Psychische Gesundheit bei Frauen, Männern, Kindern und Jugendlichen Dr. Phil. Ulfert Hapke Robert Koch-Institut • Allgemeine Anmerkungen • Häufigkeit psychischer Störungen Robert Koch Institut Psychische Gesundheit 10.11. 2010 Dr Hapke Gesundheit „ist ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen.“ (WHO, 1946) Robert Koch Institut Psychische Gesundheit 10.11. 2010 Dr Hapke Ziele des RKI • Häufigkeit, Prävalenz & Inzidenz • Historische Trends der Morbiditätsentwicklung • Besonderheiten in verschiedenen Alters- und Bevölkerungsgruppen • Analyse der Versorgungssituation • Determinanten von Entstehung und Verlauf psychischer Störungen Robert Koch Institut Psychische Gesundheit 10.11. 2010 Dr Hapke Epidemiologische Daten Sekundärdatenanalysen • Krankenhausdiagnosestatistiken • Krankenkassendaten • Todesursachenstatistik Prävalenzstudien in Versorgungseinrichtungen • Untersuchungen in Arztpraxen und Krankenhäusern • Altersheimen Surveys (Beispiele) • Bundesweit: BGS 98, KIGGS, DEGS • The World Mental Health Survey Robert Koch Institut Psychische Gesundheit 10.11. 2010 Dr Hapke Versorgung psychischer Störungen Psychiatrische Kliniken Psychiatrische Praxen erkannt nicht erkannt Sonstige Kliniken, Praxen und Versorgungseinrichtungen nicht im Versorgungssystem Robert Koch Institut Psychische Gesundheit 10.11. 2010 Dr Hapke Krankheit oder Störung ? • In Klinik und Forschung wurde der Begriff Krankheit weitestgehend durch den Begriff Störung ersetzt. • Nicht jeder psychischen Störung liegt eine Krankheit zugrunde. • Kriterienorientierte Diagnosesysteme haben nosologische Diagnosesysteme ersetzt. Robert Koch Institut Psychische Gesundheit 10.11. 2010 Dr Hapke Diagnosesysteme • Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen (DSM-IV, APA) • Internationale Klassifikation Psychischer Störungen (ICD-10, WHO) Robert Koch Institut Psychische Gesundheit 10.11. 2010 Dr Hapke Häufige psychische Störungen • Demenzerkrankungen • Störungen im Zusammenhang mit psychotropen Substanzen • Affektive Störungen • Angststörungen • Somatoforme Störungen • Essstörungen • Psychosen • Persönlichkeitsstörungen • … Robert Koch Institut Psychische Gesundheit 10.11. 2010 Dr Hapke 12-Monats-Prävalenz diagnostizierte Depression (2008) Männer: 4,5% Frauen: 8,0% Total: 6,3% Internes Seminar Psychische Gesundheit 29.09.2010 Hapke FG 22 12- Monats Prävalenzen im BGS-98 Frauen % 15,4 11,2 5,8 Männer % 8,5 5,5 3,2 Angststörungen Panikstörung Agoraphobie Soziale Phobie Generalisierte A. Spezifische Phobien 19,8 3,0 3,1 2,7 2,1 10,8 9,2 1,7 1,0 1,3 1,0 4,5 Irgendeine Störung 37,0 25,3 Affektive Störungen Major Depression Dysthyme Störung Robert Koch Institut Psychische Gesundheit Gesamt % (95% KI) 11,9 (11-13) 8,3 (7,5-9,2) 4,5 (3,9-5,2) 14,5 2,3 2,0 2,0 1,5 7,6 (13,4-15,6) (1,9-2,8) (1,7-2,5) (1,6-2,5) (1,2-1,9) (6,9-8,5) 31,1 (29,7-32,6) 10.11. 2010 Dr Hapke Multimorbidität: Anzahl der Diagnosen bei Vorliegen mindestens einer Diagnose Anzahl der Diagnosen Frauen Männer Gesamt % % % 1 56,3 66,5 60,5 2 21,5 15,5 20,3 3 9,7 8,0 9,0 >3 12,6 7,0 10,3 Robert Koch Institut Psychische Gesundheit 10.11. 2010 Dr Hapke Psychische und somatische Multimorbidität 12-Monats-Diagnosen im BGS-98 Somatische Erkrankung Psychische Störung nein ja Robert Koch Institut nein ja 23,3% 44,4% 8,2% 24,1% Psychische Gesundheit 10.11. 2010 Dr Hapke Psychische Auffälligkeiten gemäß SDQ* bei Kindern und Jugendlichen (3-17 Jahre) und Berufsstatus der Eltern % 35 30 30,5 25 22 20 19,6 15 10 5 0 Arbeitslos Teilzeit Vollzeit *Strengths and Difficulties Questionnaire Internes Seminar Psychische Gesundheit 29.09.2010 Hapke FG 22 Psychische Auffälligkeiten gemäß SDQ* bei Kindern und Jugendlichen (3-17 Jahre) Kombinierte Risikolagen OR (95% KI) Alleinerziehung und Arbeitslosigkeit 3,12 (2,30-4,23) Alleinerziehung und Berufstätig 2,14 (1,82-2,50) Familie und Arbeitslosigkeit 1,54 (1,23-1,92) Geschlecht männlich 1,69 (1,52-1,88) *Strengths and Difficulties Questionnaire Internes Seminar Psychische Gesundheit 29.09.2010 Hapke FG 22 Schlagzeilen Auf rund 65 Milliarden Euro belaufen sich die jährlichen Kosten, die in Deutschland durch psychische Erkrankungen entstehen ! Stress, Depressionen und Burn-Out haben sich zur Volkskrankheit Nummer eins entwickelt ! Robert Koch Institut Psychische Gesundheit 10.11. 