1-Milz+Mag Tit Rev3 20.03.2003 11:50 Uhr Seite 3 Li Dong Yuan ABHANDLUNG ÜBER MILZ UND MAGEN Eine Übersetzung des Pi Wei Lun Aus dem Chinesischen von Yang Shou Zhong und Li Jian Yong Aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt von Dieter Geiss und Hartwig Lahrmann Verlag für Ganzheitliche Medizin Dr. Erich Wühr GmbH Kötzting/Bayer. Wald Li Dong Yuan Abhandlung über Milz und Magen Copyright © 2012 Verlag Systemische Medizin AG 1-Milz+Mag Tit Rev3 20.03.2003 11:50 Uhr Seite 4 Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar. Haftung: Sämtliche Angaben in diesem Buch sind nach bestem wissenschaftlichen Können des Autors gemacht. Eine Gewähr übernehmen der Verlag und der Autor nicht, insbesondere die Behandlung betreffend. Es bleibt in der alleinigen Verantwortung des Lesers, diese Angaben einer eigenen Prüfung zu unterziehen. Wenn er die Methoden, die in diesem Buch beschrieben sind, an Patienten anwenden will, so tut er dies auf eigene Verantwortung und Haftung. ISBN 3-927344-50-8 © 2003 Verlag für Ganzheitliche Medizin Dr. Erich Wühr GmbH D-93444 Kötzting/Bayer. Wald © der englischen Ausgabe 1993, 1995, 1997 Blue Poppy Press, Boulder, USA Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe (einschließlich Mikrokopie) sowie die Auswertung und Aufbereitung durch Datenbanken oder ähnliche Einrichtungen und die teilweise oder vollständige Darstellung in digitalen On- und Offlinemedien (z. B. CD-ROM, Internet) vorbehalten. Produktion: Satz & Grafik Ritter, Frühlingstraße 25, D-92711 Parkstein 4 Li Dong Yuan Abhandlung über Milz und Magen Copyright © 2012 Verlag Systemische Medizin AG 1-Milz+Mag Tit Rev3 20.03.2003 11:50 Uhr Seite 5 Inhaltsverzeichnis Vorwort der Übersetzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ........................................................................... 16 ............................................................................. 17 Maßeinheiten Danksagung 9 Buch 1 Kapitel 1 Über die Umwandlung von Leere und Fülle in Milz und Magen Kapitel 2 Diagramm über das Aufsteigen und Absinken, das nach Außenströmen und das Einsinken, das Ergänzen und Ausleiten des Eingeweide-Qi in den verschiedenen Jahreszeiten . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Kapitel 3 Abhandlung über Stärke und Schwäche von Milz und Magen Kapitel 4 Abhandlung über die Lunge bei einer Leere von Milz und Magen Kapitel 5 Regeln bezüglich des Herrschers, des Ministers, des Helfers und des Boten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Kapitel 6 Das Zusammenstellen von Rezepturen unter dem Gesichtspunkt der Leitbahnen in Übereinstimmung mit der Krankheit . . . . . . . . . . . . . . 61 Kapitel 7 Medizinische Indikationen und Kontraindikationen ..... ....... ... .................. 21 35 51 65 Jahreszeitliche Kontraindikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Leitbahnbezogene Kontraindikationen ................................. Krankheitsbezogene Kontraindikationen ............................... Arzneimittelbezogene Kontraindikationen Kapitel 8 ............................. 