Die polare Perspektive

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Klimaforschung
am Alfred-Wegener-Institut
Die polare Perspektive
1
Tafeleisberge sind eine typische Erscheinung im Südpolarmeer. Die Eiskalotte wächst
in den h
­ ohen Bereichen im Inneren der Antarktis durch Schneefall, wobei die Eismassen ganz langsam nach außen in die Schelfeisgebiete abfließen, die sich dabei
vergrößern, instabil werden und als Folge große Tafeleisberge abstoßen. Der Zuwachs
im Inneren der Antarktis und der Verlust durch Kalben von Eisbergen am Rand hält
sich im Gleichgewichtszustand die Waage. Neuere Beobachtungen zeigen allerdings,
dass die Eisverluste in der Antarktis größer werden, die ­Eiskalotte schrumpft und deswegen der Meeresspiegel steigt. Dies gilt auch für den Grönländischen Eisschild.
Inhalt
Vorwort
3
Einleitung: Unser Klima aus der Polarperspektive
4
Verbessertes Verständnis arktischer Klimaänderungen durch Messungen und Modellierung
6
Physikalische Prozesse in der polaren Atmosphäre
8
Langzeit-Messreihen zeigen: Ozonschicht über der Antarktis konnte sich noch nicht erholen
10
Arktischer MEEREisrückgang verursacht Anomalien in Ozean und Atmosphäre
12
HAFOS erfasst längerfristige Veränderungen im Ozean
14
Meeresspiegel im Nordatlantik in nur 15 Jahren um 6 cm gestiegen
16
Eis im Klimawandel
18
Erderwärmung gefährdet die Permafrost-Regionen und damit das globale Klimasystem
20
Marine Klimaarchive – Aus der Vergangenheit lernen, um den Blick in die Zukunft zu schärfen
22
Paläoklimamodelle: Zurück in die Zukunft
24
Marines Plankton beeinflusst das globale Klima
26
Die regionalen Auswirkungen des Klimawandels rücken in den Blickpunkt
28
Das World Radiation Monitoring Center am AWI: weltweite Datenzentrale der Erdsystemforschung
30
Klimaberatung: regionalspezifisch, verständlich, solide – das Helmholtz-Klimabüro am AWI
32
Die stationären und mobilen Infrastrukturen des Alfred-Wegener-Instituts in Arktis und Antarktis
34
Ansprechpartner im AWI, Impressum
37
1
Das Foto zeigt eine Wissenschaftlergruppe auf einer Meereisscholle, die physi­
kalische und b
­ iologische Untersuchungen im Meereis durchführt. Das Meereis ist
ein poröses Medium, das in Hohlräumen verschiedener Größe ein reichhaltiges
Ökosystem beherbergt. Wissenschaftlich interessant ist, wie sich das Ökosystem
an die extremen physikalischen Bedingungen im Meereis angepasst hat und wie es
sich mit dem Klimawandel verändert.
2
Vorwort
Die Erde befindet sich in einem tiefgreifenden Klimawandel. Der letzte Bericht des
Welt­klimarates (IPCC) von 2007 zeigt zum einen, dass der Klimawandel extrem schnell
­voranschreitet und zum anderen, dass die Erwärmung der vergangenen 50 Jahre mit großer
Wahrscheinlichkeit überwiegend durch den Menschen bedingt ist. Insbesondere die Polargebiete erweisen sich als sehr empfindlich gegenüber bereits geringen Klimaänderungen und
spielen deshalb für das g­ lobale Klimageschehen eine besonders wichtige Rolle.
Im Juli 1980 begann das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in der
Helmholtz-Gemeinschaft (AWI) in Bremerhaven mit seiner Arbeit. Seither gehört es zu den
weltweit führenden Einrichtungen der Polarforschung und liefert signifikante Beiträge zur internationalen Erdsystem- und Klimaforschung in den Polarregionen und Küstengewässern. Als
Helmholtz-Zentrum unterstützt es die Mission der Helmholtz-Gemeinschaft, ­Lösungen für
große und drängende wissenschaftliche Herausforderungen mit gesellschaftlicher Relevanz
zu erarbeiten. Die Beobachtungen der Temperaturveränderungen in den Polarregionen zeigen
eine etwa doppelt so rasche Erwärmung in der Arktis und auf der Antarktischen Halbinsel
im Vergleich zum globalen Mittel. Diese rasche Erwärmung ­betrifft nicht nur die Polarregionen, sondern hat weltweite ­Auswirkungen. Das Schmelzen der ­Eisschilde in Grönland und in
der Westantarktis beschleunigt den Meeresspiegelanstieg und damit Veränderungen an allen
Küsten, die Verringerung des Meereises beeinflusst das globale ­Klima, der Verlust von Permafrostregionen ändert ganze Landschaften und setzt ­Klimagase frei, und tiefgreifende Veränderungen des polaren Ökosystems sind als Folge zu erwarten.
Den Klimawandel mit seinen weitreichenden und regional sehr unterschiedlichen Folgen
für Mensch und Natur aufzuhalten oder zumindest zu verlangsamen, ist eine der größten
Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Ob wir uns an die bevorstehenden Veränderungen
rechtzeitig anpassen können, wird in einem hohen Maße davon abhängen, ob die Ergebnisse
aus Forschung und Wissenschaft in ausreichendem Umfang kommuniziert werden.
Einen Überblick über einige der am AWI bearbeiteten Themen aus dem Bereich der Klima­­
forschung in Polargebieten gibt Ihnen die vorliegende Broschüre. Ich wünsche Ihnen beim
Lesen viel Vergnügen.
Prof. Dr. Karin Lochte
Direktorin
3
Prof. Dr. Peter Lemke
Unser Klima aus der Polarperspektive
Klimaschwankungen sind ein wesentlicher Teil der Entwicklungsgeschichte der Erde, und sie werden uns auch
in Zukunft begleiten. In der Vergangenheit sind Klimaschwankungen ausschließlich durch natürliche Prozesse
entstanden. Sie waren eine Folge von externen Anregungen (Änderungen der Erdbahnparameter, Vulkanausbrüche
und kleine Änderungen der solaren Strahlungsleistung)
und von internen Wechselwirkungen im Klimasystem,
das durch die Atmosphäre, die Eismassen, den Ozean, die
Landoberflächen und alle Lebensformen auf den Kontinenten und im Meer gebildet wird.
Seit kurzer Zeit hat sich der Mensch durch die immens
gestiegene Weltbevölkerung und die rasante technologische Entwicklung in die Lage versetzt, aktiv und effektiv
das Klimageschehen mitzugestalten. So ist die globale
Erwärmung der vergangenen 50 Jahre zum größten Teil
durch den Menschen verursacht, insbesondere durch die
stetig steigenden Emissionen von Kohlendioxid aufgrund
der intensiven Nutzung fossiler Energieträger und der
­Änderungen der Landoberfläche durch Landwirtschaft,
­Industrie und Besiedlung. Durch diesen vom Menschen
verursachten Klimawandel wird in den nächsten 100
Jahren eine deutliche Erwärmung von global etwa 3 °C
erwartet. Detaillierte Untersuchungen über die physikalischen Ursachen von Klimaschwankungen und die Antwort
des Klimasystems auf menschliche Eingriffe sind zurzeit
­Gegenstand der nationalen und internationalen Klimaforschung (World Climate Research Programme, http://
www.wcrp-climate.org). Eine aktuelle Zusammenfassung
des gegenwärtigen Wissens über das Klimasystem ist im
Fourth Assessment Report des Intergovernmental Panel on
Climate Change (http://www.ipcc.ch) dargestellt.
Für Anpassungs- und Vermeidungsmaßnahmen ist unbedingt ein verbessertes Verständnis des Klimasystems
nötig. Das Klimageschehen der Erde wird durch Wechselwirkungen zwischen Atmosphäre, Eis, Ozean und Landoberflächen bestimmt. Dabei wird die Erde in den Tropen
aufgeheizt und an den Polen abgekühlt. Der Temperatur­
4
Polarperspektive
gegensatz zwischen den Polen und dem Äquator regt Wind
und Ozeanströmungen an, wobei die Erde als gigantische
Wärmemaschine agiert, die Wärme von den Tropen zu
den Polen transportiert. Dieser Transport wird durch eine
Vielzahl von Rückkopplungsschleifen gesteuert. Dabei
spielen Prozesse in den Polargebieten eine entscheidende
Rolle. Änderungen in den Polargebieten beeinflussen den
Energiehaushalt der Erde, die Gaszusammensetzung der
Atmosphäre, Ozeanströmungen, Windsysteme und den
Meeresspiegel.
Aus diesen komplexen Zusammenhängen entsteht für
unseren Forschungszweig eine Reihe von Fragen:
Wie hängt die Entwicklung unseres Klimas von der Wechselwirkung zwischen Atmosphäre, Eis, Ozean
und Landoberflächen in den Polargebieten ab, und wie beeinflussen sich menschliche Einwirkungen und
­natürliche Klimaschwankungen?
Wie kommuniziert die Atmosphäre über einer durchbrochenen Meereisdecke mit dem Ozean?
Welches sind die entscheidenden Prozesse beim starken Rückgang des Meereises in der Arktis, und was lässt
sich über Veränderungen der Meereisdicke sagen?
Wie beeinflussen die Polargebiete die Produktion und Ausbreitung von Tiefenwasser und damit die globale
Ozeanzirkulation?
Welches ist die optimale Modellierung der ozeanischen Zirkulation und ihrer Einwirkung auf das
­Klima­system?
Wie groß sind die Verluste der kontinentalen Eismassen (insbesondere von Grönland), und wie reagiert der
Meeresspiegel auf Schmelzwasser und Erwärmung?
Wodurch werden die großen Änderungen im Permafrost der Arktis hervorgerufen und mit welchen ­­
Nah- und Fernwirkungen sind sie verbunden?
Welche Informationen aus biologisch-geologischen Klimaarchiven lassen sich für das Verständnis des
­Klimasystems nutzen?
Wie kann man diese Daten zur Optimierung von Klimamodellen und zur Projektion der zukünftigen
­Klimaentwicklung gebrauchen?
Welche Rolle spielt das Plankton des Ozeans im Klimasystem?
Und schließlich: Welche Auswirkungen haben die Prozesse in den Polargebieten auf das Klima in Europa und
auf andere Bereiche der Erde?
Zur Beantwortung dieser für Klima – und Mensch – grundlegenden Fragen unternimmt das Alfred-WegenerInstitut Schiffsexpeditionen mit dem Forschungseisbrecher ‚Polarstern’ und führt Flugzeugmessprogramme sowie Landexpeditionen durch. Diese detaillierten Beobachtungen und Prozessstudien nutzen unsere Forscher,
um optimierte gekoppelte Klimamodelle zu entwickeln, die aufzeigen, wie sich geänderte Bedingungen im
Klimasystem regional und lokal auswirken. Und nicht zuletzt dienen wissenschaftlich fundierte Daten wie
Szenarien des Alfred-Wegener-Instituts dazu, Politik, Wirtschaft, Behörden und die breite Öffentlichkeit bei
Entscheidungen zur Regionalentwicklung beratend zu unterstützen.
5
Abb 1: Schematische
Darstellung der Forschungsgebiete
(Grafik: Klaus Dethloff, AWI
Potsdam)
Verbessertes ­Verständnis arktischer Klima­­
änderungen durch ­Messungen und ­Modellierung
Die Arktis spielt im globalen Klimasystem eine entscheidende Rolle. Verantwortlich dafür sind un­
ter anderem Schnee und Eis, mit denen die Arktis überwiegend bedeckt ist. Sie üben einen starken
­Einfluss auf die Energiebilanz in Bodennähe aus und damit auch auf die globale Zirkulation der
­Atmosphäre und des Ozeans. Das arktische Klima hat wesentliche Änderungen erfahren. Die offen­
sichtlichste davon ist die Abnahme der Meereisbedeckung in den letzten Jahrzehnten.
Hierzu haben sowohl der durch den Menschen
verstärkte Treibhauseffekt als auch die natürliche
Variabilität der Prozesse in der Arktis beigetragen.
Letztere resultiert unter anderem aus komplizierten Rückkopplungen im System Atmosphäre-LandEis-Ozean, an denen Eis, Wolken, Wasserdampf,
Aerosole und Ozon beteiligt sind. Für deren Erforschung ist eine Kombination von Messungen
unter arktischen Bedingungen und Computer-Simulationen (Modelle) erforderlich.
Klimadynamik
Simulationen mit Erdsystemmodellen haben
noch große Unsicherheiten bei der Abschätzung
zukünftiger Klimaänderungen in der Arktis und
damit auch bei der Einschätzung, inwieweit arktische Prozesse zu globalen Klimaänderungen
beitragen.
Das am AWI entwickelte regionale Klimamodell wird eingesetzt, um die Klimavariabilität und
Klimaänderungen in der Arktis zu verstehen und
zu quantifizieren. Dies geschieht in Verbindung
mit der Analyse von Messdaten von Bodenstationen, Radiosonden, Flugzeugen und Satelliten.
6
Messungen und ­Modellierung
Darüber hinaus wurde ein solches regionales
Klimamodell verwendet, um atmosphärische
Messungen zu analysieren, die ein Mitarbeiter
des AWI Potsdam während der mehrmonatigen Drift der russischen Station NP-35 auf dem
arktischen Meereis durchführte. Auf Grund der
Messergebnisse konnten die im Modell enthaltenen mathematisch-physikalischen Beschreibungen von kleinräumigen Prozessen verbessert
werden. Ferner wurde ein regionales gekoppeltes Atmosphäre-Eis-Ozean-Klimamodell über
mehrere Jahrzehnte integriert, um die arktischen
sommerlichen Meereisänderungen in den letzten
60 Jahren zu verstehen. Um Meereis-Anomalien
realistisch zu simulieren, müssen die atmosphärische und ozeanische Zirkulation, das winterliche
Eiswachstum sowie die Eis-Albedo-Rückkopplung
korrekt beschrieben werden.
Die regionalen Prozessstudien tragen dazu
bei, die globalen Erdsystemmodelle zu verbessern. Diese Ergebnisse fließen in den kommenden
IPCC-Report ein und helfen der Gesellschaft, sich
auf zukünftige Umweltveränderungen vorzubereiten.
Abb 2: Mittlere Eisbedeckung auf
dem ­Arktischen Ozean
Satelliten-Messung
10
20
30
40
50
10
60
70
80
20
10
Standard-Modell
10
20
30
40
90
30
20
40
30
40
50
50
60
50
70
80
60
90
60
Verbessertes
10
20
30 Modell
40
50
70
70
80
80
60
70
80
im September der Jahre 1988
bis 2000 [in Prozent der Fläche]
von ­Satellitenmessungen (SSM/IDaten) und zwei Simulationen des
­gekoppelten regionalen Klimamodells
HIRHAM-NAOSIM. Gegenüber der
Standard-Version von HIRHAM­NAOSIM (Mitte) enthält die verbesserte Version (rechts) eine neue,
weitaus komplexere Beschreibung
der Wechselwirkungen zwischen
Atmosphäre und Meereis. Dadurch
wird eine realistischere Darstellung
der für den sommerlichen Eisrückgang
wichtigen Eis-Albedo-Rückkopplung
erzielt, wodurch die Abweichungen
des Modells von den Satellitenmessungen reduziert werden.
90
90
90
(Grafik: Wolfgang Dorn, AWI Potsdam)
4.5
4.54.5
44
2
1.5
1
11:48
Höhe [km]
2.5
35.00
30.00
25.00
20.00
35.00
15.00
30.00
10.00
25.00
20.007.00
15.006.00
10.00
5.00
7.00
6.004.00
5.003.00
4.002.50
3.00
2.00
2.50
2.001.50
1.501.20
1.201.10
1.10
1.05
1.05
1.001.00
0.980.98
3.53.5
3
Höhe [km]
Höhe [km]
3.5
33
2.52.5
22
1.51.5
11
11:48
11:51
11:54
11:57
12:00
12:03
12:06
12:09
12:12
11:51 11.48
11:54
12:00 12.00
12:0312.03
12:06
11.51 11:57
11.54 11.57
12.06 12:09
12.09 12:12
12.12
Zeit [UTC]
Zeit [UTC]
Zeit [UTC]
Troposphärische Aerosole
Aerosole in der arktischen Troposphäre beeinflussen den Strahlungshaushalt und die Eigenschaften arktischer Wolken. Umfangreiche Messungen werden durchgeführt, um diese Effekte
bestmöglich in Klimamodellen berücksichtigen
zu können. Zu diesem Zweck haben Forscher
des AWI zusammen mit US-amerikanischen und
kanadischen Institutionen eine Reihe von Flugzeugfeldmessungen in der zentralen Arktis durchgeführt. Aerosolverteilung und meteorologische
Parameter wurden in vertikalen und horizontalen
Schnitten bestimmt, mit besonderem Augenmerk
auf die atmosphärische Grenzschicht.
