Vermittlungsinstitutionen und Interessenvertretung: Zur Performanz

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Vermittlungsinstitutionen und Interessenvertretung:
Zur Performanz von Mitgliederorganisationen in
Deutschland
Bernhard Weßels
1. Mitgliederorganisationen, Integration und
Interessenvertretung
Die inzwischen lange Debatte über Interessen- und Vermittlungsinstitutionen
auf einen Nenner zu bringen, ist kaum möglich. Zu verschieden sind die
Blickwinkel, Perspektiven und Theorieansätze, mit denen nach der Konstanz
und Veränderung des Verhältnisses von Bürgern und Mitgliederorganisationen und der Interessenvermittlung gefahndet wird. Die Debatte einigend ist
die Einschätzung, dass kollektive Akteure, in welcher Verfasstheit auch immer – ob als hierarchische Großorganisationen oder lockere Netzwerke von
Netzwerken – ein integraler Bestandteil demokratischer Gesellschaft sind,
dass sie geradezu ein Ausdruck für die Existenz von demokratischer
Gesellschaft sind. Das hat mit ihren besonderen Funktionen und Eigenschaften zu tun. Zum einen leisten sie einen Beitrag zur Sozialintegration. Ohne sie
wäre die vielbeschworene Massengesellschaft Kornhausers (1959) längst
Realität. Sie sind Kristallisationskerne gemeinsamen Verständnisses und
gemeinsamen Interesses, ermächtigen die Einzelnen, am gesellschaftlichen
und vor allem politischen Leben teilzuhaben (Rueschemeyer et al. 1992: 54).
Zum anderen leisten vor allem die Interessengruppen unter den Mitgliederorganisationen als Vermittlungsinstitutionen einen zentralen Beitrag zur
politischen Systemintegration. Ohne ihre Vermittlungsleistung wäre die
Beziehung zwischen Bürgern und Politik auf die politischen Wahlen
begrenzt, ein ständiger Resonanzboden und eine
beständige
Informationsquelle über die Interessenlagen in der Gesellschaft würde nicht
existieren und die politischen Entscheidungsträger wären der Gesellschaft
vollends entrückt.
In der inzwischen seit mehr als zwei Jahrzehnten geführten Diskussion
werden zwei pointierte Einschätzungen vorgetragen, die den Beitrag der Mitgliederorganisationen zur Sozial- und Systemintegration nicht mehr gegeben
sehen. Da ist zum einen die These von der Krise der Mitgliederorganisationen
und zum anderen die These von der Erosion der Interessenvermittlung (von
Alemann 1985; Streeck 1987; Weßels 1991b; Wiesendahl 1990). Teilweise
werden beide Einschätzungen mit den gleichen konzeptuellen Grund-
222
Bernhard Weßels
annahmen über sozialen und politischen Wandel begründet. Das ist nicht
zuletzt deshalb gerechtfertigt, weil Krisen- und Erosionsthese in einem engen
Wechselverhältnis gedacht werden können, nicht aber notwendigerweise
müssen.
An erster Stelle ist die These von der Krise der Mitgliederorganisationen
verbunden mit der Annahme zunehmender Individualisierungsprozesse in der
Gesellschaft. Wie Wolfgang Streeck es ausgedrückt hat: die Mitgliederorganisationen sind konfrontiert mit dem „Aussterben der Stammkunden“ (Streeck
1987). Die These von der Erosion der Interessenvermittlung lässt sich auch in
diesem Zusammenhang begründen: wenn den Großorganisationen die
Mitglieder davonlaufen oder keine neuen hinzukommen, können die
Organisationen auch nicht mehr leisten, wozu sie ehemals entstanden sind:
Verständigung über gemeinsame Interessen und ggf. Artikulation im politischen Prozess. Sie hat aber auch noch einen anderen Begründungszusammenhang, der in der Leistung der Mitgliederorganisationen zu suchen ist. Danach
sind die Bürger mit der Vertretungsleistung ihrer Organisationen unzufrieden,
wenden sich von ihnen ab und suchen sich vielfach auch andere Wege der
Artikulation, z.B. über Proteste, Beteiligung an sozialen Bewegungen, Bürgerinitiativen usw. Soziale Bewegungen werden vielfach als unmittelbares
Resultat der Irresponsivität etablierter Vermittlungsinstitutionen angesehen
(Brand 1982: 58ff.; Hirsch und Roth 1986: 99f; Kitschelt 1988: 212ff.).
Ein weiterer Umstand wird ins Feld geführt, der die Beziehungen zwischen Bürgern und Organisationen negativ verändert haben könnte. Es ist dies
der Wandel der Organisationen selbst. Diejenigen Mitgliederorganisationen,
die auch Interessenvertretung betreiben, operieren im Spannungsverhältnis
von zwei Imperativen: der Mitgliedschafts- und der Einflusslogik (Streeck
1987). Als Mitgliederorganisationen sind sie auf eine stabile, möglichst sogar
wachsende Mitgliedschaft angewiesen. In Zeiten des starken sozialen Wandels, zumal wenn er einhergeht mit sich differenzierenden Interessenlagen
und verändernden Wertvorstellungen, wird es für die Organisationen aber
schwieriger, den Interessen der Mitglieder gerecht zu werden und sie weiterhin fest an sich zu binden. Auf der Basis der Mitgliedschaftslogik allein den
Bestand der Organisation zu sichern wird schwieriger. Mitgliederorganisationen neigen seit jeher dazu, unsicheren Mitgliedschaftsverhältnissen
dadurch zu begegnen, dass sie verstärkt staatliche Organisationshilfen in
Anspruch nehmen. Damit aber werden sie verstärkt einem Imperativ
unterworfen, dem sie, wenn sie auch Interessenvertretung betreiben, ohnehin
ausgesetzt sind: sie lassen sich nicht mehr nur oder nicht einmal mehr
maßgeblich auf die Logik der Mitglieder ein, sondern auf die Logik der
politischen Akteure, die sie zum einen zu beeinflussen suchen, von denen sie
zum anderen Hilfe bei der Sicherung des Bestandes der Organisation
erwarten. Damit einher geht die Tendenz von einer Organisation, durch die
die Mitglieder ihre Interessen artikulieren, zu einer Organisation, die für ihre
Vermittlungsinstitutionen und Interessenvertretung ...
223
Mitglieder die Interessen artikuliert und handelt. Im Extremfall können
Organisationen Anwälte von Interessen sein, ohne Mitglieder zu haben.
Sofern sie Mitglieder haben, geht mit dieser Tendenz oftmals eine
Organisationsstrategie einher, das Angebot für die Mitglieder von der Verständigung über kollektive Interessen und ihre Vertretung auf Dienst- und
Versicherungsleistungen umzustellen. Damit wird das Prinzip der Organisationsbindung umgestellt von (Interessen-)Gemeinschaft auf rein instrumentelle Nutzenüberlegungen. Zwar kann dies ein Reflex auf die gesellschaftliche Entwicklung sein, also unsichere Mitgliedschaftsverhältnisse. Eine
solche Strategie verstärkt aber ihrerseits eine leistungsorientierte Perspektive
auf die Organisationen und kann dazu beitragen, dass nicht mehr kollektive
Interessen und Güter im Vordergrund der Überlegungen der Bürger stehen,
wenn sie sich den Organisationen zuwenden, sondern die selektiven Anreize,
die die Organisationen bieten. Hierzu zählen z.B. vergünstigte Versicherungen, Reisen, spezielle Unterhaltungsangebote u.a.
Die aus solchen Überlegungen und Beobachtungen resultierenden Konsequenzen für das Verhältnis von Bürgern und Organisationen sind offensichtlich und lassen sich in zwei generelle Thesen fassen:
−
−
Traditionelle Großorganisationen verlieren auf der Basis von Individualisierungsprozessen und sozialem Wandel ihre gesellschaftliche Basis, die
Mitglieder bleiben aus, in der mittelfristigen Perspektive verlieren sie an
Mitgliedern (Mitgliederkrise-These). Dabei ist Mitgliederverlust durch
Austritte eher der seltenere Fall. Das Hauptproblem scheint der Nachwuchs zu sein (Wiesendahl 1990), die „Stammkunden“ rennen nicht weg,
sondern sterben aus (Streeck 1987).
Traditionelle Großorganisationen sind nicht mehr die zentralen Akteure,
bei denen die Bürger ihre Interessen aufgehoben sehen. Sie entfernen
sich von ihrer Basis und weisen beträchtliche Vermittlungsdefizite auf
(These von der Erosion der Interessenvermittlung). Diese These hat unter
anderem in der Diskussion über die Entstehungsgründe neuer sozialer
Bewegungen eine große Rolle gespielt. Es sei die Selektivität und das
Kartell des etablierten Systems der Interessenvermittlung gewesen, das
andere als institutionalisierte Formen der Interessenartikulation erzwungen hätte, so die Annahme (Brand 1982; Hirsch und Roth 1986; Kitschelt
1988).
