Interessenkonflikte des Referenten? Beruf: Forschungspsychologe & Psychotherapeut an privater Reha-Klinik Mitglied der Gesellschaft zur Wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (www.GWUP.de) Kein Einkommen durch die Pharmaindustrie oder Placebo-Lobby! Placebo-Therapie: Wirkung und Optimierungsmöglichkeiten Dr. Robert Mestel HELIOS Klinik Bad Grönenbach 1 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Placeboforschung: Bingel et al., 2011: Wie nivelliere ich die Wirkung von Opiaten? Aktuelles Man traktiere Normalpersonen mit einem dauerhaften Hitzeschmerzreiz! Zur Schmerzlinderung biete man ein starkes Opiat (Remifentanil) an mit folgenden Anmerkungen: Deutsche Placeboforschung an der Weltspitze! DFG Förderung über 2,6 Mio. € (2010) 1. Neutral (“Nehmen Sie das hier”) 2. Positiv (“Das wird ihnen sicherlich helfen!”) 3. Negativ (“Das Mittel steigert den Schmerz noch!”) Studienzentren (Auswahl): 1. Essen (Prof. Manfred Schedlowski); Immunologie, klass. Konditionierung 2. Hamburg (PD Uli Bingel); Analgesie mittels Opiaten 3. Tübingen (Prof. Paul Enck); Analgesie; Rolle von Serotonin 4. Marburg (Prof. Winfried Rief); Nocebo-Effekte 5. Mannheim (Prof. Herta Flor); chron. Rückenschmerz Und andere (neun Subprojekte) Ergebnis: Positive Instruktion halbiert das Schmerzerleben im endogenen Schmerzregulationssystem; negative Instruktion beseitigt den analgetischen Effekt des Opiats! (messbar im Hippocampus) www.placeboforschung.de/wiki U. Bingel, V. Wanigasekera, K. Wiech, R. Ni Mhuircheartaigh, M. C. Lee, M. Ploner, I. Tracey, The Effect of Treatment Expectation on Drug Efficacy: Imaging the Analgesic Benefit of the Opioid Remifentanil. Sci. Transl. Med. 3, 70ra14 (2011). DOI: 10.1126/scitranslmed.3001244 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 2 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 3 2010, Jütte et al. – kostenloser Download des Buches: http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/placebo_lf_08092010.pdf 19.11.2009; Download im www Ca. 95% der Angebote der Komplementärmedizin können nach den Analysen von Edzard Ernst als „Placebo-Therapien“ kategorisiert werden Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 4 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 5 Umstritten: Erster Stiftungslehrstuhl für Komplementärmedizin in Deutschland an der Charité, Berlin Prof. Dr. med. Claudia Witt Placebos in aller Munde… Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 6 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 7 Relevanz für jede Art von Helfer, Heiler, Psychotherapeuten! Dämonenaustreibung bei Frauen in Kolumbien, SPIEGEL, 27.6.2011 Was wirkt in der Heilkunst, Medizin? Würden Sie ein geliebtes Kind (12 Jahre) bei Depressionen an einer Studie teilnehmen lassen, wo es per Zufall verteilt würde auf eine der folgenden Behandlungen: 1. Psychotherapie, so wie Sie sie durchführen (20 Std.) 2. Schamanistische Sitzungen mit „böser Geist Austreibungen“ (20 Std.) 3. Homöopathische Globuli C30 (ohne Molekül) über 20 Wochen 4. Placebo-Pillen ohne Wirkstoff über 20 Wochen Weshalb würden Sie dem evtl. nicht zustimmen? Bei welchen Erkrankungen gibt es Therapien, welche über unspezifische Effekte herausragen? 8 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 9 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Unwirksam bis Scha- Vielleicht Wahrschein höchstens den wirksam -lich Placebo wirksam X Alternativmedizin Homöopathie Simon Singh (Jhrg. 1964; England; PhD; Physiker; Autor, Wissenschaftsjournalist, Produzent (BBC); zahlreiche Preise für Wissenschaftspublizistik Akupunktur Aufrechte Chiropraktik Orthodoxe) (Indikationen außerhalb des Rückens; X Best. Rückenschmerzen, Übelkeit X Umrissenen Rückenbeschwe rden Chirupraktik („M ixer“ - M ischung mit Schulmedizin) Pflanzen: Aloe vera, Artischoke, Blaubeere, Ginseng, Hopfen, Kamille, Lavendel, M istel, Nachtkerze, Passionsblume, Tymian Edzard Ernst (Jhrg. 1948; Wiesbaden; seit 1999 Engländer; Prof. Dr. med.; Lehrstuhlinhaber für Alternativmedizin an Universität Exeter; Chefredakteur zweier med. Fachzeitschriften; Ausbildung in zahlreichen alternativmedizinischen Verfahren, auch Homöopathie (Verfasser eines homö. Lehrbuches) 2009; Kontroverse unter www.amazon.de Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel X (meiste Indikationen) X 10 X teils Pflanzen: Baldrian, M oosbeere, Ingwer, Kalmegh, M ariendistel, Nessel, M utterkraut, Pfefferminze, Sägepalme, Teebaum, Trauben-Silberkerze, Weide, Weinrebe teils Pflanzen: Afrikanische Teufelskralle, Echinacea, Gingko, Johanniskraut, Kava, Knoblauch, M eerträubel, Rosskastanie, Rotklee, Weißdorn teils Alexandertechnik, Alternativdiäten, Alternative Diagnoseverfahren, Kristallschmuck, Kupferarmbänder (=alternativer Tinnef), M edikamente der anthroposophische M edizin v.a. M istelpräparate, Pflanzenpräparate des Ayurveda, Bachblüten, Chelattherapie, Detox, Feng Shui, Fußreflexzonenmassage, Geistheilung, Kolonhydrotherapie, Kraniosakraltherapie, Kristalltherapie, M agnettherapie, Neuraltherapie, Ohrkerzen, Orthomolekulare M edizin („Vitamintherapien“), Reiki, Sauerstofftherapie, Schröpfen, Shiatsu-M assage, Zelltherapie Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel X (Indikatio nen nachzulesen ) X (Indikatio nen nachzulesen) X X.(diers ) 11 Fortsetzung Alternativmedizin Unwirksam bis Schahöchstens den Placebo Vielleicht Wahrschein-lich wirksam wirksam X Entspannun g X Kniearthros e X (MSPatienten) Aromatherapie Blutegel Feldenkrais Placebos sind der natürliche Feind von Pharmaindustrie, wissenschaftlicher Schulmedizin, Anderer Medizin („Alternativmedizin“) und Psychotherapie! Glauben Sie nicht? Dann unterstellen Sie einfach irgendeinem Therapeuten, er würde eine Placebo-Behandlung anwenden und warten Sie seine Reaktion ab: X Rücken-, Muskel- und Gelenkschmerz Osteopathie (bis auf Kraniosakraltherapie) X Yoga, Meditation, Tai-Chi, Autogenes Training, PMR, Reflexzonenmassage, Massage, Hypnotherapie 12 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 13 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel „Wer heilt, hat recht“? Prof. Manfred Spitzer (2009, Nervenheilkunde, 5, S. 257): „Wer heilt, hat recht“? „ Schulmedizin (die immer nur dann so heißt, wenn sie verteufelt wird), ist Erfahrungsmedizin im besten Sinne des Wortes“ (verallgemeinerbar, quantifizierbar) Reicht diese Haltung aus? Deutsche Fußballer beim Heilpraktiker, wenn Müller-Wolfahrt nicht mehr weiter weiss: Wenn wir nicht wissen, was heilt bzw. wie geheilt wurde, können wir „„ Erfahrungsmedizin“ ist dagegen einfach nur schlechte Medizin, weil die Erfahrungen gerade nicht auf eine nachvollziehbare und allgemeingültige Weise gewonnen wurden.“ „bei mir hat es geholfen“ – „bei mir nicht“ – Ende der Diskussion. Behandlungen nicht systematisch verbessern und auf spezifische Behandlungssituationen oder Patienten abstimmen! Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 14 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 15 Anekdotische Evidenz: Fallbeispiel 1 „Vergiftetes Wasser“ Struktur des Vortrags 1. Ursache und Wirkung Abends trinkt meine Frau unser übliches Mineralwasser und ruft plötzlich „Das Wasser schmeckt wie Gift oder Gülle. Es muss vergiftet sein“! 2. Spontanheilung 3. Soziale Unterstützung, Verständnis Implizite (unbewusste, automatisierte) Kausalitätsannahme: Übelkeit als kausale Folge der Vergiftung! 4. Placebo-Effekt (Heilungserwartung und Konditionierung) 1. Definition, Biologie, Erklärungsmodelle, Erscheinungsformen Auslöser Bewertung Kausale Folge Wasser trinken Wasser vergiftet Übelkeit 2. Wirksamkeit (Beispiele aus Medizin und Psychologie) 5. Optimierung des Placebo-Effekts bei Therapeuten und Patienten 16 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 17 Sinn und Bedeutung in sinnlosen Strukturen: Beispiel 11.9.2001 „Teufelsgesichter“ (www.gwup.de) Einer der häufigsten Denkirrtümer, Denkfehler: Post hoc ergo propter hoc (wenn etwas passiert ist, wird es deswegen gewesen sein!) Vor der EM 2004: Griechenland ist eine Looser-Truppe Nach dem EM Sieg Griechenland´s: Es musste ja so kommen, „Rehakles“ war doch derTrainer! Warum sind wir Menschen fast gezwungen automatisch Kausalitäten oder Sinn selbst in zufälligen Ereignissen/Strukturen zu sehen? Antwort: Überleben sichern! T. Proulx, SJ Heine (Psychological Science, 20/9, 2009, 1125-31): Connections from Kafka. Exposure to meaning threats improves implicit learning af an artificial grammar J. Whitson & Robert A. Galinsky, 2008, Science, 322 (115), 115-117. 18 Placebo-Therapi e - Dr. Mes tel Zufall oder Chaos ist für uns Menschen kaum auszuhalten! Wir brauchen Kontrolle und Sicherheit zum Überleben! Dies könnte der evolutionäre Sinn davon sein, in Chaosbildern Strukturen oder Beziehungen zu „sehen“. Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 19 Zurück: Anekdotische Evidenz: Fallbeispiel 1 „Vergiftetes Wasser“ (1) Anekdotische Evidenz: Fallbeispiel 1 „Vergiftetes Wasser“ (2) Abends trinkt meine Frau unser Standardmineralwasser und schreit plötzlich „Das Wasser schmeckt wie Gift oder Gülle“! Auslöser Bewertung Folge Wasser trinken Wasser vergiftet Übelkeit Realistische Wahrscheinlichkeit für diese Bewertung: ca. 1:1 Mio. 1. Meine Frau trank drei andere Wassersorten: Alle schmeckten nach Gift! 2. Die Familie trank dasselbe Wasser: Es schmeckte allen „normal“! 3. Meine Frau zeigte keinerlei psychotische Merkmale Mit hoher Wahrscheinlichkeit hatte sie eine Geschmacksmissempfindung! (Am nächsten Morgen schmeckte das Wasser für sie auch wieder ganz normal) Welche anderen Erklärungen für das Phänomen bieten sich an? 1. Jemand hat das Wasser absichtlich oder unabsichtlich verunreinigt, vergiftet (Ehemann, Kinder etc.) – Wahrscheinlichkeit 1: 100.000 2. Meine Frau hat eine wahnhafte Empfindung (Psychose): W´keit 1:10.000 3. Meine Frau hat eine Geschmacksmissempfindung: W´keit 1:1.000 4. Andere Erklärungen ... Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Intuitive Annahmen liefern nur Hypothesen, sie können völlig falsch sein! Die wirkliche Ursache kann nur mittels wissenschaftlicher Methodik gefunden werden (z. B. Versuch und Irrtum, Falsifizierungsexperimente). 