Zur Untersuchung der arktischen atmosphärischen Grenzschicht wurden an der deutschfranzösischen Arktis-Forschungsbasis AWIPEV auf
Spitzbergen ein mobiles Lichtradar (Lidar), Fesselballone und Energiefluss-Messsysteme aufgebaut.
In einem speziellen Atmosphären-Observatorium
der AWIPEV-Basis werden vertikale Aerosol-,
Ozon- und Treibhausgas-Profile bestimmt. Meteorologische Beobachtungen liefern Daten der
wichtigsten Parameter, um Klimaveränderungen
zu ermitteln. Diese Messungen werden kontinuierlich über das ganze Jahr durchgeführt.
Abb 3: Unsichtbare Eiswolke
Beobachtung einer unsichtbaren Eiswolke
mittels flugzeuggetragenem Lidar in
der Nähe von Spitzbergen (Arktis) am
10. April 2007. Das farbkodierte Rückstreuverhältnis zeigt ihre vertikale und
horizontale Erstreckung. Solche Wolken
haben einen signifikanten Einfluss auf den
Strahlungshaushalt, insbesondere in der
Polarnacht.
Je intensiver die Farbe (gelb, orange), desto stärker ist die Rückstreuung der Wolke.
(Grafik: Astrid Lampert, AWI Potsdam)
Jahr
Ozonverlust [DU = „Dobson Units“]
4
1995
2000
2005
140
120
100
80
60
40
20
Stratosphärisches Ozon
Die chemisch bedingten Störungen der Ozonschicht in den Polarregionen sind eines der stärksten Signale für Veränderungen in der Atmosphäre.
Zumindest in der Antarktis tragen Ozonschichtänderungen wesentlich zur allgemeinen Klimaentwicklung bei. Die Rolle der polaren Ozonschicht
im Klimasystem muss besser verstanden werden,
um zuverlässigere Abschätzungen der zukünftigen Klimaentwicklung zu ermöglichen. Das AWI
verwendet hierzu Messungen und Modelle von
atmosphärischen Prozessen in den Polargebieten.
So wurden vom AWI Potsdam durch Koordination
internationaler Messkampagnen unter Beteiligung
von ca. 40 Messstationen („Match-Verfahren“)
deutliche chemische Ozonverluste in der arktischen Stratosphäre nachgewiesen und genau
quantifiziert. Dabei gelang es, den anthropogenen Anteil des Ozonverlusts von der natürlichen
Ozonvariabilität zu isolieren. Die inzwischen
langfristige Reihe dieser Messungen erlaubt es,
den Zusammenhang von Klimaänderungen und
Ozonverlusten über der Arktis zu untersuchen
und die sensitive Reaktion des Ozons auf Temperaturänderungen zu bestimmen.
Eine den Luftmassen folgende Modellierung
wird verwendet, um die am chemischen Ozonabbau beteiligten Reaktionen mit Hilfe von Messdaten aus der Stratosphäre zu studieren. Dieses Verfahren ist eine wertvolle Ergänzung der bislang
verwendeten Messungen im Labor.
0
0
20
40
60
VPSC [106 km3]
Geografische Ausdehnung Polarer Stratosphärischer ­Wolken („polar stratospheric clouds“
= PSC) als Wolkenvolumen über den Winter
gemittelt (VPSC). Sie bilden sich umso stärker,
je kälter die Stratosphäre ist.
Abb 4: Chemischer Ozonabbau
in zwölf Wintern
So genannte Polare Stratosphärische
Wolken (PSC) spielen eine Schlüsselrolle im Ozonabbauprozess.
Die Ergebnisse zeigen, wie der
anthropogene Ozonabbau durch
natürliche Jahr-zu-Jahr-Variabilität der
stratosphärischen Temperaturen und
der daraus folgenden Variabilität der
PSC-Ausdehnung moduliert wird. Die
Messungen erlauben, den Zusammenhang zwischen stratosphärischen
Temperaturänderungen und Ozon­
abbau empirisch zu quantifizieren,
und tragen damit zu zuverlässigeren
Vorhersagen künftiger Ozonverluste
in Klimaänderungsszenarien bei.
(Grafik: Markus Rex, AWI Potsdam)
7
Abb 1: Seerauch über
teilweise eisbedecktem
Ozean. Seerauch kann sich
bilden, wenn viel kältere
Luft über warmes Wasser
strömt.
Foto: Jörg Hartmann, AWI
Physikalische Prozesse in der polaren Atmosphäre
Das Klima, also das typische Wetter innerhalb längerer Zeitabschnitte (z. B. 30 Jahre)
einschließlich seiner Variabilität, entsteht aus dem Zusammenspiel von vielen Einzel­
prozessen im Erdsystem in Kombination mit den solaren und terrestrischen Gegebenhei­
ten. Solche Prozesse in der Atmosphäre sind u. a. die Wolken- und Niederschlagsbildung,
der Strahlungstransfer und der Vertikalaustausch von Wärme, Masse und Impuls.
Abb 2: Das Forschungsflugzeug ,Polar 5‘ des AWI
im Einsatz in der Antarktis.
Foto: Gerit Birnbaum, AWI
8
Atmosphäre
Am AWI werden physikalische Prozesse in der
polaren Troposphäre einschließlich der Wechselwirkungen zwischen Atmosphäre und Meereis
sowie Ozean untersucht, wobei der Schwerpunkt
auf Prozessen mit räumlichen Abmessungen von
ca. 1 bis 50 km liegt. Als Beispiel für ein Phänomen in der polaren Atmosphäre, bei dem die genannten Vorgänge relevant sind, sei der Seerauch
über teilweise eisbedecktem Ozean erwähnt, wie
er in Abbildung 1 über den eisfreien Rinnen zu
sehen ist.
Zur Untersuchung der Vorgänge werden Daten auf Expeditionen wie auch über Jahrzehnte
hin­weg an Observatorien erhoben, größere Regionen mit Fernerkundungsverfahren beobachtet,
physikalisch-mathematische Atmosphärenmodelle entwickelt und hiermit Wetterentwicklungen
simuliert sowie die Qualität von Modelldatensätzen für Polargebiete mittels in situ Messungen
überprüft. Zusammensetzen und Interpretation
von vielen physikalischen Details dienen dazu,
die kurzzeitigen Prozesse besser zu verstehen und
Methoden zu entwickeln, mit denen die Auswirkungen solcher Vorgänge in größerskaligen Modellen besser berücksichtigt werden können.
Hier sollen zwei unserer Forschungsthemen
angesprochen werden.
Das erste Thema ist die Untersuchung der
Wechselwirkung zwischen Eis, Ozean und Atmosphäre über dem antarktischen Meereis. Hierzu
fand im Februar und März 2010 in Kooperation
mit dem British Antarctic Survey (BAS) eine Flugzeugkampagne über dem Gebiet der Weddell-See
in der Antarktis statt. Einige Flüge erfolgten weit
im Süden über der Region Ronne Polynya, wo zuvor nur sehr wenige atmosphärische Messungen
vorlagen. Das Gebiet ist wichtig, weil hier das
Packeis durch die vom angrenzenden Schelfeis
herabfließende Kaltluft nach Norden abgedrängt
wird, so dass sich ein bis zu 100 km breites, zunächst eisfreies, später mit nur dünnem Neueis
Abb 3: Wärmeflüsse und Temperaturen
Das zweite Thema betrifft den Niederschlag,
eine wichtige Größe zur Charakterisierung von
Wetter und Klima. In polaren Regionen ist die
Niederschlagsmessung besonders schwierig, und
es liegen nur sehr wenige Messungen vor. Daher kommt der Modellierung des Niederschlags
eine große Bedeutung zu. Wir benutzen hierzu
am AWI das hochauflösende Wettervorhersagemodell ­COSMO des Deutschen Wetterdienstes,
das an antarktische Bedingungen angepasst wurde. So können Informationen über die räumliche
und zeitliche Veränderlichkeit des Niederschlages gewonnen werden. Abb. 4 zeigt als Beispiel
die simulierte Niederschlagsverteilung über dem
Königin-Maud-Land in der Antarktis für eine
mehrtägige Episode. Das Wetter war geprägt vom
Durchzug mehrerer Tiefdruckgebiete, deren Fronten Niederschlag bis weit in Königin-Maud-Land
hinein brachten. Die Verteilung des Niederschlags
wird stark durch die jeweilige Zugbahn der Fronten, aber auch durch den Anstieg zum antarktischen Plateau beeinflusst. Auf dem Plateau, wo
diese Effekte schwächer sind, sieht man in Abbildung 4 allerdings keine monotone Abnahme des
Niederschlags zum Inneren der Antarktis hin. Es
gibt Hinweise darauf, dass hier die durch das Gebirge initiierte Wellenbewegung der Luft sekundäre Niederschlagszellen auslöst.
Die Verbesserung der Methoden zur Beschreibung von Wolken und Niederschlag sowie die
Simulation von Niederschlagsverteilungen einschließlich der Auswertung sind weiterhin wichtige Forschungsthemen.
Wärmeflüsse und Temperaturen, die während
eines Fluges mit Polar 5 am 20. Februar 2010
quer über der Ronne Polynya gemessen wurden.
Der Flug führte in niedriger Höhe von Süden
aus zunächst über das Schelfeis nach Norden,
dann quer über die Polynya und weiter über
das angrenzende Packeis. Spitzen der Oberflächentemperatur weisen auf Rinnen hin. Zum
Zeitpunkt dieses Messfluges war die Polynya nur
etwa 25 km breit.
Grafik: Christof Lüpkes, AWI
Wärmefluss (Wm-2 )
250
200
150
100
50
0
0
Temperatur (°C)
bedecktes Gebiet (Polynya) längs des Schelfeises
entwickeln kann. Die ,Polar 5‘ (Abb. 2), das Forschungsfluzeug des AWI, war für diese Aufgabe
mit speziellen meteorologischen Instrumenten
ausgestattet, die Größen wie Wind, Temperatur
und Feuchtegehalt der Luft, Eis- und Wasseroberflächentemperatur usw. sehr präzise mit hoher
Abtastrate messen können.
Aus solchen hochfrequenten Messungen lassen sich u. a. die Energieflüsse zwischen Atmosphäre und Untergrund berechnen. Die erste Auswertung der gewonnenen Daten zeigt, dass der
Ozean über der Polynya trotz der abschirmenden
Wirkung einer dünnen Neueisbedeckung Wärme
von bis zu 200 Watt/m2 an die Atmosphäre abgibt (Abb. 3). Auch über den zahlreichen nördlich der Ronne Polynya beobachteten eisfreien
Rinnen im Packeis konnten wir deutliche Signale
des Wärmeflusses messen. Die Daten werden von
uns zur Überprüfung unserer Prozessmodelle benutzt, mit denen wir z. B. die Wechselwirkungen
zwischen Atmosphäre und Meereis bzw. Ozean
über solchen Rinnen berechnen können. So ermöglicht die Kombination von Messung und Modellierung die Entwicklung von Verfahren, mit denen die kleinräumigen Vorgänge über den Rinnen
in Wetterprognose- und Klimamodellen besser als
bisher erfasst werden.
Oberfläche
30 m Höhe
-5
-10
-15
-20
-10
0
10
20
30
Abstand von der Schelfeiskante (km)
2000km
40
50
-65
1500km
-70
1000
3000
2000
1000km
1000
2000
Abb 4: Simulierte horizontale Verteilung der
Niederschlagssummen
(in mm Wasserhöhe) für
den Zeitraum 2. bis 12.
Februar 1999. Verwendung
des COSMO-Modells des
Deutschen Wetterdienstes.
Grafik: Ulrike Wacker, AWI
-75
500km
1000
-80
1000
500km
0
1
2
3
1000km
5
7
10
1500km
15
20
30
2000km
50
75
100
mm Wasserhöhe
9
Start einer Ozonsonde
aus der Ballonfüllhalle
auf dem Dach von
,Neumayer-Station III‘
Langzeit-Messreihen zeigen: O
­ zonschicht
über der Antarktis konnte sich noch nicht erholen
Im Jahre 1985 wurde das Ozonloch über der Antarktis entdeckt. Die Vermutung,
dass Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) aus Kühlschränken und Spraydosen die
Ozonschicht schädigen, wurde in der Fachwelt bereits lange diskutiert. Doch einen
messbaren Schwund der Ozonschicht fand man zum ersten Mal ausgerechnet in der
Antarktis, weit entfernt von allen anthropogenen FCKW-Quellen der Erde.
Diese Entdeckung hatte eine große Bedeutung
weit über die Antarktis hinaus, denn sie führte 1987 zum Montrealer Protokoll, in dem sich
die Unterzeichnerstaaten zu einer vollständigen
Abschaffung von Ozon zerstörenden Substanzen
verpflichtet haben. Zeitgleich zur Entdeckung
des Ozonlochs an der britischen Antarktisstation Halley begannen Ozonmessungen mittels
Wetterballons an der ,Georg-Forster-Station‘ der
Deutschen Demokratischen Republik. Nach der
Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten übernahm 1992 die Neumayer-Station dieses
Messprogramm und führt es bis zum heutigen
Tag kontinuierlich fort. Beide Stationen liegen im
Königin-Maud-Land der Antarktis auf ca. 70° südlicher Breite. Ihre Messungen bilden eine einzigartige kontinuierliche Zeitserie von nunmehr über
25 Jahren Länge: Rekord in der Antarktis!
10 Ozonschicht
Täglich werden auf Neumayer Wetterballone
gestartet. Die mit Helium gefüllten Kautschukballone erreichen in ca. 2 Stunden eine Höhe von
bis zu 37 km, bevor sie platzen. Eine kleine, an
den Ballon gebundene Radiosonde misst in dieser
Zeit die Temperatur, Feuchtigkeit sowie den Wind.
Einmal in der Woche wird ein besonders großer
Wetterballon verwendet, welcher zusätzlich zur
Radiosonde auch eine Ozonsonde trägt.
Solche Messungen sind teuer und aufwendig.
Im Gegensatz zu optischen Verfahren – welche in
der Regel nur das Totalozon der gesamten Luftsäule über einem Messort liefern – bieten Ozonsonden eine Höhenauflösung des Ozonprofils
von ca. 25 m. Auf diese Weise lassen sich die dramatischen Änderungen, welche im antarktischen
Frühjahr innerhalb der Ozonschicht stattfinden,
genau studieren.
Höhe (m)
Ozon (mPa)
25
40.000
20
30.000
10.000
1985
1990
1995
2000
2005
2010
0
10
5
0
menbruch des stratosphärischen zirkumpolaren
Wirbels über der Antarktis dazu geführt, dass warme und ozonreiche Luft aus den niederen Breiten in den Bereich über der Antarktis eindringen
konnte.
Obwohl das Montrealer Protokoll sehr erfolgreich die Produktion von FCKW unterbunden hat,
zeigen die Messungen an der Neumayer-Station
noch keine Erholung der Ozonschicht. Die Regeneration der Ozonschicht wird jedoch in den
nächsten Dekaden erwartet. Neumayer wird auch
bei der Erforschung dieses Prozesses weiterhin
eine wichtige Rolle spielen, denn mit dem 2009
fertiggestellten Neubau der Station ist die Fortführung dieser Messungen gesichert.
Wie Abbildung 1 und 2 zeigen, beschränkt
sich der dramatische Ozonabbau auf bestimmte
Höhen (15 bis 18 km) und Jahreszeiten. In den
letzten 25 Jahren hat der Ozonpartialdruck im antarktischen Frühjahr (September bis November) im
Mittel abgenommen (Abb. 3). Lagen in den 80er
Jahren die mittleren Werte in der Ozonschicht
noch bei 6 mPa, wird in den letzten Jahren nur
noch die Hälfte davon gemessen. Im Gleichtakt
zum Ozonpartialdruck hat sich auch die Temperatur in dieser Höhe und Jahreszeit verändert.
