Als der Krieg zu Ende ging: 19. März 1945 Europa und die Bundesrepublik dürfen seit Jahrzehnten auf das Ende des Zweiten Weltkrieges zurückblicken. Für die Deutschen und die vom Weltkrieg betroffenen Völker bedeutet es die Beendigung des nationalsozialistischen Regimes. Am 7. Mai 1945 trafen in Reims und tags darauf in Berlin-Karlshorst die Militärvertreter mit den kapitulationswilligen deutschen Militärs zusammen und unterzeichneten den vorgelegten Vertrag. Das Moselland durfte zu diesem Zeitpunkt schon einige Tage länger auf das Ruhen der Kampfhandlungen zurückblicken. Lange Jahre waren die Fronten im Westen oder Osten Europas nur durch die Propaganda an die Menschen herangekommen. Je länger der Krieg dauerte, umso öfter wurde jedoch hier der Schrecken greifbarer, nicht zuletzt, wenn die Nachrichten über den Tod eines tausende Kilometer weit getöteten Soldaten eintraf, der aus Trittenheim selbst stammte oder den man aus einem der Nachbarorte kannte. Die letzten Monate vor dem Kriegsende waren auch in Trittenheim von Angst und Schrecken überschattet. Was Menschen damals erlebten kann wahrscheinlich nur die lebendige Erzählung vermitteln, doch auch die Aufzeichnungen des damaligen Pfarrers Wolff, der seit 1941 in Trittenheim seinen seelsorglichen Dienst versah, geben zumindest schlaglichtartig Erinnerungen an jene Tage wider. Sie sind auch eine Mahnung an die Zeit eines nationalstaatlich verengt denkenden Europas, in dem rassistisches und totalitäres Denken und Handeln die Menschen mit Angst und Schrecken terrorisierte. Aggressivität prägte die 1933 an die Macht gelangte Nazi-Diktatur von Anbeginn. Zunächst richtete sie sich gegen politisch Andersdenkende im Reich und gegen Deutsche jüdischer Konfession. Die ideologisch verblendete Sicht der Welt blieb nicht allein auf der verbalen Ebene, vielmehr schreckte man schließlich auch nicht mehr davor zurück, diese Grenzen zu missachten und die Gewalt in die Welt zu tragen (begonnen mit Annexion der „Tschechei“). Am 1. September 1939 begann Krieg, der sich zu einer weltumspannenden Katastrophe, dem Zweiten Weltkrieg ausdehnte und die Verhältnisse in der Welt grundlegend veränderte. Anfangs schien der deutschen Aggression kein Einhalt geboten werden zu können. die Wende markiert die Anfang 1943 erfahrene verheerende Niederlage in Stalingrad. Bevor das totale Ende des Krieges kommen sollte, forderte ein total geführter Krieg unzählige Opfer. Die Einberufungen nahmen Väter und Brüder aus dem Alltag weg und hinterliessen Lücken in der Versorgung und Wirtschaft. Frauen übernahmen die Arbeit ihrer rekrutierten Männer oder Söhne. Hinzu kamen Kriegsgefangene aus den besetzten Ländern, die zwangsweise in der Landwirtschaft eingesetzt wurden. Die stark ideologisierte Schule organisierte immer häufiger Sammlungen, mit denen Soldaten oder zivile Opfer unterstützt werden sollten (zu den Sammelgütern gehörten Tee und Ähren, die Kartoffelkäferlese sollte die Ernteausfälle reduzieren; auch das 'Gelannen' von Getreide und Weintrauben gewann einen neuen Aufschwung). Nicht wenige Kinder blieben der Schule öfters fern, weil sie wegen fehlender Arbeitskräfte in der Landwirtschaft zuhause mithelfen mussten, damit die Familie über die Runden kam. Im August 1944 wurde die Schule gänzlich geschlossen und diente als Notkrankenhaus. Weltkriegsende 1945 1 Auch die Einquartierungen machten den Krieg anschaulich und der Krieg fraß so viele Ressourcen, dass die Folgen einer restriktiven Kriegsplanwirtschaft spürbar wurden. Auf dem Land ging es dabei gegenüber der Stadt gerade im Ernährungssektor noch besser. Die Nachricht vom Tod an der Front traf je länger der Krieg dauerte um so häufiger ein. Neben denen, die dauerhaft durch ihren Tod eine Lücke hinterließen waren, waren jene anderen, die zwar mit dem Leben davon kamen, aber körperlich und seelisch verwundet nach Hause kamen, manche einer erst nach vielen Jahren aus der Gefangenschaft in der Ferne. Mit der Invasion in der Normandie (Juni 1944) und den Erfolgen der Alliierten wurde es immer wahrscheinlicher, dass die Front näher an die eigene Haustüre heranrückte. Es war nur eine Frage der Zeit. Luft-Bombardements über dem Moselraum setzten zwar erst im letzten Quartal 1944 massiv ein. Sie wollten den Nachschub der Wehrmacht unterbinden und zugleich den Vormarsch der Alliierten