Ethisches Argumentarium Ethik-Zentrum der Universität Zürich Zollikerstrasse 117 8008 Zürich Geschäftsführung: Prof. Dr. Peter Schaber Verfasser: Philipp Balzer Erstellt im Auftrag von Gesundheitsförderung Schweiz Inhalt 0 Einleitung 1 Argumentarium 1. 1 Synopse 1. 2 Information und Wohlergehen 1. 3 Medikalisierung und Healthism 1. 4 Autonomie und ungesunde Lebensgewohnheiten 1. 5 Selber schuld? 1. 6 Gesundheitsungleichheit und Gerechtigkeit 2 Standards der ethische Beurteilung von GF-Projekten 2. 1 Prinzipien der Bioethik 2. 2 Schadensvermeidung 2. 3 Wohltätigkeit 2. 4 Respekt vor der Autonomie 2. 5 Gerechtigkeit 3 Kleines Glossar 4 Bibliographie 5 Anhang: Fragenkatalog zur ethischen Beurteilung von GF-Projekten Seite 1 von 28 28.2.2004 0 Einleitung Nach Artikel 19 des Krankenversicherungsgesetzes von 1994 sind Versicherer und Kantone zur Gesundheitsförderung, und das heisst der „Ottawa-Charta“ zufolge zu Massnahmen und Projekten verpflichtet, die ihren Zielgruppen „ein höheres Mass an Selbstbestimmung über ihre Gesundheit ermöglichen und sie dadurch zur Stärkung ihrer Gesundheit befähigen“ sollen. Obwohl man meinen könnte, dass dieses Anliegen eigentlich über jeden ethischen Verdacht erhaben sein müsste, sind in der internationalen biound medizinethischen Diskussion der letzten Jahre vermehrt ethische Einwände erhoben worden, die sich weniger gegen einzelne Massnahmen oder Projekte der öffentlichen Gesundheitsförderung – im folgenden: GF – als vielmehr gegen ihre Praxis als solche richten. Im ersten Teil des vorliegenden Argumentariums werden diese Einwände in übersichtlicher Form rekonstruiert und einer kritischen Analyse unterzogen. Dabei wird sich zeigen, dass keinem dieser Einwände ein stichhaltiges Argument zugrunde liegt. Daran anschliessend werden im zweiten Teil im Ausgang von zentralen bioethischen Prinzipien Vorschläge zu den Standards und Kriterien gemacht, die bei der ethischen Beurteilung einzelner Projekte der GF zum Tragen kommen sollten. Seite 2 von 28 28.2.2004 1 Argumentarium 1.1 Synopsis Information und Wohlergehen Einwand: Indem die GF über die gesundheitliche Risiken von weitverbreiteten Aktivitäten und Lebensgewohnheiten informiert, verunsichert sie manche Menschen und erschüttert ihr Vertrauen in die Robustheit der eigenen Gesundheit, was mit einer ethisch inakzeptablen Beeinträchtigung ihres Wohlergehens einhergeht. Replik: Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die fraglichen Informationen manche Menschen verunsichern und ihr Wohlergehen beeinrächtigen. Dennoch ist die Verbreitung solcher Informationen solange ethisch legitim, als es sich bei diesen Beeinträchtigungen nur um unbeabsichtigte Nebenfolgen handelt, deren Inkaufnahme mit dem erwarteten Nutzen der betreffenden Informationen gerechtfertigt werden kann. Medikalisierung und Healthism Einwand: Indem die GF die Medikalisierung unseres Lebens befördert, und das heisst, indem sie dafür sorgt, dass Fragen der eigenen Gesundheit für immer mehr Menschen zu einem wichtigen Thema werden, verbreitet und bestärkt sie unweigerlich die fragwürdige Ideologie des Healthism, wonach Gesundheit das wichtigste Ziel oder der dominante Wert eines guten Leben sei. Öffentliche Institutionen sollten jedoch nicht zur Verbreitung und Bestätigung fragwürdiger Ideologien beitragen. Seite 3 von 28 Replik: Dass etwas ein wichtiges Thema im Leben von Menschen ist, heisst ganz allgemein nicht, dass sie darin das oberste Ziel oder den dominanten Wert eines guten Leben sehen. Daraus, dass Gesundheitsfragen als Folge der Praxis der GF im Leben von mehr Menschen zu einem wichtigen Thema werden, kann man also nicht einfach ableiten, dass diese Menschen als Folge der Praxis der GF die Auffassung des Healthism übernehmen. Dies müsste vielmehr durch eine empirische Untersuchung nachgewiesen werden. 28.2.2004 Autonomie und ungesunde Lebensgewohnheiten Einwand: Die öffentliche GF trägt zur Schaffung eines gesellschaftlichen Klimas bei, in dem es vielen Personen schwer fällt, Lebenspläne zu entwickeln und zu verfolgen, in denen Gesundheit keine wichtige Rolle spielt. Dadurch schränkt die GF jedoch die Autonomie von Personen ein, was ethisch problematisch ist. Replik: Ob und, wenn ja, bis zu welchem Grad die GF zur Schaffung eines solchen Klimas beiträgt, müsste zuerst untersucht werden. Und selbst wenn es so wäre, dass die GF es manchen erschwert, Lebenspläne zu entwickeln und zu verfolgen, in denen Gesundkeit kein wichtiger Wert ist, würde dies nicht bedeuten, dass sie die Autonomie dieser Personen einschränkt. Denn von einer Autonomieeinschränkung sprechen wir normalerweise erst dort, wo Personen an der Entwicklung und Verfolgung eigener Lebenspläne gehindert werden. Selber schuld? Einwand: Die GF verbreitet und bestärkt die Vorstellung, dass Menschen ihre ungesunden Aktivitäten und Gewohnheiten aufgeben können und somit wenigstens in einigen Fällen für ihre Erkrankungen persönlich verantwortlich sind („selber schuld!