Ein Großteil dieses Trends wird dem chemischen Ozonabbau durch anthropogene FCKW
zugesprochen. Doch auch dynamische Prozesse
sind sichtbar. So hat 1988 sowie 2002 ein Zusam-
Ocean Data View
15
20.000
Abb 2: Ozon-Höhenprofile
Abb 3: Zeitserien
Ozon-Höhenprofile, gemessen über
der ,Neumayer-Station‘. Die dramatische Ozonzerstörung im antarktischen
Frühjahr führte im Oktober 2006 zum
vollständigen Schwund der Ozonschicht.
Zeitserien der über September bis
November gemittelten Ozonpartial­
drucke (rot) und Temperaturen (blau)
15 bis 18 km über den Stationen
Georg-Forster und Neumayer.
Abb 1: Zeit-Höhenschnitt
des Ozonpartialdruckes
über den Antarktisstationen
Georg-Forster und Neumayer. In den Höhen zwischen
10.000 und 25.000 m
liegt die Ozonschicht,
erkennbar an den gelb und
rot dargestellten hohen
Ozonwerten. Im antarktischen Frühjahr zwischen
September und November
wird die Ozonschicht
regelmäßig geschwächt
und weist in einigen Jahren
lokale Minima (blau) statt
Maxima (rot) auf.
Grafik: Gert König-Langlo, AWI
Grafik: Gert König-Langlo, AWI
Grafik: Gert König-Langlo, AWI
30
Höhe (km)
25
20
15
10
-55
10
-60
8
-65
-70
6
-75
4
-80
2
5
0
-50
12
0
2
4
6
8
10
12
Ozon Partialdruck (mPa)
14
16
18
0
1984
Temperatur (°C)
5. August 2006
23. August 2006
9. September 2006
5. Oktober 2006
Ozonpartialdruck (mPa)
35
-85
1988
1992
1996
2000
Jahr
2004
2008
-90
2012
11
Abb 1: Schleppsonde zur
Bestimmung der Dicke von
Meereis am Rumpf des
Polarforschungsflugzeugs
,Polar 5‘ in Fairbanks,
Alaska
Foto: Stefan Hendricks, AWI
Arktischer Meereisrückgang verursacht
Anomalien in Ozean und Atmosphäre
Die eisbedeckte Fläche im Nordpolarmeer variiert jahreszeitlich und erreicht im
­September ihr Minimum. In diesem Monat nimmt die eisbedeckte Fläche seit Beginn
der Satellitenmessungen im Mittel um 11 % pro Dekade ab. Während Anfang der
1980er Jahre typischerweise noch 7.5 Millionen km2 des Nordpolarmeers eisbedeckt
waren, liegen die Werte in den letzten Jahren um 5 Millionen km2, nachdem es einen
drastischen Rückgang im Jahr 2007 auf 4.3 Millionen km2 gegeben hatte.
Wegen seiner Schlüsselfunktion im Klimasystem als Mittler zwischen Ozean und Atmosphäre
sowie als Transportmedium für Süßwasser sind
diese Veränderungen bedenklich. Veränderungen
im arktischen Meereis schlagen sich in der ozeanischen und atmosphärischen Zirkulation nieder.
Darüber hinaus sind erhebliche Auswirkungen
auf Ökosysteme der Arktis und menschliche Aktivitäten dort zu erwarten.
Die sommerliche Eisbedeckung geht nicht kontinuierlich zurück, dem Trend sind starke Schwankungen von Jahr zu Jahr überlagert. Viele dieser
Schwankungen sind durch den Wind bedingt.
Langfristig sind aber die Eisdicke und die Prozesse
entscheidend, die das Eisvolumen im Nordpolarmeer bestimmen. Solange die Eisdicke in weiten
Teilen des Nordpolarmeers über einem kritischen
Wert liegt, wird das Eis im Sommer nicht vollständig schmelzen. Meereis geringer Dicke am Ende
des Sommers reicht aus, um die ozeanische Deckschicht von der Atmosphäre zu isolieren und die
solare Einstrahlung weitgehend zu reflektieren.
12 Meereisrückgang
Fällt die Eisdicke aber unter einen kritischen Wert,
dann reichen die thermodynamischen Effekte aus,
um große Teile des Nordpolarmeers gegen Ende
des Sommers eisfrei zu machen.
Arktisweite Eisdickenmessungen liegen bisher
nur in geringem Umfang vor. Bisherige Messungen von U-Booten erfassen nicht das gesamte
Nordpolarmeer, und Abschätzungen der Eisvolumenänderung können eventuell durch Umverteilung des Eises in den nicht erfassten Teil verfälscht
sein. Unstrittig ist aber ein erheblicher Rückgang
des Eisvolumens seit den 1960er Jahren. Das
AWI hat mit elektromagnetischen (EM-)Messungen vom Hubschrauber und vom Flugzeug aus
Aufnahmen der Eisdicken in der Region nördlich
der Framstraße und in der westlichen Arktis unternommen (Abb. 1 u. 2). Eine flächenhafte Beobachtung ist damit zwar nicht erreichbar, diese
Messungen werden aber für die Kalibrierung und
Validierung zukünftiger Dickenmessungen vom
Satelliten eine große Rolle spielen.
Tiefgang(m)
/ Freibord (m)
Abb 2: Eisdickenprofil
22
00
Eisdickenprofil im
Arktischen Ozean,
gemessen im Frühjahr
2009 mit dem EM-Bird.
Die Eisdicke setzt sich
aus dem Anteil des Eises
unter (Tiefgang) und über
der Wasseroberfläche
(Freibord) zusammen.
Freibord
Tiefgang
-2
-2
-4
-4
-6
-6
-8
-8
-10
-10
-12
-12
-14
-14
0.9
0.7
0.5
0.3
0.1
–0.1
–0.3
–0.5
–0.7
–0.9
–1.1
–1.3
–1.5
–1.7
–1.9
–2.1
–2.3
–2.5
Abb 3: Anomalie des
­Bodenluftdrucks (in hPa)
von Juli bis September
aufgrund von Ozeanoberflächentemperatur- und
Eisanomalien, wie sie im
Sommer 2007 aufgetreten
sind. Über den sibirischen
Schelfmeeren ist eine ausgeprägte Tiefdruckanomalie
von bis zu 2 hPa zu sehen.
Grafik: Jonas Blüthgen, AWI
Die starken Eisanomalien der letzten Sommer
provozieren die Frage nach deren Auswirkungen.
Modellsimulationen zu den Auswirkungen der
Anomalien des Jahres 2007 in Meereiskonzentration und Ozeanoberflächentemperatur liefern
eine Tiefdruckanomalie über dem nördlichen Sibirien und eine Hochdruckanomalie über Kanada
und Grönland (Abb. 3). Insgesamt stellt man eine
Tendenz zu mehr meridionalen Winden (die im
Wesentlichen parallel zu den Längenkreisen, also
entweder in Süd-Nord-Richtung oder umgekehrt
orientiert sind) und damit möglicherweise höheren Schwankungen der Lufttemperaturen auch in
mittleren Breiten fest. Außerdem gibt es Hinweise
auf eine gegenseitige Verstärkung von Meereisund Windanomalien.
Das Nordpolarmeer nimmt Süßwasser von
Flüssen auf, die Asien nördlich des Himalaya
entwässern. Es empfängt damit einen Anteil des
gesamten festländischen Abflusses, der weit über
den Flächenanteil des Nordpolarmeers am globalen Ozean hinausgeht. Im Gleichgewicht muss
Grafik: Stefan Hendricks, AWI
00
11
2
3
4
6
5
Abstand
Abstand(km)
(km)
7
8
9
10
10
Atmosphäre
Atmosphäre
Meereis
Meereis
Nordpolarmeer
das Nordpolarmeer ebenso viel Süßwasser exportieren, wie ihm aus den verschiedenen Quellen
zufließt. Der südwärts gerichtete Transport von
wenig salzhaltigem Meereis durch die Framstraße
ist eine wichtige Senke für Süßwasser im Nordpolarmeer.
In Zukunft erwarten wir mehr Niederschlag
über dem Nordpolarmeer und einen verstärkten festländischen Abfluss, so dass das Nordpolarmeer noch mehr Süßwasser erhält als bisher
schon. Gleichzeitig nimmt das Meereis in Fläche
und Volumen ab und damit auch der Export von
Meereis durch die Framstraße. Im Gleichgewicht
muss also wesentlich mehr Süßwasser durch den
Ozean nach Süden transportiert werden als bisher. In einer Anpassungsphase kann es zu einer
Abnahme des mittleren Salzgehalts im Nordpolarmeer kommen (Abb. 4), was Folgen für den
regionalen Meeresspiegel und den Austausch mit
dem Europäischen Nordmeer hätte.
Nordpolarmeer
Abb 4: Schematische
Darstellung der Süßwasser­
bilanz des heutigen Nord­
polarmeers (links) und der
zukünftig zu erwartenden
Süßwasserbilanz (rechts).
Die roten Pfeile zeigen
Richtung und Stärke von
Süßwassertransporten
zwischen den Reservoiren
(Atmosphäre, Meereis,
Ozean) und des Austauschs
mit niedrigeren Breiten an.
Die Menge des Süßwassers
nimmt im Meereis ab, im
Nordpolarmeer hingegen
zu.
Grafik: Rüdiger Gerdes, AWI
13
HAFOS erfasst längerfristige Veränderungen im Ozean
Die polaren Ozeane wirken in dreifacher Weise im Klimasystem: Sie stellen einen gewal­
tigen Wärmespeicher dar, der Veränderungen in der Atmosphäre dämpft; über Absink- und
Aufquellprozesse kontrollieren sie die globale Umwälzbewegung, die mit einem Wärme­
transport von den niedrigen in die hohen Breiten verbunden ist, und über die Wechsel­
wirkung mit dem Meereis beeinflussen sie den globalen Strahlungshaushalt.
68
Breite (° Süd)
Salzgehalt 1992
(g/kg)
1992 −(g/kg)
Salzgehalt (g/kg)
− Salzgehalt
3000
4000
5000
1998
66 68
68
64 66 62 64 60 62 58 60 56 58
Breite (° Süd)
Breite (° Süd)
Temperatur
(°C) (°C)
1998 − Temperatur
(°C)
1998 − Temperatur
2000
3000
4000
Tiefe (m)
4000
2000
3000
4000
5000
5000
56
2000
68
66 68 64 66 62 64 60 62 58
Breite (° Süd)
0
1000
1000
1000
1000
2000
2000
2000
2000
2000
2000
5000
5000
56
56
68
0
4000
68
3000
4000
5000
3000
4000
4000
5000
5000
56 64 66 62 64 60 62 58 60 56 58
68 58 66 68
66 68 64 66 62 64 60 62 58 60 56
Breite (° Süd)
Breite (° Süd)
Breite (° Süd)
Breite (° Süd)
66 199864
62 −(g/kg)
60
58
68
60
58
2005 −66
Temperatur
(°C) 62
1998
Salzgehalt
(g/kg) 56
200564
− Temperatur
(°C)
− Salzgehalt
0
0
0
3000
56
0
68
66 68 64 66 62 64 60 62 58
Breite (° Süd)Breite (° Süd)
0
2000
2000
2000
2000
2000
2000
4000
4000
4000
4000
3000
4000
3000
4000
3000
4000
Tiefe (m)
2000
Tiefe (m)
2000
Tiefe (m)
1000
Tiefe (m)
1000
Tiefe (m)
1000
Tiefe (m)
1000
3000
56
66 200564
62 −(g/kg)
60 58(g/kg)56
− Salzgehalt
2005
Salzgehalt
1000
3000
58
4000
1000
14 Ozean
3000
60 56
3000
1000
3000
56
5000
68
56
58
0
Tiefe (m)
4000
3000
0
Tiefe (m)
3000
Tiefe (m)
0
1000
Tiefe (m)
0
1000
0
60 56
Breite (° Süd)
Salzgehalt 1998
(g/kg)
1998 −(g/kg)
Salzgehalt (g/kg)
− Salzgehalt
1000
Tiefe (m)
Tiefe (m)
0
66 68 64 66 62 64 60 62 58 60 56 58
Breite (° Süd)
Breite (° Süd)
68
66 199864
62 (°C)
60
58
− (°C)
Temperatur
1998 − Temperatur
0
3000
5000
Tiefe (m)
Tiefe Temperatur
(°C) Temperatur (°C)
1992 − (°C)
1992 − Temperatur
0 0 m 0
1000 m
1000
1000
2000
2000 m
2000
3000
3000 m
3000
4000
4000 m
4000
5000
5000
5000 m
Tiefe (m)
Tiefe (m)
1992
2000
nationalen Organisationen wie dem WeltklimaForschungsprogramm (WCRP) getragen werden.
Ziel dieser internationalen Beobachtungssysteme
ist es, Messungen mit ausreichender zeitlicher
und räumlicher Abdeckung zu ermöglichen, mit
denen längerfristige Veränderungen im Ozean erfasst werden können.
Dies ist notwendig, um zu analysieren, inwieweit die erkennbaren Veränderungen durch
natürliche und/oder anthropogene Ursachen ausgelöst werden. Dabei spielen biogeochemische
Veränderungen zunehmend eine Rolle und sollen
mit erfasst werden. Da natürliche und anthropogene1992
Ursachen
nur im Modell eindeutig getrennt
− Temperatur
(°C)
1992 −(g/kg)
Salzgehalt (g/kg)
1992 − Temperatur
(°C)
1992 − Salzgehalt
0
0
werden können, sind Modellvalidierung
und Ver1000
1000
besserung durch langfristige Messungen unumTiefe (m)
Tiefe (m)
Grafik: Gerd Rohardt, AWI
Tiefe (m)
und die Zunahme des
Salzgehalts im Atlantischen
Sektor des Südlichen
Ozeans von 1992 bis 2008,
gemessen entlang des
Meridians von Greenwich.
Rote Flächen sind wärmer
und salzreicher als der
Durchschnitt, blaue kälter
und salzärmer. Über diesen
Zeitraum haben Temperatur
und Salzgehalt deutlich
zugenommen.
Tiefe (m)
Abb 1: Die Erwärmung
Biogeochemische und physikalische Prozesse
üben umfassende Einflüsse auf das Ökosystem
Ozean aus, dessen Zustand sich sowohl auf die
Nutzung der lebenden Ressourcen als auch auf
die CO2-Konzentration der Atmosphäre auswirkt.
Die Untersuchung dieser Prozesse erfolgt
durch Messungen im Ozean. Dazu finden einerseits relativ kurze Prozessstudien statt, andererseits erfordert die Messung von Klimavorgängen
lange Zeitreihen, die nur durch die Einrichtung
von Messsystemen erhalten werden können.
Derartige Anstrengungen sind im HAFOS-Projekt
(Hybrid Arctic/Antarctic Float Observing System)
zusammengefasst. HAFOS ist ein Beitrag zum
0
0
Arktischen und zum Südlichen Ozean-Beobach1000
1000
tungssystem, die von den bestimmenden
inter-
3000
4000
2
1.52
Temperaturabweichung
Temperaturabweichung
(°C) (°C)
gänglich, um dieses Ziel zu erreichen. HAFOS ist
ein Beitrag, diese global gedachten Systeme auch
in den polaren Ozeanen zu etablieren. Bei der
Untersuchung der Wirkung des Ozeans als Wärmespeicher ist von Bedeutung, ob und wie die
Erwärmung die tieferen Wasserschichten erreicht
(Abb. 1).
Natürliche Systeme sind einer Vielzahl von
Fluktuationen unterworfen, die nur bei ausreichender Auflösung richtig erkannt werden können. Daher sind Schiffsmessungen mit variablen
Zeitabständen (bis zu mehreren Jahren) keine
ausreichende Grundlage, um längerfristige Veränderungen quantitativ zu diagnostizieren, sondern
sie müssen durch quasi-kontinuierliche Messungen mit autonomen Systemen an Schlüsselpunkten vervollständigt werden (Abb. 3). Mehrjährige
bis dekadische Veränderungen vollziehen sich
in räumlich komplizierten Bewegungsverläufen.
Lokale Messungen müssen daher durch eine
großräumige/flächendeckende
Datenerfassung
ergänzt werden.
Abb 2: HAFOS besteht aus
verankerten Geräten, frei
driftenden Floats und Eisplattformen, die Daten von
Sensoren unter dem Meereis
erhalten. Die Daten werden
über Satelliten an Landstationen übertragen.
