- Frauenkirche

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10 Jahre Leben in der Frauenkirche
30 Jahre Virtuosi Saxoniae
WIEDERAUFBAU
FRAUENKIRCHE
DRESDEN
Prof. Ludwig Güttler
10 Jahre Leben in der Frauenkirche
30 Jahre Virtuosi Saxoniae
Prof. Ludwig Güttler
Die Virtuosi Saxoniae wurden von mir 1985
gegründet. Es war das erklärte Ziel der Gründungsmitglieder, mit Initiativgeist, Einigkeit
und Opferbereitschaft beim Streben nach
optimaler Ausführung – auch unter schwierigsten Bedingungen – ein Kammerorchester
unter meiner Leitung und solistischen Präsenz zu schaffen. Uns alle verband die Lust
am gemeinsamen, besonderen, ausgefeilten
Musizieren. Von Anfang an war das Ensemblespiel, basierend auf der solistischen Beanspruchung aller Ensemblemitglieder, ein
wesentlicher Gedanke beim Zustandebringen der Virtuosi. Ich verfügte bereits über
umfangreiche Kenntnisse im Umgang mit
Kammerorchestern als Solist und, soweit es
das Berliner Kammerorchester oder später
das Neue Bachische Collegium Musicum in
Leipzig betraf, bei der Arbeit mit Schallplattenaufnahmen.
Die ersten Konzerte fanden in mir durch
langjähriges Musizieren verbundenen Kirchen, so in Wittenberg, im Erzgebirge und
letztlich offiziell in der Dresdner Kreuzkirche anlässlich der Dresdner Musikfestspiele
(1986), statt. Bereits in den Folgejahren musizierten wir in der Bundesrepublik an herausragenden Orten, erhielten den Zuschlag
für eine Musikreise über das Mittelmeer auf
der MS-Europa mit 15 Konzerten im Europasalon des Schiffes und an klug ausgewählten
Orten an Land, so in Palermo, Santorin, Lissabon, Ephesos usw. Besonders beeindruckt
waren wir von Taormina auf Sizilien.
Meine Bemühungen um den Wiederaufbau der Frauenkirche brachten es im Jahr
1989 mit sich, dass alle meine Ensembles
in die Beförderung des Wiederaufbaus der
Frauenkirche einbezogen wurden. Die ersten beiden Konzerte (Blechbläserensemble
Ludwig Güttler) fanden unmittelbar nach
der Kon­stituierung der Bürgerinitiative noch
im November 1989 in der Kirche in Hartha
(Erzgebirge) und im Dom zu Halle statt. Das
dritte Konzert wurde schon von den Virtuosi
Saxoniae am 8. Dezember in der traditions-
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Erstes Konzert des Blechbläserensembles Ludwig Güttler auf dem Trümmerberg der Frauenkirche. 31.8.1991.
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reichen Berliner Philharmonie gegeben. Ich
weiß nicht mehr jedes Einzelergebnis der
Konzerte für den Wiederaufbau. Einige haben sich mir doch eingeprägt, so wie jenes
im Dezember in Berlin, wo das Sammelergebnis von 7.000 DM von einem begeisterten
Unternehmer auf 8.000 DM aufgestockt wurde. Jede Mark der DDR und D-Mark, die uns
auf diesem Weg erreichte, stärkte unseren
Willen und verlieh uns Kraft und Sicherheit
beim weiteren Verbreiten der Idee des Wiederaufbaus. Einer der ersten Höhepunkte
war das von Erika Leibfried und Peter Ringel
von unserem Freundeskreis in Gedern mit
Hilfe der Rotary-, Lions- und Kiwanis-Clubs
organisierte Benefizkonzert in Bad Nauheim. Dort erzielten wir ein sensationelles
Überschussergebnis von weit über 60.000
DM. Ähnliche und noch höher liegende Ergebnisse hatten wir in späteren Jahren bei
den Stifterbriefkonzerten zusammen mit
der Dresdner Bank. Besonders wichtig wurden unsere Konzerte mit den Virtuosi und,
jeweils anlassbezogen und nach Abkömmlichkeit, den anderen meiner Ensembles anlässlich der Mitgliederversammlung der Fördergesellschaft jeweils Ende Oktober. Wir
waren zu Gast in Dresdens Kirchen, so z. B.
in der Auferstehungskirche Dresden-Plauen,
in der Diakonissenhaus-, der Christus-, der
Dreikönigs- und in der Annenkirche.
