REPRODUKTIONSMEDIZIN. Was Sie über IVF-ICSI wissen sollten. Forget about all the reasons why something may not work. You only need to find one good reason why it will. Die Fragen im Überblick Was Sie über IVF-ICSI wissen sollten Die Verfahren der Reproduktionsmedizin – Begriffserklärung Was bedeutet IVF? .............................................................. 9 Seit wann gibt es IVF und wie sicher ist die Methode? .................................................................. 9 Was ist der Unterschied zwischen IVF und ICSI? ...... 10 Was sind die Vorteile des neuen Konzeptes »freeze all, transfer later«? ........................................... 32 Wie lange soll man vor der Abgabe der Samenprobe enthaltsam sein? .............................. 33 Haben Behandlungen im Ausland besseren Erfolg als in Deutschland? ............................ 34 Weniger Sauerstoff – mehr Babys? ............................ 35 Mit dieser Broschüre möchten wir über die Methoden der modernen Reproduktionsmedizin aufklären und Ihnen einen Überblick über den Behandlungsablauf sowie den Erfolgschancen für ein Kind geben. Sie beruht auf langjähriger ärztlicher Tätigkeit und spiegelt die vielen Fragen wider, die uns am Kinderwunschzentrum an der Oper in den Gesprächen mit Betroffenen gestellt werden. In wissenschaftlich-kritischer Weise gehen wir auch auf Mythen und Werbegags der Reproduktionsmedizin ein und geben Ihnen garantiert ehrliche Antworten. Selbstverständlich informieren wir Sie zudem im persönlichen Gespräch ganz individuell über alle für Sie zutreffenden Themen nochmals im Detail. Für die besonders Interessierten zitieren wir die entscheidenden Passagen der erwähnten wissenschaftlichen Studien im Original. Selbstverständlich ist diese Broschüre auch dann noch verständlich, wenn Sie über die englischen Originalarbeiten »hinweglesen« oder nur die Zusammenfassungen lesen. Behandlungsablauf Wie läuft eine IVF-ICSI-Behandlung ab? ..................... 13 Welche Methoden gibt es, um die Einnistung des Embryos zu fördern? .......................... 36 Was passiert eigentlich genau im IVF-Labor? ........... 16 Was ist »Assisted Hatching«? ...................................... 38 Wie viel Abstand ist zwischen zwei Behandlungszyklen sinnvoll? ........................................ 18 Kann ich in Deutschland Embryonen spenden? ....... 39 Hängt der Erfolg der IVF davon ab, wie viel Zeit zwischen der Gewinnung der Spermien und ihrer Aufbereitung vergeht? ......................................... 18 Kommt es nach einer IVF-ICSI zu Fehlbildungen beim Baby? ............................................ 41 Was sollte ich nach dem Embryotransfer beachten? .......................................................................... 19 Mit welchen Nebenwirkungen muss ich bei der IVF-Behandlung rechnen? ................................ 41 Welche Kosten kommen bei einer IVF-ICSI auf uns zu? ........................................................................ 20 Hat Stress negativen Einfluss auf eine IVF-Behandlung? .............................................................. 42 Chancen erhöhen Wie hoch sind die Erfolgschancen bei der IVF? ......... 23 Besteht durch die Stimulation während der Kinderwunschbehandlung ein erhöhtes Risiko, früher in die Wechseljahre zu kommen? ...... 42 Was können wir zum Erfolg der Behandlung beitragen? .......................................................................... 23 Erhöht eine IVF-Behandlung das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken? ........................................ 42 Was beeinflusst die Schwangerschaftsrate in der Reproduktionsmedizin am meisten? .............. 25 Hat die Qualität der Spermien Einfluss auf die Gesundheit des Babys? .................................... 43 Welchen Einfluss hat das Alter auf die weibliche und männliche Fruchtbarkeit? ................... 26 Dürfen wir während eines IVF-ICSI-Zyklus miteinander schlafen? .................................................... 43 Warum ist eine Stimulationsbehandlung für die IVF-ICSI erforderlich? .......................................... 28 Wie wirken sich Genussgifte auf die Fruchtbarkeit und die Schwangerschaft aus? .......... 44 Ist IVF-ICSI auch ohne Stimulation möglich? ............. 28 Verhindert eine IVF in jedem Fall eine Eileiterschwangerschaft? ............................................... 44 Was ist PICSI® und warum gilt sie als Reifeprüfung für die Spermien? ................................... 29 Was ist das Besondere am Blastozystentransfer? ............................................................................. 30 Warum führen einige Zentren den Embryotransfer unter Ultraschallsicht durch? ........................ 31 6 Risiken und Bedenken Erhöht sich durch die Kinderwunschbehandlung das Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft? ........... 45 Index Schlagwortregister .......................................................... 48 7 KAPITEL 1 – BEGRIFFSERKLÄRUNG Was bedeutet IVF? Die Methoden der Eizellbefruchtung Der Begriff IVF (In-vitro-Fertilisation) kommt aus dem Lateinischen und bedeutet »Befruchtung im (Reagenz-)Glas«. Hierbei werden die Samenzellen und die Eizellen außerhalb des Körpers der Frau zusammengeführt (extrakorporale Befruchtung), um dann den Embryo mit der höchsten Erfolgswahrscheinlichkeit direkt in die Gebärmutter der Frau zurückzugeben. Die In-vitro-Fertilisation wurde für Frauen entwickelt, deren Eileiter nicht funktionieren. Sie gehört zu den faszinierendsten und innovativsten Verfahren der modernen Medizin. In-vitro-Fertilisation bedeutet »Befruchtung im Glas«: Ei- und Samenzellen werden außerhalb des Körpers zusammengebracht. Seit wann gibt es IVF und wie sicher ist die Methode? Das erste sogenannte Reagenzglas-Baby, Louise Brown, wurde im Jahr 1978 in England geboren und löste eine große gesellschaftliche Kontroverse über die moralischen Aspekte dieser neuen Methode aus. Die Reaktionen reichten von Euphorie bis Entsetzen. Die Kirchen protestierten massiv gegen das »Eingreifen in den Zeugungsprozess«. Aber auch von medizinischer Seite gab es Befürchtungen, dass die durch IVF gezeugten Kinder unter gesundheitlichen Schäden und Fehlbildungen leiden könnten. In den nachfolgenden 20 Jahren lösten sich die anfänglichen Bedenken auf – die IVF ist heute allgemein akzeptiert und gilt als sehr sicher. In einigen Ländern Europas liegt der Anteil an IVF-Kindern schon bei fünf Prozent aller Geburten! Die IVF hat sich zu einer etablierten, sehr sicheren Methode entwickelt. Laut einer Schätzung des europäischen Verbands der Reproduktionsmediziner sind aktuell weltweit 5 Millionen Kinder mit Hilfe assistierter Reproduktionstechniken (ART) geboren worden. Begriffserklärung 9 Was ist der Unterschied zwischen IVF und ICSI? Bei der IVF befruchten die Spermien die Eizellen selbst. Die ICSI bringt die Samenzelle mit einer Kanüle direkt in die Eizelle. Im Behandlungsablauf gibt es für Sie keinen Unterschied zwischen den beiden Methoden. Im Gegensatz zur reinen IVF wird bei der ICSI (intrazytoplasmatische Spermieninjektion) das Spermium direkt in die Eizelle eingebracht. Das Verfahren wird unter anderem dann angewendet, wenn zu wenig vitale Spermien vorhanden sind, um die Eizelle per IVF zu befruchten. ICSI wird auch eingesetzt, wenn zwar genügend Spermien vorhanden sind, die Eihaut aufgrund ihrer Dicke und Zähigkeit jedoch deren Eindringen verhindert. Bei Frauen ab 35 wird weltweit in fast allen großen Zentren überwiegend die ICSI angewandt. Übrigens: Für die Befruchtung ist nicht nur ein einziges »Super-Spermium« pro Eizelle erforderlich, sondern hunderttausende sehr gute Samenzellen! Sie »knacken« gemeinsam die Eihaut, leisten also die Vorarbeit. Erst wenn die Eihaut sich an einer Stelle geöffnet hat, wird die Eizelle von »dem einen Spermium« befruchtet. 