“). Diese Vorstellung ist jedoch falsch und überdies ethisch bedenklich, weil die Opfer von Krankheiten dabei gleichsam zu Tätern gemacht werden. Denn nicht nur der Gesundheitszustand, sondern auch das Verhalten von Menschen muss durch soziale, genetische und psychologische Fak-toren erklärt werden, über die sie keine Kontrolle haben. Seite 4 von 28 Replik: Die Vorstellung, dass Menschen ihre ungesunden Aktivitäten und Gewohnheit aufgeben können und in einigen Fällen selber schuld sind, wenn sie erkranken, ist nicht falsch oder zumindest nicht ungerechtfertigt. Daraus, dass unser Verhalten durch genetische, soziale oder psychologische Faktoren erklärt werden muss, folgt jedenfalls nicht, dass wir unser Verhalten im allgemeinen nicht ändern können. Darüber hinaus ist nicht zu sehen, warum man in Fällen, in denen Personen nicht erkrankt wären, wenn sie auf ein bewusst in Kauf genommenes Risikoverhalten verzichtet hätten, nicht genauso von selbstverschuldeten Krankheiten sprechen kann, wie wir von selbstverschuldeten Unfällen sprechen. 28.2.2004 Gesundheitsungleichheit und Gerechtigkeit Einwand: Die Projekte und Programme der GF führen bei der Mittel- und Oberschicht der Tendenz nach zu besseren Ergebnissen als bei den sozioökonomisch benachteiligten Gruppen. Das läuft aber darauf hinaus, dass die GF die bereits bestehenden Ungleichheiten in der Gesundheit unterschiedlicher sozio-ökonomischer Gruppen vergrössert. Und das ist ungerecht. Seite 5 von 28 Replik: So einfach ist die Sache nicht. Ungerecht wäre es, wenn die GF den fraglichen Unterschied vergrössern würde, indem sie die Armen kränker und die Reichen gesünder machte. Aber das kann man der GF nicht vorwerfen. Infolge der Projekte der GF vergrössert sich die fragliche Ungleichheit, wenn überhaupt, vielmehr deshalb, weil die Reichen (unter anderem aufgrund ihrer grösseren Bildungsressourcen) tendenziell einen grösseren Vorteil daraus ziehen als die Armen. Und diese Vergrösserung der fraglichen Ungleichheit ist deshalb nicht ungerecht, weil bei einem Verzicht auf diese Projekte nicht nur die Reichen, sondern auch die Armen schlechter gestellt würden, und es völlig unplausibel wäre zu behaupten, die Gerechtigkeit würde die Verweigerung von Vorteilen verlangen, wenn dadurch alle schlechter gestellt werden (oder niemand etwas davon hat). 28.2.2004 1. 2 Information und Wohlbefinden Einwand Indem die GF über die gesundheitlichen Risiken weitverbreiteter Aktivitäten, Gewohnheiten und Lebensstile informiert, verunsichert sie manche Menschen und erschüttert ihr Vertrauen in die Robustheit der eigenen Gesundheit, was mit einer Beeinträchtigung ihres Wohlergehens einhergeht. Es ist jedoch ethisch inakzeptabel, das Wohlergehen von Menschen zu beeinträchtigen (Tountas et al 1994; Verweij 1998: 83ff; 1999). Das Argument, das diesem Einwand zugrunde liegt, kann wie folgt dargelegt werden: P1 Die GF informiert über die gesundheitlichen Risiken von weitverbreiteten Aktivitäten, Gewohnheiten und Lebensstilen. P2 Wenn die GF solche Informationen verbreitet, verunsichert sie nicht nur manche Menschen, sondern erschüttert auch ihr Vertrauen in die Robustheit der eigenen Gesundheit. P3 Wenn die GF bei manchen Menschen das Vertrauen in die Robustheit ihrer eigenen Gesundheit erschüttert, dann beeinträchtigt sie deren Wohlergehen. Folglich (so der Einwand): Die GF beeinträchtigt das Wohlergehen mancher Menschen. Jedoch: P4 Es ist solange ethisch inakzeptabel, das Wohlergehen von Menschen zu beeinträchtigen, als dafür keine ausreichenden Gründe bestehen. Folglich (so der Einwand): Die (Praxis der) GF ist ethisch inakzeptabel. Replik Die Prämissen P1 und P4 dieses Arguments sind unproblematisch, und zugunsten von Prämisse P3 spricht die Überlegung, dass ein gewisses Mass an „subjektiver Gesundheit“ sicher eine wichtige Voraussetzung unseres Wohlergehens darstellt. Ob und, wenn ja, inwieweit die Prämisse P2 zutrifft, ist eine empirische Frage, die durch sozialwissenschaftliche Untersuchungen beantwortet werden müsste. Das Argument scheitert aber in jedem Fall daran, dass die intendierte Konklusion – nämlich die Behauptung, die GF sei ethisch inakzeptabel – nicht aus den Prämissen P1 bis P4 – gefolgert werden kann. Würde man diese Folgerung nämlich als schlüssig erach- Seite 6 von 28 28.2.2004 ten, müsste man konsequenterweise zum Beispiel auch die Bekanntgabe von ansteigenden Arbeitslosenzahlen durch das Staatsekretariat für Wirtschaft (SECO) für ethisch problematisch halten. Denn auch diese Information verunsichert manche Menschen und beeinträchtigt ihr Wohlergehen, indem sie ihr Vertrauen in die Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes oder in ihre Zukunft auf dem Arbeitsmarkt erschüttert. Nichtsdestoweniger wäre es unplausibel zu behaupten, dass dem SECO deswegen ethische Vorwürfe gemacht werden können. Dass wir die Veröffentlichung von Arbeitslosenstatistiken ungeachtet der Tatsache, dass das Wohlergehen mancher