66 67 68 Milz und Magen unter dem Gesichtspunkt der Anmerkungen von Zhong-Jing zum Nei Jing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Buch 2 Kapitel 1 Diagramme und Erläuterungen über die Zunahme und Abnahme des Qi-Flusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 Kapitel 2 Die Entstehung von Hitze in der Mitte als Folge einer Schädigung durch Essen, Trinken und Überlastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 5 Li Dong Yuan Abhandlung über Milz und Magen Copyright © 2012 Verlag Systemische Medizin AG 1-Milz+Mag Tit Rev3 20.03.2003 11:50 Uhr Seite 6 Inhaltsverzeichnis Kapitel 3 Das Auftreten von Erkrankungen in den verschiedenen Jahreszeiten aufgrund einer Leere-Schwäche der Milz und des Magens sowie das Zusammenstellen einer Rezeptur entsprechend der verschiedenen Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Kapitel 4 Die Verwendung der Rezeptur Qing Shu Yi Qi Tang bei einer isolierten, schweren Beeinträchtigung des Magens durch Nässe-Hitze im Spätsommer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Kapitel 5 Regeln zur Modifizierung von Rezepturen während der verschiedenen Jahreszeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 Kapitel 6 Das Eingeweide-Pi-Syndrom mit blutigen Stühlen Kapitel 7 Das Verbot des unbefugten Einsatzes von Erbrechen auslösenden Arzneimitteln bei bestehender Milz- und Magenschwäche . . . . . . . . . . 125 Kapitel 8 Das Beruhigen und Nähren des Herz-Geistes und die Regulierung und Behandlung von Milz und Magen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Kapitel 9 Die Notwendigkeit der Erforschung der Tendenz einer Erkrankung vor deren Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 Kapitel 10 Absinken des Magen-Qi, Chaos aller fünf Eingeweide-Qi und das gleichzeitige Entstehen verschiedener Erkrankungen als Folge davon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Kapitel 11 Yin-Erkrankungen vom Yang her behandeln, Yang-Erkrankungen vom Yin her behandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 Kapitel 12 Schwäche und Glanz des Ursprungs-Qi des Dreifachen Erwärmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 Buch 3 Kapitel 1 Die Beziehung des Dickdarms, des Dünndarms und aller fünf Speicherorgane zum Magen und das Erkranken dieser Organe infolge einer Magen-Schwäche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 Kapitel 2 Eine Milz-und Magen-Leere als Ursache für eine Blockierung der neun Öffnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 Kapitel 3 Mangel an Qi in den Speicher- und Hohlorganen, den Meridianen und Kollateralen und die damit verbundene Entstehung einer Erkrankung durch eine bestehende Magen-Leere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Kapitel 4 Die Entstehung verschiedener Erkrankungen infolge einer Magen-Leere und gleichzeitigem Mangel an Ursprungs-Qi . . . . . . . . . . 155 6 Li Dong Yuan Abhandlung über Milz und Magen Copyright © 2012 Verlag Systemische Medizin AG 1-Milz+Mag Tit Rev3 20.03.2003 11:50 Uhr Seite 7 Inhaltsverzeichnis Kapitel 5 Gewichtszunahme zu einer Zeit und Gewichtsverlust zu einer anderen Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 Kapitel 6 Die Gesetze der Erzeugung und Vernichtung von Yin und Yang des Himmels und der Erde während des Auf- und Absteigens, des nach Außenströmens und des Einsinkens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Kapitel 7 Yin und Yang, Langlebigkeit und frühzeitiger Tod Kapitel 8 Die komplizierten Änderungen des Qi der fünf Speicherorgane Kapitel 9 Das Auf- und Absteigen von Yin und Yang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 . . . . . 165 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 Kapitel 10 Erfahrungen über die Regulation und Verbesserung der Milzund Magenfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 Kapitel 11 Die Yang-Ming-Erkrankung der überschwemmenden Nässe mit spontanem Schwitzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 Kapitel 12 Eine Nässe-Hitze-Belastung führt im Verlauf zu einer Atonie und zu einer Belastung der Lunge durch pathogene Faktoren . . . . . . . . . . . . . 