55.000 IVF ICSI 45.000 Follikelpunktionen Anzahl der Follikelpunktionen 1982-2014, die zu einer Eizellbehandlung mit IVF und/ oder ICSI geführt haben (D.I.R Deutschland, Stand 2014) 35.000 25.000 15.000 5.000 14 20 12 20 10 20 08 20 06 20 04 20 02 20 00 20 98 19 96 19 94 19 92 19 90 19 88 19 86 19 84 19 82 19 Begriffserklärung 10 KAPITEL 2 – BEHANDLUNGSABLAUF Das Verfahren im Detail Wie läuft eine IVF-ICSI-Behandlung ab? In einem der modernsten Schemata, das bei uns sehr häufig angewandt wird, beginnt die Behandlung z. B. am vierten Zyklustag mit einer einmaligen Mikroinjektion aus natürlichen Botenstoffen, welche die Eizellreifung fördert. Zwischen dem zehnten und zwölften Zyklustag folgen eine Ultraschall- und Blutuntersuchung. Danach wird entschieden, wann der Eisprung ausgelöst wird und ob eine weitere Medikation nötig ist. Während eines IVFICSI-Zyklus betreut Sie Ihre Ärztin/Ihr Arzt kontinuierlich. Wir halten den Aufwand für Sie so gering wie möglich. Die Eizellentnahme erfolgt etwa 36 Stunden nach der sogenannten Auslösespritze: Die Eizellen werden unter Ultraschallkontrolle mit einer dünnen Nadel über die Scheide aus dem Eierstock entnommen (Follikelpunktion) und in eine Nährlösung übertragen. An unserem Zentrum erhalten Sie für die Follikelpunktion eine leichte Schlafnarkose. Übrigens: Nicht jedes Eibläschen enthält eine Eizelle. Die Zahl der gewonnenen Eizellen kann daher deutlich geringer sein als die der Follikel, die im Ultraschall sichtbar sind. Je älter die Frau, desto ungünstiger wird dieses Verhältnis. Behandlungsablauf 13 Am Tag der Eizellentnahme benötigen wir die Spermien Ihres Partners. Die Samenprobe bringen Sie von daheim mit. Sie erhalten hierfür ein spezielles Gefäß. Die Probe muss vom Mann persönlich abgegeben werden. Die Authentifizierung erfolgt per Personalausweis. Im Labor wird die Samenflüssigkeit dann aufbereitet und mit den Eizellen zusammengebracht. Für den Embryotransfer ist keine Narkose nötig. Nach etwa 24 Stunden ist sichtbar, ob die Eizellen befruchtet worden sind. Fünf Tage später wird der Embryo mit der höchsten Erfolgswahrscheinlichkeit ausgewählt, bevor dieser in die Gebärmutter übertragen wird. Für den Transfer ist keine Narkose nötig, da dieser normalerweise völlig schmerzfrei ist. Wir übertragen nur auf ausdrücklichen Wunsch von Ihnen zwei Embryonen. Die Übertragung von drei Embryonen ist mit einem hohen Risiko für Mutter und Kinder behaftet und wird von uns nicht durchgeführt. Das Zeitraster einer IVF-Behandlung können Sie dieser Tabelle entnehmen: Zeitraster einer IVF-Behandlung (Zyklustage können variieren!) Zyklustag 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 Stimulation Ultraschall und Blutentnahme Zeitfenster für Eizellentnahme Frühestens 16 Tage nach Entnahme der Eizellen erfolgt der Schwangerschaftstest. Behandlungsablauf 14 Nicht aus jeder Eizelle kann ein entwicklungsfähiger Embryo werden. Hierbei handelt es sich um einen natürlichen Selektionsprozess. Nach der Befruchtung in der Kulturschale wachsen die Embryonen mehrere Tage im Wärmeschrank und werden engmaschig kontrolliert. Die Befruchtung der Eizellen findet im IVF-Labor statt. Es ist wichtig, zu verstehen, dass sich nicht aus jeder Eizelle ein entwicklungsfähiger Embryo bilden kann, egal wie alt oder jung Sie sind. Dies ist ein Naturgesetz. Man kann dieses Gesetz als 50 %-Regel zusammenfassen: Von den entnommenen Eizellen lassen sich durchschnittlich 50 % befruchten, von den befruchteten Zellen werden in etwa 50 % zu Blastozysten, von den Blastozysten entwickeln sich ca. 50 % zu einer Schwangerschaft, hiervon kommt es in ungefähr 50 % der Fälle zur Geburt eines Kindes. Dies entspricht zusammengefasst einer Geburtenrate von 5 bis 6 % pro Eizelle. Oder anders ausgedrückt: Es sind statistisch etwa 20 Eizellen für die Geburt eines Kindes erforderlich! Das ist ein normaler biologischer »Drop-Out« und auch bei der »natürlichen« Fortpflanzung so. Wenn die Spermienqualität eingeschränkt ist, dann erhöht sich die Rate dieses Drop-Outs sogar noch beträchtlich, denn die Anzahl der sich entwickelnden Embryonen ist nicht nur von der Qualität der Eizellen, sondern auch sehr stark von der Qualität der Spermien abhängig! Heute ist es aber möglich, entwicklungsfähige Embryonen zu identifizieren und nur diese in die Gebärmutter zu übertragen. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft. Nach der Entnahme werden die gewonnenen Eizellen im Labor auf mehrere Kulturschalen verteilt und für einige Stunden in einen Wärmeschrank (Inkubator) gegeben. Hier können sie weiterwachsen und ausreifen. In der Zwischenzeit werden die Spermien aufbereitet, ihre Dichte und Beweglichkeit ermittelt. Nur geeignete Samenzellen mit hoher Beweglichkeit kommen zum Einsatz. Alle gewonnenen Eizellen werden mit diesen Spermien zusammengebracht: Entweder werden sie gemeinsam in die Kulturschale gegeben (IVF) oder die Samenzellen werden direkt in die Eizellen eingebracht (ICSI). Anschließend kommen die Kulturschalen wieder in den Wärmeschrank. Behandlungsablauf 16 Am nächsten Tag kontrollieren wir unter dem Mikroskop, wie viele Zellen befruchtet worden sind (Vorkernkontrolle), und trennen diese von den unbefruchteten. Die befruchteten Zellen prüft man nach weiteren 24 Stunden auf Anzeichen der ersten embryonalen Teilungsstadien. Bis zum Transfer werden die Zellen täglich kontrolliert. Die vitalsten Embryonen werden schließlich fünf Tage nach der Eizellentnahme in die Gebärmutter eingebracht. Haben sich mehrere Embryonen gut entwickelt, werden diese eingefroren (Kryokonservierung). Wahrscheinlichkeit für ein Baby in Abhängigkeit vom Alter der Frau und der Zahl an gewonnenen Eizellen. Wahrscheinlichkeit für ein Baby (%) Anzahl guter Eizellen Was passiert eigentlich genau im IVF-Labor? 1 2 3 4 5 6 8 10 12 14 16 18 20 25 30 35 40 50 60 80 100 12 11 9 8 6 5 4 3 2 1 22 21 18 15 12 10 7 5 4 2 31 30 25 21 17 14 11 7 6 3 39 38 32 27 22 18 14 10 7 4 46 45 38 33 27 22 17 12 9 5 53 51 44 38 32 26 20 14 11 6 63 61 54 47 40 33 26 19 14 7 71 70 62 54 47 39 32 23 18 9 78 76 69 61 53 45 37 27 21 11 82 81 74 67 59 50 41 30 24 13 86 85 79 72 64 55 45 34 27 14 89 88 83 76 68 59 49 37 29 16 92 91 86 79 72 63 53 40 32 18 96 95 91 86 79 71 61 47 38 22 98 97 95 91 85 78 68 54 44 25 99 98 97 94 89 83 73 59 49 29 99 99 98 96 92 87 78 64 54 32 > 99 > 99 99 98 96 92 85 72 62 38 > 99 > 99 > 99 99 98 95 90 79 69 44 > 99 > 99 > 99 > 99 99 98 95 87 79 54 > 99 > 99 > 99 > 99 > 99 99 98 92 86 62 < 35 35 36 37 38 39 40 41 42 44 Alter der Frau in Jahren Quelle: Goldman RH et al. (2016): Predicting the likelihood of live birth for elective oocyte cryopreservation: a counseling tool for physicians and patients. Behandlungsablauf 17 Wie viel Abstand ist zwischen zwei Behandlungszyklen sinnvoll? Ob es sinnvoll ist, einen Zyklus auszusetzen, wird Ihre Ärztin oder Ihr Arzt mit Ihnen individuell festlegen. Ein Aussetzen zwischen zwei Behandlungszyklen ist nicht unbedingt notwendig. Eine Pause von einem oder mehreren Monaten beeinflusst die Schwangerschaftsrate nicht signifikant. Dennoch empfehlen wir einen Monat Abstand zwischen zwei Behandlungszyklen: Wenn die Stimulationen unmittelbar aufeinanderfolgen, können die Eierstöcke vermindert auf die erneute Follikelstimulierung ansprechen. Die Ursache dafür ist, dass die Eibläschen durch die Behandlung häufig deutlich vergrößert sind. Ob es sinnvoll ist, einen Zyklus auszusetzen, wird Ihre Ärztin oder Ihr Arzt mit Ihnen individuell festlegen. »Conclusion: Patients opting for back-to-back cycles had a significantly higher likelihood of not starting the second cycle when compared to patients who took a 1 month reprieve. This may be due to a high prevalence of residual ovarian cysts. However, if patients were eligible to start a subsequent cycle and completed the cycle, then there was no statistical difference in pregnancy rates.