Von Anfang an prägten unsere Konzerttätigkeit als Kammerorchester ein spezifischer
Dresden-Bezug und demgemäß eine starke Akzentuierung auf Bläserkonzerte. Auf
diese Art und Weise unterschieden sich die
Programme der Virtuosi Saxoniae von den
zahlreichen Kammerorchestern in der Bundesrepublik und der DDR, die ein relativ vergleichbares klassisches KammerorchesterRepertoire pflegten. Dieses integrierten wir
dann später zwar ebenfalls in unsere Programme, aber von Anfang an war die hervorstechende besondere Programmauswahl ein
wesentliches Moment unserer Attraktivität.
Es gelang – anknüpfend an meine Trompetenkonzertaufnahmen in der Christuskirche in Berlin, der Paul-Gerhardt-Kirche
in Leipzig und nachfolgend überwiegend in
der Lukaskirche Dresden – nahtlos eine erfolgreiche Aufnahmetätigkeit aller meiner
Ensembles, insbesondere der Virtuosi Saxoniae, zu installieren. Das hierfür gewählte
Repertoire des Leipziger Bach-Collegiums,
des Blechbläserensembles und der Trompete-Orgel-Konzerte, insbesondere jedoch
der Virtuosi Saxoniae, folgte unseren Programmvorstellungen und -realisierungen
bei unseren Konzerten. Es bestätigte sich die
Wechselwirkung zwischen dem Konzertbesuch und dem Wunsch nach einer CD und
umgekehrt dem Hören einer CD und dem
Wunsch nach einem live erlebten Konzert.
So entstanden allein bei der Firma „Edel“
in Hamburg bis heute weit über 60 Alben.
Hinzu kamen weitere bei anderen Firmen,
besonders beim Carus-Verlag mit Bezug zu
inhaltlichen Fragen beim Wiederaufbau und
schließlich zum Musikleben in der Frauenkirche. In der Rückschau ist die motivierende Wirkung unserer Konzertreisen nach Österreich, Japan, Schweden, Finnland, in die
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USA, nach Belgien, Spanien, Luxemburg und
in die Schweiz zu erwähnen. Herausragend
waren hierbei die Konzerte mit zielgerichtet hergestelltem Frauenkirchen-Bezug: so
im Markusdom in Venedig, beim Bachfest in
Schaffhausen, in der Kölner Philharmonie,
in Stuttgart, München, Hamburg, Bremen,
Frankfurt am Main, beim Rheingau Musik
Festival, in Moskau, Brüssel, Kopenhagen,
beim Festival „Sandstein und Musik“ und
dies alles krönend in der Frauenkirche seit
ihrer Weihe 2005. Durch die absichtsvoll
gehandhabte Programmauswahl haben wir
Neugier auf die einzigartige Musik aus dem
Dresdner Musikleben und auf ihr Erklingen
in der Frauenkirche geweckt, die nur mit wenigen Orten in Europa vergleichbar ist.
Dankbar bin ich allen Mitgliedern der Virtuosi Saxoniae für die intensive Probenarbeit, deren künstlerische Ergebnisse – seien
sie bei Aufnahmen oder Konzerten – uns im
Dialog immer wieder bewusst werden ließen, welchen Schatz wir an unserem Zusammensein, unserer künstlerischen Begegnung
haben. Jede dabei gefundene Antwort trat
zuweilen so unerwartet an uns heran, hat
uns insgeheim so voranbringen können, wie
wir es in vielen Konzerten dankbar und uns
selbst bestätigend erfahren durften. Mein
besonderer Dank richtet sich an die Kollegen,
die durch ihre Qualifikation, ihre Motivation
und durch ihr Ausdrucksvermögen als Solisten nicht nur das Ensemble, sondern durch
ihre Qualität auch die anderen Programme
bereicherten. Hier sind hervorzuheben: Roland Straumer, Andreas Lorenz, Kurt Sandau
und Mathias Schmutzler als Partner bei meinen Konzerten.
Seit meinem 14. Lebensjahr bin ich der
Musica Sacra verbunden. Und so war es
uns möglich und es erschien uns geboten,
Chöre und Gesangssolisten zum Nutzen des
späteren Musiklebens in der Frauenkirche
heranzuziehen. Wir konnten mit persönlicher Überzeugung und Begeisterung einstehen für Dresden, für den Wiederaufbau
der Dresdner Frauenkirche, für Sachsen, für
das, wofür wir vom Publikum wahrgenommen wurden. In allen Konzerten habe ich
stets nach der ersten Zugabe den Beifall unterbrochen und die Idee unseres Wiederaufbegehrens mit der Bitte an die versammelte
Hörergemeinde gerichtet, bereits heute zu
spenden, Mitglied der Fördergesellschaft zu
werden, Stifterbriefe zu erwerben, Uhren zu
kaufen, CDs als Geschenk zu erwerben usw.