1.51
0.5
1
0
0.5
-0.5
0
Grafik: Frauke Thiele-Wolff, AWI
-1
-0.5
-1.5
-1
-2
-1.5
1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2
Abb 3: Zeitreihe Temperaturen
Jahre
-2
1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2
Jahre
Zeitreihe der Temperaturabweichung
und des Wärme­inhalts des atlantischen Wassers (T>2 °C) relativ zum
langjährigen (1997–2009) Mittelwert
aus der Framstraße gemessen im
West-Spitzbergen-Strom. Deutlich sind
die mehrjährigen Schwankungen zu
erkennen, die einem möglichen Trend
überlagert sind.
ganzjährige Messungen mit einem
verankerten Gerät (Verankerung F2,
Tiefe 250 m)
hochauflösende Temperaturschnitte,
­gemittelt in 50–500 m (wiederholt
jährlich in den Sommer-/Herbst­monaten
mit einer Sonde vom Schiff aus)
Grafik: Agnieszka Beszczynska-Möller, AWI
5000
5000
2005
66
68 64 66 62 64 60 62 58 60 56
Breite (° Süd)Breite (° Süd)
Temperatur
(°C) Temperatur (°C)
2005 − Temperatur
2005 −(°C)
5000
58
56
2000
3000
4000
5000
68
3000
4000
5000
2000
3000
4000
5000
66
68 64 66 62 64 60 62 58 60 68
56
Breite (° Süd)Breite (° Süd)
Salzgehalt 2005
(g/kg)
− Salzgehalt
2005 −
(g/kg)
Salzgehalt (g/kg)
0
0
0
2008
Tiefe (m)
2000
3000
4000
5000
58 66 68
56 64 66 62 64 60 62 58 60 56 58
Breite (° Süd)
Breite (° Süd)
Temperatur
(°C) (°C)
2008 − Temperatur
2008 − Temperatur
(°C)
0
56
58
56
66 68 64 66 62 64 60 62 58 60 56 58
Breite (° Süd)
Breite (° Süd)
56
Tiefe (m)
Tiefe (m)
Tiefe (m)
2000
Tiefe (m)
4000
Tiefe (m)
Tiefe (m)
3000
58
56
2000
3000
4000
5000
68
Salzgehalt 2008
(g/kg)
− Salzgehalt
2008 −(g/kg)
Salzgehalt (g/kg)
1000
1000
1000
1000
2000
2000
2000
2000
2000
2000
2000
2000
5000
4000
5000
68
66
3000
4000
5000
68 64 66 62 64 60 62 58 60 56
Breite (° Süd)Breite (° Süd)
68
66 200864
62 (°C)
60
2008 − Temperatur
−(°C)
Temperatur
4000
5000
58
56
68
58
56
68
66
1000
2000
2000
2000
2000
4000
4000
3000
4000
Tiefe (m)
1000
Tiefe (m)
0
1000
Tiefe (m)
0
3000
3000
4000
5000
3000
4000
5000
68 64 66 62 64 60 62 58 60 68
56 58 66 68
56 64 66 62 64 60 62 58 60 56 58
Breite (° Süd)Breite (° Süd)
Breite (° Süd)
Breite (° Süd)
66 200864
62 −(g/kg)
60
58
68
66
64
62
60
58
− Salzgehalt
2008
Salzgehalt
(g/kg) 56
0
1000
3000
0
3000
3000
4000
3000
4000
0
Tiefe (m)
4000
3000
0
Tiefe (m)
3000
Tiefe (m)
1000
Tiefe (m)
1000
Tiefe (m)
0
1000
Tiefe (m)
0
1000
Tiefe (m)
Tiefe (m)
68
Tiefe (m)
4000
2000
Tiefe (m)
4000
3000
Tiefe (m)
3000
Tiefe (m)
Tiefe (m)
0
Tiefe (m)
68
Tiefe (m)
5000
Tiefe (m)
4000
Tiefe (m)
3000
Tiefe (m)
Tiefe (m)
2000
Tiefe (m)
2000
0
1000
Tiefe (m)
2000
Tiefe (m)
Temperaturabweichung
Temperaturabweichung(°C)
(°C)
1000
Für lokale Messungen hoher Genauigkeit werden verankerte Geräte eingesetzt, die unterschiedliche Sensoren tragen. Flächenmäßig erfassende
2
Messungen erfolgen durch so genannte Floats,
d. h. frei treibende Plattformen, die im Ozean auf1.5
und abtauchen, um vertikale Profile zu messen.
1992 − Temperatur
1992 − Temperatur
(°C)
(°C)
1992 − Salzgehalt
1992 −(g/kg)
Salzgehalt (g/kg)
Die Daten werden über eine Satellitenverbindung
1
0 1
0
0
0
übertragen. Unter dem Eis erfolgt die Positionsbe1000
1000
1000
1000
0.5 2000
0.5
stimmung mit Hilfe von Schallquellen, die sich in
2000
2000
2000
3000
3000
3000
3000
den Verankerungen befinden. In der Arktis werden
0 4000
4000 0
4000
4000
auf Grund der längeren Lebensdauer des Meerei5000
5000
5000
5000
ses Eisplattformen eingesetzt, die an einem Draht
66 68 64 66 62 64 60 62 58 60 56 58
56
68
66 68 64 66 62 64 60 62 58 60 56
-0.5 68
-0.5
Breite (° Süd)
Breite (° Süd)
Breite (° Süd)
Breite (° Süd)
vertikal
profilierende
Geräte tragen. Steuerbare
1992 − Temperatur
1992 −(°C)
Temperatur (°C)
1992 − Salzgehalt
1992 −
(g/kg)
Salzgehalt (g/kg)
1998 − Temperatur
1998 − Temperatur
(°C)
(°C)
1998 − Salzgehalt
1998 −(g/kg)
Salzgehalt (g/kg)
0
0
0
0
0
Messplattformen, so genannte 0Gleiter,0 profilieren
-1-1
1000
1000
1000
1000
1000
1000
1000
ebenfalls vertikal, aber sie bewegen
sich dabei
2000
2000
2000
2000
2000
2000
2000
-1,5
-1.5
gezielt horizontal auf einem
vorgeschriebenen
3000
3000
3000
3000
3000
3000
3000
(Abb. 2) sind
4000 Messkurs. Im Rahmen von HAFOS
4000
4000
4000
4000
4000
4000
-2
5000 vom AWI Messungen vom Schiff
5000
5000 mit Veran5000
5000
5000
5000
aus,
1997
1998 1999
1999 2000
2000 2001
2001 2002
2002 2003
2003 3004
2004 2005
2005 2006
2006 2007
2007 2008
2008 2009
2009 2010
1997
1998
66 68 64 66 62 64 60 62 58 60 56 58
56
68
66 68 64 66 62 64 60 62 58 60 68
56 58 66 68
56 64 66 62 64 60 62 58 60 56 58
56
68
66 68 64 66
62 64 60 622010
58 60 56
kerungen,
Floats,
Breite (° Süd)
Breite (° Süd)Eisplattformen und Gleitern
Breite (°im
Süd)Breite (° Süd)
Breite (° Süd)
Breite (° Süd)
Breite (° Süd)
Breite (° Süd)
Jahr
Jahre
1998 − Temperatur
1998 −(°C)
Temperatur (°C)
1998 − Salzgehalt
1998 −
(g/kg)
Salzgehalt (g/kg)
2005 − Temperatur
2005 − Temperatur
(°C)
(°C)
2005 − Salzgehalt
2005 −(g/kg)
Salzgehalt (g/kg)
Ozean
und in
0 Südlichen Ozean, im Arktischen
0
0
0
0
0
0
1000 der Framstraße geplant.
1000
1000
1000
1000
1000
1000
5000
3000
4000
5000
56
68
56
68
Tiefe
0m
1000 m
2000 m
3000 m
4000 m
5000 m
66 68 64 66 62 64 60 62 58 60 56 58
Breite (° Süd)
Breite (° Süd)
66
64
62
60
58
56
56 Breite (° Süd)
15
Meeresspiegel im Nordatlantik in nur 15 Jahren um 6 cm gestiegen
Das Klima in Europa wird stark durch den Golfstrom und seine Fortsetzung, den
­Nordatlantikstrom, geprägt. Aus diesem Grund sind Veränderungen der Strömungs­
geschwindigkeit und der Wärmetransporte von großer Bedeutung für die Europäer. Mit
verschiedenen Messsystemen wird daher der Nordatlantik durchgehend beobachtet
und jeder Wechsel aufmerksam registriert.
Das Alfred-Wegener-Institut nutzt Satellitenmessungen und Ergebnisse von Driftbojen und
analysiert Strömungen, Wärmeinhalte, Wärmetransporte und den Meeresspiegel über viele
­Jahre.
Die meisten Daten beziehen sich auf regelmäßige Messungen der Tiefenschichtung von Temperatur und Salzgehalt. Sie stammen von frei in der
Strömung driftenden Bojen des ARGO-Programms
(Array for Real-time Geostrophic Oceanography).
Obwohl es weltweit über 3.000 Bojen gibt, bleiben immer wieder wichtige Teile des Meeres
unbeobachtet (Abb.1). Wir ergänzen daher die
direkten Messungen um Beobachtungen aus der
Satelliten-Fernerkundung. Mit Radarhöhenmessern werden der Meeresspiegel flächendeckend
überwacht und die Strömung im oberen Ozean
gemessen. Die verschiedenen Informationen über
den Nordatlantik assimilieren wir in ein Compu-
16 Meeresspiegel
termodell, so wie es auch in der Wettervorhersage
üblich ist. Es zeigt, dass im ganzen Nordatlantik
Temperatur und Salzgehalt erheblich schwanken.
Die Ergebnisse sind von Ort zu Ort sehr unterschiedlich. Über den ganzen Nordatlantik gemittelt beobachten wir einen Anstieg des Meeresspiegels von 6 cm in den letzten 15 Jahren.
Der Meeresspiegel steigt nicht nur im Nordatlantik langsam an. An verschiedenen Wasserstandspegeln werden sehr unterschiedliche Werte
beobachtet, aus denen erst ein weltweiter Mittelwert berechnet werden muss. Wir wenden dafür
die Methode der neuronalen Netze an, die uns
erlauben, Landbewegungen aus den Beobachtungen herauszukorrigieren. Demnach ist der Meeresspiegel im vergangenen Jahrhundert weltweit
im Mittel um 1,7 Millimeter pro Jahr gestiegen
(Abb. 2).
75°N
5
60°N
0
45°N
cm
cm
–5
–10
30°N
andere Autoren:
Church & White (2006)
Jevrejeva et al (2006)
–15
15°N
100°W
0
75°W
5
50°W
10
25°W
15
[°C]
20
–20
0°
25
1900 1910 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000
Jahr
30
Abb 1: Die Oberflächentemperatur im Nordatlantik im Jahr
2005, abgeleitet aus direkten und Fernerkundungsmessungen. Die räumliche Verteilung der ARGO-Bojen für dieses
Jahr ist mit kleinen Kreisen dargestellt. Unsere Analyse
enthält die Temperaturen und den jeweiligen Salzgehalt für
alle Tiefen und für alle Jahre seit 1998 und schließt auch
die zugehörigen Meeresströmungen und die Wärmetransporte ein.
Abb 2: Der Anstieg des globalen Meeresspiegels bezogen
auf das Jahr 2000 (schwarze Linie). Der grau schattierte
Bereich stellt die Unsicherheit der Berechnung dar. Im Vergleich zu den Arbeiten von C
­ hurch und White (grün) und
Jevrejeva et al. (rot) finden wir geringere zwischenjährliche
Schwankungen. Alle Arbeiten beruhen auf der Analyse von
Wasserstandspegeln, die weltweit verteilt sind.
Grafik: Manfred Wenzel, AWI
Grafik: Falk Richter, AWI
68°N
Grönland
Island
64°N
Unsere Motivation für die Entwicklung eines
neuen Ozeanmodells
Seit 1987 gibt der Intergovernmental Panel
on Climate Change (IPCC) regelmäßig Berichte
über das heutige Klima heraus, die den Stand der
Wissenschaft zusammenfassen. Darüber hinaus
werden Klimavorhersagen bis zum Jahr 2100 vorgestellt. Keine dieser Prognosen hat jedoch den
dramatischen Rückgang des Meereises am Nordpol vorhergesagt. Diese und andere Schwächen
beruhen meistens auf ungenügender Beschreibung wichtiger Prozesse. Kleinräumige Vorgänge,
wie die Bildung von Tiefenwasser im Weddellmeer und die Überströmung der Dänemarkstraße,
haben wichtige Einflüsse auf den globalen Ozean. Um diese Einflüsse besser zu berücksichtigen,
verwenden wir ein unstrukturiertes Dreiecksgitter
mit variabler räumlicher Auflösung (Abb. 3). Das
Modell nutzt moderne Computerarchitekturen
und kann auf hunderten von Prozessoren gleichzeitig ausgeführt werden. So werden komplexe
Rechnungen in vertretbarer Rechenzeit möglich.
60°N
56°N
45°W
–4000
36°W
–3000
27°W
–2000
m
18°W
–1000
0
Abb 3: Ein Ausschnitt aus der Bodentopographie in einem
globalen Ozeanmodell. Die räumliche Auflösung des Modells ändert sich stark und konzentriert sich auf besonders
wichtige Regionen wie die zwischen Grönland und Island
gelegene Dänemarkstraße. Dargestellt wird die Netzstruktur aus Dreiecken, die einen fließenden Übergang zwischen feiner und grober Auflösung ohne Sprünge erlaubt.
Die Dreiecksgröße variiert zwischen 100 km im offenen
Ozean und 10 km im Bereich der verbesserten Auflösung.
Grafik: Dmitry Sidorenko, AWI
17
Vor 21.000 Jahren
Vor 13.000 Jahren
Eis im Klimawandel
Die polaren Eismassen sind die größten Süßwasserspeicher der Erde. Sie
sind eine wichtige Komponente im Klimasystem und reagieren sichtbar auf
­Klimaschwankungen. Verändert sich die Dynamik der Eisschilde durch Massen­
zuwachs oder -verlust, so hat dies Rückwirkungen auf das Klimasystem.
Heute
0
800
1600
2400
3200
Eishöhe in m
Abb 1: Modellierung der
­Vereisung der Nord­
hemisphäre vor 21.000
Jahren, 13.000 Jahren und
heute [Eishöhe in m].
Daten: Philippe Huybrechts, AWI
Grafik: Johannes Freitag, AWI
18 Eis im Klimawandel
4000
Die Massenänderungen beeinflussen auch
den globalen Meeresspiegel. Deshalb ist die Erforschung der glaziologischen Wirkungsprozesse
in hohem Maße gesellschaftlich relevant. Die polaren Eismassen sind außerdem ein einzigartiges
Archiv für die Zusammensetzung der Atmosphäre
in der Vergangenheit.
Im Rahmen der Glaziologie konzentriert sich
das AWI darauf, die Massenbilanz und Dynamik
der polaren Eisschilde zu bestimmen, um mögliche zukünftige Änderungen modellieren zu
können. Ferner arbeiten die Wissenschaftler des
AWI kontinuierlich an verbesserten Interpretationen von Klimazeitreihen aus polaren Eiskernen,
indem sie die physikalischen Eigenschaften des
Eises detailliert untersuchen.
Die aktuellen glaziologischen Arbeiten decken
eine große Bandbreite ab und reichen von der
Satellitenfernerkundung über flugzeuggestützte
Radarmessungen zur Bestimmung der Eisdicke
und Ortung interner Schichtungen bis hin zur Mikrofokus-Röntgentomographie und Elektronrückstreuung an Eisproben, die nur wenige Millimeter
groß sind.
Im Rahmen der Satellitenmission CryoSat-2
beobachten die Forscher über mehrere Jahre
hinweg, in welchem Maße sich die Oberflächenhöhe der Eisschilde verändert. Ergänzende
flugzeug- und bodengestützte Messungen dienen
dazu, auch kleinere räumliche Skalen zu erfassen
und den Einfluss der Schnee- und Firnoberflächen
auf das rückgestreute Radarsignal besser zu verstehen. In Verbindung mit anderen Satellitenmis-
Temperatur
(°C)
Temperatur (°C)
–56
-56
260
260
240
240
220
220
–60
-60
200
200
–64
-64
180
180
0
0
200000
200000
400000
400000
Alter
vor1850
heute)
Alter(Jahre
(Jahre vor
AD)
600000
600000
800000
800000
Abb 3: Temperatur und
CO2-Gehalt
Foto: Sepp Kipfstuhl, AWI
sionen können sie dann Rückschlüsse auf eine
Massenzu- oder -abnahme ziehen und auf einen
kausalen Zusammenhang mit beobachteten Klimaänderungen hin untersuchen. Hierzu werden
aber nicht nur heutige Daten verwendet. Komplexe Computermodelle der Eisdynamik bilden die
heute beobachtete Eisschild- und Gletschergeometrie und -dynamik möglichst realistisch nach
(Abb. 1). Liefert ein Modell für den heutigen Zustand ein gutes Ergebnis, so kann dieses dazu benutzt werden, die Veränderungen der Eismassen
in der Vergangenheit zu untersuchen.