« Does the inter-cycle duration affect clinical outcome for fresh IVF-cycles? Fertility Sterility Vol 92, No 3, Supplement, O–264, September 2009. Hängt der Erfolg der IVF davon ab, wie viel Zeit zwischen der Gewinnung der Spermien und ihrer Aufbereitung vergeht? Einige Stunden Abstand zwischen Spermiengewinnung und -aufbereitung sind absolut unproblematisch. Wir werden häufig mit der Frage konfrontiert, ob es für die Kinderwunschbehandlung entscheidend ist, dass möglichst wenig Zeit zwischen der Spermiengewinnung und der Aufbereitung der Samenzellen vergeht. Wenn wir eine Samenprobe benötigen, bitten wir fast alle unsere Paare, diese von daheim mitzubringen. Die Qualität der Samenprobe ist in der Regel deutlich besser, wenn sie stressfrei zu Hause gewonnen wurde. Eine Transportzeit von ein bis zwei Stunden ist völlig unproblematisch. Amerikanische Studien haben sogar Transportzeiten von bis zu fünf Stunden als unbedenklich ausgewiesen. Das Behandlungsablauf 18 Gefäß, in dem Sie die Samenprobe zu uns bringen, kann beispielsweise in der Handtasche (im Sommer) oder in der Jackentasche (im Winter) transportiert werden. Was sollte ich nach dem Embryotransfer beachten? Nach einem Embryotransfer brauchen Sie sich in keinerlei Weise einzuschränken. Sie können unmittelbar danach wieder aufstehen und, wenn Sie möchten, auch arbeiten. Achten Sie weiterhin auf einen gesunden Lebensstil, schlafen Sie viel und freuen Sie sich des Lebens. Be happy! Sie sollten auf jeden Fall auf Nikotin verzichten, denn selbst geringste Dosen Zigarettenrauch sind schädlich. Oft befürchten Frauen, dass nach dem Embryotransfer die Embryonen in der Gebärmutterhöhle quasi »hin und her purzeln und herausfallen« könnten. Diese Angst ist völlig unbegründet, auch wenn in anatomischen Skizzen oft dieser falsche Eindruck entsteht: Die Gebärmutter ist nämlich kein Hohlraum! Ihre Wände sind zum Zeitpunkt des Embryotransfers miteinander in Kontakt wie zwei Scheiben Brot mit Marmelade dazwischen. Der Embryo klebt fest, er kann nicht herausfallen! »Of the 406 patients counseled during the study period, 167 preferred immediate ambulation and 239 opted to stay in the unit for one hour‘s bedrest. There were no significant differences between the groups. Pregnancy rates did not differ between the groups: 41 out of 167 (24.55%) in the immediateambulation group and 51 out of 239 (21.34 %) in the bed-rest group. CONCLUSION: Immediate ambulation following the ET has no adverse influence on the ability to conceive.« Immediate ambulation after embryo transfer: a prospective study. Fertil Steril. 2005 Mar; 83(3): 594–597. Links: Falsche anatomische Skizze der Gebärmutter mit Hohlraum. Rechts: Korrektes Ultraschallbild der Gebärmutter mit Darstellung der Gebärmutterschleimhaut (kein Hohlraum!). Behandlungsablauf 19 Welche Kosten kommen bei einer IVF-ICSI auf uns zu? Auf einen Blick Eine IVF-Behandlung richtet sich nach Ihren individuellen Bedürfnissen. Über die Kosten informieren wir Sie genau und transparent. Die Kosten für die künstliche Befruchtung werden nicht vollständig von den Krankenkassen getragen. Seit 2013 erstatten einige gesetzliche Krankenkassen mehr als 50 %. Manche Kassen übernehmen mittlerweile auch 100 % der Behandlungskosten für drei Versuche, u. a. die Knappschaft, die DAK und die IKK classic, allerdings nur, wenn Sie als Paar dort versichert sind. Voraussetzungen für eine anteilige Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung für bis zu drei vollständige IVF-ICSI-Behandlungen: n Das Paar muss verheiratet sein. nDie Frau muss 25 bis 39 Jahre und der Mann 25 bis 49 Jahre alt sein. Im Nachfolgenden haben wir eine Übersicht über die wichtigsten gesetzlichen Bestimmungen und die Kosten zusammengestellt: Laut Gesetz (§ 27a SGB V; Gesundheitsmodernisierungsgesetz vom 1.1.2004) werden die Kosten der ärztlichen Leistungen einer Insemination bzw. einer IVF-ICSI-Therapie von den gesetzlichen Krankenversicherungen für bis zu drei vollständige Behandlungen zu 50 % übernommen; die anderen 50 % müssen dem Paar privatärztlich in Rechnung gestellt werden. Ebenso müssen die Kosten der notwendigen Medikamente zu 50 % selbst übernommen werden. Vor Beginn der Behandlung muss der Krankenkasse ein Behandlungsplan zur Genehmigung vorgelegt werden. Zusätzlich muss die Beratung durch den überweisenden Facharzt oder Hausarzt attestiert werden. Außerdem muss ein positiver Röteln-Titer (mittels Bestimmung der Röteln-Antikörper) bei der Frau und ein negativer HIV-Befund (innerhalb der letzten drei Monate durchgeführt) bei beiden Partnern vorliegen. Nach der Geburt eines Kindes besteht erneut Anspruch auf drei Behandlungen, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind. Nach einem Abort »darf dieser Behandlungszyklus erneut durchgeführt werden«. Anteilige Kostenübernahme nEine zusätzliche Beratung ist durch einen überwei- senden Facharzt oder Hausarzt erfolgt. n Bei der Frau liegt ein positiver Röteln-Titer vor. n Beiden Partner liegt ein negativer HIV-Befund vor. nMindestens eine der o. g. Voraussetzungen wird nicht erfüllt. nWenn Keine Kostenübernahme bei der Frau eine Eileiter- oder beim Mann eine Samenleiter-Unterbindung durchgeführt wurde. Unabhängig davon, ob ein operativer Versuch, diese rückgängig zu machen, erfolgt ist oder nicht. nBei Verwendung von Spendersamen (eine Eizellspende ist nach dem ESchG § 1 I Nr. 1 grundsätzlich verboten). nPaare, die beim Sozialamt versichert sind. In diesem Fall bekommen die Paare für alle ärztlichen Kosten eine privatärztliche Rechnung und für alle notwendigen Medikamente Privatrezepte ausgestellt. Die aktuellen, detaillierten Kostenvoranschläge können Sie jederzeit auf Nachfrage an unserer Rezeption erhalten. Behandlungsablauf 20 Behandlungsablauf 21 KAPITEL 3 – CHANCEN ERHÖHEN Tipps und unterstützende Maßnahmen Wie hoch sind die Erfolgschancen bei der IVF? Ob es nach einer IVF zu einer Schwangerschaft kommt, hängt vor allem von Ihrem Alter und den Ursachen der Kinderlosigkeit ab. Die Erfolgschancen pro Transfer liegen bei etwa 40 bis 50 %. Auf den Internetseiten vieler IVF-Zentren werden höhere Schwangerschaftsraten angegeben. Entscheidend bei diesen »Zahlenspielen« ist, welche Altersgruppen der Statistik zugrunde gelegt wurden und ob Frauen über 40 Jahre überhaupt behandelt wurden. Viele Zentren lehnen nämlich die Behandlung von Frauen über 40 ab, da sich hierdurch die Erfolgsstatistik deutlich verschlechtert. Auch die Zahl der transferierten Embryonen beeinflusst die Schwangerschaftsrate: Beim Transfer von vier oder fünf Embryonen pro Zyklus werden in einigen Ländern künstlich höhere Schwangerschaftsraten erzielt. Die Erfolgschancen pro Transfer liegen bei etwa 40 bis 50 %. Was können wir zum Erfolg der Behandlung beitragen? Um die Chance auf ein Kind zusätzlich zu erhöhen, hilft Männern bei Einschränkungen im Spermiogramm die Einnahme von Clomifen bzw. Tamoxifen, um die Konzentration und Beweglichkeit der Spermien zu verbessern. In einer Studie wurden Männer untersucht, die keine befruchtungsfähigen Spermien hatten und deshalb eine Hormonbehandlung durch- Eine Hormontherapie kann sich positiv auf die Qualität der Samenzellen auswirken. Chancen erhöhen 23 führten. Unter der Hormontherapie mit Clomifen kam es bei den Männern zu einer signifikanten Verbesserung der Spermienqualität. Die Therapiedauer betrug drei bis sechs Monate. »In the current study, treatment with clomiphene citrate resulted in significantly improved outcomes (…).« Hussein et al.: Clomiphene Administration for Cases of Non obstructive Azoospermia: A Multicenter Study. Journal of Andrology. 2005; 26(6): 787 – 791. Zur Steigerung der Eizellund Spermienqualität können Mann und Frau täglich morgens und abends ein Sachet Fertilichron® einnehmen. Zur allgemeinen Steigerung der männlichen Fertilität gibt es diverse Nahrungsergänzungsmittel. Im Kinderwunschzentrum an der Oper empfehlen wir Fertilichron®male, dessen Zusammensetzung aus unterschiedlichen Wirkstoffen und die Dosierung nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen erfolgen. In Fertilichron®male 1-0-1 ist alles drin, was für die Bildung und die Qualität der Spermien förderlich ist: n Vitamine, wie das neuentdeckte BioPQQ (Pyrrolochinolinchinon), welches die Kraftwerke unserer Zellen (Mitochondrien) unterstützt und dadurch auch positiven Einfluss auf die Beweglichkeit der Spermien hat. Zudem Folsäure (Vitamin B9), das erst bei hohen Konzentrationen und in Kombination mit Zink eine fertilitätssteigernde Wirkung zeigt. n Aminosäuren, wie L-Carnitin und L-Arginin, die beide zu einer signifikanten Erhöhung der Spermienbildung und Spermienqualität beitragen – allerdings nur, wenn die Mindestmenge von 750 mg eingenommen wird. n Co-Enzym Q10, hinreichend bekannt aus der Kosmetikbranche, ist in ausreichender Dosierung auch für die männliche Fertilität von großem Nutzen. n Resveratrol, ein Extrakt aus der Rotweintraube, aktiviert Reparaturmechanismen der Zellen und sorgt so für die Bildung und Funktion von gesunden Spermien. »Men with 25-OHD >75 nmol/l had higher sperm motility and 66 and 111 % higher total numbers of motile spermatozoa after 45 and 262 min, respectively, than men with 25-OHD <25 nmol/l (all P < 0.05).« Blomberg Jensen M et al.: Vitamin D deficiency and low ionized calcium are linked with semen quality and sex steroid levels in infertile men. Hum Reprod. 