20 Anekdotische Evidenz: Fallbeispiel 2: „Heilung“ durch Bella Donna (1) Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 21 Anekdotische Evidenz: Fallbeispiel 2 „Heilung durch Bella Donna“ (2) • Nachts hat unsere damals 1-jährige Tochter 38,7 Grad Fieber und kann nach einer Stunde trotz Müdigkeit immer noch nicht einschlafen • Nachts hat unser 1-jähriges Kind 38 Grad Fieber und kann nach einer Stunde trotz Müdigkeit immer noch nicht einschlafen • Ich gebe ihr, um Ärger zu vermeiden (Frau ist auswärts), trotz meiner Skepsis 5 Kügelchen Bella Donna C30 auf einem Plastiklöffel (Ritual) verbunden mit Koseworten: Am nächsten Morgen ist sie geheilt! • Ich gebe ihr, um Ärger zu vermeiden (Frau ist auswärts) trotz meiner Skepsis 5 Kügelchen Bella Donna C30 mit einem Plastiklöffel (Ritual) und am nächsten Morgen ist das Kind wieder gesund (kein Fieber mehr!) Ist dieses Geschehen nun ein Beweis dafür, dass „Bella Donna C30“ (homöopathische Hochpotenz ohne ein Molekül von Bella Donna!) ursächlich das Fieber beseitigt hat? Plausibelste Alternativerklärung: Placebo-Reaktion (statt Bella Donna): Antwort: Nein, keinesfalls! Heilungsanekdoten, egal wie sensationell oder beeindruckend, können niemals Aufschluss darüber geben, ob sich die Genesung wegen oder trotz der Maßnahme/Therapie vollzogen hat Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Anwendung „wissenschaftlicher“ Methodik zur Ursachenentdeckung: Suche Alternativerklärungen! Bemühe dich, deine Annahmen zu falsifizieren! (Popper) Variiere die Untersuchungsbedingungen und evaluiere! 22 1. Krankheit verschwindet von selbst (Spontanremission) 2. Menschliche Zuwendung und Fürsorge 3. „Heilungsritual“ (Löffel, Nahrung etc.) 4. Besserungserwartung; klassische Konditionierung (=Placebo-Effekt!) 5. Ein anderes Mittel erzielte die Wirkung (ohne unsere Kenntnis) Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 23 Anekdotische Evidenz Fall 3: Citalopram (Anti-Depressivum der „Schulmedizin“) Was ist der Plural von Anekdote? Patientin, bei der Citalopram (Antidepressivum) vor einigen Wochen angesetzt wurde, kommt zum Arzt und sagt „also so gut gestimmt wie jetzt, habe ich mich schon Jahre nicht mehr gefühlt“. Anekdoten Ist das ein Beweis, dass das Mittel kausal für ihre verbesserte Stimmung ist? und nicht Selbst wenn eine Arzt 30 solcher subjektiven Besserungsberichte seiner Patienten nach Vergabe von Mittel xy gehört hat, reicht das wirklich als Kausalbeweis? Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Daten!!! 24 Wer behauptet, dass eine Maßnahme für die Besserung von Erkrankungen ursächlich ist, muss folgende Beweise liefern: Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 25 Das „Einhorn-Argument“: Ich weiß todsicher, dass die Maßnahme wirkt! Beweisen Sie Skeptiker mir doch, dass sie nicht wirkt! 1. Beweisen Sie, dass die Erkrankung nicht auch ohne die Maßnahme von selbst verschwunden wäre! 2. Beweisen Sie, dass nicht menschliche Zuwendung oder Verständnis die Wirkung erklärt! Sie reichen die Steuer ein und wollen als Werbungskosten ein Einhorn absetzen, da es so teuer im Unterhalt ist. 3. Beweisen Sie, dass nicht der pure Glaube (die Heilungserwartung) die Wirkung erklärt! Der Finanzbeamte will ihnen diesen Posten nicht anerkennen. 4. Beweisen Sie, dass nicht eine andere Maßnahme die Wirkung erklärt! Auf wem liegt nun die Beweislast? Je ungewöhnlicher eine Behauptung ist, desto mehr Beweise muss derjenige erbringen, der die Behauptung aufgestellt hat! (z. B. Verblindetes Beten; Hochpotenz > D22) Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 26 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 27 Randomized controlled trial (RCT) – Randomisierte, kontrollierte Studie Die optimierte klinische Studie (Singh & Ernst, 2009): 1. Die Behandlungsgruppe mit einer Kontrollgruppe vergleichen Aus den genannten mindestens vier alternativen Erklärungsmöglichkeiten leitet sich das heute dominante Studiendesign für neue Arzneimittel ab: RCT 2. Beide Gruppen mit hinreichend großer Fallzahl 3. Die Patienten müssen per Zufall auf die beiden Gruppen zugeteilt werden (Randomisierung) – bei hinreichender Fallzahl gleichen sich somit alle nicht gemessenen Merkmalen neben der Zielintervention aus (replizieren!!) Menschen mit bestimmten Krankheiten werden per Zufall 2-5 folgenden Bedingungen zugeteilt: 4. Die Kontrollgruppe bekommt ein Placebo (eine Placebo-Therapie) Therapie: 4. Vermutlich 5. Goldwirksame Standard Therapie Prüfung der ethischen Probleme (Kann die Therapie (4.) vorenthalten werden?) Optimale Stichprobenzahl nötig (nicht zu wenige aber auch nicht zu viele) Erfolgskriterium sind die Unterschiede zwischen den Kontrollbedingungen (1-3) und der vermutlich wirksamen Therapie. In der Doppelblindstudie im Pharmabereich wissen weder Patient noch Therapeut welches Mittel (Placebo oder Verum) vergeben wurde 1. nichts 2. Placebo 3. Zuwendung Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 28 5. Bei deutlichen Nebenwirkungen des Placebos: Aktive Placebos vergeben, welche nur die Nebenwirkungen simulieren, nicht den Haupteffekt 6. Beide Gruppen müssen gleich behandelt werden 7. Patienten sind zu verblinden (keine Kenntnis über Behandlungsart) 8. Durchführende Ärzte sind zu verblinden (Versuchsleitereffekte minimieren) Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Spontanheilungsquoten für ausgewählte Erkrankungen (aus Blech, 2005) 1. Spontanheilung („Die Zeit heilt“) • „Aufgabe des Medicus ist es, den Patienten solange zu vergnügen bis die Natur ihn von selbst heilt“ - Voltaire • Rückenschmerzen (50% nach 1 Woche; 90% nach 1 Monat; 99% nach 12 Monaten) • Mit Grippemittel dauert der Schnupfen 7 Tage, ohne Mittel eine Woche! Bauernweisheit • Hörsturz (90% nach Akutphase; keine untersuchte Therapie war bisher Placebo überlegen!) • Tinnitus, chronisch (Nach 5-10 Jahren: 33% Voll- und 33% Teilremission) • Schon die Tatsache, dass es duzende Grippemittel gibt, belegt, dass keines eine besondere Wirksamkeit hat! • Tinnitus, akut (50-80% in ein paar Wochen) Dr. Eckhart von Hirschhausen, Arzt & Kabarettist • Arthritis (35%) Anekdote: Heuschnupfenallergie (Spontanheilung nach 25 Jahren) • Spontanheilungen treten bei allen Krankheiten oder Störungen in mehr oder weniger großem Ausmaß auf! Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 29 Ärzte und Juristen unterziehen sich im Schnitt etwa 33% seltener irgendwelchen medizinischen Prozeduren (Diagnostik, OP´s etc.) 30 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 31 „Wunderheilungen“ bei unheilbarem Krebs Spontanheilung und Homöopathie (Singh & Ernst, 2009, S. 175) Auftrittshäufigkeit ca. 1 : 60.000 (20-30 Fälle/Jahr); • Studie des Bristol Homoeopathic Hospital (England): n= 6500 Pat. berichten im 6-jährigen Follow-up von 70% Besserung ihres Gesundheitszustandes (chronische Krankheiten) nach homöopathischer Behandlung! Kappauf, 2003 d. h. das ist 233 mal wahrscheinlicher als einen Sechser im Lotto zu haben! Keine Vorhersage möglich (Unspezifische Persönlichkeit oder Bewältigungsstil!) • Problem: Keine Kontrollgruppen verwendet! Diese Quote entspricht etwa der kirchlich anerkannten „Wunderheilungsquote“ in Lourdes! N= 66; ( bei n=6800 profanen „Heilungen“) Wissenschaftsjournalistin T. Harkness kommentiert, es handle sich wohl um eine Art „Käsetherapie“: 1.Man geben Kindern Käse, damit sie wachsen 2.Man misst das Wachstum nach einem Jahr und siehe da: 3.Sie sind größer geworden, was beweist, dass Käse wirkt http://www.lourdes-france.org/index.php?goto_centre=ru&contexte=de&id=1173&id_rubrique=1173 32 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Spontanheilungsquoten in der Psychotherapie Proze nt (gebesserte Patiente n) McNeilly & Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 33 Spontanheilung: Regression zur Mitte Howard, 1991 ambulante Psychotherapie (n= 2400) Spontanheilung (n=500; Eysenck-Meta-Analyse 1952) 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 0 5 10 20 30 40 50 60 70 80 90 • Stark normabweichende Werte neigen dazu, sich bei einer wiederholten Messung dem Mittelwert einer Population anzunähern • Es ist wahrscheinlicher, dass ein Patient, der mit einem hohen Testwert beginnt, unabhängig vom Erfolg der Behandlung am Ende einen geringeren Wert aufweist 100 Wochen Placebo (=Erwartungs) -effekt: 14% sind schon vor dem Erstkontakt gebessert!!! Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 34 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 35 2. Soziale Unterstützung, Verständnis Was wirkt in der Psychotherapie? (v. a. bei Depressionen) B. Wampold, 2001: The great psychotherapy debate („common factors“; „unspezifische Faktoren“) Freunde, Partner, soziales Netz: Bestes Vorhersagemerkmal für eine gute Bewältigung von Verlusten oder Scheidungen (Klauer, 2005) Psychotherapie ist de facto effektiv! Was ist relevant für die Wirksamkeit? • • • Der Arzt/Therapeut als „Placebo“: Professionelle Therapeuten erreichten gleich gute Ergebnisse wie Paraprofessionelle (z. B. JuraProfessoren) bei ambulanten „neurotischen“ Patienten Berman & Norton, 1985; Strupp & Hadley, 1979; Baskin et al., 2003 Psychotherapeut Einschränkung: Die Professionellen waren etwas erfolgreicher bei den schwerer gestörten Patienten, den Älteren und in der Kurzzeitbehandlung • • • - Arzt Homöopath Die Art der Behandlung ist irrelevant (Schule) Die theoretische Basis der Techniken ist irrelevant Die getreue Durchführung der Techniken nach Lehrmeinung bzw. Manual (Adhärenz) ist irrelevant Die Überzeugung des Therapeuten von seiner Technik ist relevant Der Therapeut als Person ist ein großer Faktor! (unklar, was von ihm…) Die Beziehung zwischen Patient und Therapeut ist ein Schlüsselfaktor: Dem Therapeuten vertrauen Motivation zur Mitarbeit beim Patienten (Compliance) Empathie des Therapeuten Schätzung: Ausschöpfung dieses Wirkfaktors durch Berufsgruppen Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 36 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 37 3. Placebo-Typen 3. Placebo-Effekt und -Reaktion: Definition Jütte et al., 2010, Bundesärztekammer Placebo (lat.): „Ich werde gefallen“ (Versprechen der Heilung) 1. Echte, reine Placebos (Scheinmedikamente nur mit Zucker, Stärke oder Kochsalzlösung; Placeboakupunkturnadeln, die nicht eindringen; Homöopathische Mittel ab ca. D23 – kein Molekül auf alle Weltmeere) Placebo-Effekt im engeren Sinne: Netto-Effekt: Therapeutischen Effekte, die aufgrund der Bedeutung zustande kommen, die eine Intervention für eine Person hat (NIMH, 1996): Erwartungseffekte, Glaube, Vertrauen, „Einbildung“ (abwertend). 