechanik (Rechenmaschine), mit Flüssigkeiten (Hydraulik) oder mit Druckluft (Pneumatik) durchführen. Von all diesen Möglichkeiten hat nur die optische Signalübertragung eine breitere Anwendung gefunden, alle anderen Techniken sind fast bedeutungslos im Vergleich zur elektrischen Kommuni-kationstechnik. 12