2016 Aug; 31(8): 1875-1885. Frauen können ihre Fruchtbarkeit verbessern und ihren Körper optimal auf die Schwangerschaft vorbereiten, indem sie ebenfalls Mikronährstoffe einnehmen, wie sie etwa in dem Präparat Fertilichron®female 1-0-1 enthalten sind. Lesen Sie auch die Arbeit unserer KinderwunschÄrzte Dr. Jörg Puchta und PD Dr. Hans-Ulrich Pauer: »Mikronährstoffe gegen ovarielles Altern« (erschienen in Gynäkologie & Geburtshilfe, Ausgabe 03|2013). Was beeinflusst die Schwangerschaftsrate in der Reproduktionsmedizin am meisten? Den wichtigsten Einfluss auf den Erfolg einer IVF-ICSI hat das Alter der Paare (lesen Sie hierzu die Seiten 26 bis 27). Darüber hinaus ist das optimale Zusammenspiel und Ineinandergreifen sämtlicher Schritte, die zu diesem äußerst komplexen Prozess gehören, von großer Bedeutung. Nur ein erfahrener Arzt, der Sie während der gesamten Behandlung kontinuierlich betreut, kann dies gewährleisten. Optimale Voraussetzungen im Labor haben ebenfalls einen wichtigen Einfluss. Dazu zählen hoch qualifizierte Embryologen und modernstes technologisches Equipment. Hinzu kommt eine gesunde Lebensführung der Eltern und eine durch und durch positive und optimistische Grundhaltung nach dem Motto »Yes, we can«! Auch Ihre positive und optimistische Grundeinstellung ist von großer Bedeutung! Fertilichron® berücksichtigt übrigens als einziges Präparat den natürlichen Biorhythmus und führt so dem Körper zur idealen Zeit das Richtige zu! Chancen erhöhen 24 Chancen erhöhen 25 Welchen Einfluss hat das Alter auf die weibliche und männliche Fruchtbarkeit? Bei Frauen nimmt die Fruchtbarkeit bereits mit Ende 20 kontinuierlich ab. Mit Beginn des 35. Lebensjahres wird der Abfall immer steiler. Alle Eizellen sind bereits bei der Geburt der Frau angelegt und werden nicht wie die Samenzellen des Mannes laufend neu gebildet. Eizellen sind also immer so alt wie die Frau. Das Alter hat nur dann keinen Einfluss auf die Fruchtbarkeit, wenn Frauen im Rahmen einer Eizellspende die Eizellen einer jüngeren Frauen erhalten. »For those younger than 35 years of age, 37 % successfully gave birth per ART cycle, a proportion that dropped progressively with increasing age, to 30 % for women aged 35-37 years, and 20 %, 11 %, and 4 % among those aged 38-40, 41-42 and 42 years and above, respectively. Conversely, the average live birth rate per cycle for women who used donated eggs was not influenced by age, at 50 %. Thus, women over 40 years of age have the best chances of success if they use donor eggs, the report concludes.« Center for Disease Control and Prevention. The annual report on assisted reproductive technology produced by the Center for Disease Control and Prevention highlights the importance of maternal age, 2005. 50% Schwangerschaftrate für ein Baby je IVF/ICSI Schwangerschaftrate für ein Baby je IVF-/ICSIZyklus in Abhängigkeit vom Alter der Frau beim Transfer von zwei Embryonen (Stand 2014) 45% Bewegliche Spermien pro Ejakulat Höheres Lebensalter, geringere Fruchtbarkeit – bei Frau und Mann! Abnahme des Anteils an beweglichen Spermien pro Ejakulat in Abhängigkeit vom Lebensalter 50% 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% 20 30 40 50 60 Alter in Jahren Lange ging man davon aus, dass Männer bis ins hohe Alter fruchtbar sind. Das ist ein Mythos! Eine Studie zeigte im Jahr 2006, dass der Anteil schnell beweglicher Spermien durchschnittlich um etwa 1 % pro Jahr abnimmt. »They analyzed 14 aspects of sperm quality in a non-clinical cohort of 90 men using computer-assisted semen analysis (CASA). The men ranged in age from 22 to 80 years old. None of them smoked and none had a history of fertility problems. The proportion of progressively motile sperm declined by 0.9 % per year.« Age-related declines in sperm motility illuminated. Human Reproduction 2006. 45% 40% 35% 30% 25% Auch die Wahrscheinlichkeit von Fehlgeburten wird vom Alter des Vaters mit beeinflusst: Je älter der Mann ist, desto eher kommt es zu einem Abort. Sowohl für Mann und Frau gilt also: Das Alter hat entscheidenden Einfluss auf die Fruchtbarkeit! 20% 15% 10% 5% 0% 25-29 30-34 35-39 40 41 42 43 44 45 Alter in Jahren Chancen erhöhen 26 Chancen erhöhen 27 Das Stimulieren der Eierstöcke ermöglicht es, mehrere Eizellen zu gewinnen und zu befruchten. Warum ist eine Stimulationsbehandlung für die IVF-ICSI erforderlich? Was ist PICSI® und warum gilt sie als Reifeprüfung für die Spermien? Verlässt man sich allein auf den natürlichen Prozess, entwickelt sich üblicherweise nur eine befruchtungsfähige Eizelle pro Zyklus. Das Ziel der Spritzenbehandlung ist es, im Behandlungszyklus mehr als eine Eizelle zu gewinnen, da ein relativ hoher Anteil aller bei einer Frau entstehenden Eizellen fehlerhaft ist und zu keiner Schwangerschaft führen kann. Deshalb ist es günstiger, mehrere Eizellen zur Verfügung zu haben und anschließend die erfolgversprechendsten Embryonen auszuwählen. Je nach Alter der Frau entwickelt sich nur aus etwa 10 % aller Eizellen ein Embryo. Bei den Stimulationspräparaten, die Sie sich selbst unter die Haut spritzen, handelt es sich um natürliche, körpereigene Botenstoffe, die für die Eireifung erforderlich sind. Deshalb treten auch nicht die Nebenwirkungen auf, die von künstlichen Hormongaben bekannt sind. Es kommt höchstens zu einer Verstärkung von Symptomen, wie sie auch ohne Behandlung im Rahmen eines natürlichen Zyklus auftreten. Damit es nicht zu einem vorzeitigen Eisprung kommt, erhalten Sie eine Zusatzspritze, welche die Ausschüttung des eisprungauslösenden Hormons blockiert. Nicht alle Spermien eignen sich für die Befruchtung einer Eizelle. Es ist vielmehr so, dass nur wenige Samenzellen tatsächlich das Potenzial besitzen, die Eizelle zu befruchten und zu einem entwicklungsfähigen Embryo beizutragen. Lange Zeit hat man bei IVF-Behandlungen dem Reifegrad von Spermien nur eine untergeordnete Bedeutung beigemessen. Dies hat sich in den letzten Jahren geändert. Mittlerweile verfügt man über einige etablierte und klinisch erprobte Verfahren, die eine gezielte Auswahl der besten Spermien erlauben. Ist IVF-ICSI auch ohne Stimulation möglich? IVF-ICSI-Behandlungen ohne Hormonunterstützung können in Einzelfällen sinnvoll sein. Ja, in England und Japan sind IVF-ICSI-Behandlungen im natürlichen Zyklus (Spontanzyklus) relativ weit verbreitet. Dies hat vor allem ökonomische Gründe. Die Zahl an Versuchen, die notwendig sind, um hiermit zum Erfolg zu kommen, liegt teilweise um den Faktor zehn höher. Chancen erhöhen 28 Eines dieser neuen Verfahren heißt PICSI®. Es ist ein nichtinvasives Verfahren und wird im Rahmen einer ICSI-Therapie zur Spermienselektion verwendet. Bei einer PICSI® zählen nicht – wie bei den anderen Selektionsverfahren – vorrangig morphologische Kriterien (Form und Gestalt der Spermien), sondern man achtet vielmehr auf den Reifegrad, also den biochemischen Zustand der Samenzellen. Die Köpfe reifer Spermien tragen einen spezifischen Rezeptor für Hyaluronsäure. Hyaluronsäure ist ein wesentlicher Bestandteil der Hülle der Eizelle (Zona pellucida). Bei der Spermienselektion mittels PICSI® nutzt man die Tatsache, dass sich reife Spermien mit ihren Rezeptoren beim Befruchtungsvorgang an die Hyaluronsäure der Eizellhülle anlagern. Unreife Spermien verfügen noch nicht über solche Rezeptoren. Die PICSI® ist also ein Hyaluron-Bindungstest und selektiert Spermien nach ihrem Reifestadium. PICSI® führt in vielen Studien zu einer deutlich höheren Befruchtungsbzw. Einnistungsrate. Bei der PICSI® werden die besten Spermien nach biochemischen Kriterien ausgewählt. Laut Studienergebnissen weisen reife Spermien eine geringere Erbgut-Degradierung auf: Klinische Tests, bei denen PICSI® zur Selektion von Spermien eingesetzt wurde, deuten darauf hin, dass die genetische Ausstattung dieser Spermien signifikant besser ist. So zeigte die Studie von Jakab et al. (2005) an der Yale University, dass die Fehlverteilung von Chromosomen Chancen erhöhen 29 »RESULTS AND CONCLUSION: Transfer of at least one grade 1 or grade 2 blastocyst or one hatching blastocyst was associated with very high implantation and pregnancy rates. However, transfer of grade 3 blastocysts yielded very low implantation and pregnancy rates. There appears to be a strong correlation between blastocyst quality and success of blastocyst transfer.« Balaban et al.: Blastocyst quality affects the success of blastocyst-stage embryo transfer. Fertility and Sterility. 