Kap. 3 Landnutzung in Städten 1. Landnutzung in der monozentrischen Stadt • Modell: Kreisförmige monozentrische Stadt; Einwohner pendeln zum Central Business District (CBD) mit Kosten tr für Wohnort r km vom CBD. • Einkommen y und Präferenzen identisch. • Nutzenfunktion v(c, q), c = Konsum, q = Wohnen (in m2 Wohnraum) ist quasikonkav mit vc := ∂v/∂c, vq := ∂v/∂c > 0, vcc, vqq < 0. • Preis von c = 1. Haushalte mieten Wohnung. 1 • Preis von Wohnraum, p, variiert mit Wohnort. Mobilität: Konsumenten erzielen überall gleiches Nutzenniveau u. • Budgetrestriktion: c + pq = y − tr. • Problem des Konsumenten: max q B.e.O. für q: Mobilität: v(y − tr − pq, q) (1) vq − pvc = 0 (2) v(y − tr − pq, q) = u (3) (2) und (3) definieren die bid rent Funktion (maximale WohnungsmietenZahlungsbereitschaft) p(r, t, y, u). 2 • Differenzieren von (3) nach r gibt: µ ¶ ∂p ∂q ∂q −vc t + q + p + vq =0 ∂r ∂r ∂r ∂p t aus (2) : vq − pvc = 0 folgt = − < 0. ∂r q (4) (5) • Wohnungspreise sinken mit Entfernung vom CBD 3 • Wohnungsgröße steigt mit r: ∂q ∂p =η >0 ∂r ∂r η = Steigung der kompensierten Nachfrage. • Außerdem gilt: ∂p ∂p ∂p < 0, > 0, < 0, ∂t ∂y ∂u ∂q ∂q ∂q > 0, < 0, >0 ∂t ∂y ∂u 4 c y-tr0 y-tr1 c0 E0 E1 u1 c1 u0 q0 q1 (y-tr0)/p q Abbildung 1: Wohnungskonsum, Preise und Entfernung 5 1.1. Gleichgewicht und Komparative Statik (I) • Gleichgewicht 1. Am Stadtrand (Radius r̄) ist bid rent gleich landwirtschaftl. Rente RA: p(r̄, t, y, u) = RA (6) 2. Alle N Einwohner passen“ in die Stadt. Bevölkerungsdichte: 1/q: ” Z r̄ 1 2πrdr = N (7) q(r, t, y, u) 0 6 p p(r,t,y,u) RA -r r Abbildung 2: Gleichgewicht in der monozentrischen Stadt 7 Komparative Statik. Geschlossene Stadt: N exogen, u endogen. 1. Erhöhe RA. (a) r̄ fällt auf r̄0 (Abb. 3). (b) Wegen (7) ist Stadt nun zu klein: Dichte muss steigen, p steigt, q fällt und damit sinkt der Nutzen (u0 < u) wegen ∂p/∂u < 0, (Abb. 3). (c) Konkurrenz um Land steigt. Stadt wird kleiner (r̄00); Dichte steigt; Mieten steigen; Nutzen sinkt. 2. Erhöhe N . (a) Aus (6) folgt, dass individuelle bid rent unabh. von N ist. (b) Wegen (7) muss entweder r̄ steigen oder Dichte zunehmen oder beides. (c) Konkurrenz um Land steigt. Stadt dehnt sich aus; Dichte steigt; Mieten steigen; Nutzen sinkt. 8 3. Erhöhe y/senke t. (a) Bid rent steigt → r̄ steigt. Dichte steigt wegen ∂q/∂y < 0. (b) Um GGW wiederherzustellen, muss u steigen: q steigt, Dichte fällt. (c) offene Stadt • Individuen ziehen weg, wenn u niedriger als anderswo: N endogen, u exogen (geg. durch Nutzen in anderen Städten). • Beispiel Einkommen: r̄, u steigen in geschlossener Stadt: Zuzug von außen, Konkurrenz um Land steigt. • Ergebnis: größere Bevölkerung und dichtere Besiedlung sowie teureres Wohnen. 9 p p(r,t,y,u) p(r,t,y,u') R'A RA -r' -r'' -r r Abbildung 3: Effekt von RA auf GGW 10 p p(r,t,y,u) p(r,t,y',u) p(r,t,y',u') RA -r -r'' -r' r Abbildung 4: Effekt von y auf GGW 11 1.2. Suburbanisierung • Warum dehnen sich Städte aus? Erklärung im Modell: • höhere Einkommen X • niedrigere Transportkosten (ÖPNV, Autos) X • Anas et al. (1998). Modell kann Suburbanisierung zumindest teilweise erklären. 