24 ASTROLOGIE & WISSEN Die astrologische Prognose Ihre Chancen und ihre Grenzen VON m i c h a e l W A l l g e i e r as kann die Astrologie, wo liegen ihre Chancen, wo ihre Grenzen? Ein Frage, die eigentlich so alt ist wie die Astrologie selbst, die immerhin die älteste Wissenschaft der Menschheit ist. Schon immer waren die Menschen verblüfft über den reichen und sehr präzisen Inhalt der Astrologie, der weit über jede Wahrsagerei hinausgeht. Die Realität, das Innere der Menschen und ihre Lebensthemen spiegeln sich tatsächlich im Sternenhimmel und dem Lauf der Planeten wider. Das ist letztlich auch der tiefere Grund dafür, warum die Astrologie alle ihre Krisen überwinden konnte. Selbst die Epoche der Aufklärung, die kausales naturwissenschaftliches Denken zur Maxime erhob, konnte sie nicht völlig zerstören. Ebenso wenig die vielen schlechten Astrologen der Geschichte. Insgeheim spüren auch die Menschen, die stark an ihr zweifeln, dass sie ein wunderbares, geheimes Wissen in sich birgt, ein Wissen, das auch die besten Astrologen der Welt noch nicht völlig entschlüsselt haben. Es scheint so unendlich wie der Sternenhimmel selbst. Astrologie kann auf jeden Fall mehr, als wir annehmen. Aber manchmal haben wir Menschen auch den Wunsch Dinge zu erfahren, etwa wie unser Schicksal verlaufen wird, wann der Zeitpunkt unseres Todes gekommen ist, die im göttlichen Plan nicht vorgesehen sind. Denn eine persönliche Entwicklung, nicht nur durch dieses, sondern durch mehrere Leben hindurch, bedarf einer gewissen Freiheit und Selbstverantwortung. Mit dieser Freiheit, mit dem Einsatz unseres Willens, schaffen wir wiederum unser Karma. Mit der Bewältigung unseres Karmas wandelt sich möglicherweise auch unser Horoskop, eher sehr langsam, von Leben zu Leben. Unser Geburtshoroskop ist stets das Zeugnis des letzten Lebens und gleichzeitig die Basis, die Startvorgabe für das neue. In ihm finden sich tief eingegrabene Anlagen, Charakterzüge und Prägungen, deren zeitliche Auswirkungen das Schicksal prägen. Auf dieser Basis arbeitet der klassische Astrologe. Er versucht den Menschen durch das Horoskop zu begreifen und setzt dieses unter anderem in Bezug zum vergangenen, aktuellen oder künftigen Sternenhimmel. In der Geschichte der ernsthaft betrie- benen Astrologie ist man nahezu immer von der Willens- und Schicksalsfreiheit des Menschen ausgegangen. Der Mensch geht seinen Weg, dessen Ausgang er selbst bestimmt, allerdings im Rahmen seiner Anlagen und Möglichkeiten. Die Frage, die uns auch heute noch beschäftigt, ist deshalb: Wie groß ist die persönliche Willensfreiheit, die eben eingeschränkt ist, durch spezielle Charakterzüge, den persönlichen Entwicklungsstand und auch durch äußere Lebensumstände. Im Großen und Ganzen hat der Mensch durch seine Bewusstheit, die eben beim einen stärker, beim anderen schwächer ist, aber die Chance, sich etwa gegen eigene destruktive Neigungen zu entscheiden. Sein Wille kann manchmal Berge versetzen und erlaubt ihm sogar, über den eigenen Schatten zu springen. Wir gestalten unser Leben also in jedem Moment selbst, stehen aber auch gleichzeitig unter dem permanenten Einfluss der Sterne, die letztlich aber immer nur das auslösen und ansprechen können, was bereits in uns angelegt ist. Da wir dem Menschen die Willensfreiheit zugestehen, kann eine astrologische Prognose immer nur im Konjunktiv stattfinden. Wir sehen bei einem Klienten z.B. dass er einen sehr kritischen Mars-Transit durch sein 7. Haus, den Bereich des Du, der Partnerschaft bekommt. Vereinfacht gesagt, ASTROLOGIE könnte es jetzt vermehrt zu Streitereien und Auseinandersetzungen in der Partnerschaft kommen, sofern er überhaupt in einer Beziehung lebt. Bei einem Menschen, der sich gerade in einer sehr schwierigen Situation in seiner Beziehung befindet, kann dieser Mars vielleicht sogar das Ende der Beziehung bedeuten. Bei einem anderen wird die Beziehung jetzt möglicherweise nur lebendiger und anstrengender. Die realen Auslösungen dieses Transits können sehr unterschiedlich sein, je nachdem, welche Anlage man persönlich besitzt bzw. der Partner und in welcher Lebenssituation man sich befindet. Viele Informationen lassen viele Auslösungsmöglichkeiten zu. Wissen tun wir Astrologen jedoch, dass durch diesen Mars Anfeindungen von außen kommen können und dass die Wahrscheinlichkeit, dass es in der Partnerschaft