Output-Zentrale und Document-Factory Postbearbeitung Neopost: Nikolaus Scholz über die Digitalisierung in der Postbearbeitung Eine Branche im Wandel „Der globale Postmarkt erfährt derzeit eine rapide Wandlung: von einem profitablen und stabilen Markt hin zu einem zunehmend wettbewerbsintensiven mit sinkenden Umsätzen von mindestens 20 Prozent im vergangenen Jahrzehnt“, schrieb die Unternehmensberatung Cap Gemini 2011 auf ihrer Internet-Seite. Wie erlebt Neopost diesen Veränderungsprozess und – vor allem – wie reagiert der in Europa führende und weltweit zweitgrößte Anbieter für Postbearbeitungs- und Logistiklösungen konkret auf die massiven digitalen Herausforderungen? Ein Gespräch mit Nikolaus Scholz, Chief Marketing and Strategy Officer im Neopost-Konzernvorstand. „Neopost konnte gegen den negativen Trend in der Branche seine Marktposition noch verstärken.“ ? Digitales DokumentenManagement, Customer-CommunicationManagement, De-Mail, E-Postbrief und E-Substitutionen … In nur wenigen Branchen hat die Digitalisierung so spät, dafür aber so gewaltig zugeschlagen wie in der Postbranche. Sehen sie das auch so, Herr Scholz? Nikolaus Scholz: Ja. Die Digitalisierung ist in der Postbranche angekommen und nicht mehr aufzuhalten. Warum auch? Jetzt gilt es, die neuen Chancen in diesem hochtechnisierten Umfeld schnell zu erkennen und für Neopost zu nutzen. „Die Digitalisierung ist in der Postbranche angekommen und nicht mehr aufzuhalten.“ 114 | BIT 2–2013 ? Ohne Herausforderung keine Chance. Welchen Herausforderungen muss sich Neopost aktuell stellen? Scholz: Für Neopost und seine Branche bedeutet der digitale Wandel in der Praxis eine Gratwande- rung zwischen altbewährt und experimentell. Wie alle Unternehmen in einem Change-Prozess, stehen wir vor der Aufgabe, die Position im Kerngeschäft zu verteidigen. Gleichzeitig gilt es, sich auf das zunehmend heterogene Wettbewerbsumfeld auszurichten: Gab es bei der konventionellen Postbearbeitung den Poststellenleiter als Ansprechpartner, haben wir es heute bei dem mehr und mehr digitalisierten Dokumenten-Management mit unterschiedlichsten Branchen und abteilungsübergreifenden Prozessen zu tun. ? Und die Tücken des Change-Managements? Scholz: Der Prozess des ChangeManagements ist heikel, weil er so paradox ist: Einerseits sollen Veränderungen konsequent vorangetrieben werden, andererseits muss das Tagesgeschäft stabil bleiben. Noch immer kann Neopost in seinem maschinenlastigen Kerngeschäft ein Wachstum verzeichnen. Hier darf noch lange nicht an Motivation und Vertriebskraft nachgelassen werden. Gleichzeitig ist es unabdingbar, sich parallel mit den digitalen Möglichkeiten der Postverarbeitung vertraut zu machen und in abteilungsübergreifenden Prozessen zu denken. Die Postbranche befindet sich in einem grundsätzlichen Wandel und als europäischer Marktführer gestaltet Neopost diese Entwicklung maßgeblich mit. Bei aller Innovationsfreude dürfen wir nicht vergessen, dass Veränderungen nur Hand in Hand mit den Kunden erfolgreich verlaufen können. Die Digitalisierung der Postbearbeitung bzw. von Geschäftstransaktionen kann nur so schnell vorangetrieben werden, wie der Markt bereit ist mitzugehen. ? Nicht nur die Kunden müssen bereit sein für den Wandel. Unternehmerische Wandlungsprozesse klappen nur mit dem Einverständnis der Belegschaft. Wie haben Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ins Boot geholt? Scholz: Ganz klar, solche massiven Veränderungen müssen von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mitgetragen werden, um nachhaltig erfolgreich implementiert werden zu können. „Die strategische Neuausrichtung muss von den Mitarbeitern als Chance begriffen werden“, betont unser Personalleiter Jörg Sternheimer immer wieder. Eine offene und leistungsorientierte Führungskultur ist dafür ebenso wichtig wie eine klare interne Kommunikation, die Möglichkeit zur Partizipation und die Belohnung von Erfolgen. Unser Personalleiter hat gemeinsam mit einer HR-Unternehmensberatung verschiedene Instrumente erarbeitet, die den gesamten ChangeProzess begleiteten. Die Strategie zeigte Wirkung: Neopost konnte gegen den negativen Trend in der Branche seine Marktposition noch verstärken. Die Bereitschaft der Mitarbeiter, für das Unternehmen die berühmte „Extrameile“ zu gehen, ist signifikant gestiegen. ? Mit welcher Unternehmensstrategie führen Sie Neopost in die Zukunft? Scholz: Consolidate – adapt – create. Wir bauen unsere starke Position in den Kernmärkten, die sich vorwiegend als Verdrängungsmärkte auszeichnen, weiter aus. Darüber hinaus reorganisieren bzw. optimieren wir weitere Bereiche, indem wir sie