8|Inland Schwerpunkt Die Ausrichtung der vier Parteien im Überblick – Christian Frommelt hat die Grafiken analysiert. Freie Liste (FL) «V on allen Parteien, die bei den Landtagswahlen antreten, verfügt die FL über das klarste Profil. Sozialstaat und ausgebauter Umweltschutz sind dabei genauso Kernanliegen der FL wie eine liberale Gesellschaft und eine offene Aussenpolitik. Das Profil der FL deckt sich damit weitgehend mit den Profilen von links-grünen Parteien in anderen Staaten wie z. B. der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz.» Bereit für die Wahl Damit jede Stimme auch wirklich zählt VADUZ Am 5. Februar fällt die gros- se Entscheidung, wer es von den 71 Kandidaten in den Landtag schafft. Bis morgen müssten die Wahlunterlagen bei allen Wahlberechtigten angekommen sein. Es kann entweder brief lich oder per Urnengang (aber nur am Wahlsonntag von 10.30 bis 12 Uhr im jeweiligen Wahllokal) abgestimmt werden. Ob man nun den unveränderten Stimmzettel einwirft, einen oder mehrere Kandidaten streicht sowie neue Namen hinzufügt – auf jeden Fall sollte man sich dabei Zeit nehmen und die Anweisungen der Wahlunterlagen befolgen: Nur einen Stimmzettel verwenden: Man muss sich für eine der vier Fraktionen entscheiden: Nur die amtlichen Stimmzettel sind gültig und dieser muss sich auch im mitgeschickten Wahlcouvert befinden. Bei der Briefwahl die Unterschrift auf der Stimmkarte nicht vergessen. Den Lieblingspolitiker gleich doppelt oder dreifach zu nennen, bringt keine zusätzlichen Stimmen für den Kandidaten: Ist auf einem Stimmzettel derselbe Name mehrmals aufnotiert, so wird er schlussendlich nur einmal gezählt. Ebenfalls bringt es nichts, wenn man mehr Kandidaten aufschreibt, als es Listenplätze gibt. Dann werden die überzähligen nämlich von unten nach oben gestrichen. Vaterländische Union (VU) «D ie VU positioniert sich bei allen thematischen Achsen des Smartspiders nahe der politischen Mitte. Vereinfacht ausgedrückt, sprechen sich die VU-Kandidaten, z. B. bei einzelnen Fragen von wahlhilfe.li, mehrheitlich für und bei anderen mehrheitlich gegen einen ausgebauten Umweltschutz aus. Allerdings gilt es zu beachten, dass der hier verwendete Smartspider lediglich den Mittelwert aller VU-Kandidaten widerspiegelt. Gerade bei Fragen zur Migrationspolitik oder der liberalen Gesellschaft weichen einzelne Kandidaten stark von diesem Mittelwert ab.» Seine Favoriten sollte man auch nicht hervorheben, etwa per Leuchtstift: Das könnte als Streichung verstanden werden. Es dürfen auch nur die vorgeschlagenen Kandidaten gewählt werden: Wenn jemand etwa ein Regierungsmitglied oder den netten Nachbarn auf die Liste setzt, dann verliert man diese Kandidatenstimme. Bei Änderungen sollte der volle Namen in gut leserlicher Schrift aufgeschrieben werden: Kommen Zweifel auf, so wird die Kandidatenstimme allenfalls ungültig. Schimpftiraden, wie Kommentare jeglicher Art, gehören nicht auf den Stimmzettel: Bei Bemerkungen beleidigender Art wird nämlich der gesamte Stimmzettel ungültig. (hm) WAHLHILFE.LI Neutrale Empfehlung für die Landtagswahl Auf der neuen Online-Plattform wahlhilfe.li kann man die politische Einstellung der Landtagskandidaten einsehen, die anhand von 45 konkreten Fragen zu aktuellen, liechtensteinspezifischen Themen eruiert wurde. 67 der 71 Kandidaten haben bisher teilgenommen. Auch jeder Interessierte bekommt dort die Möglichkeit, dieselben Fragen zu beantworten – um herauszufinden, welche Landtagskandidaten am ehestenseine Meinung teilen, sozusagen als Empfehlung. «Auf der einen Seite zählt natürlich die Sympathie für die jeweiligen Kandidaten; mindestens ähnlich wertvoll ist es aber, deren politische Ansichten zu kennen», sagt Wahlhilfe.li- Initiant Robin Schädler, dem Transparenz und Neutralität ein grosses Anliegen sind. Da alle teilnehmenden Landtagskandidaten dieselben Fragen beantworten, könne man diese auch direkt miteinander vergleichen: eine wichtige Basis für die fundierte Wahlentscheidung. Die Online-Plattform wird rege genutzt und kommt gut