Beide Thesen sind deskriptive Thesen. Sie beziehen sich auf soziale Prozesse,
die sich nachzeichnen lassen, wenn sie denn so verlaufen: Abnahme der
Organisiertheit der Gesellschaft, zumindest bezogen auf die traditionellen
Großorganisationen einerseits, zunehmende Unzufriedenheit mit der Vermittlungsleistung der Interessenorganisationen andererseits.
Ein weiterer Aspekt betrifft die deutsche Vereinigung und damit das Verhältnis von Bürgern und Organisationen in den neuen Bundesländern. Nicht
224
Bernhard Weßels
nur das politische Institutionensystem, sondern auch das Interessenvermittlungssystem wurde nach Ostdeutschland transferiert. Dieser Prozess hat nach
Einschätzung vieler zu einer „Vertretungslücke“ in den neuen Bundesländern
geführt (Lehmbruch 1994). Neben den beiden Generalthesen lässt sich also
eine weitere These formulieren:
−
Das westdeutsche System der Interessenvermittlung und seine Akteure
sind nur partiell erfolgreich nach Ostdeutschland transferiert worden.
Ostdeutsche Bürger wenden sich weniger den Großorganisationen zu und
sie sind mit den Vermittlungsleistungen im Durchschnitt weniger zufrieden als westdeutsche.
Auch diese Hypothese ist deskriptiver Natur und unmittelbar einer empirischen Überprüfung zugänglich.
Diese Thesen sind allerdings nicht unwidersprochen geblieben. Der
These von der Vervielfältigung der Interessen und den Prozessen der Individualisierung steht die These von der relativen Stabilität der Interessenvermittlung und einer wohlgeordneten Komplexität gegenüber (Weßels 1991b).
Danach sind kollektive Akteure und die Interessenvermittlung insgesamt zwar
Transformationsprozessen unterworfen (s. auch von Alemann 1985), sie reflektieren aber lediglich soziale Differenzierungsprozesse, die im Interessenvermittlungssystem nachvollzogen und aufgefangen werden. Dadurch bleiben
sowohl die sozialintegrativen als auch die Vermittlungskapazitäten des Systems der Interessenvermittlung insgesamt intakt.
Im strengen Sinne sind derartige Interpretationen weder zu beweisen
noch eindeutig zu widerlegen. Empirische Evidenzen können aber die eine
Hypothese plausibler erscheinen lassen als die andere. Der deskriptive
Charakter der Hypothesen erlaubt es, ihnen mit deskriptiven Mitteln
nachzugehen. In einem ersten Schritt wird die Entwicklung der
Mitgliedschaften der Bürger in der Bundesrepublik über einen Zeitraum von
etwa zwei Jahrzehnten beobachtet. Zweitens wird es um die Entwicklung der
Einschätzung der Vermittlungsleistung von Interessenverbänden und anderen
Organisationen in den 90er Jahren in der Bundesrepublik gehen. In einem
dritten Schritt wird die Struktur der Allianzmuster zwischen Verbände- und
Parteiensystem zeitvergleichend analysiert, um der Frage nachzugehen,
inwieweit sich die Struktur der Interessenvermittlung verändert hat oder nicht.
In allen drei Abschnitten wird es auch um die Unterschiede zwischen Ostund Westdeutschland und damit um die These von der Vertretungslücke
gehen.
Vermittlungsinstitutionen und Interessenvertretung ...
225
2. Gesellschaftliche Organisationskapazität und die These
von der Mitgliederkrise
Deutschland gehört im internationalen Vergleich nach den skandinavischen
und den nordamerikanischen zu den höchstorganisierten Gesellschaften der
industrialisierten Welt (Weßels 1997a). In der alten Bundesrepublik existierten etwa 180.000 eingetragene Vereine und Verbände, weitere 40.000 nicht
eingetragene, mit einer Mitgliederzahl von ca. 65 Millionen, die auf etwa 35
Millionen Individuen entfallen (Agricola und Wehr 1993). Amtliche, halbamtliche oder von den Organisationen selbst vorgehaltene Zahlen, die es
erlauben, umfassend Entwicklungen nachzuzeichnen, existieren nicht. Daher
sind hierfür Umfragen heranzuziehen. Die ALLBUS-Studien bieten hierfür
die beste Grundlage, da sie turnusmäßig, beginnend im Jahre 1980 alle sechs
Jahre eine umfassende Fragebatterie nach Mitgliedschaften beinhalten. Diese
Datenreihe lässt sich mit dem ZUMA-Bus bis 1976 nach hinten verlängern.
Anhand dieser Daten lassen sich einige Beobachtungen machen, die in
Zusammenhang mit den Thesen von der Mitgliederkrise und der Erosion der
Interessenvermittlung stehen. Dabei ist zu beachten, dass nicht alle Mitgliederorganisationen primär den Zweck der Interessenvermittlung verfolgen.
Mitgliederorganisationen im Bereich Wirtschaft und Arbeit sowie solche, die
primär politisch oder wertgebunden sind, verfolgen in der Regel den Primärzweck der Interessenvertretung. Ihnen geht es darum, die Anliegen ihrer Mitglieder in politische Entscheidungsprozesse einzubringen und politische Maßnahmen entsprechend ihrer Interessen zu beeinflussen. Organisationen des
sozialen Bereichs wie die Sozial- und Wohlfahrtsverbände sind sowohl
Dienstleistungsorganisationen für ihre Mitglieder oder sonstige Bedürftige als
auch Organisationen, die im Interesse ihrer Klientel Politik zu beeinflussen
suchen. Freizeitorganisationen hingegen verfolgen primär den Zweck, soziale
Gemeinschaft zu fördern. Auch sie und insbesondere ihre Dachverbände, z.B.
der Deutsche Sportbund, vertreten, wo nötig, die Interessen ihrer Mitglieder.
Zu ihrem Primärzweck hingegen gehört dies nicht. Diese Unterscheidung ist
deshalb wichtig, weil z.B. ein genereller Mitgliederrückgang nicht unbedingt
die These von der Krise der Interessenvermittlung stützen muss. Es kommt
bei dieser These darauf an, dass diejenigen Organisationen davon betroffen
sind, deren Primärzweck Interessenvermittlung einschließt.
Bezogen auf die Strukturen und Formen der Interessenvermittlung und
-artikulation ist allgemein zu beobachten und durch die Partizipationsforschung vielfach belegt, dass die Bürger ihr Aktionsrepertoire ausgeweitet
haben. Nicht mehr nur die traditionellen Wege politischer Beteiligung in
226
Bernhard Weßels
Verbänden und politischen Organisationen werden genutzt, um die eigenen
Interessen vorzubringen, sondern sogenannte unkonventionelle oder nichtinstitutionalisierte Formen der Beteiligung wie Demonstrationen, Bürgerinitiativen, Unterschriftensammlungen usw. (Barnes, Kaase et al. 1979;
Jennings, van Deth et al. 1990). Damit hat sich aber, entgegen der Annahme
von der Konkurrenz „alter“ und „neuer“ Formen kollektiven Handelns,
eindeutig nicht die Entwicklung ergeben, dass Bürger sich zunehmend nichtinstitutionalisierter Formen der Beteiligung bedienen und die traditionellen
Formen aufgeben. Vielmehr verweisen die Ergebnisse der Partizipationsforschung eher auf eine Komplementarität (Fuchs 1991): Beteiligung in der
einen Form schließt die andere nicht aus, das traditionelle Aktionsrepertoire
wird um das neue ergänzt. Auch hat sich im Vergleich zu dem extremen
Wachstum nicht-institutionalisierter Formen der Partizipation kein Niedergang der traditionellen Mitgliederorganisationen ergeben. Weder hat es einen
vergleichbar starken Einbruch bei den Mitgliederzahlen traditioneller
Organisationen gegeben, noch einen starken Anstieg der Beteiligung an
neuen, eher lockeren Formen der Organisation. Bürgerinitiativen haben einen
relativ konstanten, eher geringen Anteil (1 bis 2 Prozent) an den Mitgliedschaften. Die Beteiligung in sogenannten neuen sozialen Bewegungen liegt
zwar höher: zwischen 1982 und 1989 erklärten sich 1,1 bis 1,9 Prozent zu
Mitgliedern der Umweltbewegung, etwa der gleiche Anteil zu Mitgliedern der
Anti-Kernkraft-Bewegung und 2,4 bis 2,7 Prozent zu Mitgliedern der
Friedensbewegung. Dabei ist aber zu beachten, dass die Zahlen nicht additiv
betrachtet werden dürfen, da gerade bei den neuen sozialen Bewegungen
Mehrfachmitgliedschaft typisch ist (Fuchs und Rucht 1994; Weßels 1991a:
190-192). Dennoch haben traditionelle Mitgliederorganisationen in diesem
Zeitraum nicht generell an Attraktivität eingebüßt. Ein trade-off zwischen
alten und neuen Formen kollektiven Handelns hat also nicht stattgefunden.