187 Kapitel 13 Schädigung der Milz durch eine falsche Diät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 Kapitel 14 Abhandlung über die Schädigung durch exzessiven Alkoholkonsum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 Kapitel 15 Eine Schädigung von Milz und Magen erfordert eine Anpassung der Ernährung und maßvolle Anwendung von heißen und kalten (Nahrungsmitteln) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 Kapitel 16 Methoden zum Nähren und Ordnen von Milz und Magen . . . . . . . . . . . 225 Allgemeine Gesundheitspflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 Enthaltsamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 Ermahnung zur sparsamen Anwendung der Sprache . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 Rezepturen-Verzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 Index 1 Begriffe der Physiologie und Pathologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 Index 2 Liste der erwähnten Symptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Index 3 Therapie Arzneimittel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 Akupunkturpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 Therapieprinzipien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 Index 4 Symptomorientierte Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 7 Li Dong Yuan Abhandlung über Milz und Magen Copyright © 2012 Verlag Systemische Medizin AG KAPITEL 1 Über die Umwandlung von Leere und Fülle in Milz und Magen Im Wu Zang Bie Lun (Eine andere Abhandlung über die fünf Speicherorgane) heißt es: Die fünf Organe Magen, Dickdarm, Dünndarm, Dreifacher Erwärmer und Harnblase werden alle durch das Qi des Himmels erzeugt. Dadurch, dass ihr Qi dem Himmel gleicht, erfüllen sie die Funktion der Weiterleitung und speichern nicht. Sie werden als Eingeweide zum Transport und zur Umwandlung (Hohlorgane) bezeichnet, weil sie das trübe Qi der fünf Speicherorgane erhalten. Der Inhalt verbleibt nicht lange in ihnen, sondern wird transportiert und kanalisiert. Die bekannten fünf Speicherorgane speichern Essenz-Qi, ohne es weiterzuleiten und können daher voll, aber nicht angefüllt sein. Dagegen transportieren und transformieren die sechs Hohlorgane Substanzen und können daher angefüllt, aber nicht voll sein. Der Grund hierfür liegt darin, dass nach der Aufnahme von Wasser und Getreide über den Mund der Magen voll ist und die Eingeweide leer. Wenn die Nahrung nach unten gelangt, füllen sich die Eingeweide und der Magen wird leer. Darin liegt die Bedeutung der Aussage, dass die sechs Hohlorgane angefüllt, aber nicht voll sind, wohingegen die fünf Speicherorgane voll, aber nicht angefüllt sind.1 Das Yin Yang Ying Xiang Da Lun (Die Große Abhandlung über die Wechselbeziehungen von Yin und Yang) stellt fest: Das Tal (Gu)-Qi 2 fließt zur Milz. Die sechs Leitbahnen sind Flüsse. Der Magen und die Eingeweide sind das Meer, wo sich Qi sammelt, während die neun Öffnungen (die Stellen sind, wo) das Wasser sein Qi hervorströmen lässt.3 1 Nei Jing Su Wen, Kapitel 11 2 Tal bedeutet hier das Interstitium zwischen den Muskeln 3 Su Wen, Kapitel 5 21 Li Dong Yuan Abhandlung über Milz und Magen Copyright © 2012 Verlag Systemische Medizin AG Kapitel 1 Die Neun Öffnungen werden von den fünf Speicherorganen kontrolliert, aber die fünf Speicherorgane sind nur frei und ungehindert, wenn sie durch das Magen-Qi versorgt werden. Im Tong Ping Xu Shi Lun (Umfassende Abhandlung über die Untersuchung von Fülle- und Mangelzuständen) steht: „Kopfschmerzen, Ohrensausen und eine Blockierung der neun Öffner werden von Milz und Magen erzeugt.