an – zumindest bei den allermeisten. (hm) ANZEIGE Wo: SAL in Schaan Wann: 28. Januar 2017 Zeit: 19.00 Uhr Saalöffnung Eintritt: frei Weitere Informationen: www.dein-text.li Die Unterstützung von Schreibtalenten in Liechtenstein, Österreich und der Schweiz ist schon lange das Ziel von Sonja Wehrli und Jacqueline Frick. Dieses Jahr haben wir vier Autorinnen an ihrem Gemeinschaftsprojekt begleitet und laden Sie herzlich ein am 28. Januar 2017 mit uns die Erscheinung der Publikation zu feiern. Unterstützt und gefördert wird das Projekt von Erasmus + Jugend in Aktion und dem Aha – Tipps und Infos für junge Leute in Schaan. | |9 DONNERSTAG 19. JANUAR 2017 – Landtagskandidatenprofile auf wahlhilfe.li Die vier SmartspiderGrafiken, welche die Parteiausrichtungen zeigen, wurden auf Basis der Antworten, der auf wahlhilfe.li teilnehmenden Landtagskandidaten erstellt. Fortschrittliche Bürgerpartei (FBP) «A uch die FBP positioniert sich bei allen thematischen Achsen des Smartspiders nahe der politischen Mitte. Einzig bei den Themen liberale Wirtschaftspolitik und restriktive Finanzpolitik weicht die FBP etwas von dieser Mitteposition ab. Der Smartspider ist damit fast identisch mit dem Smartspider der VU. Dies gilt auch für die durchschnittliche Abweichung vom Mittelwert aller Kandidaten.» (Grafiken: www.wahlhilfe.li / www.smartvote.ch / www.sotomo.ch) Die Unabhängigen (DU) «I m Vergleich zu den anderen Parteien setzt die DU vor allem Akzente in den Bereichen restriktive Finanzpolitik und restriktive Migrationspolitik. Im Unterschied dazu finden Anliegen einer offenen Aussenpolitik oder eines ausgebauten Umweltschutzes wenig Gehör. Beim dargestellten Smartspider handelt es sich wiederum um den Mittelwert aller Kandidierenden. Die Differenz zu den einzelnen Kandidaten fällt bei der DU höher aus als bei den anderen Parteien.» «Für die Wahlberechtigten besteht eine echte Auswahl» Interview Politikexperte Christian Frommelt vom Liechtenstein-Institut untersuchte die wahlhilfe.li-Profile der Landtagskandidaten. Es gab durchaus Überraschungen, wie er im Interview erklärt. 100 le ft r a cha s W i r t Li sc b e ha l e li t r a sp o ft 75 ik 50 25 Re st r i k t i v e F i na n zp o l i t i k Ist diese Durchmischung ein gutes oder schlechtes Zeichen? O f f e ne A u s s e np o l i t i k rd er e sg el A u mw U b ts a ut ch e r ut z O Wie steht es mit der Parteitreue der vier Fraktionen. Gibt es Kandidaten, die von der politischen Linie der Fraktionskollegen abdriften? Wir haben uns dies im Detail noch nicht angeschaut. Betrachtet man aber die politische Landkarte, wird sofort ersichtlich, dass die Positionen innerhalb einer Partei durchaus variieren. Einzig bei der Freien Liste verfügen alle Kandidaten und Kandidatinnen über ein sehr ähnliches Profil. Im Unterschied dazu sind die Kandidaten und Kandidatinnen der FBP und VU stark durchmischt. Bei den Unabhängigen besteht zudem ein Unterschied zwischen den etablierten Kräften – also den aktuellen Landtagsabgeordneten – und den neuen Kandidatinnen und Kandidaten, wobei letztere eher gemässigte Positionen vertreten. G e Li b se e ll Herr Frommelt, kam es bei Ihrer Analyse der wahlhilfe.li-Daten zu Überraschungen? Christian Frommelt: Die Profile der Parteien decken sich im Wesentlichen mit unseren Erwartungen. Überrascht hat uns aber die Vielfalt der Antworten. Es gab keine Frage, bei welcher nicht alle Antwortmöglichkeiten ausgeschöpft wurden. Persönlich hat mich auch überrascht, dass die Kandidaten und Kandidatinnen durchaus bereit waren, klare Positionen zu beziehen. So wurden die Antwortmöglichkeiten «ja»/«nein» öfter gewählt als die A nt wor t mög l ic h keiten «eher ja»/«eher nein». Ein hoher innerparteilicher Konsens weise alle Unterländer VU-Kandidaerhöht die Schlagkraft einer Partei. tinnen und -Kandidaten den Bau von Ich würde aber dennoch nicht von Busbuchten, während bei den Obergut oder schlecht sprechen. FBP und länder VU-Kandidatinnen und -KanVU verstehen sich didaten sich eine beide als VolksparMehrheit gegen die«Geschlecht