Gleichwohl stellt sich die Frage, ob die Erfassung traditioneller Mitgliedschaften, also formaler Mitgliedschaft in formalen Organisationen, noch
hinreichend ist, um dem erweiterten (politischen) Aktionsrepertoire der
Bürger Rechnung tragen zu können. Die Selbstzurechnung zu eher lockeren
Formen der Organisation wie Bewegungen oder Netzwerken hat an
Bedeutung gewonnen, für die Artikulation der Interessen ebenso wie für Gemeinschaftsaktivitäten. Dieser Aspekt ist für die hier zu untersuchenden
Thesen aber nicht unmittelbar relevant. Denn diese beziehen sich auf die Vermittlungsinstitutionen und das Vermittlungssystem und damit auf formale
Organisationen.
Vermittlungsinstitutionen und Interessenvertretung ...
227
2.1. Mitgliederentwicklung in der Bundesrepublik
In der alten Bundesrepublik hat sich der Anteil der Bevölkerung, der in
irgendeiner Organisation Mitglied ist, zwischen 1976 und 1998 von 54,3 auf
59,0 Prozent leicht erhöht. Er lag 1986 und 1992 sogar bei 63 Prozent. Die
Anteile aus den Umfragen decken sich dabei verblüffend gut mit den
Schätzungen aus Organisationsdaten von Agricola und Wehr (1993) (vgl.
Tabelle 1). Der gegenüber den siebziger Jahren positiven Bilanz der Einbindung von Bürgern in das assoziative Gefüge der Gesellschaft steht
hingegen der Rückgang des gesellschaftlichen Organisationsgrades in den
neunziger Jahren gegenüber. Insbesondere bei einigen Organisationen der
Interessenvermittlung ergeben sich deutliche Rückgänge, besonders ausgeprägt bei den Gewerkschaften und den politischen Parteien. Allerdings
stimmen in diesem Falle die von den Gewerkschaften selbst vorgehaltenen
Zahlen und die Umfrageergebnisse nicht vollständig überein. Die DGB-Daten
verzeichnen einen Mitgliederrückgang seit 1980 in Westdeutschland,
allerdings fällt er zwischen 1992 und 1998 deutlich schwächer aus. Bei den
politischen Parteien könnte ein langfristiger, auch statistisch signifikanter
Trend seit Mitte der siebziger Jahre vorliegen. Dennoch sind in den alten
Bundesländern heute insgesamt nicht weniger Bürger Mitglied in einer auf
Interessenvermittlung abzielenden Organisation - Bereiche Arbeit und
Wirtschaft, Soziales sowie politische oder wertgebundene mit Ausnahme der
religiösen Organisationen – als in den vergangenen Jahrzehnten. Sie sind auch
im Durchschnitt nicht in weniger Organisationen Mitglied als früher. Was
sich in den Daten andeutet, allerdings nur eine vorläufige und durch weitere
Studien zu sichernde Interpretation sein kann, ist, dass es eine Umschichtung
hin zu weniger traditionellen Organisationen wie den Bürgerinitiativen und
sonstigen politischen Organisationen gibt. Es gibt also in den alten Bundesländern eine klare Veränderung zu Lasten der traditionellen und großen
Vertretungsorganisationen. Einen deutlich positiven Zulauf verzeichnen
hingegen die Freizeitorganisationen. Auch der Anteil derjenigen, die nur in
Freizeitorganisationen organisiert sind, hat in den letzten Jahrzehnten
zugenommen (vgl. Tabelle 1).
Gegenüber der Entwicklung in den alten Bundesländern sind die Veränderungsprozesse in den neuen Bundesländern zwischen 1992 und 1998 den
Zahlen nach dramatisch. Waren 1992 noch knapp 53 Prozent organisiert, sind
es 1998 etwa 10 Prozentpunkte weniger. Dieser Rückgang geht allerdings fast
vollständig auf den Mitgliederrückgang bei den Gewerkschaften zurück. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die zum Teil kollektiven Übertritte von den
alten und neuen DDR-Gewerkschaften in die westdeutschen Gewerkschaftsorganisationen zu einem zunächst untypisch hohen Organisationsgrad geführt
2,8 **
1,2 n.s.
1,3 n.s.
0,8 **
1,0 n.s.
4,5 n.s.
0,2 n.s.
5,7 n.s.
3,6 n.s
1,6 n.s.
1,8 n.s.
1,0 n.s.
1,3 n.s.
6,1 *
5,4 n.s.
1,8 *
2,3 n.s.
1,8 *
Soziales:
Vertriebenenverband
Sozial- oder Wohlfahrts-V.
Jugendorganisation
1,0 n.s.
3,4 n.s.
1,0 n.s.
16,1 n.s.
13,3 n.s.
2,8 **
1,8 n.s.
16,7 n.s.
12,8 n.s.
3,7 n.s.
0,2
2,7 *
1980
Arbeit und Wirtschaft:
Gewerkschaften (total)
- DGB
- DAG
- CGB
Beamtenbund
Berufsverbände:
- Selbständige, freiberuflich
- andere
ULA, leitende Angestellte
Bauernverband
Gewerbeverband
Wirtschafts- und Arbeitg.-V.
Politisch oder wertgebunden:
Bürgerinitiativen
Politische Parteien
andere politische Vereinigung
Religiöse Organisationen
1976
1,0 n.s.
3,6 n.s.
0,6 *
0,7 n.s.
3,6 n.s.
0,2 n.s.
6,4 n.s.
1,2 n.s.
4,5 n.s.
0,1 n.s.
1,4 **
1,5 n.s.
0,2 n.s.
15,2 n.s.
13,6 n.s.
1,5 n.s.
0,1 n.s.
2,2 n.s.
1986
West
0,7 n.s.
3,4 n.s.
0,9 n.s.
1,0 n.s.
4,1 *
0,5 **
6,3 **
0,8 n.s.
4,5 n.s.
0,3 n.s.
0,6 **
1,3 n.s.
0,4 n.s.
15,8 *
14,0 **
1,8 **
0,0 n.s.
1,6 n.s.
1992
1,2
3,6
1,1
1,6
2,7
1,8
3,3
1,4
4,6
0,5
1,4
2,0
0,6
13,1
8,9
4,1
0,1
1,6
1998
-0,6
+1,3
-0,7
+0,3
-3,4
(+1,6)
-2,1
(+0,2)
+1,0
(+0,4)
-0,2
+0,2
-0,4
-3,6
-3,9
+0,4
-0,1
-1,1
'98-'76 ('86)
Veränderung
Tabelle 1: Mitgliedschaft in Organisationen, 1976-1998 (in Prozent der Befragten)
Ost
0,3 n.s.
1,2 n.s.
0,6
0,4 n.s.
3,2 *
0,1 **
1,5 *
0,9 n.s.
5,0 *
0,0 n.s.
0,1 n.s.
2,4 n.s.
0,2 n.s.
27,4 **
24,6 **
2,7 *
0,1 n.s.
0,5 n.s.
1992
0,6
0,9
0,2
0,9
1,8
0,9
0,6
1,5
3,0
0,0
0,4
2,2
0,4
15,3
13,7
1,4
0,2
0,2
1998
+0,3
-0,3
-0,4
+0,5
-1,4
+0,8
-0,9
+0,6
-2,0
0,0
+0,3
-0,2
+0,2
-12,1
-10,9
-1,3
+0,1
-0,3
'98-'92
Veränderung
228
Bernhard Weßels
32,1 *
29,2 **
15,5 **
Mitglieder in Interessengruppen
Mitglieder in Freizeitvereinen
Mitglieder nur in Freizeitvereinen
2955
23,8 n.s.
38,7 **
29,2 n.s.
59,4 **
6,6 n.s.
22,8 **
6,1 n.s.
11,0 **
5,4 n.s.
10,3 **
1980
3070
25,7 n.s.
42,1 n.s.
30,8 n.s.
63,0 n.s.
6,0 n.s.
29,4 n.s.
6,4 *
7,7 **
5,4 **
12,8 *
1986
West
2308
26,5 n.s.
42,7 n.s.
30,8 n.s.
63,0 **
6,4 n.s.
30,2 n.s.
5,0 n.s.
5,1*
7,8 **
10,8 **
1992
2070
25,8
43,2
30,5
59,0
6,2
28,2
5,8
6,9
10,7
6,4
1998
+10,3
+14,0
-1,6
+4,7
+0,1
+6,1
-1,0
(-0,8)
(+5,3)
-4,2
'98-'76 (’86)
Veränderung
Ost
1141
8,9 *
16,0 *
39,8 **
52,8 **
1,9 n.s.
10,3 n.s.
0,7 n.s.
0,9 **
3,0 n.s.
8,1 n.s.
1992
1012
11,7
19,7
25,1
40,8
1,6
11,7
1,3
2,8
3,9
6,1
1998
+2,8
+3,7
-14,7
-12,0
-0,3
+1,4
+0,6
+1,9
+0,9
-2,0
'98-'92
Veränderung
Quellen: ZUMA-Bus 1 1976 (ungewichtet); 1980, 1986 und 1992 aus kumuliertem ALLBUS (transformationsgewichtet), ALLBUS
1998 (transformationsgewichtet); jeweils erwachsene deutsche Wohnbevölkerung in Privathaushalten.