Die Rekonstruktion der Klimageschichte anhand von Eiskernen verfolgt zum einen das Ziel,
möglichst weit in die Vergangenheit zurückzublicken. Eine besondere Bedeutung hat hierbei die
großskalige Ankopplung an andere Klimaarchive,
wie z. B. marine Sedimentkerne, aber auch die
Verknüpfung von grönländischen mit antarktischen Eiskernen. Zum anderen wird versucht,
durch mehrere jüngere Eiskerne die Variabilität
des Klimas nicht nur zeitlich, sondern auch räumlich auf kontinentaler bis regionaler Skala zu analysieren und zu verstehen. Ein flugzeuggestütztes,
Eis durchdringendes Radarsystem erlaubt es, einzelne Schichten an einem Bohrkern zu identifizieren und in der Fläche weiter zu verfolgen. Auf
diese Weise konnten AWI-Wissenschaftler in einer Flugkampagne fünf tiefe antarktische Eisbohrkerne miteinander verbinden.
Eine einzigartige Rolle bei der Analyse von
Eiskernen spielt die im Eis eingeschlossene Luft
(Abb. 2). Ihre Zusammensetzung in Blasen entspricht im Wesentlichen derjenigen der Atmo-
280
280
CO
(ppm)
CO
2 2(ppm)
Abb 2: Lufteinschlüsse in einer
2 cm breiten und einen halben
cm hohen antarktischen Eis­
probe aus 200 m Tiefe.
Kohlendioxid
Kohlendioxid
Temperatur
Temperatur
((EPICA
EPICA
Dome
C, Antarktis)
Dome
C, Antarktis)
–52
-52
sphäre zum Zeitpunkt ihres Einschlusses. Über
die Analyse der Isotopenzusammensetzung des
die Luftblasen umgebenden Eises kann die Temperatur in der Vergangenheit rekonstruiert werden. Dies ist das so genannte Isotopenthermometer. Im Rahmen des europäischen Projektes EPICA
(European Project for Ice Coring in Antarctica)
wurde das mit 800.000 Jahren älteste Eis erbohrt,
aus dem wir etwas über die Änderung der Luftzusammensetzung und gleichzeitig über Temperaturänderungen über diesen Zeitraum erfahren
(Abb. 3). Vergleicht man etwa die Schwankungen
im Gehalt der Treibhausgase mit den Temperaturschwankungen, so kann man viel über die im
Klimasystem ablaufenden Prozesse lernen. Darüber hinaus sind auch Einschlüsse im Eiskern, z. B.
Staub oder andere Aerosole, wichtige Messgrößen zur Beschreibung des Paläoklimas. Die Analyse subglazialen Wassers kann ebenso wichtige
Hinweise über die Zeit vor der Vereisung liefern,
z. B. durch Pflanzenreste.
Sowohl die Modellierung der Eisdynamik als
auch die Interpretation von Eiskernen basieren
auf einem grundlegenden Verständnis der in einem Eiskörper ablaufenden Prozesse und Wechselwirkungen. Deshalb ist es erforderlich, eine
Reihe von Eiseigenschaften in Grundlagenstudien
zu untersuchen. Hierzu gehören u. a. die Prozesse, die bei der Verdichtung von Schnee und
Firn zu Eis ablaufen. Denn die Veränderung der
Firnstruktur beeinflusst den Einschluss des Klimasignals im Eis sowie – auf der Mikroskala – die
Eisdeformation.
Aus Eiskernen rekonstruierte Zeitreihen der Temperatur und des Kohlendioxid­
gehalts der Atmosphäre
über die letzten 800.000
Jahre. Der Nullpunkt
entspricht dem Jahr 1850.
Gegenwärtig liegt der CO2Gehalt bei etwa 387 ppm.
Der CO2-Gehalt kann als
globaler Wert verstanden
werden, während die
Temperatur nur die lokalen
Bedingungen am Ort der
Bohrung wiedergibt.
Daten: EPICA, AWI
Grafik: Johannes Freitag, AWI
19
Eiskeile wachsen in Frost­
rissen im Boden. Wiederholt sich dieser Vorgang
alljährlich, so durchziehen
die Eiskeile den Permafrostboden wie ein Netz.
Erderwärmung gefährdet die Permafrost-Regionen
und damit das globale Klimasystem
Permafrost bildet sich in Gebieten mit einer sehr niedrigen Jahresmitteltemperatur
und ist definiert als Untergrund (einschließlich Eis), der über mindestens zwei aufeinander
folgende Jahre ständig unter 0 °C bleibt. In der Arktis und in den nicht vergletscherten
Gebieten der Antarktis ist Permafrost ein allgemein bekanntes Phänomen.
In der nördlichen Hemisphäre sind 22,8 Millionen km2 und damit 24 % des Festlandes von
Permafrost unterlagert (Abb. 1). Die Mächtigkeit
des Permafrosts variiert weltweit zwischen weniger als einem Meter und einigen hundert Metern und kann in Zentralsibirien sogar mehr als
1.500 Meter erreichen. In vielen Regionen der
Arktis ist sogar unter den heutigen Schelfmeeren
Permafrost anzutreffen. Während Zeiten mit Meeresspiegeltiefständen, also in den Glazialzeiten
der Eiszeiten, lagen weite Schelfgebiete der Arktis
trocken und es bildete sich Permafrost, der auch
heute – nach der Überflutung dieser Gebiete – als
submariner Permafrost überdauert. Der Prozess
des Gefrierens führt dazu, dass Eis im Permafrost
entsteht und dieser als Eiskeil oder massiver Eiskörper wachsen kann.
Permafrost und der globale Klimawandel
Seit den späten 1960er Jahren werden an vielen Orten in der Arktis Veränderungen des Permafrosts durch Erwärmung beobachtet, die mit
einem Permafrost-Abbau verbunden sind. Neuer
Permafrost bildet sich dagegen nur minimal. Eine
anfängliche Erwärmung der Permafrostoberfläche
führt dazu, dass die untere Grenze der Auftau20 Permafrost
schicht (die durch das Auftauen der Oberfläche
der Permafrostgebiete in den Sommermonaten
entsteht) zunächst weiter nach unten wandert.
Erst wenn die Erwärmung anhält, wirkt sie sich
bis in tiefere Permafrostschichten aus.
Eine nicht zu unterschätzende Konsequenz
durch tauenden Permafrost ist die Emission von
Gasen, die aus mikrobiologischen Prozessen
stammen, also vor allem Kohlendioxid und Methan. Schätzungen gehen davon aus, dass etwa
die Hälfte des weltweit in Böden gespeicherten
organischen Kohlenstoffs im Permafrost gespeichert ist und dass der arktische Permafrost doppelt so viel Kohlenstoff enthält wie die gesamte
Atmosphäre.
Veränderungen der arktischen Permafrostküste
(die 34 % der globalen Küste umfasst) durch Erosion führen zum Beispiel zu erhöhten Einträgen
an Sediment, Kohlenstoff und Schadstoffen in die
arktischen Küstenmeere. Eine Vertiefung der ungefrorenen Auftauschicht oder das Verschwinden
von Permafrost führen zu Schäden an Gebäuden
oder zerstören diese gar (Abb. 2). Die aktuelle Erwärmung bedroht mithin die gesamte auf Permafrost gebaute Infrastruktur.
Pacific Ocean
Okhostk
Sea
Bering
Sea
Inuvik
Resolute
Hudson
Bay
Chukchi Pevek
Sea
East
Barrow
Siberian
Beaufort
Sea
Sea
Laptev
Sea
Arctic
NORTH POLE
Alert
Nuuk
E
Ocean
Kara Dixon
Sea
Vorkuta
Longyearbyen
Barents
Sea
Norwegian
Murmansk
Sea
Atlantic
Ocean
Submarine Permafrostgrenze
Kontinuierlicher Permafrost
Diskontinuierlicher Permafrost
Sporadischer Permafrost
Isolierter Permafrost
AWI-Hauptuntersuchungsgebiete
AWI-Projekte zur Permafrost-Forschung
Das Alfred-Wegener-Institut deckt ein breites
Spektrum der Permafrost-Forschung ab und ist
die größte Einrichtung für Permafrost-Forschung
in Europa außerhalb Russlands. Der Präsident der
International Permafrost Association (IPA) ist seit
2008 Prof. Dr. Hans-Wolfgang Hubberten, Forschungsstellenleiter im AWI. Damit wurde erstmals ein IPA-Präsident aus einem Land ernannt,
das nicht Anrainerstaat der Arktis ist.
Das AWI beschäftigt sich mit vielen Facetten
der Permafrost-Forschung, darunter Geologie,
Geomorphologie, Hydrologie, Geochemie, Mikrobiologie, Limnologie (Seenkunde), Kohlenstoffkreisläufe, Energieflüsse, Modellierung, Fern­
erkundung, Geophysik und Paläogeographie. Es
bietet somit ein einzigartiges und multidisziplinäres Umfeld für Permafrost-Wissenschaft. Diese
Forschungsthemen sind in internationalen Beobachtungsprogrammen und internationalen Partnerschaften stark integriert.
Gemeinsam mit russischen Kollegen wurden
vom AWI mehrere Bohrungen im sibirischen Permafrost niedergebracht und mit Temperaturmessketten instrumentiert. Diese Bohrungen liefern
kontinuierlich Temperaturdaten, die in das Global
Terrestrial Network for Permafrost (GTN-P) des
Globalen Landbeobachtungssystems GTOS und
des Globalen Klimabeobachtungssystems GCOS
einfließen.
Wissenschaftler des AWI sind vor allem aktiv
in der Kohlenstoff-Kreislauf-Forschung. Sie un-
Abb 1: Permafrost-Verbreitung in der nördlichen
Hemisphäre und AWIHauptuntersuchungsgebiete
Karte: Hugues Lantuit, AWI;
Quelle: International Permafrost
Association
Abb 2: Aufgegebene Gebäude im Hafen von Tiksi
(Nordsibirien), die durch
das Tauen von Permafrost
verformt wurden.
Foto: Hugues Lantuit, AWI
tersuchen die Umwandlung von Kohlenstoff zu
Treibhausgasen durch Mikroorganismen in den
Permafrostgebieten Sibirien, Alaska, Spitzbergen, Kanada (Abb. 1) und der Antarktis. Durch
mehrjährige Untersuchungen der Emissionen
von Treibhausgasen, Stoff- und Energieflüssen im
Permafrost konnten sie feststellen, dass Treibhaus­
gase tatsächlich von der oberen Schicht des Permafrosts im Sommer freigesetzt werden.
In einem weiteren Tätigkeitsschwerpunkt untersucht das AWI die Veränderungen der arktischen
Küsten und des submarinen Permafrosts. Mit den
gewonnenen Ergebnissen lassen sich die Einträge
an Sediment, Kohlenstoff und Schadstoffen in die
arktischen Küstenmeere und den Ozean abschätzen. Das AWI leitet seit mehr als zehn Jahren das
internationale Projekt „Arctic Coastal Dynamics“,
das wesentlich zur Charakterisierung der Prozesse, die an den Küstenbereichen des Arktischen
Ozeans ablaufen, sowie zur Quantifizierung des
Küstenabtrages beiträgt.
Das AWI ist auch weltweit anerkannt auf dem
Gebiet der Paläoumwelt-Rekonstruktion im Permafrost. Dadurch gelingt es, ein Bild der Permafrostdynamik während Klimaschwankungen in
der Vergangenheit zu erhalten. Dies führt zu einem besseren Verständnis der gegenwärtigen und
künftigen Verbreitung des Permafrosts. Durch ihre
mehrjährigen Erfahrungen in der ganzen Arktis
haben AWI-Forscher ein einzigartiges Archiv des
Permafrosts erstellt.
21
Marine Klimaarchive – Aus der Vergangenheit lernen,
um den Blick in die Zukunft zu schärfen
Es besteht Einigkeit darüber, dass die gegenwärtige und zukünftige Klimaentwicklung
aufgrund des anthropogenen Treibhauseffekts einem deutlichen Wandel unterliegt.
Umstritten ist allerdings, in welchem Umfang. Für eine verbesserte Abschätzung bedarf
es einer genauen Kenntnis über die natürlichen Klimaschwankungen, also aus Zeiträumen,
in denen der Einfluss durch den Menschen noch keine oder nur eine geringe Rolle spielte.
Vorrangig benötigt die Klimaforschung Informationen über Dauer, Geschwindigkeit, Frequenz
und die regionalen Muster von lang- und kurzfristigen Klimaschwankungen und darüber, wie
sich anthropogene Einwirkungen und natürliche
Klimaschwankungen beeinflussen. Eine besondere Herausforderung sind in diesem Zusammenhang so genannte Kipp-Punkte im Klimasystem.
Dabei können selbst geringfügige, gleichmäßige
Schwankungen im Klimasystem zu möglicherweise drastischen, unumkehrbaren und abrupten Klimaänderungen führen, die eine Herausforderung
für die Anpassungsmöglichkeiten der menschlichen Gesellschaft darstellen würden.
Leider reichen instrumentelle klimatologische
Messreihen nur maximal wenige Jahrhunderte
zurück, und das auch nur an wenigen Stellen auf
der Erde. Um zu einem umfassenden Verständnis
des globalen Klimasystems und dessen zukünftiger Entwicklung zu gelangen, ist eine bedeutend
22 Klimaarchive
weitreichendere zeitliche Perspektive notwendig.
Deshalb beschäftigt sich die marine Geologie
am AWI mit Paläoumweltrekonstruktionen auf
verschiedensten Zeitskalen, schwerpunktmäßig
in polaren Breiten, die besonders sensitiv auf geringfügige globale Klimaschwankungen reagieren. Bohrkerne aus dem antarktischen Raum und
aus den arktischen Becken liefern Auskünfte über
Veränderungen und Stabilität der Eisschilde. Ein
wichtiges Forschungsthema ist hierbei die Untersuchung von erdgeschichtlichen Zeiten, die durch
ein ähnliches oder sogar wärmeres Klima als heute gekennzeichnet waren.
Ein prominentes Beispiel ist das Pliozän, 3 bis
5 Millionen Jahre vor heute (Abb. 1). Damals waren die globalen Mitteltemperaturen etwa 2-3 °C
höher und entsprechen etwa dem bis zum Ende
des 21. Jahrhunderts zu erwartenden Temperaturanstieg. Im internationalen Forschungsprojekt
ANDRILL (Antarctic Geological Drilling) rekon-
Fieberkurve des Erdklimas
Warmzeiten
Eiszeiten
2.52.5
klein
klein
‰
18O/16O -Verhältnis in
18
O/16O-Verhältnis in ‰
GlobalesEisvolumen
Eisvolumen
Globales
Heute
Heute
3.53.5
LetztesGlaziales
Glaziales Maximum
Letztes
Maximum
groß
groß
00
1.0
1.0
2.0
2.0
en
när
rhe
ä
p
sh
isip g ng
eemm isusnu
h
h
rd erreei
ord
V
NoN Ve
3.0
3.0
Alter in Millionen Jahren vor heute
Alter
in Millionen Jahren vor heute
4.54.5
4.0
4.0
5.55.5
5.05.0
Warmzeiten
Eiszeiten
Abb 1: Fieberkurve des
Erdklimas
Klimaentwicklung der
letzten 5 Millionen Jahre.
Die Sauerstoffisotopen
wurden entlang eines
Sedimentkerns an fossilen
Kalkschalen von benthischen Foraminiferen (am
Meeresboden lebende
Einzeller) gemessen und
sind ein Anzeiger für
Schwankungen im globalen Eisvolumen.