Menschen dadurch beeinträchtigt werden mag, als ethisch legitim ansehen, hängt damit zusammen, dass zwei Bedingungen erfüllt sind: Erstens verfolgt das SECO damit ganz offensichtlich nicht das Ziel oder den Plan, das Wohlergehen von Menschen zu beeinträchtigen. Wenn es trotzdem zu solchen Beeinträchtigungen kommt, dann handelt es sich dabei also um eine unbeabsichtigte Folge einer Handlung, die einem gänzlichen anderen Ziel dient. Zweitens kann die (durchaus absichtliche) Inkaufnahme dieser Nebenfolge mit dem erwarteten Nutzen gerechtfertigt werden, der mit der Veröffentlichung der betreffenden Informationen verbunden ist. Genau diese beiden Bedingungen werden jedoch auch von den in Frage stehenden Informationen der GF erfüllt. Auch die GF zielt mit ihren Informationen über die Gesundheitsrisiken weitverbreiteter Aktivitäten und Gewohnheiten sicher nicht darauf ab, Menschen zu verunsichern und ihr Wohlergehen zu beeinträchtigen. Und auch in ihrem Fall kann die Inkaufnahme von Verunsicherungen und Beeinträchtigungen der subjektiven Gesundheit von manchen Menschen, mit dem erwarteten Nutzen dieser Informationen – nämlich die Schaffung von Gesundheitsvorteilen für die Bevölkerung – gerechtfertigt werden. 1. 3 Medikalisierung und Healthism Einwand Die GF führt zu einer Medikalisierung (medicalisation) unseres Lebens, und das heisst, sie führt dazu, dass Fragen, die die eigene Gesundheit betreffen, für immer mehr Menschen zu einem wichtigen Thema werden. Dadurch trägt die GF aber unvermeidlich zur Verbreitung und Bestätigung der fragwürdigen Ideologie des Healthism bei, wonach die Gesundheit das wichtigste Ziel oder der dominante Wert eines guten Leben sei. Und es ist ethisch problematisch, wenn öffentliche Institutionen zur Verbreitung fragwürdiger Ideologien beitragen (Tountas et al. 1994: 845; Verweij 1998: 73ff). Im Kern besteht dieser Einwand demnach aus folgendem Argument: Seite 7 von 28 28.2.2004 P1 Die Praxis der GF führt dazu, dass Gesundheitsfragen im Leben vieler Menschen zu einem wichtigen oder sogar dominanten Thema werden. P2 Wenn die Praxis der GF dazu führt, dass Gesundheitsfragen im Leben vieler Menschen zu einem wichtigen oder dominanten Thema werden, dann trägt die GF zur Verbreitung und Bestärkung der Auffassung des Healthism bei, wonach die Gesundheit das oberste Ziel oder der dominante Wert eines guten menschlichen Lebens sei. P3 Die Auffassung des Healthism ist eine fragwürdige Ideologie. Folglich (so der Einwand): Die Gesundheitsförderung trägt zur Verbreitung und Bestätigung einer fragwürdigen Ideologie bei. Jedoch: P4 Es ist ethisch inakzeptabel, wenn öffentliche Institution oder Einrichtungen wie die GF zur Verbreitung und Bestärkung fragwürdiger Ideologien beitragen. Folglich (so der Einwand): Die (Praxis der) GF ist ethisch inakzeptabel. Replik Bei Prämisse P1 handelt es sich um eine empirische Prämisse, deren Wahrheitsgehalt von der Medizin und den Sozialwissenschaften beurteilt werden müsste. Die Prämisse P3 hat einiges für sich. Denn insoweit Menschen mit schlechter Gesundheit ein besseres Leben (im weiteren Sinn des Wortes) haben können als Menschen mit guter Gesundheit, ist schwer zu sehen, warum die eigene Gesundheit das wichtigste Ziel oder der dominante Wert eines guten Lebens sein sollte. Darüber hinaus ist auch die Prämisse P4 zumindest nicht offensichtlich fragwürdig. Zweifelhaft ist jedoch die Prämisse P2. Man beachte, dass daraus, dass etwas ein wichtiges oder dominantes Thema im Leben einer Person ist, ganz allgemein nicht gefolgert werden kann, dass die Person glaubt, es würde sich dabei auch um das wichtigste Ziel oder den dominanten Wert eines guten Lebens handeln. So lässt zum Beispiel die Tatsache, dass Philosophie im Leben von Philosophen ein wichtiges oder dominantes Thema ist, nicht den Schluss zu, dass Philosophen in der Philosophie das oberste Ziel eines guten menschlichen Lebens sehen (auch wenn einige Philosophen dies tatsächlich tun). Und ebensowenig können wir daraus, dass die Gesundheit ein wichtiges Thema im Leben eines Menschen ist, einfach folgern, dass er in der Gesundheit den dominanten Wert eines guten Lebens sieht. Das heisst: P2 ist falsch, Seite 8 von 28 28.2.2004 weil die Annahme, dass die eigene Gesundheit als Folge der Aktivitäten der GF für immer mehr Menschen zu einem wichtigen Thema wird, kein hinreichender Grund für die Behauptung ist, dass als Folge der Aktivitäten der GF immer mehr Menschen glauben, die Gesundheit sei der wichtigste Wert eines guten Lebens. Die Behauptung, die GF würde die Ideologie des Healthism verbreiten und bestärken, müsste also auf anderem Weg, und näherhin im Rahmen einer empirischen Untersuchung gerechtfertigt werden. Und solange eine solche Untersuchung nicht vorliegt, besteht kein ausreichender Grund diese Behauptung zu akzeptieren. 1. 