2000; 74(2): 282–287. »CONCLUSION: Late-stage embryo development is more sensitive and specific in predicting clinical pregnancy than is early cleavage, supporting the use of extended embryo culture for embryo selection.« Khurram et al.: Late stages of embryo progression are a much better predictor of clinical pregnancy than early cleavage in intracytoplasmatic sperminjection and in vitro fertilization cycles with blastocyst-stage transfer. Fertility and sterility. 2007; 87(5): 1041–1052. Warum führen einige Zentren den Embryotransfer unter Ultraschallsicht durch? bei Spermien, die aufgrund ihrer guten Hyaluron-Bindungsfähigkeit ausgewählt wurden, um das 5,4-fache geringer war. Andere Studien aus den letzten Jahren kommen zu ähnlichen Ergebnissen und deuten auf eine deutliche Verbesserung der Befruchtungs- bzw. Einnistungsrate nach einer PICSI® hin. Jakab A, Sakkas D, Delpiano E, Cayli S et al.: Intracytoplasmic sperminjection: a novel selection method for sperm with normal frequency of chromosomal aneuploidies. Fertil Steril. 2005 Dec 84(6): 1665 – 1673. Worrilow KC, Huynh HT, Bower JB, Anderson AR, Schillings W, Crain JL: PICSI™ vs. ICSI: statistically significant improvement in clinical outcomes in 240 in vitro fertilization (IVF) patients. Fertil Steril. 2007 Sept 88: 37. Was ist das Besondere am Blastozystentransfer? Der Transfer von einem Embryo, der sich vier bis fünf Tage entwickelt hat, kann die Erfolgschancen erhöhen. Gleich vorweg: Der Blastozystentransfer ist – entgegen der weitverbreiteten Meinung – in Deutschland nicht verboten! Blastozysten sind Embryonen, die vier oder fünf Tage im Wärmeschrank wachsen, bevor sie in die Gebärmutter übertragen werden. Wir sind der Meinung, dass unter normalen Umständen der Transfer von Blastozysten zu höheren Schwangerschaftsraten führt. Chancen erhöhen 30 Die Meinungen, ob ein Embryotransfer unter Ultraschallsicht höhere Schwangerschaftsraten erzielt, sind geteilt. Die wissenschaftliche Datenlage ist kontrovers. Wir sind der Ansicht, dass ein Embryotransfer unter Ultraschallsicht nur bei schwierigen Transfers notwendig und sinnvoll ist. Allerdings muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass wir vor jedem Embryotransfer einen 3D-Ultraschall der Gebärmutter durchführen, der uns gewissermaßen wie eine Roadmap die optimale Position für den Transferkatheter zeigt. Unserer Meinung nach sollte ein Embryotransfer unter maximaler Ruhe und ohne störende Zusatzuntersuchungen erfolgen, auch wenn es in unseren Zeiten ein großes Bedürfnis nach »showpieces« gibt. Tatsächlich ist auf diesen Ultraschalluntersuchungen für den Laien so gut wie nichts zu erkennen. Einen 3D-Ultraschall der Gebärmutter führen wir vor jedem Embryotransfer durch, um die optimale Position für den Transfer-Katheter zu bestimmen. Revelli A, Rovei V, Paola Dalmasso P et al.: Large randomized trial comparing transabdominal ultrasound-guided embryo transfer with a technique based on uterine length measurement before embryo transfer. Ultrasound in Obstetrics & Gynecology. 2016; 47(6). Chancen erhöhen 31 Was sind die Vorteile des neuen Konzeptes »freeze all, transfer later«? Sollten im Rahmen einer IFV-ICSI-Behandlung mehr Eizellen befruchtet worden sein, als benötigt werden, ist es auf jeden Fall sinnvoll, die übrigen Zellen einzufrieren. Sie können dann tiefgefroren ohne Qualitätsverlust über Jahre konserviert werden und bei Bedarf aufgetaut und in die Gebärmutter zurückgegeben werden. Dies erfolgt dann in einem natürlichen Zyklus. Modernste Methoden in der Kryokonservierung von Eizellen ermöglichen es, diese ohne Qualitätsverluste einzufrieren und wieder aufzutauen. Neueste Studien (zuletzt 2015) haben gezeigt, dass die Schwangerschaftsraten nach einem Kryotransfer deutlich höher sind als nach einem Transfer von frischen Embryonen (Frischtransfer). In der »Finnish Cohort Study« von 1995 bis 2006 lag die Schwangerschaftsrate nach einem Kryotransfer bei 35,8 % im Vergleich zu 27,6 % nach einem Frischtransfer. Diese Tendenz können wir in unserem Zentrum bestätigen. Hinzu kommt ein wichtiger medizinischer Vorteil: Bei Vermeidung eines frischen Transfers lässt sich das gefürchtete Überstimulations-Syndrom praktisch komplett ausschließen! Sazonova et al.: Obstetric outcome in singletons after in vitro fertilization with cryopreserved / thawed embryos. Human Reproduction, 2012. Pinborg et al.: Infant outcome of 957 singletons born after frozen embryo replacement: The Danish National Cohort Study 1995 – 2006. Fertility and Sterility. 2010. Ein Kryotransfer ist aber nur sinnvoll, wenn eine angemessene Anzahl Embryonen von guter Qualität zur Verfügung steht. Wie lange soll man vor der Abgabe der Samenprobe enthaltsam sein? Früher galt die Empfehlung, vor der Abgabe der Samenprobe eine Karenzzeit von fünf Tagen einzuhalten. Eine Studie von 2005 stellt dies grundlegend infrage. Wir empfehlen vor der IVF eine Karenzzeit von maximal zwei Tagen. »Design: A retrospective study based on computerized data. Patients: 9489 semen samples … were analyzed according to the WHO… and grouped. CONCLUSIONS: Our data challenge the role of abstinence in male infertility treatments and suggest that to present the best possible semen samples, patients with male factor infertility should collect the semen after just one day of sexual abstinence.« Lunenfeld et al.: Relationship between the duration of sexual abstinence and semen quality. Fertility Sterility 2005. Pelkonen et al.: Perinatal outcome of children born after frozen and fresh embryo transfer: The Finnish cohort study 1995–2006. Human Reproduction 2010. Das Einfrieren von befruchteten Eizellen bringt Vorteile und kann die Schwangerschaftsrate sogar erhöhen. Für die höhere Schwangerschaftsrate gibt es verschiedene Gründe. Zum einen ist das Einfrieren für die Embryonen eine Art zusätzliche Qualitätsprüfung: Embryonen, die vital sind, entwickeln sich nach dem Auftauen optimal weiter. Zudem sind genetische Defekte bei kryokonservierten Embryonen geringer. Zur höheren Schwangerschaftsrate trägt wohl auch die Gebärmutterschleimhaut bei, die in einem natürlichen Zyklus die Embryonen besser ernährt als in einem stimulierten Zyklus. Eine weitere Beobachtung konnte sowohl eine schwedische als auch eine dänische Arbeitsgruppe machen: Sie stellten fest, dass das Geburtsgewicht nach einem Kryotransfer höher ist als nach einem Frischtransfer. Chancen erhöhen 32 Wir empfehlen vor der IVF eine Karenzzeit von zwei Tagen. Severe (Group 1) n = 1.246 Abstinence days N Volumea1 (ml) Concentrationb1 (106/ml) Motilityc1 (%) 0 57 2,4 ± 1,7 2,0 ± 1,0 19,2 ± 14,7 1 38 2,4 ± 1,2 2,1 ± 1,0 24,5 ± 20,4 2 126 2,7 ± 1,5 1,7 ± 1,0 20,4 ± 18,0 3 386 3,2 ± 1,6 1,8 ± 1,1 19,8 ± 16,4 4 292 3,5 ± 1,8 1,8 ± 1,1 19,8 ± 16,7 5 159 3,6 ± 1,8 1,8 ± 1,1 16,7 ± 16,5 6 37 3,8 ± 1,6 1,6 ± 0,9 17,2 ± 15,9 7 83 3,5 ± 2,1 1,9 ± 1,1 13,2 ± 15,0 8 – 10 30 4,0 ± 2,3 1,8 ± 1,1 18,2 ± 15,1 11 – 14 38 3,5 ± 2,4 2,2 ± 1,2 11,2 ± 10,7 Zusammenhang zwischen Karenzzeit und Spermienqualität bei »schlechten« Spermiogrammen. Quelle: Fertility & Sterility Vol 83, No 6, June 2005 (Analysis of 9 489 semen sample) Chancen erhöhen 33 Haben Behandlungen im Ausland besseren Erfolg als in Deutschland? Eine Behandlung im Ausland bringt keinerlei Vorteile. Seit einigen Jahren werben Anbieter aus den europäischen Nachbarländern mit preiswerten Kinderwunschbehandlungen und besseren Erfolgsaussichten. Insbesondere in Österreich gibt es Kliniken und Praxen, die behaupten, das österreichische Embryonenschutzgesetz unterscheide sich grundsätzlich vom deutschen und ermögliche es, »mehr machen zu können«. Dadurch lägen die Erfolgsraten höher. Solche Aussagen sind schöne Worte aus der Welt des Marketings! Häufig wird auch behauptet, der Transfer von Blastozysten (Entwicklungsstadium des Embryos am fünften Tag) sei in Deutschland nicht möglich oder es erfolge keine Auswahl entwicklungsfähiger Embryonen. Tatsache ist: Der Blastozystentransfer wird in Deutschland seit Jahren praktiziert – und wird im deutschen Embryonenschutzgesetz überhaupt nicht erwähnt. Unter dem Mikroskop ist heute die Entwicklungsfähigkeit eines Embryos eindeutig zu erkennen. Die Identifizierung und Auswahl entwicklungsfähiger Embryonen im Reagenzglas ist nach aktuellen Kommentierungen von Juristen auch in Deutschland erlaubt. In Deutschland gilt ein hoher medizinischer Behandlungsstandard. Gleichzeitig besteht für Embryonen ein maximaler Schutz vor Missbrauch. Paare, die eine