2. Pseudo-Placebos: Echte Medikamente, die jedoch im konkreten Anwendungsfall nach aktueller wissenschaftlicher Erkenntnis nicht wirken können, weil entweder die verabreichte Dosis zu niedrig ist oder das Wirkungsspektrum keinen spezifischen Einfluss auf die bestehende Krankheit hat (Wikipedia Def.) Placebo-Reaktion im weiteren Sinne: Brutto-Effekt: Spontanheilung, soziale Unterstützung, Placebo-Effekte, Regression zur Mitte 3. Aktive Placebos (in Studien, wo die Ärzte/Therapeuten an den Nebenwirkungen erkennen, wer in welche Versuchsbedingung gelost wurde; hier ahmen die Placebos medikamentös nur die Nebenwirkungen der Vera nach) – sind noch wirksamer! Knowledge-Framing: Rahmenbildung durch Wissen (Pöppel/Porzsolt) Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 38 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 39 Geschichte des Placebo-Effektes (1) Die Geschichte der Medizin bis ca. Anfang des 20. Jahrhunderts ist die Geschichte des Placebos! (Fazit von Medizinhistorikern; z. B. Shapiro, 1959) Bsp.: Heilung der Gebärmutter in griechischer Antike: Patientin soll sich mit gespreizten Beinen über Räucherfeuer setzen, bestehend aus Ziegenkot, Rindermist, Robbenfett, Hasenhaaren und Gewürzen. Placebo-Behandlungen sind die mit Abstand am häufigsten untersuchte Therapie in der Geschichte der Menschheit! Hippokrates Behandlungen: Höchstwahrscheinlich auch Placebo (Houston, 1938) Es liegen ca. n= 100.000 publizierte Studien vor „Dem Placebo-Effekt ist es zuzurechnen, dass trotz schmerzhafter, ekelerregender Therapieverfahren, objektiv vorhandener Unkenntnis der Ärzte sowie barscher Kritik an den ärztlichen Fähigkeiten durch scharfsinnige Zeitgenossen das soziale Ansehen der Ärzte im Verlauf der Historie nicht stetig abfiel, sondern sogar allmählich stieg.“ (mit unpublizierten Arbeiten ca. n= 300.000) Gauler & Weihrauch, 1997, S. 8 Prof. Dr. T. R. Weihrauch: Ltd. Direktor Pharma-Forschungszentrum Bayer-AG Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 40 41 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Geschichte des Placebo-Effektes (2) 17. Jahrhundert: Chinin (aus der Chichona-Rinde): Erstes Verum der Medizin (gegen Malaria-Fieber eingesetzt); andere Vera: Impfungen gegen Pocken; Morphium gegen Schmerzen Typische Pharmastudie: Keine Katamnese! 1787 „Placebo“ erstmals in medizinischem Wörterbuch genannt 1932: Verwendung von Leertabletten (Paul Martini) 1944: Beecher: Kochsalz statt Morphium Verwundeten gespritzt: Linderung! 1955: „The Powerful Placebo“ (Beecher): Explosion der Doppelblindstudien! Heute: Pro Jahr erscheinen n= 9.000 randomisierte medizinische Studien, 2 Mio. medizinische Arbeiten pro Jahr; 25.000 (!) medizinische Fachzeitschriften Placebo-Lehrbücher: Brody & Brody, 2002; Gauler et al., 1997; Spiro, 2005 Nur etwa 15-20% der Therapien der konventionellen Medizin sind heute nachgewiesenermaßen wirksamer als Placebo! Blech, 2005 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 42 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Typische doppelblinde Medikamentenstudie 43 Kann man die Placebowirkung im Gehirn nachweisen? Sind die Wirkungen bei Placebos Einbildung? Zubieta, 2005, 25 (34); T. Wager, 2004; Lieberman et al., 2004; Benedetti et al. 2003 Waren Patienten, bei denen Placebos gewirkt haben Simulanten? („Eingebildete“ oder psychisch Kranke) • • Antwort: Keineswegs! • • • • Placebo-Verabreichung hat neben psychischen auch objektive körperliche Folgen auf Magengeschwüre, Hautausschläge, Rheumasymptome, Kardiogramme, Hormonspiegel, Immunsystem etc. • • • Placebos führen nachweislich zu einer erhöhten Endorphinausschüttung bei Schmerzen (Folge: Herabsetzung der Schmerzempfindlichkeit); Beweis: Nach Naloxon-Gabe (Opiat-Hemmer) verschwindet Placebo-Effekt Placebos erhöhen v. a. die Aktivität im präfrontalen Cortex Placebos erhöhen die Dopaminausschüttung (besonders starke Wirkung bei Depressionen und Parkinson!) Placebos aktivieren ähnliche Hirnregionen wie „echte“ Schmerzmittel/ Psychopharmaka allerdings weniger umfangreich Placebo-Effekt bei Schmerzreduktion geht mit verringerter Nervenzellaktivität im Rückenmark zurück (Eippert et al., 2009) Wie es ein Placebo schafft, die Endorphine auszuschütten bleibt unklar Heilungserwartung Vorweggenommene Belohnung=Dopamin- und/oder Endorphinausschüttung Placebo-Effekt (Symptomreduktion etc.) Der Placebo-Effekt äußert sich nicht nur psychologisch, sondern auch auf der manifesten physiologisch-neurologischen Ebene! 44 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Aus „Beziehungsmedizin“, Die ZEIT, Harro Albrecht, 15.9.2006 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 45 Bei wem wirken Placebos? Indikation • • Bei wem genau sie anschlagen ist kaum vorhersagbar! Tendenziell wirksamer bei Personen, die von der Therapie sehr überzeugt sind! Placebos wirken aber auch bei Skeptikern!!! • Besonders gute Wirksamkeit bei Kindern Zumeist schnelle Heilungsverläufe (Spontanheilung) Sind auf Vertrauen und Hoffnung mehr angewiesen als Erwachsene Viel stärkeres Ansprechen auf Schmerz-Placebos (Pflaster, Spucke) Bsp.: Placebo-Hustensaft-Studie • Bei Tieren (z. B. Cracknell & Mills, 2008; Koch, 1984; Löscher, 1993, Rijnberg, 2007); schon Pawlow´s Hund zeigte eine Placebo-Konditionierung: Er erbrach auf Kochsalzlösungs-Spritze! • Warum Menschen unterschiedlich auf Placebos reagieren ist noch unbekannt Die mangelhafte Vorhersagemöglichkeit, bei wem Placebo-Therapie wirkt, ist das größte Problem! ≅ Antidepressiva-Therapie (Gießkannenprinzip) Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 46 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 47 Welche Placebos für welchen Typ? Bei welcher Berufsgruppe wirken Placebos besonders? De Craen et al., BMJ, 1996, 313, 1624-6; Oeltjenbruns & Schäfer, 2008. Größter genereller Placebo-Effekt: Besonders große oder kleine Tabletten! umfangreiches beeindruckendes Ritual; invasive Methoden! (Spritzen, OP´s): Spritzen in Muskel/Blut > subkutan die Lieblingsfarbe als Tablette Reihenfolge der empirisch repliziert belegten Wirksamkeit: 1. Chefarzt oder Professor Schmerzen: weiß, mittelgroß, teilbar 2. Arzt bzw. „Doktor“ im weißen Kittel Allergien, Asthma, Herz-Kreislaufbeschwerden: klein und weiß 3. Arzt/“Doktor“ im T-Shirt Migräne, starker Schmerz, Infekte, Grippe: Kapseln, Spritze 4. Krankenpfleger Schlafstörungen, Unruhe: grün (=Hoffnung) Husten, Übelkeit: Saft Depression, Suchtentwöhnung: Rosa, glänzend Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 48 Wirkungseintritt und Wirkungsdauer von Placebos (1) • In der Regel wirken Placebos sofort bzw. schnell, je nach Erwartung; • oft wirken sie schneller als es physiologisch überhaupt möglich ist (Bsp. Salben, Kaffee etc.): • Kopfschmerz: Acetylsalicylsäure (ASS) hilft subjektiv vielen Patienten bereits nach 10-15 Minuten, obwohl der Wirkstoff erst nach 20-40 Minuten über den Magen aufgenommen werden kann • Der Erfolg kann sehr anhaltend sein (z.B. >2 Jahre nach Placebo-KnieOperationen) • Oft ist jedoch die Wirksamkeit von Placebos nicht so andauernd wie die von „echt“ wirksamen Medikamenten (v. a. bei schweren Erkrankungen!) • Wird dem Patienten eröffnet, es habe sich „nur“ um ein Placebo gehandelt, verliert es in der Regel schnell seine Wirkung (aber nicht immer!) Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 49 Wirkungseintritt und Wirkungsdauer von Placebos (2) • Wird dem Patienten eröffnet, es habe sich „nur“ um ein Placebo gehandelt, verliert es in der Regel schnell seine Wirkung (aber nicht immer!!!): • Kaptchuk et al (2010): Signifikante Besserungsraten nach offener PlaceboVergabe bei n= 80 Pat. mit Reizdarmsyndrom: Nicht-Behandlung kontra: • 2x täglich Placebokapseln (mit Beschriftung „Placebo“!); Aufklärung „Sie erhalten Pillen, die keinerlei wirksame Substanzen enthalten“ Outcome nach 3 Wochen: Erklärung: Placebos wirken über Erwartung und klassische Konditionierung! www.plosone.org/article/info:doi/ 10.1371/journal.pone.0015591 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 50 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 51 Erklärungsmodelle des Placebo-Effekts 1. Soziobiologische Funktion Erklärungsmodelle des Placebo-Effekts 2. Klassische Konditionierung (Pawlow) Bsp. für konditionierte Stimuli: Pille, Spritze, Arzt, Schwester, Berührung Endorphinausschüttung in Risikosituationen überlebenswichtig V. a. biochemische Prozesse wie Hormonfreisetzung oder Immunfunktionen! Schmerzen & Angst müssen weggeschoben werden! Tiere mussten sich schon immer selbst „heilen“ Beweise: Schmerzverum geben, dann mit Placebo vertauschen: Hat dieselbe anhaltende Wirkung! Konditionierung=unbewusst! Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 52 Erklärungsmodelle des Placebo-Effekts 3. Erwartung (Glaube, Hoffnung) Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 53 „Heilen“ Placebo´´ s? Erwartungseffekte v. a. relevant bei Schmerz und motorischer Kontrolle (Parkinson) Führende Placeboforscher (Enck in BdW, 2010, Schedlowski, 2010): „Pflaster macht Schmerz weg“ Nein, Placebos können keine chronischen Erkrankungen wie eine PREIS: Glauben Pat., die Therapie sei besonders kostspielig, ist sie wirksamer (egal ob Verum- oder Placebo-Therapie! Waber et al., 2008, JAMA): Günstige Generika unwirksamer! „billigerer“ Wein schmeckt schlechter (Plassmann et al., 2008) Gastritis heilen oder einen Tumorwachstum aufhalten! Sie mildern die Symptome (Schmerzen, Angst, Schlafstörungen, Allergien, Asthma usw.) bis Spontanheilung auftritt! Nach aktueller Forschung können sich Konditionierung und Erwartung auch gegenseitig verstärken (BdW, 3, 2010, S. 21) Grenzen von Erwartung und Konditionierung: Es aber gibt Mittel, die wirken, auch wenn man deren Einnahme nicht mitbekommen hat!!! (verdeckte Applikation) Bsp. E605; LSD Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 54 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 55 Indikation Therapieerfolg Bluthochdruck 0 – 60% MagenDarmbeschwerden 21 – 60% Morbus Crohn 25 – 40% Kopfschmerzen 30 – 70% Schmerzen allgemein 0 – 86% Migräneanfälle 20 – 58% Krampfaderleiden 62 – 79% Rheuma 45 – 80% Asthma 33% Heuschnupfen 22% Husten 30 – 43% Erkältungen/Grippe 35 – 61% Multiple Sklerose 0 - 73% Epilepsie, Herzstillstand, Schock, Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Knochenbruch 0% Therapeutische Wirksamkeit von Placebos bei körperlichen Erkrankungen (Gauler & Weihrauch, 1997) Placebos wirken ca. bei 3040% aller Patienten Publication Bias!!! Die Wirkung ist z. T. kulturabhängig (Zäpfchen gut in Deutschland…) man kann allerdings nicht vorhersagen, bei wem Je mehr „Bewusstsein“, Angst & Stress bei einer Krankheit eine Rolle spielen, desto stärker der PlaceboEffekt (Krankheiten unter ZNS-Einfluss sprechen stärker an! 56 Wirksamkeitsbelege/Placebos in der konventionellen Medizin Indikation Therapieerfolg Angstzustände, Panikattacken 20-63% Leichte bis mittlere Schlafstörungen 49-81% Depressionen 21-40% Neurosen 0-61% Psychosen, Schizophrenie, Wahn 0-75% (je nachdem wie akut!!) • Exkurs Psychosen (Schizophrenie, Wahn): • Chlorpromazin läutete 1950 die biologische Revolution in der Psychiatrie ein • Besserungsquote bei Psychosen: 77% Wurde Chlorpromazin von „ungläubigen“ Psychoanalytikern verordnet: Besserungsquote: 10%! Der Glaube des Therapeuten an seine Methode beeinflusst den Erfolg! Glaubt er an den Erfolg verdoppelt sich nachweislich der Placebo-Effekt! 57 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Kosten (halb scherzhaft gemeint): 1 kg der folgenden Substanzen kostet in €: • Nach Schätzungen diverser Institute besitzen nur 20% der gebräuchlichen Heilmittel der konventionellen Medizin eine über den Placebo-Effekt hinausgehende Wirkung (gilt auch für praktische Anwendung; Schweiger, 2005) • In der Chirurgie (medizinische „Königsdisziplin“) ist nur für 3-15% aller Eingriffe belegt, dass sie wirksamer sind als Placebo & Spontanheilung • Bandscheibenvorfall: Keine Wirksamkeitsnachweise für minimal-invasive OPs (Lühmann, 2005) • 2000 von 2300 pharmazeutischen Substanzen (87%) werden von der Weltgesundheitsbehörde als mehr oder weniger entbehrlich beziffert • In den USA sind ca. 33% aller verschriebenen Medikamente Pseudo-Placebos • In anonymisierten Befragungen in Deutschland gaben 100% aller befragten Ärzte zu, bereits mindestens einmal Pseudo-Placebos verordnet zu haben! • Pseudo-Placebos: Therapien und Medikamente, von deren Wirksamkeit der Anwender überzeugt ist, obwohl die Forschung sie auf Placeboniveau ansiedelt: Viele Beruhigungsmittel, Antibiotika gegen Grippe, Stärkungsmittel, Eigenbluttherapie, Echinacea, Hustensäfte, die meisten IGEL-Leistungen („intransparentes Gemisch entbehrlicher Leistungen“ J. Köbberling) Johanniskraut 288,45 Bachblüten (Rescue) 695 Homöopath. Globuli Würfelzucker 646 „PseudoPlacebos“ 1,39 Neues Antidepressivum 1975 Älteres Antidepressivum Antidepressiva: Amitriptylin (alt) Trevilor (neu) zum Vergleich: Verum 320 0 300 600 900 1200 1500 1800 2100 Preis in € Anmerkung: Natürlich wirkt der Zuckerwürfel nur dann vergleichbar gut, wenn er in ein „Heilungsritual“ beim „initiierten Heiler“ eingebettet ist! ☺ Quelle: u. a. J. Blech, 2005. Heillose Medizin. Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Therapeutische Wirksamkeit von Placebos bei psychischen Störungen (Gauler & Weihrauch, 1997) 58 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 59 Der Nocebo Effekt kann töten! • Sam P. Londe wurde von seinem Arzt Dr. Clifton Neador in den 60er Jahren unheilbarer Krebs diagnostiziert • Der Patient starb erwartungsgemäß einige Monate darauf • Post mortem ergab die Autopsie, dass der Krebs sich inzwischen massiv zurückgebildet hatte und unmöglich für seinen Tod verantwortlich gewesen sein konnte! Nebenwirkungen von • Woran starb Sam P. Londe? Placebos Siehe youtube Placebo-Serie: Heal your body on command: http://www.youtube.com/watch?v=z_CB-6u9sqk&feature=related 60 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Der Gegenspieler: „Nocebo-Effekt“: Ich werde schaden! (1) Der Gegenspieler: „Nocebo-Effekt“: Ich werde schaden! (2) Unerwünschte Nebenwirkungen von Placebos in Doppelblindstudien: Übelkeit, Kopfschmerzen, Konzentrationsmängel, Müdigkeit, Ängste, Appetitlosigkeit, Ohrengeräusche etc. (ca. bei 5 - 30% der Pat.) (Gauler et al., 1997) – „Beipackzettelsyndrom“ Weitere Beispiele: Amalgam-Sensitivität (Quecksilberbelastung steht in keinem Verhältnis zur Qualität und Quantität angegebener Symptome! z. B. Bailer et al., 2000/ 2003) Bsp. Bayer-Studie zum general. Angstsyndrom (Gauler et al., 1997, S. 100) Multiple Chemikalien-Unverträglichkeit (MCS); dt. Ärzteblatt, 1998, 95 (3) Unangenehme Nebenwirkungen (Auswahl) Symptomverschlechterung in der Homöopathie auch ein Nocebo?! Kopfschmerzen Placebo (n= 444) Ipsapiron (n= 629) 16,7% 19,9% 61 Elektrosmog-Auswirkungen (höchstwahrscheinlich auch Nocebo!) Trockener Mund 7,2% 5,4% Bauchschmerzen 3,6% 3,5% Übelkeit 11% 25,6% Schwindel 15,1% 53,6% Depression 2% 1,9% Anfälliger für Nocebo-Effekte: Frauen, gesundheitsängstliche, neurotizistische (Davis et al., 1995), frühere somatische Beschwerden (Papakostas et al., 2004), Hypochonder (Petrie et al.) pessimistische Menschen (Geers et al., 2005) Placebos können Nebenwirkungen haben! Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 62 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 63 SPIEGEL, 6.6.2011 Nocebo-Effekt: Ich werde schaden! (3) Bedenkenswert: Im 19. Jahrhundert galten Tomaten als giftig viele Einlieferungen wegen Tomaten“-vergiftungen“ „Cola-Vergiftungen“ in Belgien 1999: „Mass Sociogenic Illness“ (Massenhysterie; anfällig v. a. Schulmädchen; Verbreitungsfaktoren: Medien, soziale Beziehungen; Lit.: W. Bartens „Die Krankmacher“, 2005, S. 214ff) „Die Schulmedizin doktert nur an den Symptomen herum!“ (Nocebo) „Impfungen schaden und haben Nebenwirkungen!“ (Nocebo) Die bewusste/unbewusste Abwertung/Ablehnung von Methoden der konventionellen Medizin erzeugt den Nocebo Effekt Der Begriff „Schul“-Medizin selbst ist Bedeutungsträger des Nocebo-Effektes (so wie „Sanfte Naturheil“-Medizin Träger des Placebo-Effektes sein kann) Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 64 Nocebo Induktionen durch Orthopäden (Bsp. aus Rief, 2009) 65 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Placebowirkungen in ausgewählten Feldern: • „Ihre Wirbelsäule ist ein Trümmerfeld“ • „Wenn Sie damit noch länger warten, werden Sie irgendwann im Rollstuhl sitzen“ 1. Chirurgie • „Mit einer solchen Wirbelsäule braucht es nur eine kleine falsche Bewegung und Sie sind gelähmt“ 2. Antidepressiva-Therapie 3. Akupunktur • „Sie sollten überhaupt nichts schweres mehr heben, das kann fatale Folgen haben“ 4. Homöopathie • „Ihre Bandscheibe ist kurz davor, Ihre Rückenmarksnerven komplett abzuquetschen“ Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 66 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 67 Placebo-Wirkung: Chirurgie (1) Placebo-Wirkung: Chirurgie (2) Moseley et al. (2002; NEJM, 347): Knieoperation bei Arthrose Placebo-Operationen seit den 50er Jahren (Moerman, 1979); z. B. OPs bei Angina Pectoris in 50er Jahren wurden aufgrund der Placebo-Resultate eingestellt 180 Patienten wurden zufällig einer der beiden Bedingungen zugeteilt: Bestimmte Bypass-OPs sind Placebo-Therapien Bauchschmerz-OPs (Swank, 2004: Erfolg zu >70% Placebo) 1.OP-Bedingungen: Narkose, Kniegelenk aufschneiden, Abrieb ausspülen, Knorpel glätten Parkinson: (Schädeldecke aufgeschnitten und embryonale Zellen eingesetzt vs. Placebo: Gleich gut!) Mac Rae et al., 2004, Arch Gen Psych. 2.Placebo-OP: Starke Sedierung, kleiner Schnitt, OP-Bedingungen nachspielen Ergebnis: Zu allen Messzeitpunkten schnitten alle Gruppen hinsichtlich der Symptomreduktion gleich gut ab (bis 2 Jahre nach OP!) Blech, 2005 Bei ca. 85-97% aller OP´s ist die Wirkung nicht gegen Placebo-OP getestet worden! 68 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Placebo-Wirkung: Antidepressiva - 7 Placebo-Wirkung: irt y Wirkung 25% Spontan-heilung 24% lit tle erreichen, veranschlagt die Pharmaindustrie 8 Studien! a-t, 2005, 36, 45-7 Ergebnisse Kopfschmerz (16.11.2005): 1. Deutliche Reduktion der Kopfschmerzen in beiden Gruppen (TCM & gerac-Akupunktur) 2. Kaum Unterschiede zwischen den beiden Bedingungen 3. Die geringen Unterschiede lassen sich erklären durch: Keine Stiche in Kopf bei gerac-Akupunkt. Wirksubstanzen in Antidepressiva se cr et Um 2 sign. Resultate zu !“ Placebo 51% Kirsch et al., 1998, 2002: Korrelation zwischen Wirksamkeit Placebo & AD: r= .90!!! Studien mit aktiven Placebos (die dieselben Nebenwirkungen zeigen wie das Verum) führen zu noch höheren Placeboquoten! Es bleibt allerdings eine spezifische Antidepressiva Wirkung übrig!!! Gegen schwere chronifizierte Depressionen helfen Placebos kaum! Auch Johanniskraut ist Placebo nur marginal überlegen (Linde et al., 2005) Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Akupunktur (3) Ergebnisse Knie- und Rückenschmerz (2004): 1. Akupunktur besser als Krankengymnastik! 2. Es ist egal wohin man sticht! Sind Antidepressiva lebensgefährliche Placebos mit starken Nebenwirkungen? (Arznei-Telegramm, Mai 2005) Antidepressiva- „d 69 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Ergebnisse Migräne (16.11.2005): Keine Unterschiede zwischen TCM & geracAkupunktur und medikamentöser Standardtherapie 70 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 3 Monate 6 Monate 71 Placebo-Wirkung: Homöopathie (1) Wollen wir eine reine Placebo-Medizin haben? d. h. Wollen wir eine Medizin, die nur wirkt, weil wir an sie glauben oder weil wir „Glück“ gehabt haben? 110 placebo-kontrollierte Doppelblindstudien durchgeführt! Meta-Analyse 1997: Fazit: „Es könnte etwas mehr wie Placebo sein“ Mistelzweig und Krötenschleim, du wirst mir behilflich sein! Meta-Analyse (Shang et al., 2005, The Lancet; Update): „Die Wirksamkeit der Homöopathie (alle Formen) erreicht höchstens Placeboeffekte“; gematchte Vergleichs-Studien aus der konventionellen Medizin erreichten etwas bessere Erfolge als Placebo! „Je besser die Qualität der Studie, desto geringer war der Effekt für die H.!