4 Autonomie und ungesunde Lebensgewohnheiten Einwand Die GF trägt zur Schaffung eines gesellschaftlichen Klimas bei, das es vielen Personen erschwert, Lebenspläne zu entwickeln und zu verfolgen, in denen Gesundheit kein wichtiger Wert ist. Dadurch schränkt die GF jedoch die Autonomie von Personen ein, was ethisch problematisch ist (Verweji 1998: 90ff). Das Argument ist demnach folgendes: P1 Die GF trägt zur Schaffung sozialer Umständen bei, die es vielen Personen erschweren, Lebenspläne zu entwickeln und zu verfolgen, in denen Gesundheit kein wichtiger Wert ist. P2 Wenn die GF zur Schaffung solcher Umstände beiträgt, dann schränkt sie die Autonomie von Personen ein. Folglich (so der Einwand): Die GF schränkt die Autonomie von Personen ein (oder trägt zumindest zu ihrer Einschränkung bei). Zudem: P3 Es ist ethisch problematisch, wenn öffentliche Einrichtungen (ohne guten Gründe) die Autonomie von Personen einschränken (oder dazu beizutragen). Folglich (so der Einwand): Die (Praxis der) GF ist ethisch problematisch. Seite 9 von 28 28.2.2004 Replik Die Prämisse P3 ist in liberalen Gesellschaften einigermassen unkontrovers. Die Prämisse P2 wird von den Verfechtern dieses Arguments im wesentlichen mit dem Hinweis begründet, dass Personen, die ihrer eigenen Gesundheit keine grosse Bedeutung beimessen, als Folge der Praxis der GF unter zunehmenden Rechtfertigungsdruck geraten (Verweij 1998: 96). Ob das zutrifft, kann hier dahingestellt bleiben. Denn auch wenn P2 mehr wäre als eine blosse Spekulation, scheitert das Argument in jedem Fall an der Falschheit der Prämisse P3. Eine Person kann dann und insoweit als autonom angesehen werden, als sie in der Lage ist, aus einer Menge an Optionen diejenige zu wählen, für die aus der Sicht ihres eigenen Lebensplanes oder ihrer Werte und Wünsche gute Gründe sprechen (Pauer-Studer 2000). Dementsprechend wird unsere Autonomie nicht nur dann eingeschränkt, wenn die Menge ihrer Optionen durch Zwang, Drohung oder Täuschung verringert wird, sondern auch dann, wenn Personen daran gehindert werden, eigene Lebenspläne zu entwickeln. Dass soziale Umstände bestehen oder geschaffen werden, die die Entwicklung und Verfolgung bestimmter Lebenspläne bloss erschweren, ist dagegen noch kein ausreichender Grund, von einer Einschränkung der Autonomie von Personen zu sprechen. Zum Beispiel ist es in Gesellschaften wie der unseren eher schwierig, Lebenspläne zu entwickeln und zu verfolgen, in denen finanzieller Erfolg, Konsum und Spass keine oder nur eine sehr geringe Rolle spielen. Wer mit 25 in ein Kloster eintritt, wird von seiner Familie und seinem Freundeskreis vermutlich einem höheren Rechtfertigungsdruck ausgesetzt und muss sich eher mit der Aussenseiterrolle abfinden als jemand, der im gleichen Alter eine Karriere als DJ oder Banker anstrebt. Nichtsdestoweniger wäre es einigermassen weit hergeholt, zu behaupten, die sozialen Umstände, die die Entwicklung und Verfolgung des Lebensplans einer Nonne oder eines Mönch erschweren, würden die Autonomie von Personen einschränken. Auch wenn es zutreffen würde, dass die GF zur Schaffung sozialer Umstände beiträgt, die es vielen Menschen erschweren, ein Leben zu führen, in dem Gesundheit kein wichtiger Wert ist, wäre dies also noch kein ausreichender Grund zu sagen, sie würde zu Einschränkung der Autonomie dieser Personen beitragen. 1. 5 Selber schuld? Einwand Die GF verbreitet und bestärkt die Vorstellung, dass Menschen dazu imstande sind, ihre ungesunden Aktivitäten und Gewohnheiten aufzugeben, und für ihre Krankheiten daher wenigstens in einigen Fällen persönlich verantwortlich sind. Diese Vorstellung ist jedoch nicht nur falsch, sondern insoweit auch ethisch bedenklich, als die Opfer von Krankheiten Seite 10 von 28 28.2.2004 dabei gleichsam zu Tätern gemacht werden. Denn nicht nur der Gesundheitszustand, sondern auch das Verhalten von Menschen muss mit sozialen, genetischen und psychologischen Faktoren erklärt werden, über die sie als Einzelne keine Kontrolle haben. Öffentliche Institutionen sollte jedoch nicht zur Verbreitung und Bestätigung falscher und ethisch bedenklicher Vorstellungen beitragen (Crawford 1977; Wikler 1987; Dougherty 1993; Caplan 1994; McLeroy et al. 1993, Verweij 1998: 89). Das Argument ist demnach folgendes: P1 Die GF verbreitet und unterstützt die Vorstellung, dass Menschen ihre ungesunden Aktivitäten und Gewohnheiten aufgeben können und dementsprechend zumindest in einigen Fällen selber schuld sind, wenn sie krank werden. P2 Diese Vorstellung ist falsch, weil nicht nur der Gesundheitszustand, sondern auch das Verhalten von Menschen durch soziale, genetische, psychologische und andere Faktoren erklärt werden muss, über die sie als Einzelne keine Kontrolle haben. Folglich (so der Einwand): Die GF verbreitet und unterstützt eine falsche Vorstellung (die überdies ethisch zweifelhaft ist, weil die Opfer von Krankheiten sozusagen zu Tätern gemacht werden). Jedoch: P3 Es ist ethisch inakzeptabel, wenn öffentliche Institutionen und Einrichtungen falsche (und noch dazu ethisch zweifelhafte) Vorstellungen verbreiten und