noch näher an den aktuellen Marktbedürfnissen ausrichten und gleichzeitig neue, wachsende Geschäftsfelder erschließen. ? Das klingt schlüssig: Wer die Kernmärkte im Griff hat, verfügt über eine solide Basis für zukunftsweisende Schritte. Um welche Schritte handelt es sich konkret? Scholz: Pünktlich zum neuen Neopost-Geschäftsjahr im Februar bereichern wir den Markt mit unserem Service zur elektronischen Rechnungsübermittlung: Neopost E-Invoicing. E-Invoicing legte in den letzten drei Jahren ein rasantes Wachstum von 30 Prozent im deutschen B2BSektor vor. Das spiegelt eine sehr hohe Akzeptanz bei den Empfängern wider – vorausgesetzt, die Transaktionen sind absolut sicher. Deshalb vertrauen wir bei unserem Service-Angebot Neopost E-Invoicing auf einen deutschen Server mit höchsten Standards in Datenschutz und Rechtskonformität. Unser zweites neues Pferd im Rennen heißt SendEasy. SendEasy ist ein anbieterunabhängiges Online-Portal für professionelle Versandlösungen. Und auch hier stimmt die Ausgangssituation: Dank des blühenden OnlineHandels wächst der deutsche Paketmarkt stetig und zuverlässig. Bald 2,5 Milliarden Sendungen wurden allein 2011 verschickt, Tendenz steigend. Insbesondere für Unternehmen und E-Commerce-Shops mit kleinen bis mittleren Sendungsaufkommen ist das neue Service-Angebot attraktiv. Sie können nun ebenfalls die Leistungen führender Versanddienstleister zu attraktiven Konditionen nutzen. Unser drittes starkes digitales Standbein haben wir im CCM-Bereich (Customer-CommunicationManagement) gesetzt. Die Nachfrage nach ganzheitlichen CCM-Lösungen nimmt deutlich zu. Entsprechend offensiv hat die Neopost Group im Sommer 2012 reagiert und sich mit der GMC Software Technology einen starken Partner in diesem Bereich ins Boot geholt. Die GMC Inspire Softwaresuite sorgt für eine durchgängig ein- und ausgehende Kundenkommunikation – ungeachtet, welches Medium und welcher Output-Kanal genutzt wird. Und das Output-Management präsentiert unseren vierten digitalen Kompetenzbereich. Damit der Kunde die zunehmende Digitalisierung seiner Dokumentenverarbeitung in eine investitionssichere und kosteneffiziente Richtung lenkt, haben wir hier unser Lösungsangebot erweitert und stellen auf der CeBIT u. a. live das neue OMS500-Software-System vor. ? Was kann man auf der CeBIT von Neopost erwarten? Einen Paradigmenwechsel? Scholz: Wenn Sie so wollen, ja. Wir zeigen auf jeden Fall unsere starke digitale Seite – keine Maschinen zum Anfassen, sondern Software, Lösungen und Prozesse. ? Welche Besucher möchten Sie damit ansprechen? Scholz: Unsere Zielgruppen sind mittlerweile stark erweitert und sehr heterogen. Natürlich machen unsere klassischen Kunden aus der Postlogistik und dem Dokumenten-Management unseren Unternehmenskern aus. Mit Neopost E-Invoicing sprechen wir nun auch ganz konkret die Finanzentscheider oder Buchhaltungen im Unternehmen an, mit der GMC Inspire Softwaresuite die Direct-Marketing-Verantwortlichen und mit dem unabhängigen Versandportal SendEasy stellen wir uns stärker als bisher dem Office-Management von Unternehmen vor. Auf der CeBIT 2013 präsentieren wir uns neu und vielseitig. Ich kann versprechen, dass sich ein Besuch bei uns auf jeden Fall auszahlen wird. Es sei denn, kosteneffizientes Output-Management interessiert die Besucher nicht, bedarfsorientierter Kundendialog ist ebenfalls kein Thema für sie und sie schreiben nie Rechnungen und versenden auch keine Pakete. Aber wenn sie im wirklichen Geschäft sind, dann sollten sie bei uns vorbeischauen. ? Was raten Sie anderen Unternehmen, die sich ebenfalls in einem Veränderungsprozess befinden? Scholz: Hier möchte ich statt meiner einen Experten für Organisations-Management, Prof. Dr. Kruse, zu Wort kommen lassen: „Manager sollten den Markt gut beobachten. Denn wer sein Unternehmen in eine instabile Phase schickt, ist gut beraten, dies auf einer soliden, marktorientierten Grundlage zu tun.“ Und hier, denke ich, hat Neopost seine Hausaufgaben gründlich gemacht und den richtigen Zeitpunkt abgepasst, um seine neuen digitalen Service-Angebote auf den Markt zu bringen. (www.neopost.de) Nikolaus Scholz ist seit dem 1. Februar Chief Marketing and Strategy Officer im Neopost-Konzernvorstand. Zuvor war er Geschäftsführer von Neopost Deutschland und Österreich: „Wie alle Unternehmen in einem ChangeProzess, stehen wir vor der Aufgabe, die Position im Kerngeschäft zu verteidigen. Gleichzeitig gilt es, sich auf das zunehmend heterogene Wettbewerbsumfeld auszurichten.“ „E-Invoicing legte in den letzten drei Jahren ein rasantes Wachstum von 30 Prozent im deutschen B2BSektor vor.“ BIT 2–2013 | 115