und Alter teien und möchten se Anliegen aushaben auf das Profil der spricht. Auch bei als solche auch ein breites Spektrum der FBP gibt es bei Kandidaten keinen an Themen und Podieser Frage untergrossen Einfluss.» sitionen abdecken. schiedliche MehrEs wird aber sicher heiten. Allerdings interessant zu beobachten, ob inner- sind hier die Oberländer Kandidahalb einer Partei eher extreme oder tinnen und Kandidaten mehrheitlich gemässigte Vertreter gewählt wer- für und die Unterländer Kandidatinden und inwieweit im politischen nen und Kandidaten mehrheitlich Prozess eine Annäherung der Positi- gegen den Bau von Busbuchten. Insonen stattfinden wird. gesamt weisen die Smartspider für die Unterländer- sowie OberländerSind Unterschiede im Ober- und UnListen der einzelnen Parteien jeterland feststellbar? Wie lassen sich weils ein sehr ähnliches Grundmussolche gegebenenfalls erklären? ter aus. Entsprechend sehe ich keine Konkrete Unterschiede lassen sich grossen Unterschiede zwischen den nur bei sehr wenigen Fragen fest- beiden Wahlkreisen. stellen. So befürworten beispielsTrifft die Aussage zu, dass «jüngere Kandidaten eher liberaler seien – älMaximale Werte Minimale Werte Mittlerer Kandidierender © tere dagegen konservativer»? Unterscheiden sich zudem Frauen in ihrer Ausrichtung von den männlichen Kandidaten? Lediglich zwei Kandidatinnen und Kandidaten sind unter 30 Jahre alt und weitere fünf Kandidatinnen und Kandidaten unter 40 Jahre alt. Damit sind weniger als 10 Prozent der Kandidatinnen und Kandidaten unter 40 Jahre alt. Auch der Frauenanteil liegt mit 25 Prozent tiefer als in anderen Jahren. Mit Blick auf das politische Profil der Kandidatinnen und Kandidaten haben Geschlecht und Alter bei diesen LandtagswahDie 67 Kandidaten, die bei wahlhilfe.li len keinen grossen Einfluss. Allermitgewirkt haben, decken ein breites dings haben wir diese Frage auch politisches Spektrum ab. noch nicht im Detail analysiert. A u sg e b a u t e r So zi a lst a a t VON HANNES MATT La Re st r i k t i ve M i g r a t i o n s p o li t i k l w & Christian Frommelt, Forschungsbeauftragter Politik am Liechtenstein-Institut, nahm die Daten von wahlhilfe.li unter die Lupe. (Archivfotos: Michael Zanghellini) Interessant: Die Kandidaten, die bei wahlhilfe.li mitgemacht haben, decken fast das ganze politische Spektrum ab (siehe Grafik links unten). Ein gutes Signal für die Demokratie? Ja, das ist in der Tat interessant und aus demokratiepolitischer Sicht auch durchaus begrüssenswert. Für die Wahlberechtigten besteht also eine echte Auswahl. Das Liechtensteiner Wahlrecht basiert zudem auf dem Kandidatenproporz, womit Wählerinnen und Wähler diese Auswahl auch ausnützen können. In welchen Themen stimmen die meisten Kandidaten eher überein – wo weniger? Am meisten Übereinstimmung herrschte bei der Frage, ob es richtig ist, dass der liechtensteinische Finanzplatz eine aktive Weissgeldstrategie fährt. Lediglich fünf Kandidatinnen und Kandidaten beantworteten diese Frage mit nein oder eher nein. Ähnlich konsistent antworteten die Kandidatinnen und Kandidaten auf die Frage, ob Liechtenstein die bestehenden Zuwanderungsbe- schränkungen für EWR- und Schweizer Staatsangehörige lockern soll. Lediglich sechs Kandidatinnen und Kandidaten würden einen solchen Schritt begrüssen. Im Unterschied dazu gab es bei Fragen zur Erhöhung des Rentenalters, der Aufwertung des Elternurlaubs, der S-Bahn oder der Stellung der katholischen Kirche in Liechtenstein fast gleich viel Zustimmung wie Ablehnung. Lassen sich schon gewisse Koalitionstendenzen herauslesen? Etwa eine mögliche Koalition zwischen VU und FL? Nein, solche «Koalitionstendenzen» lassen sich nicht erkennen. Eine Regierungskoalition resultiert aus konkreten Verhandlungen zu politischen Themen und Positionen und muss sich deshalb nicht zwingend an Ähnlichkeiten und Unterschieden der Parteiprofile orientieren. Dennoch steht ausser Frage, dass bei wahlhilfe.li die Schnittmengen zwischen FBP und VU deutlich grösser waren als zwischen den anderen Parteien.