“ „Weitere teure Doppelblindstudien zur Homöopathie lohnen sich nicht mehr!“ „Die im Zuge der Homöopathie wirkenden Begleitrituale sollten hinsichtlich des Nutzens für die konventionelle Medizin besser beforscht werden“ Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 72 73 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Zusammenfassung: Placebo kontra Verum Ethik der Aufklärung bei Placebos bzw. Pseudo-Placebos: • Darf man Patienten als Arzt/Therapeut überhaupt darüber aufklären, dass in der konventionellen und anderen Medizin ein großer Teil der Methoden und Medikamente nicht besser als Placebos wirken? Ein gut optimiert dargebotenes Placebo wirkt meist besser als ein extrem gut wirkendes Verum ohne Placebo-Effekt (verdeckte Darbietung)!!! • Darf man diese Medikamente/Therapien konkret beim Namen nennen? 80 Wirksamkeit in Prozent - Dadurch verlieren die Placebos/Pseudo-Placebos doch teils ihre Wirkung! • Gegenthese: - Nicht offen auszusprechen, was rein Placebo, was mehr als Placebo ist, ist unethisch, widerspricht dem Verbraucherschutz und schadet dem Fortschritt der Medizin in der Entwicklung immer wirksamerer Therapien • Patienten werden im Glauben an eine „wirksame“ Therapie getäuscht! Dieser Vorwurf gilt v. a. für die Behandlung ernsterer Erkrankungen! • Noch schwieriger: Situation für den Arzt in der konkreten Behandlung, falls kein Verum vorhanden ist oder der Patient es verweigert: 60 50 Placebo-Anteil Verum-Anteil 40 30 20 10 Der Placebo-Effekt ist ein kostenloses Geschenk an Patienten & Therapeuten! Optimieren wir ihn und minimieren wir den Nocebo-Effekt! 0 Placebo Aufklärungsgebot vs. Unterstützungsgebot Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 70 Verum Fiktives Zahlen-Beispiel, angelehnt an F. Benedetti´s Studien 74 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 75 Wie kann der Placebo-Effekt maximiert werden? Wie kann der Placebo-Effekt maximiert werden? 1. Auf Seiten des Arztes/Therapeuten: (2) 1. Auf Seiten des Arztes/Therapeuten: (1) 1. Werden Sie Chefarzt oder Professor! (Initiationsrituale) Schreiben Sie ihre Titel gut sichtbar an ihre Türe! Hängen Sie ihre Diplome und Auszeichnungen in der Praxis gut sichtbar auf! Publizieren Sie auf Ihrer Homepage, was Sie alles geleistet haben! Richten Sie ihre Praxis modern ein, zeigen Sie, dass Sie „up to date“ sind! 2. Der Patient muss unbedingt mitbekommen, dass er behandelt wird! Auftreten: Selbstsicher, optimistisch, beruhigende Stimmlage (v.a. Zahnarzt) Kleidung: Weißer Kittel, Perlenketten/Adlerkrallen (für Schamanen ☺ ) „Meine Methode ist neu, empirisch-wissensch. bewiesen, empfohlen, wirksam“ • Heiler-Accessoire benutzen: Stethoskop, Rezeptblock, Testverfahren,Trommel ☺ • Die Wirksamkeit induzieren: Tabletten mit Zange anfassen,da hochkonzentriert; Plastiklöffel beim Einnehmen; Spritze aus Schatulle rausholen; Dosierungsanleitung explizit betonen; nachfragen, ob Medikament schon geholfen hat; • • • • 76 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Wie kann der Placebo-Effekt maximiert werden? „Sie haben die Wahl. Wir können Ihnen einen klassischen Blutdrucksenker verschreiben. Das Mittel wird Nebenwirkungen haben. Wir können Ihnen aber auch diese Tabletten geben, die keinen Wirkstoff enthalten. Wir wissen, dass sie bei sehr vielen Patienten helfen, da sie die Selbstheilungskräfte des Körpers anregen. Wir werden den Erfolg kontrollieren. Sollten diese Tabletten wider Erwarten nicht wirken, können Sie nach ein paar Wochen immer noch zum herkömmlichen Medikament übergehen“. Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Den Patienten remoralisieren (J. Frank); das Gefühl geben, er kann etwas gegen die Erkrankung tun (Aktivierung als Gegenteil von Ohnmacht) 4. Positive Erwartung & Konditionierungseffekte beim Pat. aufbauen bzw. negative Erwartungshaltungen/Konditionierungseffekte abbauen 5. Auf gute Verläufe hinweisen (im ethisch-vertretbaren Rahmen) 6. Ein plausibles individuelles Erklärungsmodell der Krankheitsentstehung anbieten („Erklärungsmythos“ sensu J. Frank) 7. Diagnose und Therapie verständlich, durchschaubar machen 8. emotionale Beziehung aufbauen Vertrauen beim Patienten schaffen 9. Interessieren Sie sich für den Patienten, nehmen Sie sich Zeit für ihn! 10. Therapie muss als „wertvoll“ vom Pat. eingeschätzt werden 11. Individualität des Patienten wertschätzen („Bei Ihnen ... etwas ganz besonders“) 12. Abwertungen vermeiden („Sie bilden sich die Schmerzen ein!“) 77 13. Placebo-Therapi Hohe e - Dr. Preise, Robert Mes tel gute Besserung! Eine eigentlich „unwirksame“ Behandlung kann eben doch wirksam im Sinne des Placeboeffekts sein weil die Persönlichkeit des Arztes mehr zum tragen kommt als seine wissenschaftlich rationale Grundausbildung. Vorschlag einer Placebo-Verordnung (Walter Brown, US Psychiater in SdW, 1998): „Die Nebenwirkungen, die Sie verspüren, sind sicher unangenehm. Hochwirksame Medikamente bringen dies aber nun einmal mit sich“! 3. Bedeutung der Therapeut-Patient Beziehung für den Placeboeffekt (Jütte et al., 2010, S. 126; Bundesärztekammer) 1. Auf Seiten des Arztes/Therapeuten: (3) „Sie werden vielleicht Schwierigkeiten haben, die große Tablette zu schlucken, dafür haben Sie dann auch jede Menge Wirkstoff drin“! Heilungsrituale & Initiationsriten an die Heilungserwartung anpassen (z. B. Heilerwartung durch Berührung oder technische Apparatur) Geben Sie ihren Patienten etwas zum anfassen mit! Das erwarten 50% der Pat.! C. Derra; Schmerzspezialist, Bad Mergentheim Interview, 2005 78 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 79 Bedeutung der Therapeut-Patient Beziehung für den Placeboeffekt (Jütte et al., 2010, S. 128; Bundesärztekammer) Bedeutung der Therapeut-Patient Beziehung für den Placeboeffekt (Jütte et al., 2010, S. 128; Bundesärztekammer) Ein partnerschaftlich gestaltetes Arzt-Patient-Verhältnis hilft den Placeboeffekt zu maximieren. Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 80 Bedeutung der Therapeut-Patient Beziehung für den Placeboeffekt (Jütte et al., 2010, S. 132; Bundesärztekammer) Bedeutung der Therapeut-Patient Beziehung für den Placeboeffekt (Jütte et al., 2010, S. 132; Bundesärztekammer) Verbale und non-verbale Kommunikation Verbale und non-verbale Kommunikation – erforschte günstige Merkmale: • Frauen zeigen einen patienten-zentrierteren Gesprächsstil als Männer (weiterer Forschungsbedarf!) • Ausdrücken von Empathie und Sorge • Hilfsbereitschaft in Einstellung und Verhalten zeigen • Akzeptieren und Würdigen kleiner Veränderungen • Auf verschiedenen Stufen der Behandlung Non-Adhärenz antizipieren • Ambivalenz als normal akzeptieren • Ansprechen von Problemen bei der Adhärenz (Compliance) • dem Patienten helfen, Hürden zu antizipieren • Änderungen verhandeln, nicht diktieren • Betonen der Verantwortung des Patienten • Vermittlung von Wissen für den Patienten und seine Angehörigen • Erkunden der Hoffnungen, Erwartungen und Ziele des Patienten • Diskussion der Vor- und Nachteile der Behandlung • Direktes Kommunizieren und Feedback geben • Ängste des Patienten ernst nehmen • Motivation für die Veränderung besprechen und festhalten • Angemessen aufmunternder Umgang mit dem Patienten Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Das therapeutische Setting •Die Ausgestaltung der Praxis sollte ärztliche Kompetenz signalisieren. •Die Praxis sollte so eingerichtet sein, dass der Patient das Gefühl vermittelt bekommt, man gehe auf seine Bedürfnisse ein. •Das Sprechzimmer darf nicht den Eindruck erwecken, dass der Arzt sich hinter seinem •Schreibtisch verschanzt und eine Barriere zwischen sich und dem Patienten für nötig hält. •Patient sollte wählen können, wie nahe er dem Arzt kommen, d. h. wie nahe er bei ihm sitzen möchte. •Finden Sie heraus, inwieweit der Patient in die Entscheidungsfindung einbezogen sein möchte (eher paternalistisches oder eher partizipatives Modell) •Zeigen Sie verbales und nonverbales Interesse am Patienten und seinen Sorgen und Bedürfnissen, •Geduld! Sich Zeit nehmen! Zuwendung („Empathie“) zeigen! Schaffen Sie Vertrauen! •Machen Sie – soweit für den Therapieerfolg sinnvoll – Diagnose/Therapie für Pat. durchschaubar. •Vermeiden Sie abwertende Äußerungen. Arbeiten Sie mit den Erwartungen des Patienten – nicht gegen sie. •Geben Sie dem Patienten das Gefühl, er könne selbst etwas gegen seine Erkrankung tun. •Betonen Sie die Wirksamkeit des angewandten therapeutischen Verfahrens. •Neben Lächeln, Aufmerksamkeit, Augenkontakt und allgemeiner Freundlichkeit erwarten •Patienten von Ihnen auch einen Händedruck zur Begrüßung oder bei der Verabschiedung. •Richten Sie Ihr therapeutisches Umfeld patientenfreundlich ein. •Verweisen Sie auf Ihre fachliche/psychosoziale Kompetenz (Wartezimmergestaltung, Homepage u.81ä.). Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel • • • • • • • 82 Vermehrter Blickkontakt Geringe Sitzdistanz zum Patienten Offene Körperhaltung Lächeln Bekräftigendes Nicken Gezielt eingesetzte Gestik Handschlag zur Begrüßung Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 83 Bedeutung der Therapeut-Patient Beziehung für den Placeboeffekt (Jütte et al., 2010, S. 133; Bundesärztekammer) Ärzte Knigge (10 Punkte), 1.Vertrauenswürdige 2. Hand geben, Kleidung vorstellen 6. Zeit geben, offenes Ohr Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 84 Wie kann der Placebo-Effekt maximiert werden? • • • • Vertrauen 3. Augenkontakt: Interesse! 8. Spritze besser 5. Lächeln Offenheit 4. Bequemer Stuhl 9. Beruhigen 10. Aufmunternde Worte Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Gehen Sie zu einem Therapeuten/Arzt/Heiler, dem Sie vertrauen! Belohnen Sie sich selbst! Dopaminausschüttung wie bei Placebos! Auf welches nächste Ereignis freuen Sie sich? Falls Sie eine leichte bis höchstens mittelschwere Erkrankung haben: Wählen Sie die Methode, von der Sie überzeugt sind und die Sie sich leisten können! Lassen Sie sich die Behandlung etwas kosten! (erzeugt eine kognitive Spannung: Umso mehr etwas gekostet hat, muss es etwas gebracht haben! Urlaubseffekt!) Aktivieren Sie ihre Selbstheilungskräfte (Bewegung, Entspannung, Sport etc.) Bei chronischen Schmerzen: Umgeben Sie sich mit Menschen, die Ihnen bei Ihren Beschwerdeäußerungen nicht zuhören! Lenken Sie sich ab! Stellen Sie sich die gute Wirkung der Therapie möglichst plastisch vor! Reden Sie sich keine schädlichen Nebenwirkungen von Schulmedizin, Impfungen etc. ein! Wenn Sie sich über schädigende Auswirkungen nicht im Klaren sind, dann besorgen Sie sich möglichst unabhängige Informationen (z. B. über das Internet: Verbraucherschutzzentralen etc.) Achtung: Bei einer ernst zu nehmenden Erkrankung oder einer Erkrankung, die kaum durch das ZNS (Bewusstsein) beeinflusst wird, ist es ratsam, sich über evidenzbasierte Therapiemethoden für diese Erkrankung zu informieren (EBM)! Beruhigen Sie sich, in dem Sie sich sagen: Bei den allermeisten anderen Menschen, die das Mittel/Methode bekommen haben, ist es gut gegangen! Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 85 Wie kann der Nocebo-Effekt minimiert werden? 2. Auf Seiten des Patienten: • • • • 7. Gründlichkeit H. Albrecht, Die ZEIT, 15.9.06 86 Lassen Sie sich von Niemandem einen angeblichen Schaden bzw. Nebenwirkungen einer Therapie (oder eines Verhaltens) einreden, der diese Behauptung nicht mittels kontrollierter Studien oder Meta-Analysen beweisen kann! Das gilt explizit für Schüler/Patienten des „Therapeuten“ Bert Hellinger! Falls Sie ein ängstlicher Mensch mit Neigung zur Hypochondrie sind: Lesen Sie keine Nebenwirkungsauflistungen! Sprechen Sie darüber lieber mit Ihrem Arzt oder Apotheker. Der Gesetzgeber schreibt vor, Nebenwirkungen anzugeben, wenn jemals irgendeine Person sie berichtet & gemeldet hat! Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 87 Placebowirkungen in ausgewählten Feldern: Vertiefung Placebo-Wirkung: 1. Alkohol 2. Schmerztherapie Alkohol (Marlatt et al., 1981; „balanced placebo-design“; Hull et al., 1986) Wodka mit Tonic Erwartung, Alkohol zu erhalten zufällig zugeteilt Erwartung, Wasser zu erhalten zufällig zugeteilt Placebo-Wodka 3. Chirurgie 4. Gastro-intestinale Erkrankungen 5. Antidepressiva-Therapie 6. Akupunktur Wodka mit Tonic Placebo-Wodka Aggressiver, enthemmter, erotisierter, bei Männern wird flirten verstärkt, bei Frauen reduziert Zurückhaltendes, gehemmteres Verhalten, nicht erotisiert! Ab ca. 2 Bier (ca. 36g) Alkohol konnte man der Placebo-Wodka-Gruppe nicht mehr vorspielen, dass sie Alkohol getrunken hatte! 7. Homöopathie Etwa 50% der subjektiv wahrgenommenen Veränderungen nach Alkoholkonsum sind durch Placebo-Reaktionen erklärbar (Lindenmeyer, 2011) 8. Psychotherapie Nur die echte Alkohol-Gruppe zeigte eine schlechtere Reaktionszeit! 9. Angststörungen 88 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Placebo-Wirkung: Welche Erwartungen aktiviert werden, hängt auch mit den individuellen früheren Erfahrungen mit Alkohol zusammen Schmerz (1) Placebo-Wirkung: Placebo-Effekte im Bereich der Schmerztherapie am besten erforscht 89 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Schmerz (2) Das Gehirn reagiert umso stärker auf Reize, wenn wir ihnen Beachtung schenken (Bsp. Tinnitus, Schmerz, Wasserhahn tropft): Je fürsorglicher sich unser Partner um unsere Schmerzen kümmert (uns dafür „belohnt“), desto mehr und schneller haben wir Schmerzen (EEG-Befunde, Reaktionszeiten im Eiswasser-Versuch etc.) – AG Herta Flor Experimentelle Studien, in denen das Placebo als wirksames Medikament suggeriert wurde erreichen eine 6x höhere Schmerzreduktion im Vergleich zu Studien wo die 50:50 Wahr´keit (PlaceboVerum) mitgeteilt werden musste (Vase et al., 2002) Vorgetäuschtes Bohren beim Zahnarzt lässt die Schmerzen verschwinden Keltner et al., 2006 belegten fast dieselben fmRT Aktivierungsprozesse bei erwartetem Schmerz und realem Schmerzreiz Erklärung der Psychoanalgesie: Bei Placebos: Ausschüttung körpereigener Endorphine, welche dieselben Rezeptoren besetzen wie z. B. Morphium Placebo-Analgesie (Levine et al., 1978, Lancet): Naloxon-Gabe (Opiat-Hemmer) reduziert die starke analgetische Wirkung der Placebos massiv! http://placeboforschung.de/wiki/index.php?title =Allgemeine_Informationen Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 90 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 91 Placebo-Wirkung: Chirurgie (1) Placebo-Wirkung: Chirurgie (2) Moseley et al. (2002; NEJM, 347): Knieoperation bei Arthrose Placebo-Operationen seit den 50er Jahren (Moerman, 1979); z. B. OP´s bei Angina Pectoris in 50er Jahren wurden aufgrund der Placebo-Resultate eingestellt 180 Patienten wurden zufällig einer der beiden Bedingungen zugeteilt: Bestimmte Bypass-OP´s sind Placebo-Therapien Bauchschmerz-OP´s (Swank, 2004: Erfolg zu >70% Placebo) 1.OP-Bedingungen: Narkose, Kniegelenk aufschneiden, Abrieb ausspülen, Knorpel glätten Parkinson: (Schädeldecke aufgeschnitten und embryonale Zellen eingesetzt vs. Placebo: Gleich gut!); Mac Rae et al., 2004, Arch Gen Psych. 2.Placebo-OP: Starke Sedierung, kleiner Schnitt, OP-Bedingungen nachspielen Ergebnis: Zu allen Messzeitpunkten schnitten alle Gruppen hinsichtlich der Symptomreduktion gleich gut ab (bis 2 Jahre nach OP!) Blech, 2005 Bei ca. 85-97% aller OP´s ist die Wirkung nicht gegen Placebo-OP getestet worden! 92 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Placebo-Wirkung: 93 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Placebo-Wirkung: Schmerz (2) Varelmann, Pancaro, Cappiello & Camann, 2010 Schmerz (1) Placebo-Effekte im Bereich der Schmerztherapie am besten erforscht 140 Patientinnen vor Injektion bei Entbindung zwei Instruktionen: Experimentelle Studien, in denen das Placebo als wirksames Medikament suggeriert wurde erreichen eine 6x höhere Schmerzreduktion im Vergleich zu Studien wo die 50:50 Wahr´keit (PlaceboVerum) mitgeteilt werden musste (Vase et al., 2002) 1. … fühle sich an wie Bienenstich und sei der schmerzhafteste Teil der Behandlung 2. …durch die lokale Betäubung würden sie keine Schmerzen empfinden Ergebnisse Erklärung der Psychoanalgesie: Bei Placebos: Ausschüttung körpereigener Endorphine, welche dieselben Rezeptoren besetzen wie z. B. Morphium Placebo-Analgesie (Levine et al., 1978, Lancet): Naloxon-Gabe (Opiat-Hemmer) reduziert die starke analgetische Wirkung der Placebos massiv! http://placeboforschung.de/wiki/index.php?title =Allgemeine_Informationen http://placeboforschung.de/wiki/index.php?title =Allgemeine_Informationen Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 94 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 95 Placebo-Wirkung: Placebowirkung bei gastrointestinalen Erkrankungen Schmerz (3) Das Gehirn reagiert umso stärker auf Reize, wenn wir ihnen Beachtung schenken (Bsp. Tinnitus, Schmerz, Wasserhahn tropft): Je fürsorglicher sich unser Partner um unsere Schmerzen kümmert (uns dafür „belohnt“), desto mehr und schneller haben wir Schmerzen (EEG-Befunde, Reaktionszeiten im Eiswasser-Versuch etc.) – AG Herta Flor Vorgetäuschtes Bohren beim Zahnarzt lässt die Schmerzen verschwinden Keltner et al., 2006 belegten fast dieselben fmRT Aktivierungsprozesse bei erwartetem Schmerz und realem Schmerzreiz Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel z.B. Reizdarmsyndrom Enck, 2008 (wichtiger deutscher PlaceboForscher, Uni Tübingen) Merke: Je kleiner die Fallzahlen, desto größer der Anteil der PlaceboResponder 96 97 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Placebo-Wirkung: Placebo-Wirkung: Antidepressiva - 1 Kirsch et al., 2008; open-access publication Ist die Wirkung von Antidepressiva ausschließlich ein Placebowirkung? Kirsch et al., 1998, 2002, 2008; arznei-telegramm 2005, 2008) • Untersucht wurden alle (publizierten und unpublizierten!) klinischen placebokontrollierten Doppelblindstudien der US Food and Drug Administration (FDA) mit Andidepressiva (Fluoxetin, Venlafaxine, Nefazodone, Paroxetin, = vier am häufigsten verschriebenen AD´s in USA von 1987-1999) Antidepressiva – 2 • Der Unterschied der Wirksamkeit von AD´s und Placebo´s fällt unter die Grenze akzeptierter Kriterien für Klinisch Relevante Effekte (clinical significance); d (HAMD) = 1,8 Punkte! AD´s nur für 5% der Depressiven geeignet! • Umso schwerer die Depression, desto eher finden sich bedeutsame Unterschiede, was jedoch nur an der abnehmenden Wirksamkeit von Placebo´s begründet ist! Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 98 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 99 Placebo-Wirkung: Antidepressiva – 3 Antidepressiva – 4 (Rief et al., 2009 J. Aff. Dis.) Placebo-Wirkung: Kirsch et al., 2008; open-access publication; Reaktionen: • H.J. Möller (Sprecher DGPPN): „Kirsch-Arbeit=Ärgernis; entscheidend ist doch, dass ADs von Behörden zugelassen sind, die ihre Wirksamkeit sehr wohl kennen“ • 96 Antidepressiva-Studien: Die Wirkung von Antidepressiva und Placebos verbesserte sich von 1980 bis 2005 … • F. Holsboer: „Da zieht einer irgendwelche unpublizierten Studien aus dem Hut, verrechnet sie in undurchsichtiger Weise und kriegt so die Aufmerksamkeit, die er haben wollte“ … im Fremdurteil (HAMD)! • U. Hegerl (Kompetenznetz Depression): „Ich bin mir sicher, dass die KirschPublikation Hunderte von Menschenleben kosten wird. Patienten werden verunsichert, setzen ihre Medikamente ab und verlieren die Hoffnung.“ Aufklärungsgebot vs. Unterstützungsgebot eb Pl ac o-Gr n upp e pp Gru AD- … aber nicht im Selbsturteil der Patienten (v. a. BDI)! • Kirschs Befunde stellen Teile der neuropathogenetischen Depressionstheorien (z. B. Schlüsselrolle des Serotonin) in Frage. Interpretation d. Autoren: • Die bekannte Tatsache, dass die Wirkung von ADs für den Einzelfall nicht vorhergesagt werden kann, ähnelt Placebo-Befunden („Gießkannenprinzip“) 100 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel en - Höherer Druck, positive Effekte zu sehen 101 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel • Der Placebo-Response hat sich in SSRI-Studien ab 2000 vs. früheren mehr als Placebo-Wirkung: Placebo-Wirkung: Antidepressiva – 5 Publication Bias; Dtsch Arztebl 2006; 103 (37): Kardiovasculäre Erkrankungen Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Antidepressiva – 6 Publication Bias bei Antidepressiva (a-t, 2008, 39, 22; Turner et al., NEJM, 2008, 358, 252-60) 102 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 103 Placebo-Wirkung: Placebo-Wirkung: Antidepressiva - 7 Wirksamkeit bei chronischer Depression (Hecht, van Calker, PPmP, 2008, 58, 215-224) Sind Antidepressiva lebensgefährliche Placebos mit starken Nebenwirkungen? (Arznei-Telegramm, Mai 2005) „d irt y AntidepressivaWirkung 25% Spontan-heilung 24% lit tle se cr e Um 2 sign. Resultate zu t!