BERUF+KARRIERE Fotos: SIG „Wer diesen Beruf erlernen will, wer sich ins Zeug legt, dem helfe ich und den fördere ich gerne“, sagt Ludwig Hamacher. Mehr als nur ein Techniker Chancen und Herausforderungen der betrieblichen Ausbildung zum Packmitteltechnologen Wer eine Ausbildung macht, sollte sich nicht nur von kurzzeitigen Interessen und Vorlieben leiten lassen. Zugegeben, eine Berufsbezeichnung wie „Packmitteltechnologe“ klingt erst einmal sperrig, man hört den Amtsschimmel förmlich aus jeder Silbe wiehern. Aber hinter dem sperrig klingenden Begriff verbirgt sich ein Beruf mit glänzenden Zukunftsaussichten. ■ Etwa 96 Prozent aller Auszubildenden zum Packmitteltechnologen werden nach einer erfolgreichen Ausbildung vom Ausbildungsbetrieb übernommen. Das ist eine Zahl, von der andere Auszubildende nur träumen können. Zum Vergleich: Eine erfolgreiche Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker bietet gerade einmal eine 60-ProzentÜbernahmechance. „Als Mindestvoraussetzung gilt ein guter Hauptschulabschluss“, erklärt Ludwig Hamacher, Ausbilder bei der SIG Combibloc GmbH in Linnich. „Der Vorweis eines Schulpraktikums in einem Betrieb der Verpackungsindustrie kann nicht schaden, außerdem braucht ein Bewerber ein gutes mathematisches Verständnis. Flächenberechnungen und der klassische Dreisatz sollten sitzen, er oder sie sollte über ein gut ausgeprägtes räumliches Vorstellungsvermögen verfügen.“ Gute Noten in Mathe und Physik erhöhen also auf jeden Fall die Chance auf einen Ausbildungsplatz. Was für einen Ausbilder wie Hamacher aber noch fast mehr alles andere zählt, ist das „Wollen“! „Wer diesen Beruf erlernen will, wer sich ins Zeug legt, dem helfe ich und den fördere ich gerne. Und ich bin überzeugt, dass die allermeisten meiner Kollegen genau so denken.“ „Was zählt, ist das Wollen!“ Was aber macht ein Packmitteltechnologe? L. Hamacher schmunzelt: „Wenn ich einem Laien unser Berufsfeld erkläre, sage ich ihm oft: Geh einfach einmal in einen Supermarkt und stell dir vor, all die Lebensmittel, die du dort siehst, wären nicht eingepackt. Es gäbe keine Kartons, keine Getränkeverpackungen, wie sähe das wohl aus?“ Der Packmitteltechnologe erhält eine umfassende Ausbildung in verschiedenen Arbeitsbereichen. In der Metallbearbeitung, der Steuerungstechnik, in Stanztechniken und Veredelungstechniken. Packmitteltechnologen bedienen und warten die für die Herstellung von Verpackungen notwendigen Maschinen. Was L. Hamacher etwas ärgert, dass ist die oft auf die technischen Aspekte ausgerichtete Außendarstellung des Berufes. „Tatsächlich geht die Ausbildung weit über diesen technischen Aspekt hinaus. Packmitteltechnologen entwickeln anhand der neuesten CAD-Technik je nach Kundenanforderungen neue Packmittel. Und auch die Arbeit im Labor gehört zur Ausbildung, denn nehmen wir einmal das Beispiel Getränkekartons, das, was unsere Firma herstellt: Diese Kartons müssen beschichtet und versiegelt werden. Welche Materialen werden dazu benötigt? Wie werden die benötigten Versiegelungen hergestellt?“ Kreativität ist gefragt Und dann gibt es auch noch die kreative Seite der Ausbildung – in Design und Gestaltung: „Eine Verpackung ist ein Werbeträger. Sie muss also nicht nur das Produkt schützen, sie muss den Verbraucher auch zum Kauf animieren; gleichzeitig wird vom Ge- BERUF+KARRIERE SIG Combibloc ist einer der weltweit führenden Systemhersteller von Kartonpackungen und Füllmaschinen für Getränke und Lebensmittel. setzgeber verlangt, Informationen über den Inhalt lesbar und übersichtlich auf dem Produkt zu platzieren. Da ist Kreativität gefragt.