“ 4 Kommt es zu einem Mangel-Zustand des Magen-Qi, kann dies zu Krankheiten von Ohren, Mund und Nase führen. Das Jing Mai Bie Lun (Eine andere Abhandlung über die Meridiane) sagt: Nachdem das Nahrungs (Gu)-Qi in den Magen gelangt ist, wird Essenz zur Leber und Qi zu den Sehnen weitergeleitet, das trübe Qi sammelt sich im Herz, von wo aus Essenz in die Gefäße verteilt wird. Zusammen mit dem in den Leitbahnen zirkulierenden Gefäß-Qi fließt das Leitbahn-Qi in der Lunge zusammen. Die Lunge ist auf die einhundert Gefäße ausgerichtet und transportiert die Essenz zur Haut und zu den Haaren. Die Kapillargefäße nehmen die Essenz auf und leiten das Qi zu den Eingeweiden.5 Ist die EingeweideEssenz und das Leuchten des Geistes in den vier Speicherorganen enthalten, tendiert das Qi zum Gleichgewicht. Um dieses Gleichgewicht zu untersuchen, dient der Puls an der 1. Pulstaststelle (Cun), an der sich das Qi öffnet, als Maßstab, der Aufschluss über Leben und Tod gibt.6 Nachdem Essenz-Qi in den Magen gelangt ist, wird es von Flüssigkeiten geflutet und hoch zur Milz transportiert. Das Milz-Qi führt die nach oben kommende Essenz weiter zur Lunge und öffnet die Wasserwege, und transportiert so (Wasser-Essenz) hinab zur Blase. Wasser-Essenz verteilt sich in die vier Richtungen und die fünf Leitbahnen transportieren alle gleichzeitig und in Übereinsstimmung mit den vier Jahreszeiten, den fünf Speicherorganen und Yin und Yang. Auf diese Weise wird der Normalzustand erreicht.7 Es wird erwähnt, dass das Yin durch die Fünf Geschmacksrichtungen erzeugt wird. Aber die fünf Geschmacksrichtungen können das Yin der fünf Paläste 8 auch beschädigen. Bezüglich der fünf Geschmacksrichtungen muss man enthaltsam sein und 4 Su Wen, Kapitel 28 5 Entsprechend der Ausgabe des Su Wen des Büros für medizinische Klassiker der TCM-Hochschule in Nanjing, welche 1981 von der Shanghai Science & Technology Press herausgegeben wurde, kann der Satz folgendermaßen wiedergegeben werden: Wenn sich Haut, Haare und die Blutgefäße mit der Essenz verbinden, wird das Qi in seine Wohnstätte transportiert. 6 Su Wen, Kapitel 2 7 Su Wen, Kapitel 3 8 Die 5 Speicherorgane 22 Li Dong Yuan Abhandlung über Milz und Magen Copyright © 2012 Verlag Systemische Medizin AG Über die Umwandlung von Leere und Fülle in Milz und Magen ein Übermaß vermeiden, auch wenn man ein Verlangen und eine Vorliebe dafür hat, da ein Übermaß das wahre (Zheng-) Qi beschädigt. Wenn die fünf Geschmacksrichtungen umsichtig ausgeglichen gehalten werden, sind die Knochen gerade und die Sehnen flexibel, Qi und Blut fließen ungehindert und die Zwischenräume sind ausgefüllt. Dadurch ist das Qi der Knochen kräftig. Wenn man diesen Anweisungen umsichtig folgt, wird man nach der Verfügung des Himmels ein langes Leben genießen.9 Das Ping Ren Qi Xiang Lun (Abhandlung über die Qi-Qualitäten [des Pulses] bei gesunden Menschen) erwähnt: Die Wurzel eines Menschen ist Wasser und Getreide. Deshalb stirbt man ohne die Aufnahme von Wasser und Getreide und ebenso stirbt man, wenn der Puls kein Magen-Qi hat.10 Das so genannte Fehlen des Magen-Qi beschreibt nicht einen Leber (-Puls), der nicht saitenförmig ist oder einen Nieren (-Puls), der nicht (wie ein) Stein ist.11 Die Betrachtung und das Studium der obigen Zitate zeigt, dass das Ursprungs (Yuan)-Qi so lange üppig vorhanden ist, wie es durch das Milz- und Magen-Qi angereichert und ernährt wird, wenn diese nicht beeinträchtigt sind. Wenn das Magen-Qi geschwächt ist und die doppelte Nahrungsmenge aufgenommen wird, wird nicht nur das Milz- und Magen-Qi geschädigt, sondern auch das Ursprungs (Yuan)-Qi kann nicht aufgefüllt