Jedes Unternehmen altert für sich allein

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Niedersächsische WIRTSCHAFT
Jedes Unternehmen
altert für sich allein
Deutschland wird grau. Das kann einem Unternehmen erstmal egal sein. Mag eine Gesellschaft auch
noch so mit der Demografie kämpfen: Entscheidend ist nur, wie ein Unternehmen ganz individuell
betroffen ist. Und um das zuerkennen, muss man sich erstmal mit dem Thema beschäftigen.
VON KLAUS POHLMANN
S
o richtig vorangekommen sind deutsche Unternehmen in Sachen Demografie in den vergangenen Jahren
offenbar nicht. 2009 hatte die Commerzbank in einer Studie eine merkwürdig
zweigeteilte Wahrnehmung gezeigt: Ihre
älter werdenden Kunden hatten die Unternehmen bereits damals im Blick und
bereiteten sich mit Produkten oder Marketing entsprechend vor; die eigene Belegschaft sollte aber laut Studie – entgegen allen demografischen Trends - eher
verjüngt werden. Die absehbaren personalpolitischen Konsequenzen werden unterschätzt, so die Commerzbank vor mehr
als fünf Jahren.
Noch immer unterschätzt
Im Frühjahr 2015 stellt eine neue Studie fest: Die demografischen Konsequenzen in den deutschen Unternehmen werden immer noch unterschätzt. Die Studie
„Demografie Exzellenz – Herausforderungen im Personalmanagement 2015“ des
Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater, des Demografie Netzwerks
(ddn) sowie der Hochschule in Lörrach
zeigt unter anderem: In gut acht Prozent
der Unternehmen in Deutschland sind bereits über 40 Prozent der Mitarbeiter älter als 55. Nur in 30 Prozent der Unternehmen gehört demografieorientiertes
Personalmanagement zu den strategischen Zielen. Und nur rund vier Prozent
haben ein Budget für Maßnahmen gegen
Überalterung und Fachkräftemangel.
Hier einige weitere Erkenntnisse der
Studie, für die zwar nicht repräsentativ,
aber immerhin rund 1500 Unternehmen
befragt wurden: strategische Verankerung des Themas in den Unternehmen unzureichend; so gut wie kein regelmäßiges
Demografie-Controlling; Talentmanagement und lebensphasenorientiertes Personalmanagement noch zu wenig verbrei-
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tet; Gesundheitsmanagement erheblich
vernachlässigt; wenig Zusammenarbeit
mit Externen; so gut wie kein Demografiemanagement. Sowas möchte man eigentlich nicht im Zeugnis stehen haben, auch
wenn diese Auswahl sich, zugegeben,
eher auf die negativen Ergebnisse konzentriert. Aber allzu viele positive Punkte
bietet die Studie nicht.
Vielleicht hätte man mehr erwarten
können. Hatte doch die Perbit Software GmbH, ein im Westfälischen beheimateter Anbieter von Software
für den Personalbereich, bereits
vor knapp zwei Jahren herausgefunden (ja, noch eine Studie),
dass sich drei Viertel der teilnehmenden rund 200 Unternehmen intensiv oder sehr
intensiv mit der Demografie
auseinandergesetzt
haben. Erwartet werden,
wenig
überraschend,
vor allem Alterung der
Belegschaft
und
Mangel an qualifizierten Mitarbeitern. Aber es hapert
offenbar an der Tiefe der Auseinandersetzung.
Vier von fünf Unternehmen sehen, dass
das Durchschnittsalter ihrer Mitarbeiter
steigen wird; aber weniger als die Hälfte rechnet laut Perbit mit höheren Krankheitskosten – obwohl ältere Mitarbeiter
zwar weniger häufig, dafür aber länger
krank sind als jüngere. Und, siehe Demografie-Exzellenz-Studie: Ein Gesundheitsmanagement, das die Krankheitskosten
einer alternden Belegschaft reduziert,
gibt es überwiegend noch nicht. Noch
deutlicher beim Thema Ruhestand: Nur
ein Viertel der Unternehmen erwartete
Ende 2013, noch vor Einführung der Rente mit 63, steigende Vorruhestandskosten. Verwunderlich, so die Studie, denn
dahinter muss ja die Annahme stecken,
UNTERNEHMERISCH
dass nahezu alle Mitarbeiter bis 67 arbeiten. Grund genug, noch einmal nachzuhaken, und siehe da: Offenbar hatten
sich viele Unternehmen noch gar nicht
eingehend mit dem Thema beschäftigt;
von denen, die es aber tatsächlich analysiert hatten, erwarteten zwei Drittel einen starken oder sogar sehr starken Kostenanstieg. Und diese Analysen müssen
wohl angepasst werden, denn die Rente
mit 63 hat dazu geführt, dass etwa in Niedersachsen erstmals seit Jahren die Quote der Beschäftigten im Alter zwischen 63
und 65 zuletzt gesunken ist.