“ erreichen, veranschlagt die Pharmaindustrie 8 Studien! a-t, 2005, 36, 45-7 Antidepressiva - 8 Placebo 51% Wirksubstanzen in Antidepressiva Kirsch et al., 1998, 2002: Korrelation zwischen Wirksamkeit Placebo & AD: r= .90!!! Studien mit aktiven Placebos (die dieselben Nebenwirkungen zeigen wie das Verum) führen zu noch höheren Placeboquoten! Es bleibt allerdings eine spezifische Antidepressiva Wirkung übrig!!! Gegen schwere chronifizierte Depressionen helfen Placebos kaum! Auch Johanniskraut ist Placebo nur marginal überlegen (Linde et al., 2005) 104 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Placebo-Wirkung: Antidepressiva – neu Wirkmechanismen Placebo-Wirkung: Wirksamkeit bei chronischer Depression (Hecht, van Calker, PPmP, 2008, 58, 215-224) 105 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Antidepressiva - 9 Schlussfolgerungen der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: Newsletter 2008-120; www.akdae.de • ADs sind wirksame und hilfreiche Arzneimittel für Depressionsbehandlung • Sie sind der Wirksamkeit vieler etablierter internistische Arzneimittel ebenbürtig • Bei leichten und mittleren Depressionen nicht notwendig: Hier auf „aktives Beobachten“ oder Psychotherapie setzen, außer es besteht ein ausdrücklicher Wunsch nach ADs • Bei mehreren erfolglosen Therapieversuchen: AD Substanzgruppe wechseln • Der Placeboeffekt soll dem Patienten voll zu Gute kommen • Um einen Placeboeffekt (Erwartungseffekte und clinical management) zu erreichen, muss der Patient behandelt werden • ADs sind per se keine ausreichende Maßnahme gegen Suizidalität (v. a. in der Akutbehandlung!): Engmaschiges Einbestellen des Patienten notwendig und vertrauensvolle therapeutische Beziehung aufbauen; evtl. stationäre Einweisung, vorübergehende Behandlung mit Benzodiazepinen oder Lithiumsalze Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 106 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel • Gut wirksame und verträgliche AD´s sollten nicht abgesetzt werden 107 Placebo-Wirkung: Antidepressiva - 10 Placebo-Wirkung: Indikationsbereiche Weshalb Antidepressiva weiter verordnet werden sollten, gegeben sie werden gut vertragen und der Patient hat eine schwere Depression oder eine starke „Medikamentenheilungserwartung“ oder adäquate Therapien stehen nicht zur Verfügung • Das Hauptdilemma ist, dass es keinen adäquaten Ersatz für ADs gibt; Andere Mittel wie Johanniskraut oder homöopathische Globuli sind noch deutlicher reine Placebos; Psychotherapeuten haben oft längere Wartezeiten und viele Allgemeinarztpatienten wollen keine Psychotherapie in Anspruch nehmen (andere Heilungserwartung) • Der Placeboeffekt wird nur über ein Heilungsritual transportiert, ohne irgendeine Behandlung erreicht man nur die schwächeren Spontanheilungseffekte • Auch wenn ADs fast reine Placebos sind und wir nicht verstehen, warum sie bei wem wie wirken: Sie sind zugelassen und man kann sie legal verschreiben; es gibt bisher nicht die Möglichkeit für den Arzt Zuckerpillen mit Beipackzettel zu verschreiben, die der Patient dann in der Apotheke abholen kann (wäre eine Täuschung und juristisch anfechtbar) • Der Ruf von ADs hat sich in den letzten Jahren verbessert, was an der erhöhten Verschreibungspraxis abgelesen werden kann; d.h. Praktiker sind von der Wirksamkeit offenkundig zunehmend überzeugt; dies ist die halbe Miete für die 108 Erzielung von Placebo-Therapi e - Dr. RobertPlacebo-Effekten Mes tel Placebo-Wirkung: Akupunktur (2) Evtl. wirksam Fibromyalgie, Kniegelenkarthrose, Rückenschmerzen, Tennisellbogen, Erbrechen nach OP´s oder Chemotherapie oder Schwangerschaft, Übelkeit, Zahnschmerzen Chronische Schmerzen, Kopfschmerzen, Nackenschmerzen unwirksam Asthma, Depression, Drogenabhängigkeit, Rheuma, Erbrechen bei Kindern, Lähmungen, Geburts-, Gesichts-, Krebs-schmerz, Lähmungserscheinungen nach Schlaganfall, Raucherentwöhnung, Schlaflosigkeit, Tinnitus, Übergewicht Quelle: Stiftung Warentest: Die Andere Medizin, 2005 (Bewertung: Lehrstuhl für Komplementärmedizin; Prof. E. Ernst) 109 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Akupunktur (3) Ergebnisse Knie- und Rückenschmerz (2004): 1. Akupunktur besser als Krankengymnastik! 2. Es ist egal wohin man sticht! Ergebnisse Kopfschmerz (16.11.2005): 1. Deutliche Reduktion der Kopfschmerzen in beiden Gruppen (TCM & gerac-Akupunktur) 2. Kaum Unterschiede zwischen den beiden Bedingungen 3. Die geringen Unterschiede lassen sich erklären durch: Keine Stiche in Kopf bei gerac-Akupunkt. Studienarme: 1. Krankengymnastik („Schulmedizin“); Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Wirksam Placebo-Wirkung: Größte Akupunktur-Studie weltweit: Gerac-Studie (www.gerac.de): PhantasieKosten: 7,5 Mio.; n= 1.000.000 Patienten! Akupunktur punkte Indikationen: Rückenschmerz, Kniegelenkschmerz, Kopfschmerz, Migräne 2. TCM-Akupunktur; 3. Phantasie-Akupunktur (sham/gerac-Akupunktur) Akupunktur (1) TCMAkupunktur punkte Ergebnisse Migräne (16.11.2005): Keine Unterschiede zwischen TCM & geracAkupunktur und medikamentöser Standardtherapie 110 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 3 Monate 6 Monate 111 Placebo-Wirkung: Akupunktur (4) Placebo-Wirkung: Durch Placebo-Nadeln werden meist dieselben Effekte erreicht wie mit echten Nadeln! Cave: Methodische Kritik! Weshalb hat die Schulmedizin schlechter abgeschnitten als die beiden Akupunkturbedingungen? Neueste Entwicklung (Ärzteblatt, 1.12.2005): Lasernadelakupunktur (damit sind problemlos doppelblinde Prüfungen möglich; Studien laufen) Haupterklärung: Erklärung des Placebo-Effekts speziell bei der Akupunktur: Keine Zufallsauswahl von Patienten: Die meisten Patienten wollten erklärtermaßen in die Akupunkturbedingung gelost werden und waren enttäuscht, in die Schulmedizin Behandlung zu geraten! Je mehr es den Patienten „kostet“ (bittere Medizin, Schmerzen durch Spritze / Nadel=invasiver Eingriff), desto wahrscheinlicher der Placebo-Effekt! Die Erwartungshaltung ist gerade bei Akupunktur immens positiv (gerac-Studie: 4,9 - 5,6 von max. 6 Punkten!!!) Starke Zuwendung und Ritualisierung („so jetzt haben wir den richtigen Punkt gefunden“) Die Wunschbehandlung wirkt am besten! Psychotherapie (VT), Medikamente oder eine Kombination von beidem? (Kocsis JHet al, J Clin Psychiatry. 2009 Mar;70(3):354-61). Lasernadel als neue Methodologie für „echte“ und Placebo-Akupunktur 112 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Placebo-Wirkung: Homöopathie (1) Besserung nach AD: 45% bei AD-Wunsch vs. 8% bei Nicht AD-Wunsch Besserung nach VT: 50% bei VT-Wunsch vs. 22% bei Nicht VT-Wunsch 113 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Placebo-Wirkung: Homöopathie (2) Der Befund, dass homöopathische Arzneien höchstens wie Placebo wirken verwundert keineswegs, denn würden Sie wirksamer sein... 110 placebo-kontrollierte Doppelblindstudien durchgeführt! ... müssten Elementargesetze der modernen Biochemie revidiert werden (durch Verdünnung entsteht ein potenterer Stoff) Meta-Analyse 1997: Fazit: „Es könnte etwas mehr wie Placebo sein“ ... müssten Elementargesetze der modernen Physik umgeschrieben werden (die Lohschmidt´sche Zahl ist irrelevant; ein Mittel wirkt auch ohne ein Molekül eines Wirkstoffs) Meta-Analyse (Shang et al., 2005, The Lancet; Update): „Die Wirksamkeit der Homöopathie (alle Formen) erreicht höchstens Placeboeffekte“; gematchte Vergleichs-Studien aus der konventionellen Medizin erreichten etwas bessere Erfolge als Placebo! ... müssten neue physikalische Gesetze aufgestellt werden (nur durch Schütteln potenziert sich eine Substanz) „Je besser die Qualität der Studie, desto geringer war der Effekt für die H.!“ „Weitere teure Doppelblindstudien zur Homöopathie lohnen sich nicht mehr!“ „Die im Zuge der Homöopathie wirkenden Begleitrituale sollten hinsichtlich des Nutzens für die konventionelle Medizin besser beforscht werden“ Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Akupunktur (5) 114 ... müsste die Wissenschaft die Wirkung von „magischen Vermehrungsprozeduren“ anerkennen (durch das „Potenzieren“ wird nur der Wirkstoff, nicht aber die Verunreinigungen im Verdünnungsmittel potenziert) Zu bedenken: In welchen Bereichen der Wissenschaft hat sich jemals eine bereits 200 Jahre alte Lehre in ihrer Gänze als empirisch bestätigt erwiesen? Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 115 Placebo-Wirkung: Homöopathie (3) Placebo-Wirkung: Erklärungen, weshalb Anwender der Homöopathie von Erfolgen berichten: 1. Maximierung des Placebo-Effekts durch viel menschliche Zuwendung, individualisierte Anamnese, Herausfinden des geeigneten Mittels, das Einnahmeritual (Plastiklöffel; willkürliche Dosierungsvorgaben), den Glauben an sanfte Ganzheitsmedizin, sehr kleine Kügelchen 2. Placebo-Effekt wirkt besonders gut bei Kindern ( z.B. Spucke, Pflaster) 3. Spontanheilung (z. T. lange Dauer, bis „richtiges“ Mittel gefunden) 4. Erfolge werden der Homöopathie gut geschrieben, erinnert und weitererzählt; Misserfolge vergessen (Bias; Denkfehler!) 5. Gleichzeitige Einnahme „echt“ wirksamer Medikamente 6. Völlig andere Faktoren erklären Verunreinigungen in der Mitteln) den Erfolg (z. B. Alkohol oder Sie sind deutlich teurer! (Erklärung: Reduktion kognitiver Dissonanz: War der Preis hoch, muss es besser gewesen sein!) Psychotherapie (1) 117 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Placebo-Wirkung: Psychotherapie (2) Auch wenn sie im Mittel über alle untersuchten Verfahren gut wirkt: Ist die Psychotherapie frei von abergläubischen Ritualen? Bsp. 1: Behandlung von Höhenangst (Verhaltenstherapie) Vorläufiges Fazit der Wirksamkeitsforschung (Meta-Meta-Analyse; Grissom, 1996) Effektstärke W´keit von 5 Lottogewinnen (6 Richtige) in Folge Warum wirken „Hoch“potenzen besser? 116 0,85 „großer Effekt“ 0,8 Ab der Verdünnung D23 ist statistisch kein Molekül der Substanz mehr im Mittel vorhanden (1 Molekül auf 30t Wasser); Bsp. C30 (Verdünnung 1: 1036) Berühmteste Angriffe auf die Wirksamkeit der Psychotherapie: H. J. Eysenck (1952): Psychoanalyse wirkt so gut wie Spontanremission! Prioleau et al. (1983): Psychotherapie wirkt so gut wie Placebo! 