Grafik: Ralf Tiedemann, AWI
struieren Wissenschaftler vom AWI die pliozäne
Entwicklungsgeschichte des Westantarktischen
Eisschildes, um dessen Empfindlichkeit gegenüber
globalen Temperaturerhöhungen abzuschätzen
(Abb. 2). Die Ergebnisse weisen auf ein wiederholtes Abschmelzen der Westantarktis während
des Pliozäns hin. Ein vollständiger Verlust der
heutigen westantarktischen Eiskappe würde den
globalen Meeresspiegel um 2–3 m erhöhen. Ob
und wann ein solches Szenario im Rahmen der
derzeitigen Klimaerwärmung eintreten könnte, ist
Gegenstand der aktuellen Forschung.
Neben den Eiskappen spielt die Meereisbedeckung eine besondere Rolle im globalen Klimasystem, da Meereis das Sonnenlicht im Vergleich
zur Wasseroberfläche viel stärker reflektiert. Somit
können Änderungen in der Meereisverbreitung
einen Erwärmungs- oder Abkühlungstrend verstärken. Derzeit ist insbesondere der drastische
sommerliche Meereisrückgang in der Arktis in den
Blickpunkt der Wissenschaft gerückt. Über die
historische Entwicklung der Meereisbedeckung,
die über den Zeitraum der letzten 150 Jahre hinausgeht, ist hingegen nur wenig bekannt. Dies
liegt vor allem daran, dass es für den arktischen
Bereich keine verlässlichen Rekonstruktionen aus
Sedimentkerndaten gibt.
Abb 3: Probennahme von
Meereis von Bord der
Polarstern. Die hellbraune
Verfärbung des Eises resultiert aus dem Bewuchs mit
Eisalgen.
Foto: Juliane Müller, AWI
Eine neue und am AWI weiterentwickelte
Methode verspricht nun erstmals genauere Erkenntnisse zur Dynamik der Meereisverbreitung
(Abb. 3). Mit Hilfe von fossilen organischen Molekülresten, die von im Meereis lebenden Algen
produziert werden, ist es AWI-Forschern erstmals
gelungen, für einen Teil der Arktis die Meereisbedeckung der letzten 30.000 Jahre an Sedimentkernen zu rekonstruieren. Demnach war die saisonale Ausdehnung des Meereises drastischen
und kurzfristigen Veränderungen unterworfen.
Weitergehende Untersuchungen sollen die räumlichen Muster der Meereisverbreitung erfassen
und helfen, die zukünftige Entwicklung besser
abzuschätzen.
Marine Geologen am AWI organisieren Forschungsexpeditionen in die Nord- und Südpolarmeere mit einem beträchtlichen logistischen
Aufwand. Derzeit konzentrieren sich unsere
Expeditionen auf die Gewinnung von marinen
Sedimentkernen aus dem Nord- und Südpazifik,
um die letzten großen weißen Flecken auf der
Weltkarte der Paläoklimatologie zu tilgen. Damit
wird das die Pole umspannende Netzwerk von
Sedimentkernen erstmals geschlossen. Diese Sedimente sollen unser Verständnis der zeitlichen
Veränderungen der Ozeanzirkulation, der Meereisverbreitung und damit verbundener Schwankungen der biologischen Produktivität sowie
ozeanisch-atmosphärischer Austauschprozesse
von Kohlendioxid vervollständigen. Teilweise erlauben diese Sedimente sogar Rekonstruktionen
auf Zeitskalen von Jahreszeiten bis Dekaden. Ein
besonderer Schwerpunkt unserer Untersuchungen
liegt auf den warmzeitlichen Maxima der letzten
500.000 Jahre, in denen die globalen Temperaturen und der Meeresspiegel geringfügig höher als
heute waren.
Bohrturm
Schelfeis (86 m)
Bohrstrang
Ozean
(850 m
Wassertiefe)
Sediment
(Kerngewinn 1285 m)
Abb 2: Im Rahmen des
ANDRILL-­Programms
wurden marine Sedi­ment­
abfolgen von einer auf dem
antarktischen Ross-Eisschelf
verankerten Bohrplattform
gewonnen.
Grafik: Angie Fox, ANDRILL SMO
23
90°N
60°N
30°N
EQ
30°S
60°S
90°S
90°W
0°
Sedimentkerne
Paläoklimamodelle: Zurück in die Zukunft
Die Klimaentwicklung während der letzten zehn- bis hunderttausend Jahre hat
entscheidend zur Entwicklung der heutigen menschlichen Gesellschaft und Kultur
beigetragen. Dennoch ist bislang überraschend wenig über die Klimaentwicklung
in diesen Zeiträumen bekannt.
Dieses gilt insbesondere für das Zusammenspiel externer Antriebsmechanismen (Änderung
der Sonneneinstrahlung, Ausdehnung der Eisschilde, variierende Treibhausgaskonzentrationen) mit internen Rückkopplungsprozessen im
Klimasystem. Es hat sich gezeigt, dass ein besseres Verständnis dieser Wechselwirkungen nur
durch die Verknüpfung von Messdaten aus Klimaarchiven (z. B. Eisbohrkernen oder marinen
Sedimenten) mit neuen theoretischen Konzepten
und Klimasimulationen gelingen kann. Insbesondere Simulationen mit komplexen Klimamodellen
ermöglichen eine eindeutige Zuordnung von beobachteten Klimaänderungen zu externen Antrieben und internen Rückkopplungsprozessen. Eine
derartige Analyse ist durch eine Auswertung von
Klimaarchiven allein nicht möglich.
In Abbildung 1 werden rekonstruierte und modellierte Temperaturänderungen der letzten 7.000
Jahre verglichen. Für diese Untersuchungen werden auf Messungen basierende Rekonstruktionen
von Meeresoberflächentemperaturen statistisch
analysiert (Abb. 1a). Als Muster sieht man eine
Abkühlung in hohen Breiten (blau) und eine Er-
24 Paläoklimamodelle
wärmung in niedrigen Breiten (rot). Simulationsrechnungen mit einem komplexen Klimamodell
zeigen ein mit den Rekonstruktionen konsistentes Muster in den Temperaturtrends (Abb. 1b). Es
zeigt sich weiterhin, dass ein Großteil der langfristigen Klimavariabilität über ein einfaches Modellkonzept, welches nur die direkten lokalen
Reaktionen auf höhere oder geringere externe
Einstrahlung berücksichtigt, erklärt werden kann
(Abb. 1c).
Aktuelle Modelle des Erdsystems bilden nicht
nur dessen physikalischen Teil ab, sondern inte­
grieren auch die Biosphäre und biogeochemische
Stoffkreisläufe. Neuerdings wird sogar versucht,
Variationen, welche in den Klimaarchiven gemessen werden können, direkt zu simulieren und
dann mit den realen Daten zu vergleichen. Ein
Beispiel dafür ist die Simulation der Konzentrationen von drei verschiedenen Kohlenstoffisotopen
(12C, 13C, 14C) in Atmosphäre und Ozean. Das Verhältnis des stabilen Isotops 13C zum „normalen“
Kohlenstoff 12C erlaubt Rückschlüsse auf die vergangene Verteilung von Wassermassen und die
biologische Produktivität im Ozean. Abbildung
90°O
60°N
60°N
60N
60N
30°N
30°N
30N
30N
EQ
EQ
EQEQ
30°S
30°S
30S
30S
60°S
60°S
60S
60S
180°
90°W
0°
90°O
180°
180°
180
180
90°W
90W
90W
0 00°
90°O
90E
90E
33 3
22 2
11 1
0.7
0.70.7
0.5
0.50.5
0.3
0.30.3
0.2
0.20.2
0.1
0.10.1
0.05
0.05
0.05
-0.05
-0.05
-0.05
-0.1
-0.1-0.1
-0.2
-0.2-0.2
-0.3
-0.3-0.3
-0.5
-0.5-0.5
-0.7
-0.7-0.7
-1
-1 -1
-2
-2 -2
-3
-3 -3
180°
180
180
Abb 1a-c: Temperaturtrends
für die letzten 7.000 Jahre in °C
a links) Rekonstruktionen, basierend auf Alkenon-Daten
(Rimbu et al., 2003),
b Mitte) Simulationen mit einem
komplexen Klimamodell
(Lorenz und Lohmann 2004),
c rechts) abgeleitete Temperaturtrends aus einem theoretisch-statistischen Modellkonzept
(Laepple und Lohmann, 2009)
0
Abb 2a: Meridionale Verteilung der 13C Konzentration
in Promille bezogen auf
den Standardwert PDB
im glazialen Atlantik vor
20.000 Jahren: Modell
(Konturen) und Rekonstruktionen (Kreise).
1000
Tiefe [m]
2a zeigt die simulierte 13C/12C-Verteilung für die
letzte Eiszeit. Für den nördlichen Atlantik stimmt
die modellierte Verteilung gut mit den auf marinen Sedimentkernen basierten Rekonstruktionen
für den Zustand vor 20.000 Jahren überein. Im
südlichen Atlantik sind hingegen deutliche Abweichungen in der Simulation zu sehen, welche
auf ein Modelldefizit in dieser Region hinweisen.
Aus dem Verhältnis des instabilen, radioaktiven Isotops 14C zum normalen 12C lässt sich
u. a. das Alter mariner Sedimente bestimmen.
Aufgrund natürlicher Ungleichgewichte im Kohlenstoffkreislauf ist das 14C-Alter einer marinen
Probe allerdings immer größer als das 14C-Alter
einer atmosphärischen Probe aus derselben Zeit.
Dieser Altersunterschied wird als Reservoiralter
bezeichnet und bewirkt systematische Fehler bei
der Altersbestimmung mariner Proben. Für die
notwendigen Korrekturen derartiger Fehler liefern
Simulationen des vergangenen 14C/12C-Verhältnisses an der Meeresoberfläche wichtige Informationen. So zeigt zum Beispiel Abbildung 2b, dass
auf dem Höhepunkt der letzten Eiszeit das marine
Reservoiralter insbesondere in den hohen Breiten
um mehrere hundert Jahre höher war als heute,
und bei einer 14C-Altersbestimmung einer marinen Probe muss das errechnete Alter der Proben
um diesen Wert korrigiert werden.
Durch derartige neue Modellkonzepte und
komplexe Klimasimulationen, welche auch die
biogeochemischen Stoffkreisläufe berücksichtigen, ergeben sich somit ganz neue Möglichkeiten
zum besseren Verständnis der Erdgeschichte. Gerade im Hinblick auf den bereits stattfindenden
und den zukünftigen Klimawandel ist deshalb die
moderne Paläoklimaforschung in den Blickpunkt
des Interesses gerückt.
2000
3000
4000
5000
40°S
20°S
–0.5
0
EQ
20°N
0.5
40°N
1
60°N
1.5
(Hesse et al., in prep.)
2
Abb 2b: Modellierte
Änderungen des 14C-Alters
von Oberflächenwasser
(in Jahren) zwischen der
letzten Eiszeit vor 20.000
Jahren und heute
60 N
60°N
o
o
60 N
40oN
40°N
40oN
o
20 N
20°N
20oN
o
0
0°
0o
(Butzin et al., 2008)
20 S
20°S
20oS
o
40°S
40oS
40oS
60oS
60°S
o
60 S
0
0
0
o
120 W
120°W
120oW
100
100
100
200
200
200
60oW
o
60°W
60
W
300
300
300
400
400
400
0o
o
00°
500
500
500
o
60 E
60°O
60oE
600
600
600
700
700
700
o
120 E
120°O
120oE
800
800
800
900
900
900
1000
1000
1000
25
Marines Plankton beeinflusst das globale Klima
Die in den Polargebieten aktuell steigenden Wassertemperaturen lassen die Meereisbedeckung
schrumpfen. Gleichzeitig versauern die global ansteigenden Konzentrationen des Klimagases Kohlendioxyd (CO2) das Meerwasser. Diese Umweltveränderungen wirken auf die Biologie der Polarmeere
ein, welche wiederum mit Prozessen im Gesamtsystem Erde in Wechselwirkung stehen.
CO2-Gehalt in [ppmv]
400
Das Wachstum mikroskopisch kleiner Algen
und Tiere im Ozean, das so genannte Plankton, beeinflusst den Transport von Kohlenstoff und so das
globale Klima. Diese Prozesse werden ihrerseits
von Nährstoffen und Spurenstoffen gesteuert.
380
360
340
320
1958
1970 1980 1990 2000 2010
Jahr
Abb 1: Atmosphärischer
CO2-Gehalt Mauna Loa,
Hawaii von 1958 bis
September 2010 (blaue
Kurve) und Trend (rote
Kurve). Neben dem Anstieg
der CO2-Konzentration ist
auch die jahreszeitliche
Variation, die durch die
Vegetationsperioden auf
der Nordhalbkugel verursacht werden, zu erkennen.
Allein innerhalb von nur
50 Jahren ist der CO2Gehalt in der Atmosphäre
um mehr als ein Viertel
angestiegen.
Daten: www.esrl.noaa.gov/gmd/
ccgg/trends;
Grafik: Renate Treffeisen, AWI
26 Plankton
Kurze Geschichte vom Leben, dem Eisen und
Sauerstoff
Das Leben auf der Erde entfaltete sich anfangs
in einer sauerstofffreien Atmosphäre. Die ersten
Lebensformen entwickelten eisenhaltige Enzyme
zur Regulation ihres Stoffwechsels. Die Sauerstoffproduktion der Pflanzen wandelte die anoxische
in eine sauerstoffreiche oxidierende Atmosphäre
um. Das Eisen rostet zu Eisen3+-Salzen, die sehr
viel weniger wasserlöslich sind als Eisen2+-Salze
und absinken. Daher verarmt der Ozean an Eisen,
wodurch das Algenwachstum in den landfernen
Regionen behindert wird. In Warmzeiten dehnten
sich die eisen- und wachstumsarmen Ozeanwüsten weiter aus. In Eiszeiten dagegen trocknete die
Landoberfläche aus, und der vermehrt aufs Meer
gewehte Eisenstaub ließ das Phytoplankton ergrünen.
Wechselwirkungen Ozean – Atmosphäre
Die Konzentrationen von CO2 in Atmosphäre
und Ozean gleichen sich durch Diffusion und
Löslichkeit aus. Wenn warmes Oberflächenwasser aus den Subtropen mit dem Nordatlantikstrom
(Golfstrom) in die Polargebiete transportiert wird
und sich dort abkühlt, nimmt es zusätzliches CO2
auf. Sobald sich CO2 im Wasser löst, beginnt eine
Kaskade chemischer Gleichgewichtsreaktionen,
an denen u. a. Kohlensäure beteiligt ist. Als Konsequenz enthält der Ozean 50-mal mehr Kohlenstoff als die Atmosphäre. Seit ca. 200 Jahren
nimmt die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre drastisch zu (Abb. 1). Der Weltozean hat
rund 30 % dieses neuen, „anthropogenen CO2“
aufgenommen; ohne den Ozean wäre die Konzentration in der Atmosphäre entsprechend höher. Je mehr CO2 sich im Ozean löst, desto stärker
sinkt der pH-Wert.
Ozeanische Kohlenstoffpumpen
Kohlenstoff wird über drei wichtige „Ozeanische Kohlenstoffpumpen“ (Abb. 2) von der Ozeanoberfläche in die Tiefsee transportiert.
Die Löslichkeitspumpe transportiert gelösten,
anorganischen Kohlenstoff (CO2 und dessen Ionen). CO2-reiches Oberflächenwasser sinkt in den
Polargebieten und strömt von dort in alle Tiefseebereiche der Erde. Da es erst nach mehr als 500
Jahren wieder in den Subtropen auftaucht, ist der
mitgeführte Kohlenstoff daher solange „zwischengelagert“.
Organischer Kohlenstoff wird durch die „Biologische Pumpe“ abtransportiert. Er entsteht aus
CO2, wenn mikroskopisch kleine Phytoplanktonalgen durch Photosynthese mit Hilfe von Sonnenlicht ihre Biomasse aufbauen. Die fast ebenso kleinen Tiere des Zooplanktons fressen Phytoplankton
und atmen CO2 aus. Bakterien geben zusätzlich
gelösten, organischen Kohlenstoff als klebrige
Schleime ab. Auch Planktonzellen scheiden eine
durchsichtige, kohlenstoffreiche Substanz aus,
die kleine Planktonpartikel zu größeren Aggrega-
Die Regulation der „Biologischen Kohlen­
stoffpumpe“
Im AWI untersuchen wir die Effektivität der
„Biologischen Kohlenstoffpumpe“ durch Experimente in den polaren Ozeanen während der
Expeditionen mit FS ,Polarstern‘. Hierbei haben
wir in Beobachtungen im Ozean und durch
­Experimente an Bord des Forschungsschiffes
nachgewiesen, dass Zooplankton beim Abweiden
des Phytoplanktons viel organischen Kohlenstoff
zu CO2 nahe der Ozeanoberfläche veratmet. Bei
gutem Lichtangebot ist die Phytoplanktonproduktion hoch, wenn ausreichend Nährsalze vorhanden sind. In weiten Gebieten des Südozeans wird
die Menge gelöster Nährsalze im Jahresverlauf
nicht durch die Primärproduktion aufgezehrt. Die
Algen leiden allerdings oft an Eisenmangel. Kann
durch künstliche Eisendüngung die Produktivität
und damit die Aufnahmefähigkeit des Ozeans
für Kohlenstoff erhöht werden? Da den Pflanzen
­Eisen zum Wachstum fehlt, sollte in sonst optimalen Gebieten schon eine geringe Eisen2+-Zugabe
zur Erhöhung der Algenproduktion und zur Anregung der „Biologischen Kohlenstoffpumpe“ führen (Abb. 3).