werden. Als Folge davon treten verschiedene Erkrankungen auf. Obwohl die Bedeutung des Nei Jing, Su Wen (Innerer Klassiker, einfache Fragen) klar wie die Sonne und die Sterne ist, wird dieselbe Lehre aus Angst davor, dass sie von späteren Generationen nicht mehr erfasst wird, im Ling Shu Jing (Klassiker des geistigen Angelpunktes) wiederholt. Dieser Klassiker bemerkt: Nachdem Wasser und Nahrung durch den Mund in den Körper gelangt sind, fließen die fünf Geschmacksrichtungen in ihre eigenen Seen, und Körpersäfte und Flüssigkeiten schlagen ihre eigenen Wege ein.12 9 Su Wen, Kapitel 3 10 Su Wen, Kapitel 18 11 Ein Stein ist schwer und fällt. Deshalb wird ein tiefer Puls bildlich als „wie ein Stein“ bezeichnet. Das Vorhandensein von Magen-Qi gewährleistet eine gleichmäßige, moderate Pulsqualität, wobei in jeder Jahreszeit eine charakteristische Pulsqualität besteht. Zum Beispiel ist der Puls im Winter tief wie ein Stein, im Sommer dagegen an die Oberfläche flutend. Aber welche Qualität der Puls auch hat, bei einem gesunden Menschen kann eine gleichmäßige, moderate Pulsqualität erwartet werden. 12 Ling Shu, Buch 6, Kapitel 36 23 Li Dong Yuan Abhandlung über Milz und Magen Copyright © 2012 Verlag Systemische Medizin AG Kapitel 1 Der Magen ist das Meer von Wasser und Nahrung mit seinen Transportpunkten Qi Chong 13 oben und San Li 14 unten. Das Meer von Wasser und Nahrung verursacht ein abdominelles Völlegefühl, wenn es übervoll ist oder wenn bei bestehender Schwäche (ständig) Hunger besteht und keine Nahrung aufgenommen wird.15 Der Mensch erhält das Qi vom Getreide. Der Ort, wo das Getreide aufgenommen wird, ist der Magen. Der Magen ist das Meer der Flüssigkeiten und des Getreides ebenso wie von Qi und Blut. Die Meere verbreiten ihr Wolken (Yun)Qi unterhalb des Himmels. Der Magen gibt Qi und Blut in die Meridiane ab. Mit den Meridianen sind hier die großen Energieleitbahnen gemeint, die die fünf Speicher- und sechs Hohlorgane verbinden.16 Weiterhin heißt es dort, Nachdem die fünf Getreide den Magen erreicht haben, gelangen die unbrauchbaren Bestandteile, Wasser und Flüssigkeiten sowie das Ahnen (Zong)-Qi in drei Kanäle. Das Ahnen (Zong)-Qi gelangt zur Brust und tritt durch den Hals aus, sodass es Herz und Lunge durchdringt und die Atmung bewerkstelligt. Das ernährende (Rong-) Qi destilliert Körpersäfte und Flüssigkeiten, gibt diese dann in die Gefäße ab und wandelt sie in Blut um, sodass die Extremitäten durch das Blut genährt werden. Ebenso werden die destillierten Flüssigkeiten stufenweise zu bestimmten Zeiten (des Tages) in das Innere an die fünf Speicher- und sechs Hohlorgane abgegeben.17 Das Abwehr (Wei)-Qi kommt als ungestümes Qi schnell heraus. Es fließt ohne Ende in den vier Extremitäten und in den Räumen zwischen Fleisch und Haut.18 Es wird ergänzt, dass auch der mittlere Erwärmer im Magen hinter dem oberen Erwärmer entspringt. Nachdem er das Qi erhalten hat, trennt er die unbrauchbaren Bestandteile, verdampft die Körpersäfte und -flüssigkeiten und verwandelt sie 13 Der Akupunkturpunkt Ma 30 14 Der Akupunkturpunkt Ma 36 15 Ling Shu, Buch 6, Kapitel 33 16 Ling Shu, Buch 9, Kapitel 60 17 Das Abwehr (Wei)-Qi zirkuliert in 24 Stunden 100 mal durch den Körper. Somit beträgt die Zeit für einen Umlauf ungefähr eine Viertelstunde. Dies wurde dadurch gemessen, dass man Wasser in eine Clepsydra tropfen ließ. 18 Ling Shu, Buch 10, Kapitel 71 24 Li Dong Yuan Abhandlung über Milz und Magen Copyright © 2012 Verlag Systemische Medizin AG Über die Umwandlung von Leere und Fülle in Milz und Magen in gereinigte Essenz. Er transportiert (diese gereinigte