Behandlung im Ausland erwägen, sollten auch bedenken, dass das Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft deutlich erhöht ist, da im Ausland häufig drei oder vier Embryonen übertragen werden. Bei verlockenden Preisangeboten im Ausland sollten Sie berücksichtigen, dass Zusatzleistungen wie Konsultationen, Ultraschall oder Blutuntersuchungen häufig extra abgerechnet werden. Die Behandlung wird dadurch oft teurer als in Deutschland! Die »offiziellen« Schwangerschaftsraten von Österreich und Deutschland unterscheiden sich praktisch nicht, wenn man die »ehrlichen« Zahlen der IVF-Register beider Länder vergleicht. Chancen erhöhen 34 Weniger Sauerstoff – mehr Babys? Bisher galt die verbreitete Annahme, dass es keinen wesentlichen Unterschied macht, bei welcher atmosphärischen Sauerstoffkonzentration Embryonen nach einer IVF kultiviert werden. In den letzten Jahren hat sich die Überzeugung durchgesetzt, dass sich eine hohe Sauerstoffkonzentration im Brutkasten (Inkubator) nachteilig auswirken kann. Ein Sauerstoffanteil von 5 % entspricht den natürlichen Bedingungen in der Gebärmutter. Im renommierten Fachjournal »Human Reproduction« ist eine Publikation einer US-amerikanischen Arbeitsgruppe erschienen, die sich mit dieser Thematik eingehend befasst: Während bei der ersten Studiengruppe, für die Inkubatoren mit 21 % atmosphärischer Sauerstoffkonzentration verwendet wurden, in 115 Zyklen 49 Babys zur Welt kamen, waren es bei der zweiten Gruppe (Inkubatoren mit 5 % Sauerstoffkonzentration) in der gleichen Zyklenzahl 66 Babys. Dies bedeutet eine Steigerung der Baby-Take-Home-Rate um den Faktor 1,85. Im Kinderwunschzentrum München werden ausschließlich Inkubatorsysteme mit niedrigem Sauerstoffgehalt verwendet. Weniger ist mehr: Hightech-Inkubatoren mit weniger Sauerstoff verbessern die Schwangerschaftsrate nach einer IVF-ICSI. Meintjes M et al.: A controlled randomized trial evaluating the effect of lowered incubator oxygen tension on live births in a predominantly blastocyst transfer program. Human reproduction. 2009; 24(2): 300 – 307. Chancen erhöhen 35 Ziel einer potenziellen Immuntherapie ist die immunologische »Umstimmung« der Frau von der »abstoßenden Immunreaktion« zur »schützenden Immunreaktion« gegenüber den Spermien ihres Partners. Welche Methoden gibt es, um die Einnistung des Embryos zu fördern? Mit einer Einnistungsspülung oder der Immuntherapie kann man die Einnistung begünstigen. Die Einnistung (Implantation) eines Embryos ist ein vielschichtiger Vorgang, den man noch nicht annähernd versteht. Viele verschiedene Faktoren greifen dabei komplex ineinander. Entscheidend ist, dass die Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) gut aufgebaut ist und die Interaktion zwischen Embryo und Gebärmutterschleimhaut optimal funktioniert: Botenstoffe, wie z. B. Zytokine und Adhäsionsmoleküle, spielen hier eine wichtige Rolle. Zudem ist es ausschlaggebend, dass das mütterliche Immunsystem tolerant ist und den Embryo, der zur Hälfte väterliches Erbmaterial trägt, nicht abstößt (Immuntoleranz). Hat die Mutter beispielsweise bestimmte schwere Autoimmunerkrankungen, kann dies in Einzelfällen eine Einnistung verhindern. Bevor man eine solche Immunstörung jedoch diagnostiziert, müssen die wesentlich häufigeren Ursachen für eine mangelhafte Einnistung ausgeschlossen sein. Dies sind schlechte Embryoqualität, Alter sowie genetische Ursachen. Die schlechte Embryoqualität aufgrund des fortgeschrittenen Alters der Frau lässt sich nicht durch eine Immuntherapie verbessern! Chancen erhöhen 36 In den letzten Jahren hat man in einer Versuchsphase die Indikationsliste für die Immuntherapie erweitert und sie auch bei Paaren mit fehlgeschlagenen IVF-Versuchen angewendet. Nach anfänglich erfolgversprechenden Resultaten in Kleinstudien blieben die Ergebnisse jedoch in der zusammenfassenden systematischen Beurteilung durch die Cochrane Database weit hinter den Erwartungen zurück. Das heißt: Die Immuntherapie zeigte für diese Indikation keinen signifikanten Vorteil, auch wenn dies von einigen Vertretern dieser kostenintensiven Therapie natürlich anders gesehen wird. Ausdruck dieser enttäuschenden Ergebnisse ist die Weigerung der Krankenkassen, bestimmten immuntherapeutischen Medikamenten die Verordnung über Kassenrezept zu gewähren. In besonderen und begründeten Fällen – beispielsweise bei Verdacht auf eine Diathese zu Autoimmunerkrankungen – arbeiten wir mit entsprechenden Spezialisten in den USA zusammen. »CONCLUSION: Paternal Cell immunization, third party donor leukocytes, trophoblast membranes, and intravenous immune globuline provide no significant beneficial effect over placebo in improving the live birth rate.« Porter et al.: Immunotherapy for recurrent miscarriage. Cochrane Database SystRev 2006. »CONCLUSION: There was no significant improvement in the ongoing pregnancy rate. There was a significantly higher mean birth weight in the intravenous immunoglobulin (IVIG) group.« Stephenson et al. Fertility Sterility. 2009, Vol 92. Leider kommt es bei manchen Patientinnen auch nach mehrfachen Transfers von Embryonen mit guter Qualität nicht zu einer Schwangerschaft. Bisher stehen nur wenige Methoden zur Verfügung, diesen als wiederholtes Einnistungsversagen (»Repeated Implantation Failure«, kurz RIF) bezeichneten Umstand zu behandeln. Die Einnistungsspülung mit Seminalplasma ist eine Option. Chancen erhöhen 37 Frauen mit reduzierter Ovarial-Reserve scheinen von einer DHEA-Behandlung zu profitieren. Die Behandlung mit Metformin führt zu keiner Steigung der Schwangerschaftsrate, aber zu einer deutlichen Senkung der Rate an Überstimulationen. bryo zu verletzen, ist praktisch ausgeschlossen. »Assisted Hatching« wird am dritten Tag der Embryonalentwicklung durchgeführt. Beim »Assisted Hatching« wird die Eihülle ausgedünnt, um dem Embryo den Weg nach draußen zu erleichtern. Kann ich in Deutschland Embryonen spenden? Zusammenfassend kann man sagen, dass nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft folgende Therapien zu KEINER Verbesserung der Schwangerschaftsrate führen: Akupunktur, Aspirin, Heparin, Endometrium-Scratching, Einnistungsspülungen mit Blutzellen und die Impfung mit Partnerlymphozyten. Die Anwendung von G-CSF (Granocyte u. ä. Präparate) gilt weiterhin als experimentell, da die Wirkung auf den Embryo völlig ungeklärt ist und im Tierversuch eine hohe Zahl an thromboembolischen Verschlüssen im Bereich der Plazenta zu beobachten war. Lediglich die Einbringung von Seminalplasma vor dem Embryotransfer in die Gebärmutter könnte eine erfolgversprechende Option sein. Leider wird der Einfluss von Lebensstil-Faktoren auf die Implantation viel zu wenig berücksichtigt. In verschiedenen Studien konnte gezeigt werden, dass Sport und der Verzicht auf Zigarettenkonsum die Schwangerschaftsraten viel mehr steigern konnten als anderen Maßnahmen. Literatur: Sabine Segerer, Christoph Keck: Implantationsstörungen – Ursachen und evidenzbasierte Therapiekonzepte, gynäkologie + geburtshilfe 2015; 20(1). Was ist »Assisted Hatching«? Jede Eizelle ist von einer festen Eihülle umgeben. Nach der Befruchtung teilen sich die Zellen zunächst innerhalb der Eihülle. Nach ungefähr fünf Tagen »schlüpft« der Embryo aus der Umhüllung, um sich einzunisten. Ist die Eihülle zu dick oder zu zäh aufgrund des Alters der Frau, kann sie das Schlüpfen des Embryos erschweren. Beim »Assisted Hatching« wird die Eihülle etwas ausgedünnt. Wir verwenden in unserem Zentrum dazu die Lasertechnik – die mit Abstand die exakteste Methode. Die Gefahr, den EmChancen erhöhen 38 In Deutschland ist die Eizellspende per Gesetz verboten. Aber seit zwei Jahren wird (in süddeutschen Kinderwunschkliniken) die Embryonenspende praktiziert. Paare, die nach einer Kinderwunschbehandlung erfolgreich waren, können ihre überzähligen Embryonen, wenn ihr Kinderwunsch erfüllt ist, anonym anderen Paaren spenden. Das für diesen Zweck gegründete »Netzwerk Embryonenspende« ist ein Zusammenschluss von etwa 20 Reproduktionsmedizinern. Das Netzwerk arbeitet nicht-kommerziell. Paare, denen keine andere Methode helfen konnte, sollen die Option bekommen, sich ihren Kinderwunsch hier und nicht im Ausland zu erfüllen. Die Spender- und Empfängerpaare füllen ein Dokument aus, in dem sie Angaben zu Augenfarbe, Hautfarbe, Erbkrankheiten, Blutgruppe und Körpergröße machen. Diese Angaben werden dann abgestimmt (sogenanntes Matching). Ziel