Die Antwort auf die meisten Fragen („Wann
können wir sie wieder hören? Wo spielen sie
in Dresden? Wann spielen sie diese und jene
Stücke?“) ließ wieder neue Fragen entstehen. Das war unsere erklärte Absicht! Wir
wollten durch unser weiteres Musizieren
zum Wiederaufbau beitragen. Den Dialog
darüber haben wir an jedem Ort nach Kräften initiiert. Es war uns eine Selbstverständlichkeit, die anwesenden Hörer – an welchem Ort auch immer – in die Unterkirche
und später in die wieder aufgebaute Frauenkirche einzuladen.
Bekanntlich haben wir bereits auf der Ruine und später zuweilen wöchentlich in der
Unterkirche musiziert. Die Leitung dieser Un-
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terkirchenkonzerte erfolgte in Organisation
und Dramaturgie durch mich ehrenamtlich
im Auftrag des Stiftungsrates. Beglückend
war es dabei, wie die Ausführenden sich mit
dem Projekt Wiederaufbau identifiziert haben. Das blieb nicht ohne Ausstrahlung auf
die Hörer, die aufmerksam gemacht wurden,
die Frauenkirche als unverwechselbar wahrzunehmen, zu helfen und sich zugehörig zu
fühlen.
Zunehmend fanden Kantaten von Johann
Sebastian Bach bis hin zur Johannes-Passion
Eingang in unsere Programme in der Unterkirche. Dies weckte und verstärkte die Sehnsucht nach dem Erklingen dieser Musik so
bald wie möglich im Hauptraum.
Ich habe deshalb auch an dieser Stelle
ausdrücklich allen Ausführenden zu dan-
ken, die für sehr geringe Honorare uneingeschränkt in der Unterkirche mitwirkt haben.
Dies auch für besondere Anlässe, z. B. die
Konstituierung des Kuratoriums der Stiftung
Frauenkirche Dresden e. V. im Schloss Albrechtsberg (1992) und die Weihe der Unterkirche (1996).
Große Bedeutung kam den von uns als
„Paukenschlag“ bezeichneten Konzerten
zur Jahrtausendwende in der Frauenkirche
zu. Der Hauptraum, noch mit dem Gerüstturm, stand für diese Konzerte die kurze
Zeitspanne von Ende November 2000 bis
Anfang Januar 2001 zur Verfügung. Mitgewirkt haben renommierte Ensembles, so
z. B. die Dresdner Staatskapelle und die
Dresdner Philharmonie. Von großem Wert
war es, dass Peter Schreier sich uns an die
Konzert in der Unterkirche
Solistenensemble Virtuosi Saxoniae,
Andreas Lorenz – Oboe, Ludwig Güttler –
Trompete, Corno da caccia und Leitung
J. J. Quantz, Konzert für Corno da caccia,
Oboe, Streicher und Basso continuo.
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„Paukenschlagkonzerte 2000“: „The Messiah“ von Georg Friedrich Händel in Originalsprache Solisten: Antje Perscholka – Sopran,
Martin Wölfel – Altus, Robert Wörle – Tenor,
Jörg Hempel – Bass, Hallenser Madrigalisten,
Virtuosi Saxoniae, Ludwig Güttler - Leitung
10.12.2000.
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Seite stellte. Mit den Paukenschlagkonzerten haben wir den letzten entscheidenden
Spendenaufruf gestartet. Die Konzerte und
ihre Ausstrahlung haben wesentlich dazu
beigetragen dass der von uns artikulierte
Wunsch, den Wiederaufbau überwiegend
aus Spenden zu finanzieren, erfüllt und in
bewundernswerter Weise übertroffen werden konnte.
Seit der Weihe führen wir nun regelmäßig
Bachs Matthäus-Passion, die Kantaten des
Weihnachtsoratoriums, zahlreiche weitere
Kantaten und vergessene Werke der europäischen Musikkultur, besonders aus Dresden,
in der Frauenkirche auf.