unterstützen. Folglich (so der Einwand): Die (Praxis der) GF ist ethisch inakzeptabel. Replik Der Haken dieses Einwandes liegt bei Prämisse P2. Denn daraus, dass das menschliche Verhalten durch soziale, genetische oder psychologische Faktoren erklärt werden muss, die sich der Kontrolle des Einzelnen entziehen, folgt mitnichten, dass wir ausserstande seien, uns anders zu verhalten, als wir uns tatsächlich verhalten. Man halte sich für einen Moment den einfachen Fall eines schweren Rauchers vor Augen, der sich gerade eine Zigarette anzündet. Sicher können wir diese Handlung wenigstens zum Teil mit seinem mehr oder weniger starken Verlangen nach einer Zigarette erklären. Heisst das aber, dass er ausserstande ist, nicht zu rauchen? Das wäre dann der Fall, wenn sein Verlangen Seite 11 von 28 28.2.2004 buchstäblich unwiderstehlich wäre. Aber diese Annahme ist ziemlich unwahrscheinlich. Denn hätte man dem Raucher glaubhaft gedroht, ihn zu erschiessen, falls er sich noch einmal eine Zigarette anzündet, würde er sehr wahrscheinlich nicht rauchen. Und das ist ein guter Grund zur Annahme, dass er ungeachtet der Tatsache, dass sein Verhalten durch Faktoren erklärt werden muss, über die er keine Kontrolle hat (seine Sucht und sein Verlangen nach Nikotin), imstande ist, nicht zu rauchen (auch wenn es ihm unter Umständen sehr schwer fallen würde). Zumindest vor dem Hintergrund unserer alltäglichen Erfahrung spricht einiges gegen die Behauptung, dass Personen ihr Verhalten deswegen nicht ändern können, weil es durch soziale, genetische und psychologische Faktoren erklärt werden muss. Das bedeutet freilich keineswegs, dass Personen für ihren Gesundheitszustand in jedem Fall persönlich verantwortlich sind. Denn im Unterschied zu ungesunden Gewohnheiten und Lebensweisen wie Rauchen, übermässigem Essen und mangelnder Bewegung sind Krankheiten für die Betroffenen häufig unvermeidlich, und es ist ganz allgemein unfair, eine Person für einen (für sie) unvermeidlichen Sachverhalt persönlich verantwortlich zu halten. Nichtsdestoweniger gibt es Fälle (wie zum Beispiel gewisse Fälle von AIDS), in denen eine Krankheit von einem vermeidbaren und aus freien Stücken in Kauf genommenen Risikoverhalten (wie zum Beispiel ungeschützer Geschlechtsverkehr) der betroffenen Person kontrafaktisch abhängt, und das heisst Fälle, in denen man mit guten Gründen sagen kann, dass die Person nicht erkrankt wäre, wenn sie von diesem Risikoverhalten Abstand genommen oder gar nicht erst damit angefangen hätte. Und auch wenn Fälle dieser Art gewiss eher die Ausnahme bilden, ist unter diesen Umständen schwer zu sehen, warum ethisch bedenklich sein sollte, zu sagen, dass die fragliche Person ihre Krankheit selber verschuldet hat. Auch wenn die Prämisse P1 zutreffen würde, könnte man der GF also nicht vorwerfen, falsch und ethisch bedenkliche Vorstellungen in die Welt zu setzen. 1. 6 Gesundheitsungleichheit und Gerechtigkeit Einwand Obwohl die öffentliche GF die Gesundheit der ganzen Bevölkerung verbessern möchte, erzielen ihre Projekte und Programme bei der Ober- und Mittelschicht der Tendenz nach die besseren Ergebnisse als in der Unterschicht. Das läuft aber darauf hinaus, dass die GF die bereits bestehenden Ungleichheiten in der Gesundheit unterschiedlicher sozioökonomischer Gruppen vergrössert. Und das ist ungerecht (Simons 1978; Tountas et al. 1994; Verweij 1998: 50ff). Seite 12 von 28 28.2.2004 Die wesentlichen Prämissen dieses Einwandes sind: P1 Die GF vergrössert die Ungleichheit in der Gesundheit von Menschen oder trägt dazu bei. P2 Es ist ungerecht, die Ungleichheiten in der Gesundheit von Menschen zu vergrössern oder dazu beizutragen. Und aus diesen Prämissen folgt: Die (Praxis der) GF ist ungerecht (und insoweit ethisch bedenklich). Replik Ob die Prämisse P1 zutrifft, kann dahin gestellt bleiben, da die Prämisse P2 zumindest in dieser Form sicher falsch ist. Man bedenke die folgenden beiden Zustände, wobei die rechteckigen Flächen die ungleiche durchschnittliche Gesundheit der beiden sozioökonomischen Gruppen darstellen: Zustand 1: Arme Reiche Arme Reiche Zustand 2: Nehmen wir an, wir befänden uns in Zustand 1 und wüssten, dass wir durch gesundheitsförderliche Massnahmen den Zustand 2 herbeiführen könnten. Das heisst, wir nehmen Seite 13 von 28 28.2.2004 an, wir wüssten, dass diese Massnahme die Gesundheit beider Gruppen zwar verbessern, aber den Reichen einen grösseren Vorteil bringen und die bereits in Zustand 1 bestehende Ungleichheit in der Gesundheit der beiden Gruppen somit vergrössern würde. Wer die Prämisse P2 akzeptiert, legt sich auf die Behauptung fest, dass diese Massnahme ungerecht wäre, und dies obwohl auch die Armen in Zustand 2 gesundheitlich besser dastehen als in Zustand 1. Mit anderen Worten: Wer die Prämisse P2 akzeptiert, muss behaupten, dass die Gerechtigkeit die Verweigerung von Vorteilen fordern kann, obwohl niemand von dieser Verweigerung profitiert und alle sogar schlechter gestellt