- nicht gefragt
n.s. nicht signifikant; * p ≤ .05; ** p ≤ .01; Signifikanz zweiseitiger t-Test zwischen jeweiligem und nächstem Zeitpunkt.
„Andere politische Vereinigung“: ALLBUS 1980-1992 Nennungen „Menschenrechtsverein“, „politischer Verein“, „Minderheitengruppe“, „internationale Beziehungen“ auf Nachfrage zu „anderen Organisationen“, entsprechend bei „andere Organisationen“
abgezogen, ALLBUS 1998 Kategorie „alternative politische Gruppe". 1980-1992 Nennungen „Berufsverbände“, „Berufsvereine“ auf
Nachfrage zu „anderen Organisationen“ wurden der Kategorie „Berufsverbände, - andere“ zugeordnet und entsprechend bei „andere
Organisationen“ abgezogen.
2036
54,3 **
Mitglieder insgesamt
n = 100 Prozent
6,1 n.s.
22,1 n.s.
6,8 n.s.
10,6 n.s.
1976
Freizeit:
Gesangverein
Sportverein
Heimat-Verein
sonst. gesellige V. (Kegelclub usw.)
andere Freizeitvereine
andere Organisationen
Fortsetzung Tabelle 1:
Vermittlungsinstitutionen und Interessenvertretung ...
229
230
Bernhard Weßels
haben. Diese „Überorganisation“, die es auch in anderen postkommunistischen Gesellschaften gibt (Weßels 1994a), hat sich abgebaut und der gewerkschaftliche Organisationsgrad liegt heute etwa auf dem westdeutschen
Niveau. Zu dem Rückgang beigetragen hat sicherlich auch die Arbeitsmarktentwicklung. Der Rückgang von Beschäftigung und Gewerkschaftsmitgliedschaften korrespondiert augenfällig miteinander (Weßels 1997b). Im OstWest-Vergleich wird auch deutlich, dass der Anteil der Bevölkerung, der in
irgendeiner Organisation Mitglied ist, in den neuen Bundesländern deutlich
niedriger ausfällt. Das liegt vor allem an den inzwischen zwar steigenden,
aber immer noch vergleichsweise geringen Mitgliederzahlen im Bereich der
Freizeitorganisationen.
Eine Bewertung der Entwicklungen im Lichte der oben formulierten
Hypothesen ist nicht ganz einfach, weil es auf die Maßstäbe ankommt, die
anzulegen sind. Das hat zum Teil mit der Zeitperspektive zu tun: in Westdeutschland gehören die siebziger zu den Jahren, in denen die Gesellschaft
insgesamt am höchsten politisch mobilisiert war, was sich auch in den Mitgliederzahlen bei Interessenorganisationen ausdrückte. In den 50er und 60er
Jahren lagen z.B. gewerkschaftliche Organisationsgrade erheblich niedriger.
Wird dieser Maßstab angelegt, dann sind die Rückgänge bei den
traditionellen Interessenorganisationen nicht dramatisch. Wird ein im
Zeitrahmen der zur Verfügung stehenden Umfragen liegender Maßstab
angelegt,
hat
sich
die
Bindungswirkung
traditioneller
Vermittlungsinstitutionen relativ deutlich abgeschwächt, nicht aber die des
Vermittlungssystems insgesamt. Auch in Ostdeutschland gehen die Zahlen
insbesondere bei den Gewerkschaftsmitgliedern zurück. Aber es ist
zweifelhaft, ob diese Entwicklung ähnlich zu beurteilen ist wie in den alten
Bundesländern. Einerseits korrespondiert der Rückgang stark mit den
Beschäftigungsverlusten,
andererseits
sinkt
der
gewerkschaftliche
Organisationsgrad auf ein Niveau, das auch als Ausdruck einer
Normalisierung aus der „Überorganisation“ (Weßels 1994a) interpretiert
werden kann. Drittens schließlich liegt der Anteil der Bürger, der in Freizeitorganisationen Mitglied ist, deutlich unter dem der alten Bundesländer, steigt
aber an, so dass sich hier eine Annäherungstendenz ergibt.
Allein aus der Entwicklung der Mitgliederzahlen lässt sich die Frage, ob
in den alten Bundesländern von einer Erosion der Interessenvermittlung und
in den neuen Bundesländern von einer Vertretungslücke zu sprechen ist, nicht
abschließend beurteilen. Die Frage ist daher, ob sich hinsichtlich der Vertretungsleistung von Vermittlungsinstitutionen eine Entwicklung ergeben hat,
die eine Interpretation in die eine oder andere Richtung erlaubt.
Vermittlungsinstitutionen und Interessenvertretung ...
231
3. Zur Vertretungsleistung von Interessengruppen
3.1. Zur Inklusivität der Interessenvermittlung
Der Umstand, dass eine Person Mitglied in einer Organisation ist, sagt noch
nichts über die Gründe und die Bedeutung der Mitgliedschaft aus. Zwar kann
wohl davon ausgegangen werden, dass Mitgliedschaften nur dann eingegangen werden, wenn sie nach moralischen und/oder instrumentellen Kriterien
der Individuen als sinnvoll und tragbar angesehen werden (s. Schluchter
1980; Fuchs 1989). Aber eine Aussage über die Performanzeinschätzung
erlauben sie nicht. Hier soll ein Leistungskriterium betrachtet werden, das als
ein Element instrumenteller Objektbewertung angesehen werden kann (vgl.
Weßels 1997c: 191-194). Dabei geht es um die Beurteilung einer der
zentralen Leistungen von Mitgliederorganisationen, nämlich ihrer
Interessenvertretung. Mit einem einfachen Befragungsinstrument, das
zwischen 1990 und 1998 in der Bundesrepublik in acht Umfragestudien, die
auch den Ost-West-Vergleich erlauben, eingesetzt wurde, kann nicht nur
untersucht werden, wie Mitglieder die Vertretungsleistung ihrer
Organisationen beurteilen, sondern auch, wie Nicht-Mitglieder sich von
verschiedenen Organisationen vertreten fühlen. Das ist nicht zuletzt deshalb
sinnvoll, weil viele dieser Organisationen Kollektivgüter produzieren, die
auch denjenigen zur Verfügung stehen, die selbst auf die Beteiligung in den
Organisationen verzichten. Für die Organisationen stellt sich dieses Problem
als „free-rider“-Problem (Olson 1971), für die Gesellschaft als Maß der
Inklusivität der Interessenvermittlung. In einem ersten Schritt soll daher die
Evaluation der Vermittlungsinstitutionen bezogen auf die (erwachsene)
Bevölkerung insgesamt betrachtet werden. Hierfür stehen insgesamt acht
Messzeitpunkte in drei Jahren zur Verfügung: 1990, 1994 und 1998. Für bis
zu zehn Organisationen bzw. Organisationsbereiche des Verbändesystems
(von Gewerkschaften über Umweltgruppen, Seniorengruppen bis zu
Vertriebenenverbänden, vgl. Tabelle 2) sowie für die im Bundestag
vertretenen politischen Parteien wurde danach gefragt, ob man sich mit seinen
Interessen von der entsprechenden Organisation vertreten fühlt, ob die Organisation den eigenen Interessen entgegensteht, oder ob beides nicht zutrifft.
Für die hier zu beantwortende Frage ist das Gefühl, vertreten zu werden, von
entscheidender Bedeutung und nur dieses soll hier betrachtet werden. Über
alle Umfragen hinweg sind für das Verbändesystem aber nur drei Organisationsbereiche abgedeckt: die Gewerkschaften, die Kirchen, fast immer unterschieden in katholische und evangelische Kirche, und die Umweltgruppen.
1340
88,1 **
(9)
69,3 **
73,8 **
34,1 **
18,0 n.s.
14,4 **
55,2 **
16,4 **
18,5 **
23,1 **
5,8 **
5,2
1990B
1008
95,8 **
(9)
75,0
91,6 **
49,4 **
21,0 n.s.
25,6 n.s.
81,2 **
30,3 **
41,8
49,1
29,0
67,5
-
1994A
1043
77,5 **
(5)
75,6 n.s.
43,0 n.s.
18,1 n.s.
24,7 n.s.
64,2 n.s.
19,8 *
-
1994B
990
82,4 **
(5)
78,9 **
40,6 **
18,1 n.s.
23,9 **
68,1 **
16,2 **
-
West
1994C
2070
67,9 **
(4)
56,7 **
67,9 **
34,1 **
15,5
14,0
44,5 **
-
1998A
1106
78,9 n.s.
(4)
86,7 n.s.
75,1 n.s.
41,4 n.s.
31,3 n.s.
55,5 n.s.
21,5 n.s.
-
1998B
1124
77,3
(4)
87,6
74,7
42,6
30,6
51,9
20,2
-
1998C
Quellen: Repräsentative Umfragen unter der erwachsenen deutschen Wohnbevölkerung in Privathaushalten.
1990A: WZB, Abteilung „Institutionen und sozialer Wandel“, Einschaltung in Eurobarometer 34, 10-11/1990, face-to-face,
repräsentativgewichtet
1990B: CNEP-Wahlstudie, deutsche Teilstudie, 1990, 10-11/1990, face-to-face, repräsentativgewichtet.