Die Reaktionen aus dem Publikum, mit
Bewunderung und Begeisterung durchaus
differenziert mitgeeilt, ermutigen uns, auf
dem eingeschlagenen Weg initiativreich,
unbeirrt und Störversuchen zum Trotz weiter zu gehen. Dabei haben wir gerade nicht
im allgemeinen Konzertbetrieb beheimatete
Werke, wie z. B. die letzte Messe von Johann Adolph Hasse, aufgeführt. Dies hatten
wir bereits seit Mitte der achtziger Jahre zu
Beginn unseres öffentlichen Wirkens propagiert und mit Leben erfüllt. Wir wurden
dadurch belohnt, dass die Aufführung in
München, Berlin, Hamburg, beim Rheingau Musik Festival und bei der Musikwoche
„Paukenschlagkonzerte 2000“: Eröffnungsgottesdienst mit J. S. Bach, Kantate
BWV 51 „Jauchzet Gott in allen Landen“
Solisten: Friederike Holzhausen - Sopran,
Solisten der Virtuosi Saxoniae, Ludwig Güttler - Trompete und Leitung
1.12.2000.
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Uraufführung der „Evangelienvesper“ von Siegfried Thiele
Solisten: Barbara Christina Steude – Sopran, Mitglieder der Virtuosi Saxoniae und
des Blechbläserensembles Ludwig Güttler,
Thomas Käppler – Pauken, Sächsisches
Vocalensembe, Ludwig Güttler - Leitung
26.9.2008
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Hitzacker möglich wurde. Eine erfolgreiche
CD-Produktion brachte sie einer noch größeren Zuhörerschaft nahe und stellte die
Sinnfälligkeit unseres Bemühens nicht nur
künstlerisch unter Beweis.
Unsere Konzerte, insbesondere die Stifterbriefkonzerte und deren Echo, verursachten
ein verstärktes, weil sich sicherer fühlendes
Engagement zahlreicher Partner, Mäzene,
Sponsoren und Spender, insbesondere der
Verantwortlichen der Dresdner Bank, die
wie wir selbst auch durch die Macht der Musik und jedes einzelne Ereignis beim Wiederaufbau weiter überzeugt, beschenkt und
mutiger wurden.
Bei insgesamt 1.500 Konzerten von 1989
bis 2005 können hier nur einige wenige genannt werden.*
Die mit Hilfe der Musik und der sie ausführenden engagierten Musiker erzeugte Wirkmächtigkeit half auch bei Strukturierung
und Organisation der Stiftung Frauenkirche.
Fachlich begründeten Argumenten, dass
wegen der ökonomischen Lage der Landeskirche nur ein Pfarrer zur Verfügung stehen
könne und auch nur ein Kirchenmusiker für
die Frauenkirche engagiert werden dürfe,
konnten die bei der Stiftung Frauenkirche in
Verantwortung und Entscheidung stehenden
Personen dadurch sachlich begegnen. Eine
zweite Pfarrstelle wurde eingerichtet, die
* Diese Zahl umfasst die Konzerte der Virtuosi Saxoniae, des Solistenensembles Virtuosi Saxoniae,
des Blechbläserensembles Ludwig Güttler, des
Leipziger Bach-Collegiums und die TrompeteOrgel-Konzerte.
Kirchenmusikerstelle in zwei halbe Stellen
aufgeteilt und die jeweils andere Hälfte des
fehlenden Gehalts in Stiftungsverantwortung übernommen. Somit konnte neben dem
verantwortlichen Kantor auch ein hervorragender Organist engagiert werden. So haben, wie Landesbischof Jochen Bohl in seiner
Predigt zur Weihe der Frauenkirche bemerkte, kleine Ursachen große Wirkungen. Nichts
kann dies treffender zum Ausdruck bringen,
als das Gleichnis vom Senfkorn.
Ein Ende des Dankens für das Gelingen des
Wiederaufbaus unserer Dresdner Frauenkirche ist nicht in Sicht, denn angefüllt vom
Bewusstsein, dass das Bestehen vor dieser
Aufgabe uns gewährt und geschenkt wurde,
sind wir auch dafür dankbar. Dies trifft in
besonderer Weise zu auf die beim Wiederaufbau − in einer so uns vorher nicht bekannten
Weise − hilfreiche, aktivierende und begeisternde Rolle der Musik, die durch uns zwar
dargeboten wurde, aber ihre besondere Wirkung aus einer Reihe wunderbar aufeinander
bezogener Voraussetzungen erhalten hat,
beginnend beim jeweiligen Komponisten bis
hin zur abendländischen, vielhundertjährigen Tradition und der Bereitschaft, ja Begeisterung der Ausführenden und der offenen
Herzen der damit beschenkten Hörer.