jetzt gewaltig kracht, doch sehr groß ist. Denn es dürfte kaum Paare auf dieser Welt geben, bei denen alles in Ordnung ist und bei denen es keine in irgendeiner Form ungelösten Konflikte gibt. Soweit dürfen wir uns mit unserer Prognose auf jeden Fall herauswagen. Der Klient, der um das Risiko dieses Transits weiß, kann jetzt insofern darauf reagieren, dass er in dieser Zeit etwa bewusst auf die Bedürfnisse seines Partners eingeht, mehr den Kompromiss als das Trennende sucht und auch einmal bereit ist, zurückzustecken, wenn es um Interessen und Wünsche geht, die sich entgegenstehen. Das wird ihm schwerfallen, lohnt sich aber auf jeden Fall. Wer einen solch schwierigen Transit auf diese Weise bewältigen kann, der vollzieht letztlich einen großen Schritt in seiner Persönlichkeitsentwicklung und auch in seiner Partnerschaft. Ein Astrologe, der ein Horoskop vor sich hat, kann an diesem nicht ersehen, ob es sich um ein weibliches oder männliches handelt. Er kann auch nicht erkennen, welchen Entwicklungsstand die Person hat, die sich dahinter verbirgt. Also braucht ein Astrologe auch stets Informationen von seinem Klienten, insbesondere über dessen aktuelle Lebenssituationen. Andernfalls kann er nur allgemein über Themen sprechen, mit denen sein Klient jetzt und künftig konfrontiert wird. Er kann Warnungen, Möglichkeiten und Chancen aussprechen. Mehr aber nicht. Ein guter und erfahrener Astrologe wird im persönlichen Gespräch erst einmal versuchen, in das Leben seines Klienten hineinzufinden. Er muss erforschen, wo er steht, was ihn bewegt, welche Wünsche er hat. Jetzt erst wird das Horoskop richtig lebendig, erstaunlich lebendig. Es tauchen im Horoskop Situationen und Menschen, dramatische Ereignisse, Sehnsüchte und Blockaden auf, die sich hinter den Symbolen verbergen. Jetzt ist der Astrologe im Leben seines Klienten angekommen, er befindet sich in seiner Welt und kann nun zu seinem Mitstreiter werden, ihm die Augen für Dinge öffnen, die ihm entgangen sind. Er kann ihm vielleicht den tieferen Grund für bestimmte Lebensvorgänge erklären, ihm den Blick für ein besseres Leben öffnen. Er kann sagen: Steig in diesen Zug ein, er wird Dich an Deine Ziele bringen. Ja, die Astrologie ist einfach wunderbar! & WISSEN 25 Astrologie vertiefen Folge 1 Das Denken in Analogien Um die Astrologie zu verstehen, müssen wir ihre Sprache verstehen. Sie ist eine alte symbolische, totemistische Sprache, die aus einer Zeit stammt, in der die Menschen noch ein tieferes Verständnis zur Natur besaßen. In der Astrologie denken wir sozusagen in Analogien, das heißt in Entsprechungen. Ruediger Dahlke sprach in diesem Zusammenhang vom „senkrechten Weltbild“, das im Gegensatz zum „waagrechten Weltbild“ steht, das unserem kausalen, naturwissenschaftlichen Denken entspricht. Grob gesagt, liegen unserem gewohnten kausalem Denken äußerliche Gleichheiten zugrunde, die sich auf einer Ebene befinden. Beispiel: Der Delfin, der Elefant, der Hund, die Katze, das Pferd sind Tiere, die der Gruppe der Säugetiere angehören. Die Astrologie und ihr analoges Denken bahnt sich ihren Weg dagegen senkrecht durch die Natur. Beispiel: Die Farbe Rot, das Eisen, der Krieger, der Trieb, der Wille, die Durchsetzungskraft, das Feuer, die Muskeln, die roten Blutkörperchen, der Eroberer, Schlachthäuser, Schlachtfelder, die Brennnessel, der Magnetstein usw. entsprechen dem Mars-Prinzip. In der Astrologie wenden wir uns von äußeren Zugehörigkeiten ab, um uns inneren zuzuwenden. Äußerlich scheinbar völlig Unterschiedliches, hat hier eine innere Verwandtschaft, eine Analogie, eine Entsprechung. Die Planeten verkörpern eine Art Wesenheit, die sich eben in Dingen, Ereignissen, Situationen, Pflanzen, Tieren und Menschen verwirklichen und auftauchen können. Wer in Analogien denken kann, dem wird die Welt in Symbolen und Bildern begegnen, der wird die inneren Vorgänge und damit die Welt hinter dem Sichtbaren, der kausalen Welt, erblicken. Goethe, selbst ein ausgezeichneter Astrologe, sagte zum Analogieprinzip: „... müssen im Naturbetrachten immer eins wie alles achten: nichts ist drinnen, nichts ist draußen; denn was innen, das ist außen.“ Wer die Astrologie gut beherrschen will, der muss also in Analogien denken lernen. Grundvoraussetzung dafür ist wiederum das Wissen um die verschiedenen Entsprechungen der Symbole und deren Bilder.