werden. Doch das ist ziemlich unplausibel. Die Prämisse P2 des oben stehenden Arguments muss daher zurückgewiesen werden. Seite 14 von 28 28.2.2004 2 Standards der ethischen Beurteilung von Projekten der GF Im voranstehenden Argumentarium wurde dargelegt, dass und warum die ethischen Einwände, die gegen die Praxis einer öffentlichen GF als solche vorgebracht werden, einer kritischen Analyse nicht standhalten. Dieser Befund schliesst jedoch keineswegs aus, dass einzelne Projekte, Programme oder Interventionen der GF aus dem einen oder anderen Grund dennoch ethisch problematisch sein können. Es stellt sich daher die Frage, welchen ethischen Anforderungen die Projekte genügen müssen und unter welchen Gesichtspunkten ihre ethische Beurteilung erfolgen kann. 2. 1 Prinzipien der Bio- und Medizinethik Nach dem klassischen Vorschlag von Tom Beauchamp und James Childres (1994) sind bei der ethischen Beurteilung medizinischen Handelns (im weiteren Sinnd) vier Prinzipien massgebend: Das Prinzip der Schadensvermeidung, demzufolge eine ethische Verpflichtung besteht, andere nicht zu schädigen; das Prinzip der Wohltätigkeit (beneficience), demzufolge eine ethische Verpflichtung besteht, das Wohl anderer zu befördern; das Prinzip des Respekts vor der Autonomie, demzufolge eine ethische Verpflichtung besteht, das Recht von Personen auf Selbstbestimmung zumindest solange zu respektieren als seine Inanspruchnahme mit ähnlichen Rechten anderer vereinbar ist, sowie das Prinzip der Gerechtigkeit, demzufolge eine ethische Verpflichtung besteht, Güter oder Ressourcen gerecht zu verteilen. Es ist wichtig zu sehen, dass es sich bei den ethischen Verpflichtungen, die durch diese Prinzipien geltend gemacht werden, nicht um absolute, sondern um sogenannte prima facie-Verpflichtungen, und das heisst um Verpflichtungen, die solange Bestand haben, als nicht durch gewichtigere ethische Verpflichtungen übertrumpft werden. Dass zum Beispiel eine Handlungsweise nach dem Prinzip des Respekts vor der Autonomie prima facie ethisch unzulässig ist (wie etwa Täuschungen), schliesst also nicht aus, dass es Umstände geben mag, in denen genau eine solche Handlung ethisch zulässig oder sogar geboten ist, was etwa dann der Fall wäre, wenn wir das Leben einer Person nur dadurch retten können, dass wir jemand andern hinters Licht führen. Seite 15 von 28 28.2.2004 Es dürfte auf der Hand liegen, dass die vier Prinzipien nicht einfach aus der Luft gegriffen sind. Die Prinzipien der Schadensvermeidung (primum non nocere) und Fürsorge sind vielmehr aufs engste mit den Zielen der Medizin verbunden (Krankheiten zu heilen und Leiden zu vermindern) und kommen nicht von ungefähr bereits im hippokratischen Eid zum Ausdruck. Im Unterschied dazu spielen das Prinzip der Gerechtigkeit und vor allem dasjenige des Respekts vor der Autonomie im traditionellen medizinischen Ethos zwar eine geringere Rolle, doch können auch diese beiden Prinzipien insoweit eine hohe Plausibilität beanspruchen, als sie unsere wohlerwogenen ethischen Intuitionen in einer Vielzahl von Einzelfällen rechtfertigen können. Im übrigen setzen die vier Prinzipien keine besondere philosophische Theorie des ethisch Richtigen voraus und sind daher auch für diejenigen akzeptabel, die im notorischen Streit zwischen den Anhängern Kants und des Utilitarismus lieber neutral bleiben möchten. Nichtsdestoweniger sind diese Prinzipien viel zu allgemein, als dass sie bereits eine ethische Beurteilung von GF-Projekten erlauben. Ihr Gehalt muss dazu vielmehr durch konkretere und detailliertere ethischen Kriterien und Regeln spezifiziert werden. Zum anderen stehen die Prinzipien in keiner klaren Hierarchie und können dementsprechend im Einzelfall zu konfligierenden Forderungen führen. 2. 2 Schadensvermeidung Aus dem Prinzip der Schadensvermeidung lässt sich ableiten, dass ein Projekt oder eine Massnahme der GF nur dann prima facie ethisch zulässig ist, wenn dadurch niemand geschädigt wird, wobei man unter einem Schaden eine Verletzung von Interessen verstehen kann, die für das Wohlergehen von Personen eine grundlegende Rolle spielen. Dabei ist nicht nur an Schäden im engeren Sinn wie Tod, Verletzungen, Lähmungen, Behinderung, Schmerzen, gravierende psychische Leiden, Ängste, Stress Seite 16 von 28 28.2.2004 und andere Phänomene zu denken, die das körperliche und psychische Wohlergehen von Personen stark beeinträchtigen, sondern auch an Schäden im weiteren Sinn, wie zum Beispiel Stigmatisierung, finanzielle Verluste, Rufschädigung und andere Verletzungen basaler Interessen von Personen. Blosse Unannehmlichkeiten, Ärgernisse, Kränkungen und ähnliche mehr oder weniger oberflächliche Störungen des Wohlbefindens von Personen fallen demgegenüber nicht unter den Schadensbegriff und dementsprechend auch nicht unter das Prinzip der Schadensvermeidung. Müsste also zum Beispiel damit gerechnet werden, dass sich einzelne Übergewichtige wegen einer provokativen Werbekampagne für gesunde Ernährung und mehr Bewegung gekränkt fühlen oder sich darüber aufregen werden, so würde das Prinzip der Schadensvermeidung keinen Grund liefern, die betreffende Kampagne als prima facie ethisch unzulässig einzustufen. 