So verwundert es auch nicht, wenn wir
uns nach dem glücklichen Vollenden des
Wiederaufbaus vorgenommen haben, in
diesen Kosmos der Musik durch neue Schöpfungen etwas Wichtiges zurückzugeben.
Beziehungsreich wurden dafür zuerst die
wahrhaft revolutionären Worte Marias „Ma-
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gnificat anima mea Dominum“ (Meine Seele
erhebt den Herrn – das Magnificat), welches
der in Leipzig lebende Komponist Siegfried
Thiele (*1934) zu der von ihm so genannten „Evangelienvesper“ formte. Zwei Jahre
später folgte im Rahmen der Lutherdekade
(2007 – 2017) die Vertonung des Luthertextes
„Von der Freiheit eines Christenmenschen“
von Eckehard Mayer (*1946), der in Dresden
lebt und wirkt. Hier konnten wir uns auf die
Anregung von Landesbischof Jochen Bohl
beziehen.
Der nächste, ursprünglich zur Aufführung
2012 gedachte Kompositionsauftrag ließ sich
aus mehreren Gründen schließlich zum Re-
Uraufführung „Von der Freiheit eines
Christenmenschen“ von Eckehard Mayer
Solisten: Andreas Scheibner – Bariton, Jobst
Schneiderat – Klavier, Solisten der Virtuosi
Saxoniae, Blechbläserensemble Ludwig
Güttler, Sächsisches Vocalensemble,
Ludwig Güttler - Leitung
24.9.2010
formationsfest 2013 realisieren. Froh und
glücklich machte uns die Übereinkunft mit
Daniel Schnyder (*1961), unseren Kompositionsauftrag über „Ein feste Burg ist unser
Gott“ anzunehmen. So kam am 26. Oktober
2013 nun der in New York lebende Schweizer
Komponist und Saxophonsolist „zu Wort“.
Das „Oratorium ‚Eine feste Burg‘ (nach Texten aus der Lutherbibel)“ schrieb er für Sopran, Bariton, gemischten Chor, große Orgel, Sopransaxophon, Violoncello-Quartett,
Blechbläserensemble, Pauken und Schlagzeug. In dieser durchaus ungewöhnlichen,
facettenreichen und klanglich opulenten Besetzung war der Komponist als Saxofonsolist
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selbst zu erleben. Er äußerte zur gewählten
alten Gattung des Oratoriums: „Das Ganze
gleicht einem Gebet. Es ist ein Hilfeschrei des
Menschen in Not. Ein Oratorium ist ein Gebet
[…].“ Daniel Schnyder verwendet den Lutherchoral in der Gestalt, in der wir ihn kennen. Er führt uns dramaturgisch zu diesem
hin, indem darüber hinaus Texte aus dem
Alten Testament – aus dem Psalter sowie den
Büchern Jeremia, Daniel und Hiob – sowie
von Martin Luther von ihm bearbeitet und
verwendet und dem Hörer vor Augen und
Ohren gebracht werden. Schon in ihnen werden der Wunsch und die Bitte um die „feste
Burg“ erkennbar, bevor sich die Bitte in Martin Luthers Choral „Ein feste Burg ist unser
Gott“ unfehlbar manifestiert. Können wir
diesen festen Bezug nicht auch im Ausdruck
des Lutherstandbildes von Ernst Rietschel
und Adolf Donndorf vor der Dresdner Frauenkirche erkennen?
„Ein feste Burg ist unser Gott, / ein gute
Wehr und Waffen. / Er hilft uns frei aus aller
Not, / die uns jetzt hat betroffen.“ – Mit diesen
eindrücklichen Versen beginnt der Choral „Ein
feste Burg ist unser Gott“, eines der wichtigsten protestantischen Kirchenlieder mit reicher Klanggeschichte. Es erschien erstmals
1531 in dem bei Andreas Rauscher in Erfurt gedruckten Liederbuch Martin Luthers
„Geistliche lieder auffs new gebessert zu
Wittemberg“ und dem 1533 von Joseph Klug
in Wittenberg gedruckten, bekannt als das
„Klugsche Gesangbuch“. Luther schuf den
Text und vermutlich auch die Melodie. Karsten Blüthgen bemerkt dazu: Das Lied, dessen
Titel immer wieder leicht variiert tradiert
wird, birgt eine immense Symbolkraft. In
körperlicher und seelischer Bedrängnis bekennen sich Protestanten zum eigenen Glauben, indem sie diesen Choral anstimmen.