Eisendüngung als CO2-Senke?
Der kontroverse Ansatz, mittels nachhaltiger
Eisendüngung dem Klimazyklus der Erde CO2 zu
entziehen, ist unsicher. Unerwartete Algenarten
könnten profitieren, mit unbekannten Effekten
im Nahrungsgefüge. Einige Phytoplankter produzieren stark klimarelevante Gase wie Methan.
Eine intensive „Biologische Pumpe“ könnte zu
verstärktem Abbau von Biomasse und erhöhtem
Sauerstoffverbrauch führen. Informationen zu
Reaktionen mariner Fische oder Säuger auf Eisendüngung fehlen. Die Entstehung schädlicher
oder Klimagase produzierender Algen konnte
bisher weder bei natürlicher noch bei stimulierter
Eisendüngung beobachtet werden, ebenso wenig Schichten mit schwachem oder mangelndem
Sauerstoffgehalt in solchen Gebieten; allerdings
ist ein schwacher Sauerstoffgehalt für Auftriebsgebiete mit intensiver Algenproduktion typisch.
„BiologischePumpe“
KarbonatGegenpumpe
Löslichkeitspumpe
CO2
CO2
CO2
Karbonat -Auflösung
Karbonat -Bildung
gelöste anorganische
Nährsalze, HCO3 -, CO2
Phytoplankton
Zooplankton
Nahrungsnetz
Oberflächenschicht
Tiefenwasserbildung
Belüftung, Auftrieb
ten verklebt. Solcher Meeresschnee ist groß und
schwer genug, um unterhalb 500 m Wassertiefe
zu sinken. Ungefähr 10 % des partikulären organischen Kohlenstoffs der Deckschicht sinkt
in größere Meerestiefen. Nur 1 % der Jahresproduktion wird mit der „Biologischen
Pumpe“ aus den oberen Ozeanschichten
zum Tiefseeboden verfrachtet, der Rest wird
im tiefen Ozean gefressen. Die Tiefseefauna
nutzt hiervon wiederum bis zu 90 %, sodass nur
0,01 % der ursprünglichen Produktion in den Sedimenten eingelagert wird.
Die Karbonat-Gegenpumpe setzt CO2 frei,
wenn kalkhaltige marine Organismen wie Kalkalgen wachsen. Vermehren sie sich z. B. auf Kosten
von Kieselalgen, wie im Nordpolarmeer in den
letzten Jahren, wird der Tiefentransport von Kohlenstoff erheblich reduziert. Unsere Forschungsprogramme dienen der Quantifizierung dieser
Effekte.
Bakterien
Aggregate
POC
DOC
ZwischenwasserBiologie
CO2
CO2
Tiefsee
CO2
Benthosbiologie
Tiefsee-Sedimente
Abb 2: Die drei ozeanischen
­ ohlenstoffpumpen
K
Gelöstes CO2 wird durch Auf- und
Abtrieb des Wassers durch die Löslichkeitspumpe transportiert (rechts).
Die „Biologische Pumpe“ basiert auf
der Aufnahme von Kohlenstoff durch
Organismen und deren Absinken zum
Meeresboden (Mitte). Bei Kalkbildung
wird CO2 frei, daher spricht man von
einer Karbonat-Gegenpumpe (links).
Bathmann & Passow
(2010) Biol unserer
Zeit 40: 304-313
DOI: 10.1002/
biuz.201010429:
Copyright WileyVCH Verlag GmbH
& Co. KGaA.
44°S
46°S
48°S
50°S
Satellitenbild (MODIS)
vom 12. bis 14. Februar 2009
52°S
20°W
0.01
15°W
0.03
10°W
0.1
5°W
0.3
0°W
1
3
[mg m-3 ]
Die Algen und Tiere des Planktons
im oberen Bereich der „Biologischen Pumpe“ setzen sehr viel
mehr Kohlenstoff um, als in tiefere
Wasserschichten als gelöster (DOC)
oder partikulärer (POC) organischer
Kohlenstoff aussinkt. Im tiefen Ozean
wird das absinkende Material weiter
biologisch abgebaut, und dabei wird
CO2 freigesetzt.
Abb 3: Die durch das deutsch-indische
Projekt LOHAFEX erzeugte Planktonblüte (rote Fläche im Kreis) im
Südatlantik vom MODIS-Satelliten aus
gesehen. Die Farbkodierung spiegelt
dabei den Gehalt an Algen im Ozean
wider. Die anderen roten, gelben und
grünen Flächen weisen auf Gebiete
natürlicher Algenkonzentrationen
gemessen als Chlorophyll hin. Weiße
Gebiete sind Wolkenflächen, durch
die der Satellit nicht aufs Wasser
­blicken kann. Das Rechteck im kleinen Bild oben rechts zeigt die geographische Lage des LOHAFEX-Gebietes
im Südatlantik. Grafik: abgewandelt nach
­Christine Klaas, AWI
Außer schädlichen Nebenwirkungen im Ökosystem besteht die Gefahr, dass die CO2-Verklappung im Ozean notwendige Strategien zur Vermeidung der CO2-Freisetzung behindern würde.
Andererseits könnte die Erhöhung der marinen
Produktivität durch Eisendüngung dem Zooplankton und somit Walen eine bessere Ernährungsgrundlage liefern. Wissenschaftliche Experimente
sind die einzige Möglichkeit, Antworten auf solche Fragen zu finden. Die im AWI entwickelten
Klimamodelle berücksichtigen sowohl die physikalisch-chemischen Prozesse als auch die wichtigsten biologischen Reaktionen.
27
REKLIM untersucht regionale Klimaänderungen mit
Hilfe von Beobachtungen
und Modellierungen.
(Ouelle: Helmholtz-Verbund
Regionale Klimaänderungen,
REKLIM, 2010)
Die regionalen Auswirkungen
des Klimawandels rücken in den Blickpunkt
Seit jeher bestimmen Wechselwirkungen zwischen Atmosphäre, Eis, Ozean und Landoberflächen
das Klimageschehen der Erde. Um die damit verbundenen Austauschprozesse und langzeitigen
Entwicklungen im Klimasystem besser beschreiben zu können, haben in den vergangenen
Jahren globale Klimamodelle erfolgreich dazu beigetragen, ein erstes Verständnis großskaliger
natürlicher Klimaschwankungen und des menschlichen Einflusses auf das Klima aufzubauen.
Allerdings sind viele Prozesse, die das Klima
auf verschiedenen zeitlichen und räumlichen
Skalen beeinflussen, noch nicht gut erforscht.
Aktuell existiert in der Wissenschaft ein breiter Konsens, dass die gegenwärtige Erwärmung
der Erde (Abb. 1) mit hoher Wahrscheinlichkeit
überwiegend auf erhöhte Konzentrationen von
Treibhausgasen und auf veränderte Landnutzung
zurückzuführen ist. Die konkreten Auswirkungen
auf einzelne Regionen sind jedoch bisher wenig
verstanden. Ob der Klimawandel beispielsweise
bedingt, dass in einer Region die Sommer trockener oder die Winter feuchter werden, ist wissenschaftlich nicht ausreichend abgesichert. Für die
landwirtschaftliche Nutzung ist aber genau dies
die entscheidende Frage. Ebenso sind für politische und wirtschaftliche Entscheidungsprozesse
zum Beispiel detaillierte Szenarien zum Anstieg
des Meeresspiegels wichtig, um die Küstenschutzmaßnahmen entsprechend anpassen zu können.
Um diese und andere Themen zu erforschen
und hierzu genauere Aussagen treffen zu können,
haben sich acht Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft zum Helmholtz-Verbund
Regionale Klimaänderungen (REKLIM) zusammengeschlossen: das Alfred-Wegener-Institut für
28 Regionale Auswirkungen
Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven,
das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt
(DLR) in Oberpfaffenhofen, das Forschungszentrum Jülich, das Deutsche GeoForschungsZentrum
Potsdam (GFZ), das Zentrum für Material- und
Küstenforschung in Geesthacht, das Deutsche
Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt
in München, das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sowie das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig (Abb. 2).
Das Spektrum der Forschungsthemen reicht
von der regionalen Klimamodellierung des Erdsystems, über Beobachtungsprogramme in der
Arktis und in Europa sowie der Untersuchung des
Beitrags chemischer Prozesse in der Atmosphäre
bis hin zur Analyse von extremen Wetterereignissen wie Hagelschlag, Stürmen, Hochwasser und
Dürren. Auch Fragen zu sozioökonomischen Folgen, das Management von Klimaeinflüssen und
die Entwicklung von Anpassungsstrategien zählen
dazu.
Hierbei versucht der Forschungsverbund unter
anderem Antworten auf folgende Fragen zu finden: Wie hängt die Entwicklung unseres Klimas
von der Wechselwirkung zwischen Atmosphäre,
Eis, Ozean und Landoberflächen ab und wie be-
0.6
Temperaturanomalien [°C]
0.4
0.2
Abb 1: Globale Anomalien
der Lufttemperatur an der
Erdoberfläche im Zeitraum
von 1860 bis zur Gegenwart
im Vergleich zu 1961–1990.
0
-0.2
(Daten: IPCC, 2007 (aktualisiert))
-0.4
-0.6
1860
1880
1900
einflussen sich menschliche Einwirkungen und
natürliche Klimaschwankungen? Wie groß sind
die Verluste der kontinentalen Eismassen (insbesondere von Grönland) und wie reagiert der Meeresspiegel auf Schmelzwasser und Erwärmung?
Wodurch werden die großen Änderungen im
Meereis und Permafrost der Arktis hervorgerufen
und mit welchen Nah- und Fernwirkungen sind
sie verbunden? Mit welchen Konsequenzen aus
dem Klimawandel müssen Ökosysteme, Wasserressourcen oder Land- und Forstwirtschaft
in Deutschland und dem Alpenraum rechnen?
Wie wird das regionale Klima durch Änderungen der Luftbestandteile beeinflusst? Wie werden
sich Extremereignisse wie Stürme, Hochwasser
und Dürren mit dem Klimawandel ändern? Und
schließlich: Wie entscheiden wir, welchen Weg
der Anpassung und Vermeidung wir wählen?
Zur Beantwortung dieser Fragen verwenden
die Wissenschaftler der acht Zentren Daten von
Fernerkundungssatelliten, von schwimmenden
und luftgetragenen Forschungsplattformen wie
beispielsweise dem Forschungsschiff Polarstern
und den Forschungsflugzeugen Polar 5 und Halo,
sowie von stationären Beobachtungsstationen
wie den Umweltobservatorien TERENO und der
Atmosphären-Simulationskammer SAPHIR. Mit
Hilfe der umfangreichen Messdaten werden die
Datengrundlagen für die Modellrechnungen verbessert, weil nur so räumlich hoch aufgelöste
Analysen und Szenarien erstellt werden können.
Das Zusammenwirken von Beobachtungen und
Prozessmodellierungen und die interdisziplinäre
Vernetzung der Wissenschaftler im Forschungsverbund wird somit zur Optimierung der verwendeten gekoppelten Klimamodelle beitragen.
Hierdurch können detaillierte Aussagen über die
Reaktion des Klimasystems auf die sich ändernden Klimarandbedingungen auf der regionalen
bis hin zur lokalen Skala abgeleitet werden. Die
konkreten Ergebnisse sind insbesondere wichtig
und notwendig, um Entscheidungsträger in Politik, Wirtschaft und Behörden sowie die breite
Öffentlichkeit über Risiko- und Gefahrenpotential
in der Regionalentwicklung besser aufklären und
zur Entwicklung nachhaltiger Anpassungs- und
Vermeidungsstrategien beitragen zu können.
1920
Jahr
1940
1960
1980
2000
Abb 2: REKLIM
Die acht For­
schungs­zentren
des HelmholtzVerbunds Regionale
Klima­änderungen
­(REKLIM).
(Quelle: HelmholtzGemeinschaft)
29
Die BSRN-Strahlungsmessfelder an den AWIPolarforschungsstationen
Neumayer, Antarktis und
Ny-Ålesund, Arktis.
Das World Radiation Monitoring Center am AWI:
eine weltweite Datenzentrale der Erdsystemforschung
Das Wort „Klima“ kommt aus dem Griechischen und heißt „Neigung“. In der Tat hat die
mittlere Neigung der Sonne zur Erdoberfläche entscheidende Auswirkungen auf unsere
Klimazonen. Natürlich gibt es noch diverse andere Faktoren, die den Strahlungshaushalt
und somit das Klima unserer Erde beeinflussen: so zum Beispiel der anthropogene Anstieg des Treibhausgases CO2 und die sinkende Reflexivität der Erdoberfläche durch das
Schmelzen von Schnee und Eis.
Langfristige Strahlungsmessungen sind für die
Klimaforscher von großer Bedeutung. Als sich
in den 80er Jahren der Weltklimarat erstmalig
mit der Zusammenstellung des damaligen Wissens der Klimaforschung beschäftigte, wurde erkannt, dass die Qualität der bereits vorhandenen
Strahlungsmessungen oft nicht den Ansprüchen
der modernen Klimaforschung genügte. Daher
wurde im Rahmen des Welt-Klima-Forschungsprogramms 1992 das Baseline Surface Radiation
Network (BSRN) gegründet. Ziel dieses globalen
Netzwerkes ist, an wenigen ausgewählten Stationen der Erde die bestmöglichen bodennahen
Strahlungsmessungen durchzuführen. Kernstück
dieses Netzwerkes ist sein zentrales Archiv, auf
das alle Klimaforscher freien Zugang haben. Die-
30 Erdsystemforschung
ses World Radiation Monitoring Center (WRMC)
wird seit 2008 am AWI betrieben.
Wie kam es dazu? Bipolare Forschung gehört
zum Kerngeschäft des Alfred-Wegener-Instituts für
Polar- und Meeresforschung (AWI). In diesem Zusammenhang unterhält das AWI zwei permanent
besetzte Polarforschungsstationen: seit 1981 die
Antarktisforschungsstation Neumayer im KöniginMaud-Land sowie seit 1991 die Arktisforschungsstation Koldewey in Ny-Ålesund auf Spitzbergen.
Zu den kontinuierlichen Messprogrammen beider
Stationen gehören seit Anbeginn umfangreiche
bodennahe Strahlungsmessungen. Zusammen
mit sieben anderen Stationen bildeten die beiden
AWI-Stationen 1992 die Keimzelle des BSRN.
Abb 1: Das weltweite Netzwerk
der aktiven und
geplanten Messstationen
Grafik: Wolfgang
Cohrs, AWI
Das World Radiation Monitoring Center wurde zeitgleich an der Eidgenössischen Technischen
Hochschule Zürich unter der Leitung von Prof.
Ohmura entwickelt. Mit der Pensionierung von
Prof. Ohmura wurde ein neuer Betreiber gesucht.
Aufgrund der wissenschaftlichen Expertise und
seiner hervorragenden EDV-Infrastruktur fiel die
Wahl auf das Alfred-Wegener-Institut.
Am AWI erhielt das World Radiation Monitoring Center ein neues Gesicht. Zusätzlich zu
der übernommenen File-Sammlung wurden alle
Daten in das Informationssystem PANGAEA importiert. Es handelt sich dabei um ein Archiv zum
langzeitlichen Archivieren, Veröffentlichen, Publizieren und Verteilen georeferenzierter Daten aus
dem Bereich der Erdsystemforschung (http://www.
pangaea.de). Auch der Web-Auftritt des WRMC
wurde komplett erneuert (http://www.bsrn.awi.
de). Zusätzlich zu den vielen Metadaten der Stationen bietet die Homepage des WRMC nun auch
übersichtliche Link-Listen für den direkten Zugriff
auf alle Daten über PANGAEA. Mittlerweile sind
von 51 Stationen 5.800 Stationsmonate an Daten
abrufbar.