1994A: WZB, Interessenvermittlung in Europa 1994, 5/1994, Telefonumfrage (CATI), repräsentativgewichtet.
1994B: Politische Einstellungen, DNW-Studie 1994, Vorwahlstudie, 9-10/1994, face-to-face, repräsentativgewichtet (5-PunktSkala, positive Antwortanteile addiert).
1994C: Politische Einstellungen, DNW-Studie 1994, Nachwahlstudie, 10-11/1994, face-to-face, repräsentativgewichtet (5-PunktSkala, positive Antwortanteile addiert).
1002
91,4 **
(9)
67,9 n.s.
87,7 **
Wenigstens von einer Organisation/
einem Verband vertreten:
- alle Verbände
(Anzahl abgefragter Verbände)
- Politische Parteien
- nur Gewerkschaften, Kirchen, Umweltgruppen
n = 100 Prozent, ungew.
47,2 **
28,5 **
24,9 **
75,6 **
25,3 **
34,8 **
38,2 **
24,7 **
58,5 **
-
Gewerkschaften
Katholische Kirche
Evangelische Kirche
Kirchen
Umweltgruppen
Wirtschafts- u. Arbeitgeberverbände
Seniorengruppen
Frauengruppen
Bauern-/Landwirtschaftsverbände
Bürgerinitiativen
Vertriebenenverbände
1990A
Tabelle 2: Vertretenheitsgefühl (Befragte in Prozent, die sich mit ihren Interessen von jeweiliger Organisation vertreten sehen)
232
Bernhard Weßels
1021
692
500
92,8 **
(9)
75,8 **
86,2 **
46,2 n.s.
4,8 **
18,2 n.s.
70,4 **
16,0 n.s.
29,2
36,2
13,4
58,0
-
1994A
1027
74,2 n.s.
(5)
71,7 n.s.
51,5 n.s.
8,5 n.s.
19,9 n.s.
52,7 n.s.
19,0 n.s.
-
1994B
1994C
1054
77,5 **
(5)
74,4 **
55,4 **
7,0 **
18,3 **
52,8 **
22,2
-
Ost
1998A
1012
56,6 *
(4)
52,6 **
56,6 n.s.
35,3 **
3,8
8,8
27,2 **
-
1998B
527
62,6 **
(4)
84,3 n.s.
59,8 **
43,6 n.s.
17,1 n.s.
38,7 n.s.
10,8 n.s.
-
1998C
580
70,7
(4)
87,0
68,1
43,8
17,1
40,7
14,1
-
Quellen (Fortsetzung):
1998A: ALLBUS 1998, 3-7/1998, face-to-face, transformationsgewichtet.
1998B: Politische Einstellungen, DNW-Studie 1998, Vorwahlstudie 8-9/1998, face-to-face, repräsentativgewichtet (5-Punkt-Skala,
positive Antwortanteile addiert).
1998C: Politische Einstellungen, DNW-Studie 1998, Nachwahlstudie 10-11/1998, face-to-face, repräsentativgewichtet (5-PunktSkala, positive Antwortanteile addiert).
- nicht gefragt.
n.s. nicht signifikant; * p ≤ .05; ** p ≤ .01; Signifikanz zweiseitiger t-Test zwischen jeweiligem und nächstem Zeitpunkt.
n = 100 Prozent, ungew.
92,1 n.s.
(9)
78,3 n.s.
78,6 **
Wenigstens von einer Organisation/
einem Verband vertreten:
- Verbände
93,5 n.s.
(Anzahl abgefragter Verbände)
(9)
- Politische Parteien
75,0 n.s.
- nur Gewerkschaften, Kirchen, Umweltgruppen 91,3 **
1990B
49,6 n.s.
7,4 n.s.
25,1 **
57,2 **
17,7 n.s.
14,0 **
20,4 **
11,1 n.s.
3,0
1990A
67,0 **
7,9 n.s.
21,4 n.s.
78,9 **
15,1 n.s.
20,1 **
32,2 **
16,5 **
62,8 n.s.
-
Gewerkschaften
Katholische Kirche
Evangelische Kirche
Kirchen
Umweltgruppen
Wirtschafts- u. Arbeitgeberverbände
Seniorengruppen
Frauengruppen
Bauern-/Landwirtschaftsverbände
Bürgerinitiativen
Vertriebenenverbände
Fortsetzung Tabelle 2:
Vermittlungsinstitutionen und Interessenvertretung ...
233
234
Bernhard Weßels
Einerseits ist dies eine Begrenzung für den Zeitvergleich, andererseits sind
damit aber die drei zentralen Organisationsbereiche erfasst, die für die politischen Spannungslinien (cleavages, vgl. Lipset und Rokkan 1967) der Bundesrepublik von entscheidender Bedeutung sind. Diese politischen Spannungslinien repräsentieren die Haupt- und Grundkonfiguration der Interessenlagen
der Bevölkerung und prägen das Parteiensystem (Pappi 1973, 1983). Traditionell ist dies zum einen der Kapital-Arbeit-Konflikt, in dem für relevante
Teile der Bevölkerung aus dem Verbändesystem die Gewerkschaften Partei
ergreifen. Zum anderen ist da die ehemals konfessionelle Spannungslinie
zwischen Katholiken und Protestanten, die sich im Zuge der Säkularisierung
zu einer Konfliktlinie zwischen laizistischen und religiösen Interessen
gewandelt hat. Hauptprotagonisten dieser Konfliktlinie sind die Kirchen,
insbesondere die katholische Kirche. Seit den siebziger Jahren hat sich eine
neue politische Spannungslinie entwickelt, die zwischen sogenannter „alter“
und „neuer“ Politik, bei der es zentral um Fragen des Umweltschutzes, der
Selbstverwirklichung und der politischen Beteiligung geht. Unter anderem
sind neue soziale Bewegungen und grüne Parteien Ausdruck dieser Entwicklung. Aus dem Verbändesystem heraus werden hier insbesondere die
Umweltverbände aktiv. Zwar zwingen pragmatische Gründe der Datenverfügbarkeit für den Zeitvergleich die Beschränkung auf diese drei Organisationsbereiche auf, andererseits sprechen gute theoretische Gründe nicht unbedingt
gegen diese Beschränkung, da sie eine Konzentration auf die Organisationsbereiche bedeutet, die die zentrale Interessenkonfiguration der Gesellschaft
widerspiegeln.
Werden zunächst die Bewertungen, ob man sich mit seinen Interessen
von einer Organisation vertreten sieht, global für die Interessengruppen insgesamt und die politischen Parteien insgesamt betrachtet, ist generell festzustellen, dass sich in der Regel ein erheblich größerer Anteil der Bürger von
wenigstens einem Verband oder einer politischen Partei vertreten sieht, als
den Mitgliedsanteilen entspricht. Die Anteile schwanken zwar zum einen
innerhalb eines Jahres und zum anderen zwischen den Jahren nicht unerheblich, im Mittel sind es aber etwa drei Viertel der Bevölkerung, die sich von
mindestens einer der im Bundestag vertretenen Parteien oder einer Organisation unter den Gewerkschaften, Kirchen und Umweltgruppen vertreten
fühlen (vgl. Schaubild 1; auch Tabelle 2). Zu den Zeitpunkten, wo in den
Umfragen ein größeres Set von Verbänden abgefragt wurde, liegt der Anteil
derjenigen, der sich von mindestens einer Interessengruppe vertreten sieht,
sogar bei 90 Prozent.
Insgesamt gesehen scheinen sich hier keine großen Veränderungen zu
zeigen, die auf eine Vermittlungskrise der intermediären Organisationen hindeuten. Dennoch ergeben sich bezogen auf die Vertretungsleistung graduelle,
möglicherweise kontinuierliche Entwicklungen, die in den alten Bundesländern noch sehr schwach ausfallen, in Ostdeutschland aber als auch statistisch
235
Vermittlungsinstitutionen und Interessenvertretung ...
einigermaßen gesichert angesehen werden können. Wird die ALLBUS-Studie
von 1998 (Nummer 1998A in Tab. 2) außer Acht gelassen – sie ist die einzige
der vorliegenden Studien, die nicht im Mobilisierungskontext von Bundestagswahlen bzw. Europawahlen (Nummer 1994A) durchgeführt wurde und
weist fast immer die niedrigsten Werte aus –, ist der Anteil derjenigen, die
sich von einer Gewerkschaft, einer der großen Kirchen oder von Umweltverbänden vertreten fühlen, in Ostdeutschland von fast 70 Prozent auf etwa
60 Prozent gefallen. Werden nur die vier DNW-Studien, die in Design und
Instrument absolut identisch sind, verglichen, liegen die Rückgänge zwischen
sechs und zehn Prozentpunkten. Hier liegt also ein Befund vor, der darauf
hinzudeuten scheint, dass sich eine „Vertretungslücke“ in den neuen Bundesländern erst entwickelt hat: bezogen auf die Vertretung durch Verbände lagen
Ost und West 1990 noch auf fast identischem Niveau, 1994 lag es für Ostdeutschland dann etwas niedriger (etwa 4 Prozentpunkte), 1998 liegt es je
nach Studie sieben bis zehn Prozentpunkte unter dem westdeutschen Niveau.