unterstützen. Bahnanlagen, Züge, verkehrswichtige Straßen und Brücken, wie sie vielerorts zu finden waren, wurden das Ziel der Bomber. Bei allen Bombardierungen der Trittenheimer Brücke, einer der wenigen damals an der Mosel zu findenden Übergänge, blieb diese überraschenderweise unversehrt. Dafür wurden jedoch zivile Ziele getroffen: am 25. Oktober 1944 traf es ein Haus nahe der Brücke. Die Bewohner überlebten ohne größere Verletzungen die Zerstörung. Am 15. Dezember 1944 verursachte ein leichtes Bombardement im Brückenviertel Fensterbrüche, Risse in den Mauern und andere Sachschäden. Die Stromversorgung fiel außerdem für einige Tage aus. Bei einem schweren Angriff mit Bordwaffen auf die Moselbahn, die erst am 10. März 1945 ihren Betrieb endgültig einstellte, waren im Zug und auf der Straße nach Neumagen Tote zu beklagen. Im Zusammenhang mit der Weihnachtsbombardierung Triers 1944 wurde die Mittelmoselstraße am frühen Nachmittag des 26. Dezember getroffen. Von einer größeren Anzahl von Kindern, die sich auf dem zugefrorenen Werth an der Mosel unterhalb der Laurentiuskapelle befanden, trugen bei einem Angriff glücklicherweise nur drei Verletzungen davon. Größere Schäden entstanden hingegen an der Straße, in Leiwen und in der Laurentiuskapelle. Ein Luft-Bombardement Mitte Januar 1945 forderte im Ort einige Opfer und zwang fast fünfzig Familien, in anderen Ortsteilen eine sicherere Unterkunft zu suchen. Die amerikanischen Bodentruppen waren zwischenzeitlich weit in die Eifel vorgedrungen, als am 22. Februar ein Fliegerangriff nur glimpfliche Sachschäden hinterließ. Bis zum 9. März 1945, einem Freitag, war die Front soweit an die Mosel herangerückt, dass die Moselorte zwischen den gegnerischen Artilleriestellungen zu liegen kamen. Nach den Luftangriffen begannen nun die letzten und bangsten Kriegstage, die bedauerlicherweise nicht ohne Opfer blieben. Bei einem Granatangriff kam das Kleinkind der Familie Steffen ums Leben und zusätzlich waren einige Schwerverletzte zu versorgen. Das Gros der deutschen Soldaten zog sich bis zum 13. März auf das rechte Moselufer zurück. Am frühen Morgen sprengte das deutsche Militär gegen 6 Uhr die Trittenheimer Brücke, die seit 1909 die Ufer verbunden hatte und eine der letzten intakten Moselbrücken neben der geretteten Trierer Römerbrücke war. Am darauf folgenden Freitag räumte die Weltkriegsende 1945 2 letzte deutsche Stellung den Laurentiusberg und floh unter heftigem Artilleriebeschuss mit den Resten der Wehrmacht in den Hunsrück. In der Nacht zum Samstag wurde schließlich noch die Eisenbahnbrücke der Moseltalbahn gesprengt – eine Sprengung, deren Nebenschäden erheblich waren. Dann entfernte sich die Gefechtslinie - die Moselfront war aufgelöst. Als der späte Samstagnachmittag anbrach, rückte eine amerikanische Patrouille in Trittenheim ein. Sie nahm eine Reihe zurückgelassener Wehrmachtsangehöriger gefangen. Das Ende des Krieges war eingeleitet, dessen Gesamtheit an Schrecknissen und Grausamkeiten unermesslich waren. Mit dem Josephstag 1945 (19.3) begann für Trittenheim die Zeit des Friedens. Während der französischen Besatzung wurden, anfänglich unter schwierigen Bedingungen, die materiellen Schäden (Häuser, Brücke, Wege usw.) behoben. Es blieben allerdings auch unheilbare Wunden zurück: Zur Trauer um die gefallenen Söhne kam hinzu, dass Humanität und christliche Grundeinstellungen Schaden genommen hatten und dies nicht erst in den Jahren des Krieges. Im Schatten des Krieges trieb der rassistische Wahn nicht nur jüdische Familien in die Flucht, sondern raubte sieben jüdischen Trittenheimer aus den Familien Samuel und Koppel die menschliche Würde, bevor man sie in den Vernichtungslagern des Ostens ermordete. Unser Rückblick geschieht nicht ohne bewusst zu sehen, dass mehr als ein halbes Jahrhundert das westliche Mitteleuropa im Frieden existiert. An den Rändern Europas und im mittelmeerischen Raum ist diese Sehnsucht jedoch in den letzten Jahren immer wieder bedroht und enttäuscht worden. Der Frieden wie die Einigkeit der europäischen Zivilisationen können nicht einfach hingenommen werden, sie können schneller bedroht sein, als es uns möglich scheint. Frieden, so wird deutlich, ist nicht Schicksal, sondern resultiert aus dem stetigen, nicht kostenlosen Einsatz aller. Christoph Schmitt Weltkriegsende 1945 3