Das World Radiation Monitoring Center speichert nicht nur die im Minutentakt vorliegenden
Strahlungsmessungen vieler Stationen, sondern
auch viele begleitende meteorologische Beobachtungen, die zur Interpretation der Strahlungsmessungen notwendig sind. Dazu gehören unter
anderem die mit Wetterballonen gewonnenen
Abb 2: Glashauben
eines Pyranometers in der
­Polarnacht bei Neumayer.
Das Pyranometer dient
der Messung der Sonnenund Himmelsstrahlung.
Foto: Gert König-Langlo, AWI
vertikalen Profile der Lufttemperatur und Luftfeuchtigkeit, die Wolkenbeobachtungen und
Wolkenhöhen.
Mittels Satelliten wird die bodennahe Strahlung flächendeckend abgeschätzt. Der Vergleich
mit den direkten Messungen des WRMC ermöglicht es, deren Genauigkeit zu verbessern. Die
Klimamodelle sind ebenfalls auf Verfahren angewiesen, die die bodennahe Strahlung liefern. Diese Strahlungsberechnungen lassen sich mit den
Daten des World Radiation Monitoring Centers
überprüfen und optimieren. Auch Trendanalysen
sind mit den WRMC-Messungen möglich, da einige Stationen bereits seit 18 Jahren kontinuierlich arbeiten. Erste Ergebnisse deuten auf Trends
in der von der Sonne stammenden Strahlung hin,
sehr wahrscheinlich als Folge einer veränderten
Luftreinhaltepolitik: Über den Regionen mit abnehmender Luftverschmutzung steigt die solare
Einstrahlung, über Indien und China sinkt sie hingegen.
31
Abb 1: Das Klimabüro
für Polargebiete und
Meeresspiegelanstieg
arbeitet im Netzwerk der
regionalen Klimabüros der
Helmholtz-Gemeinschaft.
(Grafik: Schipper, J.W., I. Meinke,
S. Zacharias, R. Treffeisen,
Ch. Kottmeier, H. von Storch und
P. Lemke, 2009, DMG Nachrichten 1-2009)
Klimaberatung: regionalspezifisch, verständlich, solide –
das Helmholtz-Klimabüro am AWI
Der globale Klimawandel wirkt sich regional sehr unterschiedlich aus. Anpassungs­
strategien an den Klimawandel müssen diese Unterschiede berücksichtigen, um beispielsweise Fehlinvestitionen zu vermeiden. Wegen des stetig wachsenden Beratungsbedarfs
hat die Helmholtz-Gemeinschaft ein Netzwerk von vier regionalen Klimabüros aufgebaut,
von denen eines als Klimabüro für Polargebiete und Meeresspiegelanstieg im AlfredWegener-Institut angesiedelt ist.
Die regionalen Helmholtz-Klimabüros sind
nicht nur fachlich miteinander vernetzt, sondern
auch in die nutzenorientierte Klimaforschung
der Helmholtz-Gemeinschaft eingebunden, zu
der auch Klimaschutz, Klimafolgen- und Anpassungsforschung zählen (Abb. 1). Sie kooperieren
überdies mit Exzellenzinitiativen, Universitäten,
Landes- und Bundesbehörden. Ihre verständlich
aufbereiteten Forschungsergebnisse zu bestimmten Regionen und Naturräumen stehen Akteuren
und Entscheidungsträgern aus Politik, Wirtschaft
und Gesellschaft sowie der gesamten Öffentlichkeit zur Verfügung. Das Ziel der vier regionalen
Helmholtz-Klimabüros ist es, Forschungsergebnisse zum Klimawandel für bestimmte Regionen
und Naturräume zu bündeln, verständlich aufzubereiten und zu vermitteln. Jedes Klimabüro
32 Klimaberatung
vertritt dabei die regionalen Aspekte der Klimaforschung basierend auf der wissenschaftlichen
Expertise des jeweiligen Helmholtz-Zentrums.
Diese wichtige Kommunikation aus der Wissenschaft hinein in die verschiedenen Segmente
unserer Gesellschaft befördert das Klimabüro für
Polargebiete und Meeresspiegelanstieg in den
letzten Jahren mit verschiedenen Projekten. Drei
Beispiele:
Für das Forum Jugend des 32. Deutschen Kirchentags in Bremen entwickelten die Schüler
dreier Schulklassen des Schulzentrums Utbremen
mit dem Klimabüro das Konzept eines Klimainformationszelts, das sie auch zusammen betreuten.
Höhepunkt für die Schüler war eine Begegnung
und Fragerunde mit Herrn Angaangaq, dem Ältesten der Kalaallit, der zu den Inuit zählenden
Abb 2: Prof. Dr. Peter
Lemke (Leiter Fachbereich
Klimawissenschaften am
AWI) und Herr Angaangaq
während einer Diskussion
mit Jugendlichen auf der
Außenbühne des Zentrums
Jugend.
Foto: Renate Treffeisen, AWI
Ureinwohner Grönlands (Abb. 2). Seine Familie
gehört zu den traditionellen Heilern aus Kalaallit
Nunaat, wie Grönland in der Sprache der Ureinwohner heißt.
Des Weiteren war das Klimabüro an der Erstellung der „Konzeptstudie Klimastadt Bremerhaven“
beteiligt, die vom Magistrat der Stadt Bremerhaven in Auftrag gegeben worden war. Ziel der
Studie war es, Alleinstellungsmerkmale Bremerhavens im Bereich der Klimakompetenzen herauszuarbeiten, anwendungsorientierte Potenziale
für Bremerhaven und die Region zu identifizieren
und Empfehlungen für zusätzliche Maßnahmen
und Entwicklungsschritte zu formulieren. Die
Mitwirkung an der Konzeptstudie ist ein Beispiel
für die Einbindung des AWI in die lokalen und
regionalen Klimaaktivitäten. Das Klimabüro wird
sich auch an den Folgeprojekten beteiligen.
Ein letztes Beispiel: Im März 2010 veranstaltete das Klimabüro für Polargebiete und Meeresspiegelanstieg mit dem British Council Berlin ein
zweitägiges Seminar in Berlin. Eingeladen wurden jugendliche Teilnehmer und Projektleiter verschiedener Programme, deren gemeinsamer Fokus
auf „youth leadership“ in der Arktis liegt (Abb. 3).
Ziel des Seminars war es, zu ermitteln, wie diese
Programme die Erfordernisse von Ausbildung, Engagement und Kommunikation erfüllen. Begleitet
wurde das Seminar von einer sich an die breite
Öffentlichkeit richtenden Abendveranstaltung in
der Britischen Botschaft. In diesem Rahmen diskutierten führende Persönlichkeiten aus den Bereichen Klimaforschung, Wirtschaftswissenschaft
und Sozialwissenschaft neue Erkenntnisse über
Klimaveränderungen, sowie die Ergebnisse des
Weltklimagipfels in Kopenhagen.
Abb 3: Teilnehmer des
Workshops „Action for the
Arctic“ in Berlin
Foto: British Council Berlin
Abb 4: Prof. Dr. Peter
L­ emke im Gespräch mit
Schülern des Schulzentrums Utbremen im
Klimazelt.
Foto: Renate Treffeisen, AWI
33
Die stationären und mobilen Infrastrukturen
des Alfred-Wegener-Instituts in Arktis und Antarktis
Für die Erforschung der polaren Ozeane und der polaren
t­errestrischen Regionen hält das AWI eine leistungsfähige und
auf die spezifischen Erfordernisse abgestimmte Infrastruktur
vor. ­Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker sorgen für die
­Betriebsbereitschaft dieser polaren Infrastruktur und koordinieren
­inter­national die in jedem Jahr stattfindenden Expeditionen mit
Flugzeugen und Schiffen.
2
FS ‚Polarstern‘
Der Forschungseisbrecher ‚Polarstern’ ist auch im internationalen Vergleich eine herausragende Forschungsplattform
für die eisbedeckten Polarmeere. ‚Polarstern’ bietet ausgezeichnete F­ orschungsmöglichkeiten für etwa 50 Wissenschaftler, die von 45 Besatzungsmitgliedern unterstützt
werden. Labore und Forschungsgeräte sind für meteorologische, ozeanographische, chemische, biologische und
geowissenschaftliche Arbeiten ausgelegt und ermöglichen
so einen multi-disziplinären Ansatz zur Untersuchung
des Klima- und Ökosystems in Atmo­sphäre, Meereis und
Ozean.
1 ‚Deutsch-Französische ­Arktis-Forschungsbasis
1
(AWIPEV)‘
Gemeinsame Forschungsstation des AWI und des französischen Polarinstituts Paul Emile Victor (IPEV) in NyÅlesund
auf Spitzbergen. Eine der wichtigsten Aufgaben der wissenschaftlichen Arbeit ist die Beobachtung der nordpolaren
Stratosphäre. Im Sommer finden Untersuchungen der
Meeresbiologie statt. Seit Juni 2005 wird das neue Kings
Bay-Meeresforschungslabor genutzt. Es bietet in seinen
Laboren vielfältige Möglichkeiten biologischer und chemischer Untersuchungen. Insbesondere Meeresbiologen und
-ökologen sowie Ozeanographen, Meeresgeologen und
Eisphysiker arbeiten hier.
34 Infrastruktur
1
2 ‚Samoylow-Forschungsstation‘
Russisch-deutsche Forschungsstation an der südlichen
­Küste der Insel Samoylow inmitten des Lena-Deltas nahe
der Laptewsee. Sie wurde als logistische Forschungsbasis
für langfristige Gelände­untersuchungen zur Ausbildung
und Degeneration der Permafrostböden, zur Umsetzung und Emission von Treibhausgasen wie Methan und
Kohlenstoffdioxid, zur Hydrologie der sommerlichen
Auftauschicht des Dauerfrostbodens sowie zur Bildung und
Entwicklung des Lena-Deltas errichtet.
‚Polar 5‘
Seit 2007 im Einsatz der Wissenschaft unterwegs. Die
Maschine bietet unter anderem ein kombiniertes Ski- und
Radfahrwerk für den Einsatz in eisbedeckten Gebieten
in Arktis und Antarktis. Moderne Messgeräte stehen für
Forschungsflüge im Bereich Geophysik, Glaziologie und
Atmosphärenforschung zur Verfügung. Ab August 2011
wird ein zweites Forschungsflugzeug, die ‚Polar 6’, die
wissenschaftlichen und logistischen Einsätze des AWI in
den Polarregionen stärken.
3
4
5
3 ‚Neumayer-Station III‘
Im Jahr 2009 wurde die Antarktisstation in Betrieb genommen, ein kombiniertes Gebäude für Forschung, Betrieb
und Wohnen auf einer Plattform oberhalb der Schneeoberfläche. Die Station steht auf dem Ekström-Schelfeis der
Atka-Bucht im nordöstlichen Weddell-Meer und wird das
ganze Jahr über betrieben. Im antarktischen Winter leben
und arbeiten hier in der Regel neun Personen: ein Arzt,
ein Meteorologe, ein Luftchemiker, zwei Geophysiker, ein
Ingenieur, ein Elektriker, ein Funker/Elektroniker und ein
Koch. Die Überwinterer bleiben 14 bis 15 Monate. Über
neun Monate sind sie nur über Funk mit der Außenwelt
verbunden.
Topographische Daten:
ETOPO2v2 Global Gridded
2-minute Database
http://www.ngdc.noaa.gov/
mgg/global/global.html,
rendered with:
The Generic Mapping Tools
http://gmt.soest.hawaii.edu
(Graphic: C. Schäfer-Neth)
4 ‚Dallmann-Labor‘
F­ orschungsbasis an der ­argentinischen Station Jubany,
King-George Island, Antarktis.
5 ‚Kohnen-Station‘
Im Jahr 2001 als logistische Basis für Eiskernbohrungen im
Dronning-Maud-Land errichtet.
35
Bremerhaven – Hauptsitz des Alfred-Wegener-Instituts für P
­ olar- und
­Meeresforschung (AWI) in der Helmholtz-Gemeinschaft
Mit seiner innovativen Wissenschaft und exzellenten Forschungs­infrastruktur hat
sich das Institut zu einem der weltweit führenden und international anerkannten
Zentrum für Klimaforschung in bei­den Polarregionen und den Meeren entwickelt.
Zentraler Forschungs­schwerpunkt sind die eisigen Welten der Arktis und Antarktis.
­Außerdem führt das AWI wissenschaftliche Projekte in den ge­mäßigten Breiten
durch. Um die treibenden Kräfte und Pro­zesse im ­Klimageschehen zu entschlüsseln,
arbeiten Bio-, Geo- und Klima­wissenschaften eng zusammen. Eine starke internationale Vernetzung und die breite wissenschaftliche Expertise zeichnen das AWI
besonders aus. Zum Forschungszentrum gehören die Forschungs­stelle ­Potsdam, die
Biologische Anstalt Helgoland und die Wattenmeerstation Sylt.
36
Ansprechpartner im AWI
Fachbereich Klimawissenschaften
Leitung: Prof. Dr. Peter Lemke
Seite
4
Beiträge aus den Sektionen des Fachbereichs Klimawissenschaften:
Atmosphärische Zirkulationen / Prof. Dr. Klaus Dethloff 6
Meteorologie der Polargebiete / PD Dr. Ulrike Wacker 8
Meereisphysik / Prof. Dr. Rüdiger Gerdes 12
Messende Ozeanographie / Dr. Eberhard Fahrbach 14
Ozeandynamik / Dr. Jens Schröter 16
Dynamik des Paläoklimas / Prof. Dr. Gerrit Lohmann 24
Fachbereichsübergreifende Beiträge:
Dr. Gert König-Langlo Dr. Klaus Grosfeld 28
Dr. Renate Treffeisen 32
10, 30
Fachbereich Geowissenschaften:
Glaziologie / PD Dr. Olaf Eisen 18
Periglazialforschung / Dr. Hugues Lantuit 20
Marine Geologie und Paläontologie / Prof. Dr. Ralf Tiedemann
22
Fachbereich Biowissenschaften:
Polare Biologische Ozeanographie / Prof. Dr. Ulrich Bathmann Impressum
Alfred-Wegener-Institut
für Polar- und Meeresforschung
in der Helmholtz-Gemeinschaft
Am Handelshafen 12
27570 Bremerhaven
Telefon +49(0)471-48 31-0
Telefax +49(0)471-48 31-1149
E-Mail: [email protected]
www.awi.de
Klimabüro für Polargebiete und
Meeresspiegelanstieg
Bussestr. 24
27570 Bremerhaven
E-Mail: [email protected]
www.klimabuero-polarmeer.de
26
Redaktion und Konzeption:
Prof. Dr. Peter Lemke, Fachbereich Klimawissenschaften
Dr. Renate Treffeisen, Klimabüro für Polargebiete und Meeresspiegelanstieg
Claudia Pichler, Kommunikation und Medien
Margarete Pauls, Kommunikation und Medien (verantwortlich)
Copyright: 2010, Alfred-Wegener-Institut
Fotonachweise:
Renate Treffeisen (Umschlagfoto U1); Peter Lemke (Umschlag innen,
S. 2, S. 34); Ude Cieluch (S. 10) Hans Oerter (S. 1; S. 3; 2x S. 16);
Jaycelyna Bourgeois (S. 4); Armin Ganter (S. 5); Jürgen Graeser (S. 6, S. 30);
Bernd Loose (S. 10); Stefan H
­ endricks; (S. 11, S. 34); Eberhard Fahrbach
(2x S. 14); Martin Leonhardt (S. 18); Konstanze Piel (S. 20); Kim (S. 22);
Hannes Grobe (S. 24); Philipp Assmy (S. 26); Corinna Dubischar (S. 27);
Gert König-Langlo (S. 30); Sepp Kipfstuhl (S. 34); realnature.tv (S. 34);
Wolfhard Scheer (S. 37)
Gestaltung: Feilcke & Glinsmann, Bremen
Druck: BerlinDruck. Bremen
37
Alfred-Wegener-Institut
für Polar- und Meeresforschung
in der Helmholtz-Gemeinschaft
Am Handelshafen 12
27570 Bremerhaven
Telefon: 04 71 / 48 31 0
www.awi.de
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