Schaubild 1:
Interessenvertretung durch Verbände und Parteien 1990-1998
Befragte in Prozent
100
80
60
40
20
PVertr W
VVertr W
PVertr O
1998C/IV
1998A/II
1998B/III
1997
1996
1995
1994C/IV
1994A/II
1994B/III
1993
1992
1991
1990B/IV
1990A/IV
0
VVertr O
VVertr: Prozentsatz bezieht sich auf Befragte, die sich von mindestens einer Organisation
unter Gewerkschaften, Kirchen und Umweltgruppen vertreten sehen.
PVertr: Prozentsatz bezieht sich auf Befragte, die sich von mindestens einer der Bundestagsparteien vertreten sehen.
W: Westdeutschland
O: Ostdeutschland
Zu den Studien (Jahr + Buchstabe) siehe Tabelle 2; I-IV Quartal des Jahres.
236
Bernhard Weßels
Bezogen auf die politischen Parteien ergibt sich ein anderes Bild:
entgegen der Erwartung, die angesichts der öffentlichen Debatten über
Parteienverdrossenheit nahe liegen würde, haben die Parteien bezogen auf die
Frage, ob sich die Bürger von ihnen vertreten fühlen, um gut zehn Prozentpunkte in den alten wie den neuen Bundesländern zugelegt. Die politischen
Parteien sind demnach also nicht von einer Krise der Interessenvermittlung
betroffen.
Werden die drei Organisationsbereiche des Verbändesystems, die bisher
gemeinsam berücksichtigt wurden, getrennt betrachtet, wird allerdings offensichtlich, dass sich nicht nur in Ostdeutschland Ende der neunziger Jahre
weniger Bürger von den Gewerkschaften, Kirchen und Umweltverbänden
vertreten fühlen, sondern dass auch in den alten Bundesländern diese Vermittlungsinstitutionen eine schwindende Vertretungsleistung kennzeichnet,
allerdings im Vergleich zu den neuen Bundesländern in sehr viel geringerem
Maße. Besonders betroffen sind hiervon die Umweltverbände und die
Kirchen (vgl. Schaubilder 2 und 3, sowie Tabelle 2).
Die Befunde verweisen auf dreierlei: erstens sehen sich insgesamt erheblich mehr Bürger vertreten, als in den Organisationen Mitglied sind. Ob die
Anteile als hoch oder niedrig zu bewerten sind, ist letztendlich eine Frage des
Maßstabs. Im europäischen Vergleich (12 EU-Länder; Projekt „Interessenvermittlung in Westeuropa“, gefördert von der Thyssen-Stiftung; Antragsteller: Hans-Dieter Klingemann, Bernhard Weßels) lag Deutschland etwas über
dem Durchschnitt. Insofern kann wohl davon ausgegangen werden, dass das
deutsche System der Interessenvermittlung mit zu den inklusiven gehört, das
heißt, dass ein relativ großer Anteil der Interessen der Gesellschaft im Vermittlungssystem aufgehoben ist. Was für das System der Interessenvermittlung ein positives Zeichen ist, ist es nicht in gleichem Maße für die Organisationen. Für sie bedeutet es „Free-Riding“, also die Nutzung der
Organisationsleistung, die als kollektives Gut auch den Nicht-Mitgliedern zur
Verfügung steht. Dieser Umstand mag viele große Mitgliederorganisationen
dazu veranlasst haben, zunehmend auf selektive Anreize zu setzen, um
einerseits Mitglieder zu halten, andererseits sich für neue attraktiv zu machen.
Zweitens ergeben sich negative Veränderungen in der Beurteilung der
Vertretungsleistung, die zusammen mit dem Befund des partiellen
Mitgliederschwundes die These von der Erosion der Interessenvermittlung
stützen könnten. Drittens verweisen die Befunde darauf, dass „neue“
Organisationen wie die Umweltverbände für die Bürger eine höhere
Bedeutung haben als die traditionellen Verbände. Das verweist auf die
Transformation
der
Interessenvermittlung
und
soziale
und
Interessendifferenzierungsprozesse. Allerdings haben auch sie in der
Wahrnehmung der Bürger in ihrer Vertretungsleistung nachgelassen und sie
unterliegen daher dem gleichen Trend wie die traditionellen Großorgani-
237
Vermittlungsinstitutionen und Interessenvertretung ...
Interessenvertretung durch Gewerkschaften, Kirchen und
Umweltorganisationen in Westdeutschland 1990-1998
Schaubild 2:
Befragte in Prozent
100
80
60
40
20
GewW
UmwW
1998A/II
1998B/III
1998C/IV
1997
1996
1994A/II
1994B/III
1994C/IV
1995
1993
1992
1990A/IV
1990B/IV
1991
0
Kirch W
GewW: Gewerkschaften
KirchW: Kirchen
UmwW: Umweltverbände
Zu den Studien (Jahr + Buchstabe) siehe Tabelle 2; I-IV Quartal des Jahres.
Interessenvertretung durch Gewerkschaften, Kirchen und
Umweltorganisationen in Ostdeutschland 1990-1998
Schaubild 3:
100
Befragte in Prozent
80
60
40
20
GewO: Gewerkschaften
KirchO: Kirchen
UmwO: Umweltverbände
Zu den Studien (Jahr + Buchstabe) siehe Tabelle 2; I-IV Quartal des Jahres.
1998C/IV
1998A/II
Kirch O
1998B/III
1996
Umw O
1997
1995
1994A/II
1994B/III
Gew O
1994C/IV
1993
1992
1991
1990B/IV
1990A/IV
0
238
Bernhard Weßels
sationen. Es ist nicht auszuschließen, dass der Grund weniger in den „neuen“
Organisationen als in wirtschaftlichen Veränderungsprozessen zu finden ist.
Auch der Anteil der sogenannten Postmaterialisten, die als Träger der neuen
Interessen angesehen werden können, ist in den 90er Jahren zurückgegangen
(vgl. Weßels 1997d: 211-213).
3.2. Mitgliedervertretung
Die Betrachtung, die auf die Leistung des Systems der Interessenvermittlung
für die Gesellschaft insgesamt abstellt, muss ergänzt werden um die Frage, ob
die Mitglieder sich von ihren Organisationen vertreten sehen, wenn geklärt
werden soll, ob den Organisationen aufgrund ihrer Vermittlungsschwäche
eine Mitgliederkrise droht. Diese Frage kann nur in sehr eingegrenztem Maße
verfolgt werden, weil nicht in allen Befragungen, in denen nach Mitgliedschaften gefragt wurde, auch nach Interessenvertretung gefragt wurde und
umgekehrt.
Zeitvergleichend lassen sich Gewerkschaftsmitglieder, Parteimitglieder
sowie Kirchenmitglieder untersuchen. Da eine Kirchenmitgliedschaft nicht in
dem Maße bewusst erworben wird, wie die Mitgliedschaft in einer Partei oder
Gewerkschaft, sondern in den meisten Fällen mit der Geburt feststeht, werden
unter den Kirchenmitgliedern die Gruppe der regelmäßigen Kirchgänger
sowie diejenigen, die Mitglied religiöser Gruppen sind, zusätzlich betrachtet.
Die Teilnahme an der religiösen Praxis im Erwachsenenalter wird also als
äquivalent zu der bewussten Entscheidung, einer Organisation beizutreten,
angenommen. Kontrastiert werden die Ergebnisse der Mitglieder mit denen
der Nicht-Mitglieder. Dabei wird besonders deutlich, in welchem Umfang
sich auch Nicht-Mitglieder von Vermittlungsinstitutionen und dabei insbesondere von den politischen Parteien vertreten sehen.
Gewerkschaftsmitglieder in Westdeutschland scheinen sich Ende der 90er
Jahre etwas weniger gut von ihren Organisationen vertreten zu sehen als noch
Anfang der 90er Jahre. In Ostdeutschland hingegen ist die Entwicklung umgekehrt. Ähnlich ist hingegen die Entwicklung unter den Nicht-Mitgliedern:
in Ost wie West fühlen sie sich 1998 weniger gut durch die Gewerkschaften
vertreten als 1990 und 1994 (Tabelle 3). Die oben geschilderte Gesamtentwicklung, dass die Gewerkschaften in der Sicht der Bürger in ihrer Vertretungsleistung nachlassen, geht also maßgeblich auf die Einschätzung von
Nicht-Mitgliedern zurück. Unter den Mitgliedern sehen sich über vier Fünftel
von den Gewerkschaften vertreten, unter den Nicht-Mitgliedern war es 1998
nur noch etwa ein Viertel gegenüber 40 bis 50 Prozent im Jahre 1990.
239
Vermittlungsinstitutionen und Interessenvertretung ...