0,9 Aktion 10:23 am 5. Februar 2011: Skeptiker weltweit überdosieren sich mit hochpotenziertem Arsen, Brechnuss (nux vomica), Hundekot ☺ W´keit für ein Molekül entspricht: Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Placebo-Wirkung: Homöopathie (4) Angststufe Übung 10 (max. Angst) Ins Fenster im Fernsehturm legen 7 Auf eine Brücke gehen 5 Auf eine Leiter steigen 3 Sich einen Turm vorstellen 0 (keine Angst) Ruheszene vorstellen 0,7 0,6 0,5 0,35 0,4 „kleiner Effekt“ 0,3 0,2 0,1 0,1 „kein Effekt“ 0 Psychotherapie Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel PlaceboPsychotherapie Spontanremission 118 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Ab 80er Jahren: Konfrontationstherapie: Der Patient soll möglichst schnell in die schwerste Situation gehen und möglichst viel Angst erleben! 60/70er Jahre: Systematische Desensibilisierung: Der Patient soll möglichst keine Angst erleben, ganz unten anfangen und dann steigern! 119 Placebo-Wirkung: Psychotherapie (3) Placebo-Wirkung: Auch wenn sie im Mittel über alle untersuchten Verfahren gut wirkt: Ist die Psychotherapie frei von abergläubischen Ritualen? Bsp. 2: Wirksamkeit folgender angstreduzierender Mittel vollständig auf Placeboniveau: E. Ernst (Lehrstuhlinhaber Komplementärmedizin, Uni Exeter) Augen- und Fingerbewegungen (EMDR, Traumatherapie) Baldrian Spezifische EMDR-Technik mit angenommener Wirksamkeit: Patient stellt sich erlebtes Trauma vor; Therapeut hält zwei Finger im Abstand von ca. 30 cm und „wischt“ sie vor dem Patienten hin und her (2x pro Sekunde) Patient konzentriert sich auf die Traumavorstellung und die Finger Bachblüten Helmkraut Lemongras Guarana Bisher gibt es keine Hinweise, dass diese Prozedur notwendig ist, um den (zweifellos vorliegenden) Erfolg der EMDR-Therapie zu begründen! Man kann sich genauso gut auf einen schwarzen Kasten mit einer Kerze konzentrieren! (Dismanteling-Studie von Devilly et al., 1998) Was höchstwahrscheinlich wirkt ist die Konfrontationstherapie in sensu! EMDR war noch nie einer solchen Therapie überlegen! Klopf-Akupressur („Konfrontations-Verhaltenstherapie mit abergläubischem Ritual“) Erfolgversprechende Datenlage jedoch für Kava (Rauschpfeffer); wurde jedoch wegen vermutlicher Leberschädigungen 2002 in Deutschland vom Markt genommen 120 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Placebo-Wirkung: Angststörungen Soziale Angststörung (extreme Schüchternheit) 121 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Placebo-Wirkung: post Panikstörung (mit/ohne Agoraphobie) 6-Mo. später (Erhaltung) 12 M o. Später Exposition + Antidepressivum Antide pre ssivum Antidepressivum Ve rha lte nsthera pie (VT) Exposition + Placebo Pla ce bo Placebo Erfolgskriterium: >40% Symptomreduktion; VT+Antide pre ssivum 0% 10% 20% 30% 40% 50% Antidepressivum: Imipramin; Barlow et al., JAMA, 2000 VT+Pla ce bo Erfolgsquoten einer 24-wöchigen ambulanten Behandlung; Antidepressivum: Sertralin; Blomhoff et al., 2001 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 0% 122 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 20% 40% 60% 80% 123 Verhältnis der Anwendungshäufigkeit von Placebo-Medizin und EvidenzBasierter Medizin (EBM) für die konventionelle und andere Medizin Placebos sind die besten Medikamente, die nie erfunden wurden! ed iz in M PlaceboMedizin? ca. 80% An de le el Dr. Robert Mestel re PlaceboMedizin? ca. 95% HELIOS Klinik Bad Grönenbach Evidenz basierte Medizin ca. 20% n t io en nv in Ko ediz M EBM ca. 5% Vielen Dank! Konventionelle Medizin Andere Medizin „Der Arzt, dem es misslingt bei seinen Patienten einen Placebo-Effekt hervorzurufen sollte Pathologe werden!“ Feinstein, 2002 [email protected] „Eminenz basierte Medizin“ www.helios-kliniken.de Kritische, aber faire Schätzung aus Sichtung der wissenschaftlichen Literatur durch R. Mestel 124 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 125 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Stiftung Warentest „Die Andere Medizin“ (2005): Gesamtbewertung vom Schlussgutachter Prof. E. Ernst (einziger Lehrstuhl für Komplementärmedizin in Europa) über 207 Indikationen (Auszählung: R. Mestel); Anmerkung: Diagnosemethoden: zu 100% nicht geeignet! 16% 47% geeignet nicht geeignet 38% wenig geeignet 25% geeignet nicht geeignet Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel Homöopathie 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Prozent 15% Glauben Sie an die Wirksamkeit von Akupuntur oder Homöopathie? Akupunktur Wirkung in 159 untersuchten Indikationsbereichen (Entspannungsverfahren, Musiktherapie, Hypnose, Meditation, Feldenkrais) Prozent Wirkung in 216 untersuchten Indikationsbereichen (Homöopathie, Akupunktur, 39 andere Verfahren) Wurden folgende Behandlungsverfahren bei Ihnen schon angewandt? ja 59% Fokus Umfrage, 1998 wenig geeignet 126 Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel nein weiß nicht 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Akupunktur Homöopathie ja nein weiß nicht 127 Zur „geistigen Übertragung“ homöopathischer Mittel: Vor Gericht verwertbare Beweise „Wer heilt hat recht“ – reicht das wirklich? Ein Therapeut, der nicht weiß, was gewirkt hat, kann sein Heilungswissen nicht gezielt anwenden oder optimieren. Placebos wirken größtenteils zufällig, mal beim einen, mal beim anderen, mal zum Zeitpunkt x mal zum Zeitpunkt y. Ein Mann wurde in Memmingen ermordet. Man findet keinerlei Spuren am Tatort. Sie werden trotzdem vom Hauptkommissar in Untersuchungshaft genommen, weil Sie ... a) vor drei Tagen einen Streit mit diesem Mann hatten b) kein Alibi für die Tatzeit haben Dieser Therapeut sucht den im Dunkeln verlorenen Schlüssel nicht dort, wo er ihn verloren hat, sondern dort, wo das Licht schön hell ist (=magische Heilungserklärung)! Er handelt wie ein Schamane: Gib 100 Leuten ein Heilkraut: Wenn es 10 geholfen hat, dann hat er „geheilt“. Die 10 werden es weiter erzählen und dem Schamanen weitere Kunden bringen. Ist das der Anspruch moderner Medizin? Wie begründen Sie ihren Freispruch? Welche Beweise zählen? Feinstoffliche Energien? Geistiges Wissen? oder Hat mich jemand gesehen? gehört? Fußspuren? Genspuren etc.? (Eben das, was faktisch gemessen, beobachtet werden kann, nichts anderes!) Unwiderlegbare Aussagen gehören in die Religion, nicht in die Wissenschaft. Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 128 Eine Methode, die ihre Wirksamkeit noch nie gegen Placebo/ Spontanheilung/ soziale Unterstützung getestet hat und trotzdem behauptet, sie sei spezifisch wirkungsvoll ist wie ein Sportler, der behauptet locker bei Olympia antreten zu können ohne einen Beweis geliefert zu haben! Glauben Sie diesem Sportler? Bei medizinischen Methoden, die noch nie geprüft wurden lautet die wissenschaftliche Nullhypothese: Sie ist höchstens so gut wie Placebo! Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 129 Die konventionellen Wissenschaften sind offene Systeme vs. geschlossene Systeme (z. B. Sekten; Homöopathie; Anthroposophie etc.) Der Mainstream der Forscher orientiert sich an immer vorläufigen Leittheorien/Paradigmen oder vorläufigen Leitbefunden; die Wissenschaft lernt aus ihren Irrtümern Der Holocaust ist nie geschehen (Neonazis) Das Mittelalter hat es nie gegeben! Der Flug auf den Mond hat nie statt gefunden! Die Erde ist eine Scheibe! (Flat-earth-Sekte) Am 1.1. 2007 wird die Welt untergehen (Zeugen Jehovas) Homöopathische Hochpotenzen: Wirksamer als Niedrigpotenzen! Die Menschheit existiert erst seit 5000 Jahren! (Kreationisten) Ich kann in die Zukunft sehen! (Wahrsager) Ich kann Wasseradern aufspüren! (Wünschelrutengänger) Ich kann Krebs mit der Energie meiner Hände heilen! („Medien“) Beispiele für Aussagen abseits des wissenschaftlichen Common sense – nähere Infos: www.gwup.de Es besteht ein weltweiter Austausch über Publikationen in Peer-ReviewZeitschriften und ein weitgehend offener Diskurs zwischen Arbeitsgruppen Neue überzeugende Evidenzen werden in diesen Korpus integriert (Bsp. Kopernikus: Die Erde kreist um die Sonne, 1541) Natürlich können sich Außenseiter-Annahmen irgendwann einmal bestätigen und zum common sense werden; aber nur für einen Bruchteil aller ungewöhnlichen Aussagen trifft das zu (das gilt umso mehr, da das wissenschaftlich fundierte Wissen der Menschheit sich etwa alle zwei Jahre verdoppelt!): Der Rest lässt sich abhaken als widerlegte oder unprüfbare Hypothese aus Wer eine ungewöhnliche Behauptung aufstellt, muss sie beweisen! Für den Beweis einer der genannten Behauptungen erhalten Sie 1 Mio. Dollar bei www.randi.org Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 130 1. Selbsttäuschung, 2. Narzissmus, 3. Größenwahn, 4. Betrug Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 131 Graduierung der Evidenz (nach Canadian Task Force on Periodic Health Examination, 1994) Grad I Wenigstens eine systematische Übersichtsarbeit auf der Basis methodisch hochwertiger, randomisierter, kontrollierter Studien Grad II Wenigstens eine ausreichend große, methodisch hochwertige, randomisierte, kontrollierte Studie Grad III Kritik: Wenn die Spontanheilungsquoten wirklich so hoch sind, weshalb wird dann eine so hohe mittlere Krankheitsdauer (Chronifizierung) berichtet? z. B. sieben Jahre bei psychischen Störungen (Mittelwert; Meyer et al., 1991) • Antwort: Weil vorwiegend die Personen in die Chronifizierungsstatistiken eingehen, die unglücklicherweise nicht von alleine geheilt sind! Methodisch hochwertige Studien ohne Randomisierung (Kohortenstudien, Fallkontrollstudien) Grad IV Mehr als eine methodisch hochwertige nichtexperimentelle Studie Grad V Meinungen von respektierten Autoritäten (aus klinischer Erfahrung), Expertenkommissionen; beschreibende Studien Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 132 • Cave (Fachleute): Um die wahre Verbreitung oder die Spontanremissionsquote einer Erkrankung abschätzen zu können, darf man nie von den eigenen Patienten auf die Grundgesamtheit schließen! In eine Praxis kommen fast ausschließlich nur diejenigen Personen, bei denen es schlecht gelaufen ist, sich nicht von alleine gelegt hat. Placebo-Therapi e - Dr. Robert Mes tel 133