Demografie spürt man am eigenen Leib
Für Stefanie Weßels, Unternehmensberaterin bei der hannoverschen Kitazo AG, beschreibt das die Situation, die
sie in Unternehmen vorfindet. Die Markt-
sicht ist vorhanden, Die gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen werden registriert: Alterung, Fachkräftemangel, der
demografische Druck auf einzelne Regionen sind als Thema angekommen. Aber
wie den Sprung schaffen von solchen abstrakten, zahlengeprägten Trends ins Unternehmen? Zumal man die Demografie
immer am eigenen Leibe, aber nicht unbedingt im Arbeitsalltag spüren mag. Wenn
man keine Fachkräfte sucht, weil es keine
Personalfluktuation gibt, spürt man auch
keinen Fachkräftemangel. Weßels hat das
Bild eines kleineren Unternehmens vor
Augen, dessen Mitarbeiter irgendwann
vor der Erkenntnis standen: „Da sind wir
alle schön zusammen alt geworden.“ Ausgewogene Altersstruktur? Fehlanzeige.
Aber bis dahin war alles gut.
Wie sich die Demografie auswirkt und
was zu tun ist, kommt immer – das kann
man aus Sicht der seit 2014 zertifizierten
Demografie-Beraterin kaum genug betonen – auf das einzelne Unternehmen an.
Damit ist man auch schnell wieder bei
den vernachlässigten Instrumenten. Was
ist nötig? Gesundheitsmanagement, weil
die Mitarbeiter von heute wahrscheinlich
auch die in 20 Jahren sind – oder sein sollen, und das leistungsfähig und gesund?
Oder geht es mehr darum, die Mitarbeiter
im Unternehmen zu halten, damit sie in 20
Jahren überhaupt noch da sind, weil Nachwuchs in der Region oder mit der Qualifikation nicht zu bekommen sein wird?
Oder ist es das Talentmanagement, um
erkennbare Fachkräftelücken zum
passenden Zeitpunkt schließen zu
können? Eine starke Ausstrahlung
als Arbeitgeber, um für Fachkräfte attraktiv zu sein? Oder mehr Weiterbildung
für die Mitarbeiter über 55, deren Anteil
im Unternehmen zwar immer größer wird,
deren Potenzial und Initiativen aber traditionell vernachlässigt wurden? Ein Wissensmanagement, das sicherstellt, dass
Wissen im Unternehmen bleibt – und nicht
irgendwann und ungeplant in Arbeitsgruppen oder Abteilungen alte Hasen und
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SEPTEMBER 2015
Stefanie Weßels.
junge Füchse zusammensitzen, die sich
nichts mehr zu sagen haben oder nichts
mehr sagen können? Oder ein Mix dieser
Instrumente?
Und, vor allem, wie findet man das heraus? Altersstrukturanalysen und –prognosen liefern die Grundlage, werden
aber nur in jedem vierten Unternehmen
durchgeführt. Und eine strategische Personalplanung ist, so die Demografie-Exzellenz-Studie, in noch weniger Unternehmen vorhanden. In Unternehmen, das
erfährt auch Stefanie Weßels, fehlt oft
das Know-how, wie man mit einer solch
komplexen Aufgabenstellung umgeht.
Sie setzt auf das bei der Kitazo AG etablierte Instrument der Wissensbilanz, die
– ein Ergebnis am Rande der Demografie-Exzellenz-Studie – in rund 20 Prozent
der befragten Unternehmen als Management-Instrument eingesetzt wird, um das
so genannte immaterielle Kapital - Menschen, Wissen, Kompetenzen, aber auch
Strukturen und Prozesse. Kommunikation und anderes mehr - zu erfassen, zu
beurteilen und zu steuern. Auch für den
Umgang eines Unternehmens mit der Herausforderung Demografie ist die Wissensbilanz geeignet. Anders dagegen die
Demografiebilanz; dieser Online-Schnelltest (www.demografiebilanz.de) soll lediglich einen ersten Eindruck der Demografietauglichkeit eines Unternehmens
liefern.
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