Tabelle 3: Performanz von Mitgliederorganisationen
Es fühlen sich vertreten, in Prozent
West
vertreten von:
Gewerkschaften
- Gewerkschaftsmitglieder
- Nicht-Mitglieder
1994
-
-
- Nicht-Mitglieder
-
-
- Nicht-Katholik/in
Evangelische Kirche
- Protestant/in, häufiger
Kirchgang1
- Protestant/in, alle
- Nicht-Protestant/in
1994
80,6 n.s. 79,9 *
(564)
(141)
51,0 ** 34,3 **
(457)
(359)
-
-
-
-
1998
89,1
(136)
25,8
(876)
83,3
(8)
11,1
(1004)
66,5
(206)
34,4
(863)
1,5
(1207)
81,1 n.s.
94,7
(21)
(-)
(18)
62,0 n.s. 72,2 n.s. 61,4
(52)
(18)
(45)
5,1 *
2,3 n.s. 1,2
(969)
(482)
(967)
53,8 *
(49)
(-)
38,2 *
46,1 **
(436)
(298)
15,0 n.s. 17,3 **
(566)
(710)
75,0
(43)
26,2
(818)
5,7
(1252)
80,2 n.s.
(15)
(-)
52,0 n.s. 54,2 **
(258)
(109)
10,8 n.s. 9,7 **
(763)
(391)
-
-
- Nicht-Mitglieder
-
-
- Nicht-Mitglieder
59,4
(66)
25,4
(2004)
1990
86,0 **
(122)
(-)
54,0 n.s. 47,2 **
(379)
(347)
11,9 **
6,5 **
(623)
(661)
Umweltgruppen
- Mitgl. in Bürgerinitiativen
Politische Parteien
- Parteimitglieder
Ost
1998
88,3 n.s. 82,0 n.s. 82,3
(203)
(218)
(259)
37,7 n.s. 40,2 ** 26,8
(799)
(790)
(1811)
Kirchen
- Mitgl. religiöser Gruppen
Katholische Kirche
- Katholik/in, häufiger
Kirchgang1
- Katholik/in, alle
1
1990
52,9
(34)
44,4
(2036)
95,8 n.s. 96,7 n.s. 89,5
(86)
(56)
(49)
66,4 ** 73,7 ** 55,8
(916)
(952)
(2021)
-
-
-
-
100,0
(11)
29,0
(224)
3,4
(788)
50,0
(8)
26,9
(1004)
90,3 n.s. 96,0 n.s. 100,0
(78)
(25)
(16)
73,9 n.s. 74,7 ** 51,7
(943)
(475)
(996)
häufiger Kirchgang: mindestens 1x pro Woche.
Studien (Kurzbeschreibung siehe Tabelle 2):
1990: WZB, Abteilung „Institutionen und sozialer Wandel“ (1990A). 1994: WZB, Projekt
„Interessenvermittlung in Westeuropa“ (1994A). 1998: ALLBUS 1998 (1998A).
in Klammern: n = 100 Prozent, ungewichtete Fallzahlen.
- nicht gefragt; n.s. nicht signifikant; * p ≤ .05; ** p ≤ .01; Signifikanz zweiseitiger t-Test
zwischen jeweiligem und nächstem (verfügbaren) Zeitpunkt.
240
Bernhard Weßels
Eine ähnliche Entwicklung ergibt sich unter Nichtmitgliedern der
Kirchen, Umweltgruppen und Parteien sowohl in Ost- wie in Westdeutschland, aber jeweils auf anderem Niveau und mit unterschiedlicher
Stärke der Abnahme. Aber auch unter den Katholiken und den katholischen
regelmäßigen Kirchgängern geht der Anteil derjenigen, die sich vertreten
fühlen, in den alten Bundesländern deutlich zurück. Die Fallzahlen für die
neuen Bundesländer sind so klein, dass hier keine zuverlässigen Aussagen
gemacht werden können. Die evangelische Kirche hat unter ihren Mitgliedern
die gleiche Entwicklung zu verzeichnen. Bei den protestantischen Kirchgängern ist die Tendenz allerdings umgekehrt. Die Veränderungen unter den
Parteimitgliedern erlauben keine gesicherte Aussage. In der Tendenz ist bei
ihnen wohl von einem sehr hohen und vergleichsweise stabilen Mitgliederanteil, der sich vertreten fühlt, auszugehen.
Auf der Ebene der Mitglieder ergeben sich auch keine relevanten Unterschiede zwischen den neuen und alten Bundesländern. Unter denjenigen, die
sich in Ostdeutschland an eine Organisation binden, kann dementsprechend
auch nicht von einer Vertretungslücke gesprochen werden. Vielmehr hat die
Entwicklung unter den Nichtmitgliedern den größten Anteil an der Entwicklung abnehmender Vertretenheitsgrade.
Das verweist möglicherweise darauf, dass die Bürger nicht mehr so stark
wie früher wahrnehmen, dass kollektive Güter produziert werden, die für sie
selbst auch von Nutzen sind. Ob diese Entwicklung Produkt einer generellen
Unzufriedenheit ist, die ihre tiefere Ursache in der ökonomischen Entwicklung hat, oder ob die Bürger meinen wahrnehmen zu können, dass diese Vermittlungsinstitutionen von ihrem mehr oder minder universalen Vertretungsanspruch zurücktreten und stärker auf selektive Anreize setzen, kann hier
nicht geklärt werden. Das potentielle Reservoir für Neumitglieder scheint
jedenfalls zu schrumpfen.
4. Soziale Allianzen, Verbände- und Parteiensystem
Für die Interessenvermittlung in Deutschland bisher als von zentraler Bedeutung anzusehen sind die durch soziale Allianzen gestifteten Beziehungen
zwischen Verbände- und Parteiensystem. Ihre Bedeutung ist insbesondere
Gegenstand der Wahlforschung geworden (siehe Pappi 1973, 1983; Weßels
1994b) und generell als besonderes Charakteristikum des deutschen Systems
hervorgehoben worden. Soziale Allianzen werden als stabilisierende Faktoren
für politische Konfliktlinien angesehen, das Verbändesystem als „Unterbau“
des Parteiensystems (Weßels 1991b) und ihnen wird die Eigenschaft zugeschrieben, damit für besonders gut funktionierende Vermittlungs- und Repräsentationskanäle zu sorgen. Das Zusammenspiel zwischen Parteien und Ver-
Vermittlungsinstitutionen und Interessenvertretung ...
241
bänden hat für die Bürger also eine besondere Bedeutung. Entsprechend der
zwischen Verbänden und Parteien wahrgenommenen Kooperationen und
Koalitionen richten Wählerinnen und Wähler ihr Wahlverhalten aus, fühlen
sie sich entsprechend mehrfach vertreten und gehen selbst multiple Bindungen bzw. Allianzen ein.
Im folgenden soll daher kurz zeitvergleichend auf die Struktur der multiplen Allianzen der Bürger eingegangen werden. Soziale Allianzen (vgl.
Stinchcombe 1975) werden hier schwach definiert. Das heißt, es geht hier um
die Frage, welcher Zusammenhang zwischen Verbände- und Parteiensystem
dadurch gestiftet wird, dass sich Bürger von einer Interessenorganisation und
einer Partei vertreten sehen. Analysiert wird also eine Matrix der Vertretung
durch Verbände und Parteien. Methodisch wird die Korrespondenzanalyse
herangezogen, weil sich mit ihr besonders gut räumliche Konfigurationen
erzeugen lassen, die für die Strukturbetrachtung sehr anschaulich sind.
Die grundlegende Erwartung ist, dass die Vertretenheit durch Verbände
und Parteien entsprechend der politischen Spannungslinien (s. Lipset/Rokkan
1967, Pappi 1973, 1983) strukturiert ist. Konkret heißt dies: Personen, die
sich von Gewerkschaften vertreten sehen, müssten sich vorwiegend von der
SPD, in den neuen Bundesländern auch durch die PDS vertreten sehen. Ein
weiterer Zusammenhang sollte sich zwischen Kirchen sowie Wirtschafts- und
Arbeitgeberverbänden und CDU/CSU ergeben, zwischen Wirtschafts- und
Arbeitgeberverbänden
und
FDP
sowie
schließlich
zwischen
Umweltverbänden und Grünen.