2. 3 Wohltätigkeit Im Unterschied zum Prinzip der Schadensvermeidung fordert das Prinzip der Wohltätigkeit von der GF nicht nur die Unterlassung von schädigenden Massnahmen, sondern darüber hinaus die Schaffung von Gesundheitsvorteilen, wozu unter anderem die Vermeidung von von frühzeitigem Tod, Krankheiten oder Krankheitsrisiken, Unfälle oder Unfallrisiken sowie die Steigerung des Wohlbefindens, der Gesundheitskompetenz, der Selbstkontrolle und der Lebensqualität Seite 17 von 28 28.2.2004 von Personen gehört. Da die Schaffung von Vorteilen jedoch ganz allgemein stets mit Risiken und Gefahren verbunden ist, muss das Prinzip der Wohltätigkeit durch ein Nutzenprinzip ergänzt werden, demzufolge die erwarteten Vor- und Nachteile von Massnahmen und Projekten gegeneinander abzuwägen sind. Auch gesundheitsförderliche Projekte, die mit Risiken, und das heisst, wahrscheinlichen Schäden verbunden und somit prima facie ethisch unzulässig sind, können also durchaus ethische Legitimität beanspruchen, wenn ihre Gesamtnutzenbilanz positiv ausfällt. Ein Beispiel hierfür wären die aggressiven Kampagnen gegen den Tabakkonsum in den USA, bei denen man es in Kauf genommen oder sogar darauf hingearbeitet hat, das Wohlergehen von Rauchern durch ein erhebliches Mass an Stress und Stigmatisierung zu beeinträchtigen (Callahan 1998: 192). Nichtsdestoweniger können diese Interventionen angesichts ihrer erwarteten (und tatsächlichen) Erfolge als ethisch gerechtfertigt angesehen werden 2. 4 Respekt vor der Autonomie Respekt vor der Autonomie meint Respekt vor dem ethischen Recht von Personen, ihr Leben selber zu bestimmen und aus einer Menge von Optionen diejenigen zu wählen, die mit ihren Wünschen, Werten oder Lebensplänen im Einklang stehen. Das Prinzip des Respekts vor der Autonomie, das in der Medizinethik auch durch die ethische Regel der informierten Zustimmung spezifiziert wird, läuft dementsprechend darauf hinaus, dass eine ethische prima facie-Verpflicht besteht, Personen zumindest solange nicht an autonomen Wahlentscheidungen zu hindern oder diese zu durchkreuzen, als sie anderen keinen Schaden zufügen. Im Hinblick auf die GF stützt dieses Prinzip die Annahme, dass Interventionen der Gesundheitsförderung dann ethisch prima facie unzulässig sind, wenn die Menge frei wählbarer Optionen von Personen durch Zwang, Drohung, Einschüchterung, Täuschung, oder durch falsche, einseitige oder unverständliche Informationen eingeschränkt wird. Ausserdem lässt sich aus dem Prinzip des Respekts vor der Autonomie die Forderungen ableiten, dass auch bei Projekten der GF die Privatsphäre von Personen zu achten und persönliche Informationen vertraulich zu behandeln sind. Auch die ethischen Forderungen, die sich aus dem Prinzip des Respekts vor der Autonomie herleiten lassen, müssen im Einzelfall gegen konfligierende Forderungen aus den Seite 18 von 28 28.2.2004 anderen Prinzipien abgewogen werden. So kann unter Umständen etwa auch die Verbreitung „eingefärbter“ Informationen ethisch zulässig sein, wenn der erwartete Nutzen hinreichend gross ist. Das würde zum Beispiel dann gelten, wenn die Vorteile einer vielversprechenden Impfkampagne stärker betont werden als ihre Risiken und Nachteile. 2. 5 Gerechtigkeit Das Prinzip der Gerechtigkeit ist schwieriger zu spezifizieren als die drei anderen Prinzipien, weil es nicht nur in der politischen, sondern auch in der philosophischen und ethischen Diskussion höchst umstritten bleibt, was die Forderung nach einer gerechten Verteilung von Gütern oder Ressourcen eigentlich beinhaltet. Ein zentraler Streitpunkt betrifft dabei die Beziehung zwischen Gerechtigkeit und Gleichheit. Zwar besteht eine weitgehende Übereinstimmung darin, dass allen Menschen gleiche Achtung und Berücksichtigung gebührt und ihnen unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, Religion und sexueller Orientierung gleichermassen bestimmte ethische Grundrechte zugestanden werden müssen (wie zum Beispiel die Rechte auf Leib und Leben, auf Rede- und Meinungsfreiheit sowie auf Eigentum). Kontrovers diskutiert wird dagegen die Frage, ob, und wenn ja, inwieweit der Grundsatz gleicher Achtung und Berücksichtigung auch eine Gleichverteilung von ökonomischen Gütern (wie insbesondere Einkommen und Wohlstand) und sozialen Güter (wie etwa Bildung oder Gesundheitsfürsorge) verlangt (Boshammer 2002; Krebs 2000; Pauer-Studer 2000). Die weitverbreitete Vorstellung, die Gerechtigkeit würde eine Ungleichverteilung solcher Güter und damit eine Ungleichheit in den Lebensaussichten von Menschen aussschliessen, kann sich also in jedem Fall nicht auf so etwas wie eine konsentierte Lehrmeinung innerhalb der Ethik und politischen Philosophie berufen. Für die öffentliche GF bedeutet dies, dass man es nicht einfach für ausgemacht halten sollte, dass die Ungleichheiten in der Gesundheit und Lebenswartung unterschiedlicher sozioökonomischer Gruppen ungerecht sind. Selbst wenn man – wie die WHO (1985) – den Standpunkt vertritt, dass eine ethische Verpflichtung zur Verringerung dieser Ungleichheiten besteht, müssen GF-Projekte, die zu ihrer Vergrösserung beitragen, aus den in Abschnitt 1. 