ist, dass die Kinder den Eltern so ähnlich wie möglich sehen. Die Spender müssen ihre Ausweisdokumente in einem Notariat vorlegen, um den Kindern später die eventuelle Suche nach ihren genetischen Eltern zu ermöglichen (sogenannte nichtanonyme Spende). Dies können die Kinder frühestens ab ihrem 16. Lebensjahr tun. Die Empfängerpaare müssten übrigens nicht verheiratet sein. Bei Nichtverheirateten muss der Vater das Kind allerdings adoptieren. Auch Frauen, die in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft zusammenleben, können eine Embryonenspende erhalten. Nur für Alleinstehende wird die Embryonenspende nicht angeboten. Es gibt eine Altersgrenze, die bei der Empfängermutter beim 45. und beim Vater beim 55. Geburtstag liegt. Im Gegensatz zur Eizellspende ist die Embryonenspende nicht verboten und wird bereits erfolgreich praktiziert. Chancen erhöhen 39 KAPITEL 4 – RISIKEN UND BEDENKEN Kommt es nach einer IVF-ICSI zu Fehlbildungen beim Baby? Die Risiken – Mythen und Fakten Das Risiko für Fehlbildungen bei Kindern aus assistierter Reproduktion wurde bisher in der medizinischen Fachliteratur uneinheitlich bewertet. Während in den meisten Studien kein erhöhtes Risiko gefunden wurde, gibt es wiederum solche, die auf eine geringfügige Erhöhung des Fehlbildungsrisikos hindeuten. Es besteht aber Uneinigkeit, ob die angewandten Methoden oder das sogenannte Hintergrundrisiko (wie z. B. Mehrlingsschwangerschaften) diese Erhöhung bedingen. Weitere Untersuchungen zeigten nun, dass in allen Altersklassen grundsätzlich keine segnifikant erhöhte Fehlbildungsrate nach einer IVF-ICSI besteht und diese bei Frauen ab 40 sogar deutlich niedriger ist als nach einer natürlichen Empfängnis. Grund dafür ist vermutlich, dass die natürliche Fehlbildungsrate ab 40 Jahren stark ansteigt, aber durch eine IVF-Therapie aufgrund der positiven Auswahl der Embryonen deutlich reduziert werden kann. Das Risiko für Fehlbildungen beim Kind ist nach einer IVF-ICSI nach neuesten Studien nicht erhöht, sondern möglicherweise sogar erniedrigt. »Risk of birth defects in women over 40 years is lower after infertility treatment than for natural conceptions.« Davies MJ et al.: Maternal factors and the risk of birth defects after IVF and ICSI: a whole of population cohort study. British Journal of Obstetrics & Gynaecology (online). October 2016. Wir empfehlen jeder Schwangeren nach einer IVF-ICSI-Therapie den neuen nicht-invasiven Pränataltest (NIPT). Mit welchen Nebenwirkungen muss ich bei der IVF-Behandlung rechnen? Bei der Eizellentnahme kann es zu kleineren Verletzungen des umliegenden Gewebes kommen. Sollte dies der Fall sein, können nach der Entnahme leichte Blutungen auftreten. Da der Eingriff aber unter Ultraschallsicht durchgeführt wird, sind solche Verletzungen sehr selten. Risiken und Bedenken 40 41 Hat Stress negativen Einfluss auf eine IVF-Behandlung? Stress wirkt sich nicht negativ auf den Erfolg der IVF-Behandlung aus. Nein, zum Glück nicht. Dies heißt aber nicht, dass es nicht sinnvoll wäre, Stress zu vermeiden. Allerdings: Eine gewisse Portion Stress ist für jeden Menschen normal und gesund. Auf keinen Fall sollten Sie wegen einer IVF-Behandlung aufhören zu arbeiten. »Psychological stress does not affect the likelihood of conceiving through IVF.« Human Reproduction 2005 – prospective study of more than 150 women. When counseling infertile couples, it might be possible to reduce the stress they experience during the treatment procedure by informing them of these findings. Besteht durch die Stimulation während der Kinderwunschbehandlung ein erhöhtes Risiko, früher in die Wechseljahre zu kommen? Kinderwunschbehandlungen führen nicht zu einem vorzeitigen Beginn der Wechseljahre. Nein. Eine große niederländische Studie, die 2005 in der Fachzeitschrift »Menopause« veröffentlicht wurde, konnte keinen Zusammenhang zwischen häufigen IVF-Behandlungen und einem verfrühten Beginn der Wechseljahre finden. »This retrospective cohort study included 12 IVF clinics in the Netherlands between 1983 and 1995 (n = 7,842). RESULTS: After a 5-year follow-up period, we found no increased risk for entering the menopause among women who had undergone six or more IVF cycles.« Are cause of subfertility and IVF-treatment risk-factors for an earlier start of menopause? Netherlands Cancer Institute, Menopause 2005, 12: 578 – 588. Erhöht eine IVF-Behandlung das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken? Das Risikio, an Brustkrebs zu erkranken, ist durch eine IVF-Behandlung nicht erhöht. Nein. Laut einer niederländischen Studie ist das Risikio, durch eine IVF-Behandlung an Brustkrebs zu erkranken, nicht signifikant erhöht. Risiken und Bedenken 42 »Among 25,108 women (mean age at baseline, 32.8 years; mean number of IVF cycles, 3.6), 839 cases of invasive breast cancer and 109 cases of in situ breast cancer occurred … Breast cancer risk in IVF-treated women was not significantly different from that in the general population.« Van den Belt-Dusebout AW et al.: Ovarian Stimulation for In Vitro Fertilization and Long-term Risk of Breast Cancer. JAMA. 2016; 316(3): 300 – 312. Hat die Qualität der Spermien Einfluss auf die Gesundheit des Babys? Eine Studie aus dem Jahr 2006 hat dies untersucht und kam zu dem Ergebnis, dass die Entwicklung des Kindes in keiner Weise von der Qualität der Spermien beeinflusst wird, die bei der künstlichen Befruchtung verwendet werden. Die Spermienqualität hat keinen Einfluss auf die Gesundheit des heranwachsenden Kindes. »… growth and cognitive development of children born after 32 weeks‘ gestation following ICSI (n = 492) or IVF (n = 265). The children were divided into subgroups according to the origin and concentration of sperm used. Height and weight at age five years were similar ... We found no indication that growth and cognitive development in ICSI and IVF children differed depending on paternal sperm concentration.« Baby development unaffected by sperm concentration. Human Reproduction 2006; 21: 1514 – 1520. Dürfen wir während eines IVF-ICSI-Zyklus miteinander schlafen? Selbstverständlich! Es gibt Hinweise, dass sich die Qualität der Embryonen sogar verbessert, wenn das Paar im IVFZyklus Geschlechtsverkehr hat. Man nutzt diesen Effekt heutzutage sogar dadurch, dass man Teile der Samenflüssigkeit aufbereitet und in die Gebärmutter injiziert (sogenannte Einnistungsspülung mit Seminalplasma). Es gibt keinen Grund, während einer IVF-Behandlung auf Geschlechtsverkehr zu verzichten. »The transfer of 1343 embryos during 478 cycles of IVF resulted in 107 pregnancies (22.4%), with 125 viable embryos remaining by 6-8 weeks gestation. There was no difference between the intercourse and abstain groups in relation to the pregnancy rate, but the proportion of transferred embryos that were viable at 6-8 weeks was significantly higher in women exposed to semen compared to those who abstained.« The effect of intercourse on pregnancy rates during assisted human reproduction – a multicenter prospective randomized control trial. Human Reproduction. 12/2000; 15(12): 2653 – 2658. Risiken und Bedenken 43 Wie wirken sich Genussgifte auf die Fruchtbarkeit und die Schwangerschaft aus? Rauchen schädigt das ungeborene Kind und gefährdet die Fruchtbarkeit. Vorsicht auch bei allen andern Genussgiften! Seit Langem weiß man, dass Rauchen für das ungeborene Kind schädlich ist. Zigarettenrauch schädigt aber auch die Eizellen der Frau und kann zu Unfruchtbarkeit führen. Rauchen wirkt sich auch negativ auf die Spermienqualität aus. Koffein in Tee und Kaffee hat nur in sehr hohen Dosen, die im Normalfall nicht erreicht werden, einen negativen Einfluss. Vorsicht ist allerdings bei Cola geboten: Mehr als zwei Liter pro Tag erhöhen nachweislich das Risiko einer Fehlgeburt. Übermäßiger Genuss von Alkohol ist die häufigste Ursache für Schädigungen des ungeborenen Kindes. Jede Art von Drogen kann den Embryo in unabsehbarer Weise gefährden. Verhindert eine IVF in jedem Fall eine Eileiterschwangerschaft? Das Risiko für eine Eileiterschwangerschaft ist bei einer IVF deutlich reduziert. Nein. Auch wenn der Embryo an einer vorher per Ultraschall exakt ausgemessenen Stelle in der Gebärmutter eingesetzt wird, kann er wandern und sich im Eileiter einnisten. Dies ist allerdings eine große Ausnahme! Normalerweise lässt sich durch einen gezielten Transfer im Rahmen einer IVF-Therapie die Wahrscheinlichkeit einer Eileiterschwangerschaft deutlich reduzieren. Risiken und Bedenken 44 Erhöht sich durch die Kinderwunschbehandlung das Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft? Nein, in keinster Weise, wenn nach den neuesten Empfehlungen der internationalen Fachgesellschaften vorgegangen wird und nur ein Embryo transferiert wird. Im Kinderwunschzentrum an der Oper raten wir dringend vom Transfer von zwei Embryonen ab, der Transfer von drei Embryonen ist grundsätzlich nicht sinnvoll. Bei Frauen unter 40 ist die Schwangerschaftsrate sogar niedriger wenn drei Embryonen transferiert werden – und das um den Preis einer dreifach erhöhten Drillingsrate! Die HFEA (Human Fertilisation & Embryology Authority), eine unabhängige Kommission in Großbritannien, die Kliniken und IVF-Zentren zertifiziert und beurteilt, hat es folgendermaßen auf den Punkt gebracht: »One at a time! The aim of all fertility treatment should be the birth of a healthy, singelton child. Infertility patients can have all the babies they desire – one at a time!« Das Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft wird aufgrund des Transfers von nur einem Embryo ausgeschlossen. Risiken und Bedenken 45 »We were called everything under the sun – immoral, unethical, dehumanising.« v. l. n. r.: Dr. Silke Michna, Dr. Jörg Puchta, PD Dr. Hans-Ulrich Pauer, Dr. Helmut Lacher. Gynäkologie, Endokrinologie und Reproduktionsmedizin Haben Sie weitere Fragen? Gerne stehen wir Ihnen in einem persönlichen Gespräch zur Verfügung. Kinderwunschzentrum an der Oper Maximilianstraße 2a 80539 München Tel. 089. 54 70 41 - 0 46 Professor Bob Edwards, der Erfinder der IVF, im Jahre 2006, zurückblickend auf die Anfänge der IVF (Anmerkung: Die Geburt des ersten mit Hilfe von IVF gezeugten Kindes war im Jahre 1978) INDEX Schlagwortregister von A bis Z A K S Alkohol ................................................................................ 44 Embryotransfer ........................................... 14, 19, 31,38 Kaffee, Koffein .................................................................. 44 Samenleiter-Unterbindung ............................................ 21 Alter .................... 17, 23, 25, 26, 27, 28, 36, 38, 39, 41 Endometrium-Scratching ............................................... 38 Karenzzeit .......................................................................... 33 Samenprobe ................................................ 14, 18, 19, 33 Altersgrenze ...................................................................... 39 Extrakorporale Befruchtung ............................................ 9 Kosten .................................................................. 20, 21, 37 Sauerstoffkonzentration ............................................... 35 Kryokonservierung .................................................. 17, 32 Schwangerschaftsrate ............................. 18, 23, 25, 31, 32, 34, 35, 38, 45 Aspirin ................................................................................. 38 Assisted Hatching .................................................... 38, 39 Atmosphärische Sauerstoffkonzentration ................ 35 F Kryotransfer .............................................................. 32, 33 Seminalplasma .................................................. 37, 38, 43 Ausland ....................................................................... 34, 39 Fehlbildungen, Fehlbildungsrisiko .......................... 9, 41 Autoimmunerkrankung .......................................... 36, 37 Fehlgeburt .................................................................. 27, 44 B Lasertechnik ...................................................................... 38 Spermienselektion ........................................................... 29 Lebensführung/Lebensstil .............................. 19, 25, 38 Spermienqualität ................................ 16, 24, 33, 43, 44 Follikelstimulierung ......................................................... 18 Behandlungsplan ............................................................. 20 Frischtransfer .................................................................... 32 BioPQQ ................................................................. 13, 28, 36 Fruchtbarkeit ...................................................... 25, 26, 44 Blastozyste, Blastozystentransfer ................. 16, 30, 34 M Mehrlingsschwangerschaft ............................. 34, 41, 45 G Genetische Defekte ......................................................... 32 N Genussgifte ........................................................................ 44 Narkose ....................................................................... 13, 14 Gleichgeschlechtliche Partnerschaft (Frauen) .......... 39 Nebenwirkungen ...................................................... 28, 41 H HIV ............................................................................... 20, 21 P Homosexuelle Partnerschaft (Frauen) ........................ 39 Partnerlymphozyten ....................................................... 38 Eileiterschwangerschaft ................................................. 44 Hormone .......................... 13, 18, 23, 24, 28, 36, 37, 42 Pränataltest ....................................................................... 41 Eileiter-Unterbindung ..................................................... 21 Hyaluron-Bindungstest, Hyaluronsäure ..................... 29 PICSI ............................................................................. 29, 30 Einnistung ...................................... 29, 30, 36, 37, 38, 43 Eizellentnahme ........................................... 13, 14, 17, 41 T U Ultraschallsicht ......................................................... 31, 41 NIPT ..................................................................................... 41 Eihaut/Eihülle ..................................................... 10, 38, 39 Einnistungsspülung .......................................... 37, 38, 43 Stress .......................................................................... 18, 42 Transportzeit (Samenprobe)................................. 18, 19 Co-Enzym Q10 .................................................................. 24 E Stimulation, Stimulationsbehandlung ................ 14, 28 Mikronährstoffe ............................................................... 24 Chromosomen (Fehlverteilung) ................................... 29 Spermiengewinnung ....................................................... 18 Follikelpunktion ................................................................ 13 Folsäure .............................................................................. 24 C Spendersamen .................................................................. 21 Fertilichron® male/female ..................................... 24, 25 Baby-Take-Home-Rate .................................................... 35 Botenstoffe ......................................................... 13, 28, 36 L V Vitamine ............................................................................. 24 W Wechseljahre ..................................................................... 42 I R Z Eizellspende ........................................................ 21, 26, 39 Intrazytoplasmatische Spermieninjektion.................. 10 Rauchen, Nikotin ............................................... 19, 38, 44 Embryonenschutzgesetz ............................................... 34 Immunstörung, Immuntoleranz ................................... 36 Resveratrol ......................................................................... 24 Zeitraster ............................................................................ 14 Embryonenspende ........................................................... 39 Immuntherapie ......................................................... 36, 37 Röteln .......................................................................... 20, 21 Zwillingsschwangerschaft ................................ 41, 44, 45 Index 48 Index 49 Schwerpunkte Reproduktionsmedizin Kryokonservierung Gynäkologische Endokrinologie Präventionsmedizin Medizinische Genetik Hormon-Einsendelabor Kontakt Maximilianstraße 2a 80539 München Tel. 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