12 1.3. Einkommen und Segregation • Wohnorte von HH mit unterschiedlichem y: Sei Marshallsche Nachfrage q̃(p, y), Transportkosten T (r, y) = t(y)r. • Steigung der Bid rent Funktion ∂p/∂r = −t/q(r, y, u) = −t/q̃(p, y): ∂ ∂y µ ∂p ∂r ¶ q̃∂t/∂y − t∂ q̃/∂y q̃ 2 ∂ q̃ y ∂t y − =η−θ Vorzeichen : ∂y q̃ ∂y t =− (8) (9) • Wenn η > θ, bid rent mit steigendem Einkommen flacher: arme im Zentrum und reiche außerhalb. 13 p p1 p2 RA r ARM REICH 14 Abbildung 5: Monozentrische Stadt mit 2 Einkommensklassen • Empirie: Marginale Zeitkosten=Lohn → θ = 1; η vermutlich < 1. • Andere Faktoren: 1. Variation der Nachfrage: Familien mit Kindern mit hoher Wohnungsnachfrage außerhalb. 2. Nichtmonotone Segregation: z.B. Reiche im Zentrum, Arme in der Mitte, Mittelklasse in Außenbezirken 3. Reiche im Zentrum wegen kultureller Attraktionen (Architektur/Theater/Restaurants...) mit einkommenselastischer Nachfrage (Bsp. Paris, Kyoto) 4. Bildung/Kriminalität: Reiche fliehen aus Zentrum, um Bildung und Sicherheit bereitzustelllen: selbsverstärkende Segregation 5. Transportmittel: reiche fahren Auto: hohe Fixkosten, niedrige Zeitkosten, arme ÖPNV: geringe Fixkosten, hohe Zeitkosten → θ < 1. 15 1.4. Gleichgewicht und komparative Statik II • Produktion: Wohnungen werden mit Kapital K und Land L produziert: H(K, L) mit HK , HL > 0, HKK < 0. Faktorpreise i (Kapitalzins) und R (Landrente). • Gewinn: G = pH(K, L) − iK − RL = L(ph(S) − iS − R), h(S) ≡ H(K/L, 1), h0 > 0, h00 < 0 S: Bebauungsdichte 16 • Ann: vollst. Wettbewerb: Gewinnmaximierung und Nullgewinn: ph0(S) − i = 0 (10) ph(S) − iS − R = 0 (11) • Differenzieren von (10) und (11) nach φ = r, t, y, u gibt ∂p 0 00 ∂S h + ph =0 ∂φ ∂φ ∂R ∂p h= ∂φ ∂φ (12) (13) • Aus (12) und (13) folgt mit (5) und D := h(S)/q: ∂S ∂D ∂R < 0, < 0, < 0, ∂r ∂r ∂r 17 1.5. Erweiterungen und Kritik • Existenz vom CBD exogen (keine Agglomerationsexternalitäten). Firmen haben steilere bid rent als Konsumenten → Einwohner fahren zum arbeiten ins Zentrum. • Polyzentrische Stadt. Anreiz für Firmen ins Umland zu ziehen: Nähe zu Arbeitern im Umland → Firmen können niedrigere Löhne zahlen. • multiple Gleichgewichte. Bsp: Aktivitäten mit hohen Agglomerationsexternalitäten im CBD (Hauptquartier, F & E); mit niedrigen Externalitäten im Umland (Vertrieb, Produktion...). 18 p 0.2 0.15 0.1 0.05 0.5 1 1.5 2 r -0.05 Abbildung 6: Landrente mit 2 Zentren 19 2. Landnutzung im von Thünen-Modell • Standorte von Produzenten von Gütern i = 1, ..., n. Eine Einheit von xi, r km vom CBD braucht ai Einheiten Land: xi(r) = 1/ai. Gut i erzielt pi pro Einheit im CBD; Transportkosten ti pro Einheit. • Produzenten bieten für Land; Land geht an höchsten Bieter“. Gewinn ” pro Einheit Land Gi = (pi − tir)xi(r) − R(r). • Bid rent Funktion: G = 0: Ψi = (pi − tir)/ai ∂Ψ ti =− . ∂r ai (14) (15) 20 • Anbau von Produkten näher am Zentrum, je höher Transportkosten (verderbliche Güter) und je niedriger ai (je höher Landintensität). • Bid rent Funktionen sind linear; Landrentenfunktion, R(r), ist die äußere Hülle der Bid rent Funktionen. • Mit Faktorsubstitution (Land durch Kapital/Arbeit) sind bid rent Funktionen konvex: je kleiner r, desto mehr wird Land durch andere Faktoren substituiert. 21