“ Die SIG Combibloc GmbH in der Stadt Linnich, die ziemlich genau auf halber Strecke zwischen Mönchengladbach und Aachen liegt, ist der zweitgrößte deutsche Hersteller von Getränkekartons aller Art, ihre Muttergesellschaft, die Schweizer SIG Combibloc Group AG ist weltweit die Nummer zwei. In Deutschland unterhält SIG Combibloc einen zweiten Standort in der Lutherstadt Wittenberg. Ob Milch und Säfte, Suppen und Soßen, Tomatenprodukte, Wein, Pudding: Es gibt kaum flüssige Lebensmittel, die nicht in Verpackungen aus dem Hause SIG Combibloc abgefüllt würden. Jeder nutzt sie, jeder hat sie regelmäßig in der Hand, aber kaum jemand kennt Betriebe wie SIG Combibloc persönlich, und die Berufe, die notwendig sind, um Verpackungen wie Getränkekartons herzustellen, sind in der Öffentlichkeit erst recht unbekannt. Ludwig Hamacher weiß dies aus eigener Erfahrung. Gelernt hat der 55-jährige Ausbilder den Beruf des Betriebsschlossers, später bildete er sich zum Maschinenbautechniker weiter. Als er zur SIG Combibloc kam, war ihm die Welt der Verpackungen fremd. „Verpackungen erscheinen uns als eine Selbstverständlichkeit, als eine Dreingabe. Als Laie macht man sich doch gar keine Gedanken darüber, welch eine Logistik, welch ein Aufwand hinter der Herstellung und der Entwicklung von Verpackungen egal welcher Art steht. Das musste auch ich erst einmal erfassen, als ich Ausbilder wurde. Und es hat mich total fasziniert. Man arbeitet als Packmitteltechnologe mit einer riesigen Materialpalette, wird in die Papierherstellung eingewiesen, arbeitet mit Metall, Kunststoff, in der Papierveredlung und man erlernt die Grundlagen der Mechanik.“ Als Allrounder sind dem Packmitteltechnologen Grenzen gesetzt, wenn es in die Tiefe geht. Steht eine Maschine unver- mittelt still, ist der Maschinenspezialist gefragt. Was nicht bedeutet, dass der Packmitteltechnologe keine kleineren Reparaturen vornehmen würde. „Der Packmitteltechnologe ist derjenige, der den gesamten Herstellungsprozess begleitet, der den Überblick behält, der so etwas wie ein Bindeglied zwischen den verschiedenen Berufen, die in einem Betrieb wie dem unseren zusammen kommen, darstellt.“ Bis 2011 hieß der Beruf Verpackungsmittelmechaniker, diese Bezeichnung aber unterschlug die kreativen und im Labor beheimateten Arbeitsfelder dieses Berufes. Daher kam es 2011 zu einer Neuordnung der Ausbildungsordnung einhergehend mit einer Neubenennung des Berufes. Mit seinen 55 Jahren erinnert sich Hamacher noch gut an die Zeit, als Lebensmittel im Tante-Emma-Laden verkauft wurden. „Da waren Verpackungen und vor allem Packungsdesign noch kein allzu großes Thema. Das hat sich in den letzten 40 Jahren allerdings drastisch verändert. Aus dieser Perspektive betrachtet, ist das Berufsfeld des Packmitteltechnologen aber immer noch relativ jung und damit eines, das noch sehr viele Herausforderungen für die Zukunft bereithält.“ Zum Beispiel auch für angehende Ingenieure. „Aufgrund der verschiedenen Arbeitsbereiche, in denen ein Packmitteltech- nologe eine Einweisung erhält, eignet sich der Beruf hervorragend als Grundlagenausbildung für Abiturienten, die nach einer Lehre ein Ingenieurstudium anstreben.“ Was dieser Zielgruppe dabei gelegen kommen dürfte: Bei guten Leistungen in der Ausbildung ist es möglich, diese von normalerweise drei Jahren unter bestimmten Voraussetzungen um bis zu ein Jahr zu verkürzen. Christian Lukas ■❭ Info Packmitteltechnologe Seit dem 1. August 2011 ist der ‚Packmitteltechnologe‘ in Deutschland der Nachfolgeberuf des staatlich anerkannten Ausbildungsberufs ‚Verpackungsmittelmechanik‘. Vermittelt wird eine umfassende Ausbildung in verschiedenen Arbeitsbereichen; in der Metallbearbeitung, der Steuerungstechnik, in Stanz- und Veredelungstechniken. Packmitteltechnologen bedienen und warten aber auch die für die Herstellung von Verpackungen notwendigen Maschinen.