Heinrich Heine nannte ihn die „Marseiller
Hymne der Reformation“. Friedrich Engels
beschreibt „Ein feste Burg“ als „Marseillaise der Bauernkriege“. Mit dem Einzug in die
Volksliedsammlung „Des Knaben Wunderhorn“ (1805 – 08) war die enge kirchliche
Bindung des „Reformationsliedes“ ohnehin
aufgehoben.
Daniel Schnyder komponierte das Oratorium „Eine feste Burg“ nach Texten der Lutherbibel. Beim Libretto zog er aus der Tiefe
der Texte, wie denen der Psalmen, denen aus
Luthers Bibelübersetzung – hier auch seine
Sprache aufgreifend – bis hin zu denen des
in unserer heutigen Sprache gefassten Bekenntnisbezugs „Sei uns ein starker Fels und
eine feste Burg“ des Lutherchorals große
Kraft. Darüber hinaus schlug er die gedankliche Brücke von Martin Luther (1483 – 1546)
zu Martin Luther King (1929 – 1968) bis in
unsere Gegenwart und untersetzte damit die
Alterslosigkeit und Universalität dieses Bekenntnisliedes.
Dankbar bin ich für so viel gewährte Unterstützung, Hilfe, Lernmöglichkeit, Bereicherung und Geschenk, welches mir durch
die Musik, durch das Musizieren und das in
unsere gemeinsame Aufgabe eingebrachte
Engagement aller zuteil geworden ist. Das
umfasst nicht zuletzt auch jene Spender, die
uns durch Hilfe, Unterstützung und Ermu-
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Uraufführung des Oratoriums „Eine
Feste Burg“ von Daniel Schnyder
Solisten: Camilla Nylund – Sopran, Henrik
Böhm - Bariton, Daniel Schnyder - Saxophon
Friedrich Kircheis – Orgel, VioloncelloQuartett mit Mitgliedern der Sächsischen
Staatskapelle, Blechbläserensemble Ludwig
Güttler, Sächsisches Vocalensemble,
Ludwig Güttler - Leitung
26.10.2013
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tigung die Aufführung manches Konzerts,
Flüge zu Konzerten, z. B. nach Großbritannien, oder andere Leistungen ermöglichten.
Danke! Danke! Danke! Alles erlebte, dankbar Wahrgenommene, Gelungene verpflichtet in hohem Maße all jene, die auf diesem
Fundament aufbauend ihre Tätigkeit in und
an der Frauenkirche beginnen konnten. Ich
gebe allen den Rat, sich der Anfänge und der
Schwierigkeiten zu erinnern, nicht um jene
zu würdigen, die diese durchkämpft und
durchgestanden haben, sondern um für die
eigene Arbeit Motivation, Sicherheit, Respekt, Gedankentiefe und Ernsthaftigkeit immer weiter zu erlangen. Als einst aus Leipzig
nach Dresden kommendem Musiker sei mir
deshalb am Ende dieses Stücks Leben für die
Frauenkirche das Motto über dem alten Gewandhaus zu Leipzig gestattet: „Res severa
verum gaudium“. *
Ludwig Güttler
Nachbemerkung:
Eine uns wichtige Einfügung muss ich hier im
Dienst der Sache noch machen. Nicht selten
und so auch beim Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche begegnet man laienhaften,
oberflächlichen und damit unverantwortlichen Vorstellungen, die auf mangelhafter
* Seneca, er schreibt „Res severa est verum gaudium.“, dt.: „Eine ernste Sache ist wahre Freude.“
Subjekt und Prädikatsnomen können aber auch
vertauscht werden: „Wahre Freude ist eine ernste
Sache.“
Kenntnis der Materie und auf einer geradezu erschreckenden Unkenntnis der tatsächlichen Verhältnisse beruhen. Jedes für die
Frauenkirche und den Wiederaufbau an einem bestimmten Ort erfolgreich initiierte
Konzert, z. B. die Stifterbriefkonzerte, setzte
voraus, dass die Virtuosi Saxoniae oder meine anderen Ensembles dort bereits jahrelang
verlässlich und erfolgreich konzertiert haben.