Wenn die Wahrnehmung, sich von Verbänden und Parteien vertreten zu
fühlen, in einer derartigen Struktur vorläge, würde das dafür sprechen, dass
Verbände- und Parteiensystem bei der Interessenvermittlung zumindest in der
Sicht der Bürger ineinander greifen würden und die Interessenvermittlung die
grundlegende Interessen- und Konfliktstruktur der Gesellschaft widerspiegeln
würde. Wenn sich diese Strukturen über die Zeit verändern würden, hieße das
dementsprechend, dass sich möglicherweise das Verständnis von der Struktur
der Interessenvermittlung verändert. Zum einen könnten dafür Prozesse verantwortlich sein, die hier mit den Thesen von der Mitgliederkrise und Erosion
der Interessenvermittlung bezeichnet wurden. Darüber hinaus gibt es weiteren
Anlass anzunehmen, dass sich die Strukturen verändert haben könnten: zum
einen könnte die wichtige Transformation der Interessenvermittlung in den
70er und 80er Jahren mit der Integration einer neuen Spannungslinie in das
Verbände- und Parteiensystem weiter fortgeschritten sein; zum anderen
könnte das von der Wahlforschung beschriebene Phänomen des flexiblen
Wechselwählers (Zelle 1997), der sich je nach Situation der einen oder anderen Partei zuwendet, bedeutsamer geworden sein. Wenn dieser Typus des
homo politicus tatsächlich quantitativ zu einem wichtigen Faktor würde, wäre
die Konsequenz die Destabilisierung derartiger Strukturen. Im Zuge des sozialen Wandels sind bereits die traditionellen Kerngruppen der Parteien – die
242
Bernhard Weßels
gewerkschaftlich Organisierten und Kirchengebundenen –, die einstmals fast
40 Prozent der Elektorate von SPD und CDU/CSU ausmachten, auf etwa 15
Prozent Anteil an den beiden Parteielektoraten abgeschmolzen. Wie bei der
Veränderung der Spannungslinien kann auch hieraus die Konsequenz eine
Abschwächung von Allianzen bedeuten, wenn letztere nicht auf andere als
gemeinschaftsbezogene Strukturen umgestellt werden.
Die hier zu betrachtende Ausgangslage 1990 entspricht für Westdeutschland den Vorstellungen der Strukturierung von Allianzen zwischen Verbändeund Parteiensystem im Sinne politischer Spannungslinien recht gut (vgl.
Schaubild 4). Multiple Vertretenheit lässt Gewerkschaften und SPD, Umweltverbände und Grüne, katholische Kirche und CDU/CSU sowie Wirtschaftsund Arbeitgeberverbände und FDP in Westdeutschland jeweils nahe
aneinander rücken. In den neuen Bundesländern ist die Struktur zwar ähnlich,
aber doch wegen der PDS, die dort schon 1990 größere Bedeutung hatte, auf
der linken Seite des Parteiensystems deutlich von der westdeutschen
verschieden. Multiple Vertretung durch Gewerkschaften und PDS ist hier
relativ häufiger als von Gewerkschaften und SPD, die Vertretungsallianz
zwischen Grünen und Umweltverbänden scheint (noch) nicht zu existieren.
Dafür sehen sich aber bei der SPD mehr als bei den anderen Parteien
diejenigen vertreten, die sich auch von Umweltverbänden vertreten fühlen.
Schaubild 4:
Vertretungsallianzen zwischen Verbänden und Parteien 1990
Korrespondenzanalyse multipler Interessenvertretung
Westdeutschland 1990
Ostdeutschland 1990
0,4
0,4
Kath.Kirche
0,3
Umwelt-V. CDU/CSU
PDS
0,3
Gewerksch.
0,2
0,2
Grüne
0,1
Kath.Kirche
Grüne
0,1
Wi.-/ArbG-V.
CDU/CSU
Prot. Kirche
0
0
FDP
SPD
-0,1
-0,2
-0,1
FDP
Gewerksch.
Umwelt-V.
-0,2
Wi.-/ArbG-V.
SPD
-0,3
-0,4
-0,6
-0,3
Prot. Kirche
-0,4
-0,4
-0,2
0
0,2
0,4
0,6
Berechnet anhand 1990A. Siehe Tabelle 2.
-1
-0,5
0
0,5
1
243
Vermittlungsinstitutionen und Interessenvertretung ...
1990 entspricht die Struktur der Wahrnehmungen, vertreten zu werden, in
Westdeutschland damit recht gut den Erwartungen aus cleavagetheoretischen
Überlegungen. Die ostdeutsche Interessenvermittlungsstruktur von Verbänden und Parteien ist in der Wahrnehmung der Bürger 1990 noch relativ unstrukturiert. 1998 hat sich die Situation in zweifacher Hinsicht verändert. Zum
einen wird jetzt auch die PDS von einem zu beachtenden Teil der Bürger in
den alten Bundesländern als eine Partei angesehen, von der sie sich vertreten
fühlen (6,1 Prozent) und konsistent in die Struktur der Wahrnehmung der
Interessenvertretung eingebaut. Zum anderen hat sich die Struktur in den
neuen Bundesländern so verändert, dass auch sie jetzt recht deutlich cleavagetheoretischen Erwartungen entspricht (Schaubild 5).
Der Befund der wohlstrukturierten Komplexität in einer Situation der
(Interessen-)Vielfalt für die alte Bundesrepublik Ende der achtziger Jahre
(Weßels 1991b) bestätigt sich insofern auch für die neuen Bundesländer. Die
für die Interessenvermittlung zentrale Verbindung zwischen Verbänden und
Parteien hat sich also in der Sicht der Bürger nicht nachteilig entwickelt. Die
Stärke der Verbindung zwischen der Vertretung durch Verbände und der
Vertretung durch Parteien ist in den alten Bundesländern zwischen 1990 und
1998 konstant geblieben, in den neuen Bundesländern hat sich diese Allianzstruktur erst entwickeln müssen und 1998 ist sie genauso ausgeprägt wie in
Westdeutschland. Eine Destabilisierung der wahrgenommenen Verbindung
zwischen Interessenvertretung auf der Verbände- und Parteiensystemebene
lässt sich also nicht konstatieren.
Vertretungsallianzen zwischen Verbänden und Parteien 1998
Korrespondenzanalyse multipler Interessenvertretung
Schaubild 5:
Westdeutschland 1998
0,6
Ostdeutschland 1998
0,8
FDP
Grüne
0,4
Wi.-/ArbG-V.
Umwelt-V.
Umwelt-V.
0,2
0,6
0,4
Grüne
SPD
0
0,2
Gewerksch.
CDU/CSU
-0,2
0
SPD
FDP CDU/CSU
Kirchen
-0,4
-0,2
PDS
Kirchen
Wi.-/ArbG-V.
Gewerksch.
PDS
-0,6
-1
-0,5
0
0,5
Berechnet anhand 1998B. Siehe Tabelle 2.
1
-0,4
-0,6
-0,4
-0,2
0
0,2
0,4
0,6
0,8
244
Bernhard Weßels
5. Zusammenfassung
Ausgehend von den Thesen zur Mitgliederkrise und der Erosion der Interessenvermittlung, die beide auf Prozesse abstellen, die der deskriptiven empirischen Überprüfung zugänglich sind, wurde hier die Entwicklung der Mitgliedschaften von Organisationen von 1976 bis 1998 sowie die Wahrnehmung der Interessenvertretung durch Organisationen zwischen 1990 und 1998
untersucht. Eine generelle Mitgliederkrise zeichnet sich zwar nicht ab,
vielmehr ist der Organisationsgrad der Gesellschaft insgesamt im betrachteten
Zeitraum in Westdeutschland noch gestiegen. Dies geht allerdings auf eine
Zunahme der Mitgliedschaften im Freizeitbereich zurück. Traditionelle
Großorganisationen wie Gewerkschaften und Parteien haben an Mitgliedern
verloren. Die Verluste sind nicht dramatisch, aber auch nicht zu vernachlässigen. Zusammen mit dem Befund, dass sich, mit Ausnahme der Parteien,
zunehmend weniger Bürger von den traditionellen Großorganisationen wie
den Gewerkschaften und Kirchen mit ihren Interessen vertreten sehen, spricht
die Evidenz in der Tendenz eher für die Thesen von der Erosion und der
Mitgliederkrise als für eine Stabilitätsthese. Allerdings wäre eine solche
Schlussfolgerung deshalb überzogen, weil zum einen unter den Mitgliedern
kein genereller Trend festzustellen ist, dass sie sich weniger vertreten fühlen,
weil zum anderen der Anteil der Bürger, der in Organisationen der Interessenvermittlung organisiert ist, in den letzten Jahrzehnten stabil ist und schließlich
weil die Veränderungen weder dramatisch noch systematisch sind. Dieses
Argument gilt auf der Ebene des Systems der Interessenvermittlung, kann
aber die traditionellen Verbände nicht zufriedenstellen. Denn was sich andeutet, ist die Tendenz weg von den traditionellen hin zu neueren Interessengruppen wie Bürgerinitiativen und alternativen politischen Gruppen. Andererseits ist die Struktur der Interessenvertretung relativ intakt. Das verdeutlichen
die Wahrnehmungen multipler Vertretung im Bereich Verbände und Parteien.
Die Muster sprechen für ein effektives Ineinandergreifen von Verbände- und
Parteiensystem bei der Interessenvermittlung. Insofern kann, auch wegen des
insgesamt hohen Anteils der Bürger, der sich immer noch von Verbänden und
Parteien vertreten sieht, von einer Erosion der Interessenvermittlung nicht
gesprochen werden. Unabweislich sind allerdings Veränderungsprozesse, die
darauf hindeuten könnten, dass traditionelle Großorganisationen ihr Image als
Produzenten kollektiver Güter verlieren und damit für die Nicht-Mitglieder
weniger attraktiv sind. Dass die Organisationen damit auch ihre potentielle
Mitgliederbasis schmälern, ist offensichtlich. Inwieweit sie dies über selektive
Anreize kompensieren können, bleibt fraglich.
Vermittlungsinstitutionen und Interessenvertretung ...
245
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