6. genannten Gründen nicht ipso facto ethisch unzulässig sein. Vielmehr können solche Projekte zumindest dann ethisch legitim sein, wenn die Alternative dazu darin bestünde, dass allen ein Vorteil verweigert oder niemandem ein Vorteil verschafft wird. Mit anderen Worten: Die Forderung nach einer Verringerung sozio-ökonomischer Gesundheitsungleichheiten sollte in jedem Fall nicht so verstanden werden, dass die Verringerung auch durch eine Angleichung nach unten erzielt werden darf, weil man andernfalls absurderweise auch die Einführung einer Krankheitsförderung befürworten müsste, die die fragliche Ungleichheit beseitigt, Seite 19 von 28 28.2.2004 indem sie die Gesunden gleich krank macht wie die Kränksten. Die in Frage stehende Forderung muss plausiblerweise vielmehr so verstanden werden, dass sie eine Angleichung nach oben, und das heisst eine Verringerung der Ungleichheit durch die Verbesserung der Gesundheit der sozio-ökonomisch und gesundheitlich Benachteiligten verlangt. Daraus folgt allerdings nicht, dass die GF ihre Aktivitäten hauptsächlich oder sogar ausschliesslich auf die sozio-ökonomisch benachteiligten Gruppen konzentrieren sollte. Denn wenn es zutrifft, dass die Interventionen der GF bei der Mittel- und Oberschicht zu tendenziell zu besseren Resultaten führen als bei der Unterschicht (Stronks & GunningSchepers 1993), würde man bei einer Konzentration auf die letzteren bei gleichem oder sogar höherem Ressourcenaufwand unter Umständen den geringeren Nutzen erzielen. Möglicherweise könnte die Forderung nach einer Verringerung der Gesundheitsungleichheiten mit der Forderung nach einem effizienten Mitteileinsatz aber durch besondere Projekte und Interventionen in Einklang gebracht werden, die auf die spezifischen Problemund Interessenlagen der sozio-ökonomisch benachteiligten Gruppen zugeschnitten sind. Seite 20 von 28 28.2.2004 3 Kleines Glossar Angewandte (oder praktische) Ethik: Arbeitsgebiet der (∏) Ethik, in dem ethische Probleme von unmittelbar praktischem Interesse erörtert werden. Die angewandte Ethik umfasst ihrerseits die Fachgebiete (∏) Bio- und (∏) Medizinethik sowie Wirtschaftsethik, Umweltethik, politische Ethik, Rechtsethik und Medienethik. Literatur BAYERTZ, Kurt (Hg.). 1991. Grundorientierungen angewandter Ethik. Reinbek: Rowohlt. CHADWICK, Ruth (ed.). 1998. Encyclopedia of Applied Ethics. San Diego/CA: Academic Press. FREY, Raymond G. & Christopher H. Wellman (eds.). 2003. A Companion to Applied Ethics. Malden/MA: Blackwell. 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Obwohl die Ausdrücke „Ethik“ und „Moral“ sowie „ethisch“ und „moralisch“ in der Alltagssprache häufig synonym verwendet werden, ist Ethik also nicht dasselbe wie Moral. Vielmehr steht die Ethik zur Moral in der gleichen Beziehung wie die Aesthetik zur Kunst. Innerhalb der Ethik wird gewöhnlich zwischen theoretischer und (∏) angewandter (oder praktischer) Ethik unterschieden. Im Unterschied zur letzteren befasst sich die theoretische Ethik mit Fragen, welche die Grundlagen der Moral und die allgemeinen Prinzipien des ethisch Richtigen betreffen. Weder die Fragen der theoretischen, noch diejenigen der angewandten Ethik lassen sich durch Hinweise auf die jeweils geltende Rechtslage beantworten. Rechtliche Regelungen (wie zum Beispiel die Nürnberger Rassengesetze) könne ihrem Gehalt nach ethisch verwerflich sein. Umgekehrt sind man- Seite 21 von 28 28.2.2004 che Handlungsweisen (wie zum Beispiel das Belügen des Ehepartners) ethisch illegitim und rechtlich gleichwohl nicht verboten. Die Frage nach dem ethisch Richtigen fällt daher nicht mit der Frage nach dem rechtlich Zulässigen zusammen. Literatur BECKER, Lawrence C. & Charlotte B. Becker (eds.). 2001. Encyclopedia of Ethics. Second Edition. New York: Routledge. BENN, Piers. 1998. Ethics. London: UCL Press. DÜWELL, Marcus, Christoph Hübenthal & Micha H. Werner (Hg.). 2002. Handbuch Ethik. Stuttgart: Metzler. SINGER, Peter (ed.). 1990. A Companion to Ethics. Oxford: Blackwell. Medizinethik: im weiteren Sinn des Wortes dasselbe wie Bioethik. Unter Medizinethik im engeren Sinn wird dagegen ein Arbeitsgebiet innerhalb der (∏) Bioethik verstanden, das sich vornehmlich mit ethischen Fragen der Arzt-Patienten-Beziehung oder der Organisation des Gesundheitswesens befasst. Vieldiskutierte Themen der Medizinethik im engeren Sinn sind zum Beispiel Patientenautonomie, informierte Zustimmung sowie Fragen der Ressourcen-Allokation. Literatur BEAUCHAMP, Tom L. & James F. Childress, James (eds.). 2001. 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