Es setzte weiterhin voraus, dass die veranstaltenden in Verbindung mit den verpflichtenden Agenturen (in manchen Fällen ist das die
selbe) im betreffenden Jahr zugunsten des
Wiederaufbaus, sprich Stifterbriefkonzertes,
von ihrem normalen kommerziellen Konzert
Abstand nehmen. Das wiederum bedeutet,
dass die Agentur natürlich aus dem Stifterbriefkonzert keine Provision erhält und keinen benötigten Gewinn aus einer Veranstaltung ziehen kann. Gerade deshalb bin ich
Gerhard Hahn (1924 – 2009) von der Münchner Konzertdirektion Georg Hörtnagel dankbar, dass er durch seinen Verzicht einen wesentlichen Beitrag für das Zustandekommen,
Gelingen und erfolgreiche Durchführen der
Stifterbriefkonzerte geleistet hat. Zusammen
mit seiner Frau wurde er überdies Mitglied
der Fördergesellschaft.
Ähnliches trifft auf Martin Blankenburg zu,
den Veranstalter der Kontrapunkt-Konzerte
in Köln. Die Idee für diese Konzerte kam uns
lange vor dem beginnenden Wiederaufbau.
Bevor die Kölner Philharmonie gebaut war,
haben wir damit in der Kirche Groß St. Martin begonnen. Jeder der hier stellvertretend
genannten Partner hat mehr geleistet, als bei
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flüchtigem Hinschauen und ahnungslosem
Urteil erkennbar wird. Die beiden genannten
Namen stehen deshalb für viele, denen für
ihren Beitrag herzlich zu danken ist.
So haben wir z. B., ausgehend von Hermannsburg, dem Wohn- und Arbeitsort von
Sigrid und Wolfgang Kühnemann, über viele Jahre unter dem Titel „Sachsens Glanz im
Celler Land“ mehrere Benefizkonzerte im
Kloster Wienhausen und in verschiedenen
Kirchen von Celle und Hermannsburg veranstaltet. Ich danke allen Musikern die daran
mitgewirkt haben, aber insbesondere Wolfgang († 2002) und Sigrid Kühnemann, die
diese Konzerte bis 2014 verantwortet, mit
ihren vielen Freunden und Unterstützern
durchgeführt und so die Idee des Wiederaufbaus verbreitet und mit unserer Hilfe we-
sentliche Spendenmittel dafür eingeworben
haben.
Auch ist es uns gelungen, zahlreiche der
Konzertbesucher erstmalig und darauffolgend wiederholt nach Dresden zu Konzerten
und Gottesdiensten einzuladen. So treffe ich
jedes Jahr am 23. Dezember zur Weihnachtlichen Vesper Konzertbesucher, die weit anreisen, wie z. B. jene von der Musikwoche
Hitzacker. So ist es durch unser Musizieren
gelungen, ein sich weit ausbreitendes Netz
von Vertrauen, Erwartung, Hilfsbereitschaft
und Tatkraft zu knüpfen, das sich beim Wiederaufbau der Frauenkirche und dem Leben
in der Frauenkirche noch heute als fruchtbar,
herzerfrischend und bewegend erweist.