2010 Dr Hapke Verlorene Erwerbstätigkeitsjahre* in tsd. Jahren für Deutschland 2006 Frauen alle Krankheiten und Unfälle Psychische und Verhaltensstörungen Affektive Störungen Männer Gesamt 1.338 2.616 3.954 260 378 638 91 80 171 *Arbeitsunfähigkeit, Invalidität, vorzeitiger Tod, (Stat. Bundesamt 2010) Robert Koch Institut Psychische Gesundheit 10.11. 2010 Dr Hapke Anstieg der Krankheitstage wegen psychischer Störungen • Die Gesundheitsreporte der gesetzlichen Krankenkassen beschreiben eine Zunahme seit den 1980er Jahren. Dieser Trend hat sich vor allem seit Mitte der 1990er Jahre noch einmal deutlich verstärkt hat. • Alle gesetzlichen Krankenkassen verzeichnen einen kontinuierlichen Anstieg des Anteils der AU-Tage durch psychische Störungen seit dem Jahr 2000. • Es gibt signifikante Unterschiede zwischen den Krankenkassen und Regionen. Robert Koch Institut Psychische Gesundheit 10.11. 2010 Dr Hapke Abnahme der Suizidraten Statistisches Bundesamt Robert Koch Institut Psychische Gesundheit 10.11. 2010 Dr Hapke Mögliche Ursachen und Hypothesen • Durch die Erweiterung der Versorgungsangebote kommen Betroffene häufiger und frühzeitiger in Behandlung. • Stigmatisierung und Ausgrenzung haben abgenommen. • In einer Dienstleistungsgesellschaft, sind mentale Anforderungen höher. Psychische Störungen werden schneller auffällig und führen schneller zu Arbeitsunfähigkeit. • Ein beschleunigter Wandel der Gesellschaft erfordert höhere Anpassungsleistungen. Robert Koch Institut Psychische Gesundheit 10.11. 2010 Dr Hapke Fragen an die Arbeitsgruppen • Was fördert langfristige Resistenz gegenüber externen Einwirkungen? • Was ermöglicht schnellstmögliche Rückkehr zu einer Ausgangslage bei kurzfristigen Stressoren? • Welche individuellen und gesellschaftlichen Ressourcen lassen sich dabei sinnvoll nutzen? • Was ermöglicht eine Adaptation an sich ändernde Lebensbedingungen? • Welche speziellen Ressourcen brauchen behinderte Menschen um psychisch gesund zu bleiben? Robert Koch Institut Psychische Gesundheit 10.11. 2010 Dr Hapke Was tut das RKI ? • Die GBE stellt mit zahlreichen Publikationen zu den wichtigsten psychischen Störungen Informationen bereit. • GEDA liefert zeitnahe Daten zur Häufigkeit diagnostizierter depressiver Störungen und psychischen Belastungen und Beeinträchtigungen. • KIGGS, DEGS + Modul Mental Health liefern vertiefende epidemiologische Daten zur Entstehung und dem Verlauf psychischer Störungen. Robert Koch Institut Psychische Gesundheit 10.11. 2010 Dr Hapke Prävalenz & Inzidenz Robert Koch Institut Psychische Gesundheit 10.11. 2010 Dr Hapke Episode einer Major Depression Mindestens fünf Symptome, an fast allen Tagen, für die meiste Zeit des Tages, mindestens 14 Tage: 1. Deutlich vermindertes Interesse an fast allen Aktivitäten 2. Depressive Verstimmung 3. Gewichtsverlust oder -zunahme (> 5%), Appetit (-/+) 4. Schlaflosigkeit oder vermehrter Schlaf 5. Psychomotorische Unruhe oder Verlangsamung 6. Müdigkeit oder Energieverlust 7. Gefühle von Wertlosigkeit oder Schuldgefühle 8. Denk-, Konzentrationsstörungen, Entscheidungsfähigkeit 9. Wiederkehrende Suizidgedanken Robert Koch Institut Psychische Gesundheit 10.11. 2010 Dr Hapke Episode einer Major Depression Die Symptome verursachen in bedeutsamer Weise Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen Funktionsbereichen. Körperliche Ursachen sind ausgeschlossen. Die Symptome können nicht durch „Einfache Trauer“ erklärt werden. Robert Koch Institut Psychische Gesundheit 10.11. 2010 Dr Hapke Beispiele der Verlaufsklassifikation Major Depression Rezidivierend, mit Vollremission Rezidivierend, ohne Vollremission Robert Koch Institut Psychische Gesundheit 10.11. 2010 Dr Hapke Fallfindung in RKI Surveys Hat ein Arzt oder Psychotherapeut bei Ihnen jemals eine Depression oder eine depressive Verstimmung festgestellt ? Auch in den letzten 12 Monaten ? Kernsurvey: Fragebogen PHQ-9 Modul Mental Health: CIDI Robert Koch Institut Psychische Gesundheit 10.11. 2010 Dr Hapke