Essenz) nach oben zu den Lungen und wandelt sie dann in Blut zur Versorgung des lebenden Körpers. (Als solches ist Blut) wertvoller als alles andere.19 Es zeugt von großem Mitgefühl des Weisen, sich die Mühe zu machen, ständig diese Wiederholungen vorzunehmen. Es zeigt seine grenzenlose Freundlichkeit gegenüber den nachfolgenden Generationen. Daraus folgt, dass eine unregelmäßige Nahrungsaufnahme und die mangelnde Mäßigung (bei der Nahrungsaufnahme) sowie die Aufnahme kalter und heißer (Nahrungsmittel) Milz und Magen schädigt. Freude, Zorn, Sorge und Angst können das Ursprungs (Yuan)-Qi schädigen und als Folge davon wird das Herzfeuer begünstigt. Feuer und das Ursprungs-Qi befinden sich in einem ständigen Widerstreit. Wenn das Feuer triumphiert, wird das Erdelement dadurch überwältigt. Dies verursacht die Entstehung von Krankheiten. Das Tiao Jing Pian (Über das Harmonisieren der Meridiane) bemerkt, „Krankheiten, die im Yin auftreten, entstehen durch Essen, Trinken, durch die Lebensumgebung, durch Yin und Yang ,20 durch Freude und Ärger.“ Weiterhin wird dort erklärt: Ein Yin-Mangel führt zu innerer Hitze. (Dies zeigt sich durch) Müdigkeit, ein abgenutztes und geschwächtes Gestalt (Xing)-Qi, ein spärliches Nahrungs (Gu)-Qi, eine Obstruktion des oberen Erwärmers und eine Blockierung des Unterbauches. Das Magen-Qi wird heiß, und dieses heiße Qi verdampft in der Brust und erzeugt (das Gefühl) einer inneren Hitze.21 Wenn Milz und Magen einmal geschädigt sind, entstehen die fünf begleitenden Unruhen.22 Die (Zeichen am Beginn) sind hohes generalisiertes Fieber, Kopfschmerzen, visueller Schwindel, Schweregefühl in den Extremitäten, Schwäche der Extremitäten, Müdigkeit und Somnolenz. Durch Hitze geschädigt, verliert das UrsprungsQi seine normale Funktion und die Extremitäten werden als Folge davon schwerfällig und schwach. In den Klassikern zieht der Weise die Schlussfolgerung, dass das Magen-Qi die Wurzel der menschlichen Natur ist. Der Weise stellte diese Schriften zusammen, um die hervorragende Bedeutung dieses Kernpunktes herauszustellen und (das Thema) durch die Methode der Nebeneinanderstellung zu beleuchten. Er hat dies alles bei zahlreichen Gelegenheiten erläutert. Aber schlechte Ärzte lesen dies, ohne es zu ver- 19 Ling Shu, Buch 4, Kapitel 18 20 Yin und Yang bedeutet in diesem Zusammenhang Sexualverkehr. 21 Su Wen, Kapitel 62 22 Erkrankungen des Herzens, der Lunge, des Magens und des Darms, der Extemitäten und des Kopfes. 25 Li Dong Yuan Abhandlung über Milz und Magen Copyright © 2012 Verlag Systemische Medizin AG Kapitel 1 stehen und führen wilde Anwendungen (einer attackierenden Behandlung) durch. So sehr sie auch Menschen retten wollen, fügten sie ihnen doch Schaden zu. Deshalb (möchte ich) Erklärungen aus den Klassikern über die Entstehung von Krankheiten von Milz und Magen her und über die Notwendigkeit, das UrsprungsQi wiederaufzufüllen, um das Leben Stück für Stück zu nähren, anführen. Im Sheng Qi Tong Tian Lun (Abhandlung über die Verbindung der Lebensenergie mit dem Himmel) steht: Wenn das Qi des Himmels (d.h. der Himmel und das bestehende Wetter) klar und rein ist, arbeiten Wille und Gedanken (innerhalb des Körpers) normal. Wenn (man dem Qi des Himmels) folgt, ist das Yang-Qi stabil und diebische Übel, selbst wenn sie in den Körper gelangt sind, können keinen Schaden anrichten. Dies bedeutet die Anpassung an die Gesetze der Jahreszeiten. Deshalb konzentrierten die Weisen ihre Aufmerksamkeit auf die Unterstützung des Himmels-Qi, um einen klaren Geist zu erlangen. Wenn es (jemand) nicht gelingt, in Übereinstimmung mit dem Himmels-Qi zu sein, werden die neun Öffnungen von innen her blockiert, eine Stagnation (von Yang oder heißem Qi) tritt in den Muskeln und im äußeren Bereich auf und das Abwehr-Qi wird zerstreut und löst sich auf. Dies wird Selbstzerstörung genannt und gleicht einem Verlust des Qi. Durch Gereiztheit und Überanstrengungen gerät das Yang-Qi unter Spannung und führt zu einem Verbrauch von Essenz. Verläuft dies schleichend und akkumuliert im Sommer, führt dies zu einer kochenden Gegenläufigkeit 23 mit Blindheit und Obstruktion der Ohren,24 (ein dramatisches Krankheitsbild) wie ein überflutender See bei gebrochenen Dämmen.25 Deshalb besteht der Wert des Himmels-Qi in der Klarheit. Das Yang-Qi verabscheut Ärger und Belastung. Dies ist die erste Ursache für den Beginn einer Erkrankung von Milz und Magen her.26 23 Dies bedeutet eine Gegenläufigkeit mit Schrecken und Reizbarkeit, was durch einen Verbrauch von Yin durch innere Hitze entsteht. 24 Taubheit 25 Dem Originaltext des Su Wen entsprechend bedeuten die Begriffe Yin-Essenz und Yang-Essenz sowie Auf-und Absteigen die unterschiedlichen klimatischen Bedingungen an verschiedenen geographischen Orten. Yang bedeutet Süden, Yin bedeutet Norden. Li scheint dies jedoch unterschiedlich zu definieren. 26 Dies legt nahe, dass sowohl die sechs äußeren Qi wie auch die emotionalen Faktoren zu Erkrankungen von Milz und Magen führen können. 26 Li Dong Yuan Abhandlung über Milz und Magen Copyright © 2012 Verlag Systemische Medizin AG Über die Umwandlung von Leere und Fülle in Milz und Magen Im Wu Chang Zheng Da Lun (Große Abhandlung über die Herrschaft der fünf Beständigen) heißt es: Steigt die Yin-Essenz nach oben, bedeutet dies ein langes Leben für den Menschen. Wenn das Yang-Qi absinkt, sterben die Menschen vorzeitig.27 Steigen der Yin-Essenz bedeutet, dass das Nahrungs (Gu)-Qi infolge der Harmonie in Milz und Magen nach oben steigt. Da Frühjahr und Sommer regieren,28 bedeutet dies Langlebigkeit. Absinken der Yang-Essenz bedeutet, dass das Nahrungs-Qi infolge der Dysharmonie in Milz und Magen nach unten fließt. Da Zusammenziehen und Speichern regieren,29 sterben die Menschen vorzeitig. Dies ist die zweite Ursache für den Beginn einer Erkrankung von Milz und Magen her.30 Das Liu Jie Zang Xiang Lun (Abhandlung über die Spiegelbildlichkeit der sechs Jahreszeiten mit den Hohlorganen) erklärt: Milz, Magen, Dickdarm, Dünndarm, Dreifacher Erwärmer und Harnblase sind die Wurzel der Getreidespeicher, der Wohnsitz der ernährenden (Rong)-Qi. Es sind Organe mit der Fähigkeit, Abfall umzuwandeln sowie die Geschmacksrichtungen zu ändern. Sie sind für die Aufnahme und die Abgabe zuständig. Ihre Pracht zeigt sich in den vier weißen Arealen 31 in der Lippenumgebung. Sie füllen die Muskeln auf, ihr Geschmack ist süß und ihre Farbe ist gelb. Daher vollenden sie das Yin und haben eine Verbindung zum Qi des Erdelements (d.h. zum Magen-Qi). Alle elf Eingeweideorgane hängen von der Entschlusskraft der Gallenblase ab.32 Die Gallenblase repräsentiert das aufsteigende Qi des Shao Yang bzw. des Frühlings. Wenn das Qi des Frühlings aufsteigt, sind alle Umwandlungsprozesse gesichert. Wenn deshalb das Gallenblasen-oder Frühlings-Qi aufsteigt, geschieht dies in den anderen Eingeweideorganen auf entsprechende Weise. Wenn das Gallenblasen-Qi 27 Su Wen, Absatz 70 28 Diese Aussage bezieht sich auf das Vorherrschen eines Wetters, welches normalerweise im Frühjahr und Sommer besteht, wenn alles Leben wächst und gedeiht. Daraus kann man in dieser Zeit eine Yang-Fülle als Normalzustand ableiten. 29 Diese Aussage bezieht sich auf das Vorherrschen eines Wetters, welches normalerweise im Herbst und Winter besteht, wenn das Wachstum aufhört, die Pflanzen verwelken und geerntet werden. Dies zeigt auf die gleiche Weise eine mangelnde Funktion des Yang-Qi im Körper an. 30 Dieser Paragraph betont die überragende Bedeutung der Harmonie von Milz und Magen oder der Verdauung. 31 Die vergleichsweise weißen, den Lippen angrenzenden Areale. 32 Su Wen, Kapitel 9 27 Li Dong Yuan Abhandlung über Milz und Magen Copyright © 2012 Verlag Systemische Medizin AG Kapitel 1 nicht aufsteigt, entstehen wässrige Diarrhön, ein intestinales Pi-Syndrom und verschiedene andere Krankheiten. Dies ist die dritte Ursache für den Beginn einer Erkrankung von Milz und Magen her.33 Im Klassiker steht: Der Himmel ernährt den Menschen mit fünf Qi,34 die Erde ernährt den Menschen mit fünf Geschmäckern. Die fünf Qi gelangen durch die Nase in den Körper, werden im Herz und in der Lunge gespeichert und bewirken, dass man die fünf Farben hell und klar sieht und die Stimme klar und deutlich ist. Die fünf Geschmäcker gelangen durch den Mund in den Körper und werden im Magen und im Darm gespeichert. Die fünf Geschmäcker werden gespeichert, um die fünf Qi 35 zu ernähren. Besteht Harmonie, wird Qi erzeugt, Flüssigkeiten und Säfte entstehen zusammen und der Geist erzeugt sich selbst.36 Was hier Qi genannt wird, ist das, was „durch das Öffnen des oberen Erwärmer verteilt wird und aus den fünf Geschmäckern der fünf Getreide destilliert wurde, um den Körper aufzufüllen und Haut und Haare zu befeuchten wie eine Bewässerung durch Nebel und Tau.“ 37 Wie kann man leben, wenn das Qi ungeordnet ist? Dies ist die vierte Ursache für eine Erkrankung von Milz und Magen her. Es gibt bestimmt mehr (Ursachen) als diese Vier. Bei der Erörterung des schlechten Qi von Himmel und Erde sagen die Klassiker, dass die fünf Speicher- und sechs Hohlorgane geschädigt werden, wenn die Menschen davon betroffen sind. Aber erst wenn eine Schwäche sowohl des Körpers als auch des Qi besteht, können die Menschen an den äußeren Übeln erkranken. Wenn kein Schwächezustand besteht, können schädigende Einflüsse (von außen) allein dem Menschen keinen Schaden zufügen. Daraus ist ersichtlich, dass eine Erkrankung im Bereich von Milz und Magen beginnt. Da der Weise seine Sichtweise (diesbezüglich) bei vielen Gelegenheiten mit einer großen Ausführlichkeit wiederholt hat, muss dies wirklich verstanden und begriffen werden. Richte dich nach den Gesetzen von Yin und Yang, handle in Übereinstimmung mit der Kunst der Zahlen,38 beschränke die Nahrungsmenge, führe ein regelmäßiges 33 Dieser Paragraph sagt, dass, obwohl Milz und Magen lebensspendend sind, das Gallenblasen-Qi ebenfalls sehr wichtig ist. 34 nach Fisch, verbrannt, aromatisch, wie Urin und eitrig riechend 35 Das Qi der 5 Speicherorgane 36 Su Wen, Kapitel 9 37 Ling Shu, Buch 6, Kapitel 30 38 Ein spezieller Ausdruck für die Studien und die Praxis entsprechend der Beziehungen zwischen Yin und Yang und den fünf Wandlungsphasen. 28 Li Dong Yuan Abhandlung über Milz und Magen Copyright © 2012 Verlag Systemische Medizin AG Über die Umwandlung von Leere und Fülle in Milz und Magen Leben und belaste dich nicht mit Ausschweifungen (durch sexuelle Unmäßigkeit). Dann sind Körper und Geist in Harmonie und die vom Himmel vorgegebene Lebenszeit wird erreicht. Der Tod wird nie vor dem 100. Geburtstag eintreten.39 Wie kann unter diesen Gesichtspunkten die Ernährung und die täglichen Aktivitäten als vernachlässigbar betrachtet werden? 39 Su Wen, Kapitel 1 29 Li Dong Yuan Abhandlung über Milz und Magen Copyright © 2012 Verlag Systemische Medizin AG