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Mitwirkende seit 1985
1. Stamm-Mitglieder der Virtuosi Saxoniae:
Pauken
Thomas Käppler, Christian Langer
Streicher
Winfried Berger, Joachim Bischof, Siegfried Büchel, Volker
2. Instrumentalsolisten:
Dietzsch, Friedwart Christian Dittmann (Stimmführer
Violoncelli), Michael Eckoldt, Michael Frenzel, Uta Frenzel,
Klavier
Günter Friedrich, Brigitte Gabsch, Christian Goldammer,
Winfried Apel, Matthias Kirschnereit, Sophie Mautner,
Bernd Haubold, Birgit Jahn, Uwe Jahn, Friedemann Jähnig,
Camillo Radicke, Arkadi Zenziper
Johanna Mittag, Günther Müller, Frank Other, HeinzDieter Richter (Stimmführer 2. Violinen), Michael Schöne
Violine
(Stimmführer Bratschen), Johann Christoph Schulze, Ro-
Volker Dietzsch, Michael Eckoldt, Michael Frenzel, Birgit
land Straumer (Konzertmeister 1. Violinen), Werner Zeibig
Jahn, Johanna Mittag, Heinz-Dieter Richter, Roland
Straumer
Tasteninstrumente
Friedrich Kircheis
Bratsche
Winfried Berger, Uwe Jahn, Friedemann Jähnig, Michael
Bläser
Schöne
Petra Andrejewski, Sven Barnkoth, Johann Clemens,
Wilfried Gärtner, Mario Hendel, Günther Klier, Manfred
Violoncello
Krause, Andreas Lorenz, Erich Markwart, Ulrich Philipp,
Friedwart Christian Dittmann, Jörg Hassenrück, Tom
Erik Reike, Manfred Riedl, Roland Rudolph, Kurt Sandau,
Höhnerbach, Johann-Christoph Schulze
Hartmuth Schergaut, Matthias Schmutzler, Frank Sonnabend, Hans-Peter Steger, Volker Stegmann, Guido Titze
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Orgel/Cembalo
4. Gesangssolisten:
Anne Hoff, Friedrich Kircheis, Jobst Schneiderrat, Uwe
Zimmermann
Sopran
Jana Büchner, Daniela Haase, Friederike Holzhausen,
Flöte
Andrea Ihle, Katharina Müller, Camilla Nylund, Gudrun
Eckart Haupt, Karin Hofmann, Andreas Kißling, Sabine
Sidonie Otto, Antje Perscholka, Romy Petrick, Ute Selbig,
Kittel, Karl-Heinz Passin, Hans-Werner Tast, Silke Uhlig
Ulrike Staude, Barbara Christina Steude, Anja Zügner u.a.
Oboe
Alt
Petra Andrejewski, Manfred Krause, Andreas Lorenz,
Stephanie Atanasov, Henriette Gödde, Susanne Krum-
Frank Sonnabend, Undine Röhner-Stolle, Guido Titze
biegel, Anne Laabs, Susanne Langner, Annett Markert,
Elisabeth Wilke u.a.
Klarinette
Wolfram Große, Hans-Detlef Löchner
Altus
David Allsopp, David Cordier, Patrick van Goethem,
Fagott
Benno Schachtner, Martin Wölfel u.a.
Joachim Huschke, Günther Klier, Erik Reike, Hans-Peter
Steger
Tenor
Tobias Berndt, Christoph Genz, Benjamin Glaubitz,
Trompete/Corno da caccia
Patrick Grahl, Tobias Hunger, Gerald Hupach, Martin
Sven Barnkoth, Johann Clemens, Ludwig Güttler,
Petzold, Georg Poplutz, Uwe Stickert, Marcus Ullmann,
Thomas Irmen, Kurt Sandau, Mathias Schmutzler, Volker
Robert Wörle u.a.
Stegmann, Tobias Willner
Bass
3. Chöre:
Henryk Böhm, Georg Finger, Wolf-Matthias Friedrich,
Clemens Heidrich, Jörg Hempel, Egbert Junghanns,
Concentus Vocalis Wien (Leitung Herbert Böck)
Jochen Kupfer, Daniel Ochoa, Sebastian Richter, Andreas
Dresdner Motettenchor, Knabenchor Dresden, Sächsi-
Scheibner, Gotthold Schwarz, Cornelius Uhle, Matthias
sches Vocalensemble (Leitung Matthias Jung)
Weichert u.a.
Hallenser Madrigalisten (Leitung Andreas Göpfert, Helko Siede, Sebastian Reim und Tobias Löbner)
5. Geschäftsführung
Martin Steude (Geschäftsführung),
Ines Schweiger (Assistenz der Geschäftsführung)
Abbildungsnachweis: Renate Beutel: S. 8, 10, 12; Dr. Hans-Christian Hoch: S. 2;
Juliane Njankouo: 3. Umschlagseite; Prof. Jörg Schöner: Titel, 2. Umschlagseite, S. 5–7.
Gesellschaft zur Förderung der Frauenkirche Dresden e.V.
Georg-Treu-Platz 3 • 01067 Dresden
Telefon: (0351) 6 56 06 600 • Telefax: (0351) 6 56 06 602
E-Mail: [email protected]
www.frauenkirche-dresden.de/foerdergesellschaft
Spendenkonten
Commerzbank, IBAN: DE14 8508 0000 047 0 0600 00 (BIC: DRESDEFF850)
Ostsächsische Sparkasse Dresden, IBAN: DE44 8505 0300 3151 5151 50 (BIC: OSDDDE81XXX)
Dresdner Volksbank Raiffeisenbank eG, IBAN